Test VW Golf GTE
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Test VW Golf GTE
Test VW Golf GTE CAR-GUIDE SEGMENT: Kompaktklasse mit Hybridantrieb KOSTEN: Grundpreis Viertürer mit DSG und guter Ausstattung 36 900 Euro VERKAUFSSTART: Dezember KONKURRENTEN: Audi A3 Sportback e-tron, Citroën DS5 Hybrid4, Opel Ampera, Toyota Prius Plug-in Unter der Hybridanzeige im Cockpit (links) sitzt ein kleiner Drehzahlmesser für den 1,4-Liter-TSI. Tasten für Sport- (GTE) und Elektromodus auf der Mittelkonsole 110 23/2014 Gewohnte Variabilität mit asymmetrisch geteilter Rücksitzlehne, aber weniger Stauraum (272 Liter) GTI macht blau Für den neuen Golf GTE verspricht VW das Blaue vom Himmel: emissionsund geräuschlos in der Stadt, ausdauernd und kraftvoll auf großer Fahrt. Die Hybris eines Hybriden? N ur gut, dass VW beim GTE-Testwagen auf zusätzliche XXL-Lettern an den Flanken verzichtet hat, die beim ansonsten völlig unauffälligen Audi A3 e-tron (Heft 21/2014) allzu auffällig auf den Antrieb hinweisen. Stattdessen hüllt sich der erste Plug-in-Hybrid aus Wolfsburg in den Sportlerdress eines Golf GTI, allerdings mit modifizierter Front, LED-Scheinwerfern sowie blauen statt roten Streifen in Kühlergrill, Interieur und Sitzbezügen. Und einem Preisschild, das erst mal zusammenzucken lässt: 36 900 Euro für einen kompakten Viertürer mit 204 PS Systemleistung sind eine starke Ansage – 5400 Euro mehr als beim vergleichbaren GTI mit 220 PS und DSG, 2000 Euro über einem e-Golf sowie nur 2325 Euro unter einem Golf R mit 300 PS und Allradantrieb. Die 1000 Euro Ersparnis gegenüber dem etwas größeren, aber technisch weitgehend identischen A3 Sportback e-tron trösten da wohl weniger als das Versprechen, dass der GTE laut VW „Zero-Emission-Vehicle, Sportwagen und Langstreckenauto zugleich“ sei. Denn wie beim Konzernbruder erlaubt der 75 kW starke Elektromotor lautloses, emissionsfreies Fahren auf kürzeren Strecken, der 1,4-Liter-TSI-Benziner mit seinen 150 PS dagegen f lotte Autobahnschnitte und trotz des von 50 auf 40 Liter verkleinerten Tanks Gesamtreichweiten bis zu 940 Kilometer (Werksangabe). Obwohl er im Testbetrieb nicht ganz so weit kam (elektrisch 45, gesamt 829 km), sind hier keine Abstriche gegenüber normalen Autos mit Verbrennungsmotor zu machen. Aufgaben und Möglichkeiten Der Anschluss fürs Ladekabel verbirgt sich hinter dem VW-Logo Vier Türen, zwei Endrohre links und der große Dachspoiler sind beim GTE serienmäßig Ebenso wenig im alltäglichen Umgang, weil der GTE zuerst und vor allem ein Golf ist. Bis auf das Laden des 8,8 kWh großen Akkus – Vollladung an der Steckdose in fünf Stunden, via Wallbox laut Hersteller in zwei Stunden und 15 Minuten – gibt es keine zusätzlichen Aufgaben, allenfalls Möglichkeiten. So kann der Fahrer im Menü vorgeben, ob er die Batteriekapazität nutzen, erhalten oder erhöhen will, um etwa später in reglementierte Umweltzonen einfahren zu können. Oder per E-Modus den Golf zum reinen Stromern verdonnern. Dabei sorgen die 330 Nm Drehmoment der E-Maschine für ansatzlose, gleichmäßige Beschleunigung bis maximal 130 km/h bei sehr maßvollem Stromverbrauch (16,6 kWh/100 km). 23/2014 111 Test Ist der GTE der bessere GTI? Mit sportlicher Aufmachung und 204 PS Systemleistung stößt der neue Plug-in-Hybrid Golf GTE ins Revier des GTI vor – definiert er die moderne Art von Fahrspaß? Mal sehen. W er hat sich nicht schon alles am Golf abgearbeitet – und dann doch wieder von ihm ablassen müssen. Gleiches gilt für den einst als 5000er-Sonderserie geplanten GTI, der längst eine Marke für sich ist. Und dem soll der GTE jetzt den Rang ablaufen? Gewiss nicht, und gewiss nicht nur, weil VW daran gar kein Interesse haben kann. Sondern weil der GTE neben seinen fast 200 Kilo extra auf den Rippen auch noch die Hypothek mit sich herumschleppt, Sportfahrer und Ökoaktivisten gleichermaßen bedienen zu müssen. Letztere wird er schon deshalb nie ganz auf seine Seite ziehen, weil es ja noch den rein elektrisch betriebenen e-Golf gibt und über 200 PS Systemleistung für sie ohnehin viel zu viel sind. Die GTI-Fans legen Der GTI trägt eine andere Frontschürze und rote Streifen, der GTE blaue dagegen eher die 1150 Euro für die Performance-Version mit zehn PS mehr obendrauf als 5400 Euro für einen zusätzlichen E-Motor, der noch dazu völlig geräuschlos ist. Denn der Zweiliter-Turbo klingt einfach scharf, schießt bei jedem Gasstoß eine Sound-Salve aus den beiden Endrohren. Und, ja, er geht einfach besser, dreht gierig hoch und signalisiert bei aller Seriosität, dass er gerne auch mal spielen will. TECHNISCHE DATEN VW Golf GTI Hubraum cm3 1984 Leistung PS/kW 220/162 Leergewicht/Zuladung kg 1386/545 Beschl. 0–100 km/h s 6,4 Höchstgeschw. km/h 244 Preis (4-Türer mit DSG) Euro 31 500 GTE 1395 204/150 1572/448 7,5 217 36 900 Der GTE scheint hingegen seinen sportlichen Ehrgeiz nicht auf schnelle Zeiten, sondern auf größte (Reich-)Weiten und vorausschauendes Gleiten zu legen. Und wenn er per Sporttaste dann doch mal zu mehr Enthusiasmus aufgefordert wird, klingt der 1.4 TSI eher bemüht als begeistert. Trotz weitgehend gleicher Ausstattung mit Adaptivfahrwerk, Progressivlenkung und haltstarken Sportsitzen wirkt der GTI zudem mehr als nur einen Tick agiler, neutraler und direkter, vom besseren Temperament ganz zu schweigen. Verschweigen lässt sich jedoch nicht, dass auch der junge Wilde von einst im bürgerlichen Lager angekommen ist. Und da gibt man sich gerne einen grünen Anstrich – selbst wenn er mit blauen Streifen daherkommt. Seine sportliche Seite zeigt der Hybrid dagegen beim Druck auf die GTE-Taste, woraufhin das adaptive Fahrwerk DCC (865 Euro) spürbar die Dämpfer strafft, der TSIBenziner in eine schärfere Ton- und Gangart wechselt sowie das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe erst bei höheren Drehzahlen den nächsten Gang einlegt. So stürzt sich der schon leer 1572 kg schwere Fronttriebler mit der Extra-Batterie im Heck motiviert in f lotte Wechselkurven, stürmt dank Elektro-Boost in 7,5 Sekunden von null auf 100 km/h und bringt dabei auf trockener Piste die Traktionskontrolle ins Schwitzen. Erst bei 217 km/h streicht er die Segel. Apropos segeln: Artgerechter, entspannter und sparsamer ist man natürlich im Standardprogramm unterwegs, wenn die Leistungselektronik frei zwischen Rekuperation, E-Antrieb, Segeln und Verbrennerbetrieb den effizientesten Modus wählen kann. Der Wechsel geschieht meist sanft und unauffällig, aber nicht immer ohne Vibrationen und Zittern. Ansonsten macht der GTE wenig Aufhebens um seine aufwendige Technik, gefällt mit geschliffenen Manieren, eingängiger Bedienung sowie hoher Fahrsicherheit bei geschmeidigem Komfort. Zwei Herzen und Seelen Das gilt allerdings für jeden Golf und lässt potenzielle Kunden wohl kaum spontan die Kreditkarte zücken. Selbst die günstigen Unterhaltskosten dürften den hohen Preisaufschlag nie kompensieren, und den versprochenen Sportwagen geben die leichteren, agileren GTI und GTD einfach überzeugender. Aber vielleicht passt ein dynamischer Hybrid wie der GTE schon deshalb gut in die Zeit, weil er nicht nur zwei Herzen, sondern auch zwei Seelen hat. Text: Bernd Stegemann Fotos: Ingolf Pompe DATEN UND -MESSWERTE Motor Bremsweg Vierzylinder-Reihenmotor (Benzin-Direkteinspritzung) vorne quer mit Turbolader und Ladeluftkühler, fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei obenliegende Nockenwellen (Zahnriemenantrieb), vier Ventile pro Zylinder. Leistung 110 kW (150 PS) bei 5000/min Hubraum 1395 cm3 Bohrung x Hub 74,5 x 80,0 mm 78,9 kW/l (107,5 PS/l) spezifische Leistung 10,0 Verdichtungsverhältnis 1,2 bar Ladedruck 250 Nm bei 1600/min maximales Drehmoment 13,3 m/s mittlere Kolbengeschw. bei Nenndrehzahl aus 100 km/h kalt leer/warm beladen Hochgeschw.-Bremstest (160 km/h) Elektromotor/Batterie Permanenterregter Synchronmotor, Lithium-Ionen-Akku Leistung 75 kW maximales Drehmoment 330 Nm Akku-Energiegehalt 8,8 kWh Systemleistung 150 kW (204 PS) Systemdrehmoment 350 Nm Kraftübertragung Vorderradantrieb, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Fahrwerk Einzelradaufhängung vorn und hinten, vorn mit Querlenkern, McPherson-Federbeinen, hinten mit Querlenkern, Längslenkern, Schraubenfedern, Stoßdämpfern, Stabilisatoren vorn und hinten, innenbel. Scheibenbremsen vorn (312 mm), Scheibenbremsen hinten (272 mm), Rädergröße vorn 7,5 J x 17, Reifengröße 225/45 R 17 Y, Dunlop Sport Maxx RT. Gewicht Leergewicht/Zuladung Gewichtsverteilung v./h. 1572/448 kg 57,3/42,7 % NEFZ-Verbrauch Gesamt Tankinhalt 1,5 l/100 km Superbenzin + 11,4 kWh 40 l Emissionswerte Abgasnorm/CO2-Ausstoß Fahrleistungen Beschleunigung 0 – 80 km/h 0 – 100 km/h 0 – 130 km/h 0 – 160 km/h 0 – 180 km/h 0 – 200 km/h 400 m Höchstgeschwindigkeit Euro 6 / 35 g/km s 5,4 7,5 11,5 17,5 24,0 34,3 15,4 (152 km/h) 217 km/h Fahrversuche Slalom 18 m leer/beladen ams-Wedelgasse leer/beladen Verbrauch Superbenzin/Strom Verbrauchsrunde1) ams-Profil (typ. Autofahrer)2) Verbrauch rein elektrisch3) Reichweite elektrisch3) Reichweite gesamt im Test Ladedauer Vollladung (230 V) Ladeenergie für Vollladung CO2-Ausstoß ams-Profil gesamt4) Kosten m 34,6/35,0 90 km/h 65,5/65,1 134,7/131,6 auf 100 km 5,1 l 1,4 l + 12,1 kWh 16,6 kWh 45 km 829 km 5,0 h 7,5 kWh 100 g/km Euro Steuer 28,– Haftpflicht (TK 17 R6) 363,– Teilkasko (TK 21 R6) 145,– Vollkasko (TK 19 R6) 349,– Fixkosten 536,– Betriebskosten pro 100 km 8,14 Wertverlust/Jahr 5600,– (bei einer Haltedauer von 36 Monaten und 45 000 km; Prognose: auto motor und sport) Gesamtkosten/km5) bei 15 000 km/Jahr 0,49/0,12 bei 30 000 km/Jahr 0,32/0,10 5) Monatliche Unterhaltskosten bei 15 000 km/Jahr 608,–/146,– bei 30 000 km/Jahr 790,–/248,– Grundpreis VW Golf GTE 36 900,– Serienausstattung: ABS, Fahrer- und Beifahrer-Airbag, Sidebags, seitliche Kopfairbags, Knieairbag Fahrerseite, Bordcomputer, Einparkhilfe vorn und hinten, ESP, Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, 16-Zoll-Leichtmetallräder, einstellbare Lenksäule, Radio mit CD, Sportsitze, Zentralverriegelung mit Fernbedienung. Stadt, über Land und Autobahn, Start mit leerer Batterie; bei einer Jahresfahrleistung von 15 000 km, davon 10 000 km Kurzstrecke (max. 40 km); 3) ams-Elektrorunde sparsam; 4) Anteil Kraftstoff 32,4 g/km, Anteil Strom 67,4 g/km (Basis Strommix für Deutschland mit 559 g/kWh); 5) mit/ohne Wertverlust 1) 2) BEWERTUNG Der GTE verbindet harmonisch die Kraft und Reichweite eines sportlichen Benziners mit der Möglichkeit, bis zu 45 km rein elektrisch und lokal emissionsfrei zu fahren. Eine voll alltagstaugliche, aber recht teure Alternative.