Erwiderlich.

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Erwiderlich.
Erwiderlich.
Schlagfertigkeit ist laut Mark Twain das, worauf man 24 Stunden später kommt. Der
hat es nötig, der charmante Untertreiber. Dabei war doch gerade er ein Meister der
treffenden Replik. Als seine Tischdame einst ein Kompliment über ihr Aussehen mit
einem boshaften „Schade, dass ich nicht dasselbe sagen kann“, vergalt, überlegte er
kurz und antwortete dann: „Machen Sie’s einfach wie ich, Gnädigste, lügen Sie.“ Von
solchem Esprit kann unsereiner nur träumen.
Eine Freundin erzählte mir, wie sie in bitterer deutscher Kühle und süßem
spanischem Ibiza-Outfit eine ganze lange Berliner Taxischlange nach vorn laufen
musste, weil nur vorn eingestiegen werden darf. „Nu machense ma hier nich den
Lohenjrien“ lautete das Ende eines Diskussionsversuchs. Eine Antwort fiel ihr nicht
ein. Sie stellte sich dann auf der Fahrbahn einem Wagen in den Weg. Immerhin. Ach
wär das schön, auf spitze Bemerkungen der Schwiegereltern noch spitzer zu
antworten, den unverschämten Kollegen wortwendend zu geißeln, den
Dauerquatscher im Kino-Nachbarsessel witzig zur Ruhe zu bringen, den Stiesel vom
Verkaufsstand Mores und den Zwischenrufer beim Vortrag das Fürchten zu lehren.
„Dich hamse wohl mitn Klammerbeutel gepudert“, auf dieses Berlintaxi-Niveau wollen
wir uns dabei natürlich nicht begeben. So gucken wir stattdessen meist nur
belämmert, ringen nach Worten und murmeln etwas, was keinesfalls in die Annalen
des Wortwitzes eingehen wird.
Dabei lässt sich Schlagfertigkeit trainieren, behaupten diverse Seminar-Anbieter.
Aber wie stumpf wirken antrainierte Floskeln gegenüber echten Geistesblitzen. Als
eine unvorsichtige Dame der scharfzüngigen Schriftstellerin Dorothy Parker einmal
mit den Worten „Alter vor Schönheit“ (Age before beauty) den Vortritt anbot,
erwiderte Parker trocken „Pearls before swine“ und rauschte als erste ab durch die
Tür.
Satz, Spiel und Sieg.
Nichts Neues
Seit zehn Minuten starre ich auf den Bildschirm und mir fällt kein Kolumnen-Thema
ein. Nix. Nada. Niente. Rien. Nothing. Armes Kolumnistenschwein. "Passiert schon
mal", tröstet eine Kollegin lakonisch.
Tja, Lakonien. Liegt auf dem Peloppenes, der südlichen Halbinsel Griechenlands.
Schöne Gegend. Vielleicht etwas karg. Aber nicht karg genug, um Alexander dem
Großen keinen Besuch wert zu sein. Damals, als Lakonien in der Antike noch zu
Sparta gehörte, im 4. Jahrhundert v.Chr. Da soll Alexander den Lakoniern einen Brief
geschrieben haben: Wenn ich euch besiegt habe, werden eure Häuser brennen,
eure Städte in Flammen stehen und eure Frauen zu Witwen." Darauf antworteten die
Lakonier mit einem knappen "Wenn.“ Wie es ausgegangen ist, sagt mir meine solide
Halbbildung leider nicht. Praktisch herrschte zu jener Zeit ja ständig Zoff um die
Vorherrschaft in Griechenland und Umgebung. Drei drei drei, bei Issos Keilerei. Zum
Glück gab‘s damals die ARD noch nicht. Sonst hätte nie ein Film pünktlich
angefangen, weil ständig Brennpunkte gesendet worden wären. „Herr Mülleres, gibt
es etwas Neues von der peloppenesischen Hochebene?“ „Nein, die Staubwolken
haben sich noch nicht verzogen, so dass der Ausgang der Schlacht nicht klar
erkennbar ist. Ich gebe zurück ins Studio.“ Darauf hätten sie live nach Athen zu einer
Stellungnahme des griechischen Experten Diogenes geschaltet. Geh mir aus der
Tonne mit der ARD. Die nächste Kolumne schreibe ich über RTL.