Liebe Führungskräfte - Fürstenberg Institut
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Liebe Führungskräfte - Fürstenberg Institut
EDITORIAL Liebe Führungskräfte, am 21. Juni war offizieller Sommeranfang. Wie jedes Jahr hoffen wir alle, dass sich der Sommer daran hält. Und wie jedes Jahr sind der Frühling und der Sommer die Monate im Jahr, in denen unsere Berater am häufigsten mit Suizidandrohungen und leider gelegentlich auch vollzogenem Suizid zu tun haben. Sie lesen richtig. Unser Bauchgefühl sagt uns etwas ganz anderes, die Herbst und Wintermonate scheinen hierfür viel prädestinierter zu sein. Experten tun sich schwer, hierfür eine plausible Erklärung zu finden. Es gibt die Vermutung, dass Menschen, denen es psychisch nicht gut geht, durch die positive Stimmung und gute Laune ihrer Mitmenschen eher noch mehr frustriert als aufgeheitert werden. Da ein Suizid oder auch nur die vage Andeutung einer solchen Handlung große Auswirkungen auf das ganze Umfeld haben – Familie, Freunde, Arbeitskollegen aber auch das gesamte Unternehmen – möchten wir Ihnen in diesem Newsletter Antworten auf die folgenden Fragen geben: Was können Sie als Führungskraft tun, wenn Sie sich um einen Mitarbeiter Sorgen machen oder sogar entsprechende Andeutungen gemacht werden? Wie können Sie sich im Ernstfall verhalten? Wir wünschen Ihnen einen schönen und sonnigen Sommer. Ihre www.fuerstenberg-institut.de Neues aus dem Fürstenberg Institut Hamburg zieht um! Ab Anfang August finden die Beratungen für unsere Hamburger Kunden in neuen Räumlichkeiten statt! Statt in den Colonnaden 51 empfangen wir Sie ab dann im Gorch-Fock-Wall 3 – ca. 350 Meter von der alten Adresse entfernt. An der guten Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ändert sich nichts. Eine Wegbeschreibung und Anfahrtsskizze finden Sie auf unserer Homepage. Vortrag: Berlin am 08.10.2012 Burnout Prophylaxe IN DIESER AUSGABE 02 03 Neues aus dem Fürstenberg Institut Hamburg zieht um! 03 Vortrag: Berlin am 08.10.2012 Burnout Prophylaxe 04 Vortrag: Hamburg am 25.10.2012 Gelassen trotz hoher Anforderungen 04 „Wie schaffen Sie eigentlich Ihr Pensum?“ 07 Der Freitod 12 Suizid Zahlen, Daten, Fakten 15 Buchtipp: Der Autopilot im Kopf Immer mehr Führungskräfte und Mitarbeiter in Deutschland leiden an einem Überlastungssyndrom, das im Englischen mit Burnout bezeichnet wird. Besonders leistungsmotivierte Kollegen und Kolleginnen berichten von einer Entwicklung, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über Stress, Überforderung, Frustration, Desillusionierung hinzu psychosomatischen Erkrankungen führt. Leistungsträger, die früher an der Spitze standen, Teams mitgerissen haben, fallen monatelang wegen Erkrankung aus und hinterlassen Lücken, die kaum zu schließen sind. Burnout Erkrankungen gehen nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Teams und Unternehmen unter die Haut! In diesem Vortrag erfahren Sie, welche Bedingungen zu diesem Phänomen führen, wieso das Thema unsere Arbeitskultur berührt, warum Leistungsträger oft besonders gefährdet sind und wie individuelle Präventionsstrategien gegen Burnout aussehen können. Referentin ist Uta Kolbow, Systemische Beraterin und Coach in der Externen Mitarbeiterberatung des Fürstenberg Instituts. Der Vortrag findet am 08.10. 2012 von 19:00 bis 20:30 Uhr im Berliner Fürstenberg Institut, Dorotheenstraße 37 statt. Der Vortrag ist kostenfrei, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, bitten wir allerdings um eine verbindliche Anmeldung per E-Mail an anna. [email protected] oder telefonisch unter 040/380 820-0. www.fuerstenberg-institut.de 03 Vortrag: Hamburg am 25.10.2012 Gelassen trotz hoher Anforderungen Nicht immer sind es gravierende Lebensereignisse, die uns an die Grenzen unserer Belastbarkeit führen, sondern das tägliche Prozedere. Oder wie Anton Tschechow einmal sinngemäß gesagt hat: „Jeder Idiot kann mit einer Krise fertig werden, was uns schafft ist der Alltag“. Viele von uns haben das Gefühl, in einer regelrechten Tretmühle zu stecken, in der Veränderung schwer fällt oder uns manchmal sogar unmöglich vorkommt. Und dieses Gefühl trügt nicht einmal: Viele Arbeits- und Lebensumstände sind tatsächlich nicht zu ändern – das Arbeitspensum bleibt hoch, die Kindern sind anstrengend, die chronische Erkrankung ist belastend. An diesem Punkt setzt der Vortrag an: Wie kann ich trotz aller Umstände zufrieden und gesund leben und arbeiten? Kann ich lernen, mich selbst so zu führen, dass ich mich nicht ständig überfordert und erschöpft fühle? Und an welchen Stellschrauben des persönlichen Alltags lässt sich ja vielleicht doch noch etwas drehen? Referentin ist Melanie Brauck, Diplom-Psychologin und Trainerin im Fürstenberg Institut. Der Vortrag findet am 25.10. 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr im Hamburger Fürstenberg Institut, Colonnaden 96 statt. Der Vortrag ist kostenfrei, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, bitten wir allerdings um eine verbindliche Anmeldung per E-Mail an [email protected] oder telefonisch unter 040/380 820-0. „Wie schaffen Sie eigentlich Ihr Pensum?“ Wir haben Führungskräfte aus unseren Kundenunternehmen gefragt, wie sie Zeitdruck und Arbeitspensum so Tag für Tag bewältigen. Lesen Sie hier die Antworten von Frau Lancelle (Bezirksamt Neukölln), Herrn Förster (Johnson&Johnson Medical), Herrn Hemmerling (Unilever) und Herrn Heidger (Sparda Bank Hessen). 04 Meine Strategie zur Bewältigung von täglichem Zeitdruck und hohem Arbeitspensum Zeit ist grundsätzlich flexibel verfügbar und wird bestimmt durch meine regelmäßige Prioritätensetzung. Um diese Vorgehensweise langfristig durchzuhalten ist ein großer Grad an Offenheit erforderlich, um dem Gegenüber auch nachvollziehbar klar zu machen, dass nicht nur ihn verschiedenste Themen bewegen. Es gehört auch Selbstbewusstsein und Gelassenheit dazu, es dem Anderen nicht immer recht machen zu können sowie die Akzeptanz, dass es keine 100% Selbstbestimmung gibt. Im Übrigen strebe ich nicht in jeder Situation nach Perfektionismus.“ Heiner Förster, HR Director Johnson & Johnson Medical „Trotz des bestehenden Gefühls der eigenen körperlichen „Unbesiegbarkeit“ kam doch irgendwann der Tag, an dem ich feststellte, dass ich unbedingt eine Strategie für mich entwickeln musste, um mit den bestehenden Zwängen des Zeitdrucks und des Arbeitspensums umgehen zu können. Dies sollte aber meinem eigenen hohen Qualitäts- und Quantitätsanspruch genügen. Nach eigenem Auskundschaften der Bedürfnisse und Erwartungen sind es doch recht simple Dinge, die mir bei der Bewältigung helfen. Es beginnt damit, dass ich auf ausreichend Schlaf achte, mich ausgewogen ernähre, ohne die Lust am Essen außer acht zu lassen, und mindestens dreimal pro Woche Sport treibe. Damit stelle ich für mich eine körperliche Balance her. Als Kernpunkt stellt sich für meinen Büroalltag ein vernünftiges Zeitmanagement dar. Ich verschaffe mir ein Zeitfenster, in dem ich in Ruhe ohne anstehende Termine Sachverhalte am Schreibtisch bearbeiten kann und in Ruhe mit meinem Team besprechen kann. Allein das Gefühl, selbstbestimmt zu arbeiten, entlastet ungemein. Ich nutze auch die Möglichkeit, mich auf schwierige Gespräche mithilfe eines exquisiten Beratungsinstituts vorzubereiten. Last, but not least: Meine Arbeit bereitet mir viel Freude und macht mir Spaß!“ Françoise Lancelle, Leiterin des Bereiches Personalentwicklung des Bezirksamt Neukölln www.fuerstenberg-institut.de 05 Entscheidend für die Vermeidung von Zeitdruck ist, dass man seine Aufgaben mit Freude und Überzeugung angeht. So wird ein zeitlicher Engpass eher als Herausforderung und weniger als Zeitdruck empfunden. Um zu vermeiden, dass die Herausforderungen Überhand nehmen hilft häufig die bewährte 80:20-Regel1 und das bewusste Einplanen von Freiräumen zwischen den verschiedenen Terminen. Wichtig scheint mir zudem die klare Trennung von Arbeit und Freizeit, um die eigene Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten. Felix Hemmerling, SC HR Manager Pratau/Stavenhagen Grundsätzlich empfinde ich es als toll einen so abwechslungsreichen, herausfordernden und verantwortungsreichen Aufgabenbereich zu haben. Das breite Tätigkeitsspektrum von A wie Ausbildung bis Z wie Zeugnisse erstellen, ergibt eine große Chancenvielfalt, die mich persönlich täglich fordert, entwickelt und zugleich jung hält. Die sich hieraus ergebenden Erfolge sind eine große Motivation, das hohe Pensum täglich zu erbringen. Als gute Ergänzung hierzu erachte ich eine bewusste Ernährung und Sport für notwendig. „One apple a day, keeps the doctor away“ - Obst gehört für mich als Ergänzung zur täglichen Ernährung genauso dazu, wie zweimal pro Woche nach der Arbeit durch den Wald zu joggen oder schwimmen zu gehen. Während dieser sportlichen Sequenzen kann ich gut das Tagesgeschäft noch einmal Revue passieren lassen. Hierdurch finde ich einen guten Ausgleich und meine gesundheitliche Fitness. Das tägliche Obst sowie die sportlichen Themen habe ich als feste „Anker“ (Rituale) in den Wochenablauf integriert. Mit dieser strategischen Maßnahme verliert der „innere Schweinehund“ (die Trägheit) ganz schnell an Bedeutung. Jürgen Heidger, Direktor Personalmanagement Sparda-Bank Hessen eG 1 Das Paretoprinzip, benannt nach Vilfredo Pareto (1848–1923), auch 80:20-Regel genannt, besagt, dass üblicherweise 20 Prozent der Tätigkeiten und Aufgaben so entscheidend sind, dass sich damit bereits 80 Prozent des gesamten Erfolges der Arbeit erzielen lassen. Die übrigen 80 Prozent der Zeit erbringen dagegen lediglich noch 20 Prozent des Ergebnisses. Wer das Pareto-Prinzip beachtet, versucht seine Arbeitsaufgaben so zu priorisieren, dass so viele Aufgaben wie möglich in so wenig Zeit wie möglich erledigt werden. Besonders beachtenswert hierbei: Die Effektivität einer Tätigkeit ist danach nicht unbedingt am Zeitverbrauch festzumachen, die man zur Erledigung der Tätigkeit bzw. Durchführung der Aktivität benötigt. 06 Der Freitod Es ist nicht häufig der Fall, aber es kommt doch mehrfach im Jahr vor. Führungskräfte melden sich bei uns in der Beratung, weil ein Mitarbeiter Suizidgedanken geäußert hat, Grund zur Sorge in diese Richtung besteht oder schlimmstenfalls der Ernstfall wie in unserem Fallbeispiel eingetreten ist. Die Betroffenheit und Unsicherheit des Einzelnen aber auch des ganzen Teams im Umgang mit solchen Vorfällen sind gewöhnlich so gravierend, dass wir dieses Thema an dieser Stelle aufgreifen möchten. Im Folgenden haben unsere Berater die wichtigsten Handlungsschritte und Grundlagen zusammengefasst. Sollten Sie selbst in Ihrem beruflichen Umfeld von diesem Thema betroffen sein oder weitergehende Fragen haben, kommen Sie gern auf uns zu. Herr Schneider ist beunruhigt. Seit Tagen ist sein Mitarbeiter, Herr Bartels, nicht zur Arbeit gekommen. Er hatte sich vergangenen Freitag ganz normal ins Wochenende verabschiedet. Nichts deutete darauf hin, dass es ihm schlecht ging oder er sich nicht wohl fühlte. Heute ist Mittwoch und von Herrn Bartels fehlt immer noch jede Spur. Die Kollegen und Herr Schneider haben schon mehrfach bei ihm angerufen. Ohne Ergebnis. Alle wissen, dass Herr Bartels seit längerem in Scheidung lebte, seine Frau und seine Kinder waren bereits vergangenes Jahr ausgezogen. Herr Bartels ist ein sehr zuverlässiger und pflichtbewusster Mitarbeiter, sicherlich einer der Leistungsträger in der Abteilung. Vergangene Woche erst hatte Herr Bartels Herrn Schneider um einen Gesprächstermin gebeten, aber Herr Schneider hatte es zeitlich einfach noch nicht einrichten können. Warum hat er überhaupt mit mir sprechen wollen? fragt sich Herr Schneider jetzt, während er stirnrunzelnd an seinem Schreibtisch sitzt. Natürlich war das Arbeitspensum in den vergangenen Jahren gestiegen und seit der Einführung der neuen Software und einer Reihe interner Umstrukturierungen hörte er die Kollegen häufig über Zeitdruck und die hohe Arbeitslast stöhnen. Aber Bartels ist doch ein Profi, der kriegt das doch gewuppt! Warum hatte er um ein Gespräch gebeten? Herr Schneider erinnerte sich nicht daran, ob er überhaupt nachgefragt hatte. Heute Morgen hat er die Personalabteilung über das Fehlen von Herrn Bartels informiert. Merkwürdig war die ganze Sache schon. www.fuerstenberg-institut.de 07 Erneut ist nur das Freizeichen zu hören, als er wieder bei Herrn Bartels anruft. Herr Schneider steht mit einem Ruck vom Schreibtisch auf, nimmt seine Jacke und seine Tasche und verlässt zielstrebig das Büro. Ich fahre jetzt zu Bartels, entscheidet er. Vielleicht ist er zuhause, vielleicht will er einfach nur niemanden sehen, vielleicht hatte er einen Unfall im Haushalt, vielleicht… - weiter will Herr Schneider gar nicht denken. Eine Stunde später trifft die Polizei ein. Auf das Klingeln von Herrn Schneider hatte niemand reagiert. Das Reihenhaus in der kleinen Siedlung blieb völlig still, im Haus rührte sich nichts. Herr Schneider hat sich nicht mehr zu helfen gewusst und die Polizei benachrichtigt. Sie brechen schließlich die Haustür auf und die schlimmsten Befürchtungen von Herrn Schneider bestätigen sich. Sein Mitarbeiter hat sich bereits am vergangenen Wochenende mit Hilfe von Tabletten das Leben genommen. Als Herr Schneider seine Abteilung am nächsten Morgen zum Meeting ruft, kann er den meisten bereits ansehen, dass sie schon Bescheid wissen. Er hört sich selbst beim Sprechen zu, als er hilflos die Situation schildert. Die Kollegen und Kolleginnen schwiegen und starren vor sich auf die Tischplatte. Manche beginnen zu weinen. Dann platzt es aus einem heraus: „Das musste ja so kommen!“ Herr Schneider erstarrt. Die Stille im Raum ist plötzlich unerträglich laut. Wie gehe ich damit um, wenn ein Mitarbeiter Suizidgedanken äußert? Suizidandeutungen sollten immer sehr ernst genommen werden. Sie sind meistens ein Warnzeichen oder ein Hilferuf - und doch ist die Tragweite der Andeutung von Außenstehenden häufig schwer einzuschätzen. In Gesprächen am Arbeitsplatz können sie in Äußerungen wie „Es hat alles keinen Sinn mehr!“ oder „Ich weiß nicht, wozu ich heute noch fähig bin.“ deutlich werden. Solche Sätze fallen häufiger im Kollegenkreis als gegenüber dem Vorgesetzten. Aber auch das ist nicht auszuschließen, zum Beispiel nach einem Mitarbeitergespräch. Entscheidend ist hier, den Mut aufzubringen, den Mitarbeiter unmittelbar und direkt anzusprechen. Reden Sie nicht drum herum. 08 Entscheidend ist hier, den Mut aufzubringen, den Mitarbeiter unmittelbar und direkt anzusprechen. Reden Sie nicht drum herum. „Habe ich dich eben richtig verstanden, dass du darüber nachdenkst, dir das Leben zu nehmen?“ Oder: „Heißt das, dass ich mir Sorgen machen muss, dass du dir das Leben nimmst?“ Wenn der Mitarbeiter durch seine Reaktion den Eindruck erweckt, dass es eher ein Hilferuf war, er also nicht akut gefährdet ist, ist es Ihre Aufgabe, den Mitarbeiter zu ermutigen, sich Hilfe zu holen: Wer kann Unterstützung bieten? Wenn der Mitarbeiter einverstanden ist, rufen Sie direkt gemeinsam bei uns im Fürstenberg Institut an und machen ganz kurzfristig einen Termin aus. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter, ob dieser auch in seinem privaten Umfeld Angehörige hat, Freunde, die ihm jetzt beistehen könnten. Und was konkret könnten diese jetzt tun? Wie kann der Mitarbeiter den restlichen Tag verbringen? Ist es vielleicht besser, wenn er nicht allein ist? Wem kann er sich anvertrauen? Sie müssen keine Lösung für die zugrundeliegenden Probleme parat haben. Aber Sie müssen wissen, wo der Mitarbeiter jetzt Hilfe bekommen kann. Bleiben Sie dran. Teilen Sie Ihrem Mitarbeiter mit, dass Sie sich ein weiteres Gespräch wünschen und verabreden Sie zeitnah einen Termin. Bieten Sie unbedingt an, dass sich der Mitarbeiter jederzeit während der Arbeitszeit bei Ihnen melden soll, wenn er das Gefühl hat, Sie als Gesprächspartner zu brauchen. Doch machen Sie auch deutlich, dass Sie selbst kein Therapeut sind, sondern jemand, der ein tiefes menschliches Interesse am Betroffenen hat und den Wunsch, dass es ihm bald wieder besser geht. Zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Sie von seinen Äußerungen betroffen sind. Sagen Sie ihm, dass Sie das Ihnen entgegengebrachte Vertrauen unbedingt wertschätzen, denn der Mitarbeiter hat Ihnen sehr viel anvertraut. Und hören Sie ihm zu. Sie müssen keine Lösung für die zugrundeliegenden Probleme parat haben – das ist überhaupt nicht Ihre Aufgabe als Führungskraft. Aber Sie müssen wissen, wo der Mitarbeiter jetzt Hilfe bekommen kann. Wirkt der Mitarbeiter weiterhin akut gefährdet, das heißt, wenn Sie auch im weiteren Verlauf des Gesprächs den Eindruck haben, dass er sich noch www.fuerstenberg-institut.de 09 heute das Leben nehmen könnte - was Sie letztlich nur aufgrund Ihrer Lebens- und Führungserfahrung einschätzen können - sollten Sie einen anderen Weg einschlagen. Holen Sie sich zunächst jemanden zum Gespräch dazu, z. B. Ihren nächsthöheren Vorgesetzten, jemanden aus der Personalabteilung, dem Betriebs-/Personalrat oder den Betriebsarzt. Die Person sollte unbedingt absolut vertrauenswürdig sein. Kann sich der Mitarbeiter nicht eindeutig von den Suizidabsichten distanzieren, rufen Sie den Sozialpsychiatrischen Dienst in Ihrer Region oder den Notruf 110 an. Im Fall einer akuten Selbstgefährdung benötigen Sie hierfür nicht das Einverständnis des Betroffenen. Wichtig: Gesprächssituationen wie diese können auch für Sie als Führungskraft belastend sein. Sprechen Sie darüber! Melden Sie sich gern in unserem Institut bei einem unserer Führungskräfteberater. Wir können Ihnen konkrete Empfehlungen zum weiteren Umgang mit Ihrem Mitarbeiter geben und sind für Sie da, damit Sie sich mit einer so schwierigen Führungssituation nicht ohne fachliche Unterstützung auseinander setzen müssen. Kann der Stress im Büro zum Suizid von Herrn Bartels geführt haben? Einerseits ist der Suizid eine Freiheitstat. Der Mensch ist schließlich das einzige Lebewesen, das bewusst und frei den eigenen Tod herbeizuführen vermag. Andererseits ist ein Suizid immer eine Verzweiflungstat. Die Person ist durch innere und äußere Umstände derart verzweifelt, dass der Freitod ihr als einziger „Lösungsweg“ erscheint. Es gibt nie einen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Entschluss zu einem Selbstmord und den äußeren Faktoren der Arbeitswelt – sei es nun Arbeitsüberlastung, Leistungsdruck, Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation, ein Problem mit dem Vorgesetzten. Es ist immer die Frage nach der Art und Weise, wie eine Person mit für sie als sehr schwierig empfundenen Situationen umgeht - und darauf können Außenstehende nur begrenzt Einfluss nehmen. Immer spielen auch soziale und psychische Probleme eine Rolle: etwa Es gibt nie einen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Entschluss zu einem Selbstmord und den äußeren Faktoren am Arbeitsplatz. Immer spielen auch persönliche und psychische Probleme eine Rolle. 10 mangelnde Selbstliebe, Depressionen, Schwierigkeiten in der Familie, finanzielle Probleme oder schlicht Einsamkeit. Dem letztendlichen Entschluss zum Suizid geht in den allermeisten Fällen ein längerer Prozess voraus. Der Freitod an sich ist eine eigenverantwortliche Entscheidung des Betroffenen, der keinen Sinn mehr im Leben sieht. Trotzdem ist es wichtig, sich auch im betrieblichen Umfeld die Frage zu stellen: Hätten wir uns anders verhalten können? Haben wir auf mögliche Anzeichen des Mitarbeiters, z.B. auf sein schlechtes Befinden, seinen Rückzug o.ä. reagiert? Waren wir aufmerksam genug? Es geht dabei nicht um Schuldfragen, es geht um verantwortliches Handeln. Auch ein Zuviel an Engagement sollte für Führungskräfte ein Anlass sein, besonders aufmerksam zu werden und auf den Mitarbeiter einzuwirken bzw. mit ihm zu sprechen. Um beim Beispiel zu bleiben: Herr Bartels hätte dringend Unterstützung gebraucht. Herr Schneider und auch den Kolleginnen und Kollegen ist nicht entgangen, dass es ihm seit längerer Zeit nicht gut ging. Aber niemand hat ihn angesprochen. Im Nachhinein ist auch leicht zu sehen, dass es ein versteckter Hilferuf war, dass Herr Bartels von sich aus um einen Termin für ein Gespräch bat. Es reicht in der Regel die normale Lebenserfahrung, um Veränderungen in der Persönlichkeit oder im seelischen Befinden wahrzunehmen. Wenn es um Auffälligkeiten im Arbeitsverhalten eines Mitarbeiters geht, sollte das Augenmerk nicht nur auf dem Nachlassen der Leistungsfähigkeit liegen. Auch ein Zuviel an Engagement sollte für Führungskräfte ein Anlass sein, besonders aufmerksam zu werden und auf den Mitarbeiter einzuwirken bzw. mit ihm zu sprechen. Selbstverständlich kann niemand einschätzen, ob ein frühzeitiger Austausch den Suizid verhindert hätte. Nur Herr Bartels selbst weiß, welche Ursachen seiner Entscheidung zugrundelagen. Als Führungskräfte sollten wir nun nicht in die Befürchtung verfallen, dass jede psychische Belastung eines Mitarbeiters ein versteckter Hinweis auf einen drohenden Suizid sein könnte. Das ist der Sache weder angemessen noch hilfreich. Aber wir sollten uns folgende www.fuerstenberg-institut.de 11 Fragen schon heute stellen: Haben wir die Befindlichkeit unserer Mitarbeiter ausreichend und regelmäßig im Blick? Reagieren wir frühzeitig, wenn wir feststellen, dass es Mitarbeitern nicht gut geht? Sorgen wir dafür, dass in unserem Team eine Atmosphäre herrscht, in der man sich mit Problemen anvertraut und darauf Rücksicht genommen wird? Sollte es tatsächlich zu einem der seltenen Fälle von Suizid im Unternehmenskontext kommen, ist es unserer Erfahrung nach für die betroffenen Führungskräfte im Umgang mit der Situation von entscheidender Bedeutung, ob sie sich bereits im Vorfeld mit diesen Fragen auseinander gesetzt haben und sie für sich mit einem klaren Ja beantworten können. Denn eine Führungskraft ist dafür verantwortlich, eine Atmosphäre von Respekt, gegenseitiger Anteilnahme und Achtsamkeit am Arbeitsplatz zu schaffen. Für die Entscheidung eines Mitarbeiters, sich das Leben zu nehmen, trägt hingegen nur die betroffene Person selbst die Verantwortung und niemand sonst. Wo Betroffene sofort Hilfe finden: Fürstenberg 24 Stunden-Service 0800-387786 Telefonseelsorge in Deutschland: 0800 1 11 01 11 0800 1 11 02 22 Folgende Einrichtungen gibt es zudem in jeder Stadt: http://www.krisen-intervention.de/suizikrs.html Suizid - Zahlen, Daten, Fakten Die Zahl der Selbstmorde ist seit den 80er Jahren zwar kontinuierlich gesunken, trotzdem sterben in Deutschland nach wie vor deutlich mehr Menschen durch Suizide als durch Verkehrsunfälle, Mord, illegale Drogen und Aids zusammen. Laut offizieller Statistik (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/583/umfrage/sterbefaelle-durch-vorsaetzliche-selbstbeschaedigung/) nehmen sich jedes Jahr ca. 10.000 Menschen das Leben – seit 2010 steigt die Tendenz wieder leicht. 12 Das bedeutet, dass sich alle 53 Minuten ein Mensch das Leben nimmt. Wenn man bedenkt, dass von jedem Suizid im Schnitt etwa 6 Menschen betroffen sind – neben der Familie und den Freunden auch Arbeitskollegen und Vorgesetzte – wird einem das Ausmaß dieser Handlung erst richtig bewusst Wer begeht Suizid? Männer begehen häufiger Suizid als Frauen. Das Verhältnis liegt bei 1:2,9. Im Gegensatz zu diesen Zahlen werden Suizidversuche häufiger von Frauen als von Männern durchgeführt. Die Suizidrate steigt zudem mit dem Alter. Bei jungen Menschen ist sie vergleichsweise niedrig, nimmt aber besonders bei Männern ab dem 60. Lebensjahr erheblich zu. Eine ähnliche Tendenz ist aber auch bei Frauen zu beobachten. Jede zweite Frau, die einen Suizid begeht, ist älter als 60 Jahre. Nachahmer-Effekt Experten gehen von einem Zusammenhang zwischen der medialen Berichterstattung über Selbstmorde und der Anzahl der Suizide und Suizidversuche aus. So stiegen z.B. beide Zahlen nach dem Selbstmord des Fußball-Torhüters Robert Enke im Jahr 2009/2010 deutlich an. Bereits bei der Veröffentlichung von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“ war es 1774 zu einer Suizidwelle gekommen, wobei zahlreiche Tode deutlich als Nachahmung der Romanvorlage erkennbar waren. In der wissenschaftlichen Literatur werden die Nachahmer-Suizide deswegen als „Werther-Effekt“ bezeichnet. Das ist auch der Grund, warum sogenannte „Personenschäden“ bei der Bahn nicht mehr offiziell als solche bezeichnet werden. Obwohl die Bahnunglücke aufgrund suizidaler Handlungen zugenommen haben, wird in den Medien kaum darüber berichtet bzw. werden die resultierenden Wartezeiten oder Verspätungen den Fahrgästen gegenüber anderen Ursachen zugeschrieben. www.fuerstenberg-institut.de 13 Hängt die Suizidhäufigkeit von der Jahreszeit ab? Ja, so die einhellige Meinung: vor allem in den düsteren Spätherbst- und Wintermonaten. Nein, so die Experten: Am gefährlichsten ist die schönste Jahreszeit, nämlich später Frühling und Sommerbeginn. Wer das nicht glauben kann, muss sich von einer fast 200 Jahre alten lückenlosen Statistik aus aller Welt belehren lassen. Erklärungsansätze für dieses Phänomen gibt es viele, eindeutige Belege keine. Psychologen vermuten, dass die positive Stimmung im Frühling und Frühsommer bei Menschen, denen es psychisch nicht gut geht, eher zusätzlichen Frust als Lebensfreude auslöst. BUCHTIPP Der Autopilot im Kopf Carl Naughton 304 Seiten, 15,6 x 23 cm, gebunden ISDN: 978-3-86936-334-9 Verlag: GABAL, € 24,90 Denkst du schon oder wirst du gedacht? Partnerwahl, Projekte managen, Finanzkrise, Altersvorsorge – was auch immer es ist, es gibt nur drei Dinge, die wir tun können, um mit dem richtigen Denken auch die richtigen Entscheidungen zu treffen, bestmögliche Urteile zu fällen und Probleme zu lösen: wissen, wie der Autopilot im Kopf funktioniert, bekannte Denkfallen kennen und die richtigen Denktools nutzen. Während wir denken, dass wir denken, denkt unser Gehirn nämlich häufig, was es will. Es nutzt bekannte Denkmuster und manövriert uns mit besorgniserregender Zuverlässigkeit in Denkfallen. Nur wenn wir wissen, wie unser Autopilot im Kopf funktioniert, und nur wenn wir die Denkfallen kennen, können wir besser denken. Dieses Buch bietet uns alles drei – fundiert, unterhaltsam und spielerisch. Ein spannendes Sachbuch und Denktraining, prall gefüllt mit Beispielen und Lösungen für besseres Denken. Wissenschaft zum Anfassen und Anschauen und in unseren Denkalltag transferiert. Nur denken müssen wir dann noch selbst. 14 www.fuerstenberg-institut.de 15 Fürstenberg Institut GmbH Hauptniederlassung Colonnaden 96, 20354 Hamburg Tel.: 040/38 08 20-0, Fax 040/38 08 20-0 [email protected] www.fuerstenberg-institut.de Weitere Standorte: Berlin, Frankfurt, München, Köln, Düsseldorf, Hannover und Münster 14 www.fuerstenberg-institut.de