Quartalsbericht Indonesien - Hanns-Seidel
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Quartalsbericht Indonesien - Hanns-Seidel
QUARTALSBERICHT Projektland: Indonesien Quartal/Jahr: II/2012 A. Politische und wirtschaftliche Entwicklung im Projektland/in der Region 1. Innenpolitik Indonesiens Demokratie wird 14 Jahre alt Zunehmende soziale Spannungen durch steigende Intoleranz der Bevölkerung Prozess gegen Terroristen Umar Patek Menschenrechtssituation in Papua 2. Außenpolitik ASEAN strebt engere Zusammenarbeit der Mitgliedsländer an – der indonesische Präsident hat Zweifel Zunehmende Spannungen zwischen USA und China im Südpazifik – Indonesien zwischen den Stühlen 3. Wirtschaft Indonesische Rupiah auf Rekordtief Düstere Aussichten für den Export 4. Sonstiges Lady Gaga Saga Flugzeugabsturz eines neuen russischen Passagierflugzeugs über Java Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 1 1. Innenpolitik Indonesiens Demokratie wird 14 Jahre alt Im Mai 2012 wurde Indonesiens Demokratie genau 14 Jahre alt. Zeit also, einen Blick zu wagen was diese junge Demokratie bereits erreicht hat und wo noch Herausforderungen für die Zukunft liegen. Formal und von einem systematischen Standpunkt aus ist Indonesien die Transformation zu einer Demokratie sehr gut gelungen – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Indonesien als Archipel mit knapp 18.000 Inseln und hunderten von verschiedenen Ethnien generell nicht leicht zu regieren ist. Die Wahlen auf regionaler sowie landesweiter Ebene laufen in der Regel fair ab, und die große Anzahl an Parteien spricht für eine rege und aktive Teilnahme der Indonesier an dem demokratischen Prozess. Außerdem wurden wichtige demokratische Institutionen wie zum Beispiel das Indonesische Verfassungsgericht (Mahkamah Konstitusi Indonesia – MK) eingerichtet, die Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte unterstützen. Daneben wurde die Verfassung des Landes nach dem Sturz Soehartos auch um wichtige Paragraphen wie Meinungs- und Redefreiheit erweitert. Bemerkenswert ist außerdem die politische Stabilität Indonesiens – für eine junge Demokratie nicht selbstverständlich. Diese Tatsache ist auch von überregionaler Bedeutung, da Indonesien als sogenanntes Ankerland in Südostasien eine Vorreiterrolle einnimmt. Auch die indonesische Volkswirtschaft hat stark von der Demokratisierung und der damit verbundenen Deregulierung profitiert. Das Wirtschaftswachstum liegt in der Regel bei über sechs Prozent und eine Mittelschicht mit verfügbarem Einkommen ist am Wachsen. Da Indonesien traditionell über einen starken Binnenkonsum verfügt, profitiert die eigene Volkswirtschaft unmittelbar davon. Jedoch steht der Inselstaat noch vor großen Herausforderungen. Im Rahmen des 14jährigen Jubiläums der indonesischen Demokratie führte die größte Tageszeitung Indonesiens, KOMPAS, eine Umfrage zur Zufriedenheit der Bevölkerung durch. Demnach finden 54% der Befragten, dass die politischen Umstände heute mindestens so schlecht oder sogar noch schlechter sind als vor der Reformationsphase 1998 – also zu einer Zeit, als Indonesien eine streng regulierte Autokratie war. Noch düsterer sieht es aus, als die Teilnehmer der Studie zu dem Stand der Rechtsstaatlichkeit und Korruption befragt wurden: Demnach sehen 64% die Lage heute schlimmer als noch zu Soehartos Zeiten. Zwar gab es Nepotismus und Korruption auch bereits zu Indonesiens prä-demokratischen Zeiten, doch die Dezentralisierung mit der umfassenden Weitergabe an Kompetenzen bis in die Distriktebene hat das Problem auf dem Archipel Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 2 zweifelsohne verschärft. Doch nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zeigt sich die Bevölkerung unzufrieden – was zunächst angesichts der positiven Wirtschaftsentwicklungen seit der Asienkrise verwundert. Doch ein Großteil der indonesischen Bevölkerung insbesondere in ländlichen Gebieten spürt nicht viel von den regelmäßig sechsprozentigen Wachstumsraten. Und in den Städten steigen die Lebenshaltungskosten so stark an, dass die eigentlichen Nutznießer, die steigende Mittelschicht, ebenfalls nicht allzu viel von dem Wachstum profitieren – im Gegensatz zur ohnenhin so reichen Elite des Landes. Aus diesen Gründen zeigen sich bei der Frage nach dem Zustand der wirtschaftlichen Situation in Indonesien sogar 69% der Teilnehmer unzufrieden und meinten, dass die Lage vor der Reformasi, wie die Transformation zur Demokratie in Indonesien genannt wird, zumindest nicht schlechter oder sogar besser war. Abgesehen von den Umfragewerten steht außer Zweifel, dass Korruption nach wie vor eines der Hauptprobleme und Entwicklungshemmnisse des Landes ist. Außerdem ist der Entwicklungsstand des Landes zu ungleich verteilt. Um soziale Spannungen und wirtschaftliche Disparitäten zu verringern muss Indonesien seine strukturschwachen Gebiete weiter fördern. Zunehmende soziale Spannungen durch steigende Intoleranz der Bevölkerung und der Regierung Die Annahme, dass die religiöse Intoleranz in Indonesien in weiten Teilen der Bevölkerung zuletzt angestiegen ist, wurde im Juni 2012 durch eine veröffentlichte Studie des Think Tanks CSIS (Centre for Strategic and International Studies) erneut untermauert. Bei der Studie wurden 2,220 Teilnehmer aus 23 Provinzen befragt. Demnach lehnen knapp 80% der Befragten eine inter-religiöse Ehe ab, und immerhin noch knapp 70% wollen keine Glaubenseinrichtung einer anderen Religion in ihrer Nachbarschaft haben. Auch bei generellen Fragen wird eine starke Intoleranz zwischen Anhängern der verschiedenen Glaubensgemeinschaften deutlich. Ein Viertel der Befragten gab an, Angehörigen anderer Religionen nicht vertrauen zu können. Immerhin noch 60% seien in diesem Bezug zumindest „auf der Hut“. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass es keine wirkliche Diskrepanz bei den Antworten der Befragten zwischen Anhängern der islamischen und der nationalen Parteien gibt – religiöse Intoleranz scheint eine Massenerscheinung zu sein, die sich über regionale und ideologische Grenzen hinwegsetzt. Doch nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch seitens der Regierung lässt sich eine zunehmende Intoleranz beobachten. Ein Fall, der auch weltweit vor allem bei Menschenrechtsgruppen für Aufsehen sorgte, ist der des Beamten Alexander Aan aus Sumatra. Aan, offiziell ein Muslim, hatte auf seiner Facebookseite den Satz „Es gibt keinen Gott“ veröffentlicht. Dieser Ausdruck der freien Meinungsäußerung führte jedoch zu einem Skandal in Indonesien, der dazu führte, dass Aan von einem Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 3 wütenden Mob zusammengeschlagen und schließlich in Polizeigewahrsam genommen wurde. Aan wird nun aufgrund des Blasphemiegesetzes angeklagt und könnte bis zu elf Jahren Gefängnis verurteilt werden. Indonesien garantiert in seiner Verfassung zwar Religionsfreiheit, aber diese gilt – basierend auf der Staatsphilosophie Pancasila – nur für sechs anerkannte Glaubensrichtungen (Islam, Protestantismus, Katholizismus, Buddhismus, Hinduismus und Konfuzianismus). Atheismus wird deshalb nicht anerkannt, weil der Glaube an einen Gott in der Pancasila vorgeschrieben wird. Aan, der nach wie vor in Untersuchungshaft sitzt, hat inzwischen bekräftigt, dass er wieder dem Islam angehöre. Ähnlich wie der Fall aus dem Jahr 2011, bei dem die Mörder von drei Ahmadiyah Anhängern nur zu Haftstrafen zwischen drei und sechs Monaten verurteilt wurden, steht auch die Farce um den mutmaßlichen Atheisten Aan symbolisch für ein Justizsystem, dass immer wieder universale Menschenrechte missachtet und zum anderen sich den radikalen und intoleranten Gruppen im Land annähert. Prozess gegen Terroristen Umar Patek Im ersten Halbjahr 2012 gab es einen besonders prominenten Strafprozess in Indonesien: der letzte freie mutmaßliche Drahtzieher der Bali Bombe von 2002 wird des Mordes, Terrorismus und Waffen- und Sprengstoffbesitzes angeklagt. Der 45jährige ist Mitglied der islamistischen Terrororganisation Jemaah Islamiyah, welcher unter anderem Kontakte zu Al-Qaeda nachgesagt werden. Patek wurde 2011 in Pakistan verhaftet und ist mutmaßlich der letzte Mörder in Zusammenhang mit der Bali Bombe auf freiem Fuß. Im Jahr 2008 wurden bereits drei Drahtzieher dieses Bombenattentats, das mehr als 200 Menschenleben forderte, zum Tode verurteilt und exekutiert. Im Falle Pateks plädiert die Staatsanwaltschaft auf eine lebenslange Haftstrafe. Der Angeklagte selbst behauptet jedoch, lediglich am Bau der Bombe beteiligt gewesen zu sein, nicht aber bei der Planung der Tat. Aus diesem Grund plädiert seine Verteidigung auf sieben Jahre Haft. Patek hat sich inzwischen für seine Taten bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt – ob dies aufrichtige Reue oder nur eine Taktik zur Strafmaßreduzierung ist, darüber kann man nur spekulieren. Menschenrechtssituation in Papua Papua, die östlichste Provinz Indonesiens, steht auch in der ersten Jahreshälfte 2012 erneut in der Kritik für massive Verletzungen der Menschenrechte. So wurden in einem Bericht von Amnesty International zur Menschenrechtssituation im Vorfeld einer UNKonferenz in Genf die Attacken auf religiöse Minderheiten, aber vor allem auch die Inhaftierung friedlicher Aktivisten, die sich für ein unabhängiges Papua einsetzen, Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 4 kritisiert. Laut diesem Bericht wurden allein im Jahr 2011 90 politische Aktivisten der Unabhängigkeitsbewegung inhaftiert. Unter anderem wurde ein Separatist im Jahr 2004 zu 15 Jahren Gefängnishaft für das öffentliche Zeigen der Papuaflagge verurteilt und sitzt bis heute im Gefängnis. Neben politisch motivierten Taten nimmt aber auch willkürliche Gewalt in der Provinz zu, dessen Zutritt für Journalisten und NGOs generell untersagt ist. So wurde vor kurzem ein deutscher Tourist während eines Strandbesuchs ohne erkennbaren Grund mit drei Kugeln angeschossen. Diese Tat untermauert Deutschlands Kritik an der Menschenrechtslage in Papua im Rahmen der erwähnten UN Konferenz. Bereits Ende Mai wurden außerdem ein Lehrer aus Papua und lediglich fünf Tage später auch ein Schüler einer lokalen High School erschossen. Obwohl in Papua nicht nur die Polizei, sondern auch das Militär für die Sicherheit im Land verantwortlich ist, scheinen die Behörden das Problem nicht in den Griff zu bekommen. Ein trauriger Höhepunkt in der eskalierenden Situation stellt ein Angriff auf ein kommerzielles Flugzeug im April dar, bei dem ein Mensch getötet und drei weitere verletzt wurden. Nicht wenige Menschen in der Provinz Papua würden sich gerne von Indonesien abspalten: Die sich ethnisch sehr stark von den restlichen Indonesiern unterscheidenden Ureinwohner Papuas fühlen sich von der Regierung in Jakarta ungerecht behandelt und ausgebeutet. So wird beispielsweise die Ausbeutung natürlicher Ressourcen seitens der indonesischen Regierung zusammen mit dem amerikanischen Bergauunternehmen Freeport kritisiert, die auch nachhaltig das vielfältige Ökosystem der Region zerstört. 2. Außenpolitik ASEAN strebt engere Zusammenarbeit der Mitgliedsländer an – der indonesische Präsident hat seine Zweifel Im Rahmen des „World Economic Forum on East Asia 2012“ betonten ASEANVertreter, das der südostasiatische Staatenbund enger zusammenrücken muss, um besser gegen externe (globale) Schwankungen, Krisen aber auch Naturkatastrophen geschützt zu sein. Diese Zusammenarbeit soll vor allem durch eine stärkere regionale Kooperation und Integration der ASEAN-Staaten erfolgen. Ökonomische Ungleichheiten müssen dabei verringert werden. Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono hat jedoch in einem vielbeachteten Interview mit dem Wall Street Journal in Bezug auf die momentane Euro-Krise davor gewarnt, das europäische EU-Modell auf ASEAN zu übertragen. Yudhoyono war eigentlich stets für seine proASEAN Poltik bekannt, aus diesem Grund kam diese Kritik für viele Experten etwas Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 5 überraschend. Die zehn Mitgliedsländer wollen bis zum Jahr 2015 eine geschlossene regionale Wirtschaftsregion schaffen, die sogenannte ASEAN Economic Community. In diesem Rahmen warnt Yudhoyono davor, die gleichen Fehler wie bei der Euro Einführung zu begehen, da auch in ASEAN die wirtschaftlichen Ausgangssituationen der verschiedenen Mitgliedsländer sehr unterschiedlich sind. In diesem Zusammenhang spricht auch der Generalsekretär von ASEAN davon, dass die Europäische Union ein inspirierendes Modell darstellt, das aber nicht unbedingt eins zu eins umgesetzt werden sollte. Zunehmende Spannungen zwischen USA und China im Südpazifik – Indonesien zwischen den Stühlen Die zwei größten Energiekonsumenten der Erde - USA und China – verfolgen unterschiedliche Strategien, um ihren jeweiligen Bedarf zu decken. Amerika will einerseits durch energiesparende Verfahren und Technologien ihren Energiebedarf mittelfristig senken, andererseits aber durch eine verstärkte Öl- und Gasförderung im eigenen Land. Dies geschieht, um die Abhängigkeit zu Ländern im Nahen und Fernen Osten zu verringern. China hingegen steht durch die stark wachsende Mittelschicht und deren Bedarf nach Konsumgütern wie Autos, Fernseher und Kühlschränke, einem steigenden Energiebedarf gegenüber. Dies hat zur Folge, dass die Volksrepublik zunehmend von Energieimporten abhängig ist. Um die eigene Energieversorgung zu gewährleisten, dehnt China deshalb seine wirtschaftliche und militärische Präsenz weiter aus. Ein strategisches Ziel ist das Südchinesische Meer und vor allem die Spratley Inseln, wo große Erdöl- und Erdgasreserven vermutet werden. Diese Ausweitung des chinesischen Hoheitsgebietes im südchinesischen Meer stößt aber auf Widerspruch bei den ASEAN-Anrainerstaaten Philippinen, Vietnam, Brunei und Malaysien. Zum Schutz dieser Anrainerstaaten haben nun die USA den Südpazifik zu einem strategischen Schwerpunkt erklärt. Aus diesem Grund soll auch der bestehende Militärstützpunkt in Darwin, Australien, weiter ausgebaut werden. Dem Staatenverbund ASEAN unter dem Vorsitz von Indonesien kommt deshalb eine zentrale Rolle bei der Mediation zu. China und die USA sind für Indonesien wichtige Handels- und Wirtschaftspartner. Aus diesem Grund wird bei der Beilegung des Konfliktes um das Südchinesische Meer ein großes Maß an diplomatischem Fingerspitzengefühl benötigt. Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 6 3. Wirtschaft Indonesische Rupiah auf Rekordtief Die indonesische Rupiah hat im Mai 2012 den tiefsten Wert seit 31 Monaten erreicht. Durch die Turbulenzen in der Eurokrise und den momentan schwächelnden Volkswirtschaften China und USA haben viele Auslandsinvestoren risikoreiche Anlagen in Indonesien verringert und dadurch die Rupiah geschwächt. Die großen indonesischen Banken versichern jedoch, über genügend ausländische Devisen zu verfügen, um die Rupiah stabilisieren zu können – eine wichtige Lektion aus der Asienkrise im Jahr 1998/99. Der indonesische Leitindex JCI (Jakarta Composite Index) stürzte nur innerhalb eines Monats um 13,5% auf 3654 Punkte ab, die Anleger fürchteten Kursverluste und verkauften viele Anteile. Damit ist Indonesien im Bezug auf die Kursverluste das am stärksten betroffen Land Asiens. Allen globalen negativen Entwicklungen zum Trotz sind sich das Finanzministerium und die Zentralbank Indonesiens sicher, dass das Land 2012 das starke Wirtschaftswachstum aus dem letzten Jahr (6,5%) noch übertreffen kann. Düstere Aussichten für den Export Die negative wirtschaftliche Entwicklung wird auch in der indonesischen Außenhandelsbilanz bemerkbar. Ein Vergleich der letzten fünf Jahre zeigt, dass die Ausfuhr von Gütern mit Ausnahme des globalen Krisenjahres 2009 stetig zugenommen hat. Für 2012 prognostiziert die Regierung jedoch einen starken Rückgang der Exporte. So wurde im April ein Handelsdefizit von 641,1 Millionen USD registriert – das erste Defizit seit fast zwei Jahren. Noch im März diesen Jahres konte Indonesien ein Überschuss von 840 Millionen USD aufweisen. Die schwache Rupiah und die sinkende Nachfrage von den kriselnden Euro-Staaten und den USA verstärken diese Tendenz. Laut dem indonesischen Handelsminister Gita Wirjawan könnte der Handelsüberschuss um 80% gegenüber dem Vorjahr sinken – von ehemals 26 Milliarden USD auf gerade einmal 5 Milliarden USD. Hinzu kommt, dass die wichtigsten Exportgüter Indonesiens allesamt Rohstoffe sind (z.B. Palmöl, Kohle, Gummi), welche naturgemäß von starken Preisschwankungen auf dem Weltmarkt betroffen sind. Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 7 4. Sonstiges Lady Gaga Saga Im Mai 2012 beherrschte ein sehr kontrovers diskutierter geplanter Konzertauftritt der amerikanischen Popsängerin Lady Gaga die Medienlandschaft. Dabei sollte die Sängerin, die bekannt ist für ihre freizügigen und teils provokanten Bühnenauftritte, Anfang Juni 2012 in einem Fußballstadion in Jakarta auftreten. Für dieses Event, welches im Vorfeld vom indonesischen Tourismusministerium unterstützt wurde, wurden mehr als 50.000 Karten verkauft. Je näher der geplante Konzerttermin rückte, desto stärker wurde allerdings der Widerstand konservativer muslimischer Gruppen. In zahlreichen Demonstrationen warnten Mitglieder von radikalislamsischen Vereinigungen wie der Islamischen Verteidigungsfront FPI oder Hizbut Tahrir davor, dass Lady Gaga mit einem Konzertauftritt die Moral der indonesischen Jugend zerstören würde. Hierbei wurde dem amerikanischen Superstar, der unter anderem für seinen Einsatz für Toleranz und Rechte der Homosexuellen bekannt ist, insbesondere vorgeworfen, Bote des Teufels zu sein und dessen Kunde zu verbreiten. Nach wochenlangen Demonstrationen dieser Gruppierungen weigerte sich die Polizei Jakartas schließlich, eine Empfehlung für Lady Gagas Konzert zu geben – auch wenn die Polizei es abstreitete kann das wohl als ein Kniefall vor den ultrakonservativen Islamgruppen Indonesiens bewertet werden. Damit ist die Amerikanerin der erste ausländische Künstler, dem in Indonesien eine Konzertgenehmigung verweigert wird. Daraufhin folgten weitere Diskussionen zwischen dem Tourismusministerium, dem Religionsministerium, der Polizei und dem Konzertveranstalter. Als etwa eine Woche vor dem geplanten Auftritt immer noch unklar war, ob eine offizielle Genehmigung nun ausgestellt wird oder nicht und gleichzeitig der Widerstand gegen das Konzert aus dem radikalislamischen Lager stetig zunahm – unter anderem drohten sie an, Lady Gaga bereits am Flughafen am Betreten des Landes zu hindern – sagte das Management der Sängerin schließlich das Konzert aus Sicherheitsgründen selbst ab und nahm somit der Regierung eine Entscheidung ab. Bei diesem Fall geht es jedoch um mehr als nur ein abgesagtes Konzert. Er steht vielmehr symbolisch für das, was in Indonesien in den letzten Jahren schleichend, aber doch stetig zu beobachten ist: eine steigene Einflussnahme der religiösen Extremisten bei einer gleichzeitigen sinkenden Einflussnahme der Regierung. Erneut wurde ein verfassungsmäßig garantiertes Recht – nämlich das der künstlerischen Freiheit – zu Gunsten von den ultrakonservativen Ansichten einer kleinen Minderheit außer Kraft gesetzt. Erneut stand Indonesien weltweit im Ruf, radikalisiert zu werden (unter anderem kritische Berichterstattung von CNN, New York Times, BBC und SPIEGEL). Auch in anderen Staaten im Rahmen von Lady Gagas Asienreise gab es Widerstand und Proteste, beispielsweise von konservativen Christen in den Philippinen – anders Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 8 als in Indonesien sorgte sich dort die Regierung allerdings um einen reibungslosen Ablauf der Konzerte. Es ist auch davon auszugehen, dass es den radikalislamsichen Gruppen nicht so sehr um Lady Gaga speziell ging, sondern dass sie vielmehr eine Chance sahen, durch Gagas außerordentliche globale Popularität besonders viel mediale Aufmerksamkeit zu erhalten – was ihnen durchaus gelungen ist. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Folgen dieser Fall für Indonesien haben wird – sowohl wirtschaftlich (Abnahme des Tourismus bzw. weitere Absagen anderer westlicher Künstler als Folge der weltweiten Berichterstattung) als auch kulturell und politisch (Kniefall vor den Extremisten). Flugzeugabsturz eines neuen russischen Passagierflugzeugs über Java Im Mai 2012 kam es zu einem besonders tragischen Verkehrsunfall in der Nähe von Jakarta. Ein neues russisches Passagierflugzeug des Typs Sukhoi Superjet 100 stürzte während eines Werbeflugs für potentielle Käufer in den 2200 Meter hohen Salak Berg in Westjava. An Bord waren 45 Passagiere, darunter viele hochrangige Vertreter von indonesischen Airlines. Der Sukhoi Superjet 100 ist das erste zivile Passagierflugzeug aus Russland seit dem Ende der Sowjetunion und sollte als leuchtendes Beispiel für Russlands neue Ambitionen in der Luftfahrt gelten. Das Unternehmen war im Rahmen einer Werbetour durch Asien gereist um Airlines von dem Sukhoi Superjet zu überzeugen. Bei dem Unfall wurden alle 45 Passagiere getötet. Die Ursache des Unfalls ist noch unklar, wobei sowohl Russland als auch Indonesien separate Ermittlungen leiten. Erst drei Wochen nach dem Unfall konnten Bergungskräfte die sogenannte Black Box sicherstellen, die vielleicht Aufschlüsse über die Ursache für den Absturz geben kann. IMPRESSUM Erstellt: 01.08.2011 Herausgeber: Hanns-Seidel-Stiftung e.V., Copyright 2011 Lazarettstr. 33, 80636 München Vorsitzender: Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, Staatsminister a.D., Senator E.h. Hauptgeschäftsführer: Dr. Peter Witterauf Verantwortlich: Christian J. Hegemer, Leiter des Instituts für Internationale Zusammenarbeit Tel. +49 (0)89 1258-0 | Fax -359 E-Mail: [email protected] | www.hss.de Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Projektland, Quartal II/2012 9