Salomon Station

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Salomon Station
Fotos: Lorenzi
Am Rettenbachferner testet unser Redakteur Rainer Hammerle das umfangreiche Angebot der Salamon Station auf 2700 Meter. Bernhard „Berni“ Gstrein,
Olympiamedaillengewinner, ehemaliger Weltklasse-Slalomfahrer und heutiger Leiter der Station, begleitet ihn durch seinen „Perfect Day“
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SAISON — Herbst 2004
DER PERFEKTE TAG
— Salomon Station: Sölden gilt als Innovator im Wintersport, Salomon als stilistischer
Trendsetter unter den Skimarken. Das Zusammentreffen der beiden auf über 2.700 Meter
konnte nur zur Entstehung eines richtungweisenden Ortes führen. Von Rainer Hammerle
nnäherung an den Mythos Ötztal:
Reich der legendären Touristikerfamilien, von Clans, die auf Namen wie
Falkner, Scheiber, Riml oder Gstrein hören.
Immer bereit, für ihre Positionen einzutreten,
ständig darum bemüht, Visionen umzusetzen. Motoren für ein ganzes Tal, permanent
umtriebig im Bewusstsein, dass es zum Tourismus für ihre Region keine Alternative gibt.
Der Wille und das Streben nach oben zu gelangen manifestiert in der sprichwörtlichen
Aufstiegshilfe. Lifte als Lebensspender in Höhen, die eigentlich zu unwirtlich für Menschen sind. Heißes Wasser als zukünftiges
Standbein der Talentwicklung. Nur in seiner
massiv gebündelten Form, versteckt hinter einer geplanten Staumauer, stößt es dieser Tage im Tal noch auf Ablehnung.
A
Bilderbuchklischees. Orte wie Ötz, Um-
Vergangenheit. Bernhard „Bernie“ Gstrein,
Olympiamedaillengewinner,
ehemaliger
Weltklasse-Slalomfahrer und heutiger Leiter
der Salomon Station empfängt mich zum Perfect Day, den er mir schon seit längerem versprochen hatte. Die Station erweckt beim ersten Betreten den Eindruck eines modernen
Sportgeschäftes gepaart mit einem Skiverleih.
Es entsteht nicht unbedingt auf Anhieb der
Aha-Effekt, den man sich angesichts der Erwartungen aufgebaut hat. Und dennoch lässt
mich das Gefühl nicht los, dass hier etwas anders ist. Es ist oft der zweite Schritt, der den
Unterschied enthüllt,und so bringen mich die
Stufen in den ersten Stock des Gebäudes des
Rätsels Lösung einen Schritt näher. Die urbane Atmosphäre vor dem Hintergrund des
hochalpinen Panoramas, materialisiert durch
die riesigen, nach beiden Seiten hin mit Glasscheiben durchbrochenen Wände. Sofas, Designerbar und zahlreiche Utensilien, die den
Titel Lounge rechtfertigen, erinnern an Ibiza,
London oder Barcelona. Café del Mare im alpinen Gewande.
wieder mit dem richtigen Material unterwegs ist und dieses auch erklärt bekommt,
entsteht der Spaß, für den er zum Skifahren
in die Alpen gekommen ist.“ Die Umsetzung
dieses Mottos geht auf der Station in Sölden
heuer in die vierte Wintersaison.Gstrein:„Das
Konzept gibt es seit fünf Jahren. Die erste Station wurde in der Schweiz in Engelberg eröffnet, daneben existieren kleinere Stationen in
Frankreich und in Österreich als Shop im
Shop-Prinzip, wie in Scheffau oder Fiss und
die Station in Zell am See.„Die Stations sind
eigenständige Gesellschaften und sollten sich
auch langfristig so finanziell positionieren.“
Gemeinsam wird die Plattform betrieben
(www.salomonstation.com) und ein Folder
erstellt. Gegenwärtig sieht Salomon noch den
Nutzen der Station bei Markenaufbau und
Bindung gegeben. Der Vertrag mit dem Verpächter der Räumlichkeiten in Sölden läuft
zehn Jahre, danach wird über die Zukunft der
Station entschieden.„Sölden ist in dieser Form
einzigartig und das Aushängeschild“, meint
Gstrein.Durch die Trainingsmöglichkeiten auf
dem Gletscher nehmen jeden Herbst
4000–5000 Besucher die Möglichkeiten des
Skitests an der Station wahr. Das Ziel, ein Erlebnis zu schaffen und mehr als nur einen Ski
zu verleihen, wird von den Gästen goutiert.
Die Nachfrage nach dem Top Produkt, dem
Perfect Day, ist daher stetig am Steigen.
hausen, Niederthai, Längenfeld und Sölden
erinnern mich beim Durchqueren an touristische Ikonen vergangener oder gegenwärtiger Epochen. Keiner lässt mich kalt – insbesondere DJ Ötzi, der angeblich seine Karriere
hier unter einer Brücke startete – der Ein- Markenaufbau/Bindung. „Wir stellen
druck verblasst jedoch bald angesichts der dem Gast nicht nur das Material zur VerfüAnnäherung an den Rettenbachferner über gung, wir zeigen ihm auch, was er damit madie mehrere Kilometer währende Mautstra- chen kann. Oft genug kommen Kunden zu
ße. Liftstationen, Parkplätze, Gebäudekom- uns und haben im Vorfeld die falsche Kaufplexe nehmen sich aus der Ferne winzig aus entscheidung bei der Ausrüstung getroffen.
im Vergleich zu den weiß schimmernden Schneeflächen und aufgestauten Eiskomplexen. Der „Sobald der Kunde wieder mit dem richtigen Material unterwegs
Blick bleibt fasziniert an der steil
ist und dieses auch erklärt bekommt, entsteht der Spaß, für den
abfallenden Gletscherfläche haften. Immer wieder leuchten weier zum Skifahren in die Alpen gekommen ist.“ Bernhard „Bernie“ Gstrein
ße Staubwolken im Sonnenlicht
auf, umrahmt von zahlreichen
kleinen Punkten.Wie sich später
herausstellen wird, trainieren die wichtigsten Wir wollen durch die richtige Wahl wieder Perfect Day. Salomon verspricht dem Gast
Nationalmannschaften auf dem Weltcup- die Freude am Skisport wecken. Natürlich ist beim Perfect Day das Trainieren des Skifahhang für die Saisoneröffnung in zwei Wo- es unser Ziel, dass er sich am Ende für ein rens durch ständigen Skiwechsel. Lange Ski
chen. Ein Hang, der von Jahr zu Jahr steiler Salomon Produkt entscheidet“, erklärt Ber- werden von stärker taillierten Carvern und
und schneller wird, abgehobelt von den war- nie Gstrein. „Der Gast soll sich wohl fühlen extrem kurzen Snowblades abgelöst. Der
und von Profis an den Berg herangeführt Tausch zeigt schonungslos die Schwachstelmen Sommern der letzten Jahre.
Mein Ziel ist aber keineswegs die Jagd nach werden. Zahlreiche Gäste haben durch fach- len auf, der Guide kann gezielt an der VerAutogrammen der Weltcupstars, ich treffe unkundige Beratung falsche Skischuhe oder besserung der Technik arbeiten. Im Gegenschließlich meinen eigenen Skihelden aus der zu lange Ski erworben. Sobald der Kunde satz zum klassischen Skischultag kehren →
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Rundum-Service: Salomon verspricht dem Gast
beim Perfect Day das Trainieren des Skifahrens
durch ständiges Wechseln des Materials
Die Aussichtsplattform am Tiefenbachkogel
bietet die ideale Kulisse, um den perfekt inszenierten Tag mit einem Glas Sekt ausklingen zu lassen
Bernhard Gstrein: „Wir stellen dem Gast nicht
nur das Material zur Verfügung, wir zeigen ihm
auch, was er damit machen kann.“
→ Gast und Trainer laufend zur Station zurück. Pausen werden nach Belieben eingeplant, neben dem Kaffee im Sofa wird selbst
das Glas Sekt auf der Aussichtsplattform des
Tiefenbachkogls auf 3300 Meter mit Wildspitzblick Teil der Inszenierung. Gelände
und Können wird mit den Teilnehmern abgestimmt. Vom Race Training bis zur Tiefschneeführung ist alles möglich. Die Gruppen sind klein, meist ein bis vier Personen,
die Preise starten bei 210 Euro inklusive Material, was sich als auch nicht teuerer als ein
Skitag mit dem Einzelskilehrer herausstellt.
Im Winter kann die BIG 3 Rallye im Rahmen des Perfect Day gebucht werden. Von
Sölden ausgehend werden auf der 50 Kilometer betragenden und 10.000 Höhenmeter
umfassenden Runde die drei neu geschaffenen Plattformen auf die Dreitausender
Schwarze Schneide, Tiefenbachkogl und
Gaislachkogl angefahren. Auf Anfrage können auch Trend-Sport-Geräte wie der Ski
Fox oder der Snow Scooter getestet werden.
Gegenwärtig kann dies der Gast nur nach
dem Kauf prüfen, ein Verleih ist jedoch für
die Zukunft vorgesehen. Der Gast soll in Zukunft alles vor Ort bekommen, aktuellstes
Material wird garantiert. Konkurrenz
braucht Salomon gegenwärtig nicht zu
fürchten, haben die Mitbewerber doch keine ähnlichen Projekte oder Pläne in der
Tasche. In Sölden stehen zwar Testcenter
anderer Skifirmen, das größte wird übrigens
von Fischer betrieben. Diese sind jedoch nur
zwei Monate im Jahr geöffnet und dienen
rein der Servicierung des Skifahrens ohne
jeglichen Zusatznutzen im Sinne der Salomon Station.
wieder auf die Piste zu kommen. Er möchte
das wunderbare Herbstlicht nutzen, um
noch einige Fotos von uns zu schießen, sozusagen eine Dokumentation der eigenen
Schwächen und Stärken – so vorhanden.
Bernie zieht messerscharfe Schwünge mit
den Snowblades in den Schnee. Sportgeräte,
die keinen Fehler verzeihen und daher hervorragend zum Trainieren der CarvingTechnik geeignet sind. Die maximal 80 cm
langen Ski müssen exakt über dem Körperschwerpunkt gesteuert werden. Jede Voroder Rücklage bestrafen die Snowblades mit
einem wilden Flattern und zwingen den
Zauberlehrling letztendlich zur korrekten
Position. Ist diese erst einmal eingenommen, so fährt man wie auf Schienen und
kann das Carven in vollen Zügen genießen.
Partnerwahl. Die Station kooperiert mit
der Therme Längenfeld, Incentives und
Events gehören zum Alltag. Daneben werden pro Saison zwei Race Camps mit Günther Mader und Bernhard Gstrein angeboten. Gerald Außerlechner vom ÖSV referiert
über die richtige Ernährung, die Teilnehmer
erhalten Videoanalysen und Schulungen
von den Serviceleuten der Weltcupfahrer in
der Behandlung ihres Rennmaterials. Besonders Hobbyrennläufer aus Österreich
nehmen dieses Angebot in Anspruch. Die
Station steht von Oktober bis Mai den Skifahrern zur Verfügung, im Sommer wird sie
Teil der Söldener Base. Snowboardfirmen
wie Burton, Völkl oder Salomon präsentieren jeweils eine Woche lang ihre Produkte
potenziellen Kunden und nehmen dafür die
Räumlichkeiten der Station in Anspruch.
Die Base dauert übrigens sechs Wochen.
Neben Ski- und Snowboard-Verleih setzt
Salomon verstärkt auf Bekleidung, den zur
Zeit am stärksten wachsenden Bereich des
Unternehmens. Salomon Textil möchte
schlicht, einfach und funktionell sein.
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Theorie und Praxis. Nach „Bernie“
Gstreins ausführlichen Erklärungen drängt
es mich auf die Piste. Ich möchte diesen „laufenden“ Materialwechsel endlich selbst ausprobieren. Das Wetter ist tatsächlich perfekt,
und selbst die Piste hat bis auf den Weltcuphang im Laufe der Unterhaltung soweit aufgefirnt, dass dieser Skitag doch tatsächlich
zum Ereignis werden könnte. Die Gondel
bringt uns Richtung Schwarze Schneide, wo
sich erstmals die Weite der Gletscherwelt offenbart, und das Skigebiet im Pitztal zum
Greifen nahe erscheint. Ein Zusammenschluss würde hier wohl tatsächlich ein einzigartiges Gletscherskigebiet in den Ostalpen
kreieren.Ankunft Bergstation. Ski anschnallen, leichtes Aufwärmen und mit dem
Allround Carver parallel zu den Profis den
Weltcuphang hinunter. Erste Schwächen meinerseits kommen auf dem Eis schonungslos
zum Vorschein, und einem Experten wie Bernie kann ich eigentlich nichts vormachen. Er
sieht sofort, woran es fehlt. Der erste Schneekontakt in dieser Saison mag zwar als Ausrede für das eigene Gewissen dienen. Dennoch
werden bereits erste Korrekturen in der
Oberkörperhaltung eingeübt.
Erster Gerätewechsel. Die Snowblades
werden angepasst, Raini von der Station beneidet uns um den Skitag und Ernst Lorenzi, legendärer Weltcup- und Hannibal-Organisator treibt uns an, möglichst schnell
Nächster Programmpunkt: Slalomcarver. Extrem tailliert, kurze schnelle Schwünge erlaubend und ein Spaßfaktor der besonderen Art. Zumindest für denjenigen, der ihn
beherrscht. Bernie weist mich mit großer
Geduld auf meinen unruhigen Oberkörper
hin, eine Haltung, die mir viele Jahre des
Snowboardens eingebrockt haben. Der Test
des überbreiten Tiefschneeskis entfällt, dafür
entschädigt der Besuch der neugeschaffenen
Plattform auf dem Tiefenbachkogel.
Symbiose. Atemberaubende Blicke von einer Stahl-Glas-Konstruktion verleihen der
Gletscherwelt noch mehr Ausdruckskraft,
als diese ohnehin schon besitzt. Die Inszenierung des Berges ist es letztendlich, die
Sölden und Salomon einander näher gebracht haben. Der Wintertourismusort und
der Skihersteller versuchen im Rahmen des
Perfect Day den Berg zentral in den Mittelpunkt zu stellen, auf seine zahlreichen Facetten zu verweisen und dessen Bedeutung
hervorzuheben. Allein durch diese Symbiose unterscheiden sich die beiden Partner von zahlreichen Pflichtübungen anderer Destinationen im Alpenraum. In Zeiten, wo Differenzierung und Abgrenzung
gefragt sind, ein absolut zukunftsweisendes
Modell. —
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