9 WF 225/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht 34 F 147/99

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9 WF 225/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht 34 F 147/99
9 WF 225/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht
34 F 147/99 Amtsgericht Oranienburg
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss
In der Familiensache
des Herrn K...-D... R...,
...,
Klägers und Beschwerdeführers,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...-
gegen
die minderjährigen Kinder
1.
2.
3.
4.
S... R..., geb. am ....12.1983,
C... R..., geb. am ....10.1985,
N... R..., geb. am ....08.1987,
G... R..., geb. am ....03.1990,
sämtliche gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter Frau R... R...,
...,
Beklagten und Beschwerdegegner,
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-2-
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin ... hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Klägers vom 24. September 1999 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des
Amtsgerichts Oranienburg vom 8. September 1999 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ...
am
02. November 1999
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die vier beklagten Minderjährigen, die bei ihrer Mutter leben, sind die ehelichen Kinder des
Klägers, der von der Mutter der Beklagten getrennt lebt; das Scheidungsverfahren ist derzeit
beim Familiengericht Oranienburg anhängig.
Im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens schlossen die Eltern der Beklagten
einen Vergleich, wegen dessen Einzelheiten auf die eingereichte Kopie der mündlichen Verhandlung vom 2. März 1998 vor dem Amtsgericht Oranienburg (Blatt 8 ff. der Akte) verwiesen wird. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Herabsetzung der in dem vorgenannten
Vergleich festgelegten Unterhaltsbeträge aufgrund einer von ihm behaupteten Verringerung
seines monatlichen Einkommens.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenem Beschluß vom 8. September 1999 die begehrte
Prozeßkostenhilfe dem Kläger nur teilweise bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
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Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Gem.
§ 114 ZPO ist Prozeßkostenhilfe nur insoweit zu bewilligen, als die beabsichtigte Klage Aussicht auf Erfolg hat. An der Erfolgsaussicht fehlt es.
Bei der Abänderungsklage handelt es sich entgegen der Bezeichnung in der Klageschrift vom
6. Juli 1999 nicht um eine Korrekturklage im Sinne von § 654 ZPO. Danach sind Festsetzungsbeschlüsse im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger sowie Unterhaltsentscheidungen im Kindschaftsprozeß im Wege einer Klage auf Abänderung der Entscheidung anfechtbar, § 654 Abs. 1 ZPO. Vorliegend begehrt der Kläger aber die Abänderung
des im einstweiligen Anordnungsverfahrens geschlossenen Unterhaltsvergleichs. Hierfür ist,
wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Abänderungsklage nach § 323 ZPO die
statthafte Klageart.
Der Abänderungsklage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger die Abänderung eines in einem einstweiligen Anordnungsverfahren geschlossenen Unterhaltsvergleiches
begehrt. Die in § 620 b Abs. 1 ZPO vorgesehene Möglichkeit der Änderung von im einstweiligen Anordnungsverfahren getroffenen Entscheidungen, die grundsätzlich einen schnelleren
und kostengünstigeren Weg als eine Abänderungsklage darstellen würde, besteht nicht. Zwar
ist § 620 b ZPO grundsätzlich auch auf im Anordnungsverfahren geschlossene Unterhaltsvergleiche anwendbar. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Vergleich eine einstweilige
(vorläufige) Unterhaltsregelung enthält (Zöller-Philippi, ZPO, 21. Aufl. 1999 § 620 b Rn. 5).
Ist der Vergleich dagegen - wenn auch nur zeitlich für die Dauer des Anordnungsverfahrens
befristet - als endgültige Regelung gedacht, dann ist er nur den Regeln über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage unterworfen und gem. § 323 Abs. 4 ZPO abzuändern
(Wiezcorek/Schütze-Klicka, ZPO, 3. Aufl. 1998 § 620 b Rn. 10 m. w. N. in Fn. 33). Der am
2. März 1998 geschlossene Vergleich enthält eine Befristung nicht; vielmehr trifft er - soweit
ersichtlich - eine endgültige Regelung zum Unterhalt der beklagten Kinder. Die Abänderung
gem. § 323 ZPO ist daher grds. möglich.
Der Zulässigkeit der Abänderungsklage mangelt es allerdings deshalb, weil sie sich gegen die
falsche Partei richtet. Zwar sind die beklagten Kinder gemäß §§ 1601 ff. BGB Inhaber des
Unterhaltsanspruches, dessen Herabsetzung der Kläger begehrt; an sich ist deshalb die Abän-
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derungsklage zu Recht gegen die beklagten Kinder gerichtet. Im vorliegenden Fall ist allerdings aufgrund gesetzlicher Prozeßstandschaft gemäß § 1629
Abs. 3 S. 1 BGB die Mutter für die sich in ihrer Obhut befindlichen Kinder prozeßführungsbefugt, so daß die Klage gegen die Mutter gerichtet werden muß; die beklagten Kinder sind
deshalb die falschen Beklagten.
Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann, derjenige Elternteil,
in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen
Elternteil geltend machen, § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB. Sind die Eltern des unterhaltsberechtigten
Kindes miteinander verheiratet und leben sie getrennt oder ist eine Ehesache zwischen ihnen
anhängig, so können die Unterhaltsansprüche durch den gem. § 1629 Abs. 2 S. BGB befugten
Elternteil nur im eigenen Namen geltend gemacht werden, § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB. Diese
Voraussetzungen für eine gesetzliche Prozeßstandschaft liegen hier in der Person der Mutter
der beklagten Kinder vor; insbesondere ist zwischen den Eltern der beklagten Kinder ein auf
Ehescheidung gerichtetes Verfahren vor dem Amtsgericht Oranienburg anhängig.
Allerdings betrifft § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB von seinem Wortlaut her nur die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes, was die Annahme nahe legen könnte, daß diese
Vorschrift nur Aktivprozesse der Kinder erfassen will. Gleichwohl ist anerkannt, daß die in §
1629 Abs. 3 Satz 1 BGB getroffene Regelung auch die Vertretung des Kindes auf der Passivseite umfaßt, unabhängig davon, ob der Kläger die Herabsetzung des Unterhaltes oder die
Feststellung, keinen Unterhalt zu schulden, begehrt (OLG Stuttgart, DAVorm 1990, 900,
903; KG FamRZ 1988, 313, 314; OLG Zweibrücken FamRZ 1986, 1237; PalandtDiederichsen, BGB, 58. Aufl. 1999 § 1629 Rdnr. 58; RGRK-Wenz, BGB, 12. Aufl. 1999 §
1629 Rdnr. 38; Staudinger-Peschel-Gutzeit, BGB, 12. Aufl. 1997 § 1629 Rdnr. 342; MünchKomm-Hintz, BGB, 3. Aufl. 1992 § 1629 Rdnr. 37 a; Wiezcorek/Schütze-Hausmann, ZPO, 3.
Aufl. 1994 Vor § 50 Rn. 55; Johannsen/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl. 1998 § 1629 Rdnr. 10).
Diese Auslegung entspricht dem Zweck der Bestimmung des § 1629 Abs. 3 BGB, der insbesondere darin zu sehen ist, daß die Kinder wegen des Getrenntlebens ihrer Eltern aus allen aus
Anlaß der Trennung begründeten Prozessen ihrer Eltern herausgehalten werden sollen (KG
a.a.O.). Dafür spricht ferner der zwischen Unterhaltserhöhungs- und -herabsetzungsbegehren
bestehende untrennbare Zusammenhang, der sich daraus ergibt, daß Herabsetzungsgründe
zugleich der Rechtsverteidigung gegen ein Erhöhungsbegehren und Erhöhungsgründe
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zugleich der Rechtsverteidigung gegen ein Herabsetzungsbegehren dienen können (OLG
Stuttgart a.a.O.; Staudinger-Peschel-Gutzeit a.a.O.).
Auch unabhängig von der fehlenden Passivlegitimation der beklagten Kinder und der daraus
folgenden Unzulässigkeit hat die Abänderungsklage über den vom Amtsgericht bei Bewilligung der Prozeßkostenhilfe zugebilligten Umfange hinaus keine Aussicht auf Erfolg. Soweit
sich der Kläger auf eine Verringerung seines Einkommens beruft, hat er bislang nicht seinen
letzten Einkommenssteuerbescheid vorgelegt; es kann daher nicht abschließend überprüft
werden, ob tatsächlich eine (wesentliche) Veränderung gegenüber dem dem abzuändernden
Vergleich zugrunde gelegten Einkommen von monatlich 2.600,00 DM netto eingetreten ist.
Im Übrigen kann auf die zutreffenden Berechnungen des Amtsgerichtes in dem angefochtenen
Beschluß verwiesen werden. Insbesondere hat das Amtsgericht - auch in der Begründung seiner Nichtabhilfeentscheidung vom
28. September 1999 - zu Recht auf Seiten des Klägers die geltend gemachten Fahrtkosten zur
Arbeitsstelle nicht als einkommensmindernd berücksichtigt. Der Kläger hat die Notwendigkeit, mit dem PKW zur Arbeit fahren zu müssen, nicht substantiiert dargelegt. Er hat insoweit
lediglich pauschal behauptet, jeden Morgen um 06:00 Uhr mit der Arbeit beginnen zu müssen
und daß es ihm daher nicht möglich sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln rechtzeitig anzukommen; zudem würde er für Hin- und Rückfahrt erheblich mehr als 3 Stunden benötigen. Da
der Kläger eine Herabsetzung der bereits unterhalb der Mindestunterhaltssätze im Vergleich
vereinbarten Unterhaltssätze begehrt, hätte er aufgrund seiner gesteigerten Unterhaltsverpflichtung ( § 1603 Abs. 2 BGB) im Einzelnen darlegen müssen, welche Bus- bzw. Bahnverbindungen zwischen Wohnort und Arbeitsstelle bestehen und zu welchen Uhrzeiten er sich
auf den Weg zur Arbeit machen müßte; insbesondere hätte es hierzu der Vorlage entsprechender Fahrpläne bedurft. Darüber hinaus hat er auch nicht erläutert, weshalb der Umzug von O...
nach N..., der zu einem verlängerten Anfahrtsweg zur Arbeit und damit zu erhöhten Fahrtkosten geführt hat, notwendig gewesen ist.
...
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