Weisung von Generalinspekteur Volker Wieker ( PDF , 13,4 kB)

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Weisung von Generalinspekteur Volker Wieker ( PDF , 13,4 kB)
Sehr geehrte Damen und Herren Kommandeure und Dienststellenleiter,
nachdem in der jüngeren Vergangenheit die Zuverlässigkeit unseres Sturmgewehres
G36 durch verschiedene Meldungen in Frage gestellt wurde, haben wir uns im
vergangenen Jahr in einer intensiven Diskussion mit der Politik, dem
Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und dem Bundesrechnungshof auf
ein klares Vorgehen zur weiteren Untersuchung des G36 verständigt.
Zusammen mit dem unabhängigen Ernst-Mach-Institut in Freiburg (EMI), der
WTD 91, dem Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe und unter
Beteiligung aller Teilstreitkräfte sollte eine abschließende Perspektive auf die
Fähigkeiten des Sturmgewehrs erarbeitet werden.
Das Verfahren ist formell noch nicht beendet. Die abschließende Sitzung der
"Arbeitsgemeinschaft G36 in Nutzung" findet am 30. und 31. März statt.
Die in Vorbereitung dieser Sitzung erstellten Bewertungsbeiträge sprechen jedoch
eine eindeutige Sprache und enthalten folgende Feststellungen zum G36:
1. Präzisionseinschränkungen des G36 seien bei schussinduzierter
Erwärmung und durch Änderungen der klimatischen Umweltbedingungen
aufgetreten.
2. Präzisionseinschränkungen des Gewehres seien mit allen untersuchten
Munitionsarten und –losen festgestellt worden.
3. Die Untersuchungen zum Präzisionsverhalten beim System G36 haben
eindeutig eine Fähigkeitslücke in einem bestimmten Szenario aufgezeigt.
4. Die Präzisionseinschränkungen seien beim G36 signifikant größer als bei
den untersuchten Vergleichswaffen. Das G36 sei eindeutig Teil des
Problems (d.h. nicht nur die Munition oder sonstige Faktoren).
5. Für eine Übergangszeit, so das Heer als Hauptnutzer des Gewehres,
könne das G36 weiter genutzt werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, vorläufige Maßnahmen zu ergreifen,
über die ich Sie persönlich unterrichten möchte.
Nachdem am Freitag die Leitung des Hauses Kenntnis von dem Sachstand erlangt
hat, wurde am Sonntagabend der Militärische Führungsrat mit den Inspekteuren der
Teilstreitkräfte zusammengerufen, um so schnell wie möglich eine gemeinsame
militärfachliche Bewertung zu erlangen, was die jetzt vorliegenden Informationen für
die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz bedeuten und welche unmittelbaren
Konsequenzen für Schutz und Wirkung der Truppe zu ziehen sind.
Für den Grundbetrieb (Ausbildung und Übungen) folge ich der Empfehlung des
Heeres, das G36 für eine Übergangszeit weiter zu nutzen.
Für die Einsatzgebiete werde ich unverzüglich eine Weisung erlassen, die
taktisch/operative Vorgaben zur Ausstattung mit und zur Nutzung von Handwaffen in
den Einsätzen enthalten wird, um den absehbaren Defiziten des G 36 Rechnung zu
tragen. Priorität haben selbstverständlich die Einsätze in Afghanistan und die
anderen Einsätze in heißen Regionen wie Mali oder am Horn von Afrika.
Wenn der Abschlussbericht vorliegt, wird das Ministerium in Kenntnis der
Gesamtbewertung die notwendigen weiteren Konsequenzen ziehen. Dabei wird auch
die Frage zu beantworten sein, ob die Bundeswehr mittelfristig mit einem neuen
Sturmgewehr ausgerüstet werden muss.
gez.
Wieker
General

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