inform 3/13 - Hessische Zentrale für Datenverarbeitung
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inform 3/13 - Hessische Zentrale für Datenverarbeitung
Hessische Zentrale für Datenverarbeitung INFORM Magazin für die Hessische Landesverwaltung Größte Umwälzung seit Einführung der Schreibmaschine Die neue Arbeitsweise als Gewinn annehmen Elektronischer Rechtsverkehr wird für die Justiz verpflichtend Interview mit Manfred Beck, Präsident der IT-Stelle der hessischen Justiz 3/13 40. Jahrgang September 2013 Impressum INFORM erscheint viermal jährlich (40. Jahrgang) HERAUSGEBER Hessische Zentrale für Datenverarbeitung Mainzer Straße 29, 65185 Wiesbaden Telefon: 0611 340- 0, [email protected], www.hzd.hessen.de CHEFREDAKTION Manuel Milani REDAKTION Friederike van Roye, Birgit Lehr BEIRAT Markus Brückner, Herbert Guder, Dr. Alberto Kohl, Wolfgang Lehmann, Susanne Mehl, Marcus Milas, Manfred Pospich, Eckart Ruß, Dr. Peter Triller GRAFISCHES KONZEPT ansicht kommunikationsagentur, www.ansicht.com LAYOUT Agentur 42 Konzept & Design, www.agentur42.de FOTOS Titel: Förderband einer Druckmaschine im HZD-Druckzentrum in der Außenstelle Hünfeld (siehe auch Seite 18); S. 26 © kiono – Fotolia; S. 46–48 © ITS; S. 49 © Sonderstandesamt Bad Arolsen; S. 51 © Image supplied by NPL Archive, Science Museum (London, UK) Alle nicht namentlich genannten Bilder: Andreas Stampp, HZD DRUCK mww.druck und so... GmbH, Anton-Zeeh Straße 8, 55252 Mainz-Kastel Beiträge mit Namenszeichnung stellen die persönliche Meinung der Autoren dar. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der HZD. Für unverlangt eingereichte Manuskripte, Fotos und Illustrationen wird keine Gewähr übernommen. Die Bezieher der INFORM sind in einer Adressdatei gespeichert. INFORM wird gedruckt auf Ökoart Matt, FSC-recycelt. Wenn Sie die INFORM regelmäßig erhalten möchten, schreiben Sie uns: [email protected] oder rufen Sie uns an: Tel. 0611 340-1484. EDITORIAL LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, die Zukunft der Justiz ist digital. Das ist nicht nur Annahme, das ist Gesetz. Am 13. Juni hat der Bundestag das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ verabschiedet (siehe Bericht Seite16). Jetzt gilt es die Weichen komplett umzustellen. „Der elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akte werden in wenigen Jahren das Bild der Justiz prägen, die Papierakte wird bald kaum noch eine Rolle spielen“, ist sich unser Gesprächspartner Manfred Beck, Präsident der IT-Stelle in Bad Vilbel, sicher (siehe Interview ab Seite 8). Die Justiz geht den eJustice Weg konsequent weiter. Dabei steht sie vor besonderen Herausforderungen. Ihre Daten sind meist höchst vertraulich und benötigen spezielle Sicherheitsstandards. Um dies zu unterstützen, hat die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung seit über 20 Jahren eine eigene Abteilung für die Justiz. Die Verfahren der Justiz werden überwiegend in dem Rechenzentrum der HZD-Außenstelle in Hünfeld betrieben. Ein eigenes Justiznetz mit gesondertem Acitve Directory ist Teil hervorragender Sicherheitsstandards. Seit Jahren arbeiten HZD, hessische Justiz und ihre IT-Stelle in Bad Vilbel eng und vertrauensvoll zusammen. Die Rückmeldungen unserer Kunden aus der Justiz sind nahezu ausschließlich positiv. Die gegenseitige Wertschätzung ist hoch. Das Projekt E-Nachricht der hessischen Justiz (siehe Seite 20), über das wir in diesem Heft berichten, belegt das eindrucksvoll. Unsere Kunden, besser gesagt Kundinnen, der E-Nachricht kommen ab Seite 22 zu Wort. Seit einem Jahr arbeiten sie mit dem Pilot-Verfahren im Landgericht Limburg an der Lahn. Für mich zeigt dieses Beispiel beeindruckend, wie Anwenderinnen und Entwickler gemeinsam ein sehr praxisnahes Verfahren auf die Beine gestellt haben. Verschlüsselte E-Mails, Geodaten online oder das Rechenzentrum der Zukunft – an vielen weiteren Projekten und Themen hat die HZD in den vergangenen Wochen und Monaten gearbeitet. Erfahren Sie mehr darüber in dieser Ausgabe. Viel Freude bei der Lektüre wünscht Ihnen Dr. Ulrich Schmidtberg Direktor der HZD INFORM 3/13 3 INHALT Manfred Beck, Präsident der IT-Stelle der hessischen Justiz, im Interview, Seite 8 Druck- und Versandzentrum der HZD, Seite 18 IM GESPRÄCH »Die neue Arbeitsweise als Gewinn annehmen« Interview mit Manfred Beck, Präsident der IT-Stelle der hessischen Justiz 8 KOLUMNE HZD Web-Lounge Second Screen – sieht man mit dem zweiten wirklich besser? 15 HZD-MAGAZIN 4 »Größte Umwälzung seit Einführung der Schreibmaschine« Elektronischer Rechtsverkehr wird für die Justiz verpflichtend / Staatssekretär Kriszeleit besucht HZD in Hünfeld 16 Druckreif Das Druck- und Versandzentrum der HZD in der Mitte Deutschlands 18 Mit E-Nachricht schneller zum Gericht Neues Verfahren der HZD beschleunigt elektronischen Postversand 20 »Mit so viel positiver Resonanz hatten wir gar nicht gerechnet« Ein Gespräch im Landgericht Limburg über E-Nachricht 22 E-Mails verschlüsseln – ganz einfach Software-Zertifikate lösen PKI-Chipkarte ab 25 Berichte einfach erstellen Landesverwaltung steht eine moderne Systemplattform für Berichtswesen zur Verfügung 28 INFORM 3/13 INHALT Das Sonderstandesamt in Bad Arolsen, Seite 46 Alan Mathison Turing, Pionier, Seite 50 Von der DV-Manufaktur zur IT-Fabrik Zur Konzeption einer IT-Fabrik für das Land Hessen Interview mit Dr. Peter Triller, Abteilungsleiter Rechenzentrum der HZD Das neue Geodaten online Überführung nach INSPIRATION / Verbesserung der Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit 31 Brücke zwischen Projekt und Kunde HessenPC – Teilprojekt Rollout 37 35 IT IN BUND UND LAND NSA-Spionageaffäre39 Interview mit Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Hessischer Datenschutzbeauftragter SERVICE SharePoint – weit mehr als eine Dateiablage Konfigurationsmöglichkeiten und Anwendungsentwicklungen 41 MS Word Kopf- und Fußzeilen gestalten 44 INS LAND GESCHAUT Die Mitte der Besatzungszonen Im hessischen Bad Arolsen arbeiten das Sonderstandesamt und der International Tracing Service die deutsche Vergangenheit auf 46 PORTRÄT Alan Mathison Turing Pioniere der Informationstechnologie, Teil 3 50 INFORM 3/13 5 6 INFORM 3/13 DRUCKREIF Wie die Teile dieser Druckmaschine im Druckzentrum der HZD in Hünfeld greifen auch bei der hessischen Justiz verschiedene eJustice-Verfahren ineinander. Das müssen sie auch. Das kürzlich vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ bestimmt, dass die Kommunikation mit den Gerichten mittelfristig weitgehend elektronisch zu erfolgen hat. Die IT-Stelle der hessischen Justiz in Bad Vilbel wird den anstehenden Medienwechsel fachlich begleiten (Seite 9). Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit prophezeit in diesem Zusammenhang „die größte Umwälzung seit Erfindung der Schreibmaschine“ (Seite 16). Die HZD stellt unter anderem mit E-Nachricht ein geeignetes Werkzeug dafür zur Verfügung (Seite 20), mit dem das Landgericht Limburg bereits seit einem Jahr arbeitet (Seite 23). Was das Gesetz für das Druckzentrum der HZD bedeutet, lesen Sie ab Seite 19. INFORM 3/13 7 IM GESPRÄCH »DIE NEUE ARBEITSWEISE ALS GEWINN ANNEHMEN« Manfred Beck, Präsident der IT-Stelle der hessischen Justiz (ITS), über eJustice, den anstehenden Medienwechsel und die Zusammenarbeit mit der HZD INFORM: Seit dem 1. Januar 2012 gibt es die IT-Stelle der hessischen Justiz in Bad Vilbel als eigenständige Behörde. Aber auch davor gab es schon am selben Ort mit einem weitgehend identischen Mitarbeiterstamm eine „Gemeinsame IT-Stelle“. Worin besteht der Unterschied? Beck: Kurz gesagt: An die Stelle einer komplizierten und schwer zu führenden virtuellen Struktur ist eine Landesoberbehörde der hessischen Justiz mit gesetzlich definierten Aufgaben, klarer Schwerpunktbildung und strafferer Organisation getreten. Die frühere „GIT“, die Gemeinsame IT-Stelle des Oberlandes gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft in Bad Vilbel, war nur für die IT-Angelegenheiten der ordentlichen Gerichts barkeit und der Staatsanwaltschaften zuständig. Daneben gab es die „GIT-Fach“ in Kassel für die Fachgerichtsbarkeiten und die ADV-Leitstelle in Weiterstadt für den Justizvollzug. Solange die Aufgabenschwerpunkte noch auf der Entwicklung, Einführung und Betreuung spezifischer Fachanwendungswelten lagen, war diese Organisationsform durchaus zweckmäßig und auch recht schlagkräftig. Heute stellen sich an eine moderne Justiz-IT aber ganz andere Anforderungen, die so nicht mehr erfüllt werden konnten. Das entscheidende Stichwort dazu lautet „eJustice“, nament lich und in erster Linie die Öffnung der Infrastruktur für die elektronische Kommunikation mit Rechtsanwälten, Notaren, anderen Dienststellen, sonstigen quasi professionellen Kommunikationspartnern der Justiz und natürlich auch den Bür gern. In Hessen ist der elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften schon seit Jahren zugelassen, und die Nutzerzahlen steigen ständig; wir haben gerade auf diesem Gebiet also bereits große Erfahrung sammeln können. Kürzlich erst hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“ beschlossen. Es macht unter anderem für Rechtsanwälte, Notare und Behörden die elektronische Kommunikation in wenigen Jahren zur Pflicht. Es dürfte auf 8 INFORM 3/13 der Hand liegen, dass spätestens dann Papierakten bei der Justiz ausgedient haben. Wir können uns also nicht nur mit unseren ausgefeilten Fachanwendungen befassen, Aufgabe der ITS ist es vor allem, den anstehenden Medienwechsel bis hin zur elektronischen Aktenführung in praktisch allen Arbeitsbereichen zu gestalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zu bewirken. Dafür benötigt man breites Know-how auf allen angespro chenen Gebieten – von der Kenntnis der rechtlichen Regelungen und zweckmäßiger Gestaltung der Arbeitsabläufe bis hin zu wirklich anspruchsvollen technischen Fragestel lungen. Die Arbeiten hieran werden in umfangreichen Projekten vorangetrieben, und zwar geschäftsbereichsübergreifend: Proprietäre Lösungen sollen möglichst vermieden werden. Erst die neue Rechtsform der ITS hat den Rahmen geschaffen, diese Aufgaben konsequent und zielstrebig bewältigen zu können. INFORM: Sie stehen der neuen Behörde als Präsident vor. Was waren die größten Herausforderungen in dieser Zeit? Beck: Es ist keine Kleinigkeit, quasi nebenher eine Behörde auch mit völlig neuen Verwaltungsaufgaben aufzubauen, zumal wenn gleichzeitig die Sachaufgaben uneingeschränkt fortzuführen und neue Projektaufgaben zu übernehmen sind. Personalverstärkungen aus Anlass der Behördengründung waren in dem Gründungskonzept – verständlicherweise – ausgeschlossen. Wir mussten also alles daran setzen, möglichst viel mit „eigenen Leuten“, also den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ITS-Vorläuferorganisationen, zu erreichen. Unser oberstes Ziel war es zunächst, die Arbeitsorganisation zu straffen, qualitative Nachteile für die von uns betreuten Geschäftsbereiche der Justiz aber dennoch zu vermeiden. Wichtig war es natürlich auch, der ITS rasch eine eigene Identität zu geben, in der sich unsere Mitarbeiterinnen IM GESPRÄCH INFORM 3/13 9 IM GESPRÄCH »Es ist mein Anliegen, dass die ITS die in ihre Gründung gesetzten Erwartungen rechtfertigt.« und Mitarbeiter auch wiederfinden konnten. Dazu hat die Verabschiedung eines gemeinsam definierten Leitbildes der ITS als Servicedienststelle sicher beigetragen. Eine große Herausforderung lag in der Schaffung und Organisation einer zentralen Koordinationsabteilung mit Schwerpunkten im Projektmanagement und geschäftsbereichsübergreifender Aufgabenerledigung. Die größte Herausforderung liegt aber in der Bewältigung des anstehenden Medienwechsels in der Justiz, und damit werden wir uns auch in den nächsten Jahren vorrangig zu befassen haben. INFORM: … und was sind Ihre wichtigsten Ziele, die Sie mit der IT-Stelle erreichen wollen? Beck: Es ist mein Anliegen, dass die ITS die in ihre Gründung gesetzten Erwartungen rechtfertigt, so schwierig das im einzelnen auch manchmal ist, und zwar zur Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz und auch unserer eigenen Leute. Mir ist wohl bewusst, dass die Gründung einer neuen Behörde in einer von Einsparvorgaben geprägten Zeit ungewöhnlich ist und besonderer Rechtfertigung bedarf, dass nicht alle Beteiligten diesen Weg für den richtigen hielten und auch das aktuelle große Handlungsziel, der Medienwechsel in der Justiz, keine ungeteilte Begeisterung hervorruft. Besonders die Arbeit mit elektronischen Akten gestaltet sich eben anders als – oft langjährig – gewohnt. Als Handlungsziel der ITS sehe ich vor diesem Hintergrund vorrangig die Schaffung und Bereitstellung von Lösungen, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz, gleich welchen Berufsstandes, wirklichen konkreten Nutzen für ihre tägliche Arbeit bieten, so dass sie die neue Arbeitsweise als Gewinn annehmen können und nicht als Nachteil oder gar Zumutung empfinden. Gerade unter diesem Aspekt sind mir der ständige Dialog mit den Geschäftsbereichen und die Zusammenarbeit mit „Praktikern“ und Gremienvertretern besonders wichtig. Wir haben nicht viel Zeit. Andererseits sind „schnelle Lösungen“ oft auch nicht sehr gut. Unser Weg 10 INFORM 3/13 erfordert ständige Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit mit allen Beteiligten, dann wird es ein Erfolg werden. INFORM: Die HZD-Außenstelle in Hünfeld übernimmt über wiegend Aufgaben für die hessische Justiz. Können Sie kurz beschreiben, wie sich die Aufgaben der IT-Stelle und der HZD in Hünfeld voneinander unterscheiden? Beck: Beide – HZD Hünfeld und ITS – sind Dienstleister der hessischen Justiz und arbeiten ständig eng zusammen. In Details ist die Aufgabenabgrenzung oft fließend und hängt von den jeweiligen Auftragslagen unseres Ministeriums ab. Stark vereinfachend und generalisierend könnte man sagen, dass die HZD für den Betrieb und Support des Rechenzentrums und der Netze sowie die technische Beratung der ITS und des Ministeriums zuständig ist. Für die ITS gibt es eine gesetzliche Aufgabendefinition in § 1 Abs. 3 des ITStellengesetzes. Sie ist danach umfassend zuständig für die Informations- und Kommunikationstechnik der Justizdienststellen, insbesondere für die Entwicklung, Einführung, Pflege und Weiterentwicklung von Fachverfahren einschließlich des elektronischen Rechtsverkehrs, die Anwenderbetreuung sowie für die Ausstattung der Dienststellen mit Geräten und Software. INFORM: In welchen Bereichen arbeiten Sie mit der HZD in Hünfeld zusammen? Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit? Beck: Es gibt wohl nur wenige Aufgabenbereiche, in denen wir nicht in irgendeiner Weise mit der HZD-Außenstelle Hünfeld kooperieren; schon in der Projektphase ist oftmals die technische Expertise der HZD erforderlich, bei Einführung und Betrieb neuer Verfahren oder Systeme obliegt ihr die operative Betriebsführung. Mein Ziel war es von Anfang an, die schon langjährig zwischen GIT und HZD bewährte Zusammenarbeit fortzuführen und so zu vertiefen, dass unsere Dienstleistungen im Verhältnis zu den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Vollzugsanstalten quasi wie aus einem Guss wirken. Das funktioniert auch sehr gut. Es finden IM GESPRÄCH INFORM 3/13 11 IM GESPRÄCH »Das gute Klima zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der HZD und der ITS unterstreicht das kollegiale partnerschaftliche Verhältnis« ständige Abstimmungen statt, die Arbeit läuft „Hand in Hand“, und das gute Klima zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der HZD und der ITS unterstreicht das kollegiale partnerschaftliche Verhältnis. bundesweite Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter erhalten, die eine elektronische Fußfessel zu tragen haben. Diese Abteilung der ITS arbeitet im 24-Stunden-Schichtbetrieb und ist natürlich ständig besetzt. INFORM: Im IT-Stellengesetz ist die Fachaufsicht der Justiz in IT-Angelegenheiten der IT-Kontrollkommission übertragen worden. Welche Bedeutung messen Sie diesem Gremium für die Zusammenarbeit der IT-Stelle mit der HZD zu? Ich habe immer wieder erlebt, wie groß das Interesse an un serer „Fußfessel-Stelle“ ist. Besichtigungs- und Interviewanfra gen sind recht häufig geworden und beziehen sich eigent lich so gut wie immer auf die „GÜL“. Auch bei Arbeitstreffen mit Vertretern aus den anderen Bundesländern steht eine Besichtigung der GÜL immer auf dem Programm, besonders dann, wenn die aktuelle Diskussion oder Nachrichtenlage sich wieder einmal mit der elektronischen Fußfessel befasst. Beck: Der IT-Kontrollkommission ist in § 3 des IT-Stellengesetzes eine Mitwirkungsbefugnis bei Überprüfungen zum Schutz vor unbefugten Zugriffen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HZD im Rahmen fachaufsichtlicher Überprüfungen durch die ITS eingeräumt. Sie setzt sich aus Vertretern der oberen Richtervertretungen, des Bezirksstaatsanwaltsrates und des Hauptpersonalrates und einem Vertreter der ITS zusammen und hat bereits mehrfach Informationsund Prüfgespräche auch in der HZD-Außenstelle in Hünfeld geführt. Ich war und bin vollständig davon überzeugt, dass die gesetzliche Etablierung dieses Kontrollgremiums geboten war, und die bisherigen Erfahrungen bestätigen aus meiner Sicht, wie wichtig und wertvoll die Mitwirkung der Kommission in dem immer komplexer werdenden Umfeld der Justiz-IT ist. Nach meiner Einschätzung profitieren wir – HZD wie ITS – gleichermaßen von der institutionalisierten Mitwirkung gewählter Vertreter der Praxis, einerseits dadurch, dass die Sensibilität für möglicherweise problematische Handhabungen oder Vorhaben erhöht wird, vor allem aber dadurch, dass die Öffnung für so weitreichende Kontrollen ja auch vertrauensbildend und akzeptanzerhöhend wirkt, und das halte ich ganz persönlich für entscheidend wichtig. INFORM: Landläufig wird die IT-Stelle auch gerne „Fußfessel-Behörde“ genannt. Warum ist das so? Beck: Es trifft ja zu, allerdings wird unser Bild in der Öffentlichkeit wohl oft auf unsere Abteilung 9, die „GÜL“ – die gemeinsame Überwachungsstelle der Länder – reduziert. Mit Gründung der ITS haben wir auch die Zuständigkeit für die 12 INFORM 3/13 INFORM: Gab es denn auch schon brenzlige Situationen für die „Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder“? Beck: Nein, erfreulicherweise nicht. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass die Aufgabenerfüllung durch die ITS in Frage gestanden hätte. Spannende Situationen gibt es allerdings immer wieder. So hat unsere Fußfesselabteilung bekanntlich dazu beitragen können, einen rückfällig gewordenen Straftäter zu überführen. Der Fall nahm vor einigen Monaten in der Medienberichterstattung breiten Raum ein. Auf Intervention unserer GÜL erfolgen auch immer wieder Polizeieinsätze. Vor einigen Wochen gab es einmal einen recht seltsamen Vorfall: Wir erhielten eine Postsendung, die an die „Unrechtsüberwachungsstelle“ adressiert war und auch sonst verdächtig wirkte, ein Sprengstoffhund der Polizei erkannte aber zuverlässig, dass der Inhalt dennoch harmlos war. INFORM: Welchen Stellenwert haben der zunehmende elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akte aus Ihrer Sicht für die hessische Justiz? Beck: Dazu habe ich ja schon vieles gesagt, will es aber gerne nochmals auf den Punkt bringen: Der elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akte werden in wenigen Jahren das Bild der Justiz prägen, die Papierakte wird bald kaum mehr eine Rolle spielen. IM GESPRÄCH MANFRED BECK PRÄSIDENT DER IT-STELLE DER HESSISCHEN JUSTIZ LEBENSLAUF März 1986 1. Juristisches Staatsexamen April 1989 2. Juristisches Staatsexamen Februar Richter beim LG Marburg, später beim AG 1990 Frankfurt Juni 1997 Abordnung an das Bundesministerium der Justiz, Referent für Informationstechnik im Referat ZB3 und Jahr 2000-Beauftragter des BMJ Herbst Richter am AG Frankfurt und Leiter des Pro- 1999jekts Elektronisches Grundbuch beim ADVReferat des OLG Frankfurt Über diesen Medienwechsel ist zwar schon seit längerer Zeit von recht unterschiedlichen Standpunkten aus diskutiert worden, jetzt kommt er aber sozusagen mit Macht und kraft Gesetzes, und wir wollen gewährleisten, dass die damit verbundenen neuen Möglichkeiten genutzt werden können. Ich möchte hierzu nur wenige Stichworte nennen, um den Rahmen nicht zu sprengen: Jederzeitige, ggf. auch parallele Verfügbarkeit der elektronischen Akte, überlegene Möglichkeiten der Informationsrecherche, der Vorstrukturierung und der inhaltlichen Erschließung durch Strukturierungswerkzeuge, Unterstützung der Heim- und Mobilarbeit, elektronische Akteneinsicht. Daran werden sich absehbar auch neue Wege der Interaktion zwischen Gerichten oder Staatsan- 2003 Richter am Oberlandesgericht, ab 2004 daneben Leiter des ADV-Referats beim OLG Frankfurt 2005 Leitung der Gemeinsamen IT-Stelle 2007 Leitung der geschäftsbereichsübergreifenden GIT-Justiz 2011Beendigung der Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht und Abordnung an das HMdJIE Seit 2012 Leitung der ITS waltschaften und Verfahrensbeteiligten, insbes. Rechtsanwälten, eröffnen. Auch innerhalb der Justiz werden sich die organisatorischen Abläufe bei überwiegend elektronischer Kommunikation und der Führung originär elektronischer Akten erheblich verändern und „verschlanken“. Die Summe dieser Veränderungen wird die Arbeitswelt in der Justiz im Zusammenwirken mit den Verfahrensbeteiligten neu prägen. Der Stellenwert dieser Aktivitäten kann nach alledem also eigentlich kaum überschätzt werden. INFORM: In wenigen Tagen beginnt der 22. EDV-Gerichtstag in Saarbrücken. Welchen Zweck erfüllt diese Veranstaltung des gemeinnützigen Vereins und was sind aus Ihrer Sicht die spannendsten Themen in diesem Jahr? INFORM 3/13 13 IM GESPRÄCH »Die spannendsten Themen kreisen – wie könnte es anders sein – um den Übergang zur originär elektronischen Aktenführung ... « Beck: Der EDV-Gerichtstag ist das langjährig etablierte und spezialisierte Publizitäts- und Diskussionsforum für die JustizIT in Deutschland. Die traditionell im Herbst stattfindende Veranstaltung erfreut sich großer Aufmerksamkeit sowohl in Fachkreisen innerhalb der Justiz als auch bei Dienststellenleitern, Geschäftsleitern oder interessierten Nutzern, aber auch bei den Anbietern von Hard- und Softwareprodukten; Sie ist zugleich ein Schnittpunkt der Interessen von universitärer Forschung, IT-Strategie und operativem Betrieb. Ich kann den Besuch also nur empfehlen. Auch wir werden natürlich beim EDV-Gerichtstag vertreten sein. Die spannendsten Themen kreisen – wie könnte es anders sein – um den Übergang zur originär elektronischen Aktenführung, Fragen der elektronischen Kommunikation und neuer Dienstleistungsangebote, aber auch der Gewährleistung der IT-Sicherheit. INFORM: Sie waren Richter am Oberlandesgericht in Frankfurt, bevor Sie in den Bereich der IT für die hessische Justiz wechselten. Welche Erinnerungen verbinden Sie an Ihr früheres Richteramt? Beck: Die besten. Ich habe meine richterlichen Aufgaben beim 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt sehr gerne wahrgenommen. Der Senat hatte neben seiner allge meinen Zuständigkeit für Berufungen in Zivilsachen auch sehr interessante spezialisierte Sonderzuständigkeiten, etwa in Pressesachen, für Streitigkeiten in Börsen- und Warenterminangelegenheiten und in Reisesachen. Es war also eine bunte Mischung mit einigen Besonderheiten. Solange es möglich war, habe ich meine richterliche Berufsausübung stets neben meiner vor nunmehr auch schon 16 Jahren begonnenen Befassung mit Fragen der Justiz-IT fortgeführt. INFORM: Was war Ihre Motivation gänzlich in die Informationstechnologie der hessischen Justiz zu wechseln? Beck: Mit der Gründung der neuen Behörde wäre eine Aufgabenteilung zwischen richterlicher Tätigkeit und einer 14 INFORM 3/13 Leitungsfunktion bei der ITS rechtlich nicht mehr möglich gewesen. So interessant und reizvoll meine derzeitigen Aufgaben als Behördenleiter auch sind, die Entscheidung ist mir dennoch nicht leicht gefallen. Einen gewissen Anstoß mag auch der damalige Präsident des Oberlandesgerichts, Herr Aumüller, gegeben haben, der mir den Wechsel empfahl und etwa verbleibende Bedenken mit der Bemerkung milderte, das Oberlandesgericht hätte ja auch dann noch viele gute Richter. INFORM: Zum Abschluss eine persönliche Frage. Sie spielen sehr gerne Klavier. Welche Art von Musik spielen Sie am liebsten und was gefällt Ihnen daran besonders gut? Beck: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich habe schon seit meiner Kindheit eine vielleicht sogar etwas einseitige Vorliebe für klassische Musik im weiteren Sinne mit Schwerpunkten bei Bach, Beethoven, Schubert, Schumann und gelegentlich Liszt. Nach dem Abitur bin ich dem Vorschlag meiner russischen Klavierlehrerin, nach Freiburg zu gehen und Musik zu studieren, aber nicht gefolgt, sondern wurde Jurist. Die musikalischen Interessen haben sich jedoch gehalten. Wenn ich Zeit finde, befasse ich mich heute eigentlich lieber denn je mit Sonaten, Präludien und Fugen, gelegentlich mit Liedbegleitung, oft aber auch einfach mit freien Improvisationen. Ich vermag eigentlich nicht genau zu sagen, was mir daran besonders gefällt, ich weiß aber, dass mir sehr viel fehlen würde, wenn ich diese Ausdrucksmöglichkeit nicht mehr hätte INFORM: Herr Beck, vielen Dank für dieses Gespräch Das Interview führte Friederike van Roye, HZD KOLUMNE HZD WEB-LOUNGE Second Screen – Sieht man mit dem zweiten wirklich besser? Politische oder gesellschaftliche Großereignisse werden heute oft live im Fernsehen übertragen. Neben dem Publikum vor Ort erreichen sie dann evtl. Millionen Zuschauer auf elektronischem Weg. Viele von diesen sind aktive Internetnutzer. Da bleibt es nicht aus, dass die Sendungen auch im Netz kommentiert werden – und das zunehmend „live“. Das Wiedergeben von Gesagtem, das Kommentieren und Fragen finden parallel zur Sendung statt. Für das Phänomen, Liveübertragungen auf einem Computer gleichzeitig in einem weiteren Medienkanal zu verfolgen, hat sich der Begriff „Second Screen“ eta bliert. Während die eigentliche Sendung auf dem ersten Bildschirm – egal ob Fernseher oder Computerbildschirm – geschaut wird, wird der alternative Kanal auf einem zweiten Bildschirm – auf PC, Tablet oder Smartphone – genutzt und ggf. bedient. So bilden z. B. Kommentare in Kurznachrichtendiensten wie Twitter einen weiteren Strom von Informationen, der durch die Verwendung von Schlagworten – sog. Hashtags – auf einfache Art verfolgt werden kann. Was auf den ersten Blick lediglich wie eine zusätzliche Di mension der Unterhaltung aussieht, kann aber auch die Art der Mediennutzung grundlegend verändern: Durch die parallele Kommunikation über den Second Screen entstehen plötzlich Möglichkeiten der Rückkopplung in Echtzeit für Medien, die bisher auf das Verbreiten von Inhalten beschränkt waren. Verglichen mit dem „Zuschau ertelefon“ oder dem Tele-Dialog, TED, der frühen Fernseh unterhaltung ist Second Screen ein Massenphänomen. Das haben auch die Veranstalter von Live-Events und die Fernsehsender erkannt. Immer häufiger wird dazu aufgefordert, sich mittels eines vorgegebenen Hashtags mit Kommentaren in den Kurznachrichtendiensten zu beteiligen oder dort auch Fragen zu stellen. Der Bayerische Rundfunk hat diese Möglichkeiten im Sommer 2012 im Rahmen einer experimentellen Fernsehsendung sehr intensiv erprobt. An der sog. „Rundshow“ konnten sich Zuschauerinnen und Zuschauer mittels einer eigenen App per Smartphone oder Tablet beteiligen. Damit konnten sie bei Fragen abstimmen, Fotos und Videos hoch laden oder per Knopfdruck applaudieren bzw. buhrufen. Diese Möglichkeiten, unmittelbar Feedback zu erhalten, war für die Macher der Show eine wichtige Erfahrung. Auch bei vielen Liveveranstaltungen gibt es den alternati ven Informationskanal. So kann man z. B. Tagungen, Debatten oder Pressekonferenzen verfolgen, ohne direkt dabei zu sein. Hier ist allerdings zu beachten, dass Kommentare subjektiv gefärbt sind und Zitate nicht unbedingt wortgetreu wiedergegeben werden. Auch bei dieser Art der Verwendung kann der vom Second Screen erzeugte Nachrichtenstrom für die Rückkopplung genutzt werden. So ist es z. B. bei Podiumsdiskussionen möglich, dass die Beteiligten auf einem Bildschirm die eingehenden Nachrichten verfolgen können und so direktes Feedback zu ihren Beiträgen erhalten. Schnelles Feedback kann dazu beitragen, dass Sendun gen und Veranstaltungen besser werden, indem sie verstärkt auf das Publikum eingehen. Bedenkt man aber, dass die Fähigkeit verschiedene Informationen parallel wahrzunehmen, begrenzt ist, stellt sich jedoch die Frage, ob man mit dem Second Screen wirklich besser sieht. Dr. Markus Beckmann Produkte und Standards Verfasser des Trendberichts der HZD [email protected] INFORM 3/13 15 HZD-MAGAZIN Hans-Georg Ehrhardt-Gerst, HZD »GRÖSSTE UMWÄLZUNG SEIT EINFÜHRUNG DER SCHREIBMASCHINE« Elektronischer Rechtsverkehr wird für die Justiz verpflichtend / Staatssekretär Kriszeleit besucht HZD in Hünfeld Am 13. Juni 2013 hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“ beschlossen. Was das konkret bedeutet, machte Hessens Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit bei einer Pressekonferenz im Juli in der HZD-Außenstelle Hünfeld deutlich. Der Ort war dabei nicht zufällig gewählt, ist die HZD-Außenstelle doch der IT-Dienstleister für die hessische Justiz und wird als solcher für die technische Umsetzung des neuen Gesetzes maßgeblich zuständig sein. Worum geht es? Trotz des technischen Fortschritts und des Einsatzes moderner IT-Verfahren in der Justiz kommunizieren Anwaltschaft und Gerichte nach wie vor in vielen Fällen schriftlich. Grund dafür sind Regelungen, die auf die Anfänge des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückgehen und nie modernisiert wurden. Dazu gehört beispielsweise die Beglaubigungspflicht bei gerichtlichen Bescheiden. Sie durfte bisher nur manuell auf Papier erstellt werden. Die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg haben deshalb eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, um den elektronischen RechtsHZD-Mitarbeiterin Medine Pehle zeigt dem Gast aus Wiesbaden die Doppel-Kuvertierung (Brief im Brief). Eine Methode, die bei Versendungen im Rahmen des Automatischen Mahnverfahrens (AUMAV) angewandt wird. verkehr für alle Verfahrensordnungen – mit Ausnahme der Strafprozessordnung – bis spätestens zum Jahr 2022 für alle verpflichtend zu machen. Dieses Gesetz wurde nach Einarbeitung verschiedener Änderungswünsche aus anderen Ländern jetzt im Bundestag verabschiedet. Es betrifft alle, die professionell mit Gerichten kommunizieren. Dazu gehören Rechtsanwälte und Notare, aber auch Kommunen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. „Das Gesetz wird die Kommunikation im Bereich der Justiz revolutionieren – es ist die größte Umwälzung seit der Einführung der mechanischen Schreibmaschine“, sagte der Staatssekretär während der Pressekonferenz. Mit dem Gesetz werden außerdem weitere wichtige Vereinfachungen im elektronischen Rechtsverkehr umgesetzt. Dazu gehören u. a.: D e-Mail wird für den elektronischen Rechtsverkehr zugelassen. E in maschinelles Siegel ersetzt die manuelle Beglaubigung auf Papier und ermöglicht damit den schnelleren und kostengünstigeren Postversand über die Druckstraße der HZD. E lektronische Formulare können, nachdem eine Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums mit Zustimmung des Bundesrates ergangen ist, ab dem 1. Juli des kommenden Jahres auf einer Kommunikationsplattform im Internet zur Nutzung bereit gestellt werden. 16 INFORM 3/13 HZD-MAGAZIN Für Kriszeleit führt damit der Weg unumkehrbar in Richtung elektronischer Akte: „Wer durchgängig elektronisch kommuniziert, muss die Dokumente sinnvollerweise auch in elektronischen Akten führen“. Besuch des Druck- und Rechenzentrums Bei dem anschließenden Rundgang durch die HZD-Außenstelle zeigten sich Dr. Rudolf Kriszeleit und Dr. Ralf Köbler, IT-Abteilungsleiter der Justiz, beeindruckt von den leistungsfähigen Maschinen im Druckzentrum, dem modernen Hochsicherheitsrechenzentrum und dem Technical Monitoring Center, TMC. Das TMC dient der technischen Unterstützung bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung EAÜ. Mit Hilfe des bundesweit eingesetzten Verfahrens werden Personen unter bestimmten Voraussetzungen anhand einer elektronischen Fußfessel überwacht. Die HZD sorgt in einem 7x 24 Stunden Dienst für die technische Dienstleistung, während die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Bad Vilbel für die fachliche Aufsicht zuständig ist. Kriszeleit betonte in diesem Zusammenhang, wie zufrieden auch die anderen Bundesländer mit der Arbeit der HZD seien. Neue Aufgaben für die HZD Für die HZD bedeutet das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“ neue Aufgaben. Sie wird die technischen Voraussetzungen für den elektronischen Hessens Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit bei der Presse konferenz in der HZD-Außenstelle Hünfeld. Rechts im Bild: der Leiter der Außenstelle, Herbert Guder. Rechtsverkehr schaffen und Prozessänderungen in die ITLandschaft einpassen. Dafür ist sie gut gerüstet. Die sehr hohen Sicherheitsstandards, wie sie bereits heute von der HZD bereitgestellt werden, bleiben dabei erhalten. Dazu gehört zum Beispiel das in sich geschlossene und gesicherte Justiznetz ebenso wie eine justizeigene Benutzerverwaltung in einem Active Directory. Zusätzliche Druckaufträge für die Justiz, wie sie durch den Wegfall der Beglaubigungspflicht zu erwarten sind, wird die HZD in gewohnter Qualität und Schnelligkeit bearbeiten. Da der Druck der KFZ-Steuer ab dem 2. Quartal 2014 bundesweit zentral in Nürnberg er folgt, können im Druckzentrum der HZD damit freigeräumte Kapazitäten quasi nahtlos der Justiz zur Verfügung gestellt werden. Staatssekretär Kriszeleit ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er die technische Umsetzung des Gesetzes gewährleistet sieht. „Die Zusammenarbeit zwischen Justiz und HZD ist von Beginn an sehr vertrauensvoll und partnerschaftlich“, betonte er während seines Besuchs. Was die HZD gerne bestätigt. . Hans-Georg Ehrhardt-Gerst Kundenberater Justiz [email protected] INFORM 3/13 17 HZD-MAGAZIN Edgar Volk, HZD DRUCKREIF Das Druck- und Versandzentrum der HZD in der Mitte Deutschlands Die HZD-Außenstelle in Hünfeld ist nicht nur IT-Dienstleister der Hessischen Justiz, seit 2009 betreibt sie dort auch das Druck- und Versandzentrum der HZD. Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“1 wird sich das Aufgabenspektrum im Druckzentrum erweitern. XX Im Jahr 2009 wurden die ehemals zwei Druckzentren (Wiesbaden und Hünfeld) an einem Standort zusammen gelegt und so die Voraussetzungen für ein Hochleistungs druckzentrum geschaffen. Der Standort in der Mitte Deutschlands, ausreichend Kapazitäten, professionelles Know-how und fortschrittliche Technologien zeichnen es für eine zentrale, landesübergreifende oder gar länderübergreifende Produktion aus. Derzeit werden dort jährlich ca. 90 Mio. Seiten gedruckt und rund 13 Mio. Sendungen 18 INFORM 3/13 kuvertiert sowie nach Leitregionen sortiert und bei der Deutschen Post zur Versendung eingeliefert. Eines der größten Verfahren, das durch das Druckzentrum der HZD betreut wird, ist die hessische Steuerverarbeitung im Rahmen von KONSENS (Koordinierte neue Softwareent s. Artikel Seite 16 Software für die Einkommens- und Strukturförderung im Rahmen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für Landwirtschaft 1 2 HZD-MAGAZIN wicklung in der Steuerverwaltung). Weitere komplexe Verfahren sind z.B. die Erstellung der Gehaltsmitteilungen aller hessischer Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger. Außerdem werden Bescheide der hessischen Justiz, der hessischen Wohngeldstellen, die E-Beihilfe sowie verschiedene landwirtschaftliche Produktionen im Rahmen des EU-weiten „SEStERZ2Förderprogramms“ verarbeitet. Im Bereich der Justiz erlaubt das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs ab dem 01.07.2014 in konkreten Fällen ein maschinelles Siegel anstelle der bisherigen manuellen Beglaubigung auf Papier. Damit ist der Weg frei, vermehrt Dokumente der Justiz schneller und kostengünstiger über die HZD zu drucken und zu versenden. In der Folge könnte die Justiz zum größten Kunden des Druckzentrums werden. Konkret werden bei jedem Verfahren die Rohdaten des jeweiligen Kunden mit der Outputmanagementsoftware entgeRund 90 Millionen Seiten druckt das HZD-Druckzentrum in Hünfeld jedes Jahr. Das meiste davon für Hessens Steuerverwaltung. gen genommen. Auf Kundenwunsch werden die Daten konvertiert und modifiziert. Beim Großteil der Verfahren erfolgt eine Aufbereitung in Form einer DV-Freimachung, durch die sich sehr hohe Rabattierungen bei einem Versanddienstleister (im Falle der HZD die Deutsche Post AG) realisieren lassen. Anschließend werden die fertig aufbereiteten und durch das Druckzentrum in Hünfeld gedruckten und kuvertierten Sendungen der Deutschen Post AG übergeben. Ausblick Für die nächste Zukunft liegt der Schwerpunkt des HZDDruckzentrums auf dem dauerhaften Betrieb der Druck- und Kuvertierstraßen für die eigenen Bedarfe inklusive der Katastrophen-Fall-Abdeckung, der Deckung fremder Bedarfe für Katastrophen-Fall-Szenarien als Dienstleister im Back-Up-Bereich sowie der Schaffung von Erweiterungsmöglichkeiten für künftige Auftragsübernahmen. Dabei muss die vorhandene Basis-Infrastruktur so ausgerichtet werden, dass mit wachsenden Anforderungen im laufenden Betrieb der Ausbau skalierbar und flexibel erfolgen kann. Der derzeit vorhandene Standort mitten in Deutschland ist geradezu ideal für alle potenziellen Mandanten. In einem weiteren Erweiterungsschritt wäre denkbar, dass auch kleinere Aufträge hessenweit von allen Behörden und Dienststellen durch die HZD eingesammelt werden. Idealerweise würden auf diese Weise hessenweit sämtliche zu druckenden/kuvertierenden Daten zentral durch die HZD verarbeitet werden. Allein im Bezug auf Porto ist dies lohnend, ganz zu schweigen von der personellen Auswirkung bei der Bündelung kleiner Sendungsmengen. Edgar Volk Bereichsleiter Druckzentrum [email protected] INFORM 3/13 19 HZD-MAGAZIN Adam Miosga, HZD MIT E-NACHRICHT SCHNELLER ZUM GERICHT Neues Verfahren der HZD beschleunigt elektronischen Postversand XX Weg vom Papier – hin zu mehr digitalen Prozessen. Diesen Weg geht die hessische Gerichtsbarkeit konsequent weiter und hat mit einem ihrer jüngsten Projekte, der „E-Nachricht“, hier einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Seit September 2012 läuft das Verfahren im Pilotbetrieb beim Landgericht Limburg an der Lahn und seit kurzer Zeit auch beim Landgericht Kassel. Im Oktober dieses Jahres wird die HZD-Außenstelle in Hünfeld mit dem Rollout via zentraler Softwareverteilung auf die übrigen Gerichte beginnen. Dieses soll Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen sein. E-Nachricht löst den EGVP1Classic-Client ab und wurde in enger Abstimmung mit der IT-Stelle der hessischen Justiz in Bad Vilbel und dem Landgericht in Limburg von der HZD entwickelt. Das neue Verfahren basiert auf einem anderen technischen Prinzip und bietet zahlreiche Vorteile. Im Gegensatz zur bestehenden Kommunikation mit dem EGVP-Classic-Client ist mit der E-Nachricht-Applikation der elektronische Postverkehr nicht nur von einzelnen, speziell autorisierten PCs möglich, sondern von jedem Arbeitsplatz. Dies erspart allen Beteiligten viel Zeit und Papier. Gerichtsprotokolle und andere Dokumente müssen jetzt nicht mehr ausgedruckt und nach draußen verschickt werden, die Prozesse werden insgesamt schneller, der Nachrichteneingang und –ausgang wird automatisiert im Postbuch eingetragen und steht recherchierbar zur Verfügung. Von außen kommende Dokumente, beispielsweise von Notaren oder Anwälten, werden – wie bisher auch – an das elektronische Gerichtspostfach gesandt. Von dort verteilt die Posteingangsstelle die Nachrichten weiter an die zuständigen Serviceeinheiten des Gerichts. Dies tut sie anhand der Postbuch-Einträge wie Aktenzeichen oder Nachrichten-ID. Das eigentliche Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach 1 20 INFORM 3/13 Blick in den großen Schwurgerichtssaal des Landgerichts Limburg Dokument bleibt für sie unsichtbar. Im bisherigen Verfahren ist dies so nicht möglich. Die Dokumente gelangen nur bis in das elektronische Gerichtspostfach. Von dort müssen sie in Papierform weiterverteilt werden. Wichtigste Forderung war die sichere „Ende zu Ende“ Verschlüsselung, d. h. ein elektronisches Dokument passiert seinen Weg sicher und verschlüsselt vom Sender zum Empfänger. Das Verfahren basiert auf einer Service-Orientierten Architektur (SOA) und bedient sich aktueller Techniken wie BizTalk-Server, IIS7, .NET 4.0 und WPF. Verschiedene eigenständige Komponenten lassen sich dabei wie Zahnräder zu verschiedenen Funktionen zusammensetzen. Dies führt zu einer großen Flexibilität und Ausbaufähigkeit des Verfahrens. So ist beispielsweise geplant, E-Nachricht auch auf andere Kanäle wie Fax oder De-Mail auszudehnen. Zu den weiteren Vorteilen der Architektur gehören: HZD-MAGAZIN Das Eingangsportal zum Landgericht Limburg an der Lahn d ie Entwicklung einer automatischen Weiterleitung vom elektronischen Postfach zu den Fachverfahren d ie direkte Einbindung einer sicheren Signatur über Public-Key-Infrastructure (PKI) in das Verfahren Bereits voll funktionsfähig und im Einsatz ist ein Word-AddInn, das das Versenden aus Word heraus über E-Nachricht ermöglicht. In der Serviceeinheit für Zivilsachen werden u.a. Akten registriert und bearbeitet sowie der elektronische Postversand abgewickelt. Im Landgericht Limburg ist E-Nachricht bereits seit September 2012 als Pilot im Einsatz und findet dort große Akzeptanz nicht nur im Gericht (s. Interview Seite 22 ff.), sondern auch bei den teilnehmenden Anwälten und Notaren. Die schnelle und erfolgreiche Entwicklung ist vor allen Dingen der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen IT-Stelle, HZD und dem Landgericht Limburg zu verdanken. Die IT-Stelle lieferte die Konzepte mit den fachlichen Anforderungen, die Anwenderinnen des Landgerichts Limburg unterstützten und unterstützen das Projekt nicht nur durch ihre Bereitschaft, die neue Technik zu testen, sondern brachten selbst zahlreiche wertvolle Vorschläge aus der Praxis in die Entwicklung mit ein. Darunter waren Anregungen beispielsweise zur Darstellung, Menüführung oder Ablaufoptimierung. Die HZD sorgte für die fachkompetente Umsetzung sowie den Aufbau und die Bereitstellung der erforderlichen Technik. Adam Miosga Anwendungsmanagement [email protected] INFORM 3/13 21 HZD-MAGAZIN »MIT SO VIEL POSITIVER RESONANZ HATTEN WIR GAR NICHT GERECHNET« Ein Gespräch im Landgericht Limburg über E-Nachricht Monika Sommer ist Geschäftsleiterin und Personalreferentin am Landgericht Limburg an der Lahn. Sie leitet dort das Projekt E-Nachricht und arbeitet eng mit Ivonne Pfeiffer und Stephanie Leist zusammen, die die Anwendung testeten und betreuen. Alle Drei stehen in engem und direktem Austausch mit dem Entwicklerteam der HZD und den Projektverantwortlichen in der IT-Stelle in Bad Vilbel. INFORM sprach mit den drei Frauen über ihre Erfahrungen mit E-Nachricht. INFORM: In aller Kürze: Wofür ist das Landgericht in Limburg zuständig? Sommer: Das Landgericht Limburg ist ein mittelgroßes Landgericht in Hessen mit dem viertgrößten Landgerichtsbezirk. Wie jedes Landgericht haben wir Zivil- und Strafkammern. Jährlich ergibt sich ein Zugang von circa 1.800 erstinstanzlichen Zivilverfahren. Die Zivilkammern sind zudem die Berufungs- und Beschwerdegerichte für Rechtsstreitigkeiten, die von den vier Amtsgerichten im Landgerichtsbezirk erstinstanzlich verhandelt wurden. Die Strafkammern sind zuständig für alle schwereren Strafverfahren, die nicht in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fallen sowie für die Berufungs- und Beschwerdeverfahren aus dem Bezirk. Zu den weiteren Aufgaben eines Landgerichts zählen Verwaltungsdienstgeschäfte wie etwa Notarangelegenheiten. INFORM: Seit wann arbeiten Sie mit dem von der HZD entwickelten Verfahren E-Nachricht? Pfeiffer: Am 28. September 2012 haben wir offiziell mit dem Echtbetrieb angefangen. Das war der Tag der offenen Tür der hessischen Justiz, und wir wollten den Bürgerinnen und Bürgern gerne unser Programm vorführen. INFORM: Wofür nutzen Sie das Verfahren? Sommer: Zurzeit arbeiten insgesamt 15 Anwenderinnen und Anwender hier bei uns mit E-Nachricht. Dadurch, dass wir jetzt E-Nachricht zusammen mit der elektronischen Signatur anwenden, können wir eigentlich so gut wie alles elektro22 INFORM 3/13 Ivonne Pfeiffer, Monika Sommer und Stephanie Leist (v.l.) nisch verschicken – vorausgesetzt die Empfänger verfügen über elektronische Gerichts- und Verwaltungs-Postfächer. Mit E-Nachricht verschicken wir zum Beispiel Urteile, Sitzungs protokolle, Beschlüsse, aber auch Ladungen – also sehr sensible Dokumente. Für unseren Geschäftsablauf ist dies äußerst praktisch, weil wir damit viel Zeit und auch Kosten sparen können, die ansonsten durch das aufwändige Kopieren und Verschicken der Schriftstücke entstehen. Pfeiffer: Wir sind selbst ganz erstaunt, wie viel wir bereits über die E-Nachricht abwickeln können. Mittlerweile verschicken wir bestimmt 40 Prozent unserer Post elektronisch und Bild rechts: Monika Sommer, Geschäftsleiterin und Personalreferentin am Landgericht Limburg HZD-MAGAZIN INFORM 3/13 23 HZD-MAGAZIN Stephanie Leist beantwortet Fragen zur E-Nachricht das wird ganz sicher noch zunehmen. Allein im Juli hatten wir ca. 200 elektronische Eingänge über E-Nachricht und konnten ca. 700 elektronische Ausgänge verzeichnen. Das ist unglaublich. Dass dieses Verfahren E-Nachricht so schnell angenommen und genutzt wird, hätten wir selber nicht gedacht. Ich denke, wir werden schon bald auf die Ausgangszahl 1.000 kommen. INFORM: Was sagen denn die Rechtsanwälte und Notare dazu? Leist: Die sind eigentlich durchweg begeistert. Mit so viel positiver Resonanz hatten wir gar nicht gerechnet. Manchmal rufen sie hier an, um sich zu erkundigen, wann sie mit der Zustellung eines Protokolls oder eines gefällten Urteils rechnen können. Dann sagen wir: „Schauen sie bitte mal in ihr elektronisches Postfach, es dürfte bereits zugegangen sein.“ Es geht somit auch für die Anwaltsbüros durch E-Nachricht alles viel schneller und kostengünstiger. Zur Akzeptanz hat sicherlich beigetragen, dass die Anwälte und Notare bereits mit dem elektronischen Schriftverkehr durch das Verfahren E-Rechnung vertraut waren. INFORM: Ist es nicht zeitaufwändig Pilot-Anwender zu sein, also mit einem Programm zu arbeiten, das sich noch in der Entwicklung befindet? Sommer: Doch, das ist es schon. Aber wir sehen es vor allen Dingen als Chance für die Praxis. Sonst ist es doch häufig so: Den Anwendern wird gesagt, ab dem und dem Datum gibt es eine neue Anwendung und die Geschäftsabläufe sind darüber zu erledigen. Als Nutzer muss man sich dann wohl oder übel damit abfinden, was entwickelt wurde. Jetzt 24 INFORM 3/13 können wir mitgestalten, und es macht uns wirklich Freude in dieser Form am Entwicklungsprozess beteiligt zu sein. Mit Frau Pfeiffer und Frau Leist habe ich zwei sehr computererfahrene Anwenderinnen, die sich sowohl in der Anwendungsbetreuung als auch der Administration auskennen. Weil sie außerdem auch ganz „normale“ Anwenderinnen in der Praxis sind, die mit dem Programm ihre tägliche Arbeit erledigen, schafft dies auch viel Akzeptanz bei den Kolleginnen und Kollegen im Haus und darüber hinaus auch bei anderen Gerichten. Pfeiffer: Wir sagen den Kolleginnen und Kollegen immer: „Meldet euch, wenn euch etwas auffällt oder etwas nicht verstanden wird oder vielleicht auch nicht funktioniert.“ Das klappt richtig gut und hat den Vorteil, dass im Vorfeld vieles im Team erarbeitet und getestet werden kann. INFORM: Können Sie zum Abschluss noch kurz aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit mit der HZD in Hünfeld in diesem Projekt beschreiben? Sommer: Das war und ist eine sehr gewinnbringende, vertrauensvolle und zudem bereichernde Zusammenarbeit. Wir waren von Anfang an in die Entwicklung mit eingebunden und haben uns regelmäßig zu Arbeitsgesprächen getroffen. Das HZD-Team hat unsere Anregungen immer gerne aufgegriffen und umgesetzt, was umzusetzen ging. Umgekehrt haben wir natürlich akzeptiert, wenn wir mal die Rückmeldung bekamen, dass etwas technisch nicht machbar war oder der Aufwand einfach zu groß gewesen wäre. Leist: Der Kontakt zur HZD ist wirklich prima. Wenn ich Herrn Miosga mal nicht direkt erreiche, meldet er sich mit großem Verlass schnellstmöglich. INFORM: Herzlichen Dank für dieses Gespräch. Das Interview führte Friederike van Roye, HZD HZD-MAGAZIN Markus Keutner, HZD, Friederike van Roye, HZD E-MAILS VERSCHLÜSSELN – GANZ EINFACH Software-Zertifikate lösen PKI-Chipkarte ab Schon lange vor Publikwerden der aktuellen Datenspionageaffäre hat das Land Hessen großen Wert auf eine Verschlüsselungstechnik für E-Mails gelegt und diese ab 2009 mit der Public-Key-Infrastructure (PKI) bereitgestellt. Mit der Einführung von Software-Zertifikaten ist die Handhabung jetzt deutlich komfortabler geworden. Bilden das Kernteam der HZD rund um die E-Mail-Verschlüsselung: Matthias Aevermann, Hiltrud Landau und Markus Keutner (v.l.) XX Manchmal findet Technik keine Akzeptanz und oft genügen dafür schon kleinere Hemmnisse. Bei der Hessen-PKI war das so. Zu umständlich, zu langsam, zu teuer. So oder so ähnlich lautete das Urteil vieler Anwenderinnen und Anwender. Ein E-Mail Verschlüsselungs-Verfahren ist aber unerlässlich für die Landesverwaltung. Für die HZD galt es deshalb, das Verfahren attraktiver und einfacher zu gestalten. Dies hat sie jetzt getan. Seit 2009 können Landesmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ihre E-Mails via Hessen-PKI verschlüsseln und so vertrauliche Mitteilungen untereinander oder aber über die Landesgren zen hinaus austauschen. Die Hessen-PKI ist Teil der Verwaltungs-PKI des Bundes. Diese wird durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) betrieben. Welche E-Mails in jedem Fall vertraulich zu behandeln sind, regelt unter anderem die „Richtlinie zur Nutzung von E-Mail- und INFORM 3/13 25 HZD-MAGAZIN Internetdiensten in der Hessischen Landesverwaltung“. Darin heißt es: „Die Übertragung von vertraulich zu behandelnden Daten an Empfängerinnen und Empfänger außerhalb des Hessennetzes darf auf elektronischem Weg nur verschlüsselt erfolgen. Personalaktenrelevante Daten und Daten, für die eine ähnliche Missbrauchsgefahr besteht, dürfen auch inner halb des Hessennetzes nur PKI-verschlüsselt übertragen werden.“ Die Hessen-PKI nutzte bisher eine Chipkarte mit Kartenleser. Der auf der Chipkarte befindliche Kryptographiechip beinhaltete die Zertifikate und die dazugehörigen privaten Schlüssel. Um eine verschlüsselte E-Mail zu entschlüsseln oder eine E-Mail „elektronisch unterschrieben“, also signiert, zu versenden, las ein Kartenleser den privaten Schlüssel aus. Zuvor war die Eingabe einer 6-stelligen PIN in den Kartenleser erforderlich. Das Verfahren gilt als sehr sicher und erlaubte damit, Nachrichten und Dokumente mit einer digitalen Unterschrift zu versehen. Allein es fehlte die Akzeptanz. Die Technik führt zu Wartezeiten; ein Pin-Code, der ausschließlich Zahlen enthält, ist schwer zu behalten und für Chipkarte und Kartenleser entstehen Anschaffungskosten sowie zusätzlicher technischer Administrationsaufwand. Waren bisher Zertifikate und private Schlüssel auf der Chipkarte gespeichert und nur via Kartenleser zugänglich, bietet 26 INFORM 3/13 die HZD ab sofort eine veränderte Lösung an. Zertifikate und dazugehörige private Schlüssel werden jetzt in Form von Dateien bereitgestellt, per E-Mail versandt und auf dem Computerarbeitsplatz im eigenen Benutzerprofil installiert. Da die Speicherung auf einer separaten Hardware – dem Kryptographiechip – entfällt, entstand die Bezeichnung „Softwarezertifikate“. Sicher Um die Sicherheit vor unbefugtem Zugriff auf die Softwarezertifikate bzw. den darin enthaltenen privaten Schlüsseln zu gewährleisten, werden die Dateien mit einem extra Kennwort gesichert. Dieses erhält der PKI-Teilnehmer in einem separaten Kennwortbrief auf dem Postweg. Erst wenn beide Komponenten vorliegen – die Dateien mit Zertifikaten und privaten Schlüsseln sowie das Kennwort –, können die Zerti fikate auf dem Computerarbeitsplatz eingerichtet werden. Damit der private Schlüssel auch nach der Installation geschützt ist, wird er in einem speziellen Speicherbereich im Benutzerprofil mit einem Schlüssel-Kennwort versehen, das der Anwender selbst vergibt. Wenn er dann eine verschlüsselte E-Mail lesen möchte, nutzt er für die Entschlüsselung das Schlüssel-Kennwort. Dieses muss achtstellig sein und darf sowohl Buchstaben als auch Ziffern enthalten. HZD-MAGAZIN Schnell und kostengünstig Verschlüsselte Gruppenkommunikation Mit der neuen Hessen-PKI basierend auf Softwarezertifikaten verkürzen sich nicht nur die Wartezeiten beim Ver- und Entschlüsseln, sondern es entfallen auch alle Zusatzkosten für PKI-Hardware und den zuvor erforderlichen PKI-Sicherheits raum in den Dienststellen. Die Zertifikate und das Schlüssel material werden nun direkt in der Zentralen Registrierungs stelle der Hessen-PKI in der HZD auf gesicherten (gehärteten) Systemen erzeugt und von dort an die PKI-Teilnehmer verteilt. Als nächsten Entwicklungsschritt plant die HZD die Einrich tung von Gruppenzertifikaten für Gruppen- und Funktions postfächern, so dass alle mit Zertifikat ausgestatten Gruppenteilnehmer verschlüsselt kommunizieren können. Dies ist besonders für Teams interessant, bei denen mehrere Personen über vertrauliche Vorgänge zusammenarbeiten. Zudem ergibt sich damit die Möglichkeit, über zentrale E-Mailadressen zu bestimmten Verfahren eine verschlüsselte Kommunikation – auch über die Hessische Landesverwaltung hinaus – zu gewährleisten. Software-Zertifikate beantragen Ganz konkret bedeutet dies für Anwenderinnen und Anwender: Um PKI nutzen zu können, stellen sie über den PKI-Verantwortlichen der Dienststelle einen Zertifikatsantrag bei der Hessen-PKI in der HZD. Diese sorgt in ihrer Registrierungsstelle für die Zertifikatserstellung und Zertifikatsübermittlung. Anschließend installieren die PKI-Teilnehmer die zugesandten Dateien gemäß Anleitung auf ihrem Computerarbeitsplatz und binden die Zertifikate in Outlook ein. Von da an können sie ihre E-Mails verschlüsselt versenden. Die neue Hessen-PKI basierend auf Software-Zertifikaten unterstützt nur noch die Funktionalität des Verschlüsselns von E-Mails. Das Zertifikat für die Fortgeschrittene Elektronische Signatur, mit der das elektronische „Unterschreiben“ von Dokumenten und E-Mails nach Signaturgesetz (SigG) möglich war, wird nicht mehr angeboten. Markus Keutner Unified Communication [email protected] Friederike van Roye Kommunikation, Information [email protected] PUBLIC-KEY-INFRASTRUCTURE Die Public-Key-Infrastructure des Landes Hessen dient der Erstellung von digitalen Zertifikaten, die in der elektronischen Kommunikation verwendet werden. PKI unterscheidet sich von anderen Verfahren zur Verschlüsselung durch die Verwendung eines Schlüsselpaares. Der eine Schlüssel wird nur zur Verschlüsselung verwendet, er wird als öffentlich bezeichnet. Die Entschlüsselung ist dagegen nur mit dem privaten Schlüssel möglich. Während bei anderen Verfahren zur Verschlüsselung das Schlüsselmaterial geheim gehalten werden muss, wird bei einem PublicKey-Verfahren der öffentliche Schlüssel für alle Kommunikationspartner bereitgestellt, ohne dass sich daraus ein Risiko für die Sicherheit der Informationen ergibt. Der zu schützende private Schlüssel bleibt immer in dem alleinigen Besitz des Zertifikatsnehmers und muss bzw. darf für den verschlüsselten Nachrichtenaustausch niemals dem Kommunikationspartner zur Verfügung gestellt werden. Um das Schlüsselpaar eindeutig einer Person und einem Verwendungszweck (z.B. Verschlüsselung) zuzuordnen, findet eine Zertifizierung durch eine Zertifizierungsstelle (Certificate Authority CA) statt. Mit dem erzeugten Zertifikat erfolgt der Beleg, dass die Schlüsseldaten und Personen daten (insbesondere der Name und die E-Mailadresse) zusammengehören. DIE VERWALTUNGS-PKI Die Hessen-PKI ist Mitglied der Verwaltungs-PKI des Bun des, die durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) betrieben wird. Dort ist die oberste Zertifizierungsstelle, die sogenannte Stamm- oder Wurzelzertifizierungsstelle, angesiedelt, unter der neben dem Land Hessen auch andere Bundesländer untergeordnete Zertifizierungsstellen zur Ausgabe von Anwender- und Computerzertifikaten herausgeben. INFORM 3/13 27 HZD-MAGAZIN Elke Stüber, HZD, Dr. Achim Weinzettel, HMdF BERICHTE EINFACH ERSTELLEN Landesverwaltung steht eine moderne Systemplattform für Berichtswesen zur Verfügung XX In den Jahren 2000 bis 2008 führte das Land Hessen mit dem Projekt „Neue Verwaltungssteuerung (NVS)“ die doppi sche Buchführung mit Kosten- und Leistungsrechnung in den Verwaltungsbetrieb ein. Alle Daten des Finanz- und Rechnungswesens werden in der HZD im zentralen SAP Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) zusammengeführt. Die Menge der zusammengeführten Finanzdaten aus Rech nungswesen, Finanzwesen, Controlling, Logistik, Baumana gement und Immobilien ist trotz der Möglichkeit, kontext- bezogene Berichte in den ERP-Systemen zu erstellen, nicht überschaubar. Insbesondere sind übergreifende Sachzu sammenhänge nur schwer darstellbar und analysierbar. Darüber hinaus bildet sich in der Hessischen Landesverwaltung mit wachsendem Ausmaß die Anforderung heraus, Daten des Rechnungswesens mit Daten aus den Fachsystemen der Buchungskreise in gemeinsamen Berichten auszuwerten. Die Visualisierung komplexer Sachzusammenhänge, die Erstellung von Trendanalysen, die Ableitung von Prognosen Das Projektteam „Systemplattform für Berichtswesen“ v.l.: Beate Maaß (HCC), Petra Schielke (HCC), Dr. Achim Weinzettel (HMdF), Elke Stüber (HZD), Hubert Brandstädter (HCC), Peter Welzenbach (HCC), Harald Klink (HCC), Ralf Köhler (HZD), Dr. Jörg Raimann (HCC) 28 INFORM 3/13 Windows Terminal Server (WTS) Präsentation, Analyse Formatierte Standardberichte Visualisierung Analyse Individuelle Berichts erstellung Planung (zukünftig) Schnelle und komfortable Lösung Die geschilderten Anforderungen lassen sich mit einer Systemplattform für Berichtswesen einfach, schnell und komfortabel lösen. Eine Systemplattform für Berichtswesen wird im Auftrag des Hessischen Ministeriums der Finanzen (HMdF) seit 2010 in aufeinander folgenden Phasen aufgebaut und durch produktive Einsatzzyklen verifiziert. Die Systemplattform für Berichtswesen in Hessen wird auf der Grundlage der SAP Business Objects Berichtswerkzeuge (BI Suite) und dem SAP Business Warehouse System Land Hessen erstellt. Die Berichtsdaten werden in einer Datenhaltungs- und Datenspeicherungsschicht zusammengeführt. Gebildet wird die Schicht durch das SAP Business Warehouse. Um alle relevanten Berichtsdaten des Landes – SAP-Daten wie Fachdaten – aufnehmen zu können, ist das Business Warehouse entsprechend den Richtlinien eines Enterprise Data Warehouse (EDW) strukturiert und geschichtet. Die SAP Business Objects-Berichtswerkzeuge sind in einer dem Anwender zugewandten Präsentations- und Analyseschicht Die bisherige Praxis zur Erstellung von Berichten ist durch die erforderlichen detaillierten Planungen und den Aufbau einer geeigneten Systemtechnik aufwändig und langwierig. Er kenntnisse können nur für zukünftige Aufgabenstellungen gewonnen werden. In die aktuell durchgeführten Aufgaben kann nicht steuernd eingegriffen werden. Neben einer zeit nahen, möglichst intuitiven, komfortablen und nach vorne gerichteten Berichtserstellung wird deshalb heute eine flexible und einfache IT-Unterstützung gefordert, die das ERPSystem aufgrund seiner Architektur nicht zu leisten vermag. sowie die Analyse und Bewertung von Beziehungen zwischen unterschiedlichen Sachgebieten ist nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand im Berichtswesen des ERP-Systems möglich. SAP Non-SAP z. B. Rechnungswesen Fach systeme Business Datawarehouse System Land Hessen Daten aus Rechnungswesen, Finanzwesen, Controlling, Logistik, Baumanagement, Immobilien, Fachdaten Datenintegrationsstelle Datenhaltung und Daten speicherung Systemplattform für Berichtwesen Technischer Aufbau der Systemplattform HZD-MAGAZIN Datenquellen eingebettet. Gegenwärtig sind Crystal Reports, Dashboard, Web Intelligence und Analysis im Einsatz. Berichtsanwender greifen nur auf die SAP Business Objects Werkeuge der Präsentations- und Analyseschicht zu. Eine Datenintegrationsschicht stellt medienbruchfrei Ver bindungen zu den Datenquellen, SAP-Systemen wie LRMRechnungswesen und zu Fachsystemen der Verwaltung her. Bis zur Implementierung dieser Systemkomponente in 2014 bis 2015 werden SAP-Daten über sogenannte Extraktoren und Fachdaten manuell als CSV-Dateien oder über andere Eingabemöglichkeiten in das Business Warehouse geladen. Aktuell ist lediglich das Landesreferenzmodell Rechnungswesen (LRM-ReWe) fest an die Systemplattform angebunden. Damit kann medienbruchfrei auf alle diese Daten zugegriffen werden. Das Projekt Aufbau und Betrieb einer Systemplattform für Berichtswesen benötigen fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen, z.B. der Softwareentwicklung, der Technik, der Organisationsentwicklung sowie der Gestaltung der Betriebsprozesse. Die enge und medienbruchfreie Integration aller Teilkomponenten ist innerhalb einer Schicht (vertikale Integration), aber auch zwischen den Schichten (horizontale Integration) erforderlich, um die Prozesse zur Informationsbereitstellung mit den Prozessen zur Analyse und Bewertung der Informationen allgemeingültig aufeinander abzustimmen. Hierdurch wird die Konsistenz der Aussagen von entwickelten Berichten, die zu unterschiedlichen Zeiten erstellt wurden und miteinander in einem fachlichen Kontext stehen, erreicht. Bereits seit Ausgestaltung der Datenhaltungs- und Datenspeicherschicht werden deshalb die anstehenden Aufgaben in Konzeption, Entwicklung und Betrieb durch ein Team INFORM 3/13 29 HZD-MAGAZIN SYSTEMPLATTFORM FÜR BERICHTSWESEN Für wen: Für alle, die Berichte anwenden bzw. erstellen, z.B. Führungskräfte, Controller, Sachbearbeiter Für was: Berichte aus SAP- und Fach-Daten Vorteile: Vereinfachte Berichterstellung, medienbruchfrei, kostengünstig bzw. Einsparpotential Interesse? Gerne beantworten wir Ihre Fragen oder stellen Ihnen die Systemplattform in einer Präsentation vor Kontakt: Beate Maaß (HCC), Telefon: 0611-7038778 E-Mail: [email protected] von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Hessischen Ministerium der Finanzen (HMdF), dem Hessischen Competence Center (HCC) und dem HZD-Bereich „Technisches Hessisches Competence Center (T-HCC)“ wahrgenommen. Um ein ganzheitlich abgestimmtes Zielmodell sicherzustellen, diskutiert das Projektteam alle geplanten Aktivitäten und bewertet sie hinsichtlich der Zielsetzung. Seit Abschluss der Einführungsphase von SAP Business Objects im März 2013 konnten bereits einige Berichtsanforderungen mit den neuen Reportwerkzeugen produktiv gesetzt werden bzw. befinden sich aktuell in der Umsetzungsphase. Mit dem Zugriff auf alle Berichtsanforderungen über Windows Terminal Server (WTS) wird zudem die Nutzung der Business Objects Systemlandschaft für eine größere Nutzerzahl realisiert. Die Einrichtung von sogenannten Powerusern wird dem Gedanken der Unterstützung von „Self-ServiceBusiness Intelligence“ durch die Systemplattform gerecht. Poweruser können für Anwenderinnen und Anwender ihres Organisationsbereichs ab Oktober 2013 auf der Datenbasis, die das HCC zur Verfügung stellt, Berichte individuell ent wickeln und Veröffentlichungen vornehmen. Ausblick Zur weiteren Verbesserung plant das Projektteam in den kommenden beiden Jahren u.a.: V orstudie und Implementierung einer Dateninte grationsschnittstelle durch medienbruchfreie Anbindung von SAP- und Fach-Systemen aus der Verwaltung R eleaseupgrade des SAP Business Warehouse sowie der SAP BI Suite P rüfung und Bereitstellung der aktualisierten bzw. neuer Berichtswerkzeuge 30 INFORM 3/13 E inbindung der Systemplattform für Berichtswesen in das Service-Portal des Landes Hessen. Ab Mitte 2014 soll das neue Berichtswerkzeug SAP Design Studio der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden. SAP Design Studio kommt dem Anwenderwunsch nach Reduktion der Anzahl der Berichtswerkzeuge und intuitiver Bedienung entgegen. SAP Design Studio und SAP Analysis sind eng miteinander verknüpft. Berichtsfragmente und Daten können zwischen den beiden Werkzeugen ausgetauscht werden. Beide Berichtswerkzeuge decken die Funktionsvielfalt aller bereits eingesetzten Berichtsmerkmale ab. Zusätzlich kommen weitere Möglichkeiten hinzu wie die einfachere Gestaltung von Mobil-Berichten. Für den Einsatz der SAP BI-Suite in der Hessischen Landesverwaltung zeichnet sich demnach Analysis, Design Studio und Crystal Reports ab. Crystal Reports ist ein sehr mächtiges Berichtswerkzeug und wird den Anwendern erst nach umfassender Unterweisung zur Verfügung gestellt. Elke Stüber SAP-Betrieb (T-HCC) [email protected] Dr. Achim Weinzettel Referat für Haushaltsautomation, Prozessoptimierung und Verwaltungssteuerung Hessisches Ministerium der Finanzen [email protected] HZD-MAGAZIN VON DER DV-MANUFAKTUR ZUR IT-FABRIK Interview mit Dr. Peter Triller, Abteilungsleiter Rechenzentrum der HZD, zur Konzeption einer IT-Fabrik für Hessen INFORM 3/13 31 HZD-MAGAZIN Dr. Triller: Wir orientieren uns hier an marktüblichen Dienstleistungen, bei denen die Kunden in einem Serviceportal zum Beispiel Server-, Speicher- oder Datenbankkapazitäten bedarfsgerecht und schnell zu- und abbuchen können. Sie bezahlen nur die Kapazitäten, die tatsächlich genutzt wurden. Der Zuwachs in diesem neuen Geschäftsfeld ist enorm und mittlerweile in der Privatwirtschaft weit verbreitet. Aber auch im Privatbereich nutzen Viele Cloud-Dienste bereits sehr extensiv, denken Sie hier beispielsweise an die iCloud von Apple. INFORM: Herr Dr. Triller, Sie sind Abteilungsleiter Rechenzentrum bei der HZD. Derzeit konzipieren Sie ein Modell für eine IT-Fabrik. Was stellt man sich darunter vor? Dr. Triller: Die HZD hat sich als der zentrale IT-Dienstleister der Hessischen Landesverwaltung das Ziel gesetzt, bundesweit führend bei der Lieferung von erstklassigen IT-Services zu sein. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die nur durch Nutzung moderner Technologien zu erreichen ist. Daher beschäftigen wir uns seit knapp zwei Jahren intensiv mit dem Thema Cloud Computing und arbeiten an der Realisierung einer HZD-Cloud. Als infrastrukturelle Basis der HZD-Cloud soll hierzu im Rechenzentrum ein effizienter, elastischer, standardisierter, skalierbarer und automatisierter Plattformbetrieb realisiert werden, der sich an den Cloud-Bereitstellungsmodellen IaaS1 und PaaS2 orientiert. Intern nennen wir diesen Ansatz „IT-Fabrik“, um die industriellen Analogien des neuen Produktionsmodells hervorzuheben. Eine wesentliche Komponente ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung und schrittweise Umsetzung eines ganzheitlichen Rechenzentrums-Automationskonzepts, das die bislang isolierten Automationsansätze in den Betriebsteams in übergreifenden und automatisierten Prozessketten integriert. Vor einigen Wochen haben wir ein Projekt gestartet, um die konzeptionellen Grundlagen für die übergreifende Automation zu legen. INFORM: Cloud-Paradigma, IaaS und PaaS – können Sie diese Begriffe und deren Kern für unsere Leserinnen und Leser grob skizzieren. Infrastructure as a Service Platform as a Service 1 2 32 INFORM 3/13 Für uns im Rechenzentrum der HZD sind jedoch weder private Konsumenten noch unmittelbar die User in den Dienststellen die Kunden, sondern vor allem die Anwendungsbereiche der HZD. Ihnen wollen wir diese standardisierten Plattformen – wir sprechen von Produktionslinien – zur Verfügung stellen, damit sie wesentlich schneller und auch kostengünstiger als bisher die Fachanwendungen wiederum ihren Kunden, den Usern in den Dienststellen, bereitstellen können. Intern stellen wir derzeit eine IaaS-Plattform für die Entwickler der HZD in einem ersten Pilotprojekt fertig. Insbesondere bei querschnittlichen Verfahren und Bürokommunikationslösungen liegt es dann natürlich nahe, diese selbst wieder als Cloud-Dienste in Self-Service Portalen den Nutzern anzubieten. Im Rahmen des HessenPC mit der Zentralen Betreiberplattform aber auch mit den Employee Self Services-Ansätzen im Verwaltungsportal werden hier die ersten Schritte bereits gegangen. Schließlich entwickelt unser Architekturbereich gerade erste HZD-Apps, zum Beispiel für eine überall verfügbare und sichere Dokumentenablage. Man sieht, Clouds entstehen in der HZD an verschiedenen Stellen und formieren sich immer mehr zu einer HZD-Cloud. INFORM: Worin liegen die Chancen der IT-Fabrik für die Hessische Landesverwaltung? Dr. Triller: Die Chancen sind enorm: Erstens: Wir sind mit der IT-Fabrik in der Lage, wesentlich schneller InfrastrukturRessourcen bereitzustellen. Dauert heute das Deployment eines virtuellen Servers aufgrund der Beteiligung unterschiedlicher Betriebsteams mehrere Tage, wird sich diese Zeit bei Vollausbau der IT-Fabrik auf wenige Stunden, vielleicht sogar Minuten, verkürzen. Zweitens: Die Auslastung kann aufgrund einer besseren Nutzung der technischen Ressourcen durch Virtualisierung und Automation weiter verbessert werden. Das wirkt sich kostensenkend aus. Drittens: Mit der einhergehenden Standardisierung wird HZD-MAGAZIN die Komplexität des IT-Betriebs gesenkt. Damit wird dessen Steuerung deutlich vereinfacht und gleichzeitig führen höhere Stückzahlen gleichartiger Systeme zu geringeren Beschaffungs-, Wartungs- und Administrationskosten. Das kommt alles auch unseren Kunden durch besseren Service und dem Haushalt durch geringere Betriebsaufwendungen zugute. Das ist jedenfalls das Versprechen der IT-Fabrik und unser Motiv. Intern ergeben sich auch neue Chancen für die Kolleginnen und Kollegen. Sie können sich in ganz andere Richtungen weiterentwickeln und qualifizieren, da neue Rollenprofile entstehen werden, zum Beispiel die des Prozessdesigners oder Automatisierungsexperten. Schließlich verbessern sich für die HZD die Möglichkeiten, technische Kooperationen mit anderen Verwaltungen einzugehen, sofern das von der Politik gewünscht werden sollte. INFORM: … und die Risiken? Dr. Triller: Natürlich bestehen auch Risiken, die zum einen in einem langjährigen Umstellungsprozess begründet sind, zum anderen haben wir das Akzeptanzproblem zu überwinden. Letzteres besteht im eigenen Haus darin, HZD RECHENZENTREN – KENNZAHLEN Baujahr Fläche Physische/ Virtuelle Server (VMware) Kapazität (in Höheneinheiten) Wiesbaden 1992– 2010 1.300 m2 Physische Server: 1.549 Virtuelle Server: 913 14.355 Mainz 2011 810 m2 Physische Server: 164 Virtuelle Server: 319 4.956 Hünfeld Rechenzentrum 1999 500 m2 Druckzentrum 2009 900 m2 Summe 1992– 2011 3.510 m2 Physische Server: 90 Virtuelle Server: 550 Physische Server: 1.803 Virtuelle Server (VMware): 1.782 2.430 21.741 dass eingespielte Praktiken und anwendungsfallbezogene Optimierungen von den Betriebsteams – zumindest zum Teil – aufgegeben werden müssen. Das fällt nicht immer leicht. Aber auch bei einigen unserer Kunden wird es Einwände geben, da diese einen individualisierten und speziell angepassten Anwendungsbetrieb bis hinab in den Storage- und Netzbereich gewohnt sind und von den Vorzügen eines standardisierten Plattformbetriebs noch überzeugt werden müssen. Das Kosten- und Serviceargument sollte aber ausreichend überzeugend sein. Wie auch immer, das Thema IT-Fabrik ist nicht nur ein technisches, sondern auch ein organisatorisches und ein Kommunikationsprojekt. INFORM: Sind wir weit von einer IT-Fabrik entfernt – technisch, organisatorisch, prozessual, personell und mental? Dr. Triller: Das ist höchst unterschiedlich. Bezogen auf den Punkt Virtualisierung sind wir schon vergleichsweise weit, aber längst noch nicht fertig, bei der Standardisierung nehmen wir gerade einen neuen Anlauf und bezüglich der übergreifenden Rechenzentrums-Automation und der notwendigen Überzeugungsarbeit befinden wir uns am Anfang. Die besondere Herausforderung besteht darin, die bestehenden Unterschiede auszugleichen und die Teilprojekte zu synchronisieren. Da gleichzeitig noch der Tagesbetrieb zu erledigen ist, dafür werden wir ja primär beauftragt, wird die Umsetzung des gesamten Programms IT-Fabrik mindestens drei, realistisch gesehen aber bis zu fünf Jahre dauern. Wir brauchen daher einen langen Atem, viel Geduld und Hartnäckigkeit. INFORM: Warum ist Ihrer Meinung nach jetzt der richtige Zeitpunkt für die Konzeption einer IT-Fabrik? Dr. Triller: Die Vorteile des Cloud-Paradigmas kann heute niemand mehr ernsthaft infrage stellen. Es hat sich in den INFORM 3/13 33 HZD-MAGAZIN innovativen und vorauseilenden Unternehmen bewährt. Als eher risikominimierende „Technologienachzügler“ kann und muss sich nun auch die Öffentliche Hand mit diesem Thema intensiv beschäftigen, so auch die HZD. Aber auch andere Datenzentralen haben sich die Cloud als wichtiges oder sogar wichtigstes Schwerpunktthema vorgenommen. Mit anderen Worten, auch unsere Branche steht in den Startlöchern. Dabei sind die Startbedingungen der HZD gut – sie will und wird hier entsprechend ihrer Unternehmensvision die Nase vorne haben. INFORM: Das Rechenzentrum ist das Herz der HZD. Ist der Eingriff eine OP am offenen Herzen? Dr. Triller: Das Bild stimmt und beschreibt das Risiko recht gut. Daher wollen wir minimalinvasive Techniken einsetzen. Immer dann, wenn größere Veränderungen ohnehin anstehen oder wenn ganz neue Verfahren eingeführt werden, sollen weitere Teile der IT-Fabrik gebaut werden. Wir werden auch den Gedanken des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses weiter verstärken, um unsere Betriebsprozesse voranzutreiben und einen neuen Schub in der Implementierung der ITIL-Prozesse, wie das Configuration Management oder das Availibility Management, auslösen. Die Steuerungs- und Monitoringprozesse im Rechenzentrum müssen verbessert, das heißt Fabrik-mäßiger, werden. Hierzu ist bereits ein Betriebsleitstand, das Service Operating Center, SOC, im Aufbau. Es integriert zurzeit das IT-Operating des Mainframe-Betriebs in Wiesbaden mit dem Service-Desk in Hünfeld und bietet somit a priori Ausfallsicherheit. Schrittweise sollen weitere Aufgaben in das SOC auch aus den Anwendungsbereichen der HZD integriert werden. Schließlich beabsichtigen wir, unsere RechenzentrumsInfrastruktur zu konsolidieren. Damit ist im Wesentlichen die Versorgung der Systeme mit Strom und Klima gemeint. Das ist dringend geboten, die letzte große Sanierung in Wiesbaden liegt bereits über 20 Jahre zurück. In veralteten Rechen34 INFORM 3/13 zentrumsräumen sollte man keine neue IT-Fabrik aufbauen. Mit dem Rechenzentrum Mainz ist zum Glück die notwendige Ausweichmöglichkeit vorhanden. Dennoch macht dieser Aspekt die Aufgabe nicht gerade einfacher. Die Koordination der vielen und temporär wechselnden Einzelaktivitäten erfordert daher ein Programmmanagement – sozusagen einen Chefarzt, nach dem oben skizzierten Bild –, um das Gesamtziel nicht aus den Augen zu verlieren. Der Bauplan der künftigen IT-Fabrik mit der System- und Netzarchitektur wird in einer ersten Version in Abstimmung mit den Anwendungsbereichen der HZD gerade erstellt. Ich gehe davon aus, dass wir diesen Bauplan über die Jahre mehrfach aktualisieren müssen. INFORM: Haben Sie sich Erfolgsfaktoren gesetzt? Dr. Triller: Der wichtigste Erfolgsfaktor ist für mich die Kundenzufriedenheit. Wir gehen davon aus, dass diese durch die neuen Rechenzentrums-Strukturen steigen wird. Das Kundenmanagement als unser Seismograf wird uns darüber fortlaufend Auskunft geben. Daneben messen wir natürlich – wie bereits jetzt – weiter fortlaufend die Verfügbarkeit, die Servicelevel-Einhaltung und Antwortzeiten der Systeme. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist die Senkung der Produktionskosten, den wir mit den vorhandenen Instrumenten im SAP aber auch mit einem speziell entwickelten Fachleistungscontrolling messen können. Die Wirtschaftlichkeit muss im Zeitalter der Schuldenbremse ständig erhöht werden. Last but not least ist die Mitarbeiterzufriedenheit für uns ganz entscheidend. Die neuen Rollen und Aufgaben müssen angenommen und als persönliche Bereicherung angesehen werden. Da die Themen alle sehr spannend und anspruchsvoll sind, bin ich mir sicher, dass wir auch dieses Ziel erreichen werden – zumindest nach der anstrengenden Zeit des Übergangs von der jetzigen DV-Manufaktur zur IT-Fabrik. Die Fragen stellte Birgit Lehr, HZD HZD-MAGAZIN Dr. Harald Wegner, HZD INSPIRATION – DAS NEUE GEODATEN ONLINE Überführung des Systems / Verbesserung der Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit Das E-Commerce-Verfahren „Geodaten online“ der Hessischen Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation (HVBG) läuft in einer neuen Version. Seit Ende 2011 hat die HZD das Migrationsprojekt1 der HVBG begleitet. Im Rahmen dieses Projekts wurde der Geodatenserver nach INSPIRATION überführt. XX Schwerpunkte der HZD-Unterstützung im Migrationsprojekt waren der Aufbau einer neuen Systemumgebung sowie die Betriebseinführung der neuen Software für das Verfahren. Diese Unterstützungsleistungen mündeten in den termingerechten Start des produktiven Betriebs des Verfahrens am 14. Mai 2013 im Rechenzentrum der HZD. Ziele Geodaten online – seit 2004 im Einsatz U pgrade der Smallworld-GIS-Anwendungen auf die neue Version CST 4.2 Das Verfahren Geodaten online blickt auf eine mehrjährige Tradition zurück. Die erste Version startete bereits Ende 2004 und war bis Ende 2009 in Betrieb. Geodaten online ist über das Internet unter www.gds.hessen.de aufrufbar (Abb. 1, S. 36). Kunden der HVBG können über diese Seite Produkte beziehen. Die Seite hat sich durch die Migration vom Äußeren und von den Funktionen her auf den ersten Blick kaum verändert. Neben der Shop-Funktion hat Geodaten online auch die Funktion einer Produktionsdatenbank bzw. eines Datenservers für die Geobasisdaten der HVBG. Schon die Vorgängerversion von Geodaten online war ein komplexes System, das auf den Softwareprodukten Intershop Enfinity2, Smallworld GIS3 und Oracle4 basierte. Es wurde als Test-, Referenz- und Produktionssystem auf fast 100 Servern in der HZD betrieben. Für das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) und das Amtliche Topographisch-Kartographische Informationssystem (ATKIS) der Hessischen Vermessungsverwaltung ist das Verfahren Geodaten online mit INSPIRATION die zentrale Datenhaltungskomponente sowie die Auskunfts- und Präsentationskomponente. Darüber hinaus werden in dem System ab 2014 auch die Daten der Festpunkte der Landesvermessung (AFIS5) vorgehalten bzw. vertrieben. Die Migration von Geodaten online hatte folgende Ziele: Überführung des Geodatenservers nach INSPIRATION A ktualisierung der Fachschale ALKIS zur Unterstützung der GeoInfoDok 6.0.1 E insatz von deegree6 für die Bereitstellung von Navigationsdiensten (im Shop) Migration der Shop-Software auf Intershop Enfinity Suite 6.2 Migration der Datenbank-Software auf Oracle 11g Vereinheitlichung der Linux-Systeme auf Novell SLES11 V ereinheitlichung der Windows-Systeme auf Microsoft Windows 2008 Server V erbesserung der Ausfallsicherheit wichtiger Komponenten (Datenbank-Server, Dienste-Server, NavigationsServer, Web-Server, Shop-Server) V erbesserung der Skalierbarkeit und Verfügbarkeit von Systemkomponenten durch Virtualisierung Neben der Anpassung der verwendeten Software auf aktuelle Versionen hatte die Migration somit auch das wesent- 1 GID6 „Migration des Geodatenservers DHK/APK zur Unterstützung der GeoInfoDok 6.0.1“ / 2 Shop mit Storefront und Backoffice / 3 Geographisches Informationssystem / 4 Relationales DatenbankManagementsystem / 5 AFIS Amtliches Festpunkt Informations system / 6 Es handelt sich hierbei um Open Source INFORM 3/13 35 HZD-MAGAZIN sind auch Systeme (SIPGIS8- und Geo-Webdienste-Server9) zu finden, die nicht zu INSPIRATION, aber zum Verfahren Geodaten online gehören und in dessen Systeminfrastruktur untergebracht sind. Diese Systeme liefern wichtige HVBGDienste, beispielsweise Unterlagen für die Vermessungsstellen und die Navigationsdaten für den Shop von Geodaten online. Vorbereitungen zur Betriebsaufnahme Abb.1: Storefront Geodaten online Schon früh bezog die HVBG die HZD in die Projektplanung mit ein. Dabei konnte die HZD ihre Erfahrungen aus mehreren Jahren Betrieb des Vorgängersystems einbringen. Somit konnten gezielt bekannte Schwachstellen angesprochen und weitestgehend abgestellt werden. Zur Vorbereitung der Betriebseinführung durch die HZD gehörten u. a.: Abstimmung und Review der Spezifikation P lanung und Aufbau der Extranetzone im Rechenzentrum Mainz Beschaffung, Bereitstellung und Einrichtung der Systeme Installation, Konfiguration und Qualitätssicherung der Software Abb. 2: Systemübersicht Geodaten online liche Ziel, die Verfügbarkeit und die Ausfallsicherheit von Geodaten online insgesamt zu erhöhen bzw. deutlich zu verbessern. Aufbau von Infrastruktur und Systemen Aufgrund der beengten Raumsituation im HZD Rechenzentrum in Wiesbaden und den sich abzeichnenden Systemanforderungen für das neue Geodaten online wurde im Projektverlauf deutlich, dass die neuen Komponenten im neuen Rechenzentrum in Mainz untergebracht werden sollen. Für den Aufbau und die netztechnische Anbindung der neuen Systeme wurde in Mainz dazu eine moderne Infrastruktur in Form einer neuen, sogenannten Extranetzone geschaffen. Nur durch dieses Vorgehen war es möglich, die gut 100 Server für Test-, Referenz- und Produktionssystem im geplanten Zeitraum unterzubringen und netzwerktechnisch optimal anzubinden. Der größte Teil der Server wurde auf HZDStandardplattformen7 virtualisiert. Nur die Datenbank- und Shop-Server wurden als eigenständige physikalische Server aufgesetzt, um den Anforderungen der darauf betriebenen Standardsoftware gerecht zu werden. Geodaten online wird auf einer Infrastruktur mit einer hohen Komplexität und einer Vielzahl von Rechnern betrieben. Mit Ausnahme der Datenbank-Server und dem Netapp-Fileserver werden Linux SuSe 11 und Windows 2008 Server als Betriebssysteme eingesetzt (s. Abb. 2). In dieser Umgebung 36 INFORM 3/13 D efinition, Vorbereitung und Durchführung betrieblicher Tests Einrichtung von Systemüberwachungen Einrichtung von Datensicherungen E inrichtung sicherheits- und netzwerktechnischer Firewall-Freischaltungen Fazit Aufgrund der frühzeitigen Einbeziehung in das HVBG-Projekt konnte die HZD mit zahlreichen betriebsvorbereitenden Maßnahmen entscheidend zum termingerechten Start des neuen Geodaten online beitragen. Betriebsvorbereitende Maßnahmen tragen dazu bei, ein Projekt bis zum Betriebsstart als Verfahren so zu begleiten, dass ein termingerechter Betriebsstart gelingt. So kann die HZD von Beginn an einen stabilen und zuverlässigen Betrieb eines Verfahrens sicherstellen, der Kunden und Anwender zufriedenstellt. Dr. Harald Wegner Anwendungsmanagement [email protected] Zentrale Virtualisierungsplattform der HZD auf Basis von VMWare vSphere Clustern / 8 Das Digitale Rissarchiv der HVBG / 9 Webbasierte Karten und Verortungsdienste 7 HZD-MAGAZIN Horst Kiehl, HZD BRÜCKE ZWISCHEN PROJEKT UND KUNDE HessenPC – Teilprojekt Rollout Mit dem HessenPC wird die Standardisierung und Zentralisierung verschiedener IT-Dienstleistungen – verbunden mit einer vereinfachten Abrechnung – im Land Hessen weiter vorangetrieben. Fragen der Kunden, die mit der aktuell laufenden Erweiterung im Zusammenhang stehen, bearbeitet und beantwortet das HZD-Teilprojekt-Team „Rollout“ unter Leitung von Dr. Martina Murrmann. XX Betrachtet man die bisherige IT-Ausstattung der Landesverwaltung insgesamt, so ergibt sich ein erstaunlich heterogenes Bild: H ardware aller Altersstufen und Leistungsklassen: zum Teil gekauft, zum Teil geleast, zum Teil aus Beständen anderer Dienststellen übernommen S oftware wurde zum Teil individuell gekauft, zum Teil über Volumenlizenzen beschafft – in vielen Fällen ohne Software-Assurance, und hier und da auch mit schwer zu führendem Nachweis einer korrekten Lizenzierung Z entrale Software-Verteilung und Client-Management auf Basis unterschiedlicher Systeme, Paketierung identischer Software in leicht unterschiedlicher Weise an mehreren Stellen Um den Übergang zum HessenPC für die Dienststellen so einfach wie möglich zu machen, klärt das Rollout-Team die Anforderungen und Rahmenbedingungen individuell mit jedem Kunden und erstellt gemeinsam mit ihnen den geeigneten Ablauf für den ersten Hardware-Austausch und die Migration auf die Zentrale Betreiberplattform (ZBP). INFORM 3/13 37 HZD-MAGAZIN »Ziele sind, die Anzahl der Termine für den Austausch der PCs möglichst gering zu halten sowie den Hardware-Rollout und die Migration auf die Zentrale Betreiberplattform zu harmonisieren.« Dr. Martina Murrmann ANSPRECHPARTNERIN ROLLOUT Dr. Martina Murrmann E-Mail: [email protected] Telefon: 0611 340-1990 Dabei gilt es folgende Parameter im Blick zu behalten: Am 8. April 2014 läuft der Support für Windows XP aus Ressourcen- und Terminplanung D er Zeitpunkt für den Austausch der Hardware muss in Abhängigkeit von der Altersstruktur der vorhandenen Geräte gewählt werden Parallel zur Umstellung auf einen künftig im vierjährigen Rhythmus wiederkehrenden Hardware-Austausch steht auch die Einführung der ZBP an. Sie ist das operative Herzstück der gegenwärtigen Erweiterung, weil erst durch sie die Möglichkeit besteht, die PC-Arbeitsplätze der gesamten Landesverwaltung mit einer bisher nicht erreichten Effizienz zu managen. Die Umstellung auf eine neue ZBP ist ein komplexes und zeitaufwändiges Vorhaben, da die Prozesse bei den Kunden nur minimal beeinträchtigt werden dürfen. Nach aktuellen 38 INFORM 3/13 Planungen wird der Großteil der Migrationen in den Dienststellen auf die neue ZBP im Jahr 2016 abgeschlossen sein. Aus rein technischer Sicht kann der Hardware-Austausch in den Dienststellen und deren Migration auf die ZBP dabei zeitlich unabhängig voneinander vorgenommen werden. Im Interesse der Kunden versucht das Rollout-Team die Reihenfolge der beiden Vorgänge (erst Hardware-Austausch / erst Migration auf die ZBP / beides parallel) so aufeinander abzustimmen, dass diese möglichst reibungslos erfolgen. Der Umstieg von Windows XP auf Windows 7 macht es darüber hinaus erforderlich, die Lauffähigkeit der Fachanwendungen auf der neuen Betriebssystemversion sicher zu stellen („Windows 7 Readiness“). Die dazu erforderlichen Aktivitäten laufen derzeit bei vielen Kunden – ein Umstieg auf Windows 7 ist für diese Kunden aber erst nach Erreichen der „Readiness“ möglich. Mit dem HessenPC ist langfristig ein deutlicher Effizienzgewinn verbunden. Unannehmlichkeiten während der Umstellungsphase versucht die HZD in enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden so gering wie möglich zu halten. Horst Kiehl Produktmanagement HessenPC [email protected] IT IN BUND UND LAND NSA-SPIONAGEAFFÄRE Interview mit Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Hessischer Datenschutzbeauftragter INFORM: Provokant gefragt: Brauchen wir in Hessen überhaupt noch einen Datenschutz, wenn die Daten sowieso jahrzehntelang umfassend und systematisch abgegriffen wurden, wie es jetzt im Zusammenhang mit dem amerikanischen Spähprogramm PRISM in den Medien dargestellt wird? Ronellenfitsch: Wir brauchen den Datenschutz mehr denn je. Die sogenannte Datenspionageaffäre ist in erster Linie ein Kommunikationsproblem. Die Behörden der Vereinigten Staaten verhalten sich naturgemäß im Einklang mit ihrem ei genen Rechtssystem und haben offenbar gar nicht erkannt, dass sich die rechtliche Situation in Deutschland hiervon fundamental unterscheidet. Für die Amerikaner sind Daten zunächst einmal Waren und dem öffentlichen Markt zugängliche Informationen. Und es soll nach deren Meinung grundsätzlich die Freiheit bestehen, diese Informationen zu ermitteln und zu verwerten. Bei uns hingegen herrscht die Auffassung, Daten gehören demjenigen, über den sie gesammelt wurden. Aufgabe der Datenschutzbehörden in Deutschland ist es, für einen höheren Bekanntheitsgrad des deutschen und europäischen Datenschutzrechts zu sorgen. INFORM 3/13 39 IT IN BUND UND LAND »Ich halte mich an den Grundsatz der Datensparsamkeit.« geordneten Datenabfluss beitragen. In diesem Sinn ist auch die gemeinsame Presseerklärung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, „Geheimdienste gefährden massiv den Datenverkehr zwischen Deutschland und außereuropäischen Staaten“, vom 24. Juli 2013 zu verstehen. INFORM: Wie schützen Sie sich privat vor Datenspionage via Internet? Ronellenfitsch: Ich halte mich an den Grundsatz der Datensparsamkeit. INFORM: Gibt es Verhaltensregeln bei der Internetnutzung, die Ihrer Ansicht nach jeder beachten sollte? INFORM: Glaubt man den Medien, so kann momentan nicht ausgeschlossen werden, dass auch von hessischen Bürgern Kommunikationsdaten wie SMS, Internet-Traffic, E-Mails und Telefonate ins Ausland abgeflossen sind. Wie kann so etwas zukünftig zuverlässig verhindert werden? Ronellenfitsch: Eine „zuverlässige Verhinderung“ des Datenabflusses ins Ausland ist niemals zu 100 % sicherzustellen. Die politischen Repräsentanten der Bundesrepublik und EU sind aber gehalten, durch vertragliche Vorkehrungen mit Drittstaaten zu gewährleisten, dass der Datenabfluss in geordneten Bahnen verläuft. Beispielsweise sollte das „Safe Harbor-Abkommen“ präziser gefasst werden. INFORM: Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Datenabfluss für den Hessischen Datenschutzbeauftragten? Ronellenfitsch: Der Hessische Datenschutzbeauftragte kann nur Anregungen in vorstehendem Sinne geben und auf dem Boden der geltenden deutschen Gesetze zu einem 40 INFORM 3/13 Ronellenfitsch: Jeder sollte es ebenso halten. Aber auch Verschlüsselung nutzt in jedem Fall. Allerdings braucht es dazu eine sogenannte Kritische Masse; denn wenn nur eine ganz kleine Minderheit verschlüsselt, dann machen diese sich verdächtig, dann wird man versuchen, diese zu entschlüsseln. Je mehr sich aber auf diese Weise schützen, umso aufwendiger und schwieriger ist es, diese Informationen auszuwerten. INFORM: Müssen wir mehr in die Informationssicherheit und den Datenschutz investieren als bisher? Ronellenfitsch: Auf jeden Fall. Insbesondere soll die Verfügbarkeit über essentielle Infrastruktureinrichtungen im EDVBereich in Händen der deutschen Staatsgewalt verbleiben. INFORM: Vielen Dank für dieses Gespräch. Die Fragen stellte Friederike van Roye, HZD SERVICE Dr. Peter Mayer, HZD SHAREPOINT – WEIT MEHR ALS EINE DATEIABLAGE Konfigurationsmöglichkeiten und Anwendungsentwicklungen SharePoint ist vielen als Dokumenten-Management-System bekannt, z. B. für die Projektdokumentation oder in Abteilungs-, Referats- und Bereichsteamräumen. Ich möchte Ihnen in diesem Artikel eine zweite Nutzungsmöglichkeit von SharePoint zeigen: Die Konfiguration bzw. Entwicklung von Anwendungen. XX Die Anwendungsentwicklung mit SharePoint hat einige Vorteile: Sie können einen bestehenden Teamraum als Basis nehmen und je nach Anforderungen und Vorkenntnissen diesen durch eine Konfiguration erweitern. Ein SharePointTeamraum bringt viele Funktionen mit, u. a. eine eigene Berechtigungsverwaltung und viele Oberflächenelemente. Komplexe Anforderungen können über eine Software-Entwicklung abgedeckt werden. Wann ist aus Anwendersicht die Entwicklung mit SharePoint sinnvoll? inrichten von Workflows: Viele Anforderungen können E über die bereits von SharePoint mitgelieferten und vorhandenen Workflows abgedeckt werden, z. B. einfache und papierlose Genehmigungen von Formularen und Anträgen aller Art, die die Abstimmung von Protokollen und Dokumenten mit mehreren Personen oder Informationen nach einer festgelegten Reihenfolge verteilen. Umfangreichere Workflows, die mehrstufige Genehmigungen oder Verzweigungen abbilden, sind über eine Software-Entwicklung umsetzbar. Aus Anwendersicht können u. a. die nachfolgenden Anforderungen über Konfiguration oder Software-Entwicklung abgedeckt werden: D ie Erfassung und Verwaltung von Daten: Daten werden angelegt, gelesen, geändert und gelöscht. In der Fachsprache sind das CRUD-Anwendungen, für Change, Read, Update und Delete. Die Beispiele dafür reichen von einer einfachen Abwesenheits- oder Aufgabenliste bis zu komplexen und umfangreichen Erfassungsmasken mit vielen Eingabefeldern und gegenseitigen Abhängigkeiten. Ein Beispiel aus der Praxis: Die Erfassung der offenen Stellen im Land Hessen wird in SharePoint durchgeführt und danach im Mitarbeiterportal veröffentlicht. Abb.1: Ausschnitt einer Maske zum Einrichten eines Workflows INFORM 3/13 41 SERVICE Ein sehr einfaches Praxisbeispiel ist die Vor- und Nachbereitung von regelmäßigen Sitzungen. Eine Vorlage für die Sitzung wird in einem Teamraum abgelegt und per Workflow werden die Teilnehmer vor dem Termin um Beiträge gebeten. Während der Sitzung wird die Vorlage ergänzt. Im Idealfall entfällt die Nachbereitung der Unterlagen. Abb.1, S. 41 zeigt die Einrichtung eines solchen Workflows. S chreib- und Löschschutz: Ein anderes, komplexeres Beispiel ist die Einführung eines Schreib- und Löschschutzes für abgeschlossene Dokumente in SharePoint: Nach der IT-Dokumentationsrichtlinie für Projekte dürfen abgeschlossene Dokumente nicht mehr verändert werden. Das wird durch einen speziell dafür entwickelten Workflow sichergestellt. Dieser setzt ein solches Dokument auf eine Hauptversion und sperrt es zeitgleich für eine weitere Verarbeitung. In diesem Fall kann nur noch lesend auf das Dokument zugegriffen werden. Dieser Schreib- und Löschschutz ist inzwischen nicht nur für Projektdokumente verfügbar. D ie Standard SharePoint-Funktionen können erweitert werden, beispielsweise um gesetzliche und fachliche Rahmenbedingungen zu erfüllen. Ein Praxisbeispiel ist die Vorgesetztenrückmeldung in Hessen: Weil die SharePoint-Standardumfragen die Anforderungen des Datenschutzes an Umfragen mit höchst vertraulichen Daten nicht erfüllten, veränderte die HZD die Konfiguration der Standardumfrage, so dass die Anonymität an keiner Stelle – auch nicht von den Systemadministratoren - aufgehoben werden kann. Es erfolgt sofort eine Trennung der Teilnehmer- und Antwortenliste und die Daten werden zusätzlich in willkürlicher Reihenfolge per Zufallsmechanismus abgelegt. Anderes Beispiel: Suchfunktionen. SharePoint-Inhalte können über die SharePoint-Standard-Suche gefunden werden oder über eigens für einen speziellen Zweck konfigurierte Suchfunktionen. So gibt es z. B. eine Suchfunktion, die nach 42 INFORM 3/13 freien Plätzen in den Tagungsstätten des Landes Hessen sucht (siehe auch INFORM 4/12). Die Tagungsstätten selbst präsentieren sich in einem Teamraum, in dem auch die freien Kapazitäten hinterlegt sind. Drittes Beispiel: Zusammenfassung und Auswertung von Daten. Über verschiedene Mechanismen ist es möglich SharePoint-Listen mehrerer Teamräume oder mehrerer Datenquellen zusammenzufassen und auszuwerten. Solche dezentral erfassten und zentral aufbereiteten Listen sind u. a. für Flächenverwaltungen interessant. Die Datenquellen müssen nicht unbedingt in SharePoint-Teamräumen liegen. Vor SERVICE S ie haben Teamräume im Einsatz und die vorgesehenen Anforderungen werden bereits teilweise durch diese abgedeckt. S ie haben bereits Microsoft-Technologien wie .Net oder SQL Server im Einsatz. Innerhalb der Domaine ITSHESSEN soll die gewünschte Anwendung über einen Browser bedient werden, ohne dass eine erneute Anmeldung in der Anwendung nötig ist. D ie Anwendung soll eine unabhängige Berechtigungsverwaltung, ggf. mit AD-Gruppen bzw. SharePoint-Gruppen besitzen. D ie Anwendung soll mit Office-Dokumenten zusammenarbeiten. Excel-Listen sollen verarbeitet oder aggregiert werden. E ine dezentrale Administration wird gewünscht, viele Nutzer können Beiträge einstellen. Wo finden Sie weitere Informationen? Auf unserer Produktseite finden Sie eine Liste von Verfahren, die in Hessen im SharePoint umgesetzt wurden: Zentrales Mitarbeiterportal > Verwaltungsmodernisierung > E-Goverment > MOSS > Links: SharePoint Produktseite einigen Jahren wurde auf diese Art eine Umfrage an allen hessischen Schulen zum Krankenstand während der Schweinegrippe durchgeführt. Die freitags erfassten Wochenmeldungen der einzelnen Schulen standen am Montagmorgen zusammengefasst dem Kultusministerium zur Verfügung. Wann ist aus technischer Sicht die Entwicklung mit SharePoint sinnvoll? Aus technischer Sicht ist SharePoint bei folgenden Rahmenbedingungen und Anforderungen interessant: Wenn Sie sich ausführlicher über die vielfältigen Möglichkeiten informieren möchten, die sich auf Basis von SharePoint umsetzen lassen, können Sie sich gerne an mich wenden. Dr. Peter Mayer DMS, SharePoint Produkte, Services [email protected] INFORM 3/13 43 SERVICE Detlef Bartel, HZD MS WORD Kopf- und Fußzeilen gestalten XX Hat ein Dokument mehrere Seiten, kann es hilfreich sein, Kopf- und Fußzeilen einzufügen. Was auf den ersten Blick recht einfach erscheint, hat schon so manche Word-Anwen der schier zur Verzweiflung gebracht. Letztlich liegt das daran, dass Word ausgesprochen viele Möglichkeiten bietet, Dokumente im Kopf- und Fußbereich nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ein Beispiel Im Normalfall besteht ein einfaches, langes Dokument aus Titelseite, Inhaltsverzeichnis und Textteil. Als Beispiel für die vielseitige Einsetzbarkeit von Kopf- und Fußzeilen wählen wir folgendes Szenario: In einem beliebigen Dokument mit obigem Aufbau sollen erst ab dem Textteil Seitenzahlen eingefügt werden, Titel und Inhaltsverzeichnis bleiben ohne Seitenzahlen. Dafür muss das Dokument zunächst in zwei Abschnitte geteilt werden. Stellen Sie die Schreibmarke vor den ersten Buchstaben des Textteils. Anschließend wechseln Sie in die Registerkarte „Seitenlayout“, dort zu „Umbrüche“ (Abb. 1) Abbildung 1 44 INFORM 3/13 und klicken unterhalb von „Abschnittsumbruch“ auf „Nächste Seite“. Der Abschnittsumbruch steht nun zwischen Inhaltsverzeichnis und dem Beginn des Textteils. Nun können Sie die Kopf- und Fußzeilen bearbeiten. Durch das Einfügen des Abschnittsumbruchs haben Abschnitt 1 (Titelseite und Inhaltsverzeichnis) und Abschnitt 2 zunächst die gleiche Einstellung, das heißt: Seitenränder, Ausrichtung und auch die Einstellungen für die Kopf- und Fußzeilen sind identisch. Seitenzahl in Fußzeile Um die Seitenzahl im Textteil einzufügen, müssen Sie als erstes den Cursor auf die erste Seite des Textteils stellen und dann die Registerkarte „Einfügen“ anwählen. Wählen Sie für unser Beispiel „Fußzeile“ (Abb. 2) und wählen einen der vorgegebenen Vorschläge aus oder gehen auf Fußzeile bearbeiten – damit bekommen Sie eine leere Fußzeile, in die Sie im einem späteren Schritt die Seitenzahl einfügen können. In der Menüleiste erscheint nun die Registerkarte „Kopfund Fußzeilentools – Entwurf“. Sie gibt an, dass die Fußzeile in diesem zweiten Abschnitt mit dem vorherigen verbun- Abbildung 2 SERVICE Abbildung 3 Abbildung 4 den ist: in der Menüleiste ist die Funktion „Mit vorheriger verknüpfen“ aktiviert (Abb. 3) und in einem blauen Kästchen am oberen Rand der Fußzeile steht „wie vorherige“. Deaktivieren Sie diese Funktion durch Anklicken in der Menüleiste (Abb.3, der Cursor steht dabei in der Fußzeile der ersten Seite des zweiten Abschnitts). Andernfalls blieben die beiden Abschnitte miteinander verknüpft und die Seitenzahlen würden auch auf dem Titel und im Inhaltsverzeichnis eingefügt. Jetzt können Sie über den Button „Seitenzahl“ ihre Seitenzahl in die Fußzeile in Abschnitt 2 einfügen. (Abb. 4) Die Seitenzahl im Textteil beginnt mit „3“. Sie möchten aber, dass er mit „1“ beginnt. Wählen Sie dafür unter „Seitenzahl > Seitenzahl formatieren“ „Beginnen bei“ und dann „1“. Natürlich können Sie Ihre Kopf- und Fußzeilen entsprechend diesem Schema auch mit Texten, Clip-Arts oder Logos versehen. Fortgeschrittene können dort auch mit Feldern arbeiten (siehe Tipps und Tricks INFORM 1-13) Zum Schluss noch ein Tipp: Legen Sie nicht zu viele QuickSteps an, das wird sonst schnell unübersichtlich. Gerade und ungerade Seiten Genau wie in verschiedenen Abschnitten, können Sie auch Kopf- und Fußzeilen rechter und linker Seiten unterschiedlich gestalten und außerdem bestimmen, ob die erste Seite eines Abschnitts anders aussehen soll als die übrigen. Klicken Sie dafür in der Registerkarte „Seitenlayout > Seite einrichten “ auf den blauen Pfeil und wählen die Registerkarte „Layout“ (Abb. 5). Probieren Sie es in Ihrem Testdokument an der Kopfzeile aus. Bearbeiten Sie zuerst in Abschnitt 2 die Kopfzeile und setzen das Häkchen bei „gerade/ungerade Seiten anders“. Das Kästchen bei „erste Seite anders“ lassen Sie leer. Achtung: Die Kopfzeilen des Abschnitts 1 und 2 sind noch miteinander verknüpft. Die Verknüpfungen müssen sowohl für die geraden als auch die ungeraden Seiten einzeln wieder deaktiviert werden. Jetzt können Sie auf der ersten ungeraden Seite des Abschnittes einen Text eingeben. Er Abbildung 5 wird auf allen ungeraden Seiten des Abschnittes 2 erscheinen. Geben Sie analog einen anderen Text auf der ersten geraden Seite von Abschnitt 2 ein. Sie werden feststellen, dass die Seitenzahlen auf den geraden Seiten Ihres Textes noch nicht vorhanden sind. Dazu müssen Sie auf der ersten geraden Seite Ihres Textes in der Fußzeile wieder zuerst die Verknüpfung aufheben. Danach können Sie auch hier die Seitenzahl wie oben beschrieben einfügen. In Abschnitt 1 können Sie anschließend im Seitenlayout (Abb. 5) den Haken auf „erste Seite anders“ ausprobieren. Das Kästchen bei „gerade/ungerade Seiten anders“ lassen Sie leer. Wenn Sie jetzt z.B. „Inhaltsverzeichnis“ in der Kopfzeile auf der zweiten Seite eingeben, wird die Titelseite in der Kopfzeile leer bleiben. Fazit Kopf- und Fußzeile gehören zu den Grundfunktionen jeder Textverarbeitung. Die Logik in Word ist zum einen nicht einfach zu verstehen und zum anderen auch nicht einfach zu handhaben. Sind in einem Dokument die Kopf- und Fußzeilen noch nicht so, wie Sie es gerne hätten, dann können Sie diese manuell ändern. Beginnen Sie dafür am Ende des Dokuments und arbeiten Sie sich an den Anfang vor. Detlef Bartel KONSENS-I-Dialog und Bewertung zuständig für Word-Automation [email protected] INFORM 3/13 45 INS LAND GESCHAUT Birgit Lehr, HZD DIE MITTE DER BESATZUNGSZONEN Im hessischen Bad Arolsen arbeiten das Sonderstandesamt und der International Tracing Service die deutsche Vergangenheit auf Das Sonderstandesamt und der International Tracing Service (ITS, Internationaler Suchdienst) beschäftigen sich unter anderem mit der Aufarbeitung des Holocaust. Bei der Beurkundung von Todesfällen in den Konzentrationslagern kooperieren sie. Im Juni dieses Jahres hat die UNESCO die Original dokumente und Zentrale Namenkarte des ITS in das Register des Weltdokumentenerbes „Memory of the World“ aufgenommen. 46 INFORM 3/13 INS LAND GESCHAUT Bild oben: Im Archiv des ITS befinden sich über drei Millionen Korrespondenzakten zum Schicksal von NS-Verfolgten. Es handelt sich um Anfragen von Opfern, Familienangehörigen, Anwälten und Behörden. Bild linke Seite: Zentrale Namenkartei des ITS mit 50 Millionen Hinweisen zum Schicksal von 17,5, Millionen Opfern der NS-Verfolgung XX Standesbeamte beurkunden von Gesetzes wegen Gebur ten, Ehen und den Tod von Personen. Das Sonderstandesamt in Bad Arolsen kümmert sich ausschließlich um Todesfälle von Häftlingen der ehemaligen deutschen Konzentrationslager. „Diese wurden – wenn überhaupt – durch ehemalige Lagerstandesämter oder Standesämter vor Ort beurkundet. Für die vielen Fälle, für die keine Beurkundung erfolgte, sind wir zuständig“, erklärt Siegfried Butterweck, seit 1982 Standesbeamter im Sonderstandesamt Bad Arolsen, eine nachgeordnete Behörde des Hessischen Innenministeriums. Rückblick: Als die Alliierten 1943 den Ausgang des Krieges näher rücken sahen, stellten sie genauere Erhebungen über die Situation der Inhaftierten, Zwangsarbeiter und Flüchtlinge in Mitteleuropa an. Diese Aufgabe übertrugen sie den Supreme Headquarters Allied Expeditionary Forces, die ab dem 15. Februar 1944 ein Zentrales Suchbüro einführten. Der Standort folgte der Front: von London nach Versailles und nach Frankfurt am Main. Im Januar 1946 wurde das Zentrale Suchbüro nach Arolsen verlegt, da die nordhessi- sche Kleinstadt in etwa im geografischen Mittelpunkt der damaligen vier Besatzungszonen lag und darüber hinaus über eine intakte Infrastruktur verfügte. Drei Jahre später, am 1. September 1949, wurde auf Anregung des ITS das Sonderstandesamt eingerichtet, das seit 1951 bundesweit tätig ist. „Angehörige und Nachfahren aus der ganzen Welt, Behörden und Ämter von München bis Hamburg, von Köln bis Berlin fragen bei uns an“, so Siegfried Butterweck. Er erläutert: „Anfangs ging es mehrheitlich darum, den Nachweis beispielsweise für Renten- oder Erbansprüche, Entschädigung oder Wiedergutmachung zu bringen. Heute, nach fast 70 Jahren, hat die Enkel-Generation ein anderes Anliegen: Sie möchte vor allem die Familiengeschichte aufarbeiten.“ Siegfried Butterweck und sein Kollege Karl Moissl sowie die beiden standesamtlichen Mitarbeiter Jan Schulze und Elisabeth Welteke bearbeiten 2.000 bis 3.000 Fälle im Jahr. Um eine Sterbeurkunde ausstellen zu können, finden sie den Nachweis über den Tod in einem Konzentrationslager im Archiv des ITS. Fehlende Angaben über Geburt, Familien INFORM 3/13 47 INS LAND GESCHAUT Totenbücher aus dem Konzentrationslager Gross-Rosen stand oder Wohnort werden europaweit ermittelt. „Seit Jahrzehnten arbeiten wir gut und eng mit dem ITS zusammen“, bestätigt der Standesbeamte. Der ITS stellt gleichzeitig aber auch das Gros der Anfragen. „Für die Familienangehörigen der Ermordeten bedeutet es sehr viel, Gewissheit über die Verfolgung und die Umstände des Todes zu erlangen. Wir durchforsten unser Archiv nach allen Informationen, die wir zum Schicksal der einzelnen Opfer finden können. Diese geben wir an das Sonderstandesamt weiter, die sie vervollständigen bzw. berichtigen, um dann die Sterbeurkunde auszustellen“, so Kathrin Flor, Pressesprecherin des ITS. Immer wieder gibt es aber auch Fälle, in denen weder das Sonderstandesamt noch der ITS weiterhelfen können. Über eine Million Juden wurde in Osteuropa durch Erschießungskommandos ermordet. Hierüber gab es keine namentlichen Auflistungen. Auch in den Vernichtungslagern, wie etwa Sobibor oder Treblinka, wurden keine Totenbücher geführt. Zahlreiche Dokumente aus den Konzentrationslagern gingen zudem verloren, da sie durch die SS oder Kriegseinwirkungen zerstört wurden. „Wenn es weder ein Todesdatum noch ein Grab zum Trauern gibt, ist dies für die Angehörigen häufig sehr schmerzhaft“, erklärt Kathrin Flor. „In der Regel können wir bei etwa 50 Prozent aller Anfragen Dokumente finden.“ 48 INFORM 3/13 17,5 Millionen Schicksale Der ITS dokumentiert, informiert und forscht über die national sozialistische Verfolgung, Zwangsarbeit sowie den Holocaust. Er führt Familien wieder zusammen und gibt Auskünfte aus den Dokumentenbeständen an Überlebende und Familienangehörige von Opfern. Die Suche nach Vermissten, die Schicksalsklärung sowie Auskünfte für Familienangehörige bleiben bis heute seine Hauptaufgaben. Das ITS-Archiv umfasst rund 30 Millionen Dokumente zur Inhaftierung in Konzentrationslagern, Ghettos und GestapoGefängnissen, über die Zwangsarbeit und das Schicksal der Überlebenden. Die Zentrale Namenkartei mit über 50 Millionen Hinweiskarten zu 17,5 Millionen Menschen wurde vom ITS im Laufe der Jahrzehnte aufgebaut. Sie bildet bei der Recherche nach Einzelschicksalen einen wichtigen Schlüssel zu den Dokumenten im Archiv. Im Juni dieses Jahres wurde das Archiv in das Register „Memory of the World“ der UNESCO aufgenommen. Professor Rebecca Boehling, Direktorin des ITS: „Dies ist eine große Ehre für uns und wird sicher ein noch größeres Interesse an dieser einzigartigen Sammlung über die nationalsozialistische Verfolgung hervorrufen. In unserer Verantwortung, die wir alle für die dauerhafte Wahrung dieser Dokumentensammlung tragen, INS LAND GESCHAUT Sterbebücher des Sonderstandesamtes Bad Arolsen werden wir durch die Entscheidung der UNESCO bestärkt.“ Bis vergangenes Jahr stand der ITS unter der Trägerschaft des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf. Seit 2013 ist das Bundesarchiv neuer institutioneller Partner. Ein Internationaler Ausschuss aus elf Ländern legt seit 1955 die Richtlinien für die Arbeit fest. Seit Ende 2007 ist das Archiv auch für Forschung und Bildung zugänglich. Der ITS kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden. Es finden auch Workshops, Veranstaltungen und Wanderausstellungen statt. Weitere Informationen: www.its-arolsen.org Birgit Lehr Kommunikation, Information [email protected] DIGITALISIERUNG DER ARCHIVALIEN Alle bei der UNESCO im Register „Memory of the World“ aufgenommenen Dokumente hat der ITS vollständig digitalisiert und in verschiedenen Archiven und Institutionen der elf Mitgliedsstaaten des Internationalen Ausschusses zugänglich gemacht: ITS (Bad Arolsen), Yad Vashem (Jerusalem), US Holocaust Memorial Museum (Washington), Nationales Institut des Gedenkens (Warschau), Dokumentations- und Forschungszentrum über den Widerstand (Luxemburg), belgisches und französisches Staatsarchiv sowie Wiener Library (London). Derzeit werden im ITS drei Millionen Korrespondenzakten zwischen Suchdienst, Behörden, Überlebenden der natio nalsozialistischen Verfolgung und deren Angehörigen digitalisiert und elektronisch archiviert. Rund ein Drittel der knapp 300 Mitarbeiter ist damit beschäftigt. Übrigens: Auch das Sonderstandesamt geht mit der Zeit – im Zuge der Verwaltungsmodernisierung werden Todesfälle ab kommendem Jahr elektronisch beurkundet. INFORM 3/13 49 PORTRÄT Julia Schwamberger, HZD ALAN MATHISON TURING Pioniere der Informationstechnologie, Teil 3 Alan Turing (1912–1954) ist Erfinder der gleichnamigen Maschine – ein wichtiges Rechenmodell der theoretischen Informatik. Aufgrund seines Erfolgs als Codeknacker der deutschen Chiffriermaschine Enigma hat er außerdem maßgeblich zum Sieg der Alliierten im U-Boot-Krieg während des Zweiten Weltkriegs beigetragen. XX Turing wurde am 23. Juni 1912 in London geboren. In Christopher Morcom fand der Einzelgänger Alan einen Freund und Vertrauten. Der Tod Morcoms mit nur 19 Jahren in Folge von Tuberkulose war für Turing ein schwerer Schock. Zuflucht fand er im Marathonlauf und in der Mathematik. Turingmaschine Der begabte und intelligente Turing besuchte ab 1931 das King’s College in Cambridge, wo er die Grundlagen der heutigen theoretischen Informatik in Form der Turingmaschine entwickelte. Die Turingmaschine ist ein reines Gedankenexperiment. Ihr Kernstück ist ein Band, das aus unendlich vielen nebeneinander angeordneten Feldern besteht. Darüber befindet sich ein Kopf, der diese Felder beschreiben bzw. ihren Inhalt lesen kann. Durch verschiedene Befehle wird das Band mit Zeichen beschriftet und anschließend um ein Feld nach links oder rechts verschoben. Außerdem kann die Turingmaschine verschiedene Zustände einnehmen, so dass ein konkreter Arbeitsschritt sowohl von dem jeweils gelesenen Zeichen auf dem Band als auch vom aktuellen Zustand abhängt. Die Regel „0, 1, L, 4“ bedeutet beispielsweise: Wenn im aktuellen Zustand eine 0 gelesen wird, überschreibe diese mit einer 1, bewege das Band eine Stelle nach links und gehe dann in den 4. Zustand. Ein durch solche Regeln definiertes Programm endet, wenn der Haltezustand erreicht wird. Turing wies mit seiner Maschine nach, dass man in der Mathematik nicht alles berechnen kann. Er bezieht sich dabei auf das von dem Mathematiker David Hilbert formulierte Ent scheidungsproblem. Auch eine Turingmaschine – also die Beschreibung vom Anfangszustand des Bandes und der Regeln – kann selber wieder als Eingabe für eine Turing maschine dienen. Somit kann eine Maschine – die sog. uni* Bletchley Park ist der Name eines Landsitzes in der gleichnamigen englischen Stadt etwa 70 km nordwestlich von London. Hier war der Sitz der militärischen Dienststelle, die im Zweiten Weltkrieg erfolgreich den deutschen Nachrichtenverkehr entzifferte. Heute ist in Bletchley Park das Nationale Computer-Museum Großbritanniens. 50 INFORM 3/13 verselle Turingmaschine – eine andere Maschine ausführen. Damit schuf Turing ein theoretisches Modell der heutigen Hard- und Software. Eine Turingmaschine könnte theoretisch all das leisten, was ein heutiger Computer vollbringt. Codeknacker der Enigma Während des Zweiten Weltkriegs nutzten die Deutschen zur Verschlüsselung ihrer Botschaften eine Maschine namens Enigma. Aufgrund ihrer Komplexität hielten sie diese selbst für unentschlüsselbar. Turing war zu jener Zeit einer der herausragenden Wissenschaftler bei den erfolgreichen Versuchen in Bletchley Park*. Er entwickelte mathematische Modelle, mit denen er und seine Kollegen die deutschen Funksprüche dechiffrieren konnten. Die Engländer verzeichneten daraufhin weitreichende Erfolge. Die Entzifferung geheimer deutscher Funksprüche war eine kriegsentscheidende Komponente für den Sieg der Alliierten im U-Boot-Krieg. Dass Turing als einer der wichtigsten Codeknacker mitwirkte, war bis in die 1970er Jahre geheim. Mit 40 Jahren wurde Turing aufgrund seiner Homosexualität zur „chemischen Kastration“ verurteilt. Homosexualität galt damals als Straftat. Turing wurde körperlich immer schwächer, seine Erfolge als Marathonläufer ließen nach, er litt an Depressionen. Am 7. Juni 1954 starb er. Vermutlich beging er Suizid. 2009 entschuldigte sich Großbritanniens Premierminister Gordan Brown öffentlich für Turings Verurteilung mit den Worten: „We’re sorry. You deserved so much better.“ Weitere Informationen zu Alan Turing: www.turingarchive.org Julia Schwamberger Praktikantin Kommunikation, Information [email protected] SERVICE INFORM 3/13 51 DER NEUE JAHRESBERICHT DER HZD Hessische Zentrale für Datenverarbeitung Jahresbericht 2012 Mit großem Schwerpunkt zum HessenPC Mainzer straße 29 | 65185 Wiesbaden telefon: 0611 340-0 | e-Mail: [email protected] www.hzd.hessen.de Bestellen Sie Ihr Exemplar unter [email protected] www.hzd.hessen.de [email protected]