Literatur und ihre Zeit. Don Carlos von Friedrich Schiller
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Literatur und ihre Zeit. Don Carlos von Friedrich Schiller
Medienbegleitheft zur DVD 12452 LITERATUR UND IHRE ZEIT Don Carlos von Friedrich Schiller Medienbegleitheft zur DVD 26 Minuten, Produktionsjahr 1999 Inhaltsverzeichnis Seite Kurzbiographie 2 Schillers dramatisches Schaffen 3 Der äußere Handlungsverlauf 4 Die Personen 5 Die innere dramatische Entwicklung 5 Tipps und Anregungen für die Unterrichtsarbeit 6 Kleine Vorüberlegung 6 Empfehlung 6 Mögliche „Lernziele“ 6 Lehrplanmäßige Vorgaben 6 Fachspezifische methodische Bausteine 7 1. Methoden zur Vorstellungsaktivierung 7 2. Methoden text- und sprachanalytischer Arbeit 10 3. Operative, produktiv-verändernde Verfahren 13 Einige Literaturhinweise 16 -1- Kurzbiographie: 1759 Friedrich Schiller wird am 10. November 1759 in Marbach am Neckar geboren. Er wächst in einfachen Verhältnissen auf. 1773-80 Schiller kommt auf Befehl des württembergischen Herzogs in die Karlsschule, eine militärische Eliteanstalt. Der ursprüngliche Wunsch, Theologie zu studieren, wird zugunsten eines Medizinstudiums aufgegeben. 1782 Triumphaler Erfolg seines ersten Dramas „Die Räuber“. Aufgrund eines vom Herzog erlassenen Schreibverbots Flucht aus Stuttgart. Es folgen Jahre beruflicher und persönlicher Schwierigkeiten, bedingt durch die ungesicherte Existenz. 1785-87 Schiller wohnt bei seinem Freund Christian Gottfried Körner in Leipzig, später in Dresden. Arbeit am „Don Carlos“ und mehrere Umarbeitungen. 1786 Ode „An die Freude“, vertont von Beethoven als Schlusschor seiner 9. Symphonie 1824. 1787 „Don Karlos“ in Hamburg uraufgeführt (Hamburger Bühnenfassung in Jamben). 1787 Erste Buchausgabe „Don Karlos, Infant von Spanien“ bei Göschen in Leipzig. 1788 Professur für Geschichte an der Universität Jena, doch ohne Bezahlung. 1789 Berühmte Antrittsvorlesung: „Was heißt und zu welchem Ende studieren wir Universitätsgeschichte?“ 1790 Heirat mir Charlotte von Lengefeld. 1791 Schwere Erkrankung mit Spätfolgen. 1794 Beginn der Freundschaft zwischen Schiller und Goethe, einmalig in der Literatur- und Geistesgeschichte. 1799-1804 Vollendung der klassischen Dramen. 1805 Tod Schillers am 9. Mai 1805 in Weimar. -2- Schillers dramatisches Schaffen in Bezug zu seiner Zeit Die Jahrzehnte vor und nach der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert waren durch umwälzende Veränderungen und durch eine Neugestaltung Europas gekennzeichnet. Die Französische Revolution von 1789 und die Kriege, die Napoleon mit fast allen europäischen Ländern führte, gestalteten die politischen Verhältnisse zunächst völlig um, ehe sie im Wiener Kongress 1814/15 im Sinne der Restaurationspolitik wieder hergestellt wurden. Die klassischen Dichter Deutschlands reagierten auf die gesellschaftlichen Verhältnisse damit, dass sie neue Ideale entwarfen. An Stelle der nationalen Ideologien entwickelten sie die Idee des Weltbürgertums weiter. Ihr Postulat der Selbstbestimmung und Selbstvollendung des Menschen brachte eine neue Aufwertung der Kultur und ihrer gesellschaftlichen und ethischen Voraussetzungen mit sich. Natur und Kultur erschienen im Gegensatz zur Sturm- und Drang-Zeit in harmonischer Weise aufeinander bezogen. Nach seiner Distanzierung von der „Sturm und Drang“-Bewegung wendet sich Schiller vom bürgerlichen Trauerspiel ab. Geschichtliche Themen bestimmen seine klassischen Dramen. Schiller belebt die höfisch-aristokratische Tragödienform wieder und signalisiert den Beginn der restaurativen Phase der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland, während in Frankreich noch nachrevolutionäre Kämpfe toben. Die in der Geniezeit so nachdrücklich geforderte künstlerische, individuelle und politische Freiheit entwickelt sich zur Idee der „inneren Freiheit“. „Don Carlos“ steht den Jugenddramen – „Die Räuber“, „Die Verschwörung des Fiesko zu Genua“, „Kabale und Liebe“– inhaltlich noch nahe, doch der Übergang zur Klassik zeigt sich u.a. in der Verwendung des Blankverses. Am Vorabend der Französischen Revolution, deren Ehrenbürger Schiller gewesen ist, kleidet der Dichter die Forderung nach den Menschenrechten, die dann erst die französische Nationalversammlung formuliert hat, in die Form eines exemplarischen Dramas, in dem der Konflikt zwischen Jugend und Alter, Befreiung und Beherrschung, Liebe und Staatsraison sich unweigerlich zuspitzt. Schillers umfangreiches Dramenschaffen baut auf historischen Vorarbeiten auf, und zwar in Zusammenhang mit seiner Lehrtätigkeit als Professor für Geschichte in Jena. Der spanische Hof des 16. Jahrhunderts ist für Schiller der geschichtliche Inbegriff von autoritärem Absolutismus und totalitärer Macht. Wo Unterdrückung und tyrannische -3- Willkür herrschen, da nimmt der Schrei nach Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit bei Schiller in „Don Carlos“ dramatische Gestalt an. Die eigentliche Hauptgestalt ist nicht der ungestüme Don Carlos, sondern eher sein Freund Marquis Posa. Dieser verkörpert das klassische Humanitätsideal des ausgehenden 18. Jahrhunderts, indem er für die Abschaffung jeglicher Form der Unterdrückung eintritt und für die Verwirklichung einer natürlichen Freiheit kämpft. Er wird zum Verkünder eines neuen Zeitalters, in dem die Menschen – nach den Idealen der Klassiker – frei und glücklich leben. In der Schlussszene des Dramas im dritten Akt fordert der Marquis von König Philipp die Freiheit des Denkens mit den Worten: „Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federstrich von dieser Hand und neu erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit –„. Der äußere Handlungsverlauf Die Geschichte des „Don Carlos“ spielt im 16. Jahrhundert am spanischen Königshof. König Philipp II. von Spanien heiratet Elisabeth von Valois, die ursprünglich als Braut für seinen Sohn Don Carlos bestimmt gewesen ist. Carlos Jugendfreund, Marquis Posa, will den Kronprinzen für die Freiheitsbestrebungen der aufständischen niederländischen Provinzen begeistern. Auch Elisabeth rät Carlos, seine Liebe zu ihr zu vergessen und sich seinen zukünftigen Untertanen zu widmen. Als Carlos seinen Vater bittet, ihm ein Heer in Flandern anzuvertrauen, lehnt dieser kategorisch ab. Prinzessin Eboli, eine in den Prinzen verliebte Hofdame, informiert aus verschmähter Zuneigung den König von Carlos‘ Beziehung zur Königin. Marquis Posa sucht seinen Freund aus dieser tödlichen Gefahr zu retten, indem er sich selbst opfert: Er gewinnt das Vertrauen des Königs und lenkt dann den Verdacht auf sich selbst, indem er vorgibt, die Königin zu lieben. Auf diese Weise hofft er, Carlos die Möglichkeit zu geben, nach Flandern zu fliehen. -4- Die Granden des Königs, allen voran der ehrgeizige Herzog Alba und der intrigante Pater Domingo, vereiteln diese Pläne. Posa wird erschossen, Don Carlos der Inquisition übergeben. Die Personen Die Hauptpersonen stehen im Spannungsfeld zwischen Liebe und Hass, Misstrauen und Eifersucht, Freundschaft und Politik sowie blindem Fanatismus. - Phillipp II. von Spanien, König von Spanien - Elisabeth von Valois, seine Gemahlin - Don Carlos, sein Sohn und Kronprinz - Marquis von Posa, ein Malteserritter - Prinzessin Eboli, eine Hofdame - Herzog Alba, Feldherr - Domingo, Beichtvater des Königs - Kardinal Großinquisitor Die innere dramatische Entwicklung Die ursprüngliche Haupthandlung, die Liebesgeschichte zwischen Carlos und Elisabeth, weicht der politischen Tragödie des Marquis Posa, der den von seinen Familienmitgliedern enttäuschten König für die Ideen der Freiheit und Menschenwürde gewinnen will. Aus den konfliktgeladenen Beziehungen der handelnden Personen zueinander lässt sich jeweils ein Drama der Freundschaft, ein Familiendrama und ein politisches Drama entwickeln. Neueren Interpretationen zufolge handelt es sich um „eine Familientragödie mit politischen Auswirkungen... deren politische Konnotationen streng genommen nichts als eine Steigerung der Familienproblematik sind“. 1 Die Dramen Ende des 18. Jahrhunderts stellen individuelle Probleme dar, die allerdings mitunter politische Auswirkungen zeitigen, wenn sie im Kreis der Mächtigen angesiedelt sind. 1 H. Koopmann, Don Carlos. In Schillers Dramen. Neue Interpretationen. Hg. Walter Hinderer. Stuttgart: Reclam 1979 -5- Tipps und Anregungen für die Unterrichtsarbeit Kleine Vorüberlegung In unserer Gesellschaft, in der die Informationsmedien einen entscheidenden und dominierenden Stellenwert einnehmen, ist die Beschäftigung mit Literatur, insbesondere mit Werken der Klassik, in der Schule nicht mehr selbstverständlich. Die Beschäftigung mit „schöngeistigen Texten“ gilt als Luxus, der für das wirkliche Leben keine Bedeutung mehr zu haben scheint. Darüber sollte man sich auch im Klaren sein, wenn man mit einem klassischen Werk wie Schillers „Don Carlos“ arbeitet. Empfehlung Auch wenn nur einzelne Dramenausschnitte gesehen bzw. besprochen werden, ist es natürlich empfehlenswert, das ganze Drama zu lesen. Nur so kennt man die Bedeutung der einzelnen Ausschnitte für das Gesamtdrama und nur so ergeben sich schlüssige Interpretationen. Mögliche „Lernziele“ dieser multimedialen Auseinandersetzung sind: - Die SchülerInnen werden sich über ihre Beziehung zur Literatur klar. - Sie reflektieren ihre Haltung zur Literatur, formulieren ihre Meinungen und begründen sie. - Sie informieren sich über die verschiedenen Motive des Dichters, über dessen Beweggründe zu schreiben, arbeiten seine Argumente heraus und lernen, diese gedanklich nachzuvollziehen und mit den eigenen Erfahrungen zu vernetzen. - Sie entwickeln eine differenzierte Meinung über die Rolle der Literatur als Teil der öffentlichen Kultur sowie im eigenen Leben. Die methodisch-didaktischen Impulse sind als Arbeitsanregungen für die Unterrichtspraxis gedacht, und zwar nach folgenden lehrplanmäßigen Vorgaben: „Die Angaben des Lehrplans zur literaturgeschichtlichen Orientierung sind so gehalten, dass Literaturgeschichte nicht zur bloßen Inventarisierung von Dichtern und Werken wird ... Das auf der 9. Schulstufe (5. Klasse) erarbeitete Verfahren, das ein Wechselspiel von Textbezogenheit und textexternen Verweisen erprobt, lässt sich auf der 10. Schulstufe (6. Klasse) in der Weise anwenden und vervollständigen, dass an die Stelle des -6- außerliterarischen Gegenwartswissens die Rekonstruktion einer historischen Epoche tritt. Literarische Werke können so eine besondere Quelle historischer Erkenntnis, geschichtliche Fakten aber auch ein spezifischer Kommentar zur Literatur werden Die modellhafte Darstellung der Epoche der Aufklärung erlaubt es) die Grundlagen der Literatur und des literarischen Lebens, das Selbstverständnis der Schriftsteller und der literarischen Institutionen (z.B. Zeitschriften, Verlage, Theater), wie sie bis zur Gegenwart wirksam geblieben sind, in ihrer Entstehung vorzuführen … Beispielhaft kann an literarischen Werken und einzelnen Texten gezeigt werden: Humanität und religiöse Toleranz; die Auswirkungen einer neuen bürgerlichen Moral; der Kampf gegen ständisch-feudale Orientierungen; individuelles Freiheitsstreben und zentral gesteuerte Reformideen; die Grundgedanken der Philosophie Voltaires.... Die Beschäftigung mit Themen dieser Art wird die Epochengrenzen der traditionellen Schulliteraturgeschichten aufsprengen und Tendenzen der Aufklärung als einen unabgeschlossenen Prozess erkennen lassen. ‚Aufklärung‘ und ‚Gegenaufklärung‘ durchziehen die Epochen vom ‚Sturm und Drang‘ zur Gegenwart. 2 Die methodisch-didaktische Vielfalt der Unterrichtsimpulse möchte - den unterschiedlichen Möglichkeiten der SchülerInnen entsprechen und deren unterschiedliche Fähigkeiten und Interessen berücksichtigen; - ein Klima des literarischen Dialogs fördern; - eine ausgewogene Stoffvermittlung bieten, bei der die Erfahrungs- und Lebenswelt der Schülerinnen mit einbezogen wird und - durch spezifische Akzentsetzungen didaktische und methodische Monokulturen verhindern. Fachspezifische methodische Bausteine 3 1. Methoden zur Vorstellungsaktivierung 1.1 LehrerIn liest einen Textausschnitt vor. 1.2 SchülerInnen sehen das Video. 1.3 Freies Assoziieren zum Titel des Dramas: Was stellst du dir unter „Don Carlos“ vor? (mündlich oder schriftlich) 2 3 Lehrplan AHS-Oberstufe. Deutsch. Kommentar Oberstufe. ÖBV: Wien 1990, S 47f. Auflistung unter Benutzung von Kaspar H. Spinners Anregungen: Moderne Kurzprosa in der Sekundarstufe I, Schroedel Verlag, Hannover 1990. S. 71ff. -7- 1.4 Assoziationen zu einem Textausschnitt oder einem thematischen Begriff, und zwar mündlich, z.B. als Brainstorming mit Tafelanschrieb. Aufgabenstellung Gestaltung einer Assoziationsspirale zum Begriff „Freiheit“ 4 Das geht so; - In die Mitte eines Blattes (OH-Folie/einer Schultafel) wird das Wort FREIHEIT geschrieben. Jede/r in der Gruppe (Klasse) ruft dem/der Schreibenden ein Wort zu, das ihm/ihr dazu einfällt. - Dann werden Radien gezogen, und mit dem Wortmaterial der so entstandenen Ausschnitte werden Kurzgeschichten geschrieben. - Die so entstandenen Geschichten werden – auf freiwilliger Basis – vorgelesen und besprochen. Nach nochmaliger Überarbeitung werden sie nochmals in Reinschrift (mit PC, auf farbigem Papier, in einem besonderen Format) geschrieben und unter einem eigenen Buchtitel als Magazin oder Kurzgeschichtenbändchen herausgegeben. 1.5 Ausgestaltung einer Textstelle als Hypertext 5 Hypertexte sind Aufforderungen zum interaktiven Lesen und Schreiben. Sie sind interaktive Denkgebäude, die ein heuristisches, ganzheitliches Lernen in einer Klasse fördern. Und das geht so: Man nimmt z.B. einen Szenenausschnitt und „schreibt über den Text hinaus“, d.h. man baut aus einzelnen Teilen des vorgefertigten Gedankengebäudes ein neues „Gedankenzimmer“ dazu, erweitert es durch eigene Bausteine. Wer den vorgegebenen Text nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herzen liest, wird da und dort den Wunsch verspüren - 4 5 zu ergänzen eine individuelle Sicht der Sachverhalte einzufügen Assoziationen einzubringen den Rahmen des Textes zu sprengen etwas Neues zu schaffen Begriff ‚Assoziationsspirale’ nach Renate Welsh Weitere Anregungen und Beispiele in: Zeitschrift die 4/98, S. 53-63 -8- Aufgabenstellung Wählen Sie ein Wort, eine Wortgruppe oder einen Satz – sogenannte LINKS – und schreiben Sie dazu einen eigenen Text. Aus allen Texten einer Klasse entsteht so zum Ausgangstext ein „Hypertext“. 1.6 SeIektives Lesen: Gemeint ist das genaue Lesen, und zwar Strophe für Strophe, Zeile für Zeile; dabei werden einzelne Aussagen geklärt und eine antizipierende Auseinandersetzung mit dem weiteren Verlauf des Textes wird gefördert. Arbeitsaufgabe: Bearbeiten Sie in Kleingruppen oder Partnerarbeit jeweils einen Textausschnitt und suchen Sie nach den „heißen Stellen“: Das sind die Kernaussagen, in denen der Autor wichtige Grundüberzeugungen und Haltungen zum Ausdruck bringt. Als Beispiel folgende Textprobe: 3. Akt, 10. Auftritt: König (mit erwartender Miene): Nun? Marquis: Ich kann nicht Fürstendiener sein. (Der König sieht ihn mir Erstaunen an.) Ich will den Käufer nicht betrügen, Sire – Wenn Sie mich anzustellen würdigen, so wollen Sie nur die vorgewogne Tat. Sie wollen nur meinen Arm und meinen Mut im Felde, Nur meinen Kopf im Rat. Nicht meine Taten, Der Beifall, den sie finden an dem Thron, Soll meiner Taten Endzweck sein … 1.7 Im Drama werden oft Details ausgespart oder es finden sich einzelne Textstellen, in denen das Geschehen nur angedeutet ist: Das sind die sogenannten Leerstellen, die man mit Inhalt füllen kann. Aufgabenstellung: Versuchen Sie solche „weißen Flecken mit eigenen Gedanken zu beleben. Sie können die fehlenden Informationen selbst erfinden und die Handlungsweise von Personen besser motivieren. Sie können Vorgeschichten oder Fortsetzungen ent-9- werfen. Sie können durch Ihr eigenes Schreiben die Personen in einem Stück genauer kennen lernen oder ihnen mehr Profil geben und vor allem ihre Handlungsweise besser verstehen. - Schreiben Sie eine Szene, in der Carlos und Marquis von Posa noch Kinder sind. - Schreiben Sie einen Text, in dem Prinzessin Eboli über ihre große Liebe zu Carlos spricht. - Schreiben Sie ein Happy End. Vergleichen Sie damit das tatsächliche Ende. Welche Wirkung haben die beiden Schlüsse? 1.8 An den Schnittstellen des „Videotextes“ innehalten und über mögliche Ergänzungen diskutieren. 2. Methoden text- und sprachanalytischer Arbeit 2.1 Texterschließende Leitfragen Beispiel: 3. Akt, 10 Szene Frage Antwort - Wie soll die Umgestaltung des absolutistischen Staates vor sich gehen? „Werden Sie/Von Millionen Königen ein König.“ - Was soll erreicht werden? „Lassen Sie, großmütig wie der Starke, Menschenglück aus Ihrem Füllhorn strömen …“ - Welche geschichtliche Konsequenzen hat des Königs Vorbildwirkung? „Alle Könige Europens huldigen dem Span’schen Namen. Gehen Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu Erschaffen wird die Erde …“ 2.2 Figuren des Textes charakterisieren Aufgaben: - Beschreiben Sie Don Carlos als Menschen und als Kronprinz! - König Philipp – eine tragische Gestalt oder ein Machtmensch? - Elisabeth von Valois und Prinzessin Eboli – zwei unterschiedliche Frauengestalten - Herzog Alba und Pater Domingo – zwei Intriganten oder scharfsinnige Politiker? - Kardinal Großinquisitor – ein Bewahrer des Glaubens oder Sinnbild inhumaner Machtpolitik? 2.3 Beschreibung von Handlungsschauplätzen und Gegenständen/ Requisiten und deren symbolträchtige Bedeutung untersuchen - 10 - 2.4 Eine Szene gliedern, z.B. in Form von Mindmapping 2.5 Die dramatische Struktur einer Szene erkennen, indem folgende Punkte beobachtet werden: - Wie ist die äußere Situation dieser Szene? - In welcher inneren oder psychisch belastenden Situation stehen die handelnden Personen? - Wie stehen die einzelnen Personen zueinander in Beziehung? Wie steht der Protagonist zu sich selbst in dieser Szene? - Welche Bedeutung hat diese Szene für die weitere Handlung? 2.6 Den Bau des klassischen Dramas nach dem von Gustav Freytag beschriebenen Schema überprüfen. Arbeitsauftrag: Vervollständigen Sie die Angaben in der Tabelle, indem Sie in die rechte Spalte einige Stichwörter zu „Don Carlos“ eintragen: 1. Die Einleitung (Exposition): - Situation - wichtige Personen 2. Steigende Handlung - Konflikt wird deutlich 3. Höhepunkt (Peripetie) - dramatisches Geschehen spitzt sich zu 4. Fallende Handlung (retardierendes Moment) - Folgen der Tat - Rettungsversuche 5. Katastrophe - Tragischer Held dem Untergang / Tod geweiht - 11 - 2.7 Sprachliche Mittel und deren Funktion nachweisen: z.B. 3. Akt, 10. Auftritt Textbelege Funktion der sprachlichen Mittel/ Erläuterungen Marquis: Ich kann nicht Fürstendiener sein. Ich will den Käufer nicht betrügen, Sire … Spiel mit Modalverben (können, wollen), Stolz, Selbstbewusstsein Sprachliche Wendungen aus dem Bildbereich des Kaufens Können Sie in Ihrer Schöpfung fremde Schöpfer dulden? Rhetorische Frage Wiederholung mit Abwandlung des Sinns Lassen Sie, großmutig wie der Starke, Menschenglück aus Ihrem Füllhorn strömen! Anrede, Beschwörung Vergleich, um zu huldigen, gnädig zu stimmen Bildmetapher von der Glücksgöttin Fortuna und ihrem Füllhorn Aufforderungssatz … und Freude wär‘ mir und eig‘ne Wahl, was mir nur Pflicht sein sollte Gegensätze, Paradoxien, um das unmöglich Scheinende zu ermöglichen 2.8 Verschiedene Arten von Monologen unterscheiden lernen: - Ein epischer Monolog dient zur Schilderung nicht darstellbarer Ereignisse oder Situationen. (Ein Bote berichtet von der Schlacht.) - Ein betrachtender Monolog kommentiert das Verhalten der Figuren. - In einem Konfliktmonolog kämpft eine Figur mit sich selbst um die Entscheidung - Ein innerer Monolog ist das Selbstgespräch einer Person. Arbeitsauftrag: Finden Sie dazu jeweils ein Beispiel im „Don Carlos“! 2.9 Textexterne Gesichtspunkte berücksichtigen, z.B. historische Zusammenhänge (Entstehungszeit) und gesellschaftlichpolitischer Kontext (der Entstehungszeit /der heutigen Zeit) Aufgabenstellung: Erarbeiten Sie anhand des folgenden Textes Schillers Auffassung a) vom Theater und b) seine Vorstellung vom Menschenbild! - 12 - Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet „{…} Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo das Gebiet der weltlichen Gesetze sich endigt ... So gewiss sichtbare Darstellung mächtiger wirkt als toter Buchstab und kalte Erzählung, so gewiss wirkt die Schaubühne tiefer und dauernder als Moral und Gesetz … Die Schaubühne ist die Stiftung, wo sich Vergnügen mit Unterricht, Ruhe mit Anstrengung, Kurzweil mit Bindung gattet, wo keine Kraft der Seele zum Nachteil der andern gespannt, kein Vergnügen auf Unkosten des Ganzen genossen wird. Wenn Gram an dem Herzen nagt, wenn trübe Laune unsre einsamen Stunden vergiftet, wenn uns Welt und Geschäfte anekeln, wenn tausend Lasten unsre Seele drücken und unsre Reizbarkeit unter Arbeiten des Berufs zu ersticken droht, so empfängt uns die Bühne – in dieser künstlichen Welt träumen wir die wirkliche hinweg, wir werden uns selber wieder gegeben, unsere Empfindung erwacht, heilsame Leidenschaften erschüttern unsre schlummernde Natur und treiben das Blut in frischere Wallungen ... Und dann endlich – welch ein Triumph für dich, Natur! – wenn Menschen aus allen Kreisen und Zonen und Ständen, abgeworfen jede Fessel der Künstlerei und der Mode, herausgerissen aus jedem Drange des Schicksals, durch eine allwebende Sympathie verbrüdert, in ein Geschlecht wieder aufgelöst, ihrer selbst und der Welt vergessen und ihrem himmlischen Ursprung sich nähern. Jeder Einzelne geniest die Entzückungen aller, die verstärkt und verschönert aus hundert Augen auf ihn zurückfallen, und seine Brust gibt jetzt nur einer Empfindung Raum – es ist diese: ein Mensch zu sein.“6 2.10 Thematische Vergleiche mit anderen Textsorten: Beispiele: - zum Thema „Gedanken-Freiheit“ (Unabhängigkeitserklärung der USA, Manifest von Amnesty International, Menschenrechtserklärung von 1791, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948, etc.) - zum Motiv „Vater-Sohn-Konflikt“ (Kafkas Erzählungen) - zum Menschenbild anhand der unterschiedlichen Struktur des epischen Theaters (Brecht: Der gute Mensch von Sezuan) - zum Stil eines Revolutionsliedes (Marseillaise) 3. Operative, produktiv-verändernde Verfahren 3.1 Umsetzung eines Szenenausschnitts in ein Rollenspiel, bei dem u.a. vortragendes Lesen geübt wird. 6 Aus: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Bd.5, hrg. von Gerhard Fricke u.a., München 1060, S 391ff. - 13 - 3.2 Umformulieren einzelner in Blankversen geschriebener Szenenausschnitte in die heutige gesprochene Sprache. 3.3 In-Szene-Setzen nach der Standbild-Methode: z.B. die Szene, in der Carlos seinen Vater bittet, ihm und nicht Herzog Alba den Oberbefehl über das Heer in Flandern zu geben: Beobachtungsaufgabe Antwort - Wie weit stehen die beiden Akteure auseinander? - Schauen sie einander an? - Stehen sie einander zu- oder abgewandt? - Welche Gesten sehen Sie? Sind es Drohgebärden oder Demutsgebärden? - Wie ändert sich die Körperhaltung während der Szene - Welche Mimik spiegeln die Gesichter wider? - Welche Art von menschlichem Umgang miteinander lässt sich daraus ablesen? 3.4 Alternative Lösungen für die jeweiligen Konflikte finden. 3.5 Einzelne Textausschnitte in ein anderes Medium (Bild, Strukturskizze, Soziogramm, Werbeplakat, Tanz, Musik, Bewegung) übertragen. 3.6 Lyrisierung von thematischen Schwerpunkten in Form von Elfchen, Haikus oder Gestaltung von inneren Monologen aus der Perspektive einer der gewählten Protagonisten. 3.7 Eigene thematische Erfahrungen – z.B. Freundschaft, väterliche Missachtung, Mobbing, verbotene Zuneidung, Freiheitsdrang – in Formen des freien Schreibens zum Ausdruck bringen. - 14 - 3.8 Literaturkritische Analyse Fragestellung: Was halten Sie von dem idealen Menschenbild der deutschen Klassik und seiner Verwirklichung? Das klassische deutsche Drama hat das Ziel, den Menschen zu läutern, damit er nicht seinen Leidenschaften und Trieben unterliegt, sondern aus Einsicht in das Gute eben dieses Gute, Wahre und Schöne verwirklicht. Indem der Mensch innere Widersprüche und Konflikte löst, entwickelt er sich zu einer harmonischen Persönlichkeit. 3.9 Skizzieren Sie Entwürfe vom Menschen in der Postmoderne, indem Sie einige Schlagworte wie Selbstverwirklichung, Entsolidarisierung, Coolness, Generation X, Fun-Generation etc. mit einbeziehen! 3.10 Projektvorschläge - Schriftsteller, die in Opposition zu ihrer Regierung oder Staatsreligion stehen, ihr Leben und ihre Werke - Fächerübergreifend mit Geschichte und Sozialkunde: Freiheitsbewegungen (z.B. Abraham Lincoln, Mahatma Ghandi, Martin Luther King jun., Che Guevara etc.) - 15 - Einige Literaturhinweise: Fischer-Lichte Erika: Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas. Diesterweg: Frankfurt/Main, 1993, 2. Aufl. Gerber Harald: Friedrich Schiller „Don Karlos“. Königs Erläuterungen Bd. 6/6a, C. Bange Verlag: Hollfeld, 1992, 2. Aufl. Killinger Robert: Literaturkunde Hpt: Wien 1996, 2. Aufl. Neubauer Martin: Friedrich Schiller, Don Carlos. Lektüre-Durchblick, Bd. 334. Mentor: München 1998 Pörnbacher Karl: Friedrich Schiller, Don Carlos. Reclam: Stuttgart 1973 Rainer Gerald und Eva: Aktion Sprache 3 und 4, Deutsch für die Oberstufe. Veritas: Linz 1999, 1. Aufl. Rainer Gerald und Eva: Stichwort Literatur, Veritas: Linz 1993, 1. Aufl. - 16 - Medieninhaber und Herausgeber: BUNDESMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT, KUNST UND KULTUR Medienservice 1014 Wien, Minoritenplatz 5 Tel. 01/53 120-4829, Fax: 01/53 120-4848 E-Mail: [email protected] Autorin: Prof. Mag. Jutta Kleedorfer Download unter: http://www.bmukk.gv.at/schulen/service/mes/specials.xml Bestellungen: AMEDIA Servicebüro 1140 Wien, Sturzgasse 1a Tel. 01/982 13 22, Fax: 01/982 13 22-311 E-Mail: [email protected] Verlags- und Herstellungsort: Wien