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*06-09 Magazin_L-Kamp_F:Vorlage allgemein 03.12.2011 14:43 Uhr Seite 6 L.MAGAZIN Für alle: mehr Menschenrechte Mit Iro zum Krönchen Miss California eine Lesbe? Die letzte Bastion ist gefallen: Im kalifornischen Long Beach hat zum ersten Mal eine offene Lesbe bei einer Miss-Wahl teilgenommen. Und nicht nur das: Statt mit Föhnwelle und Glitzerrobe präsentierte sich Jenelle Hutcherson mit Iro und Smoking, die obligatorische Bikinirunde drehte sie in einem geringelten Badeensemble im 30er-JahreStil. Damit sorgte die 25-Jährige für beste Stimmung im Publikum und schied erst im Finale aus. „Ich habe keine Krone oder Schärpe gewonnen“, sagte Hutcherson anschließend. „Aber es haben sich Türen geöffnet, die sich nie wieder schließen werden.“ Ein Partyspaß war der Auftritt für sie nicht, denn die Frisörin, die sich im LBGT-Center von Long Beach engagiert, hat eine Botschaft: Gleichheit für alle, ungeachtet ihrer Kultur und sexuellen Orientierung – das sei ihre Interpretation des typischen Miss-Wahl-Wunsches nach Weltfrieden, sagte sie im L-MAG-Interview. „Wir Erwachsenen sollten mit gutem Beispielvorangehen und für die Jugend eine Welt schaffen, die alle so annimmt, wie sie sind – ein Privileg, das so viele von uns nicht haben.“ Dabei hatte Hutcherson nicht nur die Rückendeckung des (übrigens schwulen) Veranstalters, der die MissWahl ausdrücklich auch für „unkonventionelle Kandidatinnen mit ungewöhnlichen Frisuren, Piercings und Tattoos“ geöffnet hatte, auch „die Unterstützung aller anderen Mädels übertraf bei Weitem meine Erwartungen“. Und die Jagd nach dem Krönchen geht weiter. Im Januar holt Hutcherson wieder ihren Smoking aus dem Schrank: Auf persönliche Einladung der Organisatoren nimmt sie an der „Miss California USA“-Wahl teil– und diesmal, so kündigte sie bereits an, will sie gewinnen. Leitfaden der Hirschfeld-EddyStiftung, um aktiv zu werden Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die Menschenrechtsinitiative des LSVD, hat mit „Yogyakarta Plus“ einen Leitfaden herausgegeben, der Problemfelder und Handlungsmöglichkeiten im Umfeld der „Yogyakarta-Prinzipien“ aufzeigt. Diese wurden im Jahr 2007 von internationalen Menschenrechtsexperten aufgestellt, um LGBT-Rechte explizit als Bestandteil in die von der UN geschützten allgemeinen Menschenrechte aufzunehmen. Der Leitfaden soll in politischen Gremien und Stiftungen, aber auch in der Politik Sensibilität für dieses Thema wecken. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung will dazu anregen, die faktische Anerkennung der Prinzipien durch die Bundesregierung nunmehr konsequent in die deutsche Außenpolitik und die internationale Entwicklungszusammenarbeit einzubinden. Die Broschüre richtet sich darüber hinaus an politisch Interessierte, die Fragen der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung nachgehen wollen und selbst im Kampf für mehr Gerechtigkeit in der Welt aktiv werden möchten. Elke Koepping Karin Schupp Kostenloser Download: www.hirschfeldeddy-stiftung.de/yogyakarta-plus Frischer Wind aus Amerika „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ‚The L Word‘ die einzige und letzte Lesbenserie sein soll“, sagte Leisha Hailey vor Jahren im L-MAGInterview. Ganz unrecht behielt sie nicht, denn immerhin startete in Großbritannien die Serie „Lip Service“ (Staffel 2 soll bald laufen), doch einen echten Trend haben Alice, Bette und Shane nicht losgetreten. Zumindest in den USA könnte sich das aber demnächst ändern, denn einige US-Sender haben Interesse an Lesbenserien geäußert und bereits Pilotfolgen drehen lassen. So will die lesbische Regisseurin Lisa Cholodenko ihren Film „The Kids Are All Right“ als TV-Serie bei HBO weitererzählen. Ob Julianne Moore oder Annette Bening wieder dabei sein werden, ist jedoch fraglich. NBC hat gleich zwei lesbische Sitcoms zur Auswahl: In „I Hate That I Love you“ geht es um zwei Lesben, die von ihren Hetero-Freunden verkuppelt werden und sofort – das darf heutzutage nicht fehlen – über ein Baby nachdenken. Und Vorbild für „My Friend is a Lesbo“ ist die echte Freundschaft zwischen den beiden Drehbuchautorinnen – die eine lesbisch, die andere hetero. Auf reale Freundinnen und Comedy setzt man auch bei ABC: Ihre Sitcom-Idee dreht sich um die lesbische Fernsehköchin Susan Feniger und ihre Geschäftspartnerin Mary Sue Milliken, 6 Foto: Suzanne Tenner © 2009 Overture Films Shanes Erbinnen im US-amerikanischen TV Bald als TV-Serie? Annette Bening (li.) und Julianne Moore im Spielfilm „The Kids Are All Right“ von Lisa Cholodenko mit der sie eine Restaurantkette aufgebaut hat. Bevor jedoch tatsächlich mehr Vielfalt auf die Mattscheibe kommt, müssen sich diese Ideen erst einmal gegen eine harte Konkurrenz durchsetzen: Auf den Tischen der Senderchefs stapeln sich derzeit über 150 Pilotsendungen – und deren Hauptfiguren sind alle hetero. Karin Schupp L-MAG *06-09 Magazin_L-Kamp_F:Vorlage allgemein 03.12.2011 14:43 Uhr Seite 7 Das Takatuka-Land in der Rassismus-Kritik Der Kinderbuchklassiker „Pippi Langstrumpf“ erhitzt wieder einmal die Gemüter H E L D I N N E N Joan Nestle Archivarin und Fem(me)inistin (geboren 1940 in New York City) Heldinnentaten: Joan Nestle wurde 1940 in der Bronx geboren und wuchs im manchmal etwas chaotischen Haushalt ihrer verwitweten Mutter auf, die der Tochter eine sexpositive Erziehung angedeihen ließ. Ihr Coming-out hatte sie lange vor Stonewall und dem Beginn der Homobewegung: Bereits gegen Ende der 50er Jahre fand sie ein Zuhause in der lesbischen „Working-Class“-Barkultur, insbesondere in einer Mafia-betriebenen Spelunke, von deren bizarren Damenklo-Regeln – abgezähltes Klopapier, die Toiletten durften nur einzeln betreten werden – sie noch heute oft erzählt. In den 60er Jahren engagierte sie sich in der Bürgerrechtsbewegung, unterrichtete nach ihrem Universitätsabschluss in einem Programm für marginalisierte Student/innen und schloss sich der Gay Activist Alliance und dem Lesbian Liberation Committee an. 1974/5 gründete sie die Lesbian Herstory Archives mit, die lange Jahre in ihrer Privatwohnung untergebracht waren und heute die weltweit größte Sammlung an Legendär: Inger Nilsson als Pippi Langstrumpf in den Verfilmungen der Astrid-Lindgren-Bücher ebenso wie etliche weitere ungewöhnliche, skurrile und wissenswerte Fakten sind passenderweise gerade 2011 für eine junge Zielgruppe unter dem Titel „Astrid Lindgren. Wer ist das?“ im Verlag Bloomsbury erschienen. Also womöglich ein schöner Aufhänger, um zum Entdecken, Bereden und Diskutieren einzuladen, statt zu verbieten und unter den Tisch fallen zu lassen? sv Material über Lesben und ihre Communitys beinhalten. Als sie schließlich 1979 begann, erotische Geschichten und Texte über die Butch-Femme-Kultur zu veröffentlichen, katapultierte sie das an die Frontlinien der feministischen „Sex Wars“ und machte sie zur Zielscheibe diverser Attacken aus den Reihen der Anti-PornografieAktivistinnen. Heute lebt Nestle mit ihrer Partnerin in Australien. Schräges: Die Anti-Pornografie-Feministin Sheila Jeffreys diffamierte Nestle wegen ihres Butch-Femme-Aktivismus als Teil einer „antifeministischen Gegenbewegung“. „Man muss vorsichtig sein, nicht neue Gefängnisse zu errichten, wenn man eigentlich denkt, man stößt neue Türen auf. Dass Lesben die Möglichkeit nutzen, Babys zu haben, ist wundervoll, aber ich glaube auch, dass Familien in diesem Land eine verkonservativierende Kraft sind“ L-MAG 7 Foto: 2011 Studio100 Media. Hergé, „Mecki bei den Negerlein“ oder aber „Lurchis Abenteuer“, das zunächst „bei den Wilden“ und später dann „in Afrika“ spielte, geraten immer wieder (und teilweise völlig zu Recht) in die Kritik. 2009 ersetzte der deutsche Oetinger Verlag dementsprechend etliche der angeprangerten Formulierungen. Da aber auch noch immer etliche alte Fassungen der fraglichen Bücher im Umlauf sind, werden nun Stimmen laut, die für ein Verbot derselben in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen oder Bibliotheken plädieren. Also ausgerechnet dort, wo man Kinder pädagogisch schulen und anhand unterschiedlicher Fassungen auf das Phänomen Diskriminierung und Rassismus aufmerksam machen könnte. Und vielleicht auch darauf, dass die Autorin sich ihr Leben lang für die Rechte der Kinder starkgemacht hat. Informationen darüber, Courtesy of Jonathan Silin. Copyright © The Estate of Robert Giard. 105 Jahre wäre sie dieses Jahr geworden, doch am 28. Januar jährt sich zum zehnten Mal ihr Todestag: Astrid Lindgren, Erfinderin einiger der bekanntesten, eigenständigsten und selbstbewusstesten Mädchenfiguren der Kinderliteratur: Lotta aus der Krachmacherstraße, Madita, Ronja Räubertochter und vor allem Pippi. Jene Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf, die erneut die Gemüter erhitzt mit der Frage: Ist sie rassistisch oder ist sie es nicht? Angestoßen durch den Vortrag „Das Gift der frühen Jahre“, den die feministische Theologin Eske Wollrad Anfang November 2011 im Antidiskriminierungsbüro Sachsen hielt, ist diese Fragestellung weder für die Pippi-LangstrumpfReihe noch bei anderen Kinderbuchklassikern ein Einzelfall. Auch „Tim und Struppi im Kongo“ des Comiczeichners *06-09 Magazin_L-Kamp_F:Vorlage allgemein 03.12.2011 14:43 Uhr Seite 8 L.MAGAZIN Traurig-deutsche Fernsehwelt Foto: RTL / Anja Glitsch Im Fernsehjahr 2012 sind nur wenige lesbische Figuren in Sicht Bine (Ela Paul, li.) und Rebecca (Imke Brügger) in der Serie „Unter uns“ Lesben sind überall – nur nicht in deutschen Fernsehserien. Die Regenbogenfahne halten derzeit nur Tanja aus der „Lindenstraße“ und seit neuestem Rebecca und Bine in der RTL-Soap „Unter uns“ hoch (aber wird ihr Glück diesen Monat überdauern?). Dass wir im Fernsehjahr 2012 wenigstens ein bisschen auf unsere Kosten kommen, haben wir eher den US-Serien zu verdanken. Wenn im Januar die zweite Staffel von „Glee“ (SuperRTL) mit Santanas Coming-out endet, können wir nur auf eine baldige Fortsetzung hoffen, denn in Staffel 3 wird’s spannend: Santana wird fies geoutet und wir erfahren, ob sie und Brittany endlich offiziell zusammenkommen. In den neuen Folgen von „Grey’s Anatomy“ (ProSieben, ab Frühjahr) sind Callie und Arizona das stabilste Paar im Seattle Grace Hospital, haben aber immer noch Mark, den Erzeuger ihres Babys, am Hals. Dreizehn in „Dr. House“ (RTL, Staffel 8 ab Frühjahr) darf mit einer Frau glücklich werden, wandert aber schon in Folge 3 aus, denn Darstellerin Olivia Wilde verlässt die Serie. In der vierten Staffel von „True Blood“ (Syfy, ab Februar) überrascht Tara, bis dato eine der wenigen Hetero-Frauen der Vampirserie, mit einer Loverin. Leider noch unklar ist, ob Kabel 1 „The Good Wife“ weiterführt – schade, denn gerade wurde es spannend um die toughe, bisexuelle Detektivin Kalinda. Im Herbst besucht Lady Gaga die „Simpsons“ (ProSieben) und küsst keine Geringere als Marge. Dann könnte auch ein neuer Name auf die deutsche TV-Lesben-Liste rücken: wenn nämlich die Krimiserie „Mord mit Aussicht“ (ARD, neue Staffel im Herbst) das zuletzt zaghafte Coming-out von Dorfpolizistin Bärbel weitererzählt. Karin Schupp Für mehr gesellschaftliche Offenheit Bundesstiftung Magnus Hirschfeld gegründet 8 terinnen der Community mit an Bord: der Fachverband Homosexualität, Völklinger Kreis, LSVD, Lesbenring, die Bundeskonferenz schwullesbischer Landesnetzwerke, Queer Nations, Lambda und die HUK. Trans-Inter-Projekte wie der Verein TrIQ kritisierten hingegen ihre Nichtberücksichtigung. Litwinschuh signalisierte inzwischen eine mögliche Zusammenarbeit etwa im künftigen Fachbeirat. Andere, wie der Lesbenring e.V., zeigten sich von ihrer Berufung überrascht, zumal es diesmal vorab keine parlamentarische Debatte gegeben hatte. Zu den Auswahl- bzw. Ausschlusskriterien äußerte sich Michael Kauch, wonach nur solche Verbände berücksichtigt worden seien, die sich im Vorfeld „aktiv für die Stiftung engagiert“ hatten, „die Breite der Community repräsentieren“ und über eine bundesweite Organisation verfügen. Für weitere Kritik von Opposition und LGBT-Verbänden sorgten der fehlende internationale Anspruch der Stiftung sowie die Nichtberücksichtigung aktueller Themen Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger mit dem neuen Hirschfeld-Stiftungsvorstand Jörg Litwinschuh wie Mehrfachdiskriminierung. Meint es die Bundesstiftung mit ihrem Vorhaben, die Lebenswelten von Homosexuellen zu erforschen, wirklich ernst, wird sie um solche Fragen nicht herumkommen. Sirko Salka L-MAG Foto: Presse Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist im November mit dem hehren Ziel gegründet worden, der gesellschaftlichen Diskriminierung von Lesben und Schwulen entgegenzuwirken und, laut Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, „einen wichtigen Beitrag für die Offenheit der Gesellschaft“ zu leisten. Inhaltlich liegt der Fokus auf Bildung, Forschung, Erinnerung. So soll zum Beispiel historisches Unrecht wie die Verfolgung von Homosexuellen während der NS-Zeit aufgearbeitet und das Werk und Wirken des Berliner Arztes und Sexualforschers Magnus Hirschfeld weiter erforscht werden. Zudem will sich die Stiftung, auch im Sinne ihres Namensgebers, mit Fragen zu Transgender und Intergeschlechtlichkeit auseinandersetzen. Zum Vorstand wurde der parteilose Kommunikationsberater Jörg Litwinschuh berufen, der sich nach eigenen Angaben seit 2005 ehrenamtlich für die Stiftung engagiert. Die zähe Gründungsgeschichte der mit einem Startvermögen von zehn Millionen Euro ausgestatteten Stiftung reicht zurück ins Jahr 2000. Damals scheiterte das rot-grüne Projekt vor allem an Streitereien um die Besetzung des Kuratoriums. Auch diesmal sorgte dessen Ernennung teilweise für Unverständnis. So sind neben Abgesandten aller im Bundestag vertretenen Parteien und den zuständigen Ministerien acht Vertreter und Vertre- *06-09 Magazin_L-Kamp_F:Vorlage allgemein 03.12.2011 14:43 Uhr Seite 9 L DIE - KAMPAGNE L WIE OFFEN LESBISCH Sexuell lesbisch L-MAG Foto: Tanja Schnitzler Foto: Brigitte Dummer Sie ist der Star des queer Pornofilms: Jiz Lee aus San Francisco. Bekannt wurde sie durch die „Crash Pad Series“ der Regisseurin Shine Louise Houston. Mittlerweile ist die 31Jährige, die sich selbst als „gender-queer“ sieht, in jeder Hinsicht begehrte Darstellerin diverser Sexfilme sowohl im queer-alternativen Bereich als auch immer mehr im sich neu orientierenden Mainstream-Porno. L-MAG traf die kommunikative, in Hawaii geborene Internetspezialistin auf dem 6. Porn Film Festival Berlin, wo sie in nicht weniger als sechs Filmen mitwirkte. Immer wieder erfrischend sind auch Jiz Lees reflektierte Überlegungen zum Thema Sex, Geschlechterrollen und Pornografie. Lesenswert ist außerdem ihre Webseite mit vielen Infos aus der Welt des queer Pornos. kay http://jizlee.com 9