Bestechungssystem bei Spedition Willi Betz?

Transcrição

Bestechungssystem bei Spedition Willi Betz?
Keine A39!
Bestechungssystem bei Spedition Willi Betz?
Frankfurter Allgemeine vom 21.01.2006
Bestechungssystem bei Spedition Willi Betz?
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage / Mehr als 600 Ordner Ermittlungsakten / Firmenchef Thomas Betz weist
Vorwürfe zurück
Ein Fall für die StaatsÂ-anwaltschaft: Die SpediÂ-tion Betz
Foto Argum
sup.
STUTTGART,
20. Januar. Das Geschäftsgebaren der größten europäischen Spedition, der Willi Betz-Gruppe aus Reutlingen, wird in
Kürze vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart untersucht. Dem Chef der Spedition, Thomas Betz, der seit
September in Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft sitzt, und seinen Helfern drohen mehrjährige Haftstrafen, wenn
das Gericht der Auffassung der Staatsanwaltschaft folgt.
Demnach ist bei Willi Betz ein System aufgebaut worden, das es erlaubt, hierzulande billige Arbeitskräfte aus
Osteuropa einzusetzen und das auf Fahrzeugen, die wiederum in Osteuropa zugelassen sind. Die Vorwürfe der Ermittler
basieren auf 15 000 Ordnern Beweismaterial, die bei einer Durchsuchung der Spedition im Jahr 2003 sichergestellt
wurden. Nach der Auswertung dieses Materials durch die Ermittlungsgruppe „Transit Ost“ verblieben 618 Ordner
Ermittlungsakten. Allein der Abschlußbericht der Polizei erstreckt sich auf 400 Seiten.
Bei der Reutlinger Spedition weist man indes alle Vorwürfe zurück; „Willi Betz und die beschuldigten Personen haben
ihr Geschäft stets im Rahmen geltender Gesetze getätigt“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens, das bisher keinerlei
Öffentlichkeitsarbeit betrieb: „Wir sind zur Zeit dabei, jeden einzelnen der Verdachtsmomente zu entkräften.“ Im Zentrum des
Geschehens steht der 47 Jahre alte Speditionschef Thomas Betz sowie sein 78 Jahre alter Vater, der Firmengründer Willi
Betz. Die Anklage richtet sich zudem gegen vier weitere Personen. Ihnen wird vorgeworfen, systematisch
Transportgenehmigungen für osteuropäische Laster in Westeuropa erschlichen zu haben und auf diesen Fahrzeugen
wiederum osteuropäische Mitarbeiter eingesetzt zu haben, deren Visa unter falschen Angaben zustande gekommen seien.
http://www.keine-a39.de
Powered by Joomla!
Generiert: 20 January, 2017, 20:14
Keine A39!
Allein für die Erschleichung der sogenannten CEMT-Genehmigungen habe Willi Betz vier Millionen Euro
Bestechungsgelder an hohe Amtsträger in Georgien und Aserbaidschan gezahlt, heißt es bei der Staatsanwaltschaft
Stuttgart. „Diese Transportgenehmigungen hätten gar nicht erteilt werden dürfen“, sagt Tomke Beddies, Sprecherin der
Staatsanwaltschaft. Voraussetzung dafür sei,daß die Laster im Ausstellungsland auf ein dort ansässiges Unternehmen
zugelassen seien. Um dies vorzutäuschen, habe der Speditionschef an über 500 bulgarischen und an über 400
aserbaidschanischen Fahrzeugen falsche Kennzeichen angebracht, lautet der Vorwurf der Ermitt1er. Die Fahrzeuge
seien dann mit bulgarischen Fahrern auf der Gebiet der EU eingesetzt worden. Zur Sozialversicherung seien diese
Fahrer nicht angemeldet worden. Im Ergebnis habe dies dazu geführt, daß dem deutschen Staat
Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten worden seien. „Man muß das Zusammenspiel sehen“, sagt Staatsanwältin Beddies.
Teil des Systems war offenbar auch die Mithilfe des früheren Vizepräsidenten des Bundesamtes für Güterverkehr, Rolf
Kreienhop, dem die Staatsanwaltschaft Bestechlichkeit vorwirft: „Im einzelnen besteht der Verdacht, dieser habe die
Spedition unter anderem über Kontrollmaßnahmen informiert und bei Schwierigkeiten vermittelnd eingegriffen.“ Kreienhop
wurde im Frühjahr 2004 vom Dienst suspendiert.
„Wir haben von Beginn der Ermittlungen an immer klar gemacht, daß wir uns nichts haben zu Schulden kommen
lassen“, heißt es nun bei Willi Betz, und: „Wir haben von Beginn an offen mit allen Ermittlungsbehörden kooperiert.“ Das
Transportgewerbe sei ein hochregulierter Mark. Die Spedition Willi Betz habe „stets alle Vorschriften“ eingehalten. Die
Millionen seien nicht zur Erschleichung von Transportgenehmigungen eingesetzt worden, so heißt es bei dem
Unternehmen, sondern als eine Art Schutzgeld, wie es in osteuropäischen Staaten üblich sei. Den Vorwurf, Steuern und
Abgaben hinterzogen zuhaben, weise man ebenfalls zurück: „Die bulgarischen Fahrer waren in Bulgarien angestellt. Für sie
wurden in Bulgarien ordnungsgemäß Steuern und Abgaben abgeführt.“ In Bulgarien sei Willi Betz mit rund 1600 Mitarbeitern
einer der größten Steuer- und Abgabenzahler. Allerdings weist die schwäbische Spedition auch darauf hin, daß auch in
Deutschland in den vergangenen zehn Jahren rund 500 Millionen Euro Lohnsteuer und Sozialabgaben bezahlt worden
seien.
Insgesamt beschäftigt die Willi-Betz-Gruppe rund 7500 Mitarbeiter, davon 2500 in Deutschland. Im vergangenen Jahr
wurde ein Umsatz von 700 Millionen Euro erzielt. Wie lange das Unternehmen noch ohne Chef weiterarbeiten muß, weil
dieser im Gefängnis sitzt, ist nicht klar. Wie zu hören ist, wurde vor wenigen Tagen ein Antrag auf Haftprüfung gestellt. Bei
der Staatsanwaltschaft heißt es aber, selbst wenn eine millionenschwere Kaution geboten würde, sei nicht sicher, ob man
zum Ergebnis gekommen wäre, daß diese ausreichend sei, um die Fluchtgefahr zu bannen. Bis das Landgericht die
Ermittlungsakten gesichtet hat und die Hauptverhandlung beginnt, können noch mehrere Wochen vergehen.
http://www.keine-a39.de
Powered by Joomla!
Generiert: 20 January, 2017, 20:14