Wunderschönes kaltes Blau
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Wunderschönes kaltes Blau
N LEBEN! NTS_DDM27 2011 Wunderschönes kaltes Blau Warum steht einem die olivgrüne Jacke eigentlich nicht? Weil man ein „Eiswinter“ ist. Resultat einer Farbberatung Mein Farbpass! Diese Farben, hat die Expertin herausgefunden, stehen mir am besten. Cornelia Färber Kamen. Wer schön sein will, muss leiden. Nirgendwo sonst wird das so deutlich, als vor Heike Brumbergs Spiegel. Dabei atmet die Umgebung reine Harmonie, schwarze Stühle, edle Kissen, asiatische Accessoires, ein Kleiderständer mit Tücher und Federboas in pink, lila und schwarz. Sonnenlicht fällt durchs mannshohe Fenster. Eigentlich müsste man sich hier glücklich fühlen. Wenn, ja wenn man nicht so nackt daherkäme. Bevor die Farb- und Typstylistin ans Werk geht, muss frau sich ab- schminken. Komplett, radikal. Wimperntusche, Rouge, Lippenstift. Alles wird weggewischt. Der graue Alltag steht mir im schönen Atelier der diplomierten Designerin mitten ins Gesicht geschrieben. Halt, möchte man rufen, das ist ganz und gar privat! Heike Brumberg lässt sich nichts anmerken. Sie hat schon viele Frauen jeden Alters (und manchmal auch Männer) in diesem Zimmer zu Gast gehabt und weiß um die Magie der Tücher, die Farbe auf Wangen und in Augen zaubern - oder eben auch nicht. Manchmal hat sie ihre WER HAT ES ERFUNDEN? Ein Professor und eine Psychologin Der Begriff des intuitiven Farbsinnes wurde geprägt vom Schweizer Maler Professor Johann Itten (1888–1967). Itten war Dozent an der Hochschule für Gestaltung des Bauhauses in Weimar. Er entdeckte, dass die Farbwahl seiner Studenten in deren Kunstwerken mit dem natürlichen Kolorit ihrer Haut-, Haar- und Augenfarbe in Verbindung stand und entwickelte die Jahreszeitenfarbtypologie. Ittens Theorie wurde in den USA in den Modebereich aufgenommen und von seiner Schülerin Carole Jackson in den 60er Jahren weiterentwickelt. Heute noch ist deren Analysemethode Basis für die meisten Schulen der Farb- und Stilberatung. Der Titel „Farbberaterin“ ist nicht geschützt, deren Ausbildung nicht gesetzlich geregelt. Die Stiftung Warentest hat die verschiedenen Ausbildungsins- titute zur Typ- und Farbberaterin untersucht, am besten schnitt das Institut „Imago Berlin“ ab. Wer zu einer Farbberaterin gehen will, sollte sich vorher informieren, ob sie ihre Ausbildung an einem renom- mierten Institut absolviert hat. Ein Wochenendkurs reicht nicht aus, um die Farbanalyse umfassend zu lernen. Auch sollte man nachfragen, ob es einen individuellen Farbpass gibt, sowie Make Up-Tipps. Kosten für eine Beratung (ca.1,5 bis 2,5 Std.): 120 bis 200 Euro. Infos: www.test.de/suche Stichwort: Farbberatung Klientinnen bereits vorher kennengelernt. Hat, wie in meinem Fall, mitgeholfen, einen überladenen Kleiderschrank auszuräumen und dabei in einem ersten großen Rundumschlag analysiert, was einem von den eigenen Klamotten eigentlich steht und vor allem, was nicht. Da schon sortierte sie alles Braune, Olivund Rostfarbene an Jacken und Blusen aus und mich grob in die Kategorie „Kühler Typ, vermutlich Winter“ ein. Was auch immer das heißen sollte, soll sich jetzt, beim „Feintuning“, zeigen. Ich stehe kurz vor meiner ersten Farbanalyse. Oft sind es Umbrüche, die Frauen dazu bringen, zu einem Farb-Profi zu gehen; die Zeit nach einer Schwangerschaft oder das Ende des Studiums, der Wiedereinstieg in den Beruf zum Beispiel. Manche ältere Frau will einfach dem beigen Einheitsbrei der Seniorenmode entgehen. Wer „seine“ Farben einmal gefunden hat, der verliert sie nicht mehr, sagt Heike Brumberg. Vielleicht wählt man, wenn die Haut im Alter heller und Haare grau werden, hellere Töne, aber stets innerhalb der eigenen Farbpalette. Mit Modetrends hat eine Farbberatung wenig zu tun – im Gegenteil. „Ich kaufe weniger, dafür hochwertiger“, sagt Heike Brumberg, ein „Winter“. Auch sie geht als Fachfrau mit Farbpass einkaufen. Zur Zeit, erzählt sie, sei „Koralle“ unglaublich angesagt. Alle Frauenzeitschriften fahren auf „Koralle“ ab: „Dabei steht die Farbe nur wenigen Frauen.“ Farbberater unterscheiden vier Farbtypen, die sie in die Foto: Monika Kirsch Kategorien „Frühling“ und „Herbst“ für eher warme Töne mit gelbstichigem Hintergrund und „Sommer“ und „Winter“ für kalte, bläuliche Töne einteilen. Jeder Mensch hat von Natur aus seinen eigenen Hautunterton, der klar oder zart, bläulich, rosig oder oliv sein kann. Zusammen mit Haar-, Zahnund Augenfarbe bilden sie den eigenen Farbtyp, der von den Heike Brumberg arbeitet sich trichterförmig vor. Zuerst gibt es nur zwei Grobrichtungen: Steht mir eher warmes Gold oder kaltes Silber? Dabei kann ich die Tücher nicht sehen, die mir die Expertin um den Hals legt. Es wirkt im Spiegel allein die Reflexion aufs ungeschminkte Gesicht. Goldbronze macht mich fahl und kränklich. Beige lässt mich in Sekundenschnelle altern. Silber dagegen hellt die Züge auf. Die Falte um Nase und Mund verblasst. Wir fachsimpeln. Was ist mit meinem tomatenroten Rock? „Tragen Sie hellgraue Blazer, silberne Lurexpullis, eine glänzende Bluse dazu!“. Keinesfalls kommt Koralle in den Kleiderschrank Expertin Sachen Stil und Farbe: Heike Brumberg. Foto: Studnar Idealfarben positiv unterstrichen wird. „Koralle“ ist zum Beispiel eine Herbstfarbe, kühles „Pink“ passt zum Winter, „Lachs“ zum Frühling. Dazwischen gibt es Mischtypen, denen eher pudrige oder klare, helle oder dunkle Töne stehen. Doch wie das herausfinden? Wir machen uns an die Arbeit. In zweiten, dritten Tücherdurchgang wird mein „kalter“ Farbtyp immer deutlicher. Die warmen Herbsttöne, Erdtöne, gelbgrundige Pastellfarben sind längst aussortiert. Eisblau sieht wunderschön aus, der Stoff sollte glänzen, auch blaugrundige Pinktöne stehen mir, kräftiges Blau und – oh Wunder, ich bin doch blond ein Gelb, hell wie Zitroneneis. Petrol und Meergrün, so muss das arktische Meer aussehen. „Eiswinter“ nennt Heike Brumberg meinen Farbtyp. Und: „Hätte ich so jetzt zunächst nicht gedacht!“ Mit meinem Farbpass, den sie mir persönlich zusammenstellt, geh ich demnächst einkaufen. Soviel ist sicher, Koralle kommt mir nicht in den Schrank! ONLINE Infos unter: www.stilsicher-kleiden.de