das streben nach perfektion

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das streben nach perfektion
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BAUIMPULSE | TITELTHEMA
DAS
STREBEN
NACH
PERFEKTION
Am KVP, dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess,
kommt heute kaum ein Unternehmen vorbei.
Nicht nur die Vorbilder aus Japan zeigen, was sich
mit der Politik der kleinen Verbesserungsschritte
erreichen lässt.
Prof. Dr. Guido Fischermanns ist Geschäftsführer der
ibo Beratung und Training GmbH in Wettenberg.
Sein Praxishandbuch
Prozessmanagement zählt
zu den Standardwerken
für alle, die sich mit Prozessorganisation, KVP und
Qualitätsmanagement
beschäftigen.
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Was so einfach klingt, stellt in Wahrheit nicht selten eine
Herausforderung dar. Diese beginnt für viele Unternehmen
bereits mit der Frage, welches KVP-Konzept das jeweils
passende ist. Denn einen normierten Prozess, der sich auf
W
er einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess
alle Unternehmen übertragen lässt, gibt es nicht. Guido
in seinem Unternehmen anstoßen will – oder
Fischermanns: „Jedes KVP-Modell ist letzten Endes eine
längst etabliert hat –, macht dies aus gutem
unternehmensindividuell zu konzipierende Methode mit
Grund. KVP hilft, Ressourcen einzusparen, Arbeitsabläufe
gestalteten Rollen, Techniken und Vorgehensweisen. So
und Prozesse zu optimieren, wirtschaftlicher zu produzieren, Produkte zu verbessern, die Kreativität und Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern und gleichzeitig
den Leistungsdruck zu senken. So die Theorie. Aber auch die
Praxis hält diesem Anspruch stand: eindrucksvoll, wie einst
die japanische Automobilindustrie an der europäischen
und amerikanischen Konkurrenz vorbeizog und lange weit
„Unternehmen bekommen
mit KVP ihre Risiken besser
in den Griff.“
hinter sich ließ. Ihr Rezept: Kaizen – das Vorbild für den
passt zum Beispiel zu zentral und hierarchisch geprägten
heutigen KVP.
Unternehmen eher das Konzept, dass einige KVP-Spezia-
Vorsprung in kleinen Schritten
listen Prozessoptimierung im ganzen Hause durchführen.
In Unternehmen mit dezentralen und flachen Strukturen
ist der Ansatz geeigneter, über breite Partizipation in
Das Versprechen von KVP besteht darin, an einer Viel-
KVP-Teams Prozesse zu optimieren. Hier funktioniert es
zahl ganz unterschiedlicher Qualitätsschnittstellen Stück
oft auch besonders gut. Das KVP-Konzept stammt ja nicht
für Stück kleinere, aber entscheidende Verbesserungen
von ungefähr aus dem asiatischen Raum, wo traditionell
herbeizuführen und sich so einen Wettbewerbsvorsprung
Mitarbeiter sich stark mit den Unternehmen identifizieren
zu erarbeiten. In kleinen Schritten zur Marktführerschaft
und für den Erfolg persönlich engagieren.“ KVP lebt davon,
also? Prof. Dr. Guido Fischermanns, Geschäftsführer der
dass die Problemlösefähigkeit von Teams und Mitarbeitern
ibo Beratung und Training GmbH in Wettenberg und unter
gefördert und nicht allein im Management angesiedelt
anderem Autor des Praxishandbuchs Prozessmanagement:
wird. „Wenn das Konzept aufgehen soll“, verdeutlicht Guido
„KVP ist kein Erfolgsgarant, aber es ist ein gutes Werkzeug,
Fischermanns, „müssen die Unternehmensspitze und alle
um sogenannte nicht-wertschöpfende Aufgaben zu erken-
Führungskräfte in der Lage sein, die Verbesserungsvor-
nen und abzubauen – zum Beispiel Reklamationen oder
schläge der Teams unmittelbar zu honorieren und wenn
Nacharbeiten. Es hilft, unnötige Zeitfresser zu eliminieren
möglich umzusetzen. Sollten Ideen nicht realisiert werden,
und kürzere Durchlaufzeiten zu erzielen. Dadurch lässt sich
ist es wichtig, die Ablehnung nachvollziehbar
wiederum die Termintreue verbessern. Insgesamt bekom-
zu begründen.“ ››
men Unternehmen die Risiken ihres Handelns besser in den
Griff – und das alles letztlich zum Wohle des Kunden.“
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i
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KVP, Kaizen & Co.
Wer sich über Qualitätsmanagement und Verbesserungsprozesse informiert, begegnet Begriffen wie KVP, Kaizen,
Toyota-Prinzip, 5S, 5A und vielen mehr. Wofür stehen die
Begriffe? Was sind die Unterschiede? Oder meint alles
dasselbe? Eine kurze Übersicht.
››
Die Kunst, aus Fehlern zu lernen
KVP ist ein Grundprinzip des Qualitätsmanagements
und umreißt eine Denkweise, die mit stetigen Verbesse-
Neben einem teamorientierten Führungsstil gehört auch
rungen in kleinen Schritten die Wettbewerbsfähigkeit
eine gesunde Fehlerkultur zu den Erfolgsfaktoren. „Aus
des Unternehmens stärken will. In Deutschland begann in
Fehlern kann man nur lernen, wenn man sie nicht unter
den 1990er Jahren die Automobilindustrie mit KVP. Der
den Teppich kehrt, sondern sie regelrecht sucht. Erst eine
Gedanke setzte sich inzwischen in allen Branchen durch.
solche Fehlerkultur ermöglicht wirklich innovative
Lösungen, die alte Muster durchbrechen“, so Guido
Fischermanns. Dieses systematische Hinterfragen des
KVP geht auf das japanische Prinzip des Kaizen
Ist-Zustands schließt auch den einmal begonnenen
(= Veränderung zum Besseren) zurück, mit dem der Begriff
in der Regel synonym verwandt wird. Die jahrhundertealte
Philosophie fand bereits in den 1950er Jahren Eingang in
die japanische Automobilindustrie.
改善
Kaizen in
japanischen
Schriftzeichen
„Die Routinen müssen
wie im Sport immer
wieder trainiert werden.“
Verbesserungsprozess selbst mit ein. „Die entscheidenden
Erfolgskriterien für KVP sind Ausdauer und Nachhaltigkeit.
Diejenigen Unternehmen sind besonders erfolgreich, die
über Jahrzehnte den Weg der kontinuierlichen Verbesserung verfolgen und sich auch nicht durch Personalwechsel
oder Krisen von ihrer Vision abbringen lassen. Das zeigen
Vor allem ein Unternehmen lebte diese Philosophie sehr
die Beispiele aus Japan besonders deutlich. Der Reifegrad
ausgeprägt und erfolgreich vor: Toyota. Das ToyotaProduktionssystem ist ein Konzept, um jede Art
des KVP wird Stück für Stück dadurch erhöht, dass Routi-
der Verschwendung zu vermeiden, und verfolgt das Ziel,
bis sie stabil laufen.“ Darüber hinaus ist KVP aber längst
im Takt des Kunden (just in time) zu produzieren. Das
mehr als ein Weg, um mit geringeren Kosten und weniger
5S-Prinzip ist eine weitere Idee aus den japanischen
Fehlern zufriedenere Kunden zu generieren: Ob ein
Produktionskonzepten zur Qualitätssteigerung und hat
Unternehmen KVP einsetzt oder nicht, ist für Arbeitneh-
zum Ziel, Arbeitsplätze und ihr Umfeld sicher, sauber und
mer inzwischen ein wesentlicher Faktor bei der Wahl des
übersichtlich zu gestalten – und somit zur Verbesserung
Arbeitgebers. „Die eigenverantwortliche Gestaltung des
der Arbeitsprozesse beizutragen. Die 5 S stehen für Seiri
eigenen Arbeitsplatzes und -umfeldes schafft Zufrieden-
(Sortiere aus), Seiton (Stelle ordentlich hin), Seiso
heit und bindet Mitarbeiter langfristig an das Unterneh-
(Säubere), Seiketsu (Sauberkeit bewahren), Shitsuke
men. Und gerade der jungen Generation, die mit sozialen
(Selbstdisziplin üben). Mit 5A ist dasselbe gemeint –
Medien groß wird, kommt die eigenverantwortliche Arbeit
lediglich wurden bei der Übersetzung deutsche Begriffe
im Team entgegen, klassische hierarchische Strukturen
mit dem Anfangsbuchstaben A gewählt (Aussortieren,
sind eher demotivierend. Diese Generation will innovative
Aufräumen, Arbeitsplatzsauberkeit, Anordnung zur Regel
Verbesserungen schnell ausprobieren können.“ Auch dafür
machen, Alle Punkte einhalten und verbessern).
ist KVP das richtige Rezept.
nen ähnlich wie im Sport immer wieder trainiert werden,
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„Wir sind eine
lernende Organisation.“
Interview mit Claude-Patrick Jeutter, Vorsitzender Geschäftsführer der Köster GmbH,
zum Kontinuierlichen Verbesserungsprozess in der Bauindustrie und unserem Unternehmen.
Herr Jeutter, welche besondere Bedeutung hat der Kontinu-
Können Sie konkrete Umsetzungserfolge nennen?
ierliche Verbesserungsprozess für die Bauindustrie? Was ist
Claude-Patrick Jeutter: „Dank KVP konnten wir in den
die Herausforderung heute und in Zukunft?
vergangenen Jahren in einigen entscheidenden Bereichen
Claude-Patrick Jeutter: „In der Bauwirtschaft haben die
zulegen. Die Terminplanung nach unserem Last Planner®-
Unternehmen die Nase vorn, die sich als lernende Organisa-
Prinzip (siehe Seite 16) ist zum Beispiel ein typisches
tionen aufstellen. Fehler auf der Baustelle, ungenaue Abläu-
KVP-Resultat. Unsere Kunden profitieren dadurch von noch
fe, Mängel in der Kommunikation – das sind alles Faktoren,
mehr Terminsicherheit. Außerdem haben wir dank KVP die
die zu ineffizienten Prozessen und Unzufriedenheit beim
Fehlerquote bei der Ausführung gesenkt und Schnittstellen
Kunden führen. Aus den Fehlern zu lernen und den Ist-
zu anderen Gewerken optimiert. Auch das spüren unsere
Zustand ständig zu hinterfragen, ist eine der wichtigsten
Kunden: in Form von höherer Bauqualität.“
Managementaufgaben.“
Wie besetzt die Köster GmbH dieses Thema?
Claude-Patrick Jeutter: „Wir gehen dieses Thema sehr
konsequent und systematisch an. Wir haben ein festes,
zehn Mitarbeiter starkes KVP-Team installiert, das sich
ausschließlich mit der Verbesserung befasst – in allen
Unternehmensbereichen und entlang der gesamten
Wertschöpfungskette. Und wir haben mit dem KösterProzess-System® die organisatorische Grundlage dafür
geschaffen, dass auch der Verbesserungsprozess nach
definierten Standards verläuft.“
Und wie profitieren die Kunden davon?
Claude-Patrick Jeutter: „Der Vorteil für den Kunden ist
ein ganz entscheidender Punkt für uns. Wir leben von Verbesserungen, die für die Kunden spürbar sind. Zum Beispiel
in Form von stabilen Bauprozessen mit mehr Transparenz:
Unsere Kunden sind heute nicht nur besser informiert,
sondern auch stärker integriert und können Prozesse
aktiv mitgestalten. Daraus resultieren eine zeitnahe
Umsetzung von Sonderwünschen
und eine exakt zugeschnittene
Immobilie.“
Claude-Patrick Jeutter
setzt auf ein festes Team, das sich
ganz auf die Kontinuierliche Verbesserung
in allen Bereichen der Köster GmbH konzentriert.

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