Virtual Box

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Virtual Box
VIRTUALBOX
Virtualbox ist eine sogenannte virtuelle Maschine. Sie läuft als Programm im Host-System
und bildet softwaremäßig (virtuell) die Hardware eines einfachen Computers nach. In dieser
virtualisierten Hardware kann ein übliches Betriebssystem (Guest-System) installiert werden,
das von dieser Virtualisierung gar nichts mitbekommt. Netzwerkanschlüsse, Laufwerke usw.
werden automatisch zur Verfügung gestellt (mit den Guest-Addons).
Beim Beenden einer virtuellen Sitzung kann man entweder den aktuellen Zustand speichern
(beim nächsten Start ist alles so, wie zum Zeitpunkt des Abspeicherns) oder nur die Maschine
ausschalten (alle seit dem letzten Start getätigten Änderungen verfallen)
Unterstützte Host-Systeme: Linux, Apple OSX, Windows. In Linux läuft Virtualbox perfekt, in
Windows treten gelegentliche Probleme (Abstürze) auf, doch selten.
Unterstützte Guest-Systeme: DOS, alle Windowsversionen, alle Linuxe, viele Unixarten,...
Eigentlich alles, was man so auf seinem Rechner installieren könnte.
Mögliche Probleme: VirtualBox bildet eine sehr simple Grafikkarte der Firma Cirrus nach. Die
Grafikbeschleunigung in 2D und 3D ist damit nicht gut möglich. Die Simulation etwa einer
modernen NVIDIA- oder IBM-Grafik ist aus lizenzrechtlichen Gründen unmöglich, da diese
Firmen das Verbreiten ihrer Treiber durch dritte untersagen. Zahlreiche Distributionen schalten
auch in einen 'Primitivmodus' zurück, wodurch nicht die gesamte Bildschirmfläche ausgenützt
werden kann.
Der Zugriff auf USB-Sticks aus der VM ist mit Vorsicht durchzuführen. Windows als Host
versucht immer wieder, selbst Kontrolle über das Gerät zu bekommen und kann dadurch den
darauf befindlichen Daten übel mitspielen.
Alternativen: der Linux-Kernel ist schon lange für Virtualisierung vorbereitet. QEMU und KVM
starten Fremdsysteme direkt von der Kommandozeile aus. Dazu muss man allerdings erst die
Dokumentationen lesen.
Anwendungen:
•
Ausprobieren anderer Betriebssysteme. (Für dauerhafte Windows-Nutzung ist eine
Lizenz nötig, zum Ausprobieren genügt auch der 30 tägige Test-Spielraum.)
•
Was wäre wenn: Was passiert, wenn ich in Windows den Ordner 'system32' zu löschen
versuche oder C: formatiere? Wie funktioniert das Partitionieren von Festplatten? All
diese Fragen kann man sorgenfrei experimentell klären, wenn man danach die VM ohne
zu speichern beendet.
•
Ausführen von Programmen, die es nur in anderen Betriebssystemen gibt. Um etwa MSOffice in Linux zu haben, kann man eine Windows-Maschine in VirtualBox einrichten und
in ihr Office installieren (anders als in 'Wine', das nur die Windows-Systemaufrufe
nachbildet).
•
Ausführen von Programmen um sie zu testen. In Windows hinterlässt die Deinstallation
eines Programms einigen Datenmüll, der schwer aufzufinden ist und im Lauf der Zeit
das System lähmt. Das Abschalten der virtuellen Maschine entfernt jede Spur.
•
Gefahrenloses Surfen. Auch wenn das virtuelle Windows einen Virus einfangen sollte –
mit dem Abschalten der Maschine ist er vernichtet. Achtung: das gilt nicht für ganz tief
ansetzende Viren und Trojaner, die direkt über TCP/IP arbeiten – das Hostsystem leitet
die Informationen von der echten Netzwerkkarte zur virtuellen weiter und kann so
direkt angegriffen werden. Die ist aber nicht der 'Normalfall' einer Verseuchung.
•
Was nicht geht: Programme, die auf direkte Hardwareanbindung mit maximalem
Durchsatz angewiesen sind: Für Videobearbeitung und schnelle 3D-Spiele ist die VM zu
schwach, für Musikproduktion fehlt die Echtzeithardware (ASIO,...). Auf
Spezialhardware (Video, Audio,...) kann nicht zugegriffen werden.
VirtualBox
Wolfgang Urban HIB
3/2014
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Installation:
(Ein ausführliches Handbuch kann man bei Oracle herunterladen.)
In Linux ganz einfach: Softwaremanager, VirtualBox suchen und inklusive Extensionpacks
installieren. Falls weitere Benutzer die VB mit allen Erweiterungen benutzen dürfen, müssen sie
der beim Installieren erzeugten Gruppe vboxusers hinzugefügt werden (sudo usermod -a -G
vboxusers benutzername).
Für Apple genauso einfach.
In Windows: Programm von Oracle herunterladen. Mit Administratorrechten starten und in ein
Verzeichnis installieren, die mehrfachen Fragen zur Genehmigung einer Treiberinstallation
abnicken (VB muss die Netzwerkkarte kontrollieren dürfen, den USB-Verkehr umlenken dürfen
usw.).
Außerdem sofort das ebenfalls zu ladende Expansionpack ausführen (USB-2 support,...).
Dann als Admin starten und bei den Einstellungen den Speicherort der virtuellen Maschinen
festlegen. Am besten in ein Unterverzeichnis auf einem anderen Laufwerk mit viel Platz
(mehrere GB pro Maschine). Alles weitere kann man dann als Normalbenutzer tun.
Tip: Ich lege drei Verzeichnisse an: eines für die ISO-Dateien der zu installierenden Systeme,
eines für die Virtuellen Maschinen, die von VB erzeugt werden, eines als Austauschverzeichnis
(Zugriff von Gost UND Client möglich)
VBoxData - ISO
- VM
- Austausch
Erzeugen einer virtuellen Maschine:
Nötig: Die Installations-CD oder -DVD des zu installierenden Gast-Betriebssystems. Oder
einfach das ISO-Abbild (der übliche Download) auf der Festplatte.
1. Virtualbox starten und eine neue Maschine erzeugen
2. Einen beschreibenden Namen angeben, Betriebssystemtyp (Windows/Linux/...)
einstellen und die Version wählen. 32Bit oder 64bit je nach Gastsystem. Wenn keine
Vorlage vorhanden ist, passt bei aktuellen Systemen meist Linux mit Kernel 3.x
3. Die Größe des Arbeitsspeichers der VM bestimmen. Für kleine/ältere Systeme reichen
die voreingestellten 512 MB, für Windows 7 oder Ubuntu ist 1 GB passender. Für
Android weniger. Nicht mehr als 1/4 bis 1/2 des tatsächlichen RAMs vergeben, da diese
eingestellte Größe beim Laufen der VM vom Host-System abgezweigt wird.
4. Virtuelle Festplatte erstellen. Dies ist eine Datei im Hostsystem, die vom Gastsystem
wie eine echte Festplatte gesehen wird. Etwa 8GB reichen meist aus.
Entweder mit fester Größe (etwas schneller) oder dynamisch (die Datei ist möglichst
klein und wächst nach Bedarf, aber nie über den eingestellten Wert). Voreinstellungen
fertig.
5. Auf 'Ändern' gehen und die Einstellungen der virtuellen Hardware kontrollieren.
(Allgemein->Basis falls man 3D-Beschleunigung möchte und Grafikkartenspeicher auf
z.B. 128 MB setzen – falls die reale Grafikkarte das verträgt!)
Mehrere Prozessorkerne nur, wenn im BIOS die entsprechenden Einstellungen getroffen
wurden (VT-x enabled). PAE bei Notwendigkeit.
6. Eventuell gleich den Ort des Datenaustauschverzeichnisses festlegen.
CD-Laufwerke, Bootreihenfolge,... sind im Allgemeinen schon passend voreingestellt.
7. Falls man mit einem ISO-Abbild der Installatons-CD/DVD arbeitet: die Einstellungen der
Datenträger suchen und dort (rechts oben ein Datei-Symbol) das Image als zusätzliches
Laufwerk einhängen. Später musst Du dann das 'Entnehmen des Datenträgers aus dem
Laufwerk' realisieren, indem Du bei abgeschalteter Maschine diese Datei wieder
aushängst. Wenn man 'Live' anhakt, wird das Medium beim Runterfahren der VM
automatisch ausgehängt (freigegeben).
8. Nun die Maschine starten, nachdem man falls nötig (keine ISO) das
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Wolfgang Urban HIB
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Installationsmedium für die VM ins Laufwerk gelegt hat. Das Fangen des Mauscursors
im Fenster ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, mit den Guest-Addons gelingt dann
später eine nahtlose Integration. In letzter Zeit hat Oracle das aber ganz gut
hinbekommen.
9. Nun geschieht im VB-Fenster alles genau so, als wäre es der Bildschirm eines
Computers. Du kannst das Betriebssystem installieren, einrichten und Software
einspielen. Beim Beenden musst Du den Zustand der Maschine unbedingt abspeichern,
falls Du nächstes Mal nicht wieder von vorne beginnen willst. Änderungen der
Eigenschaften sind nur nach 'Ausschalten' möglich. Falls benötigt die VM einfach starten
und gleich wieder beenden, aber mit 'ausschalten' statt 'speichern'.
10. Falls Guest-Addons nicht automatisch erkannt und eingerichtet wurden: In der
laufenden VM wählst Du als Administrator bei Devices(Geräte)/GuestAdditions
installieren. Nun werden im Gastsystem einige Treiber eingerichtet, die z.B USB und
den Datenaustausch mit einem Verzeichnis im Hostsystem erlauben (in den VBEinstellungen vorbereiten).
Weitere Begriffe:
•
Appliances: Dies sind bereits vollständig eingerichtete virtuelle Maschinen. Man kann sie
exportieren und in einer anderen Box (auf einem anderen Rechner) importieren.
•
Snapshots: Speichern den aktuellen Zustand, auf den man später zurückkommen kann.
Benötigen viel Festplattenplatz (speichern ein komplettes Momentanabbild).
•
Gemeinsame Ordner (mit den Guest Addons): Um zwischen Host und Guest Daten
austauschen zu können (abgesehen vom Clipboard für Texte) bestimmt man ein
Festplattenverzeichnis, auf das die VM zugreifen darf. So kann man Dateien aus der VM
in diesem Verzeichnis ablegen und mit dem Hostrechner austauschen. Die VM sieht nur
die Inhalte dieses einen Verzeichnisses (Achtung: Virentransport möglich!).
Für Spezialisten:
Es ist sogar möglich, die virtuelle Maschine als eigenen Computer eines Netzwerkes
einzurichten. Web-Designer können sich damit etwa einen kompletten Webserver einrichten,
oder mehrere mit unterschiedlichen Softwareversionen. Damit kann man dann PHP-Scripts
oder Media-Streaming gefahrlos testen.
Noch ein paar Tipps:
•
ein 'Fehler' der VB ist lange bekannt und immer noch nicht behoben: Wenn Du eine VM
beim Beenden abspeicherst, kannst Du ihre Einstellungen nicht bearbeiten – der
entsprechende Button ist ausgegraut. Nicht verzweifeln. VM starten und gleich wieder
ausschalten (ohne den Zustand neu zu speichern). Jetzt klappt es...
•
Für Linuxer ist die Seite distrowatch sehr interessant. Hier findet man Distributionsrankings nach der Beliebtheit. Jetzt (Ende 2011) ist LinuxMint führend, Ubuntu ist nur
mehr auf Platz 2, was seiner unpraktischen neuen GUI zu verdanken sein dürfte.
•
Distrowatch unterhält ein großes Verzeichnis von Linux-Distributionen. Wenn Dir
etwas gefällt – Link verfolgen, ISO herunterladen, in VB ausprobieren. Du findest etwa
das Linux, mit dem die Wissenschafter im CERN arbeiten, ein Linux dessen GUI wie
Apple OSX ausssieht, Mini-Linuxe, die für Systemanalysen und -rettungen gedacht sind,
Linux mit GUI im Gothic und DeathMetal look, usw.
Merk Dir, von welcher großen Distribution diese Versionen abstammen und welche
Systemvoraussetzungen sie haben, um die Einstellung in der VB perfekt machen zu
können. Andernfalls (wie z.B. bei Android) in den VM-Voreinstellungen 'unbekannt'
wählen (und auf die Guest-Additions klarerweise verzichten).
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Wolfgang Urban HIB
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Beste Vorgehensweise:
- bei www.distrowatch.com eine Distribution aussuchen (Nach Beliebtheitsliste oder
zuvor in der Suchmaschine 'best Linux Distros' eingeben und Vorschläge ansehen)
- die zugehörige Seite ansehen. Hier gibt’s ein repräsentatives Bild der GUI und eine
Kurzbeschreibung (Abstammung von Forks, Zielsetzung, Anwendungsbereiche).
- unter 'Summary' ist ein Eintrag 'Berichte' zu finden. Dies sind fundierte Testberichte
von Fachleuten, Du findest Bewertungen und Tipps zur Installation und Einrichtung.
- Dann den Link zur Homepage der Distro aktivieren, die passende ISO-Datei (oft
mehrere Versionen nach 32/64bit, Art der GUI, Auswahl der Programme,...)
herunterladen, ins ISO-Verzeichnis kopieren und loslegen.
- Wenn die Distro gefällt, kannst Du sie auch auf Deinem Rechner dauerhaft installieren
und in den Genuss voller Qualität und Geschwindigkeit kommen.
•
Niemals falsch: lade Dir den schweizer 'Lernstick' (ISO-Datei) herunter. Auf eine DVD
kopieren (Image!). Starten und einen USB-Stick (etwa 8GB) erzeugen. Dies ist eine
sehr gute Debian-Distro, die eigentlich alles hat, was Du als Schüler brauchst. Sollte auf
allen halbwegs 'standardkonformen' Computern (auch Notebooks!) laufen. Dies ist
keine abgespeckte Schulversion, sondern ein vollständiges Linux, mit viel Software und
gut eingerichtet. Handbuch vorhanden!
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Wolfgang Urban HIB
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