drei Teile zusammengefasst

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drei Teile zusammengefasst
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Die ärztliche Dokumentation
Eine umfassende und korrekte Dokumentation ist bei der Ausübung des Arztberufes
unerlässlich. Der Gesetzgeber hat durch das Patientenrechtegesetz die Dokumentationspflicht
für den behandelnden Arzt in § 630f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neu eingefügt. Auch
wenn er damit keine vollkommen andere Rechtslage geschaffen hat, können Mediziner den
Neuregelungen weitergehende Hinweise entnehmen.
Nicht nur in den gesetzlichen Regelungen im
BGB ist die Dokumentationspflicht festgeschrieben, sondern auch im Bundesmantelvertrag Ärzte (§ 57) und in der Berufsordnung (§
10). Während der Bundesmantelvertrag regelt,
dass der Arzt die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen und die veranlassten Leistungen
einschließlich des Tages der Behandlung in geeigneter Weise zu dokumentieren hat, fordert
die Berufsordnung, dass über die getroffenen
Feststellungen und Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen sind. Die
Anforderungen an die Dokumentation werden
in den verschiedenen Vorschriften nur unbestimmt beschrieben. Was sie im Einzelnen in
der Praxis bedeuten, wird hier erläutert.
Die Dokumentation hat in erster Linie die Aufgabe, das Behandlungsgeschehen aufzuzeichnen und dadurch eine sachgerechte therapeutische Behandlung und Weiterbehandlung zu
gewährleisten. Die Dokumentation ist ebenfalls erforderlich, um Ärzte, die einen Patienten weiterbehandeln, zu informieren.
Auch für die vertragsärztliche Tätigkeit ist die
Dokumentation von Bedeutung. So wird bei
einer eventuellen Wirtschaftlichkeits- oder
Plausibilitätsprüfung die Dokumentation angefordert. Einige Leistungspositionen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) setzen
die Dokumentation explizit voraus, zum Beispiel die Gebührenordnungspositionen 03220,
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04220, 03221, 04221, 35100, 03360, 35110,
13701.
Die Berufsordnung weist darauf hin, dass die
erforderlichen Aufzeichnungen nicht nur ärztliche Gedächtnisstützen sind, sondern auch
als ordnungsgemäße Dokumentation im Interesse der Patienten zu verstehen sind. Denn:
Der Patient hat das gesetzlich festgeschriebene Recht auf eine unverzügliche Einsicht in
die vollständige, ihn betreffende Patientenakte, soweit nicht erhebliche therapeutische
Gründe oder sonstige erhebliche Gründe diesem Recht entgegenstehen.
Inhalt und Zeitpunkt der Dokumentation
Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass der Arzt
Anamnese und Diagnose in die Dokumentation aufnimmt, durchgeführte Untersuchungen inklusive Ergebnisse, sämtliche Befunde, Therapien und deren Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen sowie Einwilligungen
und Aufklärungen. Darüber hinaus muss er die
Arztbriefe in die Patientenakte aufnehmen.
Es empfiehlt sich jedoch über die gesetzlich
vorgeschriebenen Bestandteile hinaus, weitere Daten und zum Beispiel die vorgenommenen Verordnungen hinzuzufügen (siehe Kasten Seite 34).
Ärzte sind verpflichtet, die Dokumentation
in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang
vorzunehmen. Die Gesetzesformulierung
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spricht für eine Dokumentation nach Möglichkeit während der Behandlung oder aber
unmittelbar nach Abschluss der Behandlung.
Nur im Ausnahmefall kann bei einfachen Behandlungen eine Dokumentation aus dem Gedächtnis erstellt werden.
Besonders ist darauf zu achten, dass so rechtzeitig dokumentiert wird, dass die weitere Behandlung des Patienten erfolgen kann. Schon
ein Zeitraum zwischen Behandlung und Dokumentation von mehreren Tagen kann bedenklich sein. Bei einer Dokumentation, die
erst Wochen oder gar Monate später stattgefunden hat, ist damit zu rechnen, dass eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten
erfolgt. Das heißt, der Arzt muss dann beweisen, dass die Behandlung tatsächlich entsprechend der „verspäteten“ Dokumentation geschehen ist.
Pauschale „Fristen“ zur Erstellung der Dokumentation haben sich jedoch noch nicht
durchgesetzt. Es wird im Zweifelsfall auf die
Umstände des Einzelfalles und insbesondere
auf die Gründe für die verzögerte Vornahme
der Dokumentation ankommen.
Verständlichkeit und Form
Da die Dokumentation eine ordnungsgemäße Behandlung sichern muss und der Aufklärung des Patienten dient, muss der Arzt die
wesentlichen diagnostischen und therapeutischen Sachverhalte in verständlicher Form
verfassen, und zwar für einen Mediziner,
nicht unbedingt für einen Laien. Er kann dabei auch Stichworte verwenden, solange diese
verständlich sind. Nicht ausreichend ist hingegen eine stenographische Dokumentation.
Medizinische Selbstverständlichkeiten braucht
der Arzt nicht aufzuführen. Die Dokumentation muss insgesamt leserlich und nachvollziehbar sein.
© Nonwarit fotolia
Der Mediziner kann die Patientenakte in Papierform oder auch elektronisch anlegen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn daneben der ursprüngliche Inhalt
erkennbar bleibt. Es muss ferner erkennbar
sein, wann der Arzt Änderungen vorgenommen hat. Dies gilt insbesondere für elektronisch geführte Patientenakten.
Anamnese, Aufklärung
oder Arztbriefe – für
eine Reihe von Dokumentationen gibt es
eine gesetzliche Verpflichtung.
Sicherheit der Dokumentation
Der Gesetzesänderung zufolge darf der Arzt
nur noch eine revisionssichere, also fälschungssichere Software einsetzen, die Änderungen speichert und ursprüngliche Eintragungen beibehält. Er darf keine Software
mehr verwenden, die die ursprüngliche Eintragung überschreibt. Außerdem muss er auf besondere Sicherungs- und Schutzmaßnahmen
achten, um die Veränderung, Vernichtung oder
unrechtmäßige Verwendung von Patientendaten zu verhindern. Dazu ist eine tägliche Sicherung der Daten auf geeignete Datenträger
dringend zu empfehlen.
Der Arzt muss die Behandlungsdokumentation
speziell sichern, etwa durch ein Passwort, und
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den Zugang auf die berechtigten Ärzte und
deren Mitarbeiter beschränken. Die nichtärztlichen Beschäftigten muss er zur Verschwiegenheit verpflichten. Die Software sollte die
Möglichkeit bieten, dass die Nutzungen des
Datenbestandes protokolliert werden, so dass
der Urheber jeder Eintragung identifizierbar
ist. Es ist zu beachten, dass gescannte Unterlagen nicht denselben Beweiswert haben wie
Dokumente im Original. Der Arzt muss also
eine Entscheidung darüber treffen, ob er die
Originale daneben noch aufhebt.
Unbefugte Dritte dürfen keinen Zugriff auf
die Patientendaten haben. Wartet ein externer Dienstleister das EDV-System, muss auch
dieser die für die Datenverarbeitung geltenden Grundsätze einhalten. Der Dienstleister ist
schriftlich zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Zusätzlich sind die einzelnen Maßnahmen
und die Namen der Wartungspersonen zu protokollieren. Verantwortlich hierfür ist der Arzt.
Besondere Aufmerksamkeit gilt es auch bei einem Wechsel des EDV-Systems einzuhalten.
Die elektronische Behandlungsdokumentation muss auch bei einer Umstellung des EDVSystems weiterhin zur Verfügung bleiben. Die
Möglich ist es jedoch, eine Dokumentation an
einem Tag zu beenden und am nächsten Tag
fortzuführen. Hat der Arzt das Dokument bereits dem Rechtsverkehr zugänglich gemacht
und hat dieses den Machtbereich des Arztes
verlassen, wurde also die Dokumentation z. B.
an einen Kollegen weitergereicht, kann er keine nachträglichen Änderungen mehr vornehmen. Die Gerichte nehmen im Streitfall in der
Regel eine Strafbarkeit an, da man von einem legitimen Beweisinteresse von Dritten
an der Unversehrtheit und ordnungsgemäßen Verwendung der Patientendokumentation ausgeht. Weitere Erkenntnisse kann der
Arzt jedoch in einem zusätzlichen Dokument
festhalten. Es kommt darauf an, dass die Ergänzungen beziehungsweise Änderungen als
solche identifizierbar sind.
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Dokumentation (gesetzlich vorgeschrieben)
Dokumentation (empfohlen)
Anamnese
Personaldaten des Patienten
Laborbefunde
Diagnosen
Daten der Behandlung
Überweisungsempfehlungen
Untersuchungen
Beginn und Ende der Behandlung
Wiedereinbestellungen
Untersuchungsergebnisse
Anlass der Behandlung
(Eigeninitiative, Notfall, Überweisung)
an Patienten gegebene Warnungen
Wirkung von Therapien
Befunde
Einwilligung des Patienten
Aufklärung des Patienten
Arztbriefe
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für die Aufbewahrung geltenden Fristen sind
hierbei einzuhalten. Diese und weitere Hinweise sind auch den Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, zu Datenschutz und
Datenverarbeitung in der Arztpraxis der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung vom 23.05.2014 zu entnehmen (Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 111,
Heft 21, A 963 ff).
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Verdachtsdiagnosen
ggf. unterschriebene Verweigerungserklärungen des Patienten
Therapie, Arzneimittelverordnung
Therapieanpassungen
Eingriffe
kontrollbedürftige Befunde
Operationen und Operationsberichte
ausstehende Befunde
Therapien, Heil- und Hilfsmittel
ärztliche Anweisungen
Röntgen- und Sonographieaufnahmen
Abweichungen von Leitlinien oder
einem normalen Behandlungsverlauf
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Dokumentationspflicht und
Aufbewahrungsfristen
Ärzte sind verpflichtet, die Behandlung ihrer Patienten korrekt zu dokumentieren. Über die
Grundsätze der Dokumentationspflicht haben wir in der April-Ausgabe von KVNO aktuell
berichtet. Im Folgenden informieren wir Sie über die geltenden Aufbewahrungsfristen für
Dokumentationen und weitere Unterlagen.
Die Aufbewahrungsfrist der ärztlichen Dokumentation ist im Bürgerlichen Gesetzbuch
(BGB) geregelt. Dazu heißt es in § 630f BGB,
dass der Arzt die Patientenakte für die Dauer
von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren hat, soweit nicht nach
anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen gelten. Ebenso schreiben der Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) und die Berufsordnung eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist vor.
Der Arzt kann also davon ausgehen, dass er
im Zweifel grundsätzlich alle Unterlagen mindestens zehn Jahre lang aufbewahren muss.
Findet eine Behandlung beispielsweise im Jahr
2015 statt, kann er die hierzu erfolgte Dokumentation mit Ablauf des Jahres 2025 vernichten oder löschen. Sofern die Aufzeichnungen elektronisch dokumentiert worden sind,
muss der Vertragsarzt dafür sorgen, dass sie
innerhalb der Aufbewahrungszeit zur Verfügung gestellt werden können. Er muss die Daten also entsprechend sichern.
Aufbewahrung von mehr als 30 Jahren
Die Unterlagen von Patienten mit chronischen
Erkrankungen sollte der Arzt länger als zehn
Jahre aufbewahren, sofern sich der Patient
noch in Behandlung befindet. Weiterhin können sich längere Aufbewahrungszeiten ergeben, sofern während der Behandlung Kompli-
kationen auftreten oder ein Rechtsstreit anhängig gemacht wird.
Kommt es beispielsweise zu einem Gerichtsverfahren, in dem Schadensersatzansprüche
geltend gemacht werden, sollte die Dokumentation wegen der geltenden Verjährungsfristen 30 Jahre lang aufbewahrt werden. Bewahren Ärzte die Dokumentation in diesem
Fall nicht auf, legen die Gerichte dies den Ärzten zum Teil negativ aus. Die Gerichte gehen
dann davon aus, dass die Dokumentation und
damit auch die Behandlung nicht ordnungsgemäß erfolgt sind.
Bei den Vorschriften, aus denen sich längere
Aufbewahrungsfristen ergeben, ist insbesondere auf die Röntgenverordnung hinzuweisen.
Nach § 28 ist vorgeschrieben, dass der Betreiber einer Röntgeneinrichtung Aufzeichnungen über diese Behandlung für 30 Jahre
nach der letzten Behandlung aufzubewahren
hat. Röntgenbilder muss er zehn Jahre lang
nach der letzten Untersuchung aufbewahren.
Röntgenbilder und die Aufzeichnungen der
Röntgenuntersuchung einer Person, die noch
keine 18 Jahre alt ist, sind bis zum Alter von
28. Jahren aufzubewahren.
Röntgenbilder, Aufzeichnungen zu den Ergebnissen der Befragung des Patienten, Zeitpunkt
und Art der Anwendung der untersuchten Kör-
Service
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perregion usw. kann der Arzt auf einem Bilderträger oder auch anderen Datenträgern
aufbewahren. Er muss dabei sicherstellen, dass
die Wiedergabe oder die Daten mit den Bildern oder Aufzeichnungen bildlich und inhaltlich übereinstimmen. Darüber hinaus müssen
sie während der Aufbewahrungsfrist verfügbar
sein und jederzeit innerhalb kurzer Zeit lesbar
gemacht werden können. Der Arzt muss auch
sicherstellen, dass während der Aufbewahrungszeit keine Informationsveränderungen
oder Informationsverluste eintreten können.
Ausgewählte Aufbewahrungsfristen im Überblick
Art der Unterlagen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
- Durchschrift des gelben Dreifachsatzes
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Aufbewahrungsfrist
1 Jahr
Gesetzliche/vertragliche Grundlage
Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung
Betäubungsmittel
3 Jahre
- BTM-Teil III
§ 8 Betäubungsmittel Verschreibungsverordnung
BTM Anforderungsscheine 3 Jahre
§ 10 Betäubungsmittel Verschreibungsordnung
Fehlerhaft ausgestellte Formulare 3 Jahre
§ 10 Betäubungsmittel Verschreibungsordnung
Nachweis über Betäubungsmittelbestand mittels Betäubungsmittelbüchern oder EDV
3 Jahre
§ 13 Betäubungsmittel Verschreibungsordnung
DMP: personenbezogene Daten für die Durchführung von strukturierten Behandlungsprogramm 15 Jahre
DMP-Aufbewahrungsfristen-Richtlinie
EEG-Streifen
10 Jahre
§ 630f BGB
§ 57 BMV-Ä
§ 10 Berufsordnung
EKG-Streifen
10 Jahre
§ 630f BGB
§ 57 BMV-Ä
§ 10 Abs. 3 Berufsordnung
Karteikarten, Untersuchungsbefunde und 10 Jahre
sonstige ärztliche Aufzeichnungen
§ 630f BGB
§ 57 BMV-Ä
§ 10 Abs. 3 Berufsordnung
Kinder-Krankheitsfrüherkennung
10 Jahre
§ 630f BGB
§ 57 BMV-Ä
(Fersenblut) Filterpapierkarten
3 Monate Kinder-Richtlinien Anlage 2
Nosokomiale Infektionen
Resistenzen und Multiresistenzen
(ambulante Operationen) 10 Jahre
§ 23 Abs. 4
Infektionsschutzgesetz
Strahlenbehandlung
30 Jahre
- Aufzeichnung, Berechnungen
§ 28 Abs. 3 Röntgenverordnung bzw.
§ 85 Strahlenschutzverordnung
Strahlendiagnostik 10 Jahre
- Röntgenaufnahmen und ärztliche Aufzeichnungen
§ 630f BGB
§ 57 BMV-Ä
§ 10 Abs. 3 Berufsordnung
Zytologische Befunde/Präparate
10 Jahre
Abschnitt B § 8 Abs. 6 der KrebsfrüherkennungsRichtlinie
Sprechstundenbedarf-Lieferscheine
Sprechstundenbedarfsvereinbarung II.1.5.
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Auch im Transfusionsgesetz sind längere Aufbewahrungsfristen vorgesehen. Je nach Art
der Unterlagen betragen die Aufbewahrungsfristen 15, 20 oder 30 Jahre. Die Dokumentation der Blutprodukte und Plasmaproteine zur
Behandlung von Hämostasestörungen ist 30
Jahre lang aufzubewahren, Aufzeichnungen
über Spenderdaten 15 Jahre. Dokumentationen über die Spenderimmunisierung muss der
Arzt hingegen 20 Jahre lang aufbewahren. Zu
beachten ist, dass der Arzt diese Daten vernichten oder löschen muss, wenn die Aufbewahrung nicht mehr erforderlich ist. Werden
Aufzeichnungen länger als 30 Jahre aufbewahrt, sind diese zu anonymisieren.
Für die Unterlagen nach dem D-Arzt Verfahren ist eine Aufbewahrungspflicht von mindestens 15 Jahren zu beachten. Die Aufbewahrungszeit ist in den Richtlinien für die Bestellung von Durchgangsärzten geregelt. Die
Unterlagen für die Durchführung von DiseaseManagement-Programmen müssen Ärzte
nach den entsprechenden Richtlinien 15 Jahre lang aufbewahren.
Fälle geringerer Aufbewahrungszeiten
In verschiedenen Fällen werden auch gerin­
gere Aufbewahrungszeiten geregelt. Diese
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Lange Aufbewahrung auch
bei anderen Unterlagen
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Die Strahlenschutzverordnung regelt, dass
Aufzeichnungen über die Untersuchung zehn
Jahre lang und über die Behandlung 30 Jahre
lang nach der letzten Untersuchung oder Behandlung aufzubewahren sind. Wenn ein Arzt
einen Patienten mit radioaktiven Stoffen oder
ionisierender Strahlung untersucht oder behandelt hat, hat er einem später behandelnden
Kollegen auf dessen Verlangen Auskunft über
die Aufzeichnungen zu erteilen und diesem die
Unterlagen vorübergehend zu überlassen.
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Vorschriften nehmen jedoch aufgrund der
nunmehr fast allgemein geltenden Aufbewahrungsfristen von zehn Jahren erheblich
ab. So regelt der Bundesmantelvertrag nun
nicht mehr, dass der Arzt die Abrechnungsunterlagen für acht Quartale aufbewahren
muss.
Im Bundesmantelvertrag ist aber keine bestimmte Frist geregelt. Die Partner des Bundesmantelvertrages gehen davon aus, dass
die Abrechnungsunterlagen nicht Bestandteil
ärztlicher Aufzeichnungen sind und nicht der
zehnjährigen Aufbewahrungsfrist unterliegen.
Jedoch sollten Ärzte und Psychotherapeuten
im eigenen Interesse zur Rechtfertigung der
Abrechnung im erforderlichen Umfang aufbewahren – zumindest zwei Jahre lang.
Nach den Vorschriften der Betäubungsmittelverschreibungs-Verordnung sind sowohl
die Rezeptvordrucke Teil 3 als auch fehlerhaft ausgefüllte Rezeptformulare drei Jahre lang aufzubewahren. Dieselbe Frist gilt für
Karteikarten und Betäubungsmittelbücher.
Sie berechnet sich vom Zeitpunkt der letzten
Eintragung. Nach den Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung soll der Arzt den für ihn
bestimmten Durchschlag der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Muster 1c) mindestens
zwölf Monate lang aufbewahren.
Insbesondere aus Gründen des Datenschutzes existieren neben den Vorschriften zu Mindestsaufbewahrungsfristen auch Fristen, nach
denen der Arzt spätestens Unterlagen vernichten muss.
Zum Beispiel sieht die Kinder-Richtlinie vor,
dass Restblutproben unverzüglich nach Abschluss der Versuche zur Qualitätssicherung,
spätestens jedoch nach drei Monaten, zu vernichten sind.
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Dokumentationspflicht
und Datenschutz
Der Datenschutz spielt besonders bei der Dokumentation eine große Rolle. Ärzte müssen vor
allem das Patientengeheimnis wahren.
Bei der Weitergabe von Dokumentationen und
bei der Einsichtnahme durch Patienten sind
besondere Vorkehrungen zum Schutz der Daten zu treffen. Macht der Patient von seinem
Recht auf Einsichtnahme Gebrauch, kann er
Kopien der Patientenakte verlangen – wenn
eine elektronische Patientenakte geführt wird,
auch die Herausgabe in Dateiform. Die Praxis
kann vom Patienten verlangen, die dabei anfallenden Kosten zu erstatten.
Im Zweifel unter Aufsicht
Wird dem Patienten die Einsichtnahme in seine Patientenakte in der Praxis eingeräumt, ist
darauf zu achten, dass der Patient keine Informationen über andere Patienten erlangen
kann. Es sind daher besondere Vorsichts- und
Schutzmaßnahmen in der Praxis zu treffen,
sodass sichergestellt ist, dass der Patient nur
in seine Patientenakte Einsicht nehmen kann.
Gegebenenfalls muss das Praxispersonal während der Einsichtnahme anwesend sein.
Die Patientendaten und die Dokumentationen können an Dritte weitergegeben werden,
wenn dies durch eine gesetzliche Vorschrift
oder durch die Einwilligung des Patienten legitimiert wird. Eine gesetzliche Legitimation
besteht für die Übermittlung an die Kassenärztliche Vereinigung, etwa zum Zweck der
Abrechnung oder zum Zweck der Qualitätsund Wirtschaftlichkeitsprüfung, ebenso für
die Übermittlung an die Prüfungsstellen zum
Zweck der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Eine gesetzliche Legitimation besteht ebenfalls zur Übermittlung von Daten an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Weitere gesetzliche Übermittlungsbefugnisse gibt
es zum Beispiel im Infektionsschutzgesetz,
in den Krebsregistergesetzen der Länder oder
in der Röntgen- oder Strahlenschutzverordnung. Eine Übermittlungsbefugnis liegt ebenfalls vor, wenn das Vertrauen in die ärztliche
Schweigepflicht gegenüber anderen Rechtsinteressen zurücktritt (sogenannter rechtfertigender Notstand gemäß § 34 Strafgesetzbuch).
Zum Beispiel dürfte der Arzt dem Partner eines Patienten eine bestehende HIV-Infektion
mitteilen, sofern seine Bemühungen erfolglos waren, den Patienten anzuhalten, seine
Krankheit dem Partner zu offenbaren (OLG
Frankfurt, MedR 2000, Seite 196-198). Der
Arzt darf auch das Jugendamt informieren,
wenn er bei der Behandlung Symptome einer
wiederholten Kindesmisshandlung feststellt
und Gespräche mit den Eltern scheitern (KG
Berlin, Az.: 20U19/12). Bestehen bedeutende
berechtigte Interessen, etwa zur Durchsetzung von Honoraransprüchen gegen den Patienten, kann der Arzt auch hier befugt sein,
Patientendaten im erforderlichen Umfang etwa an die Gerichte weiterzugeben.
Ferner kann der Patient ausdrücklich oder konkludent seine Einwilligung zur Weitergabe der
Patientenunterlagen geben. Die Einwilligung
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muss hierzu hinreichend bestimmt sein. Sie
muss auf einer freien Willensbildung und Entscheidung des Patienten beruhen, und der Patient muss wissen, zu welchem Zweck die Unterlagen weitergegeben werden. Ratsam ist, sich
von dem Patienten die Einwilligungserklärung
schriftlich geben zu lassen. Dies ist auch bei
Anfragen von privaten Versicherungen zu empfehlen, besonders wenn die Versicherung keine
aktuelle auf den konkreten Fall bezogene Entbindungserklärung des Patienten vorlegen kann.
beitung ist zu gewährleisten, dass unbefugte
Dritte und andere Patienten weder im Empfangsbereich noch in den Behandlungsräumen Einblick auf die Patientendaten erhalten.
Die Computerbildschirme sind so zu schützen,
dass sie nur von dem Arzt oder dem Praxispersonal eingesehen werden können. So wäre zum Beispiel der Bildschirmschoner einzuschalten, sobald der Arzt oder das Praxispersonal den Behandlungsraum verlässt.
Auch die Papierpatientenakten dürfen nicht
in der Weise aufbewahrt werden, dass Unbefugten der Zugriff möglich wäre. Dementsprechend dürfen die Patientenkarteien für
die nächsten Patienten nicht so bereitgelegt
werden, dass andere Patienten diese einsehen
oder an sich nehmen könnten.
Besonderheiten bei der BAG
© Rafael Ben-Ari | Fotolia.com
Patienten dürfen weder
im Empfangsbereich
noch in den Behandlungsräumen Einblick
in die Akten anderer
nehmen können.
In der Regel kann bei einer Überweisung durch
den Hausarzt und der Übermittlung der Untersuchungsergebnisse im normalen Behandlungsablauf von einer stillschweigenden Einwilligung ausgegangen werden. Generell sollte
also eine Einwilligungserklärung auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zwischen Hausarzt, Facharzt und sonstigen Leistungserbringern vorliegen.
Schutz vor Einsichtnahme Dritter
Sowohl bei papiergebundenen Patientenakten
als auch bei der elektronischen Datenverar-
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Besteht eine Berufsausübungsgemeinschaft
(BAG, früher Gemeinschaftspraxis genannt),
wird der Behandlungsvertrag mit allen ärztlichen Partnern geschlossen. Das bedeutet,
dass in einer BAG grundsätzlich alle beteiligten Ärzte Zugriff auf die Patientendaten haben. Eine Ausnahme besteht, wenn ein Patient bei Vertragsschluss etwas anderes vereinbart hat.
Besteht eine sogenannte Organisationsgemeinschaft (Praxisgemeinschaft, Laborgemeinschaft), müssen alle Partner der Gemeinschaft den Datenschutz einhalten. Der Zugriff
auf Daten der Patienten der anderen Partner
muss unmöglich gemacht werden. Dies gilt
auch im Bereich der EDV.
Verkauf der Praxis
Auch bei Praxisaufgabe, Veräußerung der Praxis oder bei Tod des Praxisinhabers sind die
Patientenunterlagen weiterhin sicher aufzubewahren. Im Falle der Praxisübergabe an ei-
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Gibt der Praxisinhaber die Praxis auf, muss
er weiterhin für die Aufbewahrung der Unterlagen sorgen. Er müsste die Krankenunterlagen in eigenen oder angemieteten Räumen
sicher aufbewahren. Verstirbt der Praxisinhaber, sind die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen zur Aufbewahrung der
Patientenunterlagen verpflichtet. Die Erben
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Etabliert hat sich bei der Aufbewahrung durch
den Nachfolger das „Zwei-Schrank-Modell“.
Die Unterlagen vom Vorgänger werden dabei
getrennt von der eigenen Kartei in einem gesonderten Schrank gelagert. Gibt ein Patient
seine Einwilligung, werden diese Unterlagen
in den eigenen Schrank überführt. Dasselbe
gilt für die EDV. Das heißt, dass zwei getrennte EDV-Systeme bestehen.
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nen Nachfolger müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden. So sind ärztliche Aufzeichnungen unter Verschluss zu halten und
dürfen nur mit Einwilligung des Patienten von
dem Nachfolger eingesehen und an diesen
weitergegeben werden. Mit dem Praxisnachfolger wird eine Verwahrungsklausel vereinbart: Ohne ausdrückliches und gegebenenfalls
schriftlich erklärtes Einverständnis des Patienten darf er keinen Einblick in die Praxisunterlagen nehmen.
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dürfen keinen Unbefugten Einblick in die Unterlagen nehmen lassen.
Löschen oder Sperren von Daten
Ist es unzulässig, die Daten zu speichern oder
ihre Kenntnis nicht mehr erforderlich, kann es
eine Pflicht zum Löschen geben. Unrichtige
Daten sind zu berichtigen. Dabei ist zu beachten, dass die Patientenakte auch in diesem Fall so zu führen ist, dass der ursprüngliche Inhalt der Dokumentation erkennbar ist.
Werden die patientenbezogenen Daten gesperrt
oder gelöscht, muss auch hierbei der Datenschutz garantiert werden. Die Unterlagen oder
Daten sind so zu vernichten, dass das Patientengeheimnis gewahrt bleibt. Problematisch
wird es, wenn die Unterlagen oder Daten extern
entsorgt werden sollten. Dies müsste gegebenenfalls unter Aufsicht des Praxispersonals erfolgen, sodass eine Einsichtnahme des externen
Dienstleisters verhindert wird. Oder die Unterlagen bzw. Datenträger müssen in verschlossenen
Behältnissen unmittelbar vernichtet werden.
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Weitere Hinweise zu Datenschutz und Datenverarbeitung
in der Arztpraxis finden Sie in einer Empfehlung der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer, vor allem in der technischen Anlage unter
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