das streben nach perfektion
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das streben nach perfektion
04 BAUIMPULSE | TITELTHEMA DAS STREBEN NACH PERFEKTION Am KVP, dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess, kommt heute kaum ein Unternehmen vorbei. Nicht nur die Vorbilder aus Japan zeigen, was sich mit der Politik der kleinen Verbesserungsschritte erreichen lässt. Prof. Dr. Guido Fischermanns ist Geschäftsführer der ibo Beratung und Training GmbH in Wettenberg. Sein Praxishandbuch Prozessmanagement zählt zu den Standardwerken für alle, die sich mit Prozessorganisation, KVP und Qualitätsmanagement beschäftigen. 05 Was so einfach klingt, stellt in Wahrheit nicht selten eine Herausforderung dar. Diese beginnt für viele Unternehmen bereits mit der Frage, welches KVP-Konzept das jeweils passende ist. Denn einen normierten Prozess, der sich auf W er einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess alle Unternehmen übertragen lässt, gibt es nicht. Guido in seinem Unternehmen anstoßen will – oder Fischermanns: „Jedes KVP-Modell ist letzten Endes eine längst etabliert hat –, macht dies aus gutem unternehmensindividuell zu konzipierende Methode mit Grund. KVP hilft, Ressourcen einzusparen, Arbeitsabläufe gestalteten Rollen, Techniken und Vorgehensweisen. So und Prozesse zu optimieren, wirtschaftlicher zu produzieren, Produkte zu verbessern, die Kreativität und Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern und gleichzeitig den Leistungsdruck zu senken. So die Theorie. Aber auch die Praxis hält diesem Anspruch stand: eindrucksvoll, wie einst die japanische Automobilindustrie an der europäischen und amerikanischen Konkurrenz vorbeizog und lange weit „Unternehmen bekommen mit KVP ihre Risiken besser in den Griff.“ hinter sich ließ. Ihr Rezept: Kaizen – das Vorbild für den passt zum Beispiel zu zentral und hierarchisch geprägten heutigen KVP. Unternehmen eher das Konzept, dass einige KVP-Spezia- Vorsprung in kleinen Schritten listen Prozessoptimierung im ganzen Hause durchführen. In Unternehmen mit dezentralen und flachen Strukturen ist der Ansatz geeigneter, über breite Partizipation in Das Versprechen von KVP besteht darin, an einer Viel- KVP-Teams Prozesse zu optimieren. Hier funktioniert es zahl ganz unterschiedlicher Qualitätsschnittstellen Stück oft auch besonders gut. Das KVP-Konzept stammt ja nicht für Stück kleinere, aber entscheidende Verbesserungen von ungefähr aus dem asiatischen Raum, wo traditionell herbeizuführen und sich so einen Wettbewerbsvorsprung Mitarbeiter sich stark mit den Unternehmen identifizieren zu erarbeiten. In kleinen Schritten zur Marktführerschaft und für den Erfolg persönlich engagieren.“ KVP lebt davon, also? Prof. Dr. Guido Fischermanns, Geschäftsführer der dass die Problemlösefähigkeit von Teams und Mitarbeitern ibo Beratung und Training GmbH in Wettenberg und unter gefördert und nicht allein im Management angesiedelt anderem Autor des Praxishandbuchs Prozessmanagement: wird. „Wenn das Konzept aufgehen soll“, verdeutlicht Guido „KVP ist kein Erfolgsgarant, aber es ist ein gutes Werkzeug, Fischermanns, „müssen die Unternehmensspitze und alle um sogenannte nicht-wertschöpfende Aufgaben zu erken- Führungskräfte in der Lage sein, die Verbesserungsvor- nen und abzubauen – zum Beispiel Reklamationen oder schläge der Teams unmittelbar zu honorieren und wenn Nacharbeiten. Es hilft, unnötige Zeitfresser zu eliminieren möglich umzusetzen. Sollten Ideen nicht realisiert werden, und kürzere Durchlaufzeiten zu erzielen. Dadurch lässt sich ist es wichtig, die Ablehnung nachvollziehbar wiederum die Termintreue verbessern. Insgesamt bekom- zu begründen.“ ›› men Unternehmen die Risiken ihres Handelns besser in den Griff – und das alles letztlich zum Wohle des Kunden.“ 06 i BAUIMPULSE | TITELTHEMA KVP, Kaizen & Co. Wer sich über Qualitätsmanagement und Verbesserungsprozesse informiert, begegnet Begriffen wie KVP, Kaizen, Toyota-Prinzip, 5S, 5A und vielen mehr. Wofür stehen die Begriffe? Was sind die Unterschiede? Oder meint alles dasselbe? Eine kurze Übersicht. ›› Die Kunst, aus Fehlern zu lernen KVP ist ein Grundprinzip des Qualitätsmanagements und umreißt eine Denkweise, die mit stetigen Verbesse- Neben einem teamorientierten Führungsstil gehört auch rungen in kleinen Schritten die Wettbewerbsfähigkeit eine gesunde Fehlerkultur zu den Erfolgsfaktoren. „Aus des Unternehmens stärken will. In Deutschland begann in Fehlern kann man nur lernen, wenn man sie nicht unter den 1990er Jahren die Automobilindustrie mit KVP. Der den Teppich kehrt, sondern sie regelrecht sucht. Erst eine Gedanke setzte sich inzwischen in allen Branchen durch. solche Fehlerkultur ermöglicht wirklich innovative Lösungen, die alte Muster durchbrechen“, so Guido Fischermanns. Dieses systematische Hinterfragen des KVP geht auf das japanische Prinzip des Kaizen Ist-Zustands schließt auch den einmal begonnenen (= Veränderung zum Besseren) zurück, mit dem der Begriff in der Regel synonym verwandt wird. Die jahrhundertealte Philosophie fand bereits in den 1950er Jahren Eingang in die japanische Automobilindustrie. 改善 Kaizen in japanischen Schriftzeichen „Die Routinen müssen wie im Sport immer wieder trainiert werden.“ Verbesserungsprozess selbst mit ein. „Die entscheidenden Erfolgskriterien für KVP sind Ausdauer und Nachhaltigkeit. Diejenigen Unternehmen sind besonders erfolgreich, die über Jahrzehnte den Weg der kontinuierlichen Verbesserung verfolgen und sich auch nicht durch Personalwechsel oder Krisen von ihrer Vision abbringen lassen. Das zeigen Vor allem ein Unternehmen lebte diese Philosophie sehr die Beispiele aus Japan besonders deutlich. Der Reifegrad ausgeprägt und erfolgreich vor: Toyota. Das ToyotaProduktionssystem ist ein Konzept, um jede Art des KVP wird Stück für Stück dadurch erhöht, dass Routi- der Verschwendung zu vermeiden, und verfolgt das Ziel, bis sie stabil laufen.“ Darüber hinaus ist KVP aber längst im Takt des Kunden (just in time) zu produzieren. Das mehr als ein Weg, um mit geringeren Kosten und weniger 5S-Prinzip ist eine weitere Idee aus den japanischen Fehlern zufriedenere Kunden zu generieren: Ob ein Produktionskonzepten zur Qualitätssteigerung und hat Unternehmen KVP einsetzt oder nicht, ist für Arbeitneh- zum Ziel, Arbeitsplätze und ihr Umfeld sicher, sauber und mer inzwischen ein wesentlicher Faktor bei der Wahl des übersichtlich zu gestalten – und somit zur Verbesserung Arbeitgebers. „Die eigenverantwortliche Gestaltung des der Arbeitsprozesse beizutragen. Die 5 S stehen für Seiri eigenen Arbeitsplatzes und -umfeldes schafft Zufrieden- (Sortiere aus), Seiton (Stelle ordentlich hin), Seiso heit und bindet Mitarbeiter langfristig an das Unterneh- (Säubere), Seiketsu (Sauberkeit bewahren), Shitsuke men. Und gerade der jungen Generation, die mit sozialen (Selbstdisziplin üben). Mit 5A ist dasselbe gemeint – Medien groß wird, kommt die eigenverantwortliche Arbeit lediglich wurden bei der Übersetzung deutsche Begriffe im Team entgegen, klassische hierarchische Strukturen mit dem Anfangsbuchstaben A gewählt (Aussortieren, sind eher demotivierend. Diese Generation will innovative Aufräumen, Arbeitsplatzsauberkeit, Anordnung zur Regel Verbesserungen schnell ausprobieren können.“ Auch dafür machen, Alle Punkte einhalten und verbessern). ist KVP das richtige Rezept. nen ähnlich wie im Sport immer wieder trainiert werden, 07 „Wir sind eine lernende Organisation.“ Interview mit Claude-Patrick Jeutter, Vorsitzender Geschäftsführer der Köster GmbH, zum Kontinuierlichen Verbesserungsprozess in der Bauindustrie und unserem Unternehmen. Herr Jeutter, welche besondere Bedeutung hat der Kontinu- Können Sie konkrete Umsetzungserfolge nennen? ierliche Verbesserungsprozess für die Bauindustrie? Was ist Claude-Patrick Jeutter: „Dank KVP konnten wir in den die Herausforderung heute und in Zukunft? vergangenen Jahren in einigen entscheidenden Bereichen Claude-Patrick Jeutter: „In der Bauwirtschaft haben die zulegen. Die Terminplanung nach unserem Last Planner®- Unternehmen die Nase vorn, die sich als lernende Organisa- Prinzip (siehe Seite 16) ist zum Beispiel ein typisches tionen aufstellen. Fehler auf der Baustelle, ungenaue Abläu- KVP-Resultat. Unsere Kunden profitieren dadurch von noch fe, Mängel in der Kommunikation – das sind alles Faktoren, mehr Terminsicherheit. Außerdem haben wir dank KVP die die zu ineffizienten Prozessen und Unzufriedenheit beim Fehlerquote bei der Ausführung gesenkt und Schnittstellen Kunden führen. Aus den Fehlern zu lernen und den Ist- zu anderen Gewerken optimiert. Auch das spüren unsere Zustand ständig zu hinterfragen, ist eine der wichtigsten Kunden: in Form von höherer Bauqualität.“ Managementaufgaben.“ Wie besetzt die Köster GmbH dieses Thema? Claude-Patrick Jeutter: „Wir gehen dieses Thema sehr konsequent und systematisch an. Wir haben ein festes, zehn Mitarbeiter starkes KVP-Team installiert, das sich ausschließlich mit der Verbesserung befasst – in allen Unternehmensbereichen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Und wir haben mit dem KösterProzess-System® die organisatorische Grundlage dafür geschaffen, dass auch der Verbesserungsprozess nach definierten Standards verläuft.“ Und wie profitieren die Kunden davon? Claude-Patrick Jeutter: „Der Vorteil für den Kunden ist ein ganz entscheidender Punkt für uns. Wir leben von Verbesserungen, die für die Kunden spürbar sind. Zum Beispiel in Form von stabilen Bauprozessen mit mehr Transparenz: Unsere Kunden sind heute nicht nur besser informiert, sondern auch stärker integriert und können Prozesse aktiv mitgestalten. Daraus resultieren eine zeitnahe Umsetzung von Sonderwünschen und eine exakt zugeschnittene Immobilie.“ Claude-Patrick Jeutter setzt auf ein festes Team, das sich ganz auf die Kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen der Köster GmbH konzentriert.