Erpressung nach Video-Chat

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Erpressung nach Video-Chat
SEXTORTION
Erpressung nach Video-Chat
In Chatrooms fordern attraktive Lockvögel Männer und Frauen zu sexuellen Handlungen auf,
um sie dabei mit der Webcam zu filmen und danach zu erpressen.
Werde der Forderung nicht
er junge Niederösterreinachgekommen, drohen die
cher akzeptierte die junErpresser damit, die Aufnahge und attraktive Frau
men im Internet zu verbreiten
gerne als Facebook-„Freunoder sie direkt an die Freundin“, nachdem sie ihn über das
deslisten der Opfer zu schisoziale Netz kontaktiert hatte.
cken. Häufig übermitteln die
Nach kurzer Zeit schlug sie
Täter einen Link zu einem
dem Mann vor, auf den BildteYoutube-Video, das noch nicht
lefondienst Skype zu wechöffentlich zugänglich ist und
seln. Nach einigen Gesprächen
jederzeit freigeschaltet werden
überredete sie den Niederösterreicher beim Video-Chat dazu,
kann. Auch mit der Veröffentsich auszuziehen und vor der
lichung auf Pornowebsites
Kamera „Spaß“ zu machen.
wird gedroht. Bezahlt werden
Damit war er in eine Sex-Falle
solle über anonyme Bargeldgetappt. Tage später erhielt der Interpol-Generalsekretariat in Lyon: Interpol koordinierte
transferdienste oder mit PrePolizeioperationen gegen Sextortion-Netzwerke.
Skype-Partner ein „Angebot“:
paid-Zahlungsmitteln. Bei junse werden aufgezeichnet und dazu verEr solle 1.000 Euro über einen anonygen Opfern kann es auch passieren, dass
wendet, die Opfer zu erpressen.“ Die atmen Geldtransferdienst überweisen, andie Täter anstelle eines Geldbetrags
traktiven Chatpartner sind meist Locksonsten würde die kompromittierende
weitere Nacktaufnahmen fordern.
vögel, oft sogar nur VideoeinspielunVideosequenz auf Youtube veröffentWar die Webcam nur kurz aktiviert
gen. Bei Jugendlichen liegen die Fordelicht und an seine Facebook-Freunde
und wurde der Video-Chat sofort wierungen in Österreich meistens bei 100
verbreitet werden.
der beendet, kann es trotzdem zu einem
Euro, bei Erwachsenen bewegt sich die
Seit längerer Zeit sind die Polizei
Erpressungsversuch kommen. BeiSumme zwischen 500 und 1.000 Euro.
und Beratungsstellen mit einer neuen
spielsweise wird das Gesichtsbild des
Form von Erpressung konfrontiert:
Opfers mit dem Körperbild eines Man„Sextortion“ – ein Kunstwort aus den
nes montiert, der sich selbst befriedigt.
SEXTORTION
Begriffen „Sex“ und „Extortion“ (Erpressung). „Es handelt sich also um eine
Gesunde Vorsicht. „Der einzig wahre
Was tun?
Erpressung mit freizügigen Bildern der
Schutz im Internet und besonders in
Opfer“, erklärt Mag. Bernhard JungChatrooms ist, vorsichtig zu sein“, emp• Nicht auf die Forderungen eingewirth von „Saferinternet.at“.
fiehlt Jungwirth. Skepsis sei bereits gehen und kein Geld überweisen.
Laut Bundeskriminalamt steigt die
boten, wenn besonders attraktive, wild• Den Kontakt sofort abbrechen, die
Zahl der Anzeigen wegen Sextortion
fremde Personen offensiv zu flirten bePerson in der Freundesliste blockiestark an. Waren zunächst nur junge
ginnen.
ren und das Profil beim PlattformMänner betroffen, sind es inzwischen
Ein Alarmsignal sei auch, wenn neue
betreiber melden.
auch Mädchen und Frauen. Fast täglich
Online-Bekanntschaften
rasch auf Sky• Beweise wie Chat-Protokoll oder
melden sich Betroffene in Beratungspe
wechseln
wollen.
Der
Tipp des ExE-Mail-Verkehr sichern – etwa mitstellen wie „147 Rat auf Draht“, Erperten:
„Webcam
abdecken,
solange
tels Screenshots.
wachsene ebenso wie Jugendliche. Die
man nicht sicher ist, dass man seinem
• Anzeige bei der Polizei wegen ErTäter nutzen die Scham und Angst der
Gegenüber vertrauen kann. Man sollte
pressung erstatten.
Opfer als Druckmittel.
stets daran denken: Alles, was man vor
• Falls Fotos oder Videos im Interder Webcam macht, kann das Gegennet auftauchen sollten, rasch den
Die Erpresser gehen stets nach demüber aufzeichnen.“ In sozialen Netzen
Plattformbetreiber informieren und
selben Muster vor: „Unbekannte nehsollten sichere Privatsphäre-Einstellunum Entfernung ersuchen. Unterstütmen über Facebook, WhatsApp, Tinder,
gen gewählt werden, um zu verhindern,
zung bietet der Internet-OmbudsLovoo, Spiele-Netzwerke oder ähnliche
dass Fotos, Freundeslisten oder andere
mann (www.ombudsmann.at).
Internet-Plattformen Kontakt zu meist
Informationen missbraucht werden kön• Die Beratungsstelle „147 Rat auf
männlichen Opfern auf und überreden
nen, rät Jungwirth: „Und damit man erst
Draht“ (Notruf 147, www.rataufsie, eine begonnene Unterhaltung per
gar nicht in die Sextortion-Falle tappt,
draht.at) berät Kinder, Jugendliche
Video-Chat weiterzuführen“, erläutert
ist gerade beim Online-Flirten immer
und ihre Bezugspersonen kostenlos.
Jungwirth. „Kurze Zeit später werden
eine gesunde Portion Misstrauen ange• Präventionstipps gibt es auf der
die Betroffenen dazu animiert, sich ausbracht – besonders dann, wenn das GeHomepage des Bundeskriminalzuziehen und sexuelle Handlungen über
genüber rasch zur Sache kommt.“
amts: www.bmi.gv.at/praevention
die Webcam an sich vorzunehmen. DieJulia Riegler
FOTO: INTERPOL
D
ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 11-12/15
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