Optimierungspotenzial von RTO-Anlagen im Hinblick

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Optimierungspotenzial von RTO-Anlagen im Hinblick
Optimierung von RTO-Anlagen
Optimierungspotenzial von RTO-Anlagen
im Hinblick auf Energieeffizienz und Klimaschutz
Matthias Hagen und Bernd Schricker
1.Einleitung......................................................................................................821
2.
Optimierung bestehender Anlagen...........................................................823
2.1.Korrosion......................................................................................................823
2.2.Energieverbrauch.........................................................................................825
3.
Alternative neue Technologie.....................................................................827
3.1.
Das Grundprinzip des Verfahrens.............................................................828
3.2.Aufheizvorgang............................................................................................828
3.3.Regelbetrieb..................................................................................................829
3.4.
Großtechnische Umsetzung.......................................................................831
3.5.
Vorteile, Energieverbrauch und Reingaswerte.........................................832
4.Ausblick.........................................................................................................833
5.Literatur ........................................................................................................833
Energieeffizienz und Klimaschutz sind zwei Schlagwörter, die aus den Medien nicht
mehr wegzudenken sind. Sie gehen uns wie selbstverständlich über die Lippen. Wenn
wir aber über das Zusammenspiel der beiden Begriffe und die Auswirkungen auf den
eigenen Betrieb nachdenken, stoßen wir schnell an die Grenzen dessen, was uns umsetzbar und möglich erscheint. Mit dem nachfolgenden Vortrag wird dieses Thema
aufgegriffen; die seit vielen Jahren in mechanisch-biologischen Aufbereitungsanlagen
(MBA) betriebenen RTO-Anlagen (regenerative thermische Oxidation) sollen näher
betrachtet werden.
1. Einleitung
Bei der Einführung der 30. BImSchV waren die zu behandelnden Abgasdaten nur
teilweise bekannt. So oblag es dem Systemlieferanten das Abluftkonzept festzulegen.
Je nach Konzept ergaben sich für die RTO-Anlagen meist vorrangig die hochkonzentrierten Abluftströme u.a. aus den Rotten. Deren Schadstoffspektrum hat sich, auch
unter dem Einfluss sich wandelnder Abfallzusammensetzungen, verändert.
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Bild 1:
Übliches Anlagenkonzept mit teilredundanter RTO (75 Prozent Redundanz)
Neben den ursprünglich bekannten Schadstoffen Ammoniak (NH3), Kohlenwasserstoffen (HC) sowie dem hohem Feuchteanteil aus den meist vorgeschalteten Wäschern
werden in den mittlerweile fast zehn Jahren Betriebserfahrung auch andere Inhaltsstoffe
festgestellt, z.B:
• organisch gebundene Halogene,
• organisch gebundene Si-Verbindungen (Siloxane).
Problematisch sind darüber hinaus auch der Tropfenmitriss und die Verschleppung
von Ammoniumsulfat ((NH4)2SO4) aus den vorgeschalteten Wäschern.
Das Resultat ist bei fast allen Anlagen ein höherer Wartungsbedarf, bedingt durch ein
Zuwachsen der keramischen Wärmespeicherelemente bei gleichzeitig ansteigendem
Energiebedarf durch veränderten Wärmeübergang und ansteigenden Druckverlust
sowie durch erforderliche Stillstände und Wiederaufheizen.
Abhängig vom Lieferanten wurden vereinzelt RTO-Anlagen eingesetzt, in denen
insbesondere für gasführende Teile ferritische Stähle verwendet wurden. Diese sind
hinsichtlich Korrosion sehr anfällig, wodurch schon nach kurzer Betriebszeit Schäden
verursacht werden.
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Optimierung von RTO-Anlagen
2. Optimierung bestehender Anlagen
2.1. Korrosion
In den letzten Jahren wurden mehrere Anlagen umgebaut bzw. ergänzt. Hierbei waren
vor allem kostengünstige Lösungen gefragt, die nicht immer die optimale Lösung darstellten. Bei der Optimierung ist insbesondere die Situation der Anlage zu beachten.
Übergreifend lassen sich die Bedingungen der MBA-Anwendung für RTOs wie folgt
zusammenfassen:
• Feuchte und Mitriss von Waschflüssigkeit aus den sauren Wäschern,
• Ammoniak und Ammoniumsulfat,
• halogenierte Kohlenwasserstoffe.
Hieraus ergibt sich die primäre Frage, wie die Korrosion bewältigt werden kann. Das
Material wird je nach Korrosionsart und Material flächig oder punktuell als Lochfraß
angegriffen.
Bild 2:
Korrosion an Edelstahlteilen im
Klappenbereich
Halogenierte Kohlenwasserstoffe stellen rohgasseitig kein Problem für RTOs dar. Da
jedoch durch die Oxidation Chlor als Salzsäure und Schwefel als Schwefeldioxid (SO2)
oder Schwefeltrioxid (SO3) entstehen, ergeben sich vor allem reingasseitig Probleme.
Diese treten verstärkt auf, wenn das korrosive Reingas zum Spülen oder Sperren der
Klappen verwendet wird. Es trifft dort auf kalte Anlagenteile im Rohgasbereich und
kondensiert.
Schnelle Hilfe schaffen der Anlagenumbau und die Verwendung von Frischluft zur
Spülung sowie der Umbau des Klappensystems zur Vermeidung von Sperrluft. Dies ist
zwar bedingt zielführend aber nicht ausreichend. Viele Anlagen sind auch im Bereich
der Klappen in Normalstahl ausgeführt. Zur Vermeidung von Korrosion wurde häufig das Rohgas vorgewärmt; dies stellt aber aufgrund einer nahezu Verdoppelung des
Energiebedarfs nur bei günstiger Energieversorgung das Mittel der Wahl dar.
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Bild 3:
Normalstahlausführung von
Klappensystemen
Für ähnliche Anwendungen in der chemischen Industrie wurde eine korrosionsfeste
Ausführung des Klappen/Gasverteilsystems entwickelt, die auch für MBA eingesetzt
werden kann.
Neben den gasführenden Teilen und dem
Klappensystem unterhalb des Regenerators ist auch der Regenerator selbst betroffen. Hier diffundieren Gase durch die
nicht diffusionsdichte Innenisolierung.
Der im Gas enthaltene Wasserdampf kondensiert mit korrosiven Gasen, was dann
folglich an der Innenseite des Gehäuses
zu Korrosion führt.
Bild 4:
Bild 5:
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GFK Klappensystem
Korrosion an der Innenwand des
Regenerators
Abhilfe schafft eine Außenisolierung
des Regeneratorgehäuses. Hiermit wird
die Taupunkttemperatur in den Bereich
der Außenisolierung verlagert, wodurch
eine Taupunktunterschreitung an der
Innenseite des Gehäuses vermieden wird
und dort keine Kondensation auftritt.
Zu beachten ist weiterhin, dass auch der
untere Bereich des Regeneratorgehäuses
zusätzlich zu schützen ist, da aufgrund
der niedrigen Rohgastemperaturen bereits
hier der Taupunkt erreicht ist. Der Einbau
einer metallischen Diffusionssperre hat
sich bewährt.
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Bild 6:
RTO mit außenisoliertem
Gehäuse
Bei gleichzeitigem Vorhandensein von Ammoniak und Schwefelverbindungen bildet
sich während der Oxidation Ammoniumhydrogensulfat ((NH4)HSO4), auch Ammoniumbisulfat genannt. Dieses Gas kühlt sich beim Verlassen der Anlage ab und
re-sublimiert bereits innerhalb der keramischen Wabensteine. Es ist auf der Unterseite
der Regeneratoren als weiß-grauer schmieriger Belag sichtbar, der entweder durch
Abwaschen mit Wasser oder durch Erhöhung der Temperatur und Sublimation entfernt wird. Dies kann mit der Bake-Out-Funktion erfolgen. Effektiver ist es jedoch,
diesen Effekt von vornherein zu verhindern und die Abscheideleistung des Wäschers
für Ammoniak zu erhöhen.
Bild 7:
Ammoniumsulfat im
Abströmbereich
2.2. Energieverbrauch
Der Energieverbrauch von RTO-Anlagen besteht im Wesentlichen aus elektrischer
Energie und Gas und hängt von mehreren Faktoren ab. Ersterer wird bei einer bestehenden Anlage insbesondere vom Volumenstrom abhängen. Mit steigendem
Volumenstrom steigt auch der Differenzdruck der Anlage und damit der elektrische
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Energiebedarf. Der Differenzdruck der RTO verhält sich nahezu quadratisch zum
Volumenstrom; dies bedeutet, dass der Energieverbrauch annähernd in der dritten
Potenz steigt. Hier wird klar, welche Auswirkung eine Verringerung des Volumenstroms
nach sich zieht. Es ist sinnvoll, eine dritte RTO parallel zu betreiben, was im weiteren
Text erläutert wird.
Ein bedeutender Einflussfaktor für den Differenzdruck ist die Verschmutzung der
Anlagen. Neben den Ablagerungen von Ammoniumsalzen im kalten Abströmbereich
der Regeneratoren treten hauptsächlich Ablagerungen von Siliziumdioxid (SiO2) im
Bereich der Brennkammer auf. Ursprung sind kleinste Mengen Silizium-organischer
Verbindungen im Rohgas, die in der Oxidationskammer zu amorphen SiO2 oxidieren
und sich dort ablagern.
Bei den ersten gebauten Anlagen wurden diese aus Unwissenheit, trotz Druckanstieg,
so lange betrieben, bis die Ablagerungen die keramischen Wärmespeicherelemente
(Waben) vollständig verstopften. Hierdurch ergibt sich ein höherer Druckverlust.
Messungen an bestehenden Anlagen ergaben einen Anstieg des elektrischen Energieverbrauchs von etwa 30 Prozent, was mit den eingebauten Ventilatoren und deren
Antriebsmotoren gerade noch möglich
war. Die Belegung der Wärmespeicherelemente mit SiO2 bedeutet zudem eine
Isolierung und somit einen deutlich verringerten Wärmeübergang. Unter der
Annahme, dass also die verstopften Teile
der Wärmespeicher nicht mehr am Wärmetausch teilnehmen, ergibt sich bei einer
Belegung von 20 Prozent eine Reduzierung des Wärmerückgewinnungsgrades
von 1,0 bis 1,5 Prozent-Punkten, was eine
Erhöhung des Gasverbrauchs von bis zu
25 Prozent bedeutet.
Bild 8:
Verstopfte und gebrochene
Wabenkörper
Wird nicht gereinigt, wird ein großer Teil
der Waben aufgrund von Wärmespannungen durch erhöhte Temperaturdifferenzen abreißen und durch den anfangs
beschriebenen hohen Differenzdruck aus
dem Wabenbett gedrückt werden (Bild 8).
Solche Waben sind nicht mehr zu reinigen
und müssen ausgetauscht werden.
Während die jeweilige RTO-Linie gewartet wird, steht diese nicht mehr zur Abluftbehandlung zur Verfügung. Der Volumenstrom wird dabei auf 75 Prozent gedrosselt und
von der verbliebenen RTO gereinigt. Dies bedeutet jedoch einen wesentlich höheren
Energieverbrauch – Gas und Strom – für die in Betrieb befindliche RTO und zusätzliche
Energie zum Abkühlen und Aufheizen der gereinigten RTO.
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Zur Vermeidung des Energieverbrauchs durch außerordentliche Stillstände müssen
die sich verstopfenden Wärmespeicher regelmäßig und rechtzeitig gereinigt werden.
Welches Reinigungsintervall optimal ist, kann nur durch Erfahrung im Einzelfall ermittelt werden. Ein Indiz für eine beginnende Verstopfung der Wabenkanäle kann ein
Anstieg der Reingastemperatur bei gleichbleibender Rohgastemperatur sein.
Generell hat es sich als positiv dargestellt, bestehende Anlagen durch eine dritte
RTO zu ergänzen. Diese können während eines großen Zeitraums parallel betrieben
werden, wodurch der Druckverlust reduziert wird. Der elektrische Energieverbrauch
sinkt also beim Betrieb mit drei statt zwei RTOs parallel um etwa 25 Prozent. Im Falle
der Reinigung einer RTO können immer noch zwei RTOs parallel betrieben werden.
Um den Reinigungsstillstand so kurz wie möglich zu halten und die Reinigungsarbeiten zu erleichtern, wurden einige Anlagen mit zusätzlichen groß dimensionierten
Begehungsöffnungen nachgerüstet, die über Hubarbeitsbühnen zugänglich sind
(Bilder 9 und 10).
Bild 9:
Mannlöcher zur Reinigung
Bild 10:
Begehungsbühne mit Lastaufzug
3. Alternative neue Technologie
Wie aus den vorangegangenen Betrachtungen ersichtlich, hat der Effekt der Verstopfung
und die damit verbundenen Reinigungsstillstände erheblichen Einfluss auf den Gesamtenergieverbrauch von RTO-Anlagen. Bei herkömmlichen RTO-Anlagen mit statisch
eingebauten Regeneratormaterialien existiert nach wie vor keine technische Lösung, mit
der sich die manuelle Reinigung der Wärmeübertrager von SiO2-Anlagerungen und die
damit verbundenen An-/Abfahrvorgänge sowie die Stillstandszeiten vermeiden ließen.
Je nach Anwendungsfall können dabei die Wärmespeicherelemente der RTO schon
nach wenigen Betriebsstunden verstopft sein. Daher nahm sich die CUTEC-Institut
GmbH in Clausthal-Zellerfeld des Themas an und entwickelte in Zusammenarbeit mit
der Firma LTB einen neuen und patentierten Typ RTO zur Reinigung von Abgasen
mit silizium-organischen Inhaltsstoffen, die DeSiTHERM-Anlage.
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3.1. Das Grundprinzip des Verfahrens
Der Wärmeübertrager in RTO-Anlagen kann mit keramischen Wabensteinen oder
mit einer Schüttung aus Formstücken, meist keramischen Sattelkörpern, aufgebaut
werden. Dabei verhalten sich Schüttungen aus Formstücken hinsichtlich der Verstopfungsneigung bei SiO2-Ablagerungen weniger problematisch als Wabensteine. Dem
steht jedoch ein geringerer thermischer Wirkungsgrad der Schüttkörper gegenüber.
Zur Reinigung werden derartige Schüttungen in der Regel aus dem Regeneratorgehäuse ausgetragen während Wabensteine im eingebauten Zustand gereinigt werden
können. Basierend auf der Erkenntnis, dass Schüttkörper weitaus unempfindlicher
auf SiO2-Anlagerungen reagieren, jedoch mit der Vorgabe, die bei herkömmlichen
RTO-Systemen notwendigen Stillstandszeiten zur Reinigung zu vermeiden, wurde eine
während des Betriebs austragbare Keramikschüttung entwickelt. Im Hinblick auf die
möglichst gute automatisierte Förderung wurden Keramikkugeln als Wärmespeichermedium gewählt. Diese verfügen zwar über eine geringere spezifische Oberfläche für
den Wärmeübergang, doch sind sie vergleichsweise leicht förderbar, sehr formstabil
und weisen eine vergleichsweise große Wärmekapazität auf.
Bei der Konzeption dieser RTO musste vom üblichen Aufbau einer RTO mit mehreren
Regeneratoren und darüber liegender Brennkammer Abstand genommen werden.
Ein Rücktransport der ausgetragenen Kugeln in die heiße Brennkammer wäre nicht
machbar, da die extrem schnelle Aufheizung die Kugeln aufgrund thermischer Spannungen sprengen würde. Anders verhält es sich bei Einbettreaktoren mit regenerativer
Vorwärmung und Abkühlung des Luftstromes, bei denen die Oxidation der Schadstoffe
in der Regeneratorschüttung ohne definierten Brennraum stattfindet. Der Vorteil dieser
Anordnung ist die geringe Temperatur im oberen und unteren Bereich des Regenerators, die lediglich der Ablufteintritts- und Austrittstemperatur der RTO entspricht.
Das zentrale Bauteil einer solchen Anlage ist der zylindrische Regeneratorturm. An
diesem sind oben und unten Ein- und Auslässe für die schadstoffhaltige Abluft und
die gereinigte Luft angeordnet, die mit einem Klappensystem mit einer zyklischen
Umschaltung eine wechselweise Durchströmung des Regenerators von unten nach
oben (Aufwärtsstrom) sowie von oben nach unten (Abwärtsstrom) ermöglichen. Um
den Druckverlust der Anlage trotz der Ablagerung von SiO2 konstant zu halten, werden
die Keramikkugeln kontinuierlich oder in festen Zeitintervallen aus dem Regenerator
ausgetragen, von Staub befreit und wieder in die Anlage zurück befördert.
3.2. Aufheizvorgang
Bekannte Einbettreaktoren werden durch eine in der Schüttung liegende Elektroheizwendel gestartet. Solche Einbauten sind jedoch bei einem dynamischen Bett nicht
verwendbar. Daher wurde ein neuartiger Anheizvorgang entwickelt. Dazu erwärmt
ein Brenner zunächst die obere Zone des Regenerators bis dort eine Temperatur
im Bereich der Oxidationstemperatur der Abluft erreicht ist. Danach wird dieses
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Temperaturmaximum durch ein Umschaltprogramm der vorgeschalteten Klappensteuerung in die Mitte des Schüttungsbettes getrieben. Dafür wird mit dem Hauptventilator so lange Frischluft durch die Anlage geleitet, bis die heiße Zone in der Mitte
der Schüttung angekommen ist.
3.3. Regelbetrieb
Ist die heiße Zone in der Mitte angekommen, wird die Frischluftzufuhr geschlossen
und die mit siliziumorganischen Verbindungen beladene Abluft wird der Anlage im
Abwärtsstrom zugeführt (Bild 11).
Erdgas
Luft
Erdgasbrenner
Weg
Zyklus 1 (Abwärtsstrom)
Umschaltklappe 1
(Abgasbetrieb)
Regenerator
Erdgaseindüsung
Abgas
Umschaltklappe 2
(Reingasbetrieb)
Temperatur
Füllkörperaustrag
Reingas
Bild 11:
Abwärtsstrom im Normalbetrieb der Anlage
Die Abluft wird von oben nach unten durch die Anlage geleitet. Dabei nimmt Sie bis
zur Mitte des Schüttungsbettes die Wärme der keramischen Speichermasse auf, bevor
die organischen Inhaltsstoffe oxidieren. Bei dieser exothermen Reaktion wird Wärme
frei, was sich in einem Temperatursprung manifestiert. Das sich bildende SiO2 lagert
sich an die Schüttungsteilchen an und wird so zurückgehalten.
Im weiteren Strömungsverlauf gibt das Reingas seine Wärme wieder an die Speichermasse ab, bevor es den Regenerator unten verlässt und durch das Klappensystem zum
Kamin geleitet wird.
Nach einer definierten Zeit wird das Klappensystem auf den Betriebszustand Aufwärtsstrom (Bild 12) umgeschaltet. Der Regenerator wird dann von unten nach oben
durchströmt.
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Der Temperaturverlauf ähnelt dem im Abwärtsstrom, die SiO2-Anhaftungen treten
ebenfalls gewollt im mittleren Schüttungsbereich auf. Die beiden Zustände Abwärtsund Aufwärtsstrom werden im laufenden Betrieb immer wieder nacheinander durchlaufen.
Erdgas
Luft
Erdgasbrenner
Weg
Zyklus 2 (Aufwärtsstrom)
Umschaltklappe 1
(Abgasbetrieb)
Regenerator
Erdgaseindüsung
Abgas
Umschaltklappe 2
(Reingasbetrieb)
Temperatur
Füllkörperaustrag
Reingas
Bild 12:
Aufwärtsstrom im Normalbetrieb der Anlage
Im Unterschied zu den konventionellen RTO-Anlagen ist bei dieser Anlage ein Spülzyklus normalerweise nicht erforderlich, da aufgrund der verhältnismäßig langen
Umschaltzeiten von 5 bis 10 Minuten die beim Umschaltvorgang entstehenden Emissionspeaks in der Regel zu keiner Überschreitung der Emissionsgrenzwerte führen.
Um das in der Oxidationszone gebildete SiO2 wieder auszutragen, muss die gesamte
Kugelschüttung permanent oder periodisch nach unten bewegt werden. Die Keramikkugeln werden dabei ähnlich wie bei einem Silo ausgetragen, allerdings mit dem
Unterschied, dass der Austragskonus aus einem gasdurchlässigen Lochblech besteht.
Da die Temperatur im unteren Bereich des Reaktors immer zwischen der Roh- und
Reingastemperatur schwankt, sind die ausgetragenen Kugeln stets relativ kalt und können ohne Probleme entstaubt und gefördert werden. Die entstaubten Kugeln werden
mit einem Becherwerk in den Reaktor zurückgefördert.
Das Funktionsprinzip wurde bei realen Bedingungen mit einer Pilotanlage getestet
(Bild 13). Die Pilotanlage ist für einen Durchsatz von bis zu 1.000 Nm³/h ausgelegt
und mit einer vollautomatischen Steuerung ausgerüstet. Bisher wurde die Pilotanlage
bei vier unterschiedlichen Prozessen mit Siliziumhaltiger Abluft eingesetzt. Die Bandbreite reichte von der Kunststoffherstellung über Antihaftbeschichtung bis zur MBA.
Die durchweg positiven Resultate führten zu ersten großtechnischen Umsetzungen.
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Bild 13:
Pilotanlage; Feldversuch (links), Brennerkopf (mittig) und Wärmespeichermasse (rechts)
3.4. Großtechnische Umsetzung
Die im Rahmen der Pilotversuche gewonnenen Erkenntnisse veranlassten eine Reihe
von Optimierungen, vor allem der Anlagensteuerung. Dabei erwies sich vor allem die
Temperaturregelung in der Regeneratorschüttung als zentrale Komponente, die es vor
einer großtechnischen Umsetzung zu lösen galt. Weiterhin zeigte sich, dass der Austrag
und die Förderung der keramischen Kugeln eine große technische Herausforderung
darstellt. Dazu wurde ein 1:1 Modell des Reaktorbodens im Technikum errichtet und
daran der Kugelaustrag optimiert. Die bisher marktüblichen und aus der Schüttguttechnik bekannten Lösung waren für die vorgesehene Aufgabenstellung nicht umsetzbar, da
damit kein gleichmäßiger und schonender Kugeltransport gewährleistet werden konnte.
Das beste Ergebnis schließlich wurde mit
einer neuartigen Räumeinrichtung erzielt,
die die Schüttung lediglich am Auslauf der
Böschung abträgt. Es wurde ein bestehendes früher patentiertes Austrags-System
abgewandelt und für die Wärmetauscherkugeln überarbeitet.
Die Inbetriebnahme der ersten großtechnischen Umsetzung wurde im Dezember
2013 abgeschlossen. Die Anlage ist für
einen Abluftvolumenstrom von 7.500 bis
10.000 Nm³/h ausgelegt. Der Anliegenbetreiber hatte bis dahin eine Thermische
Nachverbrennung mit rekuperativer
Wärmerückgewinnung (TNV) eingesetzt,
die wegen der relativ hohen Beladung mit
Siloxanen einmal wöchentlich abgestellt
und gereinigt werden musste.
Bild 14:
Erste großtechnische DeSiTHERM
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Bereits vor Abschluss der Inbetriebnahme war das System mehrere Wochen unter
Produktionsbedingungen kontinuierlich in Betrieb, ohne dass ein Abfahren und eine
weitergehende als die automatische Reinigung während des Betriebes erfolgen musste.
3.5. Vorteile, Energieverbrauch und Reingaswerte
Neben der kontinuierlichen Betriebsweise – keine Stillstände zur Reinigung – ist ein
weiterer Vorteil, dass das gebildete SiO2 als kristallines Produkt an der Oberfläche der
Wärmeübertägerkugeln anfällt und damit deutlich einfacher zu handhaben ist als das
amorphe SiO2, das sich in der Brennkammer einer TNV oder RTO bildet. Zum Einen
führt das kristalline SiO2 zu deutlich niedrigerem Druckverlust als das amorphe SiO2
in der TNV oder RTO. Zum anderen gestaltet sich die Abreinigung deutlich unproblematischer.
In Bild 15 sind die mit SiO2 belegten Wärmetauscherkugeln vor der Abreinigung
dargestellt.
Bild 15:
Mit SiO2 belegte Wärmetauscherkugeln
Der thermische Wirkungsgrad wurde während der Inbetriebnahme mit > 96 Prozent
bestimmt und liegt damit auf dem Niveau einer RTO mit Wabenkörpern.
Aus energetischer Sicht ist damit der Einsatz wirtschaftlich, wenn eine RTO im Intervall
von etwa 1 bis 2 Monaten abgestellt und gereinigt werden müsste.
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4. Ausblick
Wenn man den Angaben der Hersteller Glauben schenkt, wird der Absatz von SiVerbindungen steigen. Es kann damit gerechnet werden, dass auch der Anteil im Abfall
zunehmen wird, wodurch sich das SiO2-Aufkommen in RTO-Anlagen erhöhen wird.
Bestehende Anlagenkonzepte sollten im Hinblick auf erhöhte SiO2-Ablagerungen und
zur Klärung von Energiesparpotenzial individuell betrachtet werden, wobei vorgeschaltete Prozesse nicht ausgenommen werden können.
Durch die neue Technologie steht ein alternatives RTO-Konzept zur Verfügung, das
die Nachteile der Anlagenstillstände zur Reinigung vermeiden kann.
5. Literatur
[1] ASA: MBA-Steckbriefe, 2010/2011 Aktuelle Daten von MBA-, MBS- und MPS-Anlagen und
Kraftwerken für den Einsatz von Ersatzbrennstoffen in Deutschland. Arbeitsgemeinschaft
Stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA) GmbH, Ennigerloh, Februar 2010
[2] Carlowitz, O.; Neese, O.; Schricker, B.: Behandlung von Abgasen mit siliziumorganischen Verbindungen. 2. Bayerische Immissionsschutztage, Augsburg, 16./17. Juni 2010
[3] Carlowitz, O: Probleme und Lösungsansätze beim Betrieb von RTO-Anlagen in MBA-Systemen.
LfULG-Kolloquium zu BVT/Stand der Technik, Dresden, 26. November 2008
[4] EP: Verfahren und Vorrichtung zur Behandlung von siliziumorganischen Verbindungen enthaltenen Abgasen“, Europäische Patentschrift EP 1 691 913 B1, München, 25. April 2007
[5] Ketelsen, K.: Potenziale und Perspektiven der MBA-Technologie – Sachstand und Ausblick.
10 Jahre ASA Jubiläum, Potsdam, 30.-31.08.2007
[6] Mattersteig, S.; Brunn, L.; Friese, M.; Bilitewski, B.: Siloxane in der Intensivrotte der MBA. In:
Wiemer, K.; Kern, M. (Hrsg.): Bio- und Sekundärrohstoffverwertung IV, stofflich – energetisch,
Witzenhausen-Institut, Witzenhausen, 2009, S. 597-604
[7] Neese, O.; Carlowitz, O.; Reindorf, T.: Probleme bei der Abgasreinigung durch RTO bei mechanisch-biologischen Abfallaufbereitungsanlagen. In: Thomé-Kozmiensky, K. J.; Beckmann,
M. (Hrsg.): Energie aus Abfall, Band 1. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2006,
S. 371-387
[8] Reichenberger, H.-P.; Schricker, B,.;Sterzik, J.: Thermische Oxidation mit regenerativer Wärmerückgewinnung (RTO) – Stand der Abluftreinigung bei der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlung (MBA). In: Müll und Abfall 4, 42. Jahrgang (2010), Nr. 10, S. 153 - 204
[9] VDI-Richtlinie 2442: Abluftreinigung – Verfahren und Technik der thermischen Abluftreinigung. In: VDI/DIN-Handbuch Reinhaltung der Luft, Band 6. Berlin: Beuth-Verlag, März 2006
[10]Wallmann, R.; Dorstewitz, H.; Hake, J.; Fricke, K.; Santen, H.: Abgasbehandlung nach 30.
BImSchV – erste Betriebserfahrungen und Optimierungsansätze. In: Thomé-Kozmiensky,
K. J., Beckmann, M. (Hrsg.): Energie aus Abfall, Band 1. Neuruppin: TK Verlag Karl ThoméKozmiensky, 2006, S. 389-401
[11]Wallmann, R.: Abluftbehandlung bei MBA – Betriebserfahrungen, Probleme und Lösungen.
Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz, Berlin, 25.-26. September 2008
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