Psychologie des Notfalls

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Psychologie des Notfalls
NOTFALLPSYCHOLOGIE, KRISENINTERVENTION
Da die Psyche einen wesentlichen Teil des Menschen ausmacht und aufgrund der
bekannten unstrittigen Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche muss in einer
Notfallsituation neben der medizinischen Versorgung auch Psychische Erste Hilfe geleistet
werden. Psychische Erste Hilfe durch das anwesende Sanitätspersonal und den Notarzt ist
primär der psychologisc h angemessene Umgang mit Personen in akuten Notsituationen,
wie es Notfalleinsätze in den meisten Fällen sind.
Desweiteren hat es sich bewährt weiterführende Betreuungen anzudenken und anzubieten.
Dafür stehen in NÖ die Kriseninterventionsteams der Rettungsorganisationen, das
AKUTteam NÖ und die Notfallseelsorge zur Verfügung. In diesem Vortrag geht es daher
einerseits um
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Wesentliche Aspekte der psychischen ersten Hilfe im Notfalleinsatz
Die Aufgaben der Krisenintervention/Akutbetreuung
Die Alarmierung weiterführender Angebote in NÖ
Wesentliche Aspekte der psychischen Ersten Hilfe im Notfalleinsatz
Literatur: F. Lasogga, B. Gasch, Psychische Erste Hilfe, Stumpf & Kossendey 2000
Medizinische erste Hilfe und psychische Erste Hilfe sind nicht als konkurrierend zu betrachten.
Medizinische Erste Hilfe muss so geleistet werden, dass sie neben dem physiologischen auch den
psychischen Zustand des Patienten stabilisiert. Unsere Interventionen sollten so getätigt werden, dass
es zur Beruhigung des Patienten und der Situation kommt. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der
psychischen Ersten Hilfe im Notfalleinsatz ist das dazugehörige System, welches oft anwesend ist und
einbezogen werden muss. Der Notfallpatient wird in den meisten Fällen mitgenommen und
hospitalisiert, die Angehörigen bleiben zurück und können durch weitere Betreuung der
Krisenintervention/Akutbetreuung unterstützt werden.
Die psychische Situation des Patienten
Auf den Patienten, besonders bei Unfällen, aber auch bei anderen medizinischen Notfällen wirkt
unmittelbar und plötzlich eine Reihe von belastenden Faktoren ein, die zu sehr unterschiedlichen
Reaktionen führen können:
Beispielhaft sollen hier einige genannt werden:
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Physiologische Belastungen aufgrund des Notfalles:
(Schmerzen, Atemnot, Bewusstseinstrübung, sensorische Empfindungen wie Taubheit, Kälte,
Hitze, Herzschlag,…)
Aufgrund äußerer Faktoren:
(Hitze, Kälte, Lärm, Stille, spezielle Geräusche, Licht, Dunkelheit, Lage welche eventuell
kopfüber ist, Rauch, Nebel, Gerüche,….)
Psychologische Belastungen Individualpsychologisch:
(Neuheit mit eventuellem Bedrohungsgefühl und Ängsten, Kontrollverlust,
Handlungsunfähigkeit, Abhängigkeit, unterbrochene Handlung, welche Sorgen und
Schuldgefühle erzeugt,…)
Sozialpsychologisch:
(andere Verletzte oder Beteiligte, die Wahrnehmung von den Anderen und die Sorge
um die anderen, besonders Kinder, soziale Hierarchien – wie werde ich
angesprochen,…, Zuschauer, Perspektive aus der liegenden Position,….)
Biologische Variablen:
(Alter, Geschlecht, körperliche Konstitution,…)
Soziographische Variablen:
(Prägung durch kulturelle Faktoren, Familiengefüge, eigene und zugeschriebene Erwartungen
an Stärke, Handlungsfähigkeit,…)
Psychologische Variablen:
(Vorerfahrungen, Grundeinstellungen, Copingstrategien,…)
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Reaktionen des Betroffenen:
Aufgrund der unterschiedlichen Einflüsse, die wir beispielhaft angeführt haben, wird jede Person auf
ihre spezifische Weise reagieren. Dies ist im Vorhinein nicht absehbar, die Reaktionen sind anders als
„in einer normalen Situation“ zu erwarten und können sich auch rasch verändern. Sie sind auch nicht
für eine Person stabil, so kann jemand in einer Notfallsituation erstarren, in einer anderen aufgeregt
sein, schreien und weinen.
Daher ist es wichtig offen in jede Situation hineinzugehen und als erstes wahrzunehmen, was passiert
ist, wer betroffen ist und grob die Einflussgrößen abzuchecken. Manches ergibt sich aus dem
„Anblick“, einiges muss zu gegebenen Zeitpunkt erfragt werden.
Beispiele für Reaktionen:
• Gefühle und Reaktionen
(Angst, Gedanken über zukünftige Probleme, Konsequenzen, Beurteilung durch
Andere,….,
Bedürfnis zu reden, einzuordnen, dazu Fragen,….,
Schuldgefühle,Scham, Peinlichkeit,….)
• Gedanken
(bezüglich der Gesundheit und Folgeschäden, Verluste und Tod, Verantwortlichkeit bei
z.B. einem Unfall, Reaktionen der Angehörigen, materielle Konsequenzen,….)
• Verhalten:
(weinen, schreien, aggressives Verhalten, Starre, wiederholtes Fragen, Ruhe und
Abwesenheit, Dissoziation, ….)
Drei grundlegende menschliche Bedürfnisse:
Literatur: H. Kernstock-Redl, B. Pall, Gefühlsmanagement, Ökotopia Verlag, 2009
Um ein gewisses Maß an Wohlbefinden erreichen zu können, ist das Zusammentreffen von drei
Komponenten ausschlaggebend:
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Sicherheit
Einfluss, im Sinne von Kontrollierbarkeit und
Beziehung
Optimal ist das Vorhandensein aller drei Komponenten, wenn sich jemand in Sicherheit befindet, das
Gefühl hat, die jeweilige Situation kontrollieren zu können und in Gesellschaft von anderen zu sein.
Nicht alle drei Variablen können ständig aufrecht erhalten werden und sind auch nicht andauernd
erwünscht. Es gibt Zeiten, in denen man lieber alleine ist oder man bewusst die Sicherheitszone
verlässt. Selbst wenn nur eine Variable verfügbar ist, kann das eine zeitlang toleriert und ausgehalten
werden. Abenteurer setzen sich bewusst einer Gefahr aus und das möglicherweise im Alleingang.
Zumindest ist es für sie dann wichtig, die Situation unter Kontrolle zu haben.
Menschen in Notsituation erleben häufig den Verlust aller drei Ebenen: sie sind in Gefahr geraten,
haben womöglich keinen Einfluss auf das, was geschieht oder geschehen ist und sind fern von
jeglicher Unterstützung. Sich in Gefahr, hilflos ausgeliefert und isoliert zu fühlen, führt in vielen Fällen
zur Traumatisierung.
Von Seiten der/des Notärztin/Notarztes kann viel dazu beigetragen werden, dass ein Gefühl von
Sicherheit, von Nähe und auch von Einfluss und Kontrolle rasch wieder hergestellt wird.
Der Umgang mit direkt Betroffenen:
In jedem Einsatz ist es wichtig sich zuerst einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Je nach
Ereignis wird neben der medizinischen Diagnostik und Versorgung auch die psychische Beurteilung
stattfinden. Sobald mehrere Verletzte oder Beteiligte an der Einsatzstelle sind ist der organisatorische
Faktor nicht zu vernachlässigen (Analyse der Gesamtsituation). Dazu gehört auch die Prüfung der zur
Verfügung stehenden Ressourcen, das Nachfordern von Ressourcen, die gute Zusammenarbeit im
Team, aber auch die gute Kooperation mit anderen Hilfskräften und eingebundenen Einheiten.
Einstieg:
kurze Analyse des Geschehens, beim Großunfall Aufteilung der Rollen nach den
Durchführungsbestimmungen des RK für Großschaden- und Katastrophen (als ersteintreffende/r
Arzt/Ärztin wird mit der Triage begonnen)
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Begrüßung: Vorstellung der eigenen Person mit Name und Funktion
Frage nach dem Name des Patienten
Was ist passiert, bzw. gezielte Fragen nach Beschwerden
Kurze Erklärung was geschehen wird, was untersucht wird, welche Maßnahmen
getroffen werden,….
Achtung – aus allen Meldungen die der Patient aufschnappen kann, versucht er seine Lage
einzuschätzen – daher keine Aussagen wie: der schaut schlecht aus, das wird sich nicht ausgehen,
da ist nicht mehr viel zu retten, das Kind ist tot, da kann ich jetzt auch nichts mehr machen, das sind ja
zwei Leichen,….
Nonverbales Verhalten:
unsere Gestik verrät unsere Emotion!
Froschperspektive
Unangenehmes Gefühl wenn jemand von Hinten kommt
Reaktionen auf Emotionen – z.B. Rückmelden, dass weinen ok ist, ….
Berührung zur Beruhigung: Für Kinder ist der Körperkontakt, besonders durch Eltern oder nahe
Bezugspersonen wichtig – Beruhigung tritt oft rasch ein. Nähe durch fremde Personen löst Angst und
Abwehr aus!
Für Erwachsenen hat sich ergeben, dass Berührung sehr unterschiedlich wahrgenommen wird, nicht
unbedingt beruhigend oder positiv. Daher sollten folgende Punkte beachtet werden:
• Wenn sie das Gefühl haben das Körperkontakt passen würde, bieten sie den Kontakt an und
fragen sie ob das so passt.
• Berührungen werden am ehesten an der Hand oder Schulter angenehm empfunden,
Oberschenkel passt oft nicht
• Statisches Halten ist besser als streicheln
• Hautkontakt ist besser als durch das Gewand
• Stirne abwischen wird besonders bei starkem Schwitzen als positiv empfunden.
• Umarmen nur wenn Patient das anbietet
Daher bietet sich am besten die Hand an. Durch den Druck (kann auch vom Patienten eingefordert
werden) entsteht das Gefühl von Halt und Sicherheit
Information:
Sollten in kurzen einfachen Sätzen in verständlicher Sprache gegeben werden. Wichtig sind
Informationen über den
• zeitlichen Ablauf
• Diagnosen so weit möglich (z.B. das linke Bein ist gebrochen, oder das EKG zeigt einen
Herzinfarkt, ….
• Was wird gemacht (z.B. wir bereiten sie jetzt vor, wir geben ein Medikament das die
Durchblutung des Herzmuskels wieder verbessert,…)
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In welches Krankenhaus fahren wir (…und fahren nach St. Pölten auf die Herzstation,….)
• Wie geht’s weiter (… dort werden sie sofort versuchen mit einem Herzkatheter das
verschlossene Gefäß wieder frei zu machen, vielleicht bekommen sie einen Stent,….)
Man muss nicht alles sagen, aber alles was man sagt muss stimmen. Patienten merken es wenn sie
belogen werden!
Kompetenz: ruhiges nicht zögerliches Handeln
Vorhersage was z.B. nach einer Spritze passiert (… ich spritz ihnen jetzt ein Schmerzmittel, darauf
werden sie vielleicht etwas müde und schwindlig,….)
Floskeln wie das wird schon wieder, oder das ist nicht so schlimm werden eher skeptisch betrachtet.
Kontrolle:
Durch die außergewöhnliche Situation des Notfalles verlieren der Betroffene und auch die
Angehörigen oft die Kontrolle, man ist der Situation ausgeliefert. Wieder handeln zu können wird als
Erleichterung erlebt und gibt Sicherheit.
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Daher versuchen sie den Betroffenen so gut geht einzubinden und übertragen sie Aufgaben (z.B.
können sie mir hier draufhalten, an Angehörige: können sie mir bitte die Infusion halten,….)
Auch Aufgaben zur Beobachtung lenken ab und geben Sicherheit in der Situation
Bsp: bei einem Flugzeugabsturz wird angewiesen: Ziehen sie bitte ihre Schuhe aus und schließen sie
die Reißverschlüsse oder Knöpfe an ihrer Kleidung und achten sie auch auf ihre Mitpassagiere.
Gespräch: die Grundregel ist das aktive Zuhören, Ratschläge oder Richtigstellungen sind
kontraproduktiv und schädlich! Halten sie das Gespräch zumindest in Abständen aufrecht, sonst
entsteht das Gefühl alleine zu sein.
Regeln des aktiven Zuhörens:
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Signale der Aufnahmebereitschaft: Blickkontakt, Kopfnicken, Ja, hm, achso,… ich hör sie,
sprechen sie ruhig weiter,…
Wahrnehmung der Inhalte, der Emotionen, Gedanken des Gesagten
Rückmeldung ohne Bewertung! (sie waren also noch nie in so einer Situation, sie meinen …,
sie denken also….
Normalisieren der Reaktionen (das ist normal das man in so einer Situation starke Emotionen
hat,….)
Stellen sie Fragen um den Betroffenen mit sich als kompetente Person wieder in Kontakt zu bringen:
z.B. was machen sie beruflich, woher kommen sie, wo wollten sie hin? ....
An dieser Stelle passt oft auch die Fragen nach der Familie und wer verständigt werden soll.
Manche Menschen möchten gerne erzählen, manche antworten sehr kurz und man hat den Eindruck,
dass sie nichts preisgeben wollen. Daher keine nachbohrenden Fragen!
Signalisieren sie durch Fragen oder kurze Aussagen, dass sie da sind (z.B. wir fahren jetzt auf die
Autobahn auf,… liegen sie gut,… wenn ihnen übel wird sagen sie es bitte gleich,….ich bin da wenn
sie was brauchen,…)
Wenn sie einen Patienten alleine lassen müssen, geben sie ihm Bescheid, suchen sie eine
Kontaktperson, bzw. stellen sie sicher, dass der Betroffene sich melden kann wenn er/sie was
braucht.
Umgang mit besonderen Situationen
Was ist bei Kindern besonders zu beachten:
Die Kontaktaufnahme zu Kindern kann oft durch ein Kuscheltier oder einen Handschuhmann
erleichtert werden. Wenn Kinder in einen Notfall verwickelt sind brauchen sie auf jeden Fall
Zuwendung und Erklärungen um wieder Sicherheit aufbauen zu können. Dies geschieht über die
Bezugspersonen – Unterstützung durch Akutteam anbieten.
Bei fremdsprachigen Opfern
sollte besonders auf Gestik und Betonung des Gesagten geachtet werden. Wichtige Fragen und
Informationen sollen in einfachen, aber korrekten Sätzen gegeben werden.
Kulturelle und auch religiöse Unterschiede können zusätzlich zu Missverständnissen, Ärger und
Aggressionen führen
Umgang mit Aggressionen:
Was tun, wenn Wut, Zorn, Verzweiflung, Aggression auftritt:
Ursache ist ein Zusammenwirken folgender Faktoren:
• Hilflosigkeit: wenig Handlungsmöglichkeit, Ausharren müssen, „man verliert die Geduld“
• Orientierungslosigkeit: wenig oder falsche Informationen über laufende Maßnahmen
• Eindruck nicht ernst und wahrgenommen zu werden: öfteres Fragen nach Daten durch
unterschiedliche Personen , unterschiedliche Auskünfte, geäußerte Bedürfnisse werden
abgewiesen, man muss sich fügen
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Meist steckt hinter der Aggression, Ärger, Angst, Frustration. Sie dient zum Abbau aufgestauter
Energie. Daher ist es wichtig sie nicht auf sich zu beziehen, sie nicht persönlich zu nehmen.
So weit möglich sollte man versuchen die Angriffe zu ignorieren und auszuhalten. Werden Grenzen
überschritten müssen die Anweisungen klar und deutlich, jedoch in einem Tonfall gegeben werden der
nicht als Gegenangriff aufgefasst wird. Ziel ist die Ernsthaftigkeit der Lage und die Wichtigkeit der
Maßnahmen als beruhigenden Faktor wirken zu lassen. Wenn sich die Situation aufschaukelt und
weiter eskaliert immer versuchen einen Ausstieg zu finden, dabei sollte auch der aggressive Patient
oder Angehörige möglichst keinen Gesichtsverlust erleiden.
Problempatienten:
Es gibt Patienten die man schon kennt und die „nerven“….
Hier passiert es oft, dass man unfreundlich, manchmal sogar aggressiv in die Situation hineingeht –
es bestehen Vorerfahrungen und Vorurteile. Diese sollte man sich eingestehen und versuchen
möglichst sachlich in den Einsatz zu gehen und diesen zu bewältigen.
Such und Rettungsaktionen:
besonders lange gemeinsame Wartezeit mit Ungewissheit, Pendeln zwischen Hoffen und Bangen.
Zusammenfassung:
Verhalten und Auftreten am Einsatzort (vgl. F. Lasogga, B. Gasch, Psychische Erste Hilfe bei
Unfällen, S+K, Edewecht, 2000)
• Neben der verbalen Kommunikation ist auch die nonverbale Kommunikation wichtig
• Begegnen Sie dem Betroffenen von vorne wenn möglich auf gleicher Ebene
• Nennen Sie Ihren Namen und Ihre Funktion und fragen Sie nach dem Namen des Betroffenen
• Ich bin jetzt für Sie da
• Berührung kann zusätzlich Sicherheit geben, am besten halten Sie den Handrücken oder den
Unterarm des Betroffenen, eventuell die Schulter
• Alle an einem Unfall Beteiligten brauchen Informationen, klar, einfach formuliert und der
Wahrheit entsprechend, jedoch mit der nötigen Sensibilität formuliert. Geben Sie keine
Informationen weiter, die nicht sicher sind, besonders keine Todesmeldungen!
• Informieren Sie über die nächsten Schritte und begleiten Sie diese je nach Notwendigkeit.
(z.B. Begleitung ins Spital)
• Achten Sie auf die Grundbedürfnisse, wie Wärme, Trockenheit, Trinken, Toilette,…
• Stärken Sie die Selbstkompetenz des Patienten und nehmen ihm nicht alles ab. Lassen sie
ihn einige Aufgaben selbst erledigen, das stärkt das Gefühl der Eigenkontrolle (z.B.
Verständigung von Angehörigen, der Betroffene kann die Nummer suchen und wählen.
Manchmal ist es sinnvoll, das Telefonat zu übernehmen um die Angehörigen ebenfalls klar zu
informieren und damit zu beruhigen).
• Fördern Sie das Gespräch und hören Sie aktiv zu. Wiederholen Sie die Gefühle und
Gedanken ohne sie zu bewerten oder eigenes einzubringen.
• Achten Sie besonders auf beteiligte Kinder, diese brauchen Körperkontakt (getragen oder
gehalten werden) und Zuwendung. Wenn möglich schenken Sie ihnen ein Stofftier – in den
Rettungsautos werden weiße Rettungsbären für Kinder mitgeführt. Stofftiere geben Sicherheit
und erleichtern die Kontaktaufnahme.
• Ältere Menschen sind oft verwirrt, langsamer oder schwerhörig. Nehmen Sie sich besonders
Zeit und beachten Sie besondere Ängste, wie z.B. die Angst vor dem Spital.
• Aggressive Reaktionen sind oft Ausdruck der Überforderung, Angst oder Frustration. Bleiben
Sie ruhig, konkret und setzen Sie Grenzen wenn die Situation es erfordert.
• Versuchen Sie authentisch zu bleiben und Ruhe zu vermitteln, Einsatzsituationen erzeugen
und verbreiten Hektik!
• Versuchen Sie so gut wie möglich dem laufenden Einsatzgeschehen zu folgen und sich
hilfreich einzubringen
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Todsünden - was auf jeden Fall vermieden werden soll!
Vorwürfe (z.B. wie konnten sie die Leiter auch so blöd hinstellen,…)
Gegenseitige Vorwürfe im Einsatz verunsichern die Betroffenen – daher Probleme im Nachhinein
besprechen, nicht vor den Betroffenen
Betroffene die selbst starke Schuldgefühle äußern sind besonders gefährdet längerfristig psychische
Probleme im Sinne einer PTSD zu erleiden. Daher ist es wichtig diese wahr zu nehmen, sachlich zu
entkräften (sie haben alles richtig gemacht, wir konnten ihn leider nicht mehr retten….) und weitere
Hilfe anzubieten.
Es ist wichtig, dass sie sich mit dem Geschehenen weiter auseinander setzen. Wir können ihnen dafür
Unterstützung in den nächsten Stunden und Tagen vermitteln. Dafür gibt es die Krisenintervention und
das Akutteam NÖ, sollen wir den Kontakt herstellen?
Abgestumpftheit
Reflektieren sie ihre Handlungen der letzten Einsätze und überlegen sie wie diese auf die Betroffenen
gewirkt haben – haben sich die Betroffenen gut verstanden und betreut gefühlt? Für die emotionale
Stabilisierung des Patienten ist dessen Interpretation und Erleben wichtig, nicht unsere!
Hektik:
Durch Gestik, Mimik, Umherlaufen, bzw. durch schnelles Sprechen oder besonders lauten und
forschen Tonfall wird als bedrohlich, unsicher oder inkompetent erlebt und fördert Angst und
Nervosität bei den Betroffenen.
Umgang mit Angehörigen:
Sollen Angehörige beim Notfall bleiben oder weggeschickt werden?
Dafür gibt es Pro und Kontra:
• Angehörige wollen in der Nähe und in Kontakt bleiben
• Oft wirken sie beruhigend auf den betroffenen Patienten
• Sie können für Hilfestellungen herangezogen werden
• Durch aktive Handlungen kann Anspannung abgebaut und das Gefühl der Hilflosigkeit
reduziert werden
• Das aktive Erleben der Bemühungen aller Einsatzkräfte (eigene Wahrnehmungen vs.
Vermutungen, jedoch auch die Gefahr der falschen Interpretation)
• Behinderung der medizinischen Maßnahmen
• Belastende Eindrücke, die beim Zuschauen lange einwirken können
• Eigene Unsicherheit wenn einem jemand über die Schulter schaut
In jeder Situation muss man rasch abwägen, was einem passender erscheint. Dies gehört auch
kommuniziert:
z.B. Einbinden durch Aufgaben: Bitte halten sie mir die Infusionsflasche
oder können sie mir bitte die Medikamente, die ihr Mann genommen hat zusammenrichten, gibt es
eine Medikamentenliste,….
Erklärung: können sie bitte kurz hinaus gehen wir brauchen hier den Platz, wir holen sie gleich wieder
herein, wenn wir mit der Behandlung fertig sind,….
Das Überbringen der Todesnachricht:
Das Überbringen der Todesnachricht ist immer eine besondere Situation. Besonders bei plötzlichen
und unerwarteten Ereignissen. Todesfälle von Kindern belasten Angehörige und Helfer!
Die Todesnachricht ist in kurzen, klar verständlichen Worten zu überbringen.
Sie sollte eine kurze Information über die Todesursachen enthalten.
Erste Emotionen sollten ausgehalten werden
Weitere Unterstützung sollte angeboten werden – siehe oben
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Achtung – auch hier können Worte und Aussagen rasch als Vorwurf interpretiert werden
z.B. haben sie nicht gesehen, dass der Atem schwächer wurde?
Sie war ja schon sehr abgemagert…
Warum haben sie mich nicht vor einer Stunde schon gerufen?
Beispiele für unterstützende Formulierungen:
Sie haben ihn sehr gut gepflegt
Sie und ich haben alles getan, was in unserer Macht lag
Auch wenn wir früher gekommen wären, hätten wir nicht mehr helfen können
Verabschiedung:
Als Notarzt haben wir öfter mit erfolglosen Reanimationen im häuslichen Bereich zu tun. Zeit für die
Verabschiedung noch bevor der Bestatter geholt wird, wird von vielen Betroffenen gewünscht,
besonders wenn man ihnen Unterstützung durch die Krisenintervention anbietet. Als Notarzt sind
daher folgende Schritte wichtig um das Erlebte und die Verabschiedung gut einzuleiten.
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Information über das Ableben
Versuch Fragen zu beantworten „woran ist er verstorben, hat er das noch gespürt,…
Pietätvolles Zurücklassen des Verstorbenen (zurücklegen ins Bett, auf eine Couch mit einem
Leintuch zudecken, …)
Frage, ob eine Verabschiedung zu Hause gewünscht ist, dazu ermutigen und Unterstützung
durch KI anbieten
Fragen, wer von der Familie verständigt werden soll damit Hauptbetroffene und oft
geschockte nicht alleine sind
Erst den Einsatz beenden wenn Versorgung sicher gestellt ist
Besonders heftige Emotionen oder Dissoziation sind Zeichen dafür, dass das Erlebte schwer zu
fassen ist, häufig bedarf es einer intensiveren fachlichen Betreuung. Besonders wenn Kinder betroffen
sind ist eine fachliche Begleitung über den KI Einsatz hinaus sinnvoll
Wenn Angehörige nicht am Einsatzort sind, erfolgt die Verständigung über den Tod (Überbringung der
Todesnachricht) über die Polizei, die KI kann als Unterstützung bereits mitgenommen werden oder
wird nachgefordert. In manchen Fällen wird von den Betroffenen der Kontakt zum Notarzt gewünscht
um wie oben beschriebene Fragen stellen zu können. Die fachliche Auskunft kann ein wichtiger Schritt
in der Verarbeitung sein. Keine Auskunft zu bekommen regt Verdächtigungen an!
Informationen über eingeleitete Obduktionen und auch wo Betroffene hingebracht wurden sind
ebenfalls wichtig um Betroffene und die Arbeit der Krisenintervention gut zu unterstützen.
Der Umgang mit Zuschauern:
Zuschauer sind im Allgemeinen eine Belastung für den Einsatz. Bedenken sie jedoch, dass gerade bei
komplexen Schadenslagen Schaulustige auch gut und hilfreich eingebunden werden können.
Beispiele:
• Absicherung der Unfallstelle
• Rettungsgasse freihalten
• Rettungswagen zur Unfallstelle leiten
• Hilfe bei Bergungen, beim Tragen
• Decken besorgen
• Infusionsflasche halten
• Feuerlöscher halten
• Drauf achten, dass niemand in der Umgebung raucht
• Leichtverletzten Erste Hilfe leisten
• Bei Verletzten bleiben und Kontakt halten
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Dafür bedarf es einer gezielten, höflichen Ansprache – allgemeine Appelle werden oft nicht
wahrgenommen, bzw. fühlen sich niemand oder mehrere angesprochen
Wenn sie jemanden zweiten ansprechen und sagen – sie bleiben bitte auch da und können dann
abwechseln, die Infusion soll gut tropfen – dann haben sie die Aufmerksamkeit von zwei Personen gut
gebunden und auch eine gegenseitige Kontrolle installiert.
Umgang mit sich selbst:
Es gibt Einsätze die von Einsatzkräften als besonders belastend erlebt werden, bzw. an die man oft
denkt und die auch oft wiedererzählt werden:
Dazu gehören:
Schwer verletzte Tote und Jugendliche
Suizide, versuchte Suizide
Patient ist verwandt, bekannt oder Kollege
Direkte Gefährdung der Helfer
Massenunfälle
Sterbende
Anblick von Leichenteilen
Psychohygiene ist nach belastenden Einsätzen und Diensten besonders wichtig!
Dies sollte für jede/n Notarzt zur Selbstverständlichkeit werden. Unterstützung findet man bei den
Peers, durch Einsatznachbesprechungen und durch psychologische Fachkräfte.
Integration der Krisenintervention/Akutbetreuung in die Notfallmedizin
Warum Krisenintervention?
Ablauf des Notarzteinsatzes:
• Medizinische Versorgung
• Wenn Patient versorgt – Reevaluation – ist Patient stabil, erfolglos, ….
• Was hat Patient? Was hab ich gemacht? Was sage ich?
• Gespräch mit Anwesenden
• Einholen zusätzlicher Infos, Daten,… soweit möglich und sinnvoll
• Wahrnehmung des Umfeldes – braucht es Unterstützung Anbieten von Hilfe – Alarmierung
der Krisenintervention
• Wo fahren wir hin? Wie geht’s weiter?
Identifizierung jener Betroffenen, die eine psychosoziale Unterstützung benötigen und Anbieten
desselben. Wie das in NÖ funktioniert wird noch dargestellt.
Psychosoziale Unterstützung braucht Zeit und Ruhe und entsprechendes Wissen. Daher
nachalarmieren
Nach Notfällen sollte sowohl durch die mobilen Systeme, als auch durch psychologische Betreuung in
den Krankenhäusern Betroffene unterstützt werden.
Je nach Ausmaß der Verletzung ist auch mit psychischen Folgeproblemen zu rechnen
Auch Unverletzte, Ersthelfer und Angehörige sind der Notfallsituation oft „hilflos“ ausgeliefert.
Angehörige haben oft zusätzlich den Verlust oder einen schweren Einschnitt in das Leben/die
Lebensplanung zu bewältigen. Durch das plötzliche, unerwartete Ereignis, in dem der
Handlungsspielraum stark eingeschränkt ist und man der Situation ausgeliefert ist, kommt es häufig
zu einer Überforderung der Verarbeitungsmechanismen. Die Reaktionen sind normale Reaktionen auf
ein unnormales, belastendes Ereignis. In der ersten Phase reagiert jeder Mensch unterschiedlich, alle
Reaktionen sind ok!
In einer traumatischen Situation gibt es drei Reaktionen:
Kampf – Aktivität, Handeln, aggressives Verhalten, Übersprungshandlungen, Übererregung,…
Flucht – davonrennen, nicht wahr haben wollen, verleugnen, ausblenden,….
Erstarrung – körperliche Erstarrung, eventuell auch Dissoziation
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Diese Reaktionen sind in der ersten Phase Schutzmechanismen und helfen das Erlebte auszuhalten.
Die Hormonausschüttung von Stresshormonen und Endorphinen macht die Situation „überlebbar“.
Wichtig ist jedoch langsam – eventuell durch Unterstützung wieder Anschluss an den Alltag und die
Situation zu finden, Gefühle zulassen und das Erlebte einordnen zu können.
In der Traumaverarbeitung, welche wichtig ist um Trauern zu können, kommt es (eventuell auch nur
durch Anleitung und Unterstützung möglich) zu einem Wechsel zwischen Annäherung und Distanz.
Beides ist wichtig, zu viel Beschäftigung mit dem Trauma erschöpft und fixiert den „Schrecken“, zu viel
Distanz mündet ins Vermeidungsverhalten.
Folgende Faktoren wurden als Risikofaktoren für eine PTSD oder andere Traumafolgestörung
wissenschaftlich belegt:
Akutreaktionen (Panik, unkontrollierbare Angst, Übererregung, Schuldgefühle,
Übergeneralisierung, Suizidalität, Schlafstörungen)
• Peritraumatische Dissoziation
• Verwundung, erlebte Lebensbedrohung
• Lange Dauer des traumatischen Ereignisses
• intensive Sinneseinwirkung
• Verlust einer geliebten Person
• Vorsätzliche Zufügung (Gewalt,..)
• Wenig soziale Unterstützung
• Großes öffentliches Interesse (Beschämung)
Folgeprobleme nach Traumatisierungen:
Schlafstörungen
Andauernde intrusive Phänomene
Rückzug, Verschlechterung sozialer Bezüge und Netzwerke
Arbeitsplatzverlust
Substanzmissbrauch
PTSD
Depressionen
Angstzustände
Panikstörungen
Erhöhte Aggression
Erhöhtes Stressniveau
Somatische Beschwerden
Beziehungsprobleme
Vermehrte Konflikte
Finanzielle Belastungen
…..
•
Psychische erste Hilfe:
Wird je nach Indikation und Bedarf von den Kriseninterventionsteams der Rettungsorganisationen
und/oder dem AKUTteam NÖ übernommen.
Erste Aufgaben:
• Sicherung der Basisbedürfnisse (Trinken, essen, Toilette,..)
• Schutz und Sicherheit
• Ruhe und Distanz zum Ereignis
• Kommunikation mit vertrauten Personen
• Informationsweitergabe
• Begleitung der psychischen Reaktionen (gemeinsames Aushalten und langsames Verändern)
• Psychoedukation für Überlebende und Angehörige
Was versteht man unter Psychoedukation?
Hilfe die posttraumatischen Reaktionen besser zu verstehen
Normalisieren der Reaktionen
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Anregung den sozialen Rückhalt vermehrt zu nutzen
Anregung persönliche Bewältigungsstrategien (Ruhe, Sport,..) zu nutzen
Anregung schlechte Bewältigungsstrategien zu meiden
Fertigkeiten erhöhen Familienmitglieder zu verstehen und zu unterstützen (z.B. Reden mit Kindern,
unterschiedliche Bedürfnisse von Partnern,..)
Unterstützen bei Bedarf auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen
Je besser es gelingt die Situation zu erfassen und Informationen zu bekommen, umso treffender wird
die Einschätzung sein. Neben den Risikofaktoren des Ereignisses sind es vor allem persönliche
Faktoren und Lebensumstände, die erschwerend dazu kommen.
Zusammenfassend sind es folgende Faktoren die eine positive psychische Unterstützung bewirken:
• Sicherheit fördern
• Selbstwirksamkeit fördern
• Ruhe, Beruhigung
• Hoffnung
• Verbundenheit fördern
Es wird deutlich, dass wir während des Notfalleinsatzes schon sehr viel zur psychischen Stabilisierung
beitragen können. Weiters ist es unsere Aufgabe weitere Unterstützung anzubieten und für die
Vermittlung zu sorgen. Nach der Stabilsierung in den ersten Stunden ist eine fachliche Begutachtung
und Unterstützung oft hilfreich. Unserer Erfahrung nach wird dies auch schon immer öfter gerne
angenommen. Nachdem die psychischen Wunden nach einem traumatischen Ereignis ebenfalls Zeit
brauchen um zu heilen, ist auch von psychologischer Seite immer wieder zu reevaluieren.
Günstig wäre ein Screening nach ca. 1 Monat um bleibende Symptome zu erheben, ansprechen und
auch weiter Behandlungsschritte einleiten zu können. Die Betreuung durch das AKUTteam NÖ
umfasst in etwa diesen Zeitraum und sollte mit diesem Screening beendet werden. In manchen Fällen
ist es aber nicht möglich, bzw. gibt es bei fast jedem Einsatz Verwandte oder Betroffene, denen keine
Unterstützung angeboten wurde und die auch keine erhalten haben. Daher ist es auch Aufgabe aller
Mediziner, bei denen Betroffene in der Zeit nach dem traumatischen Ereignis auftauchen aufmerksam
bezüglich Traumafolgestörung zu sein. Oft werden körperliche Probleme genannt und nur durch unser
Nachfragen kann der Zusammenhang hergestellt und die posttraumatische Belastungsstörung
diagnostiziert werden.
Eine Fachbetreuung durch das AKUTTeam NÖ ist bei allen Risikopersonen wichtig, da durch die
kontinuierliche Betreuung viel Stabilisierung geleistet werden kann und wenn erforderlich auch in eine
weiterführende Therapie begleitet werden kann. Bleiben PTSD Symptome bestehen, bzw. verstärken
sich oder entwickeln sich psychische Störungen kommt es selten zu einer spontanen Besserung!
Der Notarzt muss nicht nur psychiatrische Problemlagen, sondern auch traumaspezifische
Problemlagen erkennen und den Betroffenen angemessen begegnen und weitere Hilfe anbieten.
Die Alarmierung und weiterführende Angebote in NÖ
Anfang der 90er Jahre wurde der Bedarf an Krisenintervention erkannt, erste Ausbildungen der
Notfallpsychologie und Strukturen der Krisenintervention aufgebaut. In NÖ wurde 2000 der
Startschuss gegeben und ab 2001 gab es das AKUTteam, parallel dazu bauten die
Rettungsorganisationen die Krisenintervention und das Peersystem auf. Zusätzlich gibt es auch das
Angebot der Notfallseelsorge. In Niederösterreich gibt es neben den Kriseninterventionsteams der
Rettungsorganisationen, welche in den Rettungsdienst gut integriert und rasch nach einem
Notfalleinsatz übernehmen sollen, ein Psychosoziales Fachteam (AKUTteam NÖ) in dem
PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und ÄrtzInnen mit Psy III Diplom, sowie SozialarbeiterInnen
rasche, mobile Akutbetreuung und fachliche Unterstützung in den Tagen und Wochen nach dem
Ereignis anbieten. Beides ist, wie oben beschrieben wichtig und nur durch die gut Vernetzung und
durch die richtige Wahl für den jeweiligen Bedarf können Betroffenen gut unterstützt werden.
In der Plattform Krisenintervention /Akutbetreuung NÖ versuchen alle Organisationen die Vernetzung
zu verbessern und gemeinsam an der Qualitätssicherung der Krisenintervention zu arbeiten.
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Unterstützt wird der Prozess auch durch die fachlichen Inputs der Österreichischen Plattform
Krisenintervention/Akutbetreuung in welcher alle Organisationen integriert sind, die in Österreich
mobile Krisenintervention und Akutbetreuung nach traumatischen Ereignissen anbieten.
Ein Meilenstein der Kooperation ist das vereinbarte Alarmierungsschema, welches die Grundlage der
Alarmierungsentscheidung von 144 Notruf NÖ ist.
Alle Alarmierungen der mobilen psychosozialen Betreuung gehen über 144 Notruf NÖ. Folgende
Information wurde an die Rettungskräfte ausgegeben und werden seit 01.09.2013 umgesetzt.
Information der „Plattform Krisenintervention/Akutbetreuung“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der NÖ Plattform für Krisenintervention und Akutbetreuung ist die Qualitätssicherung und die
Verbesserung der Zusammenarbeit der beteiligten Organisationen ein großes Anliegen.
In einem längeren Prozess wurde die Einbindung der Krisenintervention in die Alarmierung über 144
Notruf NÖ evaluiert und Verbesserungspotential erhoben.
Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein Ablaufschema, in dem je nach Indikation und anderen zu
berücksichtigenden Parametern die jeweiligen Ressourcen (KI-Teams der Rettungsorganisationen,
AKUTteam NÖ, Notfallseelsorge) alarmiert werden.
Durch ein klares Abfrageschema für alle Einsätze „Betreuung“ wird es in Zukunft mehr Klarheit geben
und die Zusammenarbeit und das Angebot der fachlichen Weiterbetreuung verbessert werden.
Wir richten uns mit diesem Schreiben an alle Anforderer, da das neue Abfrageschema bei 144 Notruf
NÖ von allen Seiten bewusst zur Kenntnis genommen und unterstützt werden muss
Grundlage der Abfrage ist ein Alarmierungsschema in welches, in Zusammenarbeit von Roten Kreuz
Niederösterreich, ASBÖ, AKUTteam NÖ und Notfallseelsorge Kriterien der jeweiligen Zuständigkeit
eingearbeitet wurden.
Ziel ist es, in Zukunft noch deutlicher die rasche und zeitnahe Unterstützung durch die KI-Teams der
Rettungsorganisationen und die fachliche Weiterbetreuung durch das AKUTteams NÖ anzubieten.
Damit wird die Vernetzung und Kooperation in den Einsätzen verbessert und die bestehenden
Ressourcen optimal ausgenützt.
Bei plötzlichen Todesfällen, Unfällen mit Todesfolge, medizinischen Notfällen, Unfällen mit Verletzten
(egal welchem Schweregrad), bei Begleitung der Polizei bei Überbringung von Todesnachrichten, bei
Verabschiedungen, Betreuung von Augenzeugen, Unfallverursachern, nahestehenden Personen
(Verwandte, Bekannte, Freunde, Nachbarn, usw.) ist, wenn ein Rettungsdienst vor Ort ist/war und das
Ereignis nicht länger als 24 Stunden her ist (zeitnah), das zuständige KI-Team zu alarmieren. Sofern
Bedarf für eine weitere fachliche Betreuung besteht, wird das KI-Team vor Ort das AKUTteam
nachalarmieren. Um einen raschen Einsatz zu ermöglichen, wird bei fehlender Rückmeldung durch
ein KI-Team nach 8 Minuten ein zweiter Alarm ausgegeben und bei neuerlicher Nichtbeantwortung
nach 16 Minuten eine Alarmierung des benachbarten KI-Team und des AKUTteams veranlasst. Dies
soll sicherstellen, dass es bei raschem Betreuungsbedarf vor Ort zu keinen unnötigen Verzögerungen
kommt. Bei Gewaltdelikten, Sexualdelikten, plötzlichem Kindstod und Suiziden erfolgt, sofern
Einsatzkräfte vor Ort sind/waren immer eine Parallelalarmierung des KI-Teams gemeinsam mit dem
AKUTteam (inklusive Verständigung über die Erreichbarkeit des Ansprechpartners des jeweils
anderen Teams durch die Leitstelle). Der Journaldienst des AKUTteams übernimmt in diesen Fällen
die Koordination zwischen den in den Einsatz gehenden KI-MitarbeiterInnen und der Fachkraft des
AKUTteams.
Eine rasche Alarmierung und ein rasches Eintreffen der Betreuungskräfte (KI-Teams und ATNÖ) ist
bei den betreffenden Indikationen aus fachlicher Sicht wichtig, da sich viele Betroffene oftmals rasch
zurückziehen und keine neuerliche Betreuung mehr wünschen. Das soll auch dazu dienen die
Möglichkeit eines positiven Kontaktaufbaues und damit einer eventuell nötigen Weiterbetreuung zu
nutzen.
Bei Großschadenslagen wird immer parallel alarmiert. Für die Koordination am Einsatzort oder den
Einsatzorten gelten die Qualitätsstandards bzw. Durchführungsbestimmungen des Großschadensund Katastropheneinsatzes des Roten Kreuzes LV Niederösterreich. Die Koordination liegt in diesen
Fällen bei der Einsatzleitung der einsatzführenden Rettungsorganisation bzw. wenn vorhanden beim
„Leiter Betreuung“ der Rettungsorganisation.
Folgende Einsätze werden immer an das AKUTteam vermittelt:
Anfragen von Behörden und Einrichtungen, die durch die Aufgabenstellung der KI nicht abgedeckt
werden können z.B. Einsätze im Krankenhaus auf Stationen, Versorgung von Menschen mit
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chronischen, psychiatrischen Erkrankungen die nicht vom RD ins KH gebracht werden bzw. bei einem
erneuten Betreuungswunsch, und bei allen Einsätzen aller Indikationen wenn die Alarmierung nicht
zeitnahe (>24 Stunden) ist.
Anfragen nach religiöser Begleitung werden direkt an die Notfallseelsorge gerichtet. Nachforderungen
für religiöse Begleitungen werden von den Betreuungsteams über 144 Notruf NÖ angefordert.
Zusammenfassung:
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Beachte während des Einsatzes die wesentlichen Aspekte der psychischen Ersten Hilfe!
Biete Unterstützung gleich nach dem Ereignis und in den Tagen und Wochen danach an.
Hole die Kontaktdaten ein
Alarmiere über 144 Notruf NÖ
Beantworte die Fragen die zur Übergabe erforderlich sind.
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