Auf Hoch- Touren

Transcrição

Auf Hoch- Touren
Das
Klassik
& Jazz
Magazin
6/2014
VAL E R SAB AD U S
Auf HochTouren
Thomas Quasthoff:
Weise Weihnacht
Piotr Anderszewski:
Blüten-Leser
Wiener
Neujahrskonzert:
Schönster Schlendrian
Immer samstags aktuell
www.rondomagazin.de
T H E R OYAL B A L L ET
SCHWANENSEE
THE ROYAL OPERA
L‘ELISIR D‘AMORE
DOMENICO DONIZE T T I
26. NOVEMBER 2014
THE ROYAL BALLET
ALICES
ABENTEUER IM
WUNDERLAND
CHRISTOPHE R WHE E LD ON
16. DEZEMBER 2014
THE ROYAL OPERA
ANDREA CHÉNIER
U MBE RTO GIORDANO
29. JANUAR 2015
THE ROYAL OPERA
DER FLIEGENDE
HOLLÄNDER
M AR IUS P E TI PA
17. MÄRZ 2015
T H E R OYAL O PERA
RISE AND FALL
OF THE CITY OF
MAHAGONNY
K URT W E ILL
1. APRIL 2015
T H E R OYAL B A L L ET
LA FILLE MAL
GARDÉE
F R E D E R ICK A S HTO N
5. MAI 2015
T H E R OYAL O PERA
LA BOHÈME
G IACOMO P U CC I N I
10. JUNI 2015
RICHARD WAGNER
T H E R OYAL O PERA
24. FEBRUAR 2015
GUILLAUME TELL
G IOACH INO RO S S I N I
5. JULI 2015
www.roh.org.uk/cinema
Das Royal Opera House London
live auf der großen Kinoleinwand
Opern- und Balletthighlights
der Saison 2014/15
Die
Geschenkidee!
2
Mehr Infos und Tickets:
www.UCI-KINOWELT.de
oder über die UCI App.
Themen
Oper, Festival,
Konzerte
Pasticcio:
Meldungen und Meinungen
4
aus der Musikwelt
Valer Sabadus:
35
36
Auf Hoch-Touren
6
Wiener Neujahrskonzert:
Der schönste Schlendrian
Musikinsel:
Sizilien
8
Beijing Music Festival:
Yin, Yang, Yu
38
Fanfare: Proben, Pleiten
und Premieren aus Oper
und Konzert
40
Vasily Petrenko:
Meister des Mersey-Sounds
Kammermusik:
Fotos: Uwe Arens/Sony Classical; Mark McNulty; Ari Rossner/Warner Classics; Bernd Brundert/DG; Steve Brookland
Café Imperial:
Stammgast im Wiener
Musiker-Wohnzimmer
10
Kain und Abel
12
Piotr Anderszewski:
Der Blüten-Leser
14
Stéphane Denève:
Sinnliche Aquarelle
15
Tobias Koch:
Der Klangfarbenmaler
16
Blind gehört:
Andrew Manze
18
Comic:
Momente der
Musikgeschichte
20
BASF:
Stimmband-Analysen
Lang Lang:
Vom Profi lernen
Da Capo: Gezischtes Doppel
der RONDO-Opernkritik
CDs, Bücher &
Sammlerboxen
44
Klassik-CDs
mit „CD des Monats“
45
Jazz-CDs
mit dem „Meilenstein“
52
21
Jazz-DVDs:
Jazz auf dem Schirm
55
22
Bücher: Musik
für Leseratten
56
57
58
23
Magazin:
Schätze für den
Plattenschrank
Thomas Quasthoff:
Weise Weihnacht
24
Boulevard:
Bunte Klassik
Neuheiten:
Freu(n)den
Hörtest – Strauss:
Vier letzte Lieder
Pablo Held:
Brückenkopf
Laurence Equilbey:
Nerven-Kitzel
26
28
Musik-Krimi:
Doktor Stradivari
59
Termine
Termine:
Opernpremieren
60
34
Termine:
Konzerte Klassik
63
Alle CD-Kritiken, Fernseh­tipps, Verlosungen und
das Bild der Woche – immer ­
samstags ­ak­tuell auf
www. rondomagazin.de
Valer Sabadus:
Auf Hoch-Touren
10
14
Der Nussknacker
Tschaikowski
Verschiedene Termine in ganz Deutschland
Piotr Anderszewski:
Der Blüten-Leser
24
Weihnachtsoratorium
J. S. Bach
Verschiedene Termine in ganz Deutschland
Thomas Quasthoff:
Weise Weihnacht
30
Im Internet:
6
Über 40.000
Veranstaltungen.
Karten unter:
www.reservix.de
Vasily Petrenko: Meister
des Mersey-Sounds
RONDO-CD: Abonnenten
kriegen was auf die Ohren
Arianna Savall:
Kosmische Stimme
Weihnachten mit
41
Lust auf
Klassik?
Termine:
Konzerte Jazz
65
Impressum
64
Zugabe:
Nettigkeiten von den
Hinterbühnen dieser Welt
66
30
Silvester & Neujahr 2015
Verschiedene Termine
in ganz Deutschland
Pablo Held:
Brückenkopf
3
Pasticcio
Meldungen und Meinungen der Musikwelt
Einmal Bad Boy, immer Bad Boy?
Ausgeladen:
Valery Gergiev
Valery Gergiev hat nicht nur schon unzählige Gewitter und Stürme miterlebt – er hat sie als fulminanter Opern- und Konzertdirigent allesamt
selber ausgelöst. Doch mittlerweile ziehen immer wieder dunkle Wolken über ihm auf. Denn Gergiev ist ein enger Freund von Russlands Präsident Putin. Und so melden sich weiterhin äußerst kritische Stimmen
zu Wort, die seine moralische Eignung als zukünftiger Chef der Münchner Philharmoniker anzweifeln. Wie heftig ihm dann der Gegenwind ins
Gesicht bläst, wurde jüngst bei der Vorstellung des Programms der Musikfestspiele Saar deutlich. Da das Festival im Frühjahr unter dem Motto „Polen“ steht, soll der polnische Botschafter mit der Entziehung der
Schirmherrschaft gedroht haben, wenn Gergiev mit den Philharmonikern gastiert. Das Orchester hat zwar sofort dementiert, dass ein Gergiev-Dirigat überhaupt geplant war. Dabei spielt das Orchester mit ihm
noch einen Tag zuvor in Paris. Wer aber auch immer Recht haben sollte: Dass allein eine solche verwirrende Nachrichtenlage eine derart heftige Diskussion um Gergiev auslösen kann, zeigt, was für ein Image er aktuell hat. gf
90 Prozent!
Altpapier:
Nur drei Prozent
der deutschen
Haushalte gehen
ins Konzert
Wenn diese Zahl stimmt, dann lässt das doch noch auf eine blühende
Klassiklandschaft hoffen. Auf dem diesjährigen Deutschen Orchestertag wurde tatsächlich vermeldet, dass fast 90 Prozent der Deutschen
sich durchaus mit der klassischen Musik anfreunden könnten. Bevor
man aber unter den Kulturmanagern und Intendanten die Champagnerkorken knallen ließ, folgte die Ernüchterung auf dem Fuße: gerade mal
drei Prozent der deutschen Haushalte gehen ins Konzert. Was tun? Man
muss die Vermarktungswege besser nutzen, besonders im Online-Bereich, so Anselm Rose, geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen
Orchestertags. Prompt meldete der Kulturforscher und Autor des Buches
„Der Kulturinfarkt“ Dieter Haselbach Einspruch an: die Generation Pop
gehe den Konzerthäusern verloren. Dagegen spricht zumindest das Erfolgsmodell des Dortmunder Konzerthaus unter Leitung von Benedikt
Stampa. Immerhin hat man es mit einer flotten, aber nicht anbiedernden Internetpräsenz geschafft, auch langfristig ein neues Publikum zu
generieren.
rl
Widerstand
Wutgambe:
Jordi Savall
lehnt Preis ab
Nicht nur seine Gambenstimme hat Gewicht. Wenn Jordi Savall in seiner spanischen Heimat sich zur Kulturpolitik äußert, kann das schon
mal eine Nachrichtenflut auslösen. So hat der Alte Musik-Pionier die
Ausblutung der Kultur angeprangert und daher aus Protest auch den mit
30.000 Euro dotierten spanischen Nationalpreis für Musik abgelehnt.
Besonders ist der verantwortliche Kulturpolitiker José Ignacio in Savalls
Visier geraten, dem er völlige Inkompetenz vorwarf. Wie richtig Savall
mit seinen Vorwürfen aber zu liegen scheint, hat unlängst der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado in einem Gespräch mit RONDO bestätigt. Denn die finanziellen Einschnitte empfindet er als Katastrophe
nicht nur für die Musik. „Und wenn man deswegen ein oder zwei Generationen an Künstlern, aber auch an Wissenschaftlern verliert, ist das
schrecklich. Dabei haben wir aktuell noch eine ausgezeichnet ausgebildete Generation gerade an Instrumentalisten.“ Die Betonung liegt da auf
noch. gf
Leserbriefe
Zum Titelbild von RONDO 06/2013
Mehr Vinyl!
„Die Welt dreht sich weiter und weiter und
so wurde vor über 30 Jahren die Schallplatte von der CD abgelöst. Wirklich? Tatsächlich
sieht es mittlerweile fast umgekehrt aus. Eine
Vielzahl von Neuerscheinungen und hochwertige Wiederveröffentlichungen auf Vinyl
sind in der Musikreklame zu entdecken. Die
CD hat erhebliche Konkurrenz von Formaten
wie Download, SACD, Blue-Ray, Streaming bekommen und wird sich langfristig als Tonträger nicht halten können, nach Meinung vieler
Experten. […] Es wäre für mich wünschenswert, wenn Sie in Ihren Berichten und Rezensionen die überholte Zentrierung auf die CD
als alleiniges Medium etwas aufweichen würden und bei Neuerscheinungen auf Vinyl und
andere Formate hinweisen könnten. […] Qualität setzt sich eben langfristig durch und daher war es nur eine Frage der Zeit, wann die
CD mit ihren klanglichen Limitierungen das
Rennen um die Marktführerschaft verlieren
wird.“
MATTHIAS REIDANS, DARMSTADT
Zum Hörtest „Mozarts Klaviersonaten“ in RONDO 05/2014
Mozart, verdämmert und zerhämmert?
„So sicher, wie der geschätzte Herr Kornemann,
bin ich mir keinesfalls, dass Mitsuko Uchida
das Mozarthören revolutioniert. Denn so verbindlich und moderat bis betulich im ‚Panorama des vorromantischen Dämmerns, Drängens und Träumens‘, wie Herr Kornemann ihr
Spiel adäquat charakterisiert, so dezent dräunend, wie ich meine, kann eine Revolution
der Interpretation, zumal beim Theater-Spielmann Mozart, nicht klingen. Jedenfalls kann
ich mir Mozart als höchst bewegter Künstler,
sozial diversitäre Person und als überragender Pianist – ein LangLang seiner Zeit, pardon –, als so einseitig romantisierend schönspielend, eben nicht als Uchida-Reinkarnation vorstellen. […] Ärgerlich allerdings finde
ich die pauschale Abkanzelung Goulds, der
gewiss kein brav-tönender Mozartspieler
war, und der dessen Klaviermusik auch nicht
sonderlich schätzte, freimütig bekannt. Jedoch ist seine Sonateneinspielung weit mehr
als eine ‚Zerstörung eines wehrlosen Opfers‘, des freimaurischen Freigeists und Lebemanns Mozart. […] Nach langer Zeit waren
die Gould-Mozart-Spiele doch die am meisten
erfrischenden und höchst erfreulichen musikalischen Repro-Erfahrungen. Allemal, Dank
an Rondo-Kornemann für die Initiation dieses
privaten Mozart-Seminars.“
LESER(IN) „GEMIHAUS“, VIA EMAIL
4
a
d
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s
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M
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Share a n
Summer 2015
La Traviata Masada 2014
opera
nights in
Tosca by Puccini
Conductor: Daniel Oren
Director: Nicolas Joel
Carmina Burana by Carl Orff
Conductor: Yves Abel
For more details about the festival in Acre & Jerusalem Visit: Israel-Opera.co.il
Land of Creation
5
Valer Sabadus Auf Hoch-Touren
Dieser junge Mann mit sanftem Bartflaum hat
eine der schönsten Countertenorstimmen. Sie
schwingt sich sogar bis in Sopranhöhen auf.
Von M at t h i a s S i e h l e r
A
ls Artaserses Braut Semira singt er
in der gleichnamigen Oper von Leonardo Vinci auf CD wie DVD einen
Frauenpart. Das macht er so hinreißend, ohne jede Anmutung von Charleys Tante,
dass man das Geschlecht vergisst und nur seiner einzigartigen Stimme lauscht.
Im starken Festspielsommer 2013 in Aixen-Provence gab er, auch auf DVD festgehalten, in der gänzlich unbekannten CavalliOper „Elena“, die beinahe Offenbachs „Schöne Helena“ vorweg zu nehmen scheint, den
König Menelaus von Sparta, der ebenfalls in
Frauenkleidern um Helena wirbt. Dieser Geschlechtertausch bot ihm neuerlich lohnende
Gelegenheiten mit seinem androgynen Timbre zu glänzen.
Und auf seiner jüngsten CD „Le belle immagini“ (gleichzeitig sein Debüt im Hause
Sony) schlüpft er als schwer fasslicher antiker
Mythos wieder in Männergestalt, um freilich
in kaum für möglich gehaltene Sopranlagen zu
entschweben. Denn Valer Sabadus – den ersten Teil des Doppelnamen Barner-Sabadus hat
der in Bayern aufgewachsene Deutsch-Rumäne aus Bequemlichkeitsgründen inzwischen
fallen gelassen – singt hier die kaum bekannte
Drittfassung des Gluckschen „Orfeo“.
6
Spätes Geburtstagsgeschenk
Passend zum Ende des Gluck-Jubiläumsjahrs anlässlich seines 300. Geburtstages beschert uns das noch
eine veritable Trouvaille. 1769 nämlich (noch vor der Tenorversion für
Paris) fertigte Gluck für eine Habsburger-Hochzeit in Parma eine neue
Kurzfassung der Oper „Orfeo ed Euridice“ an. Im Original hatte den Orfeo ein Altist gesungen, während nun
ein Sopran glänzte. Es entstand eine
einaktige Version, die als „Atto d‘Orfeo“ den dritten Akt der festlichen Serenade „Le feste d’Apollo“ bildete. Und
bald schon wieder in Vergessenheit
geriert. Die Höhepunkte dieses short
cuts gibt es nun als Weltersteinspielung.
Ein strammes Programm, möchte man
meinen. Vor allem, wenn einem der junge
Mann mit dem sanft gerollten bayerischen „r“
dann gegenübersitzt. Der ist so jugendlich wie
bestimmt und wirkt trotzdem wie der Student,
der er eben noch war. 1986 in der Nähe der ungarischen Grenze in Siebenbürgen geboren,
emigrierte er als Fünfjähriger mit der Klavier
spielenden Mutter nach München, wo schon
Steil nach
oben: Valer
Sabadus
die Großmutter lebte. Der Vater, ein Cellist, war
bei Oehms Classics auch seine erste, schnell
kurz vorher gestorben.
für Furore sorgende Solo-CD mit Hasse-Arien
Valer Sabadus begann seine musikali- aufgenommen hatte. Doch schon als 23-Jähsche Ausbildung zunächst mit Geige und Kla- riger debütierte er bei den Salzburger Pfingstvier, nahm aber bereits 17-jährig sein Coun- festspielen unter Riccardo Muti in einer Jomtertenor-Studium auf, wiederum in München,
melli-Oper. Und selbst Mozarts Sesto, gemeinwo man damit eigentlich sonst wenig zu tun
hin immer noch in Mezzo-Besitz, hat er bereits
hat. „Ich wollte so singen wie Andreas Scholl,
in Schwetzingen gesungen.
den ich auf Platte gehört hatte, und ich merkte,
Der neue Countertenor mit dem samtdass ich ziemlich einfach in dessen Höhenlage
weichen Timbre und der glockigen Höhe, dakam und sogar noch darüber hinaus.“
bei trotzdem voll klingenden und gerundeSo einfach erklärt heute ein junger Sänger
ten Stimme, der zudem so gänzlich ohne Allüeine solche nach wie vor nicht ganz alltägliche
ren scheint, neugierig und kumpelhaft sich auf
Entscheidung für eines der vier Stimmfächer
jede Produktion einlässt, er wurde im Musikfür einen Mann, die früher
noch Irrungen und Wirrungen, Stirnrunzeln und Zweifeln erzeugte und höchstens
in Basel oder an einem anderen Hort der Alten Musik ge- Im Dezember ist Valer Sabadus mit Bachs Weihnachtsoratorilitten war. Und nur der Bart- um in der Schweiz und Frankreich auf Tournee. Am 23. Januflaum, den er fast ostentativ
ar trifft er in Potsdam für einen Ersatztermin noch einmal auf
trägt, verweist darauf, dass
das Pera Ensemble. Am 1. Februar gibt er in Schwetzingen eider eben Examinierte, der sei- nen Doppelabend, ab 20. Februar ist er in Karlsruhe in Hänne Profiauftritte quasi schon
dels „Teseo“ zu erleben, ab dem 22. April in einem „Xerxes“in sein Studienpensum ein- Revival in Düsseldorf und ab Ende Mai in Wiesbaden und im
fließen lassen konnte, gern et- Schlosstheater von Versailles, mit vier weiteren Countertenwas kerliger rüberkommen
ören in Leonardo Vincis „Catone in Utica“. Am 16. und 18. Juli
möchte. Auf der Bühne wirkt
singt er unter Michael Hofstetter bei der Schubertiade in Hoer ja durchaus viril, „was ich
henems Mozart-Arien sowie mit dem Altus-Counter Terry Wey
freilich erst lernen musste.
Pergolesis „Stabat Mater“ – eine besonders seltene KombinaDafür war insbesondere der
tion. Mehr unter www.valer-sabadus.de
‚Xerxes‘ in Stefan Herheims
überdreht-opulenter
Inszenierung in Düsseldorf eine gute Schule, ob- betrieb natürlich schnell zu einer ganz heißen
Fahrkarte. Und so musste er seine jugendliwohl der ja sehr exaltiert wirken sollte. Doch
das mache ich jetzt in anderen Inszenierungen
chen Zusammenarbeiten, etwa mit dem Hameinfach eine Spur zurückgeschraubt.“
burger Pera-Ensemble, mit dem er mehrere
CDs und Tourneen mit reizvoll ethnisch grunSamtweicher Ton ohne Allüren:
diertem Repertoire aufgenommen hat, ebenso
Aufzug nach Salzburg
hinter sich lassen, wie auch Michael Hofstetter,
Valer Sabadus hat längst auch wichtige Par- mit dem er für Oehms eben noch ein Album
tien wie „Orpheus“ („der war mir in der Origi- mit Mozarts Kastratenarien eingespielt hat.
Bedeutendere Namen rufen.
nalfassung aber eigentlich zu tief, ein Fehler“),
Händels „Rinaldo“, Vivaldis „Orlando furioso“
­ älte kam
und den Irba in Hasses „Didone abbandona- Kastrat, der aus der K
ta“ gesungen; meist unter seinem Dirigent und
Ein für ihn im Augenblick besonders zentraMentor Michael Hofstetter, mit dem er 2012
ler Name lautet Giuseppe Millico. Der Italie-
High Life:
ner lebte von 1737 bis 1802 und war einer der
berühmtesten Kastratenstars des 18. Jahrhunderts. Er trug den Beinamen „Il Moscovita“, der Moskauer, weil er am Anfang seiner Karriere am russischen Zarenhof gesungen hatte. Sabadus´ jüngste CD bereitet ihm
jetzt eine Hommage mit seinen wichtigsten
Gluck-Rollen: Neben dem adaptierten Orpheus
der Paris in „Paride ed Elena“ und der Scitalce
in „Semiramide riconosciuta“. Außerdem sind
erstmals Ausschnitte aus der Oper „Il Cid“ von
Antonio Maria Sacchini zu hören. Mit ihm ging
Millico 1772 nach London und feierte in dessen virtuosen Opern große Erfolge. Jetzt begleitet ihn dabei die Hofkapelle München unter
der alerten Leitung von Alessandro De Marchi.
Valer Sabadus liebt durchaus die exaltierte Pose, spielt dabei etwas, was er sonst gar
nicht ist, im Rausch der Bühnenverwandlung.
2015 zum Beispiel eine neuerliche Frauenrolle in der Vinci-Oper „Catone in Utica“. Denn
das Winning-Counter-Team um Max Emanuel Cencic legt natürlich nach. Doch genauso
wichtig sind Sabadus die Auftritte mit Bachs
Johannes-Passion oder dem Weihnachtsoratorium. Oder mit Lautenliedern von Purcell und
Dowland, die er puristisch klar singt. „Schönere Stimmputzer gibt es nicht“, sagt er – pragmatisch, bayerisch, gut.
Die nächsten Termine:
2.12.
München, Prinzregententheater
3.12.
Berlin, Philharmonie
11.12.
Dortmund, Konzerthaus
12.12.
Wiesbaden, Kurhaus
22.12.
Ludwigsburg, Forum am
Schloßpark/Theater
23.1.
Potsdam, Nikolaisaal
Karlsruhe, Badisches
20./22./25./
27.2. & 1.3.
Staatstheater
10.3.
Köln, Philharmonie
Düsseldorf, Deutsche Oper
22./25./27./
am Rhein
30.4. & 2./6./8./
10.5.
31.5.
Essen, Alfred-Krupp-Saal
7
Ballett, Blumen,
Rudelklatschen:
Das Wiener
Neujahrskonzert
– hier mit Daniel
Barenboim 2014 –
ist ein Phänomen
Beim Wiener Neujahrskonzert geraten Millionen
alljährlich in Verzückung. Aber RONDO bringt Sie
diesmal sogar in die Generalprobe. Von Robe rt
F r au n hol z e r
R
egulär zum Neujahrskonzert nach
Wien? Das können Sie sich abschminken! Gegen dieses alljährliche Giga-Mekka-Superereignis der
Sonderklasse kann selbst Bayreuth als Ladenhüter einpacken. Die Veranstaltung gilt als
hundertfach überbucht. Schwarzmarktpreise in Wien klettern leicht über die Marke von
2000 Euro pro Platz. (Offiziell reicht die Spanne
von 30 bis 940 Euro.) Wobei interessanterweise aus Wien niemals Klagen über den Schwarzmarkt laut geworden sind – so selbstverständlich ist er. Selbst hochrangige Mitarbeiter der
Wiener Philharmoniker haben sich die Frage, ob sie dieses Event jemals besuchen dürfen,
lange abgewöhnt. Also: Vergiss es!
Warum überhaupt zum Neujahrskon-
8
zert?!, könnte man fragen. Die weltweite
Übertragung, angereichert durch asynchrones
Hüpfen seitens einiger leicht bekleideter
Tänzer aus der Voraufzeichnungs-Konserve,
lässt sich viel bequemer vom Kaffeetisch aus
verfolgen. Auch kann man dort viel leichter die
entscheidenden Details beobachten, etwa dass
die Wiener Philharmoniker bei Georges Prêtre kaum hinschauten. Und bei Carlos Kleiber
kaum weggucken konnten!
In beiden Fällen übrigens spielten sie fast
ebenso herrlich. No offence! gegen die Carlos
Kleiber-Fans. Er und Mariss Jansons, vielleicht
auch Nikolaus Harnoncourt, haben beim Neujahrskonzert immerhin bewiesen, dass man
sogar mit einem Wunschkonzert-Derivat Musikgeschichte schreiben kann. Und dass ein
Die Tradition ist jung
Wobei ein geheimer Ehrgeiz dieses Orchesters zutage tritt: Es will nämlich in größer
werdenden Schritten seine Strauß-Repertoireritzen endlich schließen. Lücken, die damit zu
erklären sind, dass man sich lange Zeit zierte,
die vermeintlich banalen Tanzvorlagen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Die Institution des Wiener Neujahrskonzertes ist – auf dem
heutigen Level internationalen Brimboriums –
keine alte Institution. Erst der ganz späte Herbert von Karajan war es, der 1987 die jährliche
Star-Staffette eröffnete. Zuvor hatte Lorin Maazel einige Jahre eher unauffällig (wenn auch
künstlerisch vorzüglich) durchdirigiert. Davor
lag die Leitung in den Händen des zum Dirigenten aufgewerteten Konzertmeisters Willi
Boskovsky. Der Rummel um die Vertikal-Rouladen ist eher neu.
Nicht übergehen darf man die Tatsache, dass das Wiener Neujahrskonzert eine
Erfindung der Nazis war. Ursprünglich dirigiert vom willfährigen Clemens Krauss, wählte man den Neujahrstag als Datum erstmals
1941. Zugunsten der NS-Gemeinschaft „Kraft
Foto: Thierry Linke/ Sony
Wiener Neujahrskonzert schönster
Schlendrian
Blick auf den Hüftschwung alter Männer in
diesem Fall immer lohnt.
Den Jahreseinstand 2015 dirigiert mit Zubin Mehta ein Rekordhalter unter den Neujahrskonzert-Bespaßern. Schon zum fünften
Mal (nach 1990, 1995, 1998 und 2007) rührt
der aus Bombay stammende Altmeister ewiger
Jugendlichkeit diesen Neujahrspunsch. Den
Werk-Radius der Strauß-Familienmitglieder
(zwei Mal Johann, ein Mal je Josef und Eduard)
öffnet er diesmal in Richtung Franz von Suppé
und Hans Christian Lumbye (den „dänischen
Strauß“). Fünf Erstaufführungen der Wiener
Philharmoniker sind angekündigt.
durch Freude“. Das hört man heute nicht mehr
so gern. Die Nazis hatten, um mit Strauß für
Durchhaltestimmung zu sorgen, sogar über
‚Abstammungsprobleme’ der Strauß-Dynastie
hinweggesehen. Urgroßvater Strauß war jüdischer Herkunft.
In der Erkenntnis vom Rang der Sträuße
waren zeitgenössische Komponisten schnel-
– durch. Und dieses Wunder macht ihnen kein
Orchester nach.
Karajan in der Trainingshose
Übrigens kommt ja sowieso alles vor allem auf
den Blumenschmuck an. Er wurde traditionell
von dem italienischen Adria-Kurort Sanremo spendiert. Bis es im letzten Jahr zum Eklat
kam. Irgendein alpenländischer Not-Fonds
musste einspringen, um die Staatskrise
abzuwenden. Nicht auszudenken, was ohnedies aus Österreich geworden wäre.
Auch die schönste NeujahrskonzertAnekdote schlechthin ereignete sich hinDas beste Neujahrskonzert aller Zeiten, na klar:
ter den Kulissen – und hätte doch von alDas war Carlos Kleibers Debütauftritt 1989 (auf
len bemerkt werden können ... Herbert
jener Doppel-CD, die es ganz billig bei Sony/CBS
von Karajan, damals bereits ein gebrechgibt). Überirdisch animierend auch das Konzert
licher Greis von 88 Jahren, saß vor seinem
von 1979, das letzte unter Willi Boskovsky (Decca).
Auftritt im Dirigentenzimmer des Wiener
Unterschätzt sind die knackigen, pointiert witziMusikvereins. Und seine Familie war vergen Mitschnitte unter Lorin Maazel aus den Jahzweifelt, weil man sich nicht vorstellen
ren 1980-1983 (an die er später nicht mehr hekonnte, wie das Häuflein Elend, das Kararanreichte; Deutsche Grammophon). Dann komjan damals war, überhaupt auf die Bühne
men die vorzüglichen Ausgaben unter Mariss
zu transportieren sei. (Alle wurden übriJansons (2006, 2012) und Nikolaus Harnoncourt
gens glorreich widerlegt, denn von dem al(2001, 2003) sowie der erste der beiden Jahrgänge,
ten Mann, einmal auf die Bühne geschubst,
die Georges Prêtre dirigierte (2008, Decca). Überschienen die Jahre abzufallen wie nichts.)
raschend gut auch Barenboim. Der Rest, sogar ­
Karajan war aber damals nicht nur betagt,
Abbado, fällt ein bisserl ab.
sondern auch starrsinnig. Daher weigerte
er sich, wie sein Mitarbeiter Ewald Markl
später erzählte, seine Frackhose anzuzieler. Wagner bewunderte insbesondere den
hen. Er wollte seine bequeme Trainingshose
Walzer „Wein, Weib und Gesang“. Und von
auch beim Auftritt vor einem MillionenpubliBrahms ist das berühmte Wort über den Do- kum anbehalten. Und setzte sich durch! Wer
nau-Walzer überliefert: „Leider nicht von mir.“ genau hinschaut beim Mitschnitt, kann das
schlabbrige Beinkleid gut erkennen.
Die Probleme beim Ausführen sind enorm; so
Als Karajan anschließend von der Bühne
sehr, dass von den Berliner Philharmonikern
nicht eine einzige, wirklich gute Walzer-Auf- kam, lachte er Markl triumphierend ins Genahme existiert. Die Schwierigkeit liegt im- sicht: „Na, und hat jemand was gemerkt!?!“
mer darin, den zweiten Schlag des Dreiviertel- Das Wiener Neujahrskonzert ist eine Wundertakts eine Spur vorzuziehen – und den nach- Institution.
folgenden Schlag um eine Idee zu verzögern.
Aber nicht zu sehr, bitteschön! Sonst wird ein
Erscheint gleich Anfang Januar: Das Wiener
Dieselmotor draus.
Neujahrskonzert 2015, Mehta, Wiener PhilTrotz so illustrer Gastdirigenten wie Ab- harmoniker, Sony
bado, Muti und Barenboim
galt es lange Zeit – auch heute noch – für zweitrangig, wer
Sie möchten auch einmal Teil haben
am Rummel um das
da vorne steht und wedelt.
Wiener Neujahrskonzert?
Die Könnerschaft der Wiener
Philharmoniker kann für so
RONDO verlost gemeinsam mit Sony Classical unter allen
superior und unwiderstehlich
Einsendern, die am Stichtag 15.12. ein gültiges Abonnement
gelten, als wäre sie die prak- haben, zwei Karten für die Generalprobe des Neujahrstische Umsetzung jenes al- konzerts am 30. Dezember, und zwar inklusive Flug und Hotel.
ten Musikerwitzes, mit dem
Seien Sie dabei im berühmten Goldenen Musikvereinssaal
ein Konzertmeister einst ei- und gönnen Sie sich einen stimmungsvollen Jahresausklang
nen probenintensiven Maes- in der Welt-Musikmetropole Wien. Schreiben Sie einfach mit
tro zum Schweigen brachte:
Stichwort „Neujahrskonzert“ an RONDO, Kurfürstendamm 211,
„Wenn Sie nicht endlich aufhö- 10719 Berlin oder per Mail an [email protected].
ren zu nerven, spielen wir so
Ihre Kontaktdaten bitte nicht vergessen! Der Rechtsweg ist
wie Sie dirigieren.“ Also: Die
natürlich ausgeschlossen.
Wiener Philharmoniker zie- Die Redaktion wünscht viel Glück!
hen ihren Stremel – und vielleicht sogar ihren Schlendrian
Sektverkostung
9
Der Dirigent und sein Royal Liverpool Philharmonic
Orchestra haben den vielgerühmten Zyklus sämtlicher
Schostakowitsch-Sinfonien beendet.
Von G u i d o F i s c h e r
D
ie wohl erschütternste Sinfonie im Schaffen seines Landsmannes Dmitri Schostakowitsch hat er sich bis zum Schluss
aufbewahrt. Obwohl auch die todestrunkene Nr. 14, von der ebenfalls in diesem Jahr eine Aufnahme veröffentlicht wurde, nicht unbedingt ein Zuckerschlecken für
die Musiker und das Gemüt ist.
Doch für Vasiliy Petrenko ist gerade Schostakowitschs Dreizehnte
von einer brennenden Aktualität.
Hebt
­eingeschlafene
Orchester
wieder auf’s
Pferd: Vasily
Petrenko
10
Denn dem hier vom Komponisten und dem von ihm vertonten
russischen Dichter Jewgenij Jewtuschenko schonungslos angeklagten Antisemitismus, wie er
zu Sowjetzeiten von oberster Stelle propagiert wurde, begegnet Petrenko heute weiterhin in seiner alten Heimat. „Es kursieren
in Russland diese typischen antisemitischen Klischees. Etwa dass
die Juden den Finanzmarkt beherrschen würden. Und welcher
Geist hier herrscht, kann man an
den über eine Million russischer
Juden festmachen, die mittlerweile nach Israel ausgewandert sind.“
Mit der 1962 uraufgeführten
Sinfonie Nr. 13 hat der 38-jährige
Petrenko also nun seine Einspielung sämtlicher Sinfonien von
Schostakowitsch beendet. Und
wie bei den Aufnahmen zuvor hat
er sein Royal Liverpool Philharmonic Orchestra erneut zu elektrisierenden
Höchstleistungen
angestachelt. Seit 2009 ist Petrenko Chefdirigent am Mersey. Und
„Dann sollen
sie eben
schneller
spielen!“
ren Grund. Das musikalische Leben erschien ihm um einiges entspannter als jenes in Russland.
Als Petrenko noch Chefdirigent
des Orchesters der Staatsakademie St. Petersburg war, musste er
sich regelmäßig mit einer Bürokratie herumschlagen, die ihn an
die Sowjetunion erinnerte und
die auch Schostakowitsch in seiner 13. Sinfonie aufs Korn genommen hat. „Wenn beispielsweise
die Streicher neue Saiten benötigten, weil sie eben irgendwann verschleißen und reißen können, bekam ich tatsächlich zu hören: ‚Warum spielen die Musiker nicht
einfach schneller?‘“
Mit solchen Absurditäten
muss sich Petrenko, der in St. Petersburg vom Gergiev- und Bychkov-Lehrer Ilya Musin ausgebildet wurde, zum Glück nicht mehr
befassen. Überhaupt hat der akribisch zu Werke gehende Blondschopf längst die Musikstadt
Liverpool aufgemischt und dort
erstmals das „Liverpool International Music Festival“ auf die Bei-
Foto: Mark McNulty
Vasily Petrenko ­Meister des MerseySounds
wenngleich das Orchester zu den
ältesten auf der Insel zählt, spielt
es erst seit dem Amtsantritt des
bekennenden Fußballfans in der
„Champions League“ der Klangkörper. Selbst manches Traditionsorchester aus der englischen
Hauptstadt muss das inzwischen
neidvoll zur Kenntnis nehmen.
Doch Petrenko konnte bereits
2006 erste Duftmarken als Erster
Dirigent setzen und das leicht verschlafene Orchester der BeatlesStadt auf Taktschlag reanimieren. „Die Musiker zeigten sich
von Beginn an nicht nur neugierig, sondern waren extrem motiviert. Und wie überhaupt alle britischen Orchester arbeiteten sie
direkt ungemein hart an sich.“ Petrenkos Entschluss, sich länger an
das Orchester zu binden, hatte damals aber auch noch einen ande-
ne gestellt, zu dem Zehntausende
kamen. Und in Zusammenarbeit
mit der European Opera School
kümmert er sich um das bislang
eher brach liegende Opernleben.
So standen bereits Wagners „Parsifal“ auf dem Spielplan wie die
Mendelssohn-Rarität „Die Hochzeit des Camacho“.
eine Aufforderung, „nie der Masse zu folgen, sondern nur seinen
eigenen Weg zu suchen.“ Dass
dies jedoch nicht so einfach ist,
musste gerade Schostakowitsch
immer wieder erfahren.
Die Erfolgsstory des WahlLiverpoolers Petrenko hat mittlerweile auch international Wellen
geschlagen. So ist er ebenfalls als
Nie der Masse folgen
Gastdirigent gefragt, der an der
Mit der Musik von Schostako- Pariser Oper, beim Glyndebourne
Festival und der Los Angeles Philwitsch hat Vasily Petrenko schon
deswegen eine quasi natürliche
harmonic auftritt. Seit 2013 füllt
Verbindung, weil beide aus St. Pe- er zudem in Oslo einen festen
Zweitjob aus, dort leitet er mit den
tersburg stammen. Trotzdem ist
er mit den Sinfonien nicht unbe- Philharmonikern ein Orchester,
das bereits von seinem alten Mendingt aufgewachsen. „In meiner
Geburtsstadt wurden sie eher un- tor Mariss Jansons an die Spitregelmäßig gespielt“, erinnert er
ze geführt worden ist. Doch wie
sich. „Und sieht man einmal bei- in Liverpool begnügt er sich auch
spielsweise von der Fünften, Sieb- in Oslo nicht mit der üblichen Orchesterarbeit, sondern organisiert
etwa Schulprojekte und Gesprächskonzerte. „Wir wollen jedes Konzert
Die am 18. Dezember 1962 in Moskau uraufgezu einem Event
führte 13. Sinfonie ist Schostakowitschs erste
machen, zu etwas
mit einem Vokalpart (hier: ein Bass). In seinen
Einzigartigem, das
Gedichten hatte Jewgenij Jewtuschenko eine
man einfach nicht
schonungslose Geschichte der Judenverfolgung
verpassen darf.“
und des Antisemitismus geschrieben, die damit
Während Peauch die Sowjetunion anklagte. Nachfolgeaufführungen erlaubte die Parteispitze daher nur
trenko mit den Osloer
Philharmomit den entsprechenden Textänderungen. Und
nikern schon den
im damaligen Bruderstaat DDR wurde die DreiStartschuss für eizehnte erstmals erst 1973 aufgeführt. Schostakowitschs Botschaft lautete: „Das Verhalten des
nen
Mahler-Zyklus gegeben hat,
Menschen als Bürger in der Gesellschaft – das
steht in Liverpool
hat mich stets beschäftigt. In der 13. Sinfonie
seit Anfang der
warf ich das Problem eben dieser bürgerlichen
Saison der 175.
Moral auf.“
Geburtstag des Orchesters im Mittelten oder Achten ab, die durchaus
punkt. Mit der gerade veröffentbeliebt sind, werden viele der Sin- lichten Aufnahme von Schostafonien in Russland immer noch
kowitschs 13. Sinfonie hat dieses
als ‚Neue Musik‘ abgetan. Dabei
englisch-russische Dreamteam
spiegeln doch die 15 Sinfonien
längst genügend Argumente für
unüberhörbar die Biografie eines
weitere gemeinsame Spielzeiten
großen Künstlers im 20. Jahrhun- geliefert.
dert wider.“ Zu dieser Biografie
gehört Schostakowitschs intensi- Neu erschienen: Schostakowve Beschäftigung mit den furcht- itsch: Sinfonie Nr. 13 „Babi Jar“,
barsten Gräueltaten. So erinnerte
mit Vinogradov, Huddersfield
er 1962 in seiner 13. Sinfonie an
Choral Society, Royal Liverpool
das Massaker, das 1941 die SS im
Philharmonic Chor und Orchesukrainischen Babij Jar an 34.000
ter, Naxos
Juden verübt hatte. Diese Sinfonie ist für Petrenko aber nicht nur
musikalisches Mahnmal. Den mit
„Eine Karriere“ bezeichneten fünften und letzten Satz liest er als
Des Menschen Wolf
11
VON
TeOdOr CurreNTzis
& MusiCAeTerNA
Nach der hochgelobten und mit dem
ECHO Klassik ausgezeichneten Aufnahme von
Mozarts „Le nozze di Figaro“ erscheint nun
Mozarts „Così fan tutte“.
„In ihrer dynamischen Spannbreite, ihrer rhythmischen
Schärfe, ihrer Liebe zum beredten Detail ragt diese
Aufnahme heraus.“ FAZ über „Nozze di Figaro“
Erhältlich als Limited-Deluxe-Edition ab 14.11.2014
und als Vinyl-Fassung ab 28.11.2014
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Englische und französische Kammermusik erntet immer
noch dünkelhafte Ablehnung. Dabei gibt es viel zu entdecken. Von M at t h i a s Kor n e m a n n
E
s ist deutsche Musik, Sie
würden sie nicht verstehen“, sagt die reizend
spitzzüngige Lady Mabel
in Oscar Wildes „Idealem Gatten“
zu einem blasierten Gentleman.
Im music room spielt ein Streichquartett. Eine winzige Episode in
diesem funkelnden Gesellschaftsstück, aber sie erzählt eine Menge
über kulturelle Ungleichzeitigkeit.
Seit dem Verwehen der großen elisabethanischen Musikkultur hatte England so viele Musiker und Werke importiert, dass
irgendwann selbst das Ausland
Treppenlift:
Das Trio
­Wanderer bricht
seit Jahren eine
Lanze für gute
Kammermusik
12
merkte, dass der englische Boden
ausgetrocknet war. Schon Ernst
Moritz Arndt schrieb hämisch
vom „Volk ohne Musik“ und meinte neben England interessanterweise auch gleich das verhasste
Frankreich. Hätte er geschrieben
„Kammermusik“, seine Aussage
Kammermusik
in Deutschland
war Bildung und
Anstrengung
Ein gutes Jahrhundert hatte es
gedauert, bis sich der schmale
Stand des Bildungsbürgertums
erhoben und seine kulturelle Deutungshoheit in seinen Institutionen befestigt hatte: in Museen,
Stadttheatern und vor allem Konzerthäusern. Der erste gemischte
Chor der Welt, die Sing-Akademie
zu Berlin, fand sich zusammen
in der Erweckung des geistlichen
Repertoires der Vergangenheit. In
diese Fernen blickte man, um das
Mustergültige, Kanontaugliche zu
finden, dessen ebenso mustergültige Aufführung einem religiösen
Akt gleichkam, da die eigentliche
Religion kaum noch mehr als ein
müdes äußerliches Ritual war. Es
war nur schlüssig, sich eigene
Gehäuse für diese kunstreligiösen Andachten zu schaffen. Darin
löste dann allmählich die Kammermusik mit dem harten Kern
der Beethovenschen Quartette
die geistliche Chormusik ab, und
als Joseph Joachim im Haus der
Sing-Akademie seine BeethovenSoireen gab, saß das preußische
Bildungsbürgertum
andächtig
schweigend im Dämmerlicht (all
das war noch nicht lange selbstverständlich!) und hatte die im
Hause erhältlichen Taschenpartituren auf dem Schoß. Bald folgte
auch der private Salon, und sei es
das enge Wohnzimmer eines Lehrers, und wandelte sich zu einer
Privatkapelle, der höheren Kammermusik geweiht.
Von alledem ahnte man in
England und Frankreich nichts.
Kammermusik hatte es schwer
dort, weil sich ihre Leitrolle in ei-
Foto: Marco Borggreve
Kammermusik Kain und Abel
wäre tatsächlich bis 1900 prophetisch gewesen.
Dass beide Nationen bis tief
ins 19, Jahrhundert regelrechte Kammermusik-Wüsten waren,
hat nicht so sehr mit der Ignoranz der Komponisten als mit
der Haltung der Hörerschaft zu
tun. An einer solchen fehlte es
nämlich auch, wie ein Blick auf
Deutschland verrät. Dort war der
Kammermusik, besonders dem
Streichquartett, allmählich eine
geradezu ersatzreligiöse Funktion
zugewachsen.
Gefangen zwischen
Nachahmung und
Modernismus
In Frankreich hasste man
Deutschland allzu sehr, um dort
zu studieren, aber seine Komponisten hörte man gern. Es war César Franck, der das für ein halbes
Jahrhundert herrschende Kammermusikideal kreierte: Beethovens zyklische späte Form, Schu-
manns Poesie und Wagnersche
Chromatik verschmolzen zu einem schulbildenden Idiom. In
seinen Kreisen lernte auch Gabriel Pierné, eine Janusgestalt
zwischen den Zeiten, müde-epigonal in Stücken wie dem Klavierkonzert, der Moderne aufgeschlossen als Dirigent: Er war
es, der beim Jahrhundertskandal
um Strawinskis „Sacre“ am Pult
stand. Sein Bestes schuf er in seiner Kammermusik, einer Violinsonate, einem Quintett und dem
riesigen Klaviertrio, das hier in einer engagierten Deutung durch
das Trio Wanderer einmal wieder
ausgegraben wird. Die Franzosen
CHRISTIANE
KARG
reisten nirgendwo hin und sammelten bis auf d‘Indy und Canteloube auch kaum ihre Volkslieder
– dies ist „Stadtmusik“ – aber das
Eindringen fremder Texturen wie
der baskischen Zortzico-Rhythmen (5/8) in die Mittelsätze von
Trio und Quintett löste deutsche
Formstrenge und ließ impressionistisches Farbenspiel ein. Sinnliche Beglückung verdrängte den
Bildungsernst.
Aber die schöpferische Lösung vom lastenden deutschen
Ideal, sie hatte keinen Bestand.
In den Konzertsälen von London
und Paris hört man bis heute fast
nur Beethoven und Brahms. Die
späte, etwas müde und sinnlich
lockende Blüte eigener Kammermusik, sie ist verwelkt.
+ + + + SHARON KAM + LARS VOGT + NURIA RIAL + SIMONE KERMES + + + +
Foto: Steven Haberland
ner bürgerlichen Welt gar nicht
ausgeprägt hatte. Man musste das
alles importieren, vom Kanon der
Meisterwerke bis zur bildungsempfangenden Andacht des Publikums. In dem Wilde-Splitter
blitzt das auf. Es geht nicht mehr
um Unterhaltung, sondern um etwas Bildendes, Anstrengendes.
Als die englische Nationalmusik auferstand, blickte sie der
deutschen Romantik in die Augen, hatte diese auch längst erste akademische Runzeln. In Leipzig oder Berlin lernte man, und
dorthin zog es ebenso den jungen
Ralph Vaughan Williams. Was er
bei den Gründervätern Stanford
und Parry gelernt hatte, vertiefte
er 1897 bei Max Bruch. Sein Klavierquintett in c-Moll ist ein Spiegelbild spätromantischer deutscher Kammermusik, ihrer thematischen Arbeit, ihrer – selten
wirklich erreichten – Bedeutungstiefen, ihres Kunsternstes. Dieses dunkel-grüblerische Wühlen
wird in der Neuaufnahme des fabergé-quintetts auch erheblich
besser eingefangen als in der älteren englischen Version mit
dem Schubert-Ensemble. Als dieses Werk 1903 entstand, war die
englische Musik noch nicht zu
sich selbst gekommen, noch immer nahm ihr Deutschland den
Atem. Vaughan Williams befreite sich 1908 mit einer Fahrt nach
Paris zu Maurice Ravel, Geist und
Spiel mit dem Klang trafen auf
den schwerblütigen Kontrapunkt.
Heimgekehrt trat ein drittes Element hinzu, die englische Volksmusik. Die Wasser dieser Ströme
flossen ineinander und es entstand eine späte und ganz und
gar eigene Sprache, nicht nur bei
Vaughan Williams, sondern auch
bei seinen Generationsgenossen
Bax, Ireland oder Holst, während
der ältere Elgar Deutschland verfallen blieb.
Neu erschienen: Fauré, Pierné:
Klaviertrios, Trio Wanderer, hm
Abonnenten-CD: Track 12
Vaughan William, Goetz: Klavierquintette, fabergé-quintett,
Kikuchi, Es-Dur/Edel
Abonnenten-CD: Track 9
Weiterhören auf vergessenen Pfaden: Vaughan Williams,
Phantasy Quintet u. a., Naxos
Ireland: Klaviertrios, Naxos
Bax: Violinsonaten, ASV (nur als
mp3)
Pierné: Quintett, Violinsonate
u. a., Timpani
D’Indy: Violinsonate – Thorofon
Schmitt: Klavierquintett,
Timpani
13
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Piotr Anderszewski Der Blüten-Leser
Er war Svjatoslav Richters Umblätterer. Und ist der wohl
belesenste Weltklasse-Pianist. Jetzt ist Anderszewski
zurück – mit Bach.
Von Robe rt F r au n hol z e r
D
rei Jahre lang war Piotr
Anderszewski
CD-absent. Wo war er denn?
„Ich werde älter, ich
werde langsamer“, wiegelt er ab.
Er hat sein Sabbatical fern von aller Welt in einem Kloster außerhalb von Kyoto zugebracht. Nun
praktiziert er vor seinen Konzerten immer 15 Minuten Meditation. Was sich auszahlt. Anderszewski kann als einer der besten
Live-Pianisten der Gegenwart gelten. Als jemand, der den Augenblick zu packen und auszuweiten
versteht.
Vielleicht gerade deswegen,
weil er eigentlich ein unzufrie-
14
dener Live-Pianist ist. „Konzerte sind problematisch, finde ich.
Weil es nicht so sehr darauf ankommt, wie man spielt, als darauf,
wie ich etwas zum Publikum herüberbringe. Das Publikum spielt
mit!“, so Anderszewski. Bisweilen habe er sogar schon angeboten, im Konzert ein Stück zu wiederholen, wenn ihm seine eigene
Leistung nicht gefiel. „Sonst werde ich krank und habe schlaflose Nächte“, meint er. Gewiss wird
deswegen das Publikum bei ihm
so sehr hineingezogen und angesteckt. Anderszewski ist, wenn
nicht der schöne Grübler, so doch:
der abwägende Schöngeist der
Zunft. Übrigens, falls das wichtig
sein sollte: einer der wenigen Pianisten mit tatsächlich schönen
Händen.
Mit diesen Händen spielt er
nicht bloß Klavier, sondern liest
Hermann Hesse, Céline und seinen polnischen Landsmann Witold Gombrowicz. Teile seiner
Lektüre-Begeisterung empfing er
von seinem pianistischen Vorbild
Svjatoslav Richter. „Ich habe Richter eine Zeitlang ja als Umblätterer gedient, da war er schon recht
alt“, erzählt Anderszewski. „Er
sagte mir: ‚Lies jeden Tag ein Paar
Seiten von Thomas Mann!‘ Das
habe ich befolgt.“
Neu erschienen: Bach: ­
Englische Suiten Nr. 1,
3 und 5, Warner
Abonnenten-CD: Track 4
Piotr Anderszewski im Konzert:
24.11.
Berlin, Konzerthaus
26.11.
Wien (A), Musikverein
6.12.
Bamberg, JosephKeilberth-Saal
17.12.
Stuttgart, Liederhalle
26.1.
Salzburg, Mozarteum
Foto: Ari Rossner/Warner Classics
Nulla dies
sine pagina:
Leseratte Piotr
Anderszewski
Wenn so jemand ins Studio
geht, um eine neue CD aufzunehmen, hat er sich etwas Besonderes dabei vorgenommen. „Bei
Aufnahmen muss man etwas erreichen, was man im Live-Konzert nie erreichen könnte“, sagt
er. Und hat für sein neues BachAlbum wiederum hunderte Takes
aufgenommen, aus denen er auswählt und die er selbst editiert.
„Es muss natürlich klingen!“, verrät er die Krux, die zu lösen ihn
diesmal den ganzen Sommer gekostet hat.
Die drei „Englischen Suiten“,
die dabei entstanden sind, lassen
denn auch nichts an Feinschliff,
Energie und kontrapunktischem
Mirakel vermissen. Nichts da von
Bach als bloßer Einstiegsdroge
in den Klavierkosmos des Abendlandes. „Was aufgenommen wird,
das soll bleiben können“, erklärt
er sein Ziel. Und ist entwaffnend
ehrlich, wenn er zugleich zugibt,
dass er nach einem Gewaltparcours endloser Aufnahme- und
Schnitt-Sitzungen erst einmal
kaum noch Lust verspüre, die betreffenden Stücke live zu spielen.
Wie impulsiv er ist, bewies
er schon 1990 beim Klavierwettbewerb von Leeds, als er – wieder
mal unzufrieden – seinen Vortrag
abbrach und halsüberkopf die
Bühne verließ. Das Klischee vom
„polish punk“ hingegen, das ihm
gelegentlich anhaftet, versteht er
selber nicht. „Ich habe ein Mal im
Leben in den USA eine Lederhose
getragen – und zwar ein Designermodell, keine Motorradhose! Den
Ruf, ein Punker zu sein, werde
ich nie wieder los …“ Anderszewski dürfte damit wohl der einzige, vermeintliche Punker sein, der
im echten Leben eine Vorliebe für
Thomas Mann hat.
Stéphane Denève Sinnliche Aquarelle
Eine Märchensammlung verwandelte Ravel in ein
klingendes Brevier. Und das RSO Stuttgart erzählt
daraus in betörenden Farben.
Von C a r s t e n H i n r ic h s
K
inder sind ein kritisches Publikum,
denn ihr Urteil ist unbefangen und
direkt. Fürchten muss Maurice Ravel das Urteil von Mimi und Jean
Godebski (6 und 7 Jahre) nicht, als er ihnen
1910 seine vierhändige Klaviersammlung „Ma
mère l’oye“ vorlegt. Die meisten der Stücke, die
auf alte Märchen des 17. Jahrhunderts entstanden sind, hat der Komponist den Kindern
schon bei seinen Besuchen im Haus der Eltern
vorgespielt. Da schläft Dornröschen seinen
hundertjährigen Schlaf, verirrt sich der Kleine
Foto: Uwe Ditz/SWR
Aus den Vollen
schöpfen:
Stéphane
Denève nimmt
den ­ganzen
­orchestralen
Ravel auf
Däumling unter dem Gezwitscher der Vögel,
die seine Brotkrumenfährte aufpicken, und
tanzen die Schöne und das Biest – verkörpert
von einem herrlich schnarrenden Kontrafagott – ihren morbiden Walzer, bis alle Figuren
und Geschichten im überirdischen Licht des
Feengartens Erlösung finden. Vom Erfolg seiner Sammlung zeigt sich Ravel dennoch überrascht, lässt sich vom Verleger aber zu einer
Orchesterfassung überreden, die er ein Jahr
später sogar zu einer Ballettmusik ausbaut.
Nachträgliche Orchestrationen sind pro-
blematisch, können sie doch nur entfalten,
was an Substanz im Klaviersatz schon vorhanden ist. Doch genau darin zeigt sich Ravels Genie, meint Stéphane Denève, Chefdirigent des
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR.
Gemeinsam haben sie gerade die zweite Folge
einer Gesamteinspielung von Ravels Orchesterwerken vorgelegt, die den literarisch inspirierten Werken gewidmet ist. „Wir haben die
dritte Fassung von ‚Ma mère l’oye‘ aufgenommen, die Ballettmusik von 1911. Ich finde es
faszinierend, wie Ravel in alle Richtungen zugleich denkt, weder die Klavier-, noch die Orchesterversionen sind besser oder idiomatischer“, so Denève. Und er fügt hinzu: „Sehen
Sie, die ‚Pavane pour une infante défunte‘ ist
sehr einfache Musik, geradezu minimalistisch.
Für mich ist es ein Wunder, wie Ravel die Orchesterfassung so reich orchestrieren konnte,
ohne diesen Kern zu verlieren. Seine Musik ist
sehr kraftvoll, der ‚Jardin féerique‘ lebt von nur
vier Akkorden, die das ganze Stück tragen. Dabei klingt es nie nach Arbeit, sondern ist sehr
flüssig und inspiriert geschrieben.“
Doch wie jede Musik mit literarischen
Vorlagen könnten auch diese Werke im Verdacht stehen, mehr Malerei als Empfindung
zu sein. Denève wehrt ab: „Man stellt beim Hören schnell fest, dass die Inspiration die Musik nicht überlagert. ‚Die Schöne und das Biest‘
lässt sich als Illustration hören, ist aber auch
wundervolle Musik, wenn ich die Geschichte
gar nicht kenne. Ich finde, Ravel ist nicht nur
der berühmte Orchestrator, für mich ist sein
größtes Talent, sehr lange und eigentlich komplexe Melodien zu schreiben, denen man aber
dennoch leicht und gerne folgt.“
Das RSO Stuttgart hat sich einen Namen
in zwei Welten gemacht: sowohl in der Neuen
Musik bei den Donaueschinger Musiktagen,
als auch mit historisch informierter Klassik
unter Denèves Vorgänger Sir Roger Norrington.
Steckt nicht von beiden Welten auch etwas in
Ravels Partituren? „Seine Musik ist ein Mix aus
Modernismus und Nostalgie. Viele deutsche
Orchester sind zu schwer für französisches Repertoire, aber vielleicht ist es ja die süddeutsche Note. Mir kommt die unglaubliche Transparenz des Orchesters entgegen, aber auch
seine unter Norrington erarbeitete Non-vibrato-Kultur. Ich liebe Details, und wir haben hart
gearbeitet, bis alles perfekt ausbalanciert war
und jede Stimme ihren Platz hatte. Vielleicht
kann man das mit einem japanischen Aquarell vergleichen. Nach Jahrzehnten der Übung
muss es leicht aussehen, wie in einem Strich
hingeworfen.“
Neu erschienen: Ravel: Orchesterwerke Vol.
2, Ma mère l’oye, Scheherazade, Un barque
sur l’océan, Menuet antique, Fanfare poul
l’eventail de Jeanne, hänssler CLASSIC/Naxos
Abonnenten-CD: Track 14
15
Tobias Koch Der Klangfarbenmaler
Nichts gegen einen guten Steinway – aber das
Pianistenleben darf ruhig noch sehr viel bunter sein.
Von C a r s t e n N i e m a n n
E
r gilt als einer der anerkanntesten Spezialisten
für Klaviere des 19. Jahrhunderts – dabei wollte Tobias Koch gar kein Spezialist
werden. Ohnehin sei er „mehr mit
Jazz und Pop aufgewachsen“ verrät der 1968 geborene bekennen-
16
de Rheinländer. Historische Klaviere, die er in Museen sah, hätten
ihn zwar schon als Kind durchaus
fasziniert – aber erst einmal als
Möbel, wie er augenzwinkernd
sagt: „Ich fand die Farbe immer
toll von diesen Hölzern, die heute
keiner mehr verwendet: Mahago-
ni oder Palisander, irgendwo aus
den entlegensten Regionen.“ Zu
erleben, dass sich in den bunt geflammten und gemaserten Kästen
auch ebenso interessante Klangfarben verbergen können, war
ohnehin nicht leicht: Die Museumsstücke blieben meist stumm
Fein abgeschmecktes
Instrumentarium
Unter Kochs Händen beginnen
daher oft auch vermeintliche Petitessen und die Werke vernachlässigter Komponisten plötzlich neu
zu funkeln. Von der Sensibilität,
mit der er Werk und individuelles Instrument auf einander abzustimmen weiß, profitierten unter
anderem schon der geniale, aber
früh verstorbene Schumann-Zeitgenosse Norbert Burgmüller (für
den Koch sogar eine eigene Gesellschaft gründete) oder August
Klughardt, dessen Klavierquintett
von 1884, auf einem Érard-Flügel
von 1839 gespielt, plötzlich gerade nicht mehr epigonal, sondern
Foto: Marion Koell/Avi
Passion für
„Eierschneider“:
Tobias Koch
ist ein Meister
alter Tasten­
instrumente
und die Aufnahmen der wenigen
Hammerflügelpioniere, die es in
den späten 70er Jahren gab, zeichneten sich dadurch aus, dass die
Instrumente oft mehr oder weniger verstimmt klangen. Erst nachdem Koch sein Klavierstudium
auf einem der üblichen schwarzen Riesen absolviert hatte, stellte
er fest, dass dies noch nicht alles
gewesen sein könne.
Unbefriedigt war Kochs große
Leidenschaft für Klangfarben geblieben, aber auch die Frage nach
ungeschriebenen
Aufführungstraditionen, die es ja nicht nur in
der Barockzeit gab. Diese Unterbelichtung sei noch ein Erbe der Musikwissenschaft des 19. Jahrhunderts, meint Koch: „Damals hieß
es ‚der Notentext ist alles‘, während der Klang nie ganz so wichtig war.“ Koch beschloss, seinen
Fragen an die Instrumente und
die Aufführungspraxis selber
nachzugehen: „Ich habe dann alles über Bord geworfen und mich
mit der ganzen Zeit, die ich hatte, darauf gestürzt.“ Mit Meisterkursen allein war der virtuose
Umgang mit der Vielfalt an ober
– und unterschlägigen Mechaniken, Hebel- und Pedalkonstruktionen, Moderatoren und den mit
Tuch, Filz oder Leder bezogenen
Hammerköpfen nicht zu erlernen.
Koch sprach mit Klavierbauern,
besuchte Museen und wälzte sich
durch
aufführungspraktische
Quellen. Und er war sich nicht zu
schade, immer auch den historischen Kontext zu erforschen. „Das
Interdisziplinäre“, findet er sogar,
„hat mich als Musiker gerettet“.
nach einem goldenen Herbst der
Romantik klingt.
Mit seinen enzyklopädisch
umfassenden Einspielungen der
Klavierstücke von Robert Schumann hat Koch, der sich eher als
Vermittler zwischen Komponist
und Hörer denn als Interpret versteht, auch neues Licht auf einen der anerkannten Heroen der
Klavierliteratur geworfen. Dem
schließt sich nun die Gesamteinspielung der Klavierstücke von
Beethoven an. Anders als die Sonaten, in denen es um musikalische Problemlösungsstrategien
werk schließlich hat sich der geschmackssichere
Klangfarbenmaler einen Flügel von Nanette
Streicher ausgesucht, der ihm mit
seinem breiten Klangspektrum
als das ideale Instrument für die
experimentellen späten Bagatellen erschien.
CD-EMPFEHLUNGEN
VON
DEUTSCHE HARMONIA MUNDI
DOROTHEE OBERLINGER
Nochmal „für Elise“
improvisieren
THE PASSION OF MUSICK
Bei diesen Note für Note ausgehorchten Werken bleibt Koch eng
am Notentext, während er sich
ansonsten auch die Freiheit zu
Verzierungen und Improvisationen nimmt – übrigens auch bei „Für
Elise“, in das sich
Koch neu verliebte: „So zärtlich und
mit einem Schim„Die Orphika ist ein Instrument der Nacht, der
mer von MelanchoLiebe und der Freundschaft“: Mit diesen Worten pries der in Wien lebende Instrumentenlie umhüllt“ wie auf
dem Streicherflügel
bauer und Glasharmonikavirtuose Carl Leobekomme man das
pold Röllig das von ihm 1795 neu erfundene,
Werk auf einem motragbare Miniklavier an. Zumindest Ludwig
dernen Klavier einvan Beethoven nahm den Werbespruch ernst:
fach nicht hin.
Um 1796/98 komponierte er zwei Stücke WoO
Wem das an
51 für Orphika als Freundschaftsgabe für seiklanglichen Aha-Efne Bonner Jugendfreundin und ehemalige
fekten nicht genügt,
Klavierschülerin Eleonore von Breuning, die
für den hält Koch
wiederum mit seinem Bonner Jugendfreund
noch die erste EinFranz Gerhard Wegeler verheiratet war. Als
spielung von Beet„leichte Klaviersonaten“ publiziert, konnten
hovens kleinen Kladiese Stücke erst vor Kurzem als Werke für Orphika identifiziert werden.
vierstücken WoO 51
auf dem für sie vorgesehenen Originalgehe, trügen die kleinen Stücke
instrument bereit: einer Orphika.
oft „Fragezeichencharakter“, fin- Jahrelang hatte Koch nach dem
tragbaren Klavier gefahndet, das
det Koch – und sie zeigten auch
die Handschrift des Klavierim- man sich für nächtliche Ständprovisators, der Beethoven eben
chendarbietungen um die Schulauch war. Gleichzeitig spiegelten
ter hängen konnte, bis er durch
sie die ganze künstlerische Ent- Zufall ein spielbares Exemplar
entdeckte. Und auch wenn diese
wicklung des Bonners wider. Die
Auswahl der Instrumente sei auf- Orphika-Einspielung nur ein kleiführungspraktischer „Hardcore“:
ner Farbtupfer auf Kochs Palette
Jeder Schaffensperiode ist ein ei- ist – stolz, damit eine Fehlstelle
genes historisches Instrument zu- auf Beethovens Porträt abgedeckt
geordnet. Die Reise beginnt bei ei- zu haben, ist der vielseitige Virnem cembalesk klingenden Tan- tuose dann doch.
gentenflügel von 1790 und führt
über einen Rosenberger-Flügel
Neu erschienen: Beethoven:
zu einem Instrument von Conrad
Sämtliche Klavierstücke, CAvi/
Graf – „gewissermaßen der offi- harmonia mundi
zielle Steinway der Wiener Zeit“,
Abonnenten-CD: Track 6
wie Koch meint. Wobei zum damaligen Standard auch der lärmende Janitscharenzug gehört,
den Koch dann auch lustvoll in
der „Wuth über den verlorenen
Groschen“ einsetzt. Für das Spät-
Urworte, orphisch
17
Im krisengeschüttelten
England des 17. Jahrhunderts
blühte in den bürgerlichen
Salons und Pubs die
„private music“ – von keltischer Volksmusik inspirierte
Musik für kleinere Ensembles.
Flötistin Dorothee Oberlinger
und Gambist Vittorio
Ghielmi zeigen mit ihren zwei
Ensembles wie farbenreich
diese Musik klingt.
HUELGAS ENSEMBLE
MIRABILE MYSTERIUM
Seit über 40 Jahren gehört
das Huelgas Ensemble unter
Paul Van Nevel zu den weltweit besten Vokalensembles.
Auf „Mirabile Mysterium“
erzählen sie die Weihnachtsgeschichte mit herausragenden weihnachtlichen Werken
aus fünf Jahrhunderten
von Lassus, Sweelinck,
Manchicourt, Gallus u.a.
DIE PREISGÜNSTIGE
DHM 50 CD-KOLLEKTION
Diese limitierte hochwertige CD-Edition enthält 50 vielfach
ausgezeichnete und von der Presse hochgelobte Original-Alben
des Labels, von den Anfängen bis in die Gegenwart.
Mit hochkarätigen Künstlern wie Nikolaus Harnoncourt,
Hille Perl, dem Freiburger Barockorchester, Thomas Hengelbrock,
Dorothee Oberlinger, Simone Kermes, Buno Weil, Nuria Rial,
l’arte del mondo, Huelgas Ensemble u.v.a.
www.sonymusicclassical.de
Atterberg
Sinfonie Nr. 1 h-Moll (RadioSinfonieorchester Frankfurt,
­R asilainen, 1998)
cpo
Blind gehört –
Andrew Manze „Bruckner ist für
mich der Größte.“
Die Presse nannte ihn wechselweise den
Stéphane Grappelli oder den Paganini der
Barockgeige. Andrew Manze, der mit 24 Jahren
Konzertmeister in Ton Koopmans Amsterdam
Baroque Orchestra wurde, galt als einer der
großen Namen der Barockwelt – bis er vor sechs
Jahren die Geige aus der Hand legte, um sich
als Chef der Helsingborger Symphoniker und
als gefragter Gast bei den großen Orchestern
ganz dem Dirigieren zu widmen. Mit der Saison
2014/2015 tritt der 48-jährige Engländer nun
seine Stelle als frischgebackener Chefdirigent
der NDR Radiophilharmonie an. Am Morgen
eines Konzerts mit dem Deutschen SymphonieOrchester Berlin setzte er sich neugierig, aber
auch etwas in Sorge, seinen Kollegen zu nahe
zu treten, vor den CD-Player.
Von Arnt Cobbers
18
Webern
Heftig bewegt, aus: Fünf Sätze
op. 5 (Berliner Philharmoniker,
Boulez, 1994)
Universal
Großartige Musik, unglaublich.
Hier spielt eine große Streichergruppe, und das in dieser Besetzung so klar und fein zu spielen,
ist sehr schwer. Für mich ist Webern die expressivste Musik der Welt. Und diese Aufnahme bestätigt mich darin. Mein erster Webern
war op. 6 – als Geiger im European Youth Orchestra mit Claudio Abbado, und ich bin glücklich, dass er es war, der mich in die Welt von
Webern eingeführt hat. Man kann an diesen
kurzen Sätzen genauso lange proben wie an einem Satz einer Beethoven-Sinfonie. Leider
muss man bei manchen Orchestern viel Energie dafür aufwenden, dass die Musiker überhaupt mitziehen und jedes Detail ernst nehmen. Denn hier hat jede einzelne Note so viel
zu sagen.
Ist das Alfvén oder ein anderer
Schwede? Von Atterberg kenne ich
nur einige neoklassizistische Werke. Ich finde, in diesen spätromantischen Sinfonien gibt es oft viele gute Ideen,
aber entweder werden sie zu sehr ausgewalzt
oder sie stehen zwischen zu vielen schwachen
Ideen. In Alfvéns zweiter Sinfonie gibt es wunderbare Stellen, der ganze zweite Satz ist großartig, aber im Finale versucht er Bruckner zu
sein und scheitert. Insgesamt ist die Sinfonie
ein Fehlschlag, finde ich. So ist es mit vielen
Werken dieser Zeit. Dennoch sollten wir Musiker immer gucken, ob wir einen Großen übersehen haben. Wir haben so viel Musik aus dem
17. und 18. Jahrhundert wiederentdeckt, aber
unser Bild vom 19. Jahrhundert wird noch immer bestimmt von wenigen großen Namen.
Ich fürchte zwar, wir werden keinen neuen
Brahms entdecken. Aber wir könnten viel Spaß
haben bei der Suche ...
Als ich jung war, habe ich alles gespielt,
und noch mit 20 dachte ich, ich würde vor allem zeitgenössische Musik machen. Aber
dann kam immer mehr Barockmusik. Ich liebe Barockmusik, aber sie hat ihre Grenzen.
Und ich war an einem Punkt, wo man von mir
in jedem Konzert Mozart oder Vivaldi erwartet hat – die Frage war nur noch, was spielen
wir außerdem. So wollte ich nicht mein Leben
verbringen. Also habe ich eine Pause eingelegt – und die läuft immer noch. Ich vermisse
die Geige nicht. Und ich habe meine Probleme
damit, was gerade in der Welt der Barockmusik passiert. Nehmen Sie die „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi. Die Eröffnung beschwört fröhliche Frühlingsgefühle. Heute klingt sie meist
so aggressiv, als wäre es der Soundtrack zu einem Horrorfilm. Und wenn der Hund des Schäfers bellt, klingt es, als würde der Höllenhund
wüten.
Vivaldi
Violinkonzert g-Moll RV 331
(Carmignola, Venice Baroque
Orchestra, Marcon, 2006)
Archiv Produktion/Universal
Das ist es, was ich meine. Denken
die, Vivaldi hatte schlechte Laune,
als er das geschrieben hat? Das
klingt wahnsinnig dramatisch
und energiegeladen, und viele Leute denken,
so müsse Barockmusik klingen, aber ich halte
diesen ganzen Ansatz für verkehrt. Reinhard
Goebel ist für mich noch immer die inspirie-
Foto: Gunter Gluecklich/NDR
Der nächste
bitte:
Andrew
Manze kehrte
der Alten
Musik den
Rücken –
weil er sie
so liebt
rendste Figur mit seiner Neugier, seiner Vorstellungskraft, seiner vielleicht sogar Obsession für Qualität und Probenarbeit. Viele Musiker haben sich seine Arbeitsweise zum Vorbild
genommen und versucht, sie auf die nächste
Stufe zu stellen. Aber das geht nicht, man kann
nicht immer perfekter werden. Irgendwann
klingt man wie eine Maschine. Und man kann
Goebels Ansatz nur schlecht auf italienische
Musik übertragen. Bei so vielen Aufführungen
habe ich das Gefühl, die Musiker haben sich
die Noten vorgenommen und überlegt: Hier
setzen wir einen Akzent hin, dort machen wir
einen anderen Effekt. Dann wird das Stück geprobt und anschließend immer wieder auf diese Weise gespielt. Mein Ansatz war ein völlig
anderer: Spiel das Stück und gucke, was passiert, was die Musik sagt, wozu sie dich einlädt.
Ich weiß zum Beispiel noch nicht, wie ich die
Mozart-Sinfonie heute Abend dirigieren werde.
Ich habe mit dem Orchester nicht geprobt, wie
wir sie spielen werden. Sondern wir haben verschiedene Wege geprobt, die wir im Konzert
einschlagen können. Und dann werden wir sehen. Es ist schockierend, wie wenig improvisiert wird in der Barockmusik. Viele Musiker
sind wie gefesselt, sie wiederholen immer nur,
was sie einstudiert haben. Oft hört man Ornamente, die in keinem Zusammenhang zum
Rest des Spiels stehen; die sind genau geplant.
Dabei sollte man spielen, als würde man die
Noten zum ersten Mal sehen.
Corelli
La Follia (bearb. v. Léonard u.
Marteau; Braunstein, Ben-Ari,
2010)
Klang Vision 3101
So haben es vermutlich die großen
Geiger des 19. Jahrhunderts gespielt, und ich frage mich, ob das
nicht näher am barocken Original
war als das, was wir heute machen. Ich fürchte,
wenn wir Bach oder Corelli spielen hören würden, würde es uns langweilig erscheinen im
Gegensatz zu dem, was wir heute an Tempo
und Energie gewöhnt sind. Ich kann auch diese Version genießen, die macht auf ihre Weise
Spaß, und hier spielt ein toller Geiger.
Beethoven
Adagio – Allegro vivace, aus:
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
(Deutsche Kammerphilharmonie
Bremen, Järvi, 2007)
RCA/Sony
(am Ende des Adagio) Mal sehen,
ob sie es machen, wie Beethoven
es geschrieben hat. Nein, auch
nicht. Alle, die ich bisher gehört
habe, ziehen vor dem Allegro das Tempo an.
Aber Beethoven hat kein Accelerando geschrieben! Ich finde, wenn man es ohne Übergang
macht, wird es viel dramatischer. Beethoven
sagt: Da kommt etwas, aber ich verrate Euch
nicht, was. Lasst Euch überraschen. Es hat
eine unglaubliche Spannung, die sich plötzlich
im Allegro entlädt. Aber alle Dirigenten nehmen die Überraschung vorweg. Und sie machen es wegen der Analogie zur späteren Wiederholung. Dabei hört kein Zuhörer rückwärtsgewandt, das geht gar nicht. Lassen Sie uns
den Übergang nochmal hören: Hier verkürzt er
die Pause um eine Viertel. Und jetzt zieht er
das Tempo an. Ich glaube, wenn Beethoven das
hören würde, wäre er wütend. Das ist eine der
größten sinfonischen Eröffnungen aller Zeiten,
und alle ruinieren sie! Alle folgen der Tradition. Warum folgen sie nicht einfach Beethoven?
Beethoven war ein Meister des Timings. Ich
finde es verrückt, wenn man die Pausen verkürzt oder die Wiederholungen weglässt. Beethovens Pausen sind genauso kraftvoll wie seine Musik. Die Leute vertrauen der Stille nicht
mehr. Spiel den Akkord und vertraue der Pause, spiele mit der Akustik – wenn du einen guten Raum hast ... Ich habe die neuen Aufnahmen nicht verfolgt. Das sind moderne Instrumente, aber man hat sich viele Gedanken
gemacht, was man wie spielt. Vermutlich sind
einige alte Instrumente wie das Horn dabei. Ist
das Järvi mit der Deutschen Kammerphilharmonie? Ein großartiges Orchester.
Meta4 begeistern
NEU
Mit dem ersten und dem fünen Quartett von
Béla Bartók wenden sich Meta4 erneut einem
Meister des 20. Jahrhunderts zu.
CD-No. 98.036
Brahms
Allegro non troppo, aus: Sinfonie
Nr. 4 e-Moll op. 98 (NDR-Sinfonieorchester, Günter Wand, 1997)
RCA/Sony
Ist das eine alte Aufnahme oder
live? Es gefällt mir, es klingt frisch.
Manche Details gehen unter, aber
das liegt vermutlich an der LiveAufnahme. Das ist das Problem bei Brahms:
Alle Musiker denken, sie hätten den schönsten
Part, und sehen nicht ein, dass sie sich zurücknehmen müssen. Aber es ist wunderbar gespielt. Es klingt, als säßen alle Geigen links. So
kommen die Dialoge zwischen den ersten und
zweiten Geigen nicht richtig raus. Günter
Wand? Seinen Bruckner habe ich oft gehört.
Ich liebe Brahms, aber wenn ich mich auf einen Komponisten konzentrieren müsste, wäre
das Bruckner. Dann käme Beethoven. Und
Brahms würde ich zum Essen dazu laden, auch
wenn das die Unterhaltung vielleicht etwas
schwierig machen würde. Ich glaube, Bruckner
konnte alles. Wenn er nur mehr Erfolg gehabt
hätte und freier gewesen wäre, hätte er mehr
gemacht. Für mich ist er der faszinierendste
Komponist.
19
Meta4 spielen die Quartette Nr. 3, 4 und 7 von
Schostakowitsch. Das dritte Quartett gilt als
eines der schönsten des Zyklus.
CD-No. 98.644
haenssler-classic.de | [email protected]
Im Vertrieb von NAXOS Deutschland
www.naxos.de
Große Momente der Musikgeschichte (44)
FR ANZ S TR AUSS , 1822 – 1905, Vater von Richard Strauss, war der uneheliche
Sohn eines Gendarmen und wuchs bei seinem Onkel, einem Türmer, auf. Schon
als Kind trat er in Gaststätten auf, um zum Lebensunterhalt beizutragen. Er war
sehr begabt und spielte mit 15 Gitarre in der Hofkapelle und wurde einer der
bedeutendsten Hornisten seiner Zeit. Richard Wagner, der seine außerordentliche
Musikalität schätzte, lehnte er wie viele Münchner künstlerisch und menschlich
ab, in Anlehnung an Lola Montez, über deren Reize Ludwigs Großvater den Thron
verloren hatte, nannte das Volk ihn „Lolus“. Wagner brachte seinen glühenden
Verehrer Ludwig II. dazu, ihm weite Teile des königlichen Haushalts zu überschreiben, mischte sich politisch ein, um seine Pfründe zu bewahren und ließ
Lachner, den verdienstvollen Generalmusikdirektor Münchens durch von Bülow
ablösen, dem er die Frau wegnahm. Franz Strauss legte sich immer wieder mit
Wagner an und spielte nur mit Widerwillen in Bayreuth. Bei der Nachricht von
Wagners Herztod 1883 blieb er demonstrativ sitzen.
20
Rein fachliches
Interesse: Der
Besuch des
Flórez-Konzerts
in Ludwigs­
hafen lohnt in
jeder Hinsicht
BASF Ludwigshafen Stimmband-Analysen
Startenor Juan Diego Flórez singt – und ein hochkarätig
besetztes Symposium macht sich Gedanken über die
„Zukunft des Gesangs“. Von G u i d o F i s c h e r
Foto: Josef Gallauer/Decca
D
ie wertvollste Bestätigung für eine gelungene Aufnahme ist bekanntermaßen das Lob
vom Publikum. Doch im Gegensatz zu den Selbstläufern und Megasellern der Netrebkos und Lang
Langs kann das Gros der zahllosen
Neueinspielungen erst über gute
Kritiken und im besten Fall dank
eines Preises seine Interessenten
und Käufer finden. Dementsprechend reiben sich Interpreten und
Produzenten vor Freude die Hände, wenn sie etwa mit Deutschlands ältestem Schallplattenpreis
ausgezeichnet werden. Seit 1963
gibt es den „Preis der Deutschen
Schallplattenkritik“ und es ist –
wie der Name erkennen lässt –
eine von Musikjournalisten ausgelobte Trophäe. Nun sind zwar die
Zeiten längst vorbei, als in der Vinyl-Ära ein rundes „Preis“-Schild
auf das ausgezeichnete Produkt
geklebt wurde und man damit
auch den Kaufanreiz potenzierte.
Aber wer heute – im CD-Zeitalter
– von seinem Glück erfährt, allein
auf eine der Quartalsbestenlisten
zu gelangen und damit schon mal
Kandidat für die Jahresbestenliste
ist, der bekommt fast umgehend
auch ein größeres Feedback etwa
von Konzertveranstaltern.
Trotz des Renommees, das
dieser Schallplattenpreis immer genoss, konnte seine Breiten- und Tiefenwirkung seit 2011
aber noch einmal um ein Vielfa-
ches ausgebaut werden. Ausgelöst hat diesen enormen Schub
die FAZ-Musikredakteurin Eleonore Büning, die den (ehrenamtlichen) Vereinsvorsitz übernahm
und damit frischen Wind in die
Strukturen und die Außendarstellung brachte. Immerhin ist Büning die Mutter der beliebtesten,
lockersten und auch unterhaltsamsten Diskussionsrunde über
Musik. Unter dem Titel „Quartett
der Kritiker“ bespielt man quer
durch Deutschland mittlerweile volle Konzerthäuser. Wobei das
Konzept denkbar einfach ist. Vier
nicht auf den Mund gefallene Musikkritiker plaudern fachkundig
über ein Musikstück und seine Interpretationen.
Inzwischen gibt es aber noch
weitere Gelegenheiten, bei denen einige der rund 145 Jurymitglieder auf öffentlichen Podien
zu erleben sind. Ein neues Forum bietet da die Kulturabteilung
des Ludwigshafener Chemieriesen BASF, der jetzt zum zweiten
Mal ein vom „Preis der Deutschen
Schallplattenkritik“ organisiertes Symposium fördert. Nachdem
im letzten Jahr sich ein hochkarätig besetzter Roundtable mit dem
Thema „Das Konzert der Zukunft
– die Zukunft des Konzerts“ beschäftigt hat, dreht sich die zweite
Ausgabe um die „Zukunft des Gesangs“. Der Frage, inwieweit sich
die Stimme im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit verändert hat, gehen da u. a. der Tonmeister Andreas Neubronner, die
Musikwissenschaftlerin
Christiane Tewinkel und der Vokalexperte Jürgen Kesting in ihren Referaten nach. Tags darauf stoßen
zur Runde dann Eleonore Büning
sowie Rainer Kern vom „Enjoy
Jazz“-Festival dazu. Um die von
der zweitägigen Gesprächsrunde aufgeworfenen Denkanstöße vielleicht mit einem simplen,
aber glänzend hingeworfenen ‚C‘
zu bestätigen oder doch zu kontern, hat man für den Ausklang
einen Könner seines Fachs eingeladen. Es ist der gebürtige peruanische Tenorissimo Juan
Diego Flórez, der das BASF-Benefizkonzert zusammen mit der
Filarmonica della Scala unter Leitung von Fabio Luisi bestreitet –
und mit Rossini, Donizetti & Co.
1a brilliert.
www.schallplattenkritik.de/news
www.basf.de/kultur
Kalendarium:
30.11. BASF-Gesellschaftshaus
ab 14 Uhr: Symposium
ab 18 Uhr: Öffentlicher
Meisterkurs mit Juan
Diego Flórez
1.12.
BASF-Feierabendhaus
ab 15 Uhr: Erweiterte
Podiumsdiskussion
21 Uhr: BASF-Benefizkonzert mit Juan Diego
Flórez, Filarmonica della
Scala, Fabio Luisi
21
Menschen“ in die Nachbarschaft etwa chinesischer Volkslieder. Entscheidend ist für Sabrina Quintero Lang Langs Ansatz, sich die Technik spielend anzueignen. Es geht darum „nicht
nur Musik zu spielen (im Sinne von musizieren), sondern auch mit ihr zu spielen und sie
zu genießen. Die Schüler werden mit einbezogen und eingeladen, ihre musikalische Vorstellungskraft zu entwickeln.“
Lang Lang Vom Profi lernen
Der chinesische Pianistenstar nimmt mit ­eigenen
Übungsheften die Ausbildung des Nachwuchses
in die Hand: Das geht doch spielend!
Von C a r s t e n H i n r ic h s
S
ei immer vorbereitet! Beginne nie
mit einem Stück, ohne zu überlegen!
Schultern, Nacken, Arme, Handgelenke und Finger müssen entspannt sein.“
So klingen die Tipps, die Lang Lang seinen
jungen Kollegen mit auf den Weg gibt. Denn
der vor einem Jahr zum UN-Friedensbotschafter für „Global Education“ ernannte Pianist
nimmt seinen Auftrag ernst und lässt gerade
ein lückenloses Ausbildungsprogramm entstehen. Die nun bei Faber Music London und –
für den deutschsprachigen Raum – bei Edition Peters erscheinenden Übungsbände sind
die ersten fünf der auf 15 Folgen angelegten
Reihe „mastering the piano“. Sie richten sich
an die fortgeschrittene Elementar- bis Mittelstufe. Die Lang Lang Piano Academy als Stiftung bietet neben zusätzlichem Downloadmaterial auch Workshops, Music Camps und andere Education-Events, wie es heißt. Das klingt
nach einer fast beängstigenden Offensive zur
Klavierpädagogik.
22
Sabrina Quintero, die für die Reihe bei
Edition Peters verantwortliche Lektorin, will
die Bände auch nicht als Ersatz für klassische
Klavierschulen verstanden wissen, sondern
als kreative Arbeits- und Übungsbände, die
sich in den herkömmlichen Unterricht gut integrieren lassen. Der entscheidende Unterschied liegt für sie im persönlichen Ansatz. „Es
geht Lang Lang nicht darum, trockene Technik-Übungen zu absolvieren und theoretische
Lektionen zu ‚pauken‘, sondern darum, Musik zu machen.“ Die Lektionen, die Notenlesen
schon voraussetzen, vermitteln zentrale technische Fertigkeiten wie Fingersatz, Rhythmus,
Legatospiel, Pedaltechnik und Phrasierung
auf grundlegendem Niveau. Jede Lektion enthält Aufwärmübungen, vorbereitende Etüden
und gut ausgewählte Stücke, mehrheitlich aus
dem Repertoire der großen Klassiker von Bach
bis Bartók, zuweilen erfrischend aufgelockert
mit modernen oder jazzigen Stückchen. So findet Schumanns „Von fremden Ländern und
„Es geht nicht
darum, wie Lang
Lang zu werden,
sondern seinen
persönlichen Zugang zum Klavier
zu finden.“
Natürlich gibt es dazu jede Menge Tipps
zum Vortrag und mentale Hilfestellungen vom
Profi, etwa: „Beim Thema Phrasierung stelle ich
mir vor, ich unterhalte mich mit einem Freund.
Jede Phrase ist ein Satz in diesem Gespräch:
Manchmal setzt man in Gedanken ein Komma, weil man noch etwas hinzufügen möchte
und manchmal beendet man den Satz, als würde man einen Punkt dahinter machen.“ Dass
die Bände schon penetrant auf Lang Lang zugeschnitten sind, woran nicht zu kleinem Teil die
Erfolgshoffnung geknüpft sein dürfte, ist Geschmackssache. Quintero betont, dass man sich
zwar von der Strahlkraft Lang Langs einen Motivationsschub erhofft, aber „es geht nicht darum, wie Lang Lang zu werden, sondern seinen
persönlichen Zugang zum Klavier und zur Welt
der Musik zu finden und auf der Reise dorthin
von den Erfahrungen eines Pianisten und Lehrers wie Lang Lang zu profitieren.“ Natürlich
fehlt aber auch die Diskografie des Künstlers
am Ende nicht. Denn Lang Lang ist vor allem
ein Profi, was die Selbstvermarktung angeht.
Ohne ihm aufrichtiges Interesse an Klavierpädagogik abzusprechen: Er verankert sich ganz
nebenbei gleich im Kinderzimmer der Käufer
von morgen. Ein Schelm, wer so denkt?
Im Vorwort lässt Lang Lang keinen Zweifel:
Es gibt kein Schnellverfahren, ein guter Pianist
zu werden, das Zauberwort heißt Üben. Darin ist
er sich mit einem anderen, großen Klavierpädagogen einig, der Lebens- und Übungsregeln verfasste: Robert Schumann. Diese enden mit dem
Satz: „Es ist des Lernens kein Ende.“ Führt dieser Weg auf die Lang Lang Piano Academy? Bei
Schumann klang das verheißungsvoll.
Neu erschienen: Lang Lang Piano Academy:
„mastering the piano“, Level 1–5,
Edition Peters
Foto: Lang Lang International Music Foundation/V. Fraile
Tipps vom
Meister:
Lang Lang
startete
eine Klavier­
offensive
Arianna Savall Kosmische Stimme
„Hirundo maris“ stoßen ein Tor zur Musik des
Hochmittelalters auf – und zwar ein überraschend romantisches.
Von M i r j a m S c h a de n d or f
V
ox cosmica“, das neue Album, hat
„Hirundo maris“ dem Lebenswerk
der Hildegard von Bingen gewidmet, einen Gegenpol darin bilden
die Gesänge von Petrus Abaelardus. Musikalisch überwiegt der Gleichklang, ganz egal, ob
Arianna Savall die weit geschwungenen Bögen der Gesänge der Äbtissin interpretiert
oder Petter Udland den intellektuellen Part
des Abaelard übernimmt. „Die Musik von Hildegard ist hochemotional“, sagt der Norweger
im Interview. „Wir finden, sie spricht direkt zu
den Herzen der Menschen. Es ist einfach wichtig, sich vom Alltag zu entfernen, sich mit etwas zu verbinden, das wir nicht ganz verstehen können – dem Göttlichen nämlich.“ Ganz
klar, die Produktion des Paares lässt sich ganz
vom Sog des mittelalterlichen Gesanges gefangen nehmen – hier gibt es keine historisch-kritischen Überlegungen, die Faszination an der
Mystik steht im Vordergrund.
Das muss nicht schlecht sein – im Gegen-
teil, das starke emotionale Engagement der
Musiker, ihre intensive Auseinandersetzung
mit den Schriften zum kosmischen Gesamtklang machen den Reiz dieser Aufnahme aus.
Denn letztendlich hat Arianna Savall, Tochter
des spanischen Gamben-Granden Jordi Savall
und der vor drei Jahren verstorbenen Sängerin
Montserrat Figueras, deren Stimmideal und
Ästhetik sie konsequent fortsetzt und weiterdenkt, hier ein ganz neues Genre geprägt, „Early Fusion“. „Ich war schon immer fasziniert
von Hildegard und habe ihre Musik während
meines Studiums an der Schola Cantorum in
Basel besser kennengelernt. Ich habe immer
wieder Hildegards Musik gesungen, weil es
wie ein Balsam für die Stimme und die Seele ist. Gleichzeitig“, gibt sie zu bedenken, „verlangt diese Musik der Sängerin technisch und
körperlich sehr viel ab, man muss wegen des
großen Ambitus’ flexibel bleiben.“
„Early Fusion“ ist aber noch mehr als die
Vermengung von moderner Geisteshaltung
und mittelalterlicher Hochkultur. Petter Udland hat vier instrumentale „Meditationen“ geschrieben, die als Brücke fungieren sollen. Mit
Hardangerfiedel, Harfe und Flöten besetzt, lassen sich die Stücke irgendwo zwischen modernem Folk und kontemplativer Dauerschleife
ansiedeln. „Die Meditationen sollen unser persönlicher Blick auf die Musik von Hildegard
sein.“ erklärt der Musiker. „Für uns moderne
Menschen wirkt das alles ein bisschen fremd.
Mit dieser Instrumentalmusik versuchen wir
zu realisieren, was es heißt, Spiritualität zu erleben.“
Und der musikalische Brückenschlag in
die mystische Welt der Hildegard von Bingen
ist gelungen. Ganz ohne pädagogischen Zeigefinger. Auf diese Platte kann sich jeder einlassen, egal ob er etwas über die Musik des Mittelalters weiß, oder ob er nur eine Scheibe zum
Chillen am Kamin sucht.
Ganz zum Schluss des Gespräches spielt
dann doch die politische Realität eine Rolle:
Ariannas Vater hat gerade den spanischen Nationalpreis für Musik abgelehnt, aus Unzufriedenheit mit der Kulturpolitik des Landes, was
ein heftiges Rauschen im Blätterwald verursachte. Von „dramatischem Desinteresse“ und
„totaler Inkompetenz“ war die Rede in seinem
offenen Brief. „Ich bin total einverstanden mit
dieser Aktion“, sagt Arianna. „In Spanien gibt
es so viele Talente, aber leider werden Musiker
und Künstler nicht gut behandelt. Viele müssen gehen, so wie es auch unsere Eltern gemacht haben.“ Und dann fügt sie hinzu: „Wir
haben in diesem Bereich noch viel zu lernen
vom Norden.“
Neu erschienen: Hildegard von Bingen: Vox
cosmica, mit Savall, Johansen, Carpe Diem
Nah am Wasser:
Arianna Savalls
und Petter Udland
Johansens Klang­
meditationen
23
Thomas Quasthoff Weise Weihnacht
Der bekannte Bariton kehrt für vier amerikanische Weihnachtslieder zum Gesang zurück –
und will doch kein Comeback.
Von Robe rt F r au n hol z e r
T
homas Quasthoff wollte nie wieder
singen. Nach dem Tode seines – für
ihn sehr wichtigen – Bruders Michael im Jahr 2010 stürzte er in eine vehemente Krise. Er hatte als Erster erfahren,
„dass mein Bruder noch ein Jahr zu leben hatte,
wenn er Glück hat. Vielleicht auch nur ein halbes.“ Am Morgen nach dieser Diagnose wachte
Quasthoff auf, und seine Stimme war weg. „Es
war rein psychisch. Ich habe dann angefangen,
immer die jeweils nächsten Auftritte abzusagen, weil ich noch nicht wieder fit war.“ Das
ging zwölf Monate so. „Hinzu kam noch, dass
es genau das Jahr war, in dem ich von meiner
Frau getrennt lebte. Und schließlich war auch
noch meine Mutter gestorben.“
Eines Tages, als er gerade seine in Weimar lebende Frau besuchte, so Quasthoff, habe
man gemeinsam eine Aufführung von Mah-
24
lers „Lied von der Erde“ besucht. „Ich saß in
der Vorstellung, und plötzlich, aus heiterem
Himmel, begannen mir die Tränen herunterzulaufen. Aber so, dass es gar nicht wieder aufhören wollte. Ich realisierte plötzlich, dass ich
das Werk nie wieder so singen würde.“ Seine Frau saß neben ihm, guckte scheu und unsicher zu ihm herüber. „Irgendwann nahm
sie mich dann in den Arm und sagte: ‚Tommy,
ist alles gut!’ In der Woche drauf habe ich bekanntgegeben, dass ich ganz aufhöre.“
Die Geschichte des Versiegens einer der
schönsten und charakteristischsten BaritonStimmen der letzten Jahrzehnte klingt tragisch. Und war Folge nicht nur familiärer Genickschläge, sondern auch eines Körpers, der
anders belastbar ist als bei ‚normalen’ Sängern.
Thomas Quasthoff wurde 1959 mit einer Conterganschädigung geboren. Dem 1,34 Meter
großen Künstler verweigerte man die Aufnahme auf eine Gesangs-Hochschule. Schon Jahre
vor seinem Abschied hatte er die Möglichkeit
des Aufhörens immer wieder in Betracht gezogen – und ganz offen darüber gesprochen.
„Mein Rücken ist kaputt“, erzählt er, während wir zuhause bei ihm in der Küche sitzen. „Schauen Sie sich hier einmal um. Die vielen Schmerzmittel dort liegen nicht wegen der
hübschen Verpackung da. Wenn ich morgens
aufstehe, brauche ich eine Weile, um aufrecht
gehen zu können. Das ist Verschleiß aufgrund
meiner Behinderung.“ So wird die Rückkehr
zum Singen, die Quasthoff jetzt in Gestalt eines Weihnachtsalbums feiert, zweifellos eine
Ausnahme bleiben. „Erstens finde ich, wenn
ich aufhöre und dann wieder anfange, wäre
das nicht integer“, meint er. Außerdem: „Ich
schaffe auch keinen ganzen Abend mehr.“
Mit den vier amerikanischen Standards
aber, darunter Meredith Wilsons „It’s Beginning To Look Like Christmas“ und Bing Crosbys
„White Christmas“, will Quasthoff Kindheitserinnerungen an eigene Weihnachten wach werden lassen. Sie zeigen ihn noch einmal von seiner anrührend besten Seite. Lässig und groovy,
intim unaufgeregt und durchaus entspannt. Es
ist ein kleines Weihnachtswunder, ergänzt um
Gedichte von Georg Trakl, Bertolt Brecht, Rilke, Ringelnatz und Storm. Dass Quasthoff auch
rezitieren kann, überrascht wenig bei einer
Sprechstimme, mit der er schließlich schon zu
Zeiten sein Geld verdiente (als Programmsprecher beim NDR), als er noch kein professioneller Sänger war. Welcome back.
Neu erschienen: Thomas Quasthoff: Mein
Weihnachten, mit Chasteiner, Ilg, Müller,
Deutsche Grammophon/Universal
Foto: Bernd Brundert
Was ich
noch zu
sagen hätte:
Thomas
Quasthoff
singt wieder
MATTHIAS GOERNE
SCHUBERT EDITION
NEU ERSCHIENEN - Vol. 9 Winterreise
Christoph Eschenbach, Klavier
„Goerne zählt zu den besten Liedinterpreten unserer Zeit ... Mit
seiner ausgeprägten Fähigkeit der Stimmschattierung gestaltet
er dramatische Stimmungs- und Perspektivwechsel in kleinsten
Nuancen. Gleichzeitig erzählt er in großen Bögen – stimmlich
ausgewogen in allen Lagen.“ BAYERISCHER RUNDFUNK
„Ein Paradox wird deutlich: Die Stimme von Matthias
Goerne hört sich auch nach so vielen Karrierejahren noch
unangekratzt jugendlich an, dabei verraten die präzise
Textausdeutung, die unaufdringlichen Betonungsakzente
den Profiexperten, den nie übertreibenden Former von
Mini-Dramen und straff skizzierten Panoramen ... Matthias
Goerne ist ein geborener Schubert-Erzähler.“ DIE WELT
CD HMC902107
CD HMC 901988
CD HMC 902063
Vol. 1 Sehnsucht
2 CD HMC 902004.05
2 CD HMC 902139.40
Vol. 2 An mein Herz
Elisabeth Leonskaja, Klavier
Helmut Deutsch, Eric Schneider, Klavier
Vol. 5 Nacht und Träume
Vol. 6 Schwanengesang
Sonate D. 960
Alexander Schmalcz, Klavier
CD HMC 901995
CD + DVD HMC 902035
CD HMC 902141
2 CD HMC 902109.10
Vol. 3 Die schöne Müllerin
Christoph Eschenbach, Klavier
Vol. 7 Erlkönig
Andreas Haefliger, Klavier
Vol. 4 Heliopolis
Ingo Metzmacher, Klavier
Fono Forum - Stern des Monats
Vol. 8 Wanderers Nachtlied
Helmut Deutsch, Eric Schneider, Klavier
Christoph Eschenbach, Klavier
harmoniamundi.com
Auch auf Ihrem Smart- und iPhone
25
Neuheiten ­Weihnachten
mit Freu(n)den
F
rüher war mehr Lametta“, möchte man weihnachtskulturpessimistisch ausrufen. Dem
scharfen Beobachter saisonaler
Produkte auf dem CD-Markt kann
nicht entgehen, dass die Branche
im Vergleich zu den Vorjahren
diesmal an der Lebkuchenfront
schwächelt. Will sagen: Es fehlen
die großen Highlights. Die umsatzstärkste Zeit des Jahres stellt
die Produzenten offenbar zunehmend vor strategische Probleme, sich zwischen dem vertrauten (aber abgenudelten) klassischen Repertoire und zündenden
Neuschöpfungen zum Thema zu
positionieren. Einen Ausweg bieten da die nostalgischen Rückgriffe in die Mottenkiste früherer,
hemmungslos verkitschter Weihnachtssampler. Die passen zum
jungen, urbanen Spiel mit geborgten Traditionen, ohne sich dabei
selbst festzulegen. Doch die ironische Übertreibung bräuchte mehr
Mut und kommt dieses Jahr zu
kurz.
Unser Rundgang durch die
frisch gefüllten Regale beginnt
bei den musikalischen Mandelkernen des Repertoires. Nach einer Handvoll Weisen der Renaissance führte Luthers Aufwertung
der Musik im Gottesdienst zu einer wahren Schwemme vieler der
uns heute bekanntesten geistlichen Melodien. Heben lässt sich
dieser Liederschatz mit durchweg tadellosen, namhaften Künst-
26
lern aus einer 7-CD-Box des Labels Ricercar: „Geistliche Musik
des deutschen Barock“. Einen
Höhepunkt daraus, die „Weihnachtshistorie“ von Heinrich
Schütz, hat auch Hans-Christoph
Rademann mit seinem Dresdner
Kammerchor und durchweg guten Solisten gerade neu aufgenommen. Gesellschaftliche Randfiguren spielen im Weihnachtsgeschehen eine zentrale Rolle: Das
Marian Consort hat sich auf dem
schottischen Label einmal nur
um die Hirten gekümmert und
deckt in „Christmas with Shepards“ überraschende kompositorische Verneigungen zwischen
Mouton, Morales und Stabile auf.
Der Lutherzeit widmeten sich Katharina Bäuml und Capella de la
Torre schon früher, zum Einstand
auf Sony stehen nun rund um das
„Kindlein in der Wiegen“ die Melodien des Weihnachtsfestkreises im Mittelpunkt: Ein frisches,
klanglich ungewohnt luzides Album der Renaissance-HolzbläserExperten.
Den Korpus alter Weisen und
Lutherchoräle ergänzte das Bürgertum des 19. Jahrhundert, das
sich mit der Feier der biblischen
(Ur-)Familie vor allem selbst zelebrierte, mit recht süßlichen, aber
bis heute sehr bekannten Weihnachtsliedern. Hörbar wird das
zum Beispiel auf „Mirabile Mysterium“, dem Beitrag des fabelhaften Huelgas Ensemble, das seinen Bogen europäisch ausweitet
und
bis
zu
Werken von Peter Cornelius spannt,
aber auch bei Paul Hilliers schon
programmatisch
weltumspannenden „Carols from Old & New
World“. Hillier gliedert die Chorwerke durch die sieben Adventsantiphone wie im letzten Jahr
Graham Ross und der Choir of
Clare College Cambridge. Die bieten dieses Jahr mit „Lux in caelo“
einen empfehlenswerten Nachschlag, mit englischer Note und
einem Best-of von Praetorius bis
Britten. Wenn sie nicht gerade
in der Weltmusik fischen, treten
sich die Chorsampler aber in einem rolierenden Repertoire wechselseitig auf die Füße, wenigstens
über die Jahre betrachtet.
Ross‘ berühmte Nachbarn
vom King’s College Cambridge
zelebrieren in ihrer neogotischen Kapelle mit den „Nine Lessons and Carols“ nun schon seit
1918 ein wirklich stimmungsvolles Lesungs-Weihnachtslied-Programm, das von der BBC weltweit übertragen für Briten zum
Weihnachtsfest gehört wie Tur-
key und Eggnogg. EMI-Erbe
Warner taucht auf einer DoppelCD mit einem Best-of der „Carols
from King’s“ in die Geschichte
ein, während im Eigenverlag des
Chores als CD und erstmals überhaupt auf DVD mit den „Favourite Carols from King’s“ die Weihnachtsübertragung von 2013 veröffentlicht wird. Auch drauf: die
alljährliche
Auftragskomposition des Chores, so entkommt man
elegant der Repertoirefalle. Ein
Tipp für weihnachtsmüde Seelen!
Auf dem Festland kann mit so
viel Zauber höchstens das alpenländische Brauchtum mithalten.
Der professionelle HeimatgefühlVermarkter „Servus“ verspricht
mit Tranchen vom Salzburger
Adventssingen zu Zitherklängen
„Himmlische Ruh‘“. Darf ’s ein
bisschen mehr sein? Dann haben
wir noch einen Salzburger Verkaufsschlager: Herbert von Karajan. Der wird auf „The Karajan
Christmas Album“ unter anderem mit den Weihnachtskonzer-
Illustration (c) fornfest
Musik öffnet Herzen und Geldbeutel.
Und das ist nie willkommener als
zur Weihnachtszeit: Lassen wir uns
verführen! Von C a r s t e n H i n r ic h s
ten der Herrn Corelli, Manfredini, Locatelli und ihren wiegenden
Pastorale-Sätzen in Erinnerung
gerufen. Zumindest aufführungspraktisch bietet das Album mit
weihevollem Rubato und musikalischem Zimmetduft die Chance
auf ironisch gebrochenen Genuss.
In diesen Honigtopf dürften Produzenten nächstes Jahr für unseren Geschmack ruhig noch tiefer greifen.
Und wo es jetzt schon ganz
schneefallruhig und stubenkuschelig geworden ist, fehlt nur
noch eine warme, volltönende
Stimme, die Besinnliches vorträgt.
Thomas Quasthoff springt dieses
Jahr dankenswerter Weise in die
Bresche und verspricht einen Einblick in „Meine Weihnachten“,
so der Titel. Der Ausnahme-Bariton, der seine Karriere bereits beendete, greift sogar für vier Klaviertrio-jazzige Nummern zum
Mikrofon. Die Auswahl der Lesetexte ist nachdenklich, aber nicht
weichgespült und sehr ansprechend vorgetragen. Empfehlung!
Als Nachklang dazu legen
wir die Arrangements der derzeit
wohl einzigen deutschen Salonmusik-Girlie-Band auf: „Christmas with Salut Salon“, das ist
eine mit Schneestapfen und Glocken aufgepeppte, attacca konzipierte Hörreise quer durch interessante Werke: Corelli – kaum
wiederzuerkennen – an der Seite von Weber, Brahms und Dohnányi-Variationen, alles mit eigenem Stempel versehen. Bevor
es zu heiß im Zimmer wird, machen wir doch einen Spaziergang
durch den Big Apple. Renée Fleming, Vorzeige-Sopranistin des
american way of opera, hat sich
einen Hauch Whiskey-Flavour auf
die Stimme gelegt. Das ist auch
nötig, weil sie sich hochkarätige
Jazz-Größen als Duettpartner eingeladen hat für ihr „Christmas
in New York“, darunter Wynton
Marsalis und Gregory Porter. Mit
jazzigem Einschlag wertet sich
auch gekonnt der Blechblas-Evergreen Canadian Brass auf, damit
seine Weihnachtsplatte klanglich
nicht mit mitteldeutschen Posaunenchören kollidiert. Das garantieren die Kompositionen und Arragements von Jazzgröße Vince
Guaraldi und Ensembletrompeter
Brandon Ridenour.
Und wir bleiben beim Jazz,
denn er kriegt einfach nicht genug: Bereits zum vierten Mal
spielt und tourt Nils Landgren,
der Mann mit der weihnachtsmützenroten Posaune, durch
die Konzertsäle und Jazzclubs
und feiert „Christmas with my
friends“. Ein Selbstläufer, wie
immer halb groovig, halb im
(Landgrenschen Softeis-) Diskant
hingehaucht. Der Wechsel in der
Besetzung entpuppt sich so als
der eigentliche Motor der Idee, die
sich nach wie vor glänzend verkauft. Wer erst jetzt einsteigen
möchte: Teil I-III gibt es dieses
Jahr als Box (fast) geschenkt.
Erstklassisch:
„Geistliche Musik des deutschen
Barock“, 7 CDs, Praetorius,
Tunder, Schütz, Buxtehude,
Ricercar/Note 1
Heinrich Schütz: Weihnachtshistorie, Sämann, Werneburg,
Poplutz u. a., Dresdner
Kammerchor, Dresdner Barockorchester, Rademann, Carus/
Note 1
„Christmas with the Shepards“,
Mouton, Morales, Stabile; The
Marian Consort, McCleery, Delphian/hm
„Ein Kindlein in der Wiegen“:
Weihnachten zur Lutherzeit,
Capella de la Torre, Katharina
Bäuml, dhm/Sony
„Mirabile Mysterium”: An European Christmas Tale, Huelgas
Ensemble, van Nevel, dhm/Sony
„Carols from Old & New World
Vol. III“, SACD, National Chamber
Choir of Ireland, Hillier, hm
Für die Insel:
„Lux de caelo“, Bach, Britten,
Mendelssohn, Schönberg,
Tavener; Choir of Clare College
Cambridge, Dmitri Ensemble,
Ross, hm
„Carols from King’s College
Cambridge“, 2CDs; Choir of
King’s College Cambridge, Willcocks, Ledger, Cleobury, Warner
„Favourite Carols from King’s“,
CD oder DVD, Choir of King’s
College Cambridge, Cleobury,
KGS/Note 1
Apfel, Nuss und Mandelkern:
„Himmlische Ruh’“: Die
schönsten Lieder und Weisen
vom Salzburger Adventssingen,
Servus/hm
„The Karajan Christmas Album“,
Corelli, Manfredini, Locatelli,
Bach, Mendelssohn, Gruber,
Tschaikowski, DG/Universal
„Christmas with Salut Salon“,
Bach, Corelli, Brahms, Debussy,
Piazzolla, Warner
Abonnenten-CD: Track 16
Whiskey-Flavour:
Thomas Quasthoff: „Mein Weihnachten“, Quasthoff, Chastenier,
Ilg, Müller, DG/Universal
Renée Fleming: “Christmas in
New York”, Fleming, Marsalis,
Porter, Elling, Wainwright, Botti,
O’Hara, Decca/Universal
Abonnenten-CD: Track 17
„Christmas Time Is Here”, Guaraldi, Henderson, Ridenour; Canadian Brass, Steinway/Note 1
„Christmas With My Friends IV”,
Landgren, Knutsson, Norberg,
Köhn, Pilnäs, Dyall, Kruse, Sand,
ACT/Edel
16. KISSINGER WINTERZAUBER
1 9 .
D E Z E M B E R
2 0 1 4
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1 0 .
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2 0 1 5
Till Brönner Quintett • Berliner Symphoniker
Tai Murray • Power!Percussion • Andreas Martin Hofmeir
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Veranstalter: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH im Zusammenwirken mit der Stadt Bad Kissingen
27
Lebensrückschau
aus Ergebenheit
und schwelgendem
Schönklang: Die
Vier letzten Lieder
Schöner kann ein Sopran nicht schwelgen: Für die
„Vier letzten Lieder“ würden viele glatt auf den übrigen
Strauss verzichten. Von M ic h a e l Blü mk e
D
er Franz ist an allem
schuld. War er es doch,
der seinem Vater riet,
das Schweizer Exil zur
Komposition eines späten Werkes zu nutzen. Und so machte
sich Richard Strauss 1948 an die
Vertonung einiger Gedichte, die
er von Anfang an als Orchesterlieder konzipierte. Mit Eichendorffs „Im Abendrot“ begann er
am 6. Mai und ließ ihm drei Gedichte des erst zwei Jahre zuvor
mit dem Nobelpreis für Literatur
28
ausgezeichneten Hermann Hesse folgen. Am 20. September war
mit „September“ das letzte dieser Lieder vollendet, die freilich
nicht als Zyklus geplant waren
und den Titel „Vier letzte Lieder“
auch erst posthum von Strauss’
Verleger angeheftet bekamen.
Nun üben Schwanengesänge
seit jeher eine eigentümliche Faszination aus, bieten stets Anlass
zu Deutungen und Spekulationen, doch der von Richard Strauss
nimmt selbst in dieser exponier-
ten Gruppe noch eine Sonderstellung ein. Ein „Requiem für sich
selbst“ nannte Karl Schumann die
„Vier letzten Lieder“ und trifft es
damit recht gut. Die eigene Ergebenheit und Gelassenheit verwandelte der Komponist überlegen in
Töne: Schöner und gleichzeitig berührender, schwelgender und dabei wahrhaftiger lassen sich diese Stimmungen nicht ausdrücken.
Da diese Lieder nicht als zusammenhängendes Ganzes gedacht waren, gibt es auch kei-
Stimmbändertraining
für Sirenen
Und die ist nicht nur dramaturgisch schlüssiger, sondern vor allem sängerisch sinnvoller: Nur
in „Frühling“ wird die Interpretin in luftige Höhen geschickt (allerdings zuvor gleich als Einstieg
– „In dämmrigen Grüften“ – auch
erst einmal richtig in den Keller),
danach darf sich die Stimme in
eher entspannteren Lagen tummeln. Bezeichnenderweise liegt
vielen Sängerinnen, selbst den
höhensicheren, dieses Lied am
wenigsten, sie klingen dort nicht
selten ein bisschen hysterisch
oder machen zumindest nicht unbedingt die beste Figur. Geht der
„Frühling“ also in den „Septem-
Foto: GdeFon.ru
Hörtest – Richard
Strauss „Vier letzte Lieder“
ne vom Komponisten bestimmte Reihenfolge. Die wurde erst
bei der Uraufführung am 22. Mai
1950 in der Londoner Royal Albert Hall durch Kirsten Flagstad
und Wilhelm Furtwängler festgelegt. Damals erklang als erstes „Beim Schlafengehen“, gefolgt
von „September“, dann „Frühling“
und als Abschluss „Im Abendrot“.
Diese Reihung blieb einige Jahre
lang Usus, bevor das dritte Lied
mit dem ersten den Platz tauschte – die bis heute übliche Abfolge.
ber“ über, ist der psychologische
Druck von den Stimmbändern genommen.
Unmöglich ist es, die Einspielungen der „Vier letzten Lieder“ zu
zählen, es dürften um die 80 sein,
wovon hier aus Platzgründen nur
zwei Dutzend berücksichtigt werden können. Ganz am Anfang
der Diskografie steht also Kirsten
Flagstad, von der Uraufführung
müsste zwar ein Rundfunkmitschnitt existieren, doch die erhältliche CD-Version basiert auf stark
beschädigten Privatbändern, wodurch sie nur aus dokumentarischen Gründen von Interesse ist.
Es gibt allerdings eine zwei Jahre später entstandene Live-Aufnahme aus Berlin mit Flagstad,
an diesem Abend „verzichtet“ sie
aber auf den für sie unbequem
liegenden „Frühling“, bei dem sie
schon in der Uraufführung eine
Passage oktavieren musste.
Obwohl die Uraufführung
nicht an sie gegangen war, hat
Sena Jurinac gleich im Jahr danach so stark für die Verbreitung
des neuen Werkes gesorgt wie keine andere Sängerin. Von einem
der „VLL“-Konzerte dieses Jahres
1951 gibt es einen Mitschnitt aus
Stockholm, Jurinac ist hier mit ihrem Farbreichtum und inneren
Lodern ein absoluter Genuss. Die
erste Studioaufnahme fiel 1953
Lisa della Casa zu: Mit schlankem, l(e)ichtem, leuchtendem Sopran schafft sie eine wunderbare Balance aus vokalem Reiz und
überzeugender Textbehandlung.
Drei Monate später produzierte
Walter Legge dann die erste der
beiden Einspielungen mit seiner
Ehefrau Elisabeth Schwarzkopf,
sehr kurz phrasierend trägt sie
die „VLL“ schrecklich grimassierend wie Chansons vor. Ihre zweite Aufnahme entstand 1965, hier
hält sie ihre Manierismen in einem erträglichen, fast schon normalen Rahmen, die unprägnante bis schlampige Artikulation ist
gleichwohl gewöhnungsbedürftig.
Hervorragend in der scheinbaren Distanziertheit bietet Gundula Janowitz 1973 mit silbrigkühler Stimme eine ungeheuer
klangsinnliche Aufnahme, nicht
zuletzt auch dank Herbert von Karajan. Hier wird besonders deutlich, dass das Orchester in den
„VLL“ keineswegs nur begleiten-
de Funktion hat, vielmehr die Gesangsstimme ein weiteres Instrument ist. Im Jahr darauf bannt
Anneliese Rothenberger, die
vormals grandiose Sophie und
Zdenka, ihre Version – für sie leider zu spät – auf Band.
Im August 1982 trifft in Leipzig
Jessye Norman mit Kurt Masur
und dem Gewandhausorchester
zusammen und (er)schafft die definitive, alle anderen überstrahlende Einspielung. Mit epischem
Atem, überwältigender Klangentfaltung und differenziertes-
„Die definitive
Einspielung:
Jessye Norman verströmt sich in
einem üppigen, prachtvollen, golden
glänzenden
Rausch.“
ter Textdurchdringung, die sich
in der vorbildlichen vokalen Kolorierung widerspiegelt, verströmt
sich die Sopranistin in einem üppigen, prachtvollen, golden glänzenden Rausch. Im selben Jahr begibt sich auch Lucia Popp für die
„VLL“ ins Studio. Stimmlich seelenvoll wie immer, wirkt ihre Interpretation sehr intim, hat so gar
nichts nach außen Gekehrtes oder
auf Wirkung Bedachtes – berührend und beglückend. Ebenfalls
aus den 80er-Jahren: Eva „Brünnhilde“ Marton, die sich einen der
untersten Plätze auf der Hitliste gesichert hat, und Felicity Lott
mit schlank-sehnigem Klang und
intelligenter Gestaltung.
Zur Gruppe der positiv im Gedächtnis bleibenden Produktionen zählt auch die sinnlich flirrende Cheryl Studer, die Lyrik
und Dramatik ideal verbindet,
auch wenn sie – besonders in der
normalerweise sicheren Höhe –
nicht optimal bei Stimme ist. Der
nächste Höhepunkt in der „VLL“Diskografie geht auf das Konto
von Renée Fleming. Das ist ein
Leuchten und Strahlen, das süchtig macht. Auch auf ihrer zweiten, 13 Jahre danach entstandenen Aufnahme präsentiert sie
sich stimmlich nach wie vor in exzellenter Verfassung, wenn auch
nicht mehr ganz so frisch und
schimmernd, allerdings macht
sie gestalterisch zu viel, rutscht
da stärker in ihre Manierismen.
Unter „ferner liefen“ darf Françoise Pollet verbucht werden. Karita Mattila singt zwar sehr gut,
lässt den Hörer aber dennoch
kalt, weckt kein besonderes Interesse. Stimmlich sicher, aber monochrom und dadurch langweilig
bleibt Deborah Voigt.
Unfassbar schön klingen die
„VLL“ bei Soile Isokoski, sie setzt
ihren warmen, edel blühenden
Sopran für eine „helle“, fast naive Interpretation ein. Leider vermittelt sie dabei das Gefühl, als
stecke nichts zwischen und hinter den Zeilen, das wirkt geheimnislos und etwas eindimensional
– ein Jammer ob der hinreißenden vokalen Seite! Als nicht konkurrenzfähig erweist sich Melanie Diener. Trotz ansprechender
stimmlicher Leistung und durchdachter Gestaltung erscheint
Konrad Jarnot eher wie ein Kuriosum als ein vollgültiger Mitbewerber, als Bariton verfügt er
schlicht nicht über die hier nötige Expansionsfähigkeit eines Soprans, zudem verlieren die Lieder
in der Klavierfassung zu viel von
ihrem spezifischen Reiz, der verschwenderischen Farbenfülle und
der klanglichen Opulenz. Ohne eigenes Gepräge ist die Aufnahme
von Nina Stemme, die deutlich
mehr Wagner- als Strauss-Sängerin ist, sehr persönlich und seelenvoll dagegen Anja Harteros.
Unbeteiligt, emotional wie buchstabiert, wenn auch sehr gut gesungen präsentiert sich Anne
Schwanewilms.
Ganz frisch aus dem Presswerk kommt die neueste Version der „VLL“, ein Konzertmitschnitt aus der Berliner Philharmonie vom August dieses Jahres
mit Anna Netrebko. Ihre Stimme
erfüllt wegen der Fähigkeit zum
Aufblühen eine wichtige Voraussetzung für Strauss, ist aber andererseits nicht flexibel genug, kann
sich nicht schwerelos empor-
schwingen – und gönnt sich allzu viele Atemzäsuren. Außerdem
merkt man trotz sorgfältiger Artikulation, dass sie die einzige hier
vertretene Sängerin ist, die des
Deutschen nicht mächtig ist. Eine
schöne Stimme singt schöne Musik, mehr nicht.
Traumwandlerisch:
Della Casa, Böhm, 1953, Decca
Janowitz, Karajan, 1973, DG
Norman, Masur, 1982, Philips
Popp, Tennstedt, 1982, EMI
Fleming, Eschenbach, 1995, RCA
Frühlingshaft:
Jurinac, Busch, 1951, EMI
Studer, Sinopoli, 1993, DG
Isokoski, Janowski, 2001, Ondine
Harteros, Luisi, 2007, Sony
Fleming, Thielemann, 2008,
Decca
Blätterfall:
Flagstad, Furtwängler, 1950,
Diverse
Schwarzkopf, Szell, 1965, EMI
Lott, Järvi, 1986, Chandos
Mattila, Abbado, 1998, DG
Voigt, Masur, 1998, Teldec
Jarnot, Deutsch, 2005, Oehms
Stemme, Pappano, 2006, EMI
Schwanewilms, Stenz, 2011,
Orfeo
Netrebko, Barenboim, 2014, DG
Abonnenten-CD: Track 15
Dämmergruft:
Schwarzkopf, Ackermann, 1953,
EMI
Rothenberger, Previn, 1974, EMI
Marton, Davis, 1985, Sony
Pollet, Weise, 1995, Accord
Diener, Zinman, 2002, Arte Nova
29
Will alles, und
zwar sofort:
Pablo Held ver­
knüpft Zeiten
und Stile
Pablo Held Brückenkopf
Sein Horizont ist weit: Klassik, Jazz, Musik aus allen
Kontinenten. Dieser Pianist vereint, was scheinbar
­auseinander liegt. Von W e r n e r S t i e f e l e
A
ufeinander hören, Entwicklungen ahnen, Akzente setzen, sich auf
unbekanntes Terrain
vorwagen, in früheren Konzerten
Gespieltes hervorholen oder vergessen können: Dank dieser Fähigkeiten nimmt das Pablo Held
Trio seit fast neun Jahren eine außergewöhnliche Stellung in der
deutschen Jazzlandschaft ein, die
2013 ein gemeinsames Konzert
mit John Scofield ermöglichte
und – nach vielen anderen Preisen
– 2014 durch die Verleihung des
SWR Jazzpreises gewürdigt wurde.
Der Kölner Pianist und Ensemblegründer will alles: zum einen die Leichtigkeit und das Unerwartete, das improvisierte Musik mit sich bringen kann, und
zum anderen die Struktur, die
30
Form, das Überlegte, das aus dem
überlegten Zusammenfügen von
Tönen, dem Komponieren, entstammt: „Das Komponierte soll
wie improvisiert wirken, und das
Improvisierte wie komponiert.“
Als Pablo Held 1986 geboren wurde, begeisterten Musiker wie die
Bassisten Dave Holland und Miroslav Vitous, die Pianisten John
Taylor und Paul Bley, der Trompeter Kenny Wheeler oder der
Schlagzeuger Paul Motian gerade
erst das Publikum für das Leichte, Filigrane, Schwebende im Jazz.
Daran konnte Pablo Held anknüpfen, als er sein eigenes musikalisches Konzept formte.
Held, der Kontrabassist Robert Landfermann und der
Schlagzeuger Jonas Burgwinkel legen Fährten, denken sich in
die Entwicklungslinien der Partner, kommentieren diese, führen
sie fort, ignorieren sie – wie in einem Gespräch, das gute Freunde miteinander führen, und bei
dem man auch schweigen kann,
gerade weil man bei der Sache ist
und Wichtigem lieber zuhört, als
den Gedankenfluss des Partners
durch eigene Einwürfe zu stören.
Denn Helds Konzept ist anders als das amerikanischer Jazzgrößen. Wegweisende Pianisten
wie Fats Waller, Earl Hines, Art
Tatum, Oscar Peterson, Bud Powell, John Lewis, Kenny Barron
oder Cedar Walton bevorzugten
in ihren Trioaufnahmen lange,
bruchlos miteinander verbundene, durchgehend swingende Tonketten – Meister ihres Fachs, aber
eben auch Vertreter einer grund-
legend anderen Ästhetik. Selbst
Bill Evans oder Herbie Hancock,
die in den 1950ern und 1960ern
das Jazzpiano neu definierten,
ließen noch nicht so viele spannungsvolle Zwischenräume wie
Pablo Held und seine Partner.
Die Tradition des Jazz lernte
Pablo Held schon durch die Schallplattensammlung seines Vaters
kennen – aber nur als eines von
vielen Elementen der euro-amerikanischen Musikgeschichte, denn
Musik von Johann Sebastian Bach,
Ludwig van Beethoven oder Franz
Liszt gehörte ebenfalls zu seinen
frühen Hörerlebnissen. Und diese wiederum waren – so die Zeugnisse von Zeitgenossen – begnadete Improvisatoren. Es entsprach
also durchaus der historischen Situation, dass Pablo Held als Klavierschüler gerne deren auf Papier
festgehaltene Noten durch eigene
Ideen modifizierte.
„Scofields
Frau schrieb
schon an der
Absage. Aber
Bill Stewart
sagte: Mit
diesen Jungs
soll er ruhig
spielen!“
In diesem Punkt hat er sich
gewandelt: Zu Hause spiele er
„fast nur klassische Musik“ getreu
dem Notentext – die Improvisation ist eine Angelegenheit der
Bühne. Werke von Aaron Copland,
Igor Strawinski oder Maurice Ravel haben ihn schon zur Auseinandersetzung gereizt, außerdem
hat er eine Sammlung von Sinfonien durchgearbeitet, die Leonard
Bernstein dirigiert hat. Beim Gespräch im Herbst 2014 beschäftigte er sich gerade mit Henri Dutilleux´ erster Sinfonie, dem Gesang der Voix Bulgares und dem
Album „You‘re Dead!“ von Flying
Lotus, einer Produktion, an der
Herbie Hancock am Fender Rhodes mitgewirkt hat.
Die Musik des Pablo Held
Trios lässt Luft zum Atmen, und
die Melodien scheinen durch elastische Fäden miteinander verbunden – ein flexibles Netz, lose geknüpft, aber keinesfalls willkürlich zusammengefügt, sondern
wie das Gewebe einer Spinne aus
einem unbewussten, nicht auf Papier, wohl aber in der gemeinsamen Erfahrungen der Band herausgebildeten Bauplan abgeleitet. So tupfen sie Themen an,
drehen, wenden, erkunden sie –
und dies mit einer Souveränität,
in der sich virtuoses Können und
Gelassenheit paaren. Die drei haben keine Eile, innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Töne ins
Geschehen zu werfen. Sie verdichten lieber, lassen Gedanken reifen, werfen Nebenideen ein, reißen Entwicklungslinien um, brechen andere ab oder beharren auf
einer Figur, die im Lauf der weiteren Ausgestaltung immense Kraft
entwickeln kann.
Dies ist bei Trio-Auftritten
selbstverständlich, und das war
auch so, als das Trio mit John Sco-
field in der Kölner Philharmonie
auftrat. Danach schwärmte der
amerikanische Gitarrenstar: „Sie
haben einen ganz freien Spiel-Ansatz entwickelt und können sich
intuitiv sehr schnell als Einheit
zu unterschiedlichen musikali-
schen Orten bewegen.“ Dass es zu
dem Konzert kam, verdankt Pablo
Held der „European Concert Hall
Organisation“ (ECHO), deren Mitglieder für alle „Rising Stars“ eine
Tournee durch die angeschlossenen Häuser organisieren. Die Kölner Philharmonie gewährte Pablo Held zudem die Chance, einen
Gastmusiker zu verpflichten – und der sagte zu. „Eigentlich wollte seine Frau schon eine
Absage schreiben“, plau„Die Interaktion ist mir wichtig. Dass man
dert Held. „Aber Scosich immer wieder pusht, ins Unbekannte, dahin, wo wir uns vielleicht nicht wohl
fields Drummer Bill Stewart hat das mitbekomfühlen, um dort etwas Neues für uns zu
men und gesagt: Nein,
finden. Wenn man nicht spielt, dann spielt
nein, mit diesen Jungs
man eigentlich auch. Eine Pause ist auch
soll er ruhig spielen.“
ein Statement, damit ist man trotzdem
Also bereitete er sich genoch Teil der Musik. Ich habe nicht das Gewissenhaft vor, genoss
fühl, wenn ich jetzt nicht spiele, hört die
die Atmosphäre und das
Musik in mir oder um mich herum auf.
Können, und war nach
Wenn jemand spielt, und man reagiert
Proben und Konzert so
nicht, dann lässt man das einfach für sich
begeistert, dass sie im
stehen oder sagt einfach: Das kann auch
Frühjahr 2015 als Quarohne mein Zutun existieren. Nichts ist
tett auf Tournee gehen.
schlimmer als jemand, der nur spielt, damit er spielt.“ (Pablo Held)
Held auch
manchmal still
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JAZZ AWARD 2015.
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Garmisch-Partenkirchen,
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Köln, ARTheater
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Berlin, Jazz im Kiez
13.12.
Dielsdorf (CH), Le Philosophe
14.12.
Zürich (CH), Villa Schneckenmann
17.12.
Köln, Roxy
19.12.
Darmstadt, Stadtkirche
(Trio, mit EOS Kammerorchester)
20.12.
Aachen, Klangbrücke
(Trio, mit EOS Kammerorchester)
21.12.
Köln, Stadtgarten
(Trio, mit EOS Kammerorchester)
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32
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RICHARD STRAUSS:
VIER LETZTE LIEDER /
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(CD, DVD, CD & DVD)
33
Laurence Equilbey Nerven-Kitzel
Wer kann dazu schon nein sagen: Die
französische Chorleiterin bekam das Angebot, ein
Orchester zu gründen. Gesagt, getan.
Von C a r s t e n H i n r ic h s
N
iemand ist eine Insel“, denkt man
unwillkürlich, wenn man den Namen des neuen Ensembles liest:
Insula Orchestra. Sollte das nicht
besonders für Orchestermusiker gelten, die
in hohem Maße miteinander und dem Publikum kommunizieren? „Falsche Fährte“, lacht
Laurence Equilbey, die sich kurz vor dem Auftritt in der Schlosskirche von Versailles noch
die Zeit genommen hat. „Als Insula bezeichnet man eine Region im Großhirnstamm, die
besonders gefragt ist, wenn es darum geht, auf
34
Reize mit Emotionen zu reagieren, auch das
Lustempfinden ist dort teilweise verankert“,
erläutert die Dirigentin die Namensgebung.
Diese Hirnregion ist das erklärte Ziel in der Arbeit mit dem neuen Orchester, denn „wenn wir
die Menschen nicht im Innersten bewegen,
wofür machen wir sonst Musik?“.
Nun ist Laurence Equilbey im Gegensatz zum Insula Orchestra aber kein neuer
Stern am Musikhimmel. Nach ihrem Studium, das sie unter anderem zu Nikolaus Harnoncourt nach Wien führte, gründete die Fran-
Neu erschienen: Mozart: Requiem, mit Piau,
Mingardo, Güra, Purves, Accentus, Insula Orchestra, naïve/Indigo
Bei der Mozartwoche Salzburg:
1.2. Mozarteum, Großer Saal
(Mozart „Krönungsmesse“; Schubert,
Sinfonie Nr. 4)
Foto: Jean-Baptiste Millot
Inception:
Laurence
Equilbey
will an
unseren
Großhirn­
stamm
zösin den Kammerchor Accentus, der über ihr
Heimatland hinaus schon Kultstatus genießt,
nicht nur für seine makellose Intonation und
Stimmbalance, sondern auch für eigenwillige, smarte Programmgestaltung. Zu größer besetzten Konzerten tat man sich regelmäßig mit
den einschlägigen Ensembles der Alten Musik
zusammen, wie Concerto Köln oder der Akademie für Alte Musik Berlin. Aber Probenzeit
mit Spezialisten ist knapp, weil teuer, und die
Klangkörper sind vor allem in ein enges Korsett aus Terminen eingebunden. Und Equilbey
wollte ohne Zeitdruck mit der Musik arbeiten
können.
Wie ein passgenauer Zufall klingt, was sich
dann ereignete. „2012 kamen Verantwortliche
des Départements Hauts-de-Seine auf mich
zu, weil man Gelder für ein nachhaltiges Musikförderungsprogramm bereitstellen wollte.
Nach kurzen Gesprächen war die Idee geboren,
ein Orchester für junge Musiker zu gründen
– und aus meinem Zeitproblem wurde sogar
ein Vorteil!“, berichtet Equilbey. Denn nun ist
intensive Probenarbeit sogar gewünscht. Die
Philosophie des Orchesters sieht vor, dass alte
Hasen von Schlüsselpositionen aus den Nachwuchs mit sich ziehen. Und der ist mit solchem Feuereifer dabei, dass schon beim Zuschauen die Insula unwillkürlich kitzelt. Ein
Ass hat Equilbey aber noch im Ärmel: „Wenn
wir uns einer Epoche nähern, besetze ich immer Profis, die sich mit der Musik aus dem vorigen Jahrhundert auskennen. Das ist das beste stilistische Fundament, wir erfinden jede
Musik aufs Neue“, verrät die Dirigentin.
Das Konzert in der Schlosskirche gibt ihr
recht: Knackige, gut gesetzte Tempi in der Krönungsmesse, die frischen Stimmen des Solistenquartetts sockeln ohne Mühe auf den transparenten Orchesterklang auf. Dazu gibt es
trompetensatte Szenen aus Beethovens „König Stephan“ und die Kantate „Kampf und Sieg“
von Carl Maria von Weber, die Musik betört
ganz ohne effekthaschend aufgerauten Klang.
Kein deutscher Dirigent würde sich am pathetischen Einigungstaumel des Vormärz die
Hände schmutzig machen – was schade ist,
denn Weber schlägt den „Stephan“ noch um
Längen. Man merkt Equilbeys knapper Handkante an, dass sie vom Chor kommt, jede bühnenwirksame Maestro-Attitüde ist ihr fremd.
Fest steht: Wenn das Insula Orchestra im Januar bei der Mozartwoche Salzburg sein internationales Debüt gibt, ist Nerven-Kitzel kein Nebeneffekt.
Café Imperial
Unser Stammgast im
Wiener Musiker-Wohnzimmer:
Robe rt F r au n hol z e r
Fotos: Konzerthaus Wien (l.o.); David Ignaszewski (l.u.); Mark McNulty (r.o.); Karl Forster (r.u.)
Unterschätzer
Erstligist:
Michael Tilson
Thomas
Jordi Savall
Klar, es gibt zu viele Wagner-„Ringe“ auf der
Welt. Was vor allem den Regisseuren Deutungsnöte beschert. Was noch Neues sagen?
Doch da Linz ein neues, großes und schönes
Opernhaus hat, muss es auch einen „Ring“
kriegen. Mit Uwe-Eric Laufenberg kann man
sich im Grunde schmeicheln, einen „Ring“-Regisseur gefunden zu haben, der sein WagnerPulver noch nicht verschossen hat. Mit „Rheingold“ und „Walküre“ hat er das Publikum gut
angefüttert. Beim jetzigen „Siegfried“ allerdings zahlt man ihm heim, dass sein „Ring“,
angelegt als Reise durch die Zeit, in einer computerflimmernden Zukunft angekommen ist.
Diesen Punkt erreicht die Aufführung kurz vor
Ende des 2. Aktes, nach Erledigung Fafners.
Denn: Was anfangen mit dem Gold und Geld,
das Siegfried (furztrocken: Lars Clevemann)
dem Banksafe des Drachen entnommen hat?!
Auf diese plausible Frage – innerhalb eines
durchaus schlüssigen Deutungskonzepts –
gibt es bei Wagner eine kapitalismusskeptische Antwort. Warten wir’s ab, „Götterdämmerung“ folgt im Februar. Problematischer
sind die Besetzungen. Dass beim „Siegfried“
die Hausbesetzung von Matthäus Schmidlechner (Mime) der Beste ist, spiegelt die Tatsache
wider, dass ein Haus wie Linz Sänger für eine
solche Produktion je nach Geldbörse einkauft.
Gerd Grochowski singt zwar auch sonst in großen Häusern, aber nicht den Wotan wie hier,
sondern Gunther, Klingsor (der nie schief gehen kann) oder Telramund (der kaum gelingen kann). Kein Wunder, wenn er gegen Björn
Waag als Alberich, der bei seinem Leisten
bleibt, unterliegt. Bei Elena Nebera wiederum
lässt sich schon an der Rollenagenda ablesen,
wie sie abschneiden wird: Es gibt keine Sängerin auf der Welt, die zwischen zwei Brünnhilden in Linz kurz mal die Kaiserin in Kassel (in
Strauss’ „Frau ohne Schatten“) singen kann. Da
kann Dennis Russell Davies noch so routiniert
dirigieren: Wer nach dem „Ring“ greift, muss
mit dem Fluch leben, den er da auf sich geladen hat.
Unserem verblichenen Café Imperial (dessen dreiste Renovierung wir immer noch
nicht verwunden haben) trauern wir heute
von schräg gegenüber nach. Das Café Schwarzenberg, touristischer Hotspot sondergleichen, verfügt über ein Renommee, das wir nie
so ganz verstanden haben. Oft ist kaum Platz
zu finden. Das Beste daran ist der Kellner, der
bisweilen ans Klavier tritt, um ein Paar Titel
zu singen. Da in nächster Zeit keine sonderlich wichtigen Opernpremieren anstehen, beziehen wir hier trotzdem gerne Stellung – in
der Nähe beider großer Konzertsäle. Und weiden uns an den Konzert-Lichtblicken bis Januar. Die Wiener Philharmoniker haben sich
einen der – man darf sagen: großen Unterschätzten im obersten Rang der Star-Dirigenten eingeladen. Michael Tilson Thomas, genannt MTT, kriegt in Europa sonst kein Bein
auf die Erde. Dabei hat er in San Francisco offenbar fantastische Arbeit geleistet und dirigiert bei den Wienern neben Mahlers Fünfter
bereitwillig das Kontrabass-Konzert des böhmischen Dittersdorf-Schülers Johann Baptist
Vanhal (3./8.12. im Musikverein, 6.12. im Konzerthaus). Harnoncourt bringt mit dem Concentus Musicus noch einmal Haydns „Schöpfung“ (Musikverein, 6./7.12.). Während der
neue Chef der Wiener Symphoniker, Philippe Jordan, sich Schubert widmet, darf der vortreffliche Vasily Petrenko Berlioz dirigieren –
sowie Brahms’ Doppelkonzert mit den Capuçon-Brüdern (20.12.). Im Konzerthaus spielt
Grigory Sokolov Bach, Beethoven und Chopin (12.12.), Jonas Kaufmann singt Schumann
und Strauss (13.12.). Ton Koopman wagt sich
mit den Symphonikern an Beethovens Neunte (1.1.15). Und Jordi Savall mit Hespèrion XXI
macht Bibers „Missa Salisburgensis“ (18.1.).
Das sind beste Aussichten. Ober, zahlen!
Berlioz-Furor und
Brahms’ Doppel­
konzert: Vasily
Petrenko
Auf der Kippe:
­S iegfried in Linz
(Gerd Grochow­
ski als Wotan,
­Matthäus
Schmidlechner
als Mime)
35
Musikinsel Sizilien
Konzerte mit Ätnablick im Theater von Taormina oder in
privaten Palästen. Dazu das Teatro Massimo: Sizilien ist
große Oper. Von M at t h i a s S i e h l e r
W
enn man vor einem majestätischen
Theatereingang
steht,
gleichzeitig im inneren Ohr Klänge aus „Cavalleria rusticana“ hört
und vor seinem inneren Auge das
tödliche Finale einer grandios
opernhaften Mafia-Filmsaga vor
sich hat, dann kann man sich nur
vor dem Teatro Massimo in Palermo befinden, in dem Francis Ford
Coppola die letzten Minuten seines „Der Pate III“ drehte.
Nur an wenigen Orten Europas sind nach wie vor so viele kulturelle Einflüsse zu spüren.
Phönizier, Griechen, Römer, Araber, Normanen, französische Ritter, Spanier und schlussendlich
36
das vereinte Italien, sie alle haben
hier ihre schöngeistigen Spuren
hinterlassen. Die ältesten Theater
stammen von den Griechen, sie
sind heute noch etwa in Syrakus,
Segesta oder Taormina zu bewundern. Vielfach wurden sie von den
Römern umgebaut, als Arena-Ersatz für Tier- und Menschenjagden sowie Seeschlachten benutzt.
Heute kann man dort Schauspiel
und Gesangsvorführungen erleben, in Taormina ganze Opern;
so gab es etwa jüngst „Tosca“, „Bajazzo“ oder Mozarts „Entführung
aus dem Serail“ – vor einer der
schönsten Naturkulissen der Welt
mit dem schneebedeckten Vulkan
Ätna im Hintergrund.
Natürlich hat in Sizilien fast
jedes Städtchen auch ein Theater, oftmals nach dem Volkshelden
Giuseppe Garibaldi benannt, der
von hier aus 1860 seinen Marsch
gegen Rom begann. Die meisten
davon sind kaum mehr bespielt,
aber innen liebevoll erhalten, so
wie etwa das Theater im Barockjuwel Noto, das seinen Namen freilich nach Tina di Lorenzo, einer um
die Jahrhundertwende berühmten Schauspielerin, bekommen hat.
Auf den nur 300 Sitzen feierte sich
einst der Adel der nach dem großen Erdbeben von 1693 wiederaufgebauten Kommune, heute kann
hier zahlend jeder hinein.
So wie in die zahlreichen Kirchen, die oft überdimensioniert
über den meist auf Hügeln liegen-
den Dörfern und Städten thronen.
Viele von ihnen sind noch heute in wild ausschwingenden, spanisch schweren, auch überladenen Barockformen gehalten, mit
zum Teils bestens erhaltenen Orgeln, so dass selbst Konzerte mit
geistlicher Musik einen theatralischen Zug bekommen. Oder einen kontemplativ feierlichen,
wenn man es schafft, ein Konzert
in einer der drei normannischen
Kirchen mit byzantinischer Goldmosaikpracht zu erleben, der Cappella Palatina im Königspalast
von Palermo oder in den Domen
von Monreale und Cefalù.
1660 wurde in Palermo Alessandro Scarlatti geboren, der
dann später in Rom Weltruhm erlangte. Richard Wagner vollendete in der Stadt sein Musikdrama
„Parsifal“, wo er einen mehrmonatigen Kuraufenthalt verbrachte. Er wohnte im heutigen Grand
Hotel Wagner, aber auch in der
über und über mit Fresken verzierten Villa Tasca, deren Besitzer
noch heute ein florierendes Weingut betreiben. In den meisten, oftmals noch in Privatbesitz befindlichen Stadtpalästen, Villen und
Landschlössern des einst inselbeherrschenden Adels stößt man
auf herrlich dekorierte Musiksalons und raffiniert ausgestattete Ballsäle, in die bisweilen noch
zum Konzert gebeten wird.
Foto: archeosicilyjump.it
Auge des
Polyphem:
Im Dom von
Cefalù finden
Konzerte statt
Foto: Palazzo Biscari
Die Decke des
Konzertsaals
des Palazzo
­Biscari birgt
eine Musiker­
empore
Und auch wenn heute keine festliche Gesellschaft von Müßiggängern – wie sie Tomaso de
Lampedusa so unvergesslich in
seinem Roman „Der Leopard“ geschildert hat – in den Pausen
Mandelmilch und Limonen-Granita schlürft oder sich an den
wunderbaren sizilianischen Leckereien wie den mit Ricotta-Käse
gefüllten Cannoli oder unter grüner Marzipanschicht üppigweiß
strahlender Cassata delektiert: Es
ist eine Pracht, etwa im mit feinen Landschaftsmalereien ausgestatteten Musiksalon im Castello di Donnafugato einem der drei
Klaviere zu lauschen. Oder im Palazzo Biscari in Catania, wo schon
Goethe zu Gast war, ein Konzert
zu hören, bei dem die Musiker unsichtbar aus ihrem Olymp über
der mit Götterfresken verzierten
Saaldecke aufspielen. Dorthin gelangt sind sie über eine Wendeltreppe, die mit viel Stuck wie eine
Meereswoge zu gischten scheint.
Selbst wenn hier keine Musik erklingt, man meint sie immer
noch zu hören. Etwa in den üppigen Interieurs des Palazzo Mirto in Palermo, der erst 1982 der
Stadt als Museum von der letzten Erbin einer Adelsfamilie vermacht wurde. Oder in der verwunschenen Villa Palgonia in
Bagheria mit ihren berühmten
Monsterfiguren und ihrem verlot-
Zwei große Opernhäuser werden auf der Insel heute noch regelmäßig bespielt. Das Teatro
Massimo in Palermo wurde Ende
des 19. Jahrhunderts vom Architekten Giovanni Battista Filippo Basile erbaut. Im II. Weltkrieg
Teatro Massimo
stark beschädigt, wurde es später notdürftig renoviert. Nach
dreiundzwanzigjähriger, immer wieder von
der Mafia verzögerter Schließung wurde
es 1997 von den Berliner Philharmonikern
unter Claudio Abbado
wiedereröffnet.
Und mag auch in
dieser faszinierenden
Stadt vieles marode
sein, das Teatro MasDer Palazzo Miro in Palermo und das Castello Donnafugata bei Ragusa sind städsimo ist ein Symbol
für die positive Veräntische Museen. Im Palazzo Biscari in Catania gibt es vom Eigentümer, dem Grafen
derung und kulturelle Neubelebung Paler­Ruggero Mocada, unregelmäßig Führungen. Auskünfte unter info@palazzobiscari.
mos. Es wurde viel renoviert und restauriert,
com. Die ehrgeizigen Pläne des Teatro Masdie alten Klischees von
simo in Palermo, wo gegenwärtig der eheVerfall, Schurkentum
malige Operndirektor der Semperoper, Eyund Bandenherrschaft
tan Pessen, als künstlerischer Berater tätig
sind wenigstens zum
ist und mit Werken wie „Feuersnot“ von RiTeil verblasst.
chard Strauss oder Weinbergers „SchwanIn Catania hingeda der Dudelsackpfeifer“ seinen unitalie­
gen, der schwarzweinischen Stempel setzt, finden sich unter
ßen Perle am Fuße des
www.teatro­massimo.it. Die Webpräsenz der
Ätnas, hat es bis 1890
Oper in Catania ist www.teatrobellini.it.
terten Ballsaal, in dem nur noch
die Marmorbüsten ihr Abbild im
mit gemalten Korallen verzierten,
längst halbblinden Spiegel an der
Decke erblicken.
Schlüssel zum
­Séparée
gedauert, bis endlich das elegant
neobarocke Teatro Bellini, harmonisch zwischen alten Palästen an
einem Platz eingepasst, mit dessen Oper „Norma“ eröffnet wurde.
Später sang sogar die Callas hier,
doch diese Zeiten sind längst vorbei. Heute ist man froh, wenn die
angekündigten Opern überhaupt
noch Theaterwirklichkeit werden.
Die Kulturkrise Italiens hat auch
dieses Haus fest im Griff.
Während man die Bilder von
den Noten im Kopf hat, aber auch
die vom geöffneten Sarg Bellinis bei dessen Umbettung 1876
von Paris in den Dom von Catania (so wie sie sich gleich am Eingang seines nahen Museums präsentieren), wandelt man durch
das Ridotto genannte Prunkfoyer
des Theaters, in dessen Seitenkabinetten freilich bereits die Siebzigerjahre-Holzfurniere regieren
– und träumt sich zurück in Zeiten, als in Sizilien noch Romantik und Genuss geherrscht haben.
Gerecht war das nicht, die Großgrundbesitzer vermehrten ihren
Besitz auf dem Rücken der Tagelöhner, aber fast immer war es
große Oper. Wovon heute noch die
vielen Erbstücke erzählen.
www.teatromassimo.it
www.teatrobellini.it
37
Begrüßt wie
der Frühlings­
anfang: Blauer
Himmel über
dem smoggeplagten
Beijing
ist. Nicht nur eine aus Leipzig importierte „Ariadne“ (mit Meagan
Miller) und „Elektra“ mit Eva Johansson, Jane Henschel, Melanie Diener und Charles Dutoit am
Pult. Sondern den ganzen Kreis
der Tondichtungen einschließlich „Alpensinfonie“ und „Sinfonia Domestica“. Man scheut sich
nicht, das Violinkonzert, die frühe Serenade und die noch frühere Sinfonie Nr. 1 zu spielen – Werke, an denen sich in Europa kein
Dirigent die Finger schmutzig
machen würde. Selbst Paavo Järvi und Kent Nagano hat man –
mit anreisenden Orchestern – zu
abendfüllenden Strauss-Programmen überredet. In Beijing wird in
diesem Herbst mehr Strauss gespielt als beim Strauss-Festival in
Garmisch-Partenkirchen.
Western von gestern
Beijing Music Festival Yin, Yang und Yu
In Beijing gibt es in diesem Jahr mehr Werke von
Richard Strauss als beim Strauss-Festival in GarmischPartenkirchen. Von Robe rt F r au n hol z e r
U
nser Bild Chinas? Wird
immer noch bestimmt
von den drei großen Hs: „Hausarrest“,
„Hundefleisch“ und, wenn es hoch
kommt, „Hsi-Men“ (dem Lüstling
aus dem berühmtesten Sittenroman der Ming-Dynastie, „Kin
Ping Meh“). Nun, da können wir ja
noch was lernen! Zumindest Hundefleisch ist in China, wie man vor
Ort feststellt, nicht mehr leicht
aufzutreiben. Eine innerchinesische Protestbewegung hat gegen
den Verzehr Front gemacht. China hat gewiss Grund, sich über
sein Bild im Westen auch Sorgen zu machen. Gerade deshalb
spielt die Klassik – als vermeintli-
38
che Schlüsselkultur des Westens –
eine immer größere Rolle.
Damit sind nicht nur die bis
zu 20 Millionen Klavierschüler gemeint, die in China dem Vorbild
von Lang Lang nacheifern. Nein,
allein in Beijing gibt es, so erzählt
Dirigent Long Yu, „ungefähr zwölf
klassische Orchester“. Das letzte wurde 2010 in Gestalt des Beijinger Opernorchesters gegründet
(im National Center for the Performing Arts). Den Klassik-Boom bei
den Chinesen gibt es indes länger
als wir glauben. Denn das Shanghai Symphony Orchestra, bestehend seit 1879, ist sogar älter als
die Berliner Philharmoniker.
Chefdirigent beim Shanghai
Symphony Orchestra und beim
China Philharmonic ist besagter
Long Yu. In Deutschland kennt
man ihn wenig – obwohl er in Berlin ausgebildet wurde. Yu (gesprochen: „Yü“) hat die Klassik in China auf eine reguläre, auch kommerziellere Basis gestellt. Daher
bezeichnet man ihn allen Ernstes als den „Karajan von China“.
Er lacht nicht darüber. Als Leiter
des Beijing Music Festivals hat er
in der 17. Ausgabe jenen Komponisten monothematisch aufs Programm gesetzt, den Karajan für
seine eigentliche Domäne hielt:
Richard Strauss.
Man spielt alles, was in 16
Konzerten nur unterzubringen
Man muss lachen, wenn man
feststellt, wen man dafür aus
Deutschland alles herübergekarrt
hat. Siegfried Jerusalem, Wagner-Recke von einst, räuspert sich
in „Elektra“ durch die Mini-Rolle
des Ägisth. Cornelia Wulkopf ist
sich für die klitzekleine Aufseherin nicht zu schade. Und Dagmar
Schellenberger – sonst immerhin
Intendantin der Operettenfestspiele von Mörbisch – ist für zwei,
drei lukrative Sätze als Klytaimnestras Vertraute eigens herübergehuscht. Ihr wahrer, großer Auftritt
findet freilich später in der Hotelbar statt. Wo sie, ihre Mägde um
sich scharend, sichtlich die Dame
von Welt hervorkehrt und aus
dem Berufsleben plaudert.
Amüsant ist ein Trip in die
Klassikstadt Beijing auch wegen
eines ganz anderen Publikums.
Die Eintrittspreise sind moderat,
weil der Staat den Imagegewinn
durch West-Musik großzügig subventioniert. Daher kommen viel
mehr jüngere Leute. Man applaudiert allerdings auch weniger als
bei uns. Da man in der traditionellen Peking-Oper während der
Vorstellung essen und auch gehen
darf, zögert man nicht, mitten in
der Vorstellung aufzubrechen;
aus welchen Gründen auch immer. Freilich: Wie überall in Asien
bleibt das Publikum während der
Darbietung mucksmäuschenstill.
Man freut sich vermutlich, im
klimatisierten Poly-Theater oder
im Konzertsaal inmitten der Verbotenen Stadt dem Smog auf zwei
Stunden entronnen zu sein. Denn
der hat draußen mittlerweile kriminelle Formen angenommen.
Die Stadt ächzt buchstäblich unter dicken Abgas-Schwaden. Sie
kommen, so sagt man, nicht nur
vom immer schlimmer werdenden Autoverkehr, sondern von der
umliegenden Industrie. Da Beijing nicht direkt am Meer liegt
(anders als Tokio) und es noch
dazu selten regnet, kann man auf
freilich noch bestätigt werden
muss. Es wären dann zwei weitere chinesische Erstaufführungen, nach dem Salzburger „Parsifal“ im vergangenen Jahr (dort dirigiert von Christian Thielemann).
Das hat die Chinesen offenbar
auch auf den Wagner-Geschmack
gebracht.
Außerdem gibt es für BeijingReisende natürlich noch das National Center for the Performing
Arts, also das 2007 eröffnete „große Ei“ direkt neben dem Platz des
himmlischen Friedens. Der
spektakuläre, an eine riesige Qualle erinnernde Bau
stammt von dem französischen Architekten Paul Andreu, der schon den riesigen Erweiterungsbau des
Pariser Flughafens in Glas
ausführte. Das NCPA erreicht man, indem man eiAus China kommen längst nicht mehr
nen flachen, das Gebäude umgebenden See in
nur Lang Lang, Yundi Li und Yuja Wang.
einem transparenten TunUnter Geigen-Spezis gilt Tianwa Yang
nel unterschreitet. Tägvielfach als beste junge Violinistin der
lich werden Opern, BalletWelt. Zwar ist die Karriere des Cellisten Jian Wang, einst gefördert von Claute, Sinfoniekonzerte, Kamdio Abbado, wieder etwas in den Hinmermusikabende
und
Peking-Opern geboten.
tergrund getreten. Unter den DirigenWie die Dinge liegen,
ten indes haben Jia Lü und Muhai Tang
brauchen sich westliche
im Westen ein festes Standing. In der
Touristen also nicht mehr
Oper sind die Sopranistin Hui He und
nur tagsüber zu gruseln
der Mezzo Niang Ling regelmäßig anangesichts der frittierten
zutreffende Größen. Bei den KomponisSkorpione,
Tausendfüßten hat es Tan Dun bis an die Metropolitan Oper geschafft. Zhao Jiping („Rotes
ler und miefenden Seesterne auf der Wangfujing (den
Kornfeld“) emanzipierte sich vom Kino‚chinesischen Champs-Élyzum Klassik-Komponisten. Auch gut:
sées’). Man kann während
Hui Cheung-wai, Chan Wing-wah und
der ganzen Saison entChen Xiaoyong.
weder in einem der vier
Säle des NCPA ein etwaiBöen und aufkommende Winde
ges Fremdheitsgefühl musikanur hoffen. Die lassen indes oft ta- lisch dämpfen. Oder den Besuch
gelang auf sich warten. Ein Mor- gleich auf das im Oktober stattgen mit blauem Himmel wird in
findende Beijing Music Festival leBeijing ungefähr so enthusias- gen. Mit Klassik, so der Eindruck,
sucht China mit Macht kultureltisch begrüßt wie bei uns der
Frühling. Ansonsten: Atemmas- len Anschluss an den Westen. Wer
hätte gedacht, dass der bei uns
ken. Und ein wolkenloser Himmel,
immer stärker zurückgedrängin dessen Grauschleier die Sonne
wie hinter einer Milchglasscheibe
ten E-Musik noch einmal solche
verschwimmt.
Platzhirsch-Funktionen zugetraut
würden?!
Drei Chinesen
ohne Kontrabass
Wagner-Schinken auf
Klang-Qualle
www.bmf.org.cn/en/
Nächstes Jahr, so unkt man, will
das Beijing Music Festival mit
zwei riesigen Wagner-Premieren,
mit „Meistersingern“ und „Tristan“, noch größer werden. Was
39
Proben, Pleiten und Premieren:
Höhepunkte in Oper und Konzert
Von Rol a n d M ac k e s
Matt und
mauschelig:
„Idomeneo“ an
der Wiener Staats­
oper (hier: Michael
Schade)
Soooo Achtziger:
„THE WYLD“ am
Friedrichstadt­
palast Berlin
40
Das Spannendste war noch die Umstellung einiger Musiknummern, die dramaturgisch
wirklich mehr Sinn machten. Ansonsten durfte man bei der szenisch braven, musikalisch
mauen Neuinszenierung von Mozarts „Idomeneo“ an der WIE NE R S TA AT SOPE R nicht
an die weit stimmigere Produktion von Damiano Michieletto und René Jacobs im letzten Jahr
im Theater an der Wien zurückdenken. Jetzt
wuschelte da Christoph Eschenbach im Graben und produzierte nur matte, mauschelige Mozart-Momente. Und Covent Gardens inszenierender Opernchef Kasper Holten wollte
sittsam Repertoire-Taugliches fabrizieren. Was
für ein jeder Kreativität widersprechender Ansatz! Der zudem technisch aufwändig geriet.
Auf dem Boden liegen Landkarten aus, die
sich in riesigen Deckenspiegel wiederholen.
Idomeneo (der knödelnde Michael Schade)
wird von den Schatten seiner Opfer getrieben.
Auch Elettra (am Anschlag: Maria Bengtsson)
kommt von ihrer blutigen Atriden-Brut nicht
los. Was sich in Herumstehen und Händewedeln erschöpft. Am Ende stürzt das Volk eine
Idomeneo-Statute und alle Herrscherautorität.
Margarita Gritskova fehlen für den Idamante die Zwischentöne, und auch Chen Reiss
als seine Geliebte Ilia bleibt blässlich. Staatsopern-Niveau ging früher anders.
Nach soviel Mozart-Müdigkeit wollten wir
uns in BE RLIN in der neuen FRIE DRICHS TADTPAL A S T -Show von Außerirdischen
verzaubern lassen. Die ist über 10 Millionen
Euro teurer, auch weil Thierry Mugler die Kos-
Unterwandert die
Berliner Philharmo­
niker am Continuo:
Emmanuelle Haïm
Fotos: © Michael Plöhn, Wiener Staatsoper (l.o.); © Robert Grischek, Friedrichstadtpalast (l.u.); © Simon Fowler/Warner Classics (r.u.)
Fanfare
tüme entworfen hat. So hofft man, mit der Design-Hilfe dieser Eighties-Ikone endgültig das
trutschige Aroma als Mitklatschbude von Onkel Erich und seiner SED-Rentnergang vergessen zur machen.
„THE WYLD“, aufgeregt in Versalien geschrieben, meint die Welt und die Großstadtwildnis. Da haust dann also ein Mädel auf der
Spitze des Fernsehturmes, auf dem ein artistischer Fahrrad-Boy seine Kurven zieht. Und ist
doch bald sehr erdenschwer mit einer Pudeldressurnummer samt Berliner-Bär-Assistenten konfrontiert. Hinten singen eng verschnürte Weather-Girls-Imitate Fahrstuhl-Pop, vorne
werfen die wie immer unschlagbar guten Palast-Girls die weltberühmten Beine.
Die Herren zeigen auf Absperrgittern eher
blickdicht mit Hoodies bekleidet Street-Credibility. Der Stargast erscheint in der zweiten
Hälfte: Nofretete herself, die als bekannteste
Berlinerin im goldglitzernden Ganzkörpertrikot nach dem Abmarsch der Besucher nachts
im Neuen Museum in einer Art Tanztee-LightVariante des Berghain paradiert. Irgendwie
werden die Bilder kein großes Ganzes, treten
sich gegenseitig auf die wohlgeformten Füße.
„THE WYLD“ wirkt auf Anhieb wie zum zweiten Mal gesehen. Die Show ist leider ein PalastSchritt zurück. So wie Thierry Mugler eben immer Eighties bleiben wird.
Sinnliche und sinnvolle Entspannung aber
erlaubte dann Georg Friedrich Händels frühes römisches Oratorium „La Resurrezione“ in der BE RLINE R PHILHARMONIE . Da
streiten ein Engel (koloraturgewandt: Camilla Tilling) und ein mürrischer Teufel (charaktervoll: Christopher Purves) um die Auferstehung des Herren, die dann von Maria Magdalena (sopraninnig: Christian Karg) und Maria
Cleofe (alterdig: Sonia Prina) arienreich am
offenen Grab besungen wird. Kurz vor Weihnachten entstehen da schon Ostergefühle,
auch weil Emmanuelle Haïm, mit Spezial-Instrumente-Unterstützung ihres Ensembles Le
Concert d’Astrée und selbst am Cembalo sitzend, die Philharmoniker zu einem wunderbaren, zackig temperamentvollen Oratorienkonzert inspiriert, das pure Klangfreude ist – und
nicht mehr nur theologisches Traktat aus ferner Barockzeit.
Da Capo
Gezischtes Doppel: Premieren­
notizen der RONDO-Opernkritik
Arschwackel­
wettbewerb
Fotos: Iko Freese/drama-berlin.de
Berlin, Komische Oper
Jacques Offenbach: „Die schöne
Helena“
Der Komischen Oper glückt derzeit fast alles.
Ob „West Side Story“, „Zauberflöte“, „Ball im
Savoy“ oder „Clivia“: Alles super gewesen. Wie
das toppen? Die Anstrengung, in Siegesserie
weiter zu produzieren und auch Offenbachs
„Schöne Helena“ zum Sieg zu führen, ist der Sache diesmal anzumerken. Und zwar gerade an
der Kalaschnikow des Frohsinns, die Regisseur Barrie Kosky direkt aufs Publikum richtet.
Großer Arschwackelwettbewerb! Lederhosengeschwader und der überkandidelte Sprechstil eines freilich supermotivierten Ensembles
scheinen leicht vorhersehbar. Das ist Spiegel
der Tatsache, dass Offenbachs Antikenparodien heute nicht mehr leicht zu händeln sind.
Kosky kocht die Geschichte der „schönsten Frau der Welt“, die sich als Ehefrau langweilt und vom ersten, hergelaufenen Schnuckel (namens Paris) entführen lässt, auf den
zeitlosen Kern herunter: Helena ist die „Desperate Housewife“ schlechthin. Nicole Chevalier
mit Champagner-Quasselwasser im Sopran
sieht auch tatsächlich haargenau aus wie Teri
Hatcher aus besagter US-Fernsehserie. Ständig
werden Chansons eingestreut: „Je ne regrette rien“, Charles Aznavours „Formidable“ und
„Ne me quitte pas“. Was den Abend in die Länge zieht. Die Pause kommt zu spät.
Trotzdem hat Kosky wieder reihenweise
Darsteller wachgeküsst. Nicht nur Peter Renz
als Menelaos, der sogar im Rollstuhl die Pointen souverän abfängt. Tansel Akzeybek (Paris) mag ein Tenor von der Stange sein; sitzt
aber auf seiner Helena wie angegossen. Theresa Kronthaler als Crossdresser Orest und
Stefan Sevenich als Fettkugel Kalchas: bezaubernd. Erstaunlich, wie es Kosky gelingt, die
Verantwortung für einen Abend, bei dem ihm
selber gar nicht so viel eingefallen ist, auf seine Mitstreiter zu übertragen. Die retten es.
Aufgewacht ist dabei auch Henrik Nánási, der
bislang verhaltensunauffällige Generalmusikdirektor des Hauses. Mit wunderfeinen,
silbrig-seidigen Klangpointen liefert er – noch
ein Superlativ! – den besten Berliner Offenbach seit mindestens 30 Jahren.
Robert Fraunholzer
Düsterer Seelentod
Stuttgart, Oper:
Wolfgang Rihm: „Lenz“
Es gibt so Kunstkombinationen, da kann man
beinahe zu 100 Prozent sicher sein, dass sie
funktionieren werden. Und so ist es nun in
Stuttgart geschehen mit Wolfgang Rihms
75-Minuten-dichtem Frühwerk „Lenz“ in der
Regie der harten Psychologie-Domina Andrea
Breth und mit dem in allen verstörten Gemütern wunderbar irre aufgehenden Ausnahmebariton Georg Nigl in der Titelrolle.
Das Stück ist eine Fallstudie nach Georg
Büchners Fragment gebliebener Novelle über
Der Wahnsinn –
bei Offenbach
dreht Kosky
nochmal an der
Schraube
den Sturm-und-Drang-Dichter Jakob Michael
Reinhold Lenz (1751–1792; „Der Hofmeister“,
„Die Soldaten“), der sich selbst und der Umwelt
verloren geht. Im Verlaufe seines Aufenthalts
im Hause des Pastors Oberlin vollziehen sich
das Scheitern und der psychische Verfall eines
jungen Hochbegabten.
Lenz steht unter dem Einfluss von Stimmen, die er zu hören glaubt, die sich von Fall zu
Fall personifizieren, und die sein Denken und
Handeln schließlich ganz einnehmen. Sie haben den jungen Künstler in die Ferne gelockt,
sie bringen gute oder schlechte Botschaft, quälen oder trösten ihn.
Wolfgang Rihms 1979 in Hamburg uraufgeführte Kammeroper hat wegen ihrer dramatischen Dichte, ihres griffigen Sujets und ihres
geringen Aufwands immer einen guten Platz
im zeitgenössischen Repertoire gehabt, doch
die so düstere wie packende Stuttgarter Produktion mit ihren knallhart voneinander abgesetzten Szenen einer zunehmenden Verwirrung an sich selbst und den Menschen adelt
sie auf der großen Bühne.
Martin Zehetgruber hat für die Sprechszenen eine biedere Bürgerstube gebaut. Die
phantasmagorische Sphäre des „Lenz“ gleicht
hingegen einer archaischen Unterwelt mit
Felsblöcken, durchzogen von Wasserrinnsalen. Hier verliert Georg Nigl als fast schon zu lebensechte Borderline-Figur beinahe jeden Moment den Halt. Rihms Musik, gespielt von nur
elf Musikern unter der Anleitung von Frank
Ollu, zerbröselt zuhörens. Am Ende wird Lenz
in eine Zwangsjacke gesteckt: eine sich verlierende Seele, die nicht mehr den Weg „nach
Hause“ findet.
Roland Mackes
41
Klassik-Tipps zum Weihnachtsfest
Die schönsten
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italienischen Opern
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Das ideale Geschenk
zum Fest: Die drei
schönsten Opern von
Wolfgang Amadeus
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BELCANTO D’AMORE Aida, La Traviata, Madama Butterfly, Rigoletto u.a.
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Don Giovanni, Die Zauberflöte, Le Nozze di Figaro
Zubin Mehta, Yuri Temirkanov, Nino Machaidze, Leo Nucci, u. v. a.
Simon Keenlyside, Joyce DiDonato, Ramón Vargas, Diana Damrau, Erwin Schrott u.a.
Charles Mackerras, Colin Davis, Antonio Pappano
Diana Damrau
& Kent Nagano
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japanische
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Giselle - Meilenstein
des romantischen
Balletts in einer
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Inszenierung
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SHOKA: Japanische Kinderlieder
ADOLPHE ADAM: Giselle
Diana Damrau, Orchestre Symphonique de Montréal, Kent Nagano
Natalia Osipova, Carlos Acosta · Orchester des Royal Opera House, Boris Gruzin
Choreographie: Marius Petipa
Morning has
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Der Nussknacker,
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TSCHAIKOWSKI: Ballett-Box
Dutch National Ballet, The Kirov Ballet, Corps de Ballet of the Teatro alla Scala
Choreographie: Toer van Schayk & Wayne Eagling, Marius Petipa, Vladimir
Burmeister & Lev Ivanov
DMITRI SCHOSTAKOWITSCH:
Violinkonzerte 1 & 2
Christian Tetzlaff · Helsinki Philharmonic Orchestra, John Storgårds
Leicht und klar
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Gesamteinspielung der
SchumannSinfonien
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Komponisten
Sculthorpe
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Sämtliche Streichquartette
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Das
Klassik
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Magazin
6/2014
3
Kein Heft
verpassen und in
die neusten CDs
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Valer Sabadus, Hofkapelle
München, Alessandro
De Marchi
Gluck: Le belle
immagini (Sony),
„Che puro ciel, che
chiaro sol“ aus „Le
feste d’Apollo/Atto
d’Orfeo“ (Auszug) | 4:20
4
mit dem
RONDO-Abo! 5
Piotr Anderszewski
Bach: Englische
Suiten 1, 3 & 5
(Warner), Suite Nr.
1 A-Dur BWV 806,
Allemande | 3:58
Kammerchor und
Barockorchester Stuttgart,
Frieder Bernius
C. P. E. Bach: Die
Israeliten in der
Wüste Wq 238
(Note 1/Carus),
„O selig“ | 4:31
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1
Julia Lezhneva, Armonia
Atenea, George Petrou
Hasse: Siroe, Re di
Persia HWV 24
(Dresdner Fassung) (Universal/
Decca), „O placido
il mare lusinghi la sponda“ | 5:01
2
Giuliano Carmignola,
­Concerto Köln
Bach: Violinkonzerte (Universal/
Archiv), Violinkonzert g-Moll
BWV 1056, Largo
| 2:37
44
6
7
8
Tobias Koch
Beethoven: Sämtliche Klavierstücke
(hm/Cavi), Bagatelle a-Moll WoO 59
„Für Elise“ | 2:52
Kenneth Tarver, Music
Aeterna, Teodor Currentzis
Mozart: Così fan
tutte KV 588
(Sony), „Un’aura
amorosa“ (Auszug)
| 2:33
Daniel Behle, Oliver
­Schnyder Trio
Winterreise (Sony),
Schubert: „Frühlingstraum“ aus
„Winterreise“
D 911 | 3:24
9
fabergé-quintett,
Yoko Kikuchi
Vaughan Williams,
Goetz: Klavierquintette (Edel/Es-Dur),
Vaughan Williams:
Klavierquintett
c-Moll, Andante (Auszug) | 5:52
10
| 4:38
11
12
13
Sabine Devieilhe, Pygmalion, Raphaël Pichon
Bach: Köthener
Trauermusik BWV
244a (hm), „Mit
Freuden sei die
Welt verlassen“
Matthias Goerne,
­Christoph Eschenbach
Schubert: Winterreise (Lied-Edition
Vol. 9) (hm),
„Der Lindenbaum“
| 5:18
plus
14
Radio-Sinfonieorchester
Stuttgart des SWR,
­Stéphane Denève
Ravel: Orchesterwerke Vol. 2 (Naxos/hänssler
CLASSIC), „Les
entretiens de la
Belle et de la Bête“ aus „Ma mère
l’oye“ | 5:28
15
Anna Netrebko, Staatskapelle Berlin, Daniel
Barenboim
Strauss: Vier letzte
Lieder (Universal/
DG), „Beim Schlafengehen“ | 5:36
16
Trio Wanderer
Klaviertrios (hm),
Fauré: Klaviertrio
d-Moll op. 120,
Andantino
(Auszug) | 4:03
Joyce DiDonato, Säch­
sische Staatskapelle
Festliches Adventskonzert aus
der Dresdner
Frauen­kirche
(Sony), Mascagni:
„Ave Maria“ (Auszug) | 3:25
Salut Salon
Christmas With
Salut Salon
(Warner), Brahms:
Geistliches ­
Wiegenlied | 4:11
17
Renée Fleming, Gregory
Porter u. a.
Christmas In New
York (Universal/
Decca), Martin
Hugh/Ralph Blane:
„Have Yourself A
Merry Little Christmas“ | 3:33
18
Christina Sandsengen
Shades and Contrasts (in-akustik/
Odradek), Domeniconi: „Mosso“ aus
der Suite „Koyunbaba“ op. 19 | 1:44
K
KLASSI K
Johann Sebastian Bach
Köthener Trauermusik
sung erstellt, die trotz einiger verbliebener Fragezeichen mehr als
nur hörenswert ist. Denn was den
empfindsamen und erhabenen,
den schwebenden und überhaupt
traumwandlerisch klangschönen
Zugriff angeht, mit dem sich Pichon, sein Ensemble Pygmalion
und ein exquisites Sängerquartett
für diese musikhistorische Annäherung einsetzen, kann man nur
zu einem Schluss kommen: Genau
so muss es im März 1729 in der
Köthener Jakobikirche geklungen
haben.
Guido Fischer
Abonnenten-CD: Track 9
Sternstunde:
Teodor
Currentzis
●●●●○
Sabine Devieilhe,
Damien Guillon,
Thomas Hobbs,
Christian Immler,
Ensemble Pygmalion, Raphaël
Pichon
harmonia mundi
(74 Min., 5/2014)
Am 19. November 1728 war Bachs
alter Dienstherr Leopold von Anhalt-Köthen verstorben. Doch
erst vier Monate später wurde die
Trauerfeier und Beisetzung anberaumt. Immerhin ist verbrieft,
dass dafür die Kirche dramatisch
mit schwarzem Tuch ausgeschlagen wurde. Und man weiß auch,
dass Bachs Gattin Maria Magdalena bei der eigens für diesen Anlass komponierten Trauerkantate
gesungen hat. Unter der Werkverzeichnisnummer 244a ist dieses
Werk in die Bachforschung eingegangen. Trotzdem war es bis vor
kurzem völlig unbekannt. Denn
während das Textbuch dieser „Köthener Trauermusik“ überlebt hat,
sind die Noten verlorengegangen.
Erstaunlicherweise reizte es aber
eben erst in letzter Zeit die neugierigen Vertreter der historischen
Aufführungspraxis, das Original
anhand der erstaunlich bekannten Liedtexte zu rekonstruieren.
Immerhin steht fest, dass Bach für
das Auftragswerk bekannte Arien
und Chöre aus seiner „Matthäuspassion“ und einer weiteren, 1722
geschriebenen „Trauerode“ recycelt hat.
Im Auftrag des französischen
Alte Musik-Spezialisten Raphaël
Pichon hat sich der Musikwissenschaftler Morgan Jourdain an
die Arbeit gemacht und eine Fas-
Pietro Baldassari,
Attilio Ariosti, Johann
Joseph Fux, Giovanni
Battista Bononcini
Vienna 1709 (Opernarien für Sopran und
Viola da gamba)
●●●●●
Hana Blažíková,
Ensemble
Tourdillon, Petr
Wagner
Accent/Note 1
(58 Min., 2 & 11/2013)
Das Staunen ist vielleicht die
stärkste derjenigen Regungen, die
den Hörer beim Erleben dieser
Musik begleiten: Man staunt über
die stille Schönheit der Opernarien
von Baldassari, Ariosti, Bononcini
und Fux, über ihre edle Harmonik
und Melodik. Man staunt darüber,
dass sich aus der Zeit um 1709 im
Umkreis der Wiener Opernszene
noch so viele Arien mit obligaten
Gamben – oft sind es zwei – finden
lassen. Man staunt erneut auch
über die herrliche Klangfarbe dieser Instrumente.
Und man staunt natürlich über den Gesang von Hana
Blažíková: Die tschechische Sopranistin, die in ihrer Freizeit auch in
einer Prager Punkband E-Bass
spielt, wartet mit einer schlechthin perfekten Performance auf.
Ihre Stimmproduktion funktioniert vollkommen störungsfrei
und beeindruckt durch schier
grenzenlose Geschmeidigkeit.
Mit der Art ihres Barockgesangs
knüpft sie da an, wo diese Kunst
vor einigen Jahrzehnten begann –
Klassik-CD des Monats
Wolfgang Amadeus Mozart
Così fan tutte
●●●●●
Simone Kermes, Malena Ernman, Anna Kasyan, Kenneth
Tarver, Christopher Maltman, Konstantin Wolff, MusicAeterna,
Teodor Currentzis
Sony
(3 CDs, 176 Min., 1/2013)
Nach 15 Jahren Alleinherrschaft muss René
Jacobs’ Referenzaufnahme von „Così fan
tutte“ sich den Platz auf dem Podest ab sofort mit einem ebenbürtigen Mitstreiter teilen. Mit seiner MusicAeterna hat Teodor
Currentzis eine ganz unglaubliche Truppe
zusammengestellt, die schon den Anfang
des Jahres erschienenen „Figaro“ zum orchestralen Erlebnis gemacht hat. Doch während dort zwar gute, aber nicht wirklich zur allerersten Garde gehörende
Gesangssolisten zum Einsatz kamen, profitiert diese zweite Folge des
Mozart-Da Ponte-Opernzyklus aus Perm zusätzlich von einem exzellenten Vokalensemble. Dadurch erzielt Currentzis hier tatsächlich das von
ihm intendierte Gesamtergebnis und formt eine ebenso prägnante und
ungestüme wie schwelgerische und entrückte „Così“.
Das fängt schon bei dem überaus prononcierten, vollstimmigen Don
Alfonso von Konstantin Wolff an, setzt sich fort bei Christopher Maltmans schmeichelndem, dabei sehr virilem Guglielmo und findet seine
Krönung im wohl schönsten „Un’aura amorosa“ überhaupt, für das man
Ferrando alias Kenneth Tarver auf Knien danken möchte. Doch auch die
sinnliche Dorabella (Malena Ernman) und die sehr selbstbewusste, so
gar nicht soubrettige Despina (Anna Kasyan) tragen das Ihre zum Gelingen bei. Und würde Simone Kermes (die mit einem überirdischen „Per
pietà“ begeistert) seltener in ihren Kleinmädchen-Ton verfallen, könnte
diese Einspielung den Olymp glatt für sich allein beanspruchen.
Michael Blümke
Abonnenten-CD: Track 7
45
Klass i k
bei Emma Kirkby und ihrem Umfeld. Zwar ist ihre Stimme weniger hell und schwerelos als die der
Engländerin, aber Blažíková singt
ebenso vibratoarm wie Kirkby und
ähnlich obertonreich; die größere
Fülle ihres Materials ist dadurch
bedingt, dass sie ihre Stimme körperhafter führt als Emma Kirkby. Dies alles ist ungeheuer wohltuend in einer Zeit, in der selbst
die einstigen „Chefdirigenten“ der
historisierenden Aufführungspraxis längst faule Kompromisse machen: Sie setzen oft Sänger ein, die
vielleicht auch ein bisschen auf
Barock machen, aber eben nicht
mehr jene schnörkelfreie Reinheit
des Gesangs, wie sie auf dieser CD
zu hören ist, bieten können. Dafür
ist Hana Blažíková ein Garant: Wo
Blažíková draufsteht, ist wunderbarer Barockgesang drin.
Michael Wersin
Ludwig van Beethoven
Sämtliche Werke für
Cello und Klavier
●●●○○
Jean-Guihen
Queyras, Alexander Melnikov
harmonia mundi
(2CDs, 139 Min., 10 & 12/2013)
Beethovens fünf Sonaten und drei
Variationswerke für Cello und Klavier gehören trotz ihrer Bedeutung nicht zu den Lieblingskindern des Musikbetriebs und noch
nicht einmal der Cellisten selbst
– denn zu deutlich tragen sie den
Stempel des Experiments. Mit den
frühen Sonaten, die ganz ohne
singende langsame Mittelsätze auskommen, wagte Beethoven
überhaupt erst den ersten Schritt
von der Klaviersonate mit obligater Begleitung hin zur echten So-
Im Vergleich
Anton Webern, Alban Berg,
Arnold Schönberg
Fünf Sätze, Lyrische Suite, 2.
Streichquartett
●●●●○
Arditti Quartet, Franziska
Hirzel
Bonitz/harmonia mundi
(CD & Blu-Ray Video, 72 Min,
1/2014)
Rebecca Saunders, Benedict
Mason, John Zorn u. a.
Fletch, 2. Streichquartett, Pandora’s Box u. a .
●●●●○
Arditti Quartet, Sarah Maria
Sun
Col legno/harmonia mundi
(60 Min., 10/2013)
Seit genau vierzig Jahren gilt der englische
Streicher-Vierer um Steuermann Irvine Arditti als Uraufführungsweltmeister. Und wenn
man nicht gerade wieder über flammneuen
46
losonate mit aktiver bis führender
Rolle des Cellos, während die letzten Sonaten mit ihren merkwürdigen Rückgriffen auf barocke Satzfolgen und Fugentechniken bereits auf das sperrige Spätwerk
vorausweisen. Es ist daher eine
gute Nachricht, wenn sich zwei
so intelligente und trotz moderner
Instrumente auch an historischer
Aufführungspraxis interessierte
Musiker wie Jean-Guihen Queyras
und Alexander Melnikov dieses
komplexen Œuvres annehmen.
Eine Garantie für den Erfolg
ist das, wie die erste CD ihrer Gesamteinspielung mit den Frühwerken zeigt, noch nicht. Queyras befleißigt sich zwar einer
leichten, sprechenden Spielweise und Melnikov weiß dazu auch
mit den Farben seines Flügels
zu spielen. Doch der auf historischen Instrumenten vergleichsweise leicht zu erzielende Effekt,
dass der Solist mal ganz mit dem
Partituren brütet oder die namhaftesten Komponisten unserer Zeit für die Ardittis schreiben, beschäftigt man sich regelmäßig mit den
Klassikern der Neuen Musik. Allein Luigi Nonos epochales Quartett „Fragmente – Stille, An
Diotima“ hat man inzwischen hundert Mal gespielt. „Ich kenne es besser als meinen Handrücken“, so Irvine Arditti einmal im Gespräch.
2014 feiert dieses Ausnahmestreichquartett
seinen 40. Geburtstag. Und trotz der zahlreichen Umbesetzungen kann man bis heute auf
ein spieltechnisch exorbitantes Niveau und
eine analytische Auffassungsgabe stolz sein,
die das Innerste selbst von komplexesten Stücken für den Zuhörer nachvollziehbar macht.
Anlässlich des runden Ensemblegeburtstags
sind nun zwei Live-Aufnahmen erschienen.
Anfang 2014 spielte man in Basel drei Klassiker der „Zweiten Wiener Schule“. Nur wenige Monate zuvor gastierte das Quartet beim
WIEN MODERN-Festival mit vier Auftragskompositionen, von denen zwei uraufgeführt
wurden.
Beide Programme sind quasi auch ein Spiegelbild der Arditti-Historie. Denn mit dem
Schaffen der Schönberg-Schule hatte man
sich zyklisch bereits kurz nach Gründung auseinandergesetzt. Die vier Werke jüngeren Datums lassen hingegen die stete Neugier für
stilistisch gegensätzliche Klangwelten erkennen. An musikideologischen Grabenkämpfen, wie sie lange in der Neuen Musik ausgefochten wurden, waren die Ardittis nie in-
Klavier verschmilzt, um an anderen Stellen wie eine zusätzliche
Stimme hervorzutreten, stellt sich
nicht ein – und den Mut, die Stücke wie Casals gegen den Strich
zu bürsten oder wie János Starker
scheinbar Beiläufiges zu poetisieren und über motivische Bezüge
zur Hauptsache zu machen, haben die beiden Musiker auch wieder nicht. Sehr viel überzeugender
geht es auf CD 2 mit dem mittleren und späten Werk zu: Hier, wo
Cello und Klavier wirklich echte
Partner sind und wo andere Interpreten ob der Sprödigkeit des Materials leicht überagieren oder verkrampfen, bewahren Queyras und
Melnikov sich souverän die sprechende Leichtigkeit und Transparenz ihres Spiels. Sie bieten so
eine hörenswerte, eigene, feingezeichnete Interpretation von Beethovens letzten Worten zum Cello.
Carsten Niemann
teressiert. Was bis heute zählt, ist die Suche
nach dem weiterhin Unbekannten, Herausfordernden und möglicherweise Visionären. Vier
unterschiedliche Quartett-Perspektiven bot
man also in Wien. Von der Engländerin Rebecca Saunders stellte man „Fletch“ (2012) vor,
ein geheimnisvoll impulsives Gebilde, durch
das zahllose Glissandi schießen. Das 1993 geschriebene 2. Streichquartett von Saunders’
Landsmann Benedict Mason ist ein sechssätziges Panoptikum, bei dem lateinamerikanische Rhythmen skurril auf links gedreht
werden, die Musiker befremdlich murmeln
und ihre Streichinstrumente mit Plektren archaisch und in Erinnerung an den amerikanischen Komponistensonderling Harry Partch
bearbeiten. Stockende bis orchestrale Wucht
besitzt hingegen Luke Bedfords „Wonderful
Four-Headed Nightingale“. Und vom – ebenfalls US-amerikanischen – Jazz-Avantgardisten John Zorn brachte man „Pandora’s Box“
zur Uraufführung. Ein beklemmendes wie
extrem aufgeladenes Stück für Sopran und
Streichquartett, das von der Besetzung und
dem expressionistischen Seelenfuror her an
Schönbergs 2. Streichquartett erinnert, das
die Ardittis in Basel neben Weberns „Fünf
Streichquartettsätzen“ und Alban Bergs „Lyrischer Suite“ spielten. Und hier wie dort bewegte man sich übers auch steinige Terrain
mit einer Sicherheit und Leichtigkeit, als ob
es das Einfachste von der Welt wäre.
Guido Fischer
Max Bruch, Johannes
Brahms
Timeless
(Violinkonzerte)
●●○○○
David Garrett,
Zubin Mehta, The
Israel Philharmonic Orchestra
Decca/Universal
(64 Min.)
Noch mehr als bei seinem Kollegen Nigel Kennedy hat David Garrett mit Klischees und Vorurteilen zu kämpfen. Ist er etwa nur ein
geigender Glamrocker, der passabel Klassik spielt? Immerhin
scheinen ihm Crossover-Projekte,
rekordverdächtige Paganiniaden
und der klassische Werkkanon
gleichberechtigt am Herzen zu
liegen. Vor drei Jahren hatte sich
Garrett an das Violinkonzert von
Beethoven gewagt – mit durchaus positivem Ergebnis. Nun sind
die nächsten beiden deutschen
B’s mit ihren jeweiligen Konzerthits an der Reihe, Max Bruch und
Johannes Brahms. Zwar fallen die
Komponistennamen auf dem Cover erneut in die Kategorie „Kleingedrucktes“. Doch das ist auch
schon die einzige Gemeinsamkeit
zur Beethoven-Aufnahme.
Wesentlich prominenter ist
mit Zubin Mehta und dem Israel Philharmonic Orchestra jetzt
die Begleitung ausgefallen. Nur
gehört Mehta schon lange nicht
mehr zu den Dirigenten, von denen man Wunderdinge erwartet.
Verwunderlich ist vielmehr, wie
ein Geiger, der zu einer ganz anderen Generation gehört, sich geradezu nahtlos Mehtas altväterlicher und leicht hüftsteifer Gangart angeschlossen hat. Besonders
gilt das für das 1. Violinkonzert
von Max Bruch. Und im schönsten pastosen Klang finden die Musiker bei Brahms zueinander – wobei der angeschlagene Ernst dann
doch oftmals wie Blei am Stück
hängt. Ein Trostpflaster gibt es
wenigstens mit dem von Garrett
erlesen ausgesungenen „Adagio“
im Brahms-Konzert. Unter dem
Strich reicht das aber nicht aus,
um sein Image vollends zu korrigieren.
Guido Fischer
Dieterich Buxtehude
Ludwig van Beethoven
Jan Ladislav Dussek
Opera Omnia XX
(Vokalwerke Vol. 10)
Ouvertüren
Klavierkonzerte in G-Dur
op. 1/III, C-Dur op. 29, EsDur op. 70
●●●●●
Amsterdam
Baroque Orchestra, Amsterdam
Baroque Choir,
Ton Koopman
Challenge Records/New Arts
International
(2CDs, 153 Min., 6, 11, 12/2012 & 1,
6/2013)
Die Continuo-Orgel, bedient von
Ton Koopman, plappert munter und höchst eloquent vor sich
hin, ein Lautenist (Mike Fentross) versucht es ihr eifrig gleich
zu tun. Darüber entfalten barocke Streichinstrumente mal jubelnd, mal in gemessenem homophonem Satz ihr gleichermaßen
leuchtendes wie keusches Timbre.
Mit dem barocken Idiom vertraute Sänger – unter ihnen wie seit eh
und je der Bassist Klaus Mertens
– dialogisieren wortmächtig mit
den Streichern. Staunenswert und
beglückend ist dabei die Vielfalt
und die Schönheit der Musik, die
Buxtehude in Lübeck zu Papier gebracht hat, staunenswert ist dabei
auch die schiere Fülle des Vokalrepertoires: Allein zehn Alben der
insgesamt 20-teiligen Gesamtaufnahme der überlieferten Werke
Buxtehudes sind der Vokalmusik
gewidmet. Es ist an dieser Stelle,
da die Buxtehude-Gesamtaufnahme nun beendet ist, die Zeit gekommen, Ton Koopman Dank zu
sagen auch für dieses MammutUnternehmen: Wenn es im Detail
auch immer mal wieder etwas zu
kritisieren gab, so ist doch völlig
unbestritten, dass Projekte dieser
Art und auf diesem hohen interpretatorischen Niveau eines geradezu manischen Hingabevermögens an die Sache bedürfen und
dass sie unter rückhaltlosem persönlichen Einsatz entstehen. Wir
hoffen sehr, dass Koopman sich
auch noch für weitere Komponisten solchen Mühen unterziehen
wird, und wir sind begeistert, dass
wir Buxtehudes gewaltiges Oeuvre
nun panoramaartig vor uns legen
können, um uns an dieser zweifellos großartigen Musik zu erfreuen.
Michael Wersin
●●●●●
Deutsche Kammerphilharmonie
Bremen, Paavo
Järvi
RCA/Sony
(52 Min., 7/2010 – 12/2012)
Einen höchst willkommenen
Nachschlag zu ihrer zwischen
2004 und 2008 entstandenen fulminanten Gesamteinspielung
der Beethoven-Sinfonien gönnen uns Paavo Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit einigen der Ouvertüren
des Komponisten. Und dieses „einige“ ist als deutlicher Vorwurf
zu verstehen, denn eine Gesamtspielzeit von nicht einmal 52 Minuten ist schon eine Frechheit,
da wäre durchaus noch Platz für
„Die Ruinen von Athen“ und/oder
„König Stephan“ gewesen. Das ist
aber auch schon der einzige Kritikpunkt an dieser CD, denn die
künstlerische Qualität ist erneut
überragend.
Jede der sechs Ouvertüren bekommt ihr eigenes Gepräge, da
wird nicht nach einem vereinheitlichenden Beethoven-Schema gestaltet. So stellen die Musiker bei
„Die Geschöpfe des Prometheus“
die Mozart-Nähe ganz deutlich heraus, versuchen nicht, das Stück
aufzubauschen. Wunderbar auch
die sich ganz im Geiste Händels
präsentierende lange Einleitung
von „Die Weihe des Hauses“, die
dann ganz selbstverständlich in
den „moderneren“ Hauptteil überleitet. Ob die kernig federnde „Fidelio“-Ouvertüre oder der perfekt zwischen schicksalsschwanger und hoffnungsvoll austarierte
„Egmont“ – hier gibt es nur Treffer. Der Haupttreffer aber ist ohne
Zweifel die „Coriolan“-Ouvertüre: Der Gegensatz zwischen dem
schroffen Haupt- und dem lyrischen Gegenthema ist selten so
aufregend herausgearbeitet worden, in ihrer auffahrenden Zerrissenheit ist das die radikalste Interpretation, noch mitreißender
(obwohl das fast nicht möglich
scheint) als die übrigen fünf Werke auf dieser rundum gelungenen
CD.
Michael Blümke
●●●●○
Howard Shelley,
Ulster Orchestra
Hyperion/Note 1
(68 Min., 9/2013)
Angeblich soll Johann Ladislav
Dussek (1760 – 1812) der erste
Pianist gewesen sein, der auf die
Idee kam, den Flügel quer zum
Publikum zu stellen – nämlich
mit dem Zweck, sein wohlgeformtes Gesichtsprofil so recht zur Geltung bringen zu können. Die äußere Schönheit verging allerdings
rasch – Dussek starb alkoholkrank
und stark übergewichtig mit nur
52 Jahren in Paris. Die Klavierkonzerte, mit denen er in Europa
Furore machte, haben jedoch ihren ausgesprochenen Charme bis
heute erhalten – und zeugen daneben auch von dem innovativen
Geist, den Dussek bei aller Publikumsnähe ebenfalls besaß.
Je ein frühes, mittleres und
spätes Werk stellt Howard Shelley auf seiner repräsentativen Einspielung vor, und wenn man einen Blick auf die Kompositionsdaten wirft, wird man immer wieder
erstaunt sein, wie sehr sich Dussek bei aller zur Schau gestellten
pianistischen Brillanz formal auf
der Höhe seiner Zeit bewegt. Nicht
etwa im Gefolge, sondern an der
Seite von Mozart und Beethoven
erschließt er dem Klavierkonzert
die sinfonische Dimension und
verleiht ihm – auch inspiriert von
den Dur-Moll-Wechseln der Volksmusik seiner böhmischen Heimat – eine deutlich vorromantische Anmutung, auf der die Generation Chopins und Schuberts
unmittelbar aufbauen konnte. Howard Shelley, der sich bereits vielfach um die Aufwertung vernachlässigter Werke komponierender
Kaviervirtuosen zwischen Klassik
und Romantik verdient gemacht
hat, weiß auch auf dem modernen Flügel stilsicher Funken aus
Dusseks Musik zu schlagen. Zugleich profitiert die inspirierte,
charmante und frische Aufnahme von der ausgezeichneten Interaktion zwischen dem Solisten
47
Klass i k
Beethoven Revisited
Von M at thia s Korne m ann
Es hat etwas Verwegenes, Donquichoteskes, wie sich
das Label Telos hier einen kompletten Beethoven-Zyklus
aus den disparaten Stücken zusammenliest, die im Laufe von vier Jahren beim Böblinger Pianistenfestival abfallen, wo gastierenden Spielern stets ein bis zweit Sonaten aufgegeben sind. Natürlich ist das Ergebnis problematisch, was
auch am extrem gleißenden Diskant des generell recht hart intonierten
Sauter-Flügels liegen könnte.
Zwei klavierlöwenhaftere Jungrussen nehmen durchaus für sich ein.
Boris Giltburg kann nichts ändern am schrillen Sauter-Diskant, aber
im etwas abgewetzten, heiklen op. 26 setzt er diese Schärfe regelrecht
ein. Wir hören keine behagliche As-Dur-Schönheitsfeier, sondern ein
sperriges, in seiner dramaturgischen Unentschlossenheit – gibt es einen programmatischen Verlauf? – interessantes Geschehen. Dass
schließlich Eugene Mursky mit der „Waldsteinsonate“ seine gefürchtete Opulenz gegen diesen instrumentalen Widerstand so triumphal und
durchaus geschmackvoll behaupten kann, ist überraschend. Und doch,
ein konkurrenzfähiger Beethoven-Zyklus wird sich bei so viel stilistischer Zentrifugalkraft wohl kaum zusammenfügen. (Telos/Naxos)
Wie verdient hat sich Eric Le Sage mit seinem Schumann-Zyklus gemacht! Danach enttäuschen bei aller
manuellen Gediegenheit die letzten drei Sonaten erheblich, deren unumkehrbares Geschehen er nicht nacherzählen kann. Die Rezitative des op. 110 drängen nicht zur
Sprache, das säuselt wie romantisches Neobarock. Dass er diesen ungeheuren Moment des Abstürzens ins „Ermattet, klagend“, als das erlösende As-Dur nur einen Akkord entfernt war, so ungestaltet übergehen oder die Arietta des op. 111 in ungerührter Sonorität voll ausdrucksheischender Rubati (T. 9!) versinken lassen kann, verstehe ich
angesichts der enormen Begabung dieses Pianisten nicht. Das ist leider fast schon Igor-Levit-Style. (Alpha/Note 1)
Bei den ersten Folgen seines vielleicht etwas früh begonnenen Zyklus war ich wohl allzu streng. Aber in der
letzten Lieferung erfüllt Christian Leotta alle in ihn gesetzten Hoffnungen, ja mehr als das. Man findet
schlichtweg keinen leeren, unbedacht formulierten Takt,
so anfechtbar und betulich-langsam vieles auch gerät. Mit welchem
klanglichen und agogischen Feinsinn lässt er „die Schöne und das
Biest“ im op. 54-Kopfsatz aufeinandertreffen, wie einfühlsam und
schlicht ist die versöhnende Coda! Und hat man je diesen kleinen Zwist
zwischen hymnischem Des-Dur-Choral und markant abschweifender
Unterstimme im kleinen Allegretto des op. 10/2 gehört? In seiner Not,
den humorig-polternden Beethoven nicht recht zu mögen, verwandelt
er das lustig zulangende op. 31/1-Allegro in eine ironisch steife Maschinenkomödie, die von notorischer Desynchronisation handelt und in
deren Adagio-Akt sich Drahtpuppen ungelenk in Grazioso-Gesten versuchen – es ist witzig neben der Spur. Einsamer Gipfel ist ein schon
verboten langsam beginnendes op. 101, dessen Thema sich in einer
magischen Gespanntheit entfaltet. Genug der Schwärmerei, der mittlerweile 34-jährige Italiener ist ein bedeutender Beethoven-Interpret
geworden. (Atma Classique/New Arts International)
48
und dem von ihm geleiteten Ulster Orchestra. Den Klangfarbenreichtum einer Interpretation mit
historischen Instrumenten kann
die Einspielung zwar naturgemäß
nicht erreichen, doch bietet sie einen guten Einstieg in Dusseks
Welt und liefert auch den Beweis,
dass seine kompositorischen Ideen stark genug sind, um auch außerhalb der historischen Aufführungspraxis ihre Wirkung zu entfalten.
Carsten Niemann
Francesco Geminiani,
Georg Friedrich Händel
The Enchanted Forest,
La Follia, Armida abbandonata HWV 105
●●●●○
Robin Johannsen,
Les Passions de
L’Ame, Meret
Lüthi
deutsche harmonia mundi/Sony
60 Min., 1/2014
1754, schon ziemlich am Ende des
Barockzeitalters, nahm sich Francesco Geminiani (1687 – 1762)
noch einmal einer der populärsten Geschichten seiner Epoche an:
Es handelt sich um die Liebesgeschichte zwischen dem Kreuzritter Rinaldo und der orientalischen
Zauberin Armida. An deren Ende
befreit sich der anmutige junge Recke zwar unter dem unsanften Druck seiner Kameraden aus
den Liebesbanden Armidas, doch
umso intensiver beschwor man
den geheimnisvollen Zauber der
exotischen Verführerin und scheute sich auch nicht, ihren Schmerz
über den Verlust Rinaldos mit großem Einfühlungsvermögen zu
schildern. Geminianis Concerto
grosso „The Enchanted Forest“ ist
unter diesen Schilderungen eine
Besonderheit, weil es ursprünglich
als Bühnenmusik für eine Pantomime des bedeutenden Theaterausstatters Jean-François Servandoni konzipiert war. Leider ging
bei der Umarbeitung die genaue
Zuordnung der musikalischen Sätze zu den opulent ausgestatteten
Bühnensituationen verloren.
Dem Ensemble „Les Passions
de L’Ame“ gelingt es dennoch, die
Geschichte plastisch zu erzäh-
len: Das geheimnisvolle Rauschen
des Zauberwaldes, das Geminiani mit ganz sparsamen Streicherfiguren andeutet, ist ebenso klar
zu identifizieren wie der prachtvolle Einzug der Kreuzritter mit
Hörnern und Trompeten, der wiederum mit Armidas Verführungskünsten zu basslos schwebenden
Traversflöten konterkariert wird.
Hilfreich für das Verständnis ist
auch Händels Kantate „Armida
abbandonata“, die zwischen die
beiden Teile des Concerto grosso eingeschoben ist – zumindest
dann, wenn man sich die Übersetzung des Texts aus dem Internet fischt. Robin Johannsen gibt
die verlassene Zauberin in einer
hervorragend deklamierten, klaren und stimmschönen Interpretation. Und auch wenn sie in der
nicht zufällig mit „Siciliana“ bezeichneten Abschlussarie etwas
südländischer schmachten dürfte,
so nimmt sie Armida durch ihre
schlanke Stimmgebung etwas von
dem Matronenhaften, das dieser
Figur oft anhaftet.
Carsten Niemann
Immer
samstags aktuell:
die neuesten
­Rezensionen auf
rondomagazin.de
Christoph Willibald
Gluck, Antonio Sacchini
Le belle immagini
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Valer Sabadus,
Hofkapelle
München,
Chor des BR,
Alessandro De Marchi
Sony
(74 Min., 2/2014)
Jetzt hat ihn sich also Sony gekrallt. Es war ja nur eine Frage
der Zeit, wann Valer Barna-Sabadus von einem Major an Bord geholt werden würde. Nun legt der
Countertenor nach zwei Soloalben
bei Oehms nicht nur sein Debüt
beim neuen Label vor, sondern
auch gleich den ersten Teil seines Nachnamens ab. Mit Arien für
Giuseppe Millico präsentiert sich
der in München lebende Rumäne
und liefert damit auch gleich noch
einen Beitrag zum auslaufenden Gluck-Jahr. Der transponierte 1769 seinen Orfeo in Soprangefilde, als er für die Hochzeitsfeierlichkeiten von Maria Theresias
Tochter Maria Amalia mit dem
Herzog von Parma aus seiner erfolgreichsten Oper ein gut halbstündiges Destillat mit dem Titel
„Atto d’Orfeo“ erstellte, das Herzstück dieser Aufnahme.
An dessen Beginn steht – anders als in der vollständigen Oper
– nach der Ouvertüre gleich „Che
farò senza Euridice“, wo Sabadus
zwar, wie auf der gesamten CD,
herrlich weich und mit zarter Süße
singt, aber so gar keine Verzweiflung ob des Verlustes der Geliebten vermittelt. Gut gelingt ihm das
Erstaunen in „Che puro ciel“. Wem
die Expressivität in dieser Rolle
wichtig ist, hält sich besser an den
Stimmfachkollegen Bejun Mehta.
Insgesamt werden vor allem
Sabadus’ Cantabile-Qualitäten gefordert, seine nicht minder ausgeprägte Virtuosität darf er nur in
zwei Arien vorführen. Die eigentlichen Höhepunkte dieser Einspielung stammen übrigens nicht
von Gluck, sondern aus Antonio
Sacchinis Oper „Il Cid“, eine echte
Entdeckung. Ein schönes Album
also, das mit einer etwas weniger
verwaschen spielenden Hofkapelle München noch schöner geraten wäre, der orchestrale Part gerät nicht so griffig und packend,
wie man sich das wünschen würde.
Michael Blümke
Georg Friedrich Händel
Faramondo
●●●●○
Anna Devin,
Anna Starushke­
vych, Emily
Fons, Maarten
Engeltjes, Christopher Lowrey,
Njål Sparbo, FestspielOrchester
Göttingen, Laurence Cummings
Accent/Note 1
(3 CDs, 176 Min., 6/2014)
Gerade einmal fünf Monate ist
es her, dass mit dem „Siroe“ der
letztjährige Beitrag der Göttinger
Händel-Festspiele auf CD erschienen ist, da liegt schon die 2014erOper als Mitschnitt vor. Der 1738
uraufgeführte „Faramondo“ zeichnet sich durch eine selbst für Barockverhältnisse extrem verstiegene Handlung und sehr großzügige musikalische Anleihen bei
Francesco Gasparinis älterer Version des Stoffes aus. Gab es bei
„Siroe“ die eklatante Fehlbesetzung der Titelpartie zu beklagen,
die den ansonsten positiven Gesamteindruck ruinierte, darf man
sich dieses Mal an einem tollen
Abend (mit nur einem Schwachpunkt) erfreuen.
Emily Fons bringt für den Faramondo nicht nur ein flirrendes, attraktives Timbre, sondern
auch den nötigen Aplomb mit, um
die männliche Hauptrolle auszufüllen. Die angebetete Rosimonda findet in Anna Starushkevych eine im ersten Akt noch etwas zurückhaltende Interpretin,
die im weiteren Verlauf dann aber
zulegt. Das Duett der beiden am
Ende des zweiten Aktes ist einer
der Höhepunkte der Aufführung.
Übertrumpft wird die Ukrainerin allerdings von ihrer irischen
Namenskollegin Anna Devin, die
eine fulminante, höchst agile Clotilde beisteuert. Natürlich gehören zu einer ordentlichen Barockoper auch Countertenöre, hier
sind es zwei: Christopher Lowrey,
ein wirklich fähiger und technisch
versierter Sänger, für den der Gernando aber ungünstig – weil über
weite Strecken im Passagiobereich
– liegt, und Maarten Engeltjes,
dem man einerseits mehr vokales
Selbstbewusstsein wünscht, der
andererseits aber mit seiner kontrollierten Zurückhaltung gut beraten ist. Für den schon erwähnten Schwachpunkt zeichnet der
unausgeglichene Njål Sparbo als
Faramondos Gegenspieler Gustavo verantwortlich. Laurence Cummings sorgt mit dem FestspielOrchester Göttingen für lebendiges,
nuancenreiches Spiel.
Michael Blümke
49
Das ZDF-Adventskonzert aus der Dresdner Frauenkirche gehört
zu den stimmungsvollsten vorweihnachtlichen Konzerten. Das
letztjährige Konzert mit der amerikanischen Mezzo-Spranistin
Joyce DiDonato, der jungen Sopranistin Julia Lezhneva und
dem Startenor Klaus Florian Vogt ist jetzt als CD, DVD und
Blu-ray erhältlich. Mit der Staatskapelle Dresden und den Chören
der Frauenkirche und der Semperoper.
Plácido Domingo, José Carreras und Sissel Kyrkjebø waren die
Stars dieses festlichen Weihnachtskonzerts in Moskau. Mit Es
ist ein Ros entsprungen, Panis Angelicus, Little Drummer Boy,
Adeste fideles, Joy to the World u. v. a.
www.sonymusicclassical.de
Klass i k
Wolfgang Amadeus
Mozart
Klarinettenkonzert,
Klarinettenquintett
●●●○○
Matthias Schorn,
Minetti Quartett,
Innviertler Symphony Orchestra,
Nicholas Milton
CAvi/harmonia mundi
(58 Min., 8 & 9/2012)
Eine sehr solide, insgesamt recht
konventionelle Einspielung der
beiden Klarinetten-Paradestücke
von Mozart – der Solist Matthias
Schorn kann mit seinem fraglos ausgesprochen schönen Ton
und seiner hervorragenden Technik nicht alles wettmachen, was
im Zusammenspiel mit seinem
Umfeld in puncto Differenziertheit versäumt wird. So kommt
etwa der Streichersatz im Klarinettenquintett eindeutig besser
zur Geltung, wenn er vibratoarm
(so in Sharon Kams Einspielung
des Stücks) oder gar vibratofrei
(bei Charles Neidich), dafür aber
in einer fast barocken Weise sprechend musiziert wird. Motive werden dort immer wieder zu aussagekräftigen Gesten mit all den
Folgen, die eine solche Interpretationshaltung hat: Ein Motiv beginnt und endet prägnant und bedeutungsvoll wie eine gesprochene Aussage; wird es sequenzartig
wiederholt, dann ändert es durch
die Wiederholungen hindurch
seine Farbe, seine Intensität, seine innere Zielgerichtetheit. Wenn
der Satz sich harmonisch eintrübt, dann modifiziert sich auch
das Timbre der Instrumente (besonders eindrucksvoll in der Neidich-Einspielung beim zweiten
Thema des ersten Satzes). All dies
geschieht in der vorliegenden Einspielung viel zu wenig, und so hören wir zwar schöne Musik schön
gespielt, aber sie packt, sie fesselt
uns nicht auf einer tiefen, existentiellen Ebene.
Zu harte Kritik an einer durchaus reizvollen Einspielung, zudem
an einer Live-Produktion? Nun ja,
es handelt sich um sehr populäre Stücke, deren Aufnahmen sich
stets einer großen Konkurrenz
zu stellen haben. Da kommt es
50
auf jede Nuance an. Man vergleiche den Beginn des zweiten Satzes vom Klarinettenkonzert: Matthias Schorn versteht dort wahrlich zu zaubern, ganz aus dem
Piano erhebt sich der zarte Melodienbeginn – ein gelungener Einstieg. Was könnte man besser machen? In Sharon Kams Einspielung werden wir sogleich fündig:
Wieviel konturierter führt das Orchester an diesem Satzbeginn seine Begleitfiguren aus, wie effektiv
unterstützt es selbst auf Basis einfachster Motivik die Intention der
Solistin! In der vorliegenden Einspielung klingt der Begleitapparat
verwaschener, unschärfer und dadurch eher lethargisch statt aufmerksam-gespannt. Das sind die
unüberhörbaren Unterschiede.
Michael Wersin
Felix Mendelssohn
­Bartholdy, Alban Berg
Quartett op. 13, Lyrische
Suite
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Tetzlaff-Quartett
Cavi/harmonia
mundi
(58 Min., 3/2013)
Hört man das Tetzlaff-Quartett
Mendelssohns op. 13 spielen,
kann man so seine Zweifel bekommen am Image vom Berliner Sonnyboy Felix. Die Erregung,
die den jugendlichen Heißsporn
bei der Arbeit erfasst hat, als er
sich auf die Fersen seines großen
Idols Beethoven heftet und Motive
und ganze Strukturideen kopiert
aus op. 95-135, sie klingt weniger
freudig als nervös. Während seine Musik nach vorn prescht, beschwippst von der eigenen Brillanz, wirft Tetzlaffs Mendelssohn
fortwährend unsichere Blicke zurück: Vielleicht beruht die Euphorie ja auf bloßer Illusion, vielleicht
ist das Eis viel zu dünn, um so
ausgelassen drauf zu tanzen. Und
so verkrampft sich unser Held ein
wenig. Sein Lächeln umspielt ein
leichtes Zucken, Zweifel nagen
an seinem stolzen Genie. Ist das
überhaupt noch der Mendelssohn,
den wir kennen?
Der Grund für Mendelssohns
Verunsicherung ist schnell be-
nannt. Er sitzt am ersten Pult des
Tetzlaff-Quartetts, spielt dort Geige, und er spielt sie so, als würde
er der Welt nicht vertrauen: Christian Tetzlaff, fraglos einer der besten deutschen Geiger seit Generationen, aber auch einer der kompliziertesten. Mit seinen Skrupeln
hat Tetzlaff auch den Rest des Ensembles angesteckt: Jede noch
so kurze Note wirkt leicht angekränkelt, zittert und bebt, sie atmet unruhig, als sei noch hinter
der schönsten Kantilene irgendein Unheil im Anflug. Das Ergebnis ist eine hoch spannende, technisch geradezu perfekte, in den
Stimmen präzis balancierte Aufnahme mit einem verschwenderischen Reichtum an Details – und
doch zugleich eine Aufnahme, die
die Befindlichkeit der Interpreten
ein Stück zu weit stellt über die
des Komponisten: Denn der war
nicht so neurotisch, wie er hier
dargestellt wird.
Alban Berg aber sehr wohl.
Das passt nun wirklich wie die
Faust auf ’s Auge: das erschütterungsbereite Tetzlaff-Quartett
und die Lyrische Suite, Bergs Einstand in die 12-Ton-Methode.
Dass Christian Tetzlaff mit seinem
Ensemble jede Note, jede kleinste
Phrase auflädt, bis sie zu zerplatzen droht, die permanente Anspannung, die Ungeduld, die flackernde Dynamik, die in jeden
Bogen tiefe Zacken schlägt: Diese
Musik giert danach.
Raoul Mörchen
Wolfgang Amadeus
Mozart, Joseph Haydn
Klavierkonzert Nr. 9
KV 271, Rondo KV 386,
Konzertarie „Non temer,
amato bene“ KV 505,
Klavierkonzert Hob.
XVIII:11
●●●●○
Alexandre
Tharaud, Joyce
DiDonato, Les
Violons du Roy,
Bernard Labadie
Erato/Warner
(71 Min., 8/2013)
Bei einer neuen Einspielung von
Alexandre Tharaud mündet die
Vorfreude so gut wie immer in
großen Genuss und tiefe Befriedigung. Seit seinen ersten Aufnahmen für Arion in den späten
90er Jahren hat er von den unterschiedlichsten Komponisten hervorragende bis maßstabsetzende
Interpretationen vorgelegt, besonders seine bei harmonia mundi erschienenen Rameau- und
Couperin-Alben sowie die Chopin-Walzer haben Referenzstatus.
2009 wechselte er dann zu Virgin,
mittlerweile geht er für den Nachfolger Erato ins Studio, die Qualität seiner CDs hält der 45-Jährige aber unverändert hoch. Da bildet auch das jetzt vorliegende
Mozart-/Haydn-Programm keine
Ausnahme.
Mit blitzsauberen Trillern, wie
man sie auch von namhaften Kollegen so keineswegs immer zu hören bekommt, steigt er in Mozarts
„Jeunehomme“-Konzert ein, lässt
ein wunderbar verträumtes, dabei perfekt gerahmtes Andantino folgen, um in einen überzeugend drängenden Schlusssatz zu
münden. Das A-Dur-Rondo gerät Tharaud dann etwas unentschlossen, es weist nicht ganz die
Qualität der übrigen Stücke auf.
Gleich darauf gibt es mit der hinreißenden Joyce DiDonato als special guest dann aber ein besonderes Schmankerl in Form der Konzertarie „Non temer, amato bene“.
Vielleicht finden die beiden ja
demnächst mal für ein französisches Liedprogramm zusammen?
Abgeschlossen wird die CD
von Haydns D-Dur-Konzert, nach
Hoboken-Zählung die Nummer
11, bei dem sich jeder Interpret –
so unfair der Vergleich auch ist –
an der alles in den Schatten stellenden Argerich-Aufnahme messen lassen muss. Tharaud kann ob
seiner Leistung mehr als stolz auf
sich sein, seine einfallsreichen Kadenzen tragen das Ihre dazu bei.
Die Vorfreude ist also wieder einmal in großen Genuss und tiefe
Befriedigung gemündet.
Michael Blümke
Jean-Philippe Rameau
„The Sound of Light“
(Arien und Instrumentalsätze)
●●●●●
Teodor Currentzis, MusicAeterna, Nadine
Koutcher, Alexei
Svetov
Sony
(66 Min., 6/2012)
Dass in der russischen Millionenprovinzstadt Perm aktuell das
Opernglück Zuhause ist und nicht
in Moskau oder St. Petersburg,
weiß man seit dem Mozart-Furioso, das Dirigent Teodor Currentzis
und sein Ensemble MusicAeterna
mit dem „Figaro“ geboten haben.
Nun legt der griechische Pyrotech-
niker unter den aufs historische
Klangbild abonnierten Spezialisten ein ganzes Album mit JeanPhilippe Rameau vor. 2014 nimmt
man schließlich erfreulicherweise auch in Deutschland den 250.
Todestag dieses Opernrevolutionärs zum Anlass, ihn mit zahlreichen Einspielungen zu würdigen. „The Sound of Light“ nennt
sich das Potpourri quer durch Rameaus Phantasiewelt, durch seine tragischen, aufgeweckt tänzerischen und bisweilen herrlich
kunterbunten Geschichten, die
mit und ohne Worte zünden, unter die Haut gehen, einen vor Ergriffenheit verstummen lassen.
Und wenngleich man sich nicht
ausmalen möchte, was vielleicht
Rameau als Komponist von Solo-Konzerten oder Sinfonien alles noch so gelungen wäre, so stecken doch glücklicherweise seine
Phänomenale Bux-Box
Das Wesen einer Gesamteinspielung hat primär immer auch etwas Enzyklopädisches: Kein Mensch hört sich den ganzen Mozart, den ganzen Schubert oder (Gott bewahre vor der bloßen Menge) den ganzen Vivaldi an. Doch gerade in der Bewegung der Aufführungspraktiker ging seit jeher ein seltsamer Zauber von solchen Gesamtschauen
aus – vielleicht nicht von ungefähr, es fallen als Gründungssternstunden ins 19. Jahrhundert auch die Anfänge der Werkausgaben von Händel, Bach und Schütz. Repertoire sichten und sichern bleibt die Voraussetzung so vieler betörender Neuschöpfungen Alter Musik für heutige Ohren. Doch über allem Anfangszauber droht hier auch die Gefahr
des Scheiterns, wenn musikologischer Sammlerfleiß auf die Mechanik
des Marktes prallt. Selten teilen die Labelverantwortlichen den langen
Atem ihrer Musiker in Langzeitprojekten, sobald die Verkäufe merklich
zu sinken beginnen.
Das musste auch Ton Koopman mit seiner Gesamteinspielung der Kantaten Johann Sebastian Bachs erfahren. Nach zwei Dritteln der Strecke stand das Projekt mit der Schließung von Erato vor dem Aus. Doch
Koopman kaufte die Bänder zurück, wiederveröffentlichte und beendete den Kantaten-Marathon auf seinem neu gegründeten Eigenlabel
„Antoine Marchand“. Logistisch scheint er daraus eine Menge gelernt
zu haben. Seine Buxtehude-Gesamteinspielung, die gerade mit Folge XX bei Challenge zum Abschluss kam (siehe Rezension in dieser Ausgabe), schnurrte mit gemächlichem Tempo, aber ohne größere Tücken
durch – wenn man einmal davon absieht, dass
Koopmans Projekt zwischendurch der Förderung durch die Niederlande verlustig ging und
er zusätzlich zu der ihm eigenen Energie und
Hartnäckigkeit auch aus eigener Tasche einspringen musste.
Man kann nur aus vollem Herzen gratulieren
– und das nicht nur Ton Koopman und seinem
sämtlichen Bühnencoups voller
Orchesterwunderwerke.
Von der Papierform her ist
dementsprechend jedes der 18
Stücke ein Volltreffer. Und bei
Currentzis und seinen erneut mit
Esprit und Verve nur so um sich
werfenden Musikern hat man von
Beginn an, spätestens aber ab der
märchenhaft schönen „Musen“Szene aus „Les Boréades“ das Gefühl, dass nicht Mozart, sondern
Rameau ihr Lieblingskomponist
ist. Alles wird mit einer Seelenruhe derart ausgekostet, dass man
erst jetzt die eigentliche Bedeutung dieses Wortes begreift. In
diesem riesigen Rameau-Reigen
sitzt jede Nuance, jede Geste, jede
Gefühlsregung am genau richtigen Platz. Und zwischendurch
reihen sich die russische Sopranistin Nadine Koutcher sowie der
Bass Alexei Svetov mehr als nur
stilsicher ein. Obwohl bisher das
Dreamteam Mireille Delunsch/
Marc Minkowski bei der überund durchgedrehten Koloraturenshowdown-Arie „Aux longueurs
d’Appollon“ aus „Platée“ als Maß
aller Dinge galten, sind Koutcher
und Currentzis den Kollegen jetzt
ganz schön nah gekommen. Und
warum der langsam ins Nichts,
in die absolute Stille entgleitende
Klagegesang „Tristes apprêts“ aus
„Castor et Pollux“ selbst Denis Diderot und Hector Berlioz vor Bewunderung auf die Knie zwang,
kann man ganz zum Schluss nicht
nur nachhören, sondern vielmehr
erfühlen.
Guido Fischer
Stab, sondern auch dem Hörer und der Musikwelt. Einen Komponisten
so vollständig klanglich zu re-präsentieren, der – wie es Michael Wersin seinerzeit zur ersten Folge in RONDO schrieb – stets nur eine Fußnote in der Biografie Bachs war, gibt dem Œuvre seinen Eigenwert zurück. Außerdem kann Koopman ein Missverhältnis geraderücken: Fanden einzelne Vokalkonzerte und Kantaten immer wieder den Weg in
die Kirche oder auf Tonträger, waren die Cembalowerke Buxtehudes in
dieser Edition eine echte Neuentdeckung. Dabei ist keines davon von
seiner eigenen Hand überliefert oder jemals in Druck gegeben worden,
ein Zeichen dafür, dass seine Suiten und Variationen eifrig herumgereicht und gesammelt worden sind. Juwelen der Sammlung sind auch
die Kammermusikwerke, die Koopman mit eingespieltem und inspiriertem Kollegenkreis zum Funkeln brachte.
So eine Gesamtschau aus einer einzelnen künstlerischen Perspektive
hat natürlich auch Schattenseiten, die nicht verschwiegen werden sollen: Während der instrumentale Part, mit Koopman selbst an Cembalo und Orgel als Epizentrum einer ungemein vitalen und reich verzierenden Continuopraxis, auch in größeren Werken stets brillant ausfiel,
geriet ihm die Sängerbesetzung – vielleicht, weil vom Nicht-Sänger
Koopman ebenso kollegial über Weggefährten angegangen – zuweilen
von uneinheitlicher Qualität. Ein Hauptwerk Buxtehudes, die „Membra Jesu nostri“, schaffen es im Aufnahmevergleich so gerade mal in’s
gute Mittelfeld.
Dennoch: Mit dieser phänomenalen „Bux-Box“ hat Koopman bewundernswerte Pionierarbeit geleistet – das muss man erst einmal
im Alleingang hinkriegen. Ihm und dem Lübecker Marienorganisten Buxtehude bleibt zu wünschen, dass so mancher den Würfel schon insgeheim für seinen Gabentisch
Carsten Hinrichs
vorgemerkt hat. Neu erschienen:Buxtehude Opera Omnia I–XX, mit Feuersinger, Sämann, Zomer, Bartosz, Mertens, Dürmüller
u. a., Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, Koopman;
29CDs + DVD, Challenge/New Arts International
51
Klass i k / Ja z z
J
Ja z z
Tim Allhoff Trio
Kid Icarus
●●●●○
dennoch ganz organisch und
stimmig.
Ein weiteres wichtiges Erkennungsmerkmal des Tim Allhoff
Trios ist der feine Humor: Kenner
der US-Reihe „Breaking Bad“ jedenfalls dürften ihren Spaß daran
haben, dass sich das Thema des
Stück „Los Pollos Hermanos“ so
anhört, als habe es der grimmige
Schlaganfall-Onkel Hector Salamanca auf seiner Klingel gespielt.
Aber auch ausgewiesene Serien-Muffel dürften ihren Spaß an
der Musik von Allhoff und seinen
Kumpanen haben. Eine Absturzgefahr, wie sie der CD-Titel andeutet, besteht nicht. Josef Engels
Care/Edel
(62 Min., 9/2013)
Wer heutzutage ein Piano-Trio im
Jazz betreibt, hat es schwer, wiedererkennbar zu bleiben. Zwangsläufig stellt sich bei der dritten
Einspielung des seit 2008 bestehenden Dreierbundes um den
Augsburger Pianisten Tim Allhoff
öfters mal ein Déjà-écouté-Gefühl
ein: Die poppige, mit treibenden
Achteln unterfütterte Melancholie im Titelstück „Kid Icarus“ erinnert an den Konkurrenzanbieter
Tingvall Trio, das Liebäugeln mit
Drum&Bass-Figuren (etwa in „Los
Pollos Hermanos“) weckt Erinnerungen an das Trio Elf, der Einsatz
von Retro-Synthesizern als Geschmacksverstärker schließlich
lässt an Jacob Karlzon denken.
Allhoffs Trio hat freilich markante Eigenheiten: So ist auf „Kid
Icarus“ nicht der Band-Namensgeber die auffälligste Figur des
Ensembles, sondern Schlagzeuger Bastian Jütte. Mit seinem knochentrockenen Spiel, das sich aus
allen erdenklichen Groove-Darreichungsformen ab 1970 speist,
sorgt er für einen großen rhythmischen Variantenreichtum. Gutes
Beispiel dafür ist der Album-Opener „Through The Looking Glass“,
in dem Jütte unter Allhoffs elegisches, hörbar klassisch geschultes Klavier und Andreas Kurz’ unbeirrbaren Bass eine ganze Reihe
von verschiedenen Begleitmustern legt. Das reicht von einem
pulsierenden Rock-Beat über einen angedeuteten Reggae bis hin
zum Uptime-Swing und klingt
52
sounds. Bei „Cheek To Cheek“,
„Firefly“, „Let’s Face The Music
and Dance“ und „I Can’t Give You
Anything But Love“ genügen ihnen Combos als Hintergrund,
und Streicher untermalen „Nature Boy“ und „But Beautiful“. Die
Spielzeit von etwas mehr als 34
Minuten entspricht dem nostalgischen Charme der Einspielung:
Etwa so viel Musik enthielt eine
Langspielplatte der 1950er. Es
hätte gerne etwas mehr sein dürfen.
Werner Stiefele
Johannes Enders
Mellowtonin
Tony Bennett, Lady
Gaga
Cheek To Cheek
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Interscope/­
Universal
(35 Min.)
Das ist doch Gaga. Und wunderbar. Da starten der 88-jährige Entertainer Tony Bennett und die
28-jährige Popqueen Lady Gaga
ein Duoprojekt – und das klingt so
rundum stimmig old fashioned,
als habe die junge Ella Fitzgerald
eine Wiedergeburt erlebt, so sehr
erinnern manche Verschleifungen und Kiekser von Lady Gaga an
deren frühe Aufnahmen mit dem
Chick Webb Orchestra. Bei ihren
Interpretationen von Jazzklassikern verzichtet sie völlig auf den
aggressiv-druckvollen Gestus, der
ihre stampfenden Discoproduktionen prägt. Stattdessen swingt
sie so selbstverständlich, als sei
sie zeitlebens Jazzsängerin gewesen. Ihre junge, helle Stimme und
Tony Bennetts rauere, aber immer
noch frische und bewegliche Altmännerstimme ergänzen sich dabei prächtig. Solo schwärmt sie –
eingerahmt von Klavier und dezenten Streichern – vom „Lush
Life“, während sich Bennett als
Feature ohne Lady Gaga „Sophisticated Lady“ zur reinen Klavierbegleitung ausgesucht hat. Für
„Anything Goes“, „I Won’t Dance“
und „It Don’t Mean A Thing“ umgeben die beiden satte Bigband-
●●●●●
Yellowbird/Soulfood
(48 Min., 5/2013)
Um die Jahrtausendwende provozierte der englische Publizist
Stuart Nicholson mit der Frage,
ob der Jazz möglicherweise seine Adresse gewechselt habe und
mittlerweile nicht mehr in den
USA, sondern in Europa wohne.
Falls sich noch irgendjemand über
diese These aufregen sollte: Das
Quartett um den Tenorsaxofonisten Johannes Enders beendet diese Diskussion auf die denkbar eleganteste Weise.
Damit es im Jazz weitergeht,
braucht es kein Gegeneinander,
sondern ein Miteinander; damit
sich diese Musikform nicht in
der Beliebigkeit verliert, braucht
es ein Wissen um die Vergangenheit, nicht ein blindes Nach-vornPreschen. Geradezu mustergültig
zeigt sich das in der Zusammensetzung dieser Band: Ein Schweizer Pianist mit Bill Evans in den
Fingern und einer Liebe für Jazzrock-Hippies im Herzen (Jean-Paul
Brodbeck) trifft da gemeinsam mit
einem serbischen Kontrabassisten (Milan Nikolic) auf einen ehemaligen Electrojazz-Revolutionär
aus Oberbayern (Johannes Enders) und eine US-Schlagzeug-Legende (Billy Hart).
Und es ist nicht so, dass sich
hier irgendeiner in seiner Rollenzuschreibung bequem machen
würde: Das Faszinierende an diesem Quartett ist es, dass Altes an-
ders gedacht wird. An der Oberfläche mögen sich Enders Kompositionen irgendwo zwischen
Hancocks „Maiden Voyage“ und
Coltranes „Giant Steps“ bewegen,
also irgendwo in der späten JazzKlassik. In der Umsetzung des
Spielmaterials geht das transatlantische Quartett jedoch einen
eigenen Weg. Saxofonist Enders
manipuliert seinen auch in rasanten Passagen immer nachdenklich klingenden Ton mit seiner Atmung (einmal, am Ende von „Expressionist“, klingt es so, als spiele
er rückwärts) oder Echo-Effektgerät (in „Chumotov“), Schlagzeuger
Hart agiert oftmals wie ein Remixer, der mal nur die Hi-Hats, mal
nur die Toms einsetzt. Da reichen
sich zwei, eigentlich durch Zeit
und Raum weit voneinander getrennte Spielergenerationen verschwörerisch die Hände.
Kurz: Dieser Jazz braucht keine neue Adresse, sondern entsteht wie selbstverständlich aus
den unterschiedlichen Erfahrungen seiner transatlantischen Produzenten – sowie aus der Bereitschaft, ohne Eitelkeiten aufeinander einzugehen. Besser geht’s
nicht.
Josef Engels
Pablo Held
The Trio Meets John
Scofield
●●●●○
Pirouet/NRW Vertrieb
(64 Min., 1/2014)
Sie harmonieren prächtig. Der
eine: John Scofield, amerikanischer Weltstar, Gitarrist. Die anderen: Pablo Held, Bandleader,
Pianist, sowie der Bassist Robert
Landfermann und der Schlagzeuger Jonas Burgwinkel, zusammen
eins der feinsten deutschen Klaviertrios. Sie eint die Lust an der
Improvisation, am Spontanen, an
der aus dem Moment entstehenden Form, an innerer Harmonie,
an musikalischer Kommunikation, an unerwarteten Wendungen. Wie ein flexibles Netz wirkt
die Musik des Trios, lose geknüpft,
wie das Gewebe einer Spinne aus
einem unbewussten, nicht auf Pa-
pier, wohl aber in der gemeinsamen Erfahrungen der Band herausgebildeten Bauplan abgeleitet. Daran hat sich durch Scofields
Beteiligung nicht das Geringste
verändert – außer, dass nun vier
Musiker die Themen antupfen,
drehen, wenden, mit einer Souveränität erkunden, in der sich
virtuoses Können und Gelassenheit paaren. Diese Musik lässt Luft
zum Atmen, Denken und Hören,
und alle vier haben keine Eile, innerhalb kürzester Zeiten möglichst viele Töne ins Geschehen zu
werfen. Sie verdichten lieber, lassen Gedanken reifen, werfen Nebenideen ein, reißen Entwicklungslinien um, brechen andere
ab oder beharren auf einer Figur,
die im Lauf der weiteren Ausgestaltung immense Kraft entwickeln kann. Ihr Zusammenspiel
ist der beste Beweis dafür, dass
Jazz zwar „free“ sein kann, dies
aber mit den landläufigen Vorstellungen von unkoordinierten
Spontanereignissen nicht das Geringste zu tun hat. Zwei Stücke
von Pablo Held, zwei von John Scofield und dazu noch eine Coverversion von Joni Mitchells „Marcie“: Dieses Material reicht dem
Quartett für eine an unaufdringlichem, filigranem Zusammenspiel, Melodien und Tontupfern
reiche, sowie rundum packende
volle Stunde. Werner Stiefele
Jasper van’t Hof, Tony
Lakatos
Go With The Wind
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Jaro/Jaro
(48 Min., 2014)
Als sich der holländische Keyboarder Jasper van’t Hof zum ersten Mal für eine Aufnahme an
eine Kirchenorgel heranwagte, war das Ergebnis im wahrsten Sinne des Wortes eine unwirkliche Begegnung: Für die CD
„Un incontro illusorio“ steuerte
der Drummer Joey Baron damals
nachträglich einige Schlagzeugspuren hinzu.
Jetzt hat Van’t Hof aus dem „illusorischen“ Zusammentreffen
mit einem anderen Musiker endlich ein handfestes gemacht. Gemeinsam mit dem ungarischen
Saxofonisten Tony Lakatos, langjähriger Kompagnon in Van’t Hofs
populärer Ethnojazz-Formation
„Pili Pili“, schloss sich der Niederländer in der Kirche St. Fabian und
Sebastian im westfälischen Osterwick ein.
Das Ergebnis der Klausur ist
bemerkenswert. Ganz anders als
die wenigen für ihre Auseinandersetzung mit der Kirchenorgel bekannten Jazzmusiker wie
beispielsweise Barbara Dennerlein versucht Van’t Hof nicht, das
mächtige und schwerfällige Instrument auf Teufel komm raus
zum Swingen zu bringen. Der gewiefte Jazzrock-Veteran betrachtet
die Kirchenorgel vielmehr als Vorläufer des Synthesizers und entlockt ihr bei seinem Gottesdienst
auf dem Altar des Sounds höchst
eigenwillige Klänge.
Das Spektrum reicht von an
Weather Report gemahnenden
Kirchenjazzrock („Terminal Ararat“) über frei erfundene Broadway-Schlager („Mirror Of Broadway“) bis hin zu beinahe ketzerischen Experimenten, die freilich
nicht auf dem Scheiterhaufen enden: Im Stück „Formule E“ beispielsweise umtanzt ein immer
größer werdender Kreis an Orgelpfeifen wie bei einem HexenSabbath Lakatos’ klagendes Saxofon, das sich nach Leibeskräften zur Wehr setzt. In „Blow Me
Over The Highlands“ verwandelt
Van’t Hof die Kirchenorgel in eine
schottische Armada aus Dudelsäcken und Drehleiern; Lakatos bewegt sich dazu durch die Kirche
und entlockt seinem Sopransaxofon Orientalismen. Alles in allem:
ein Heidenspaß!
Josef Engels
Rolf Kühn
Unser Gespür
für Jazz …
&
THE MAGIC
THE M YSTERY
O F THE PIANO TRIO
BALLADS & LULLABIES
HELGE LIEN TRIO
KARI IKONEN TRIO
EDGAR KNECHT
STEFAN AEBY TRIO
EIVIND AUSTAD TRIO
Für die besinnlichen Momente der
Wintermonate erscheint auf Ozella eine
Compilation, die ruhige und nachdenkliche
Songs einiger der besten Piano-Jazz Trios
der Gegenwart vereint.
Mit dabei das HELGE LIEN TRIO sowie
das EIVIND AUSTAD TRIO aus Norwegen,
KARI IKONEN TRIO (Finnland),
STEFAN AEBY TRIO (Schweiz) und der
Volkslied-Veredler EDGAR KNECHT.
Auch erhältlich:
Ltd. Edition Audiophile 180g Doppel-Vinyl
Timeless Circle
●●●●●
Intuition/New
Arts International
(74 Min.,
1994 – 2001)
Philosophisch kommt das Gebinde daher, das den Klarinettisten,
Komponisten und Orchesterlei-
53
OZ92010CD || OZ92110DLP
Im Vertrieb von Galileo MC
Ozella Music · fon + 49 (0) 5251 38509
[email protected] · www.ozellamusic.com
Ja z z
ter Rolf Kühn zum 85. Geburtstag
ehrt. Der ist eine Leuchtgestalt der
gesamten Jazzentwicklung nach
1945: erst Starsolist einer ostdeutschen Big Band, dann Stellvertreter Benny Goodmans in dessen
Orchester, dann Leiter der NDRStudioband, schließlich Partner
seines 14 Jahre jüngeren Pianistenbruders Joachim in einem Furore machenden Free-Jazz-Quartett, dann ein Star der Fusionmusik und schließlich abgeklärter
Großmeister seines Instruments,
der auf den eroberten Terrains immer wieder neue Herausforderungen sucht.
Die 14 Titel des Albums sind
eine Zusammenstellung aus dem
frühen Alterswerk des Klarinettisten. Der befand sich auf einem
Höhepunkt; seine Schaffenskraft,
seine Grundneugier sind beständig spürbar. Das gilt für einen unbegleiteten Solotrack ebenso wie
für den abschließenden Titel mit
der RIAS Big Band und Max Raabe.
Mitreißend die Quartett-, Quintettund Sextett-Besetzungen mit unterschiedlichen, aber durchwegs
auf höchstem Niveau agierenden
Rhythmusgruppen – wobei Fusion nur peripher vorkommt –, tief
beeindruckend und bestechend
aber sind die Duo-Einspielungen mit Bruder Joachim, den Altsaxofonisten Lee Konitz und Ornette Coleman und dem Posaunisten Albert Mangelsdorff. Im
Zusammenspiel mit den Bläsern
offenbart sich Kühns hohe Kunst
wie unter einem Vergrößerungsglas: Die makellos klare Intonation dient einem an stringenter
Melodik ausgrichteten logischen
Diskurs, der vordergründige Emotionalität scheut und gerade dadurch seine faszinierende Wirkung erzielt. Eine wahrlich würdige Geburtstagsgabe, zeitlos schön.
Thomas Fitterling
Christian Muthspiel,
Steve Swallow
Simple Songs
●●●●●
In+Out/
In-Akustik
(53 Min., 9/2013)
Selten war ein Albumtitel treffender als dieser. Elf Duostücke umfasst das Programm, und bis auf
eines stammen sie alle aus der Feder des 52-jährigen österreichischen Posaunisten und Pianisten
Christian Muthspiel, der auch als
Komponist im Bereich der Neuen
Musik tätig ist. Alle haben sie eine
herrlich einfache Lied-Anmutung,
ohne dabei im Geringsten banal
zu sein. Jeder Song für sich ist eine
Feier des Weniger-ist-Mehr und
der klaren melodischen Lineari-
Meilenstein
Freddie Keppard
1923 – 1926. The Complete Set
Retrieval/New Arts
International RTR
79017
(68 Minuten,
6/1923 – 1/1927 )
Vor etwa 100 Jahren, als die neue Musik aus
New Orleans noch gar nicht als Jazz bezeichnet wurde, war Freddie Keppard für kurze Zeit
eine Art König dieser Musik. Der legendäre Kornettist, dessen Geburtstag sich in die-
54
tät. Wer könnte für diesen Angang
geeigneter sein als Steve Swallow,
der Meister logischer Basstonlinearität – und das mit diesem
wundervoll singenden Sound auf
einem E-Bass, der dröhnend kraftmeierisches Tieffrequenz-Gepumpe schlicht nicht kennt.
Christian Muthspiel schrieb
dieser Besetzung – also sich selber auf der Posaune, am Klavier,
Fender Rhodes und Spielzeuginstrumenten und Swallow an seinem spezifischen Bass – die Titel
auf den Leib und verzichtete dabei
von vornherein auf die Möglichkeiten von Loops und Overdubs.
Vielleicht ist diese Konzentration
auch dem Umstand geschuldet,
dass Muthspiel erst kurz vor der
Arbeit an diesem Projekt einen
schweren Hörsturz überwunden
hatte. Sein Spiel ist ohne kapriziöse Verspieltheit, folgt vielmehr einem Diskurs heiterer Logik und
erinnert dabei auf der Posaune –
auch in mehrstimmigen Passagen
– an den großen Albert Mangelsdorff. Ergänzt wird dieses Fest der
Hörbarmachung des Einfachen im
Booklet durch ein textliches Kleinod von Christoph Ransmayer und
Abbildungen von äußerst reduzierter, abstrakter Hinterglasmalerei Muthspiels. Das Album wird
so zum perfekten Gebinde.
Thomas Fitterling
sem Winter zum 125. Mal jährt, gilt als jazzgeschichtliches Bindeglied zwischen dem
sagenumwobenen Buddy Bolden, von dem
keine Aufnahmen existieren, und King Oliver,
dem Vorläufer und Mentor Louis Armstrongs.
Der 1933 verstorbene Freddie Keppard wird
von allen, die die Möglichkeit hatten, ihn live
zu hören, als ein Gigant mit unendlicher Ideenfülle und prachtvollem Sound beschrieben.
Doch in einer Zeit, die noch keinen „normalen“ Umgang mit dem Improvisationscharakter des Jazz kannte, war gerade er von einer
panischen Angst besessen, man könne ihm
seine Ideen klauen. Bei Auftritten bedeckte er
seine Finger mit einem Handtuch und im Studio gab er selten sein Bestes.
Beinahe hätte er die erste Jazzplatte eingespielt. Diese Chance schlug der schwarze
Musiker 1916 jedoch aus: „Ich bin doch nicht
blöd, meine Ideen auf Platte zu bannen, damit sie jeder kopieren kann.“ Die weiße Origi-
Rita Marcotulli, Luciano
Biondini
La strada invisibile
●●●●○
ACT/edel
(55 Min., 2/2014)
[…] Das Ergebnis mag diejenigen
erstaunen, die der melancholischen Süffigkeit von Biondinis elegischem Soloalbum „Prima del
cuore“ immer wieder in heimlicher Trunksucht erliegen. Zwar
ist Biondini auch im Duo der betörende Meister des zu Herzen gehenden Melos, das doch so überzeugend über jeglicher Kitschverdächtigkeit steht, dennoch wirkt
das Geschehen hier verdichteter
auf den Punkt gebracht; die Melancholieseligkeit wird auf den eigentlichen musikalischen Gestus
zurückverwiesen – und der hat
durchaus auch herbe, aber auch
tänzelnd übermütige Seiten. Ähnlich wie Biondini verbindet sich
bei seiner zwölf Jahre älteren Partnerin die Prägung durch die modernen Klavierspielweisen der
Post-Jarrett-Ära und eine grundlegende Kenntnis der europäischen
Klassik mit einem tiefen Durchdrungensein von der eigenen, italienischen Liedtradition.
Thomas Fitterling
nal Dixieland Jazzband machte dann die ersten Jazzaufnahmen. In den 20er Jahren nahm
Keppard dann doch sporadisch auf, stand
aber offensichtlich mit der Platte auf Kriegsfuß: Er machte die meisten Aufnahmen nur
als Sideman, teilweise unter miserablen technischen Bedingungen – oft ist er kaum herauszuhören – zudem spielte er mit Musikern,
die ihm bisweilen unterlegen waren oder keinen recht passenden Rahmen abgaben; meist
war es Doc Cook’s Dreamland Orchestra. Seine Aufnahmen (die 24 Stücke der CD sind fast
sein ganzes Vermächtnis) entstanden, als er
bereits der Trunksucht verfallen war und sollen laut Zeitzeugen nur ein fahler Abglanz seiner früheren Leistungen sein. In der Tat lassen
nur einige Stücke seine Größe erkennen – Spuren eines Jazzpioniers, dessen eigentliche
Meilensteine entstanden, als der Jazz fernab aller Aufnahmenstudios noch das Laufen
Marcus A. Woelfle
lernte.
Jazz-DVDs
Jazz auf dem Schirm
Vorgestellt von T hom a s F i t t e r l i ng
Fotos: GBS
Leistet Sühne in
Kommeno: Günter
Baby Sommer
Trotz YouTube gibt es noch aufwendige JazzDokumentationen, die feinsinnig bewegende
Erkenntnisse zu Tage fördern. Im letzten Jahr
feierte RONDO den Film „Jazzlegende Wayne Shorter“ als Meisterwerk dieser Kategorie.
Doch der Film war schwer zu bekommen; jetzt
ist er unter dem Titel „The Language Of The
Unknown“ beim Medien-Riesen ArtHaus Musik erschienen. Das diesjährige Jazz-Video-Ereignis ist die DVD bzw. Blu-ray „Charles Lloyd,
Arrows Into Infinity“ (ECM/Universal). Die
Frau des 76-jährigen Saxofonisten hat sie zusammen mit Jeffrey Morse realisiert. Eine Zeitreise führt zu Lloyds Anfängen, zu seiner Zeit
als Sideman bei Chico Hamilton, zu seinem
Massenerfolg als Leader des legendären Quartetts mit Keith Jarrett und Jack DeJohnette. Seine anschließenden Verstrickungen im Drogenkonsum, sein Ausstieg aus der Musikszene
und der Rückzug in die Berge von Big Sur, all
das wird ausführlich durch zahlreiche Statements von Gefährten und Lloyd selber kommentiert, ebenso wie sein behutsames Comeback und seine Rolle als Guru des aktuellen
Jazz.
Von ähnlicher Qualität ist der einfühlsame
Film „Als Mensch ein Solist“ über den 71-jährigen Schlagzeuger Günter Baby Sommer von
Nanina und Peter Bauer (www.studioklarheit.
de). Die Geschichte Sommers ist die Geschichte des freien Jazz in der DDR und seiner beson-
deren Außenkontakte. Dieses besondere Netzwerk ist auch heute noch lebendig, und so wird
hier die Vergangenheit weitgehend mit Filmaufnahmen aus der Gegenwart thematisiert.
Einen großen Raum nimmt die Sühne- und
Versöhnungsarbeit Sommers in dem von Deutschen 1943 in einem Massaker geschundenen
griechischen Dorf Kommeno ein.
Altersweise heiter ist das CD-DVD-Gebinde
„The Song Is My Story“ von Abdullah Ibrahim
(Intuition/New Arts). Es umfasst die Tonaufnahmen, die der südafrikanische Pianist in Italien zur Feier seines achtzigsten Geburtstages
in der Fazioli Concert Hall gelassen solo eingespielt hat, ergänzt um visuelle Konzertausschnitte und gefilmte Erläuterungen Ibrahims
zur Entstehungsgeschichte seiner Kompositionen.
Eine reine Konzert-CD-DVD-Box ist „Ahmad Jamal Feat. Yusef Lateef, Live At The
Olympia – June 27, 2012“ (Jazz Village/harmonia mundi). Zu perfekt lässigen ostinaten
Grooves von Kontrabass, Schlagzeug und Perkussion steuert der Leader spannungsvolle
Klavier-Riffs bei. Sinnfällig wird hier, warum
Miles Davis diese präzise Relaxtheit so nachhaltig bewunderte. Der tribal anmutende Gastauftritt von Lateef mit Saxofon-, Flöten- und
Vokalklängen dagegen bleibt Geschmackssache.
Elf Jahre zuvor war die Sängerin/Pianistin
Diana Krall mit einer orchestralen Traumbesetzung am gleichen Ort zu Gast. In der VideoWiederveröffentlichung des Konzerts im Bluray-Format wird die junge Frau großartig als
sophisticated Lady des Swing perfekt in Szene
gesetzt („Live In Paris“, Eagle Vision/Universal).
Ein Konzert der Superlative war auch der
Heimat-Auftritt der japanischen Pianistin Hiromi 2012. Freude an Höchtsgeschwindigkeits-Power und druckvollen Grooves bordet
über. Man muss das Energiebündel am Klavier,
den Drummer hinter seiner Monster-Schießbude, den E-Bassist an seinem Sechs-Saiter gesehen haben, um es zu glauben („Move, Live
In Tokyo“, Telark/In-akustik).
Klassisch konzertant soll diese Videosession mit der CD-DVD „Jazz & The Philharmonic“ ausklingen (Okeh/Sony). Jazz und Klassik
begegnen sich mit den Pianisten Chick Corea,
Dave Grusin, Shelly Berg und Elizabeth Joy Roe,
den Sängern Bobby McFerrin und Eric Owens
sowie dem Trompeter Terence Blanchard bei
einem in Miami kongenial gefilmten Konzert
der National Young Arts Foundation und des
Henry Mancini Institute Orchestra. Ein typisch
amerikanisches Großkonzert der erfrischenden Genre-Mischung ist das Ergebnis.
55
B
Bücher
Christoph Schwandt
Carl Maria von Weber in
seiner Zeit
Noch nicht einmal
das 40. Lebensjahr
hat Carl Maria von
Weber erreicht, als er
1826 in London an
den Folgen einer Tuberkulose verstarb. Und wie im
Fall ähnlich allzu früh verstorbener Komponistengrößen möchte
man sich nicht ausmalen, was er
noch alles hätte komponieren
können. Doch seinen Platz auf
dem Musikthron macht ihm dank
seiner Opernhits wie „Freischütz“
und solcher Instrumentalschlager
wie der „Aufforderung zum Tanz“
keiner streitig. Doch Weber hat
selbstverständlich noch viel mehr
komponiert – angefangen von
geistlicher Musik über patriotische Kantaten wie „Kampf und
Sieg“ bis hin gar zu einem „Tusch“
für 20 Trompeten. Und wie es sich
für eine minutiös recherchierte
Biographie gehört, unterschlägt
Christoph Schwandt auch solche
musikalischen Kuriosa keinesfalls. Was den erfahrenen Musikerbiographen Schwandt jedoch
vorrangig interessierte, war eine
auf jüngsten Forschungsergebnissen basierende, lückenlose Lebensbeschreibung eines Komponisten, der nicht nur von Wagner
bewundert wurde, sondern auch
vom Franzosen Hector Berlioz.
Gerne hätte man daher mehr darüber gelesen, wie sich Webers
Klangsprache etwa bei letzterem
niedergeschlagen hat. Doch
Schwandt fokussiert sich ausnahmslos aufs Faktische – was
angesichts des stolzen Buchumfangs mehr als nur einige Längen
aufkommen lässt. Leider nimmt
56
die Rezeption Webers darin einen
eher enttäuschend marginalen
Platz ein.
Guido Fischer
Schott, 608 S., € 35
das günstige Büchlein als Anregung zum Nachdenken über das
Phänomen Alte Musik gewinnbringend lesen.
Carsten Hinrichs
Reclam, 181 S., € 8
Thomas Forrest Kelly
Alte Musik
Rudolf Buchbinder
„Es gibt auf der Welt
schon so viele Musikwerke, so viel wird
jeden Tag komponiert, so viel ist im
Radio und auf Wiedergabemedien zugänglich, dass
wir nie alles hören werden können. Warum bemühen wir uns
dann so sehr darum, die Musik
der Vergangenheit wiederzubeleben?“ Thomas Kelly tritt an, in einem schmalen Bändchen eine
Einführung in das Phänomen der
Alten Musik zu geben. Und da
geht es auch schon los: „Alte Musik“ ist (inzwischen) nicht mehr
Musik einer bestimmten Epoche,
sondern eine Bewegung der Wiederentdeckung und Aufführung
dieser Musik. Kelly, Musikwissenschaftler, Sänger und Organist
und seit 2000 Professor in Harvard, schifft in stark komprimierter Form durch das Minenfeld seiner Passion, die mehrheitlich aus
Einschränkungen und Fragezeichen besteht. Die Musik des Mittelalters, der Renaissance und des
Barock (die Epochenbegriffe werden nicht hinterfragt) handelt er
dabei ab, auch die wichtigsten
Streitthemen ihrer Aufführung,
wie Besetzungsgröße, Stimmton
und die Rolle der Improvisation,
dazu gibt es eine „Ahnentafel“ der
wichtigsten Protagonisten. Sein
Zugang offenbart sich als erfrischend pragmatisch, sein Ziel
sind die Ohren von heute. Problematisch ist jedoch der belehrende,
(zumindest in der deutschen
Übersetzung) unfreiwillig komische Tonfall des Buches, der vieles
so stark zu vereinfachen versucht,
dass die Aussagen unscharf bis
unkorrekt werden: „Wir sind heute in der glücklichen Lage, Musik
der Renaissance so zu genießen,
wie sie in ihrer Zeit erlebt wurde.“
Autsch! Amerikanische Populärwissenschaftlichkeit? Wer darüber hinwegsehen kann, der wird
Mein Beethoven
Wenn einer sich im
riesigen Klavierschaffen von Ludwig van
Beethoven auskennt,
dann ist es der Österreicher Rudolf Buchbinder. Schließlich hat er die 32
Sonaten nicht nur in aller Welt
fast 60 Mal zyklisch gespielt. In
seiner Privatbibliothek studiert er
bis heute immer wieder eine riesige Sammlung an Erst- und Originalausgaben der Sonaten. Buchbinders Beethoven-Bild ist natürlich auch auf Tonträger längst
umfassend dokumentiert. Jetzt
war es für den 67-Jährigen aber
auch an der Zeit, einmal zwischen
zwei Buchdeckeln ein kleines Resümee von seinem „Leben mit
dem Meister“ (so der Untertitel)
zu ziehen. Und Buchbinder hat
tatsächlich nicht nur viel zu erzählen. Er weiß selbst tiefste Einblicke in die 32 Sonaten und fünf
Klavierkonzerte erfrischend verständlich und damit selbst für
Nichtfachleute nachvollziehbar zu
geben. Aus der Sicht des Praktikers vermittelt er sympathischer
Weise so den Geist und die technischen Stolperfallen, ohne dabei
die absolute Deutungshoheit für
sich zu reklamieren. Wie es sich
für eine entspannte und zugleich
fundierte Beethoven-Lektüre gehört, erhöht Buchbinder das Lesevergnügen zudem mit biographischen und anekdotischen Spotlights, die etwa den Clochard oder
den kurzeitigen Pferdebesitzer
Beethoven beleuchten. Darüber
hinaus wird das Buch dank zahlreicher Abbildungen, Faksimiles
und Beethoven-Karikaturen auch
zu einem Hingucker!
Guido Fischer
Residenz, 224 S., € 24,90
Richard Havers
Blue Note .- The Fines in
Jazz Since 1939
Noch ein Schwergewicht. Und was
für eines! Vier Monate, nachdem der
Sieveking Verlag
mit „Verve – The
Sound of America“ (vgl. Rondo
4/2014) einem der bedeutendsten
Jazz-Labels gehuldigt hatte, folgt
nun ein ähnlich umfangreiches
Portrait des Labels Blue Note. Die
Redaktionsleitung lag erneut bei
Richard Havers – er ist laut Klappentext „Spezialist für Jazz bei der
Universal Music Group“, also ein
PR-Stratege. Begleitet wird der
Band – wie zuvor auch der VerveRückblick – durch eine Box mit
fünf CDs, die Highlights aus allen
Epochen von Blue Note enthalten.
Leider ist es bei Havers Labelportraits wie so oft im Musikgewerbe: Der Nachzieher fällt hinter das Niveau des Vorgängers zurück. Hatte Havers im Verve-Band
die Biographien der Musiker skizziert, so beschränkt er sich diesmal auf eine knapp gefasste Geschichte des Labels und seiner
Haupt-Protagonisten Alfred Lion,
Francis Wolff, George Butler, Bruce Lundvall, Michael Cuscuna, Ian
Ralfini und Don Was. Sein Hauptaugenmerk richtet er diesmal –
ausführlicher als im Verve-Band
– auf eine Kurzcharakteristik ausgewählter Plattenproduktionen:
eine Gigantenschau, die von Horace Silver über Miles Davis bis zu
Norah Jones reicht.
Großformatige Portraits von
Musikern, dazu gute Reproduktionen der Plattencover, Besetzungsund Titellisten der Platten können
nicht darüber hinwegtäuschen,
dass Jazz-Historiker mit dem
Band nicht rundum glücklich werden. So fehlen – wie auch im Verve-Band – Quellennachweise zu
der beachtlichen Materialfülle,
auch setzt Havers die Geschichte
des Labels nur mit wenigen dürren Worten in ein Verhältnis zu
den allgemeinen politischen und
sozialen Entwicklungen.
Werner Stiefele
Sieveking Verlag, 400 Seiten,
€ 78
M
M ag a zin
Eine Autorität am Klavier
1997 verstarb im Alter von 82 Jahren Sviatoslav Richter und
damit eine der faszinierendsten Pianistenpersönlichkeiten
des 20. Jahrhunderts, der selbst Kollegen wie Emil Gilels,
Glenn Gould oder Artur Rubinstein tiefe Bewunderung entgegen brachten. Tatsächlich unterschied sich der aus dem ukrainischen Schytomyr
stammende Richter in seiner Physiognomie und
seinem Spiel völlig von allen anderen. Ohne eine
Mine zu verziehen, nahm dieser stets das Blitzlichtgewitter und den ganzen PR-Hype scheuende Riese den Begrüßungsapplaus entgegen. Und
kaum hatte er – wie in den letzten Jahren – dann
das Saallicht runterfahren lassen und seine auf die Noten gerichtete Leselampe angeknipst, wurde man Ohrenzeuge von klanggewordenen Sehnsüchten und Explosionen, von einer Erhabenheit und Milde, wie man sie von
keinem anderen Pianisten geboten bekam. Über 3.600 Konzerte hat Richter im Laufe seiner langen Karriere gegeben,
wie sein Biograf Bruno Monsaingeon einmal fleißig durchgezählt hat. Zudem ist sein Spiel auf rund 800 offiziellen
CD-Einspielungen dokumentiert. Im Vorfeld des 100. Geburtstages von Richter im nächsten Jahr liegen nun in einer Box all seine Aufnahmen gebündelt vor, die er zwischen
1958 und 1992 auch als Kammermusiker, Liedbegleiter
und Konzertsolist für die drei Renommierlabels Decca, Philips und Deutsche Grammophon eingespielt hat. Und ob es
nun die zuckende Dämonie bei Liszt, das innig Kantable bei
Bach und Schubert oder das hinausgeschleuderte Pathos
bei Chopin und Schumann ist – man kann wahllos eine CD
herausgreifen und ist sofort mittendrin in einem singulären Gefühls- und Gedankenkosmos. Guido Fischer
Sviatoslav Richter: Complete Decca, Philips & DG Recordings, 51 CDs, Decca/Universal
Gewichtiger Nachschlag
Hat man einen Bernstein-Fan in der Familie, ist es dieses
Jahr ein Kinderspiel, das ultimative Weihnachtsgeschenk
für ihn zu finden. Nach der „Symphony Edition“ zum 20.
Todestag des Maestros legt Sony jetzt mit Konzerten und
Orchesterwerken nach. Und stockt die Box im Vergleich zur
letzten noch um ein Drittel auf ganze
80 CDs auf. Ob nun die fantastischen Violinkonzert-Einspielungen mit Isaac Stern
und Zino Francescatti oder
die mit Pianisten wie Glenn
Gould, Rudolf Serkin, André
Watts und Philippe Entremont (nicht zu vergessen
Bernsteins eigene Klavieraufnahmen, besonders seine fabelhafte Interpretation des zweiten Schostakowitsch-Konzertes!) – hier findet sich wirklich alles. Auch kleiner dimensionierte Werke fehlen nicht, sogar Zusammenstellungen von Ouvertüren und Rhapsodien, ja, selbst von Tänzen
und Märschen gibt es.
Neben Bartók, Beethoven, Ravel und Tschaikowski nehmen Bernsteins Kompositionen einen prominenten Platz
ein, doch auch sein Förderer Aaron Copland und Igor Strawinski – zu dessen Schaffen Lenny zweifellos eine besondere innere Verbindung hatte – sowie die (vor allem amerikanischen) Komponistenkollegen des 20. Jahrhunderts sind
gut vertreten. Und so gut wie jede dieser immens vielen, fast
ausnahmslos gleich nach den „vorbereitenden“ Konzertabenden an nur einem Tag entstandenen Aufnahmen übermittelt die unbändige Musizierlust, die unbedingte Hingabe
und Leidenschaft, die diesen Ausnahmekünstler so unwiderstehlich macht. Auf jeden Fall genug Stoff für Entdeckungen bis nächstes Jahr Weihnachten. Michael Blümke
Leonard Bernstein Edition: Concertos & Orchestral
Works, 80 CDs, Sony
Elefantentreffen de Luxe
Da hatten die Wiener Philharmoniker 1955 mit dem Musikverein nun ein auch klanglich exquisites Zuhause, doch
kaum war die Stereoaufnahme der „Eroica“ unter Erich
Kleiber im Kasten, löschte der Tonmeister des englischen
Traditionslabels Decca dieses wertvolle Dokument. Nein,
die Akustik des Musikvereins war einfach nicht geeignet.
Und so zog man in den Sofiensaal in der Wiener Marxergasse um, wo man bis ins Jahr 1986 auch mit allerfeinster Technik nicht nur Interpretations-, sondern überhaupt
Schallplattengeschichte schreiben konnte. Denn das für
seinen Spitzensound berühmte Label fing beeindruckend
körperreich und transparent all die Elefantentreffen ein, die im Laufe von dreißig Jahren
zustande gekommen
waren. Georg Soltis
Einspielung von Verdis „Requiem“ mit den
Wiener
Philharmonikern gehört immer
noch zu den überwältigendsten
Einspielungen
dieses Werks. Für ähnliche Sternstunden sorgten Leonard
Bernstein mit Mozart, Karl Böhm bzw. Claudio Abbado mit
Bruckner sowie Anja Silja mit Liedern von Schönberg und
Berg. Bis sogar in die frühen Mono-Zeiten der Wiener Philharmoniker, bis zurück ins Jahr 1951 und den Aufnahmen etwa mit Bruno Walter (Mahler) und Wilhelm Backhaus (2. Klavierkonzert von Brahms) reicht die Zusammenarbeit mit der Decca zurück. Und so war es an der Zeit, die
gemeinsame Historie einmal Revue passieren zu lassen.
Heraus gekommen ist ein edel aufgemachter QuerformatSchuber mit 200 Seiten-Booklet, in dem Produzenten auch
aus dem Nähkästchen plaudern. Doch was sind viele Worte
allein gegen etwa Fritz Reiners Sporen, die er den Philharmonikern bei den „Ungarischen Tänzen“ von Brahms gegeben hat. Guido Fischer
Wiener Philharmoniker: The Orchestral Edition, 65 CDs,
Decca/Universal
57
Boulevard
Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein
Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik
Vorgestellt von Ol i v e r Bu s l au
Sopran und „Smallband“ ganz
groß
Es muss nicht immer eine Bigband sein: Die
niederländische Mezzosopranistin Cora Burggraaf geht neben ihren Opernprojekten gerne
Crossoverwege. Und hier gelingt es ihr mit einer fünfköpfigen Bläserbesetzung, die Welt der
„Roaring Twenties“ heraufzubeschwören. Eingebettet in den farbigen, aber kompakten Ensembleklang von Oboe, zwei Klarinetten, Saxofon und Fagott singt sie „Cabaret Songs“ von
Weill bis Gershwin, von Britten bis Aaron Copland. Die äußerst raffinierten Arrangements
stammen vom mitwirkenden Altsaxofonisten
Raaf Hekkema.
The Roaring Twenties: Calefax Reed Quintet & Cora Burggraaf (SACD) – Challenge/New
Arts International
Das hat Schwung:
Simon Keenlyside
besucht den
Broadway
Simon Keenlyside am Broadway
Neben Oper und Lied gilt die Liebe des Baritons Simon Keenlyside dem Musical. Die 16
Tracks seines neuen Albums bieten ein exzellent präsentiertes „Best-Of“ der Hits aus den
goldenen Zeiten des Genres von „My Fair Lady“
über „Kiss Me, Kate!“ bis „Carousel“ und „Oliver!“. Das BBC Concert Orchestra unter David
Charles Abel lotet alle Facetten der Originalarrangements aus und sorgt für authentische
Broadway-Atmosphäre.
Simon Keenlyside’s Something’s Gotta
Give, Chandos/Note 1
Tschaikowski, Spieluhr und
Zirkusorgel
Der Arrangeur Sven Kacirek verwandelt die
unsterblichen Melodien aus Tschaikowskis „Nussknacker“-Ballett von der Ouvertüre über die folkloristisch anmutenden Tänze in
eine vor allem von Perkussion und akustischer
Verzerrung geprägte Klanglandschaft. Dies
aber auch mit einem kleinen Schuss Ironie: So
dringt durch die Klangflächen der Klang einer
Spieluhr. Manchmal hat das auch etwas von
Zirkusorgel. Man bleibt also immer in Tschaikowskis Kinder-Spielzeug-Welt …
Sven Kacirek: The Nutcracker Sessions, ­
naïve/Indigo
58
Wenn „Mr Sandmann“ „Liebster Schneemann“
heißt, wenn ein Weihnachtslied ohne die typischen Requisiten wie Kerzen, Schnee und Tanne daherkommt und wenn „Santa Claus“ stattdessen in Badehose am Strand liegt – dann
kann man sicher sein, dass „Salut Salon“ mal
wieder am Werk ist. In ihren Programmen biegen die vier Damen ja gerne kreativ und immer unterhaltsam scheinbar Bekanntes in ihre
unerschöpflichen Soundideen um. Im Weihnachtsalbum mischen sich Slawischer Tanz
und Goldbergvariation, Corelli-Konzert und –
natürlich dann doch noch – klassisches Weihnachtslied. Manchmal witzig, manchmal festlich – aber immer überraschend.
Christmas With Salut Salon, Warner Classics
Abonnenten-CD: Track 16
Ein Lied, zwo drei:
Salut Salon
lassen’s
knistern
Fotos: Uwe Arens/Sony Classical (l. o.); Salut Salon (r.u.)
Wenn „Salut Salon“ Weihnachten feiert …
TUTTO
PUCCINI
Doktor Stradivari Musik-Krimi
Zum 90. Todestag
GIACOMO PUCCINIS
SÄMTLICHE OPERN
Folge 12: Das Puccini-Alibi
auf DVD und Blu-ray
Illustration: Rüdiger Kern:
A
„Sie
wollen
mich
ls Dr. Stradivari
hereinlegen“, sagte Ber­
ins Präsidium
gius. „Da steht kein
kam,
er­war­
Flügel, sondern ein Klatete ihn ein
gut gekleideter Herr mit
vier. Und ich fand es
graumeliertem Haar, der
sehr interessant. Vor
sich mit Kommissar Reuter
allem das Waffenzimmer,
gerade ein heftiges Wortwo man die Gewehre
besichtigen kann, die
gefecht lieferte. „Das lass
Puccini benutzte. Selt­
ich mir nicht gefallen“,
sam, dass ein so sensibler
schrie er. „Ich werde mich
Komponist einem so
beim
Polizeipräsidenten
brutalen Hobby frönte.
beschweren. Das wird ein
Auch die Faksimiles der
Nachspiel haben.“ Reuter
DOKTOR
Handschriften in den Vitrinen
ging mit Dr. Stradivari auf den
STRADIVARI
haben mir gefallen.“
Flur. „Das ist Herr Professor
ERMITTELT – und Sie
„Wo waren Sie denn, bevor Sie
Bergius“, sagte er. „Er ist dringend
können gewinnen!
Torre del Lago besuchten?“, fragte
verdächtig, seine Frau ermordet
Wenn Sie die Lösung
Dr. Stradivari.
zu haben. Alle Indizien stimmen.
wissen, schreiben Sie
„Ich kam von Florenz, machte
Aber er behauptet, er sei am
sie an stradivari@rondann an dem See mit dem
besagten Tag ohne seine Frau in
domagazin.de oder
Sommerhaus Halt. Dann fuhr ich
der Toskana gewesen.“
postalisch an RONweiter Richtung Küste, aß noch in
„Das muss er doch belegen
DO, Kurfürsten­damm
Lucca zu Mittag und machte mich
können.“
211, 10719 Berlin – Ihre
auf den Weg nach Deutschland.
Reuter hob die Schultern.
Kontaktdaten nicht
Leider habe ich auch von dem
„Seine Alibis reichen nur bis zum
vergessen! Unter alEssen keinen Beleg.“
Tag zuvor. Am Tag, als seine Frau
len Zuschriften verlost
„Der ist auch nicht nötig“,
erschlagen wurde, ist er angeblich
RONDO in Kooperation
sagte Dr. Stradivari. „In der Sache
auf der Rückreise gewesen. Er
mit dem Label Arthaus
mit dem Flügel haben Sie recht.
sagt, er habe mittags noch ein
zwei Exemplare der
Das war wirklich eine Fangfrage.
Puccini-Museum besichtigt. Aber
DVD-Box „Tutto PucciIch bin aber sicher, dass Sie das
er hat keine Eintrittskarte, kein
ni“: Puccinis sämtliche
Puccini-Museum nicht besucht
Foto. Gar nichts.“
Opern, gesungen von
haben.“
Etwas später hatte sich der Ver- unter anderem MirelWie kommt Doktor Stradivari
dächtige wieder beruhigt. „Ich woll- la Freni, José Cura, Ludarauf ?
te unbedingt noch das berühmte
ciano Pavarotti und
Sommerhaus von Puccini besich­ Nicolai Ghiaurov auf 11
tigen. Es liegt bekanntlich zwischen
DVDs. Einsendeschluss
www.oliverbuslau.de
Lucca und Florenz in Torre del Lago
ist der 15. Januar.
– direkt an einem herrlichen See.
Auflösung aus Magazin 5/2014:
Puccini hat dort komponiert, und er ist auf die
Die Überführung des vermutlichen InstrumenJagd gegangen. Ich habe es vormittags besichtigt
tendealers war für Stradivari so einfach wie zwinund bin dann über Lucca mit dem Wagen zurück
gend. Zwar konnte dieser sich zu Recht auf die Urnach Deutschland gefahren. Spät nachts kam ich
aufführung des „Till Eulenspiegel“ durch das Kölan. Und ich war es doch auch, der meine Frau
ner Gürzenich-Orchester unter Franz Wüllner
dann fand.“
berufen, aber selbst falls sein Urgroßvater wirk„Wie hat Ihnen Puccinis Sommerhaus denn
lich mit von der Partie gewesen sein sollte – Hargefallen?“, fragte Dr. Stradivari. „Haben Sie
fenist war er sicher nicht. Denn eine Harfenparauch den großen Flügel im Arbeitszimmer
tie hat Richard Strauss für den „Till“ nicht kompogesehen?“
niert.
59
Exklusive limitierte
Sammleredition
22 Stunden hochkarätige
Opernmusik
Hochwertiges umfangreiches
Buch mit wertvollen Hintergrundinformationen und seltenen
Fotografien
Mit Luciano Pavarotti, Daniela
Dessì, Eva Marton, José Carreras,
Riccardo Muti, Lorin Maazel,
Carlo Rizzi und vielen anderen
bekannten Stars der Oper
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Im Vertrieb der NAXOS DEUTSCHLAND GmbH
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T er m i n e Oper
O
oper
RINALDO: Alte Musik, Bühnen- und Puppenzauber – all dies macht aus Händels „Rinaldo“
ein besonderes Spektakel. Damit ist der Zauberopernstoff wie gemacht für das Mailänder Marionettentheater Carlo Colla e Figli. Kongenial
ergänzt wird es durch die Alte-Musik-Spezialisten der Lautten Compagney Berlin (Leitung:
Wolfgang Katschner) sowie ein junges Solistenensemble. Am 20. Dezember hebt sich für diese
wunderbar inszenierte Liebesgeschichte im
Bayer Kulturhaus in Leverkusen der Vorhang.
www.kultur.bayer.de
Tickets: (02 14) 3 04 12 83/84
Aachen
TH EATE R
(02 41) 4 78 42 44
Wuorinen
Brokeback Mountain (7.12.2014), ML:
Kazem Abdullah, R:
Ludger Engels
Janáček
Jenůfa (22.3.2015),
ML: Kazem Abdullah, R: Michael Helle
AltenburgGera
ANDREA CHENIER MIT JONAS KAUFMANN: Da kann man sich durchaus auch für
einen Kinobesuch in Schale werfen. Am 29.
Januar überträgt die UCI Kinowelt bundesweit
in den Lichtspielhäusern nicht allein live aus
dem Londoner Royal Opera House Umberto
Giordanos Oper „Andrea Chenier“ – die Inszenierung von David McVicar ist auch eine
musikalische Gala. Am Pult steht Antonio
Pappano. Und neben Sopranistin Maria Westbroek ist in der Titelrolle mit Jonas Kaufmann
einer der weltweit besten Tenöre zu erleben.
Infos und Tickets: www.uci-kinowelt.de
THE 12 TENORS: Von klassischen Arien wie
„Nessun Dorma“ über Pop-Hymnen wie „Music“ bis hin zum neu arrangierten und choreografierten Michael-Jackson-Medley – diese mitreißende Bandbreite beherrschen nur
die 12 Tenöre. Doch in ihrer Show zeigen die
Stimmvirtuosen, dass sie auch spektakulär
tanzen und charmant moderieren können. Mit
über zwanzig Welthits geht diese auch optisch
was hermachende Boyband nun vom 29.11.–
10.3. auf große Deutschland-Tournee.
www.12-tenors.com
Tickets: www.reservix.de sowie (0 18 05) 70 07 33
60
TH EATE R
(0 34 47) 58 51 61
Puccini
La bohème
(14.12.2014), ML:
Laurent Wagner, R:
Anthony Pilavachi
Britten
Peter Grimes
(15.2.2015), ML:
Laurent Wagner, R:
Kay Kuntze
Basel (CH)
TH EATE R
+41 (61) 2 95 11 33
Verdi
Otello (29.11.2014),
ML: Gabriel Feltz/
Giuliano Betta, R:
Calixto Bieito
Charpentier
Médée (15.1.2015),
ML: Andrea Marcon,
R: Nicolas Brieger
Strauss
Daphne (13.2.2015),
ML: Tomas Hanus/
Giuliano Betta, R:
Christof Loy
Britten
The Rape of Lucretia (29.3.2015), ML:
N.N., R: Ulrike Jühe
Mozart
Così fan tutte
(23.4.2015), ML:
Ryusuke Numajiri/Giuliano Betta, R:
Calixto Bieito
cles, R: Ole Anders
Tandberg
Puccini
La Rondine
(8.3.2015), ML: Roberto Rizzi Brignoli,
R: Rolando Villazón
Berlioz
Roméo und Juliette (18.4.2015), ML:
Donald Runnicles, R:
Sasha Waltz
KOM I S CH E O PE R
(0 30) 47 99 74 00
Mozart
Don Giovanni
(30.11.2014), ML:
Henrik Nánási, R:
Herbert Fritsch
Kálmán
Arizona Lady
(konzertant)
(21.12.2014), ML:
Kai Tietje
Straus
Eine Frau, die
weiß, was sie will!
(30.1.2015), ML:
Adam Benzwi, R:
Barrie Kosky
Puccini/Bartók
Gianni Schicchi/
Herzog Blaubarts
Burg (1.3.2015), ML:
Henrik Nánási, R:
Calixto Bieito
Piazzolla
María de Buenos
Aires (konzertant)
(20.3.2015), ML: Per
Arne Glorvigen
Schönberg
Moses und Aron
(19.4.2015), ML:
Vladimir Jurowski,
R: Barrie Kosky
STA AT S O PE R I M
S CH I LLE RTH E ATE R
(0 30) 20 35 45 55
Weber
Der Freischütz
(18.1.2015), ML: Sebastian Weigle, R:
Michael Thalheimer
Wagner
Parsifal (28.3.2015),
ML: Daniel Barenboim, R: Dmitri
Tcherniakov
Krenek
Tarquin (19.4.2015),
ML: Max Renne, R:
Mascha Pörzgen
Telemann
Emma und Eginhard
(26.4.2015), ML:
René Jacobs, R: EvaMaria Höckmayr
Berlin
Bielefeld
D EU T SCH E O PE R
(0 30) 3 43 84 01
Schostakowitsch
Lady Macbeth von
Mzensk (25.1.2015),
ML: Donald Runni-
TH E ATE R
(05 21) 51 25 02
Delius
Romeo und Julia auf dem Dorfe
(17.1.2015), ML: Alexander Kalajdzic, R:
Sabine Hartmannshenn
Thomas
Hamlet (28.2.2015),
ML: Elisa Gogou, R:
Andrea Schwalbach
Lloyd Webber
Sunset Boulevard
(20.3.2015), ML: William Ward Murta, R:
Thomas Winter
Kampe
Dächer. Plätze. Wege. Leute.
(29.4.2015), ML:
N.N., R: Ivan Bazak
Bonn
O PE R N H AU S
(02 28) 77 80 00
Händel
Rinaldo
(30.11.2014), ML:
Wolfgang Katschner,
R: Jens Daniel Herzog
Offenbach
Les contes d`Hoffmann (15.3.2015),
ML: Hendrik Vestmann, R: Renaud
Doucet
Bremen
TH E ATE R
(04 21) 36 53 33 33
Piazzolla
María de Buenos Aires (29.11.2014),
ML: Rolando Garza Rodriguez, R: Andreas Kriegenburg
Mozart
Le nozze di Figaro
(31.1.2015), ML: Clemens Heil, R: Felix
Rothenhäusler
Benatzky
Im weißen Rößl
(26.2.2015), ML: Daniel Mayr, R: Sebastian Kreyer
Bizet
Carmen (21.3.2015),
ML: Markus Poschner, R: Anna-Sophie Mahler
Chemnitz
STÄDTI S CH E TH E ATE R
(03 71) 4 00 04 30
Rossini
La cenerentola
(29.11.2014), ML:
Felix Bender, R: Kobie van Rensburg
Verdi
Otello (31.1.2015),
ML: Frank Beermann, R: Michael
Heinicke
Darmstadt
STA AT STH EATER
(0 61 51) 2 81 16 00
Offenbach
Orpheus in der
Unterwelt –
31.1.2015), ML: Elias
Grandy – R
Cordula Däuper
Saint-Saëns
Samson und Dalila – 07.3.2015), ML:
Elias Grandy – R
Inga Levant
Mussorgski
Boris Godunow –
25.4.2015), ML: Will
Humburg – R
Immo Karaman
DüsseldorfDuisburg
DEU T SCH E O PER
AM RH EI N
(02 11) 8 90 82 11
Verdi
Aida (28.11.2014),
ML: Axel Kober, R:
Philipp Himmelmann
Massenet
Werther
(6.12.2014), ML: Lukas Beikircher, R:
Joan Anton Rechi
Donizetti
L’elisir d’amore
(30.1.2015), ML: Lukas Beikircher, R:
Joan Anton Rechi
Dortmund
TH EATER
(02 31) 5 02 72 22
Abraham
Roxy und ihr
Wunderteam
(29.11.2014), ML:
Philipp Armbruster,
R: Thomas Enzinger
Strauss
Der Rosenkavalier
(25.1.2015), ML: Gabriel Feltz, R: Jens
Daniel Herzog
Mozart
Don Giovanni
(8.3.2015), ML: Gabriel Feltz, R: JensDaniel Herzog
Händel
Saul (25.4.2015),
ML: Motonori Kobayashi, R: Katharina Thoma
Dresden
SÄCH SI SCH E
STA AT SO PER
(03 51) 4 91 17 05
Humperdinck
Königskinder
(19.12.2014), ML:
Lothar Koenigs, R:
Jetske Mijnssen
Debussy
Pelléas et Mélisande (24.1.2015), ML:
Mikko Franck, R:
Àlex Ollé
Ronchetti
Mise en abyme
(22.2.2015), ML: Felice Venanzoni, R:
Axel Koehler
Essen
A ALTO THEATER
(02 01) 8 12 22 00
Mozart
Idomeneo, re di Creta (29.11.2014), ML:
Tomáš Netopil/Yannis Pouspourikas, R:
Francisco Negrin
Ligeti
Le grand macabre
(14.2.2015), ML:
Dima Slobodeniouk, R: Mariame Clément
Strauss
Die schweigsame
Frau (14.3.2015),
ML: Martyn Brabbins, R: Guy Joosten
Frankfurt/
Main
OPE R
(0 69) 21 24 94 94
Bellini
La sonnambula
(30.11.2014), ML:
Eun Sun Kim, R: Tina
Lanik
Monteverdi
L’incoronazione di Poppea
(20.12.2014), ML: Simone Di Felice, R:
Ute M Engelhardt
Cesti
Orontea (1.2.2015),
ML: Ivor Bolton, R:
Walter Sutcliffe
Weinberg
Die Passagierin
(1.3.2015), ML: Leo
Hussain, R: Anselm
Weber
Weber
Euryanthe
(5.4.2015), ML: Roland Kluttig, R: Johannes Erath
Fotos: BMW AG (o.); Andreas Bitesnich (M.)
Görlitz
G E RHART HAUPTMANN-THEATER
(0 35 81) 47 47 21
Humperdinck
Hänsel und Gretel
(22.11.2014), ML:
Andrea Sanguineti,
R: Sebastian Ritschel
Korngold
Die tote Stadt
(18.4.2015), ML: Andrea Sanguineti, R:
Klaus Arauner
ner Mühlbach, R:
Beka Savic
Zimmermann/Dallapiccola
Ich wandte mich/
Il prigioniero
(27.3.2015), ML: Gabriel Feltz, R: Markus Bothe
Strauss
Arabella
(25.4.2015), ML: Stefan Soltesz, R: Renaud Doucet
Gelsenkirchen
Hamburg
MU SI KTH EATER I M
REVI ER
(02 09) 4 09 72 00
Kálmán
Die Csárdásfürstin
(19.12.2014), ML:
Svetoslav Borisov, R:
Dietrich W Hilsdorf
Verdi
Rigoletto
(15.3.2015), ML:
Rasmus Baumann,
R: Michael Schulz
H AM B UR G I S CH E
STAAT SO PE R
(0 40) 35 68 68
Puccini
La fanciulla del west
(1.2.2015), ML: Carlo
Montanaro, R: Vincent Boussard
Korngold
Die tote Stadt
(22.3.2015), ML: Simone Young, R: Karoline Gruber
Genf (CH)
Hannover
GRAND THÉÂTR E
+41 (22) 4 18 31 30
Levinas
Le Petit Prince
(6.1.2015), ML: Arie
van Beek, R: Lilo
Baur
Gluck
Iphigenie en Tauride (25.1.2015), ML:
Hartmut Haenchen,
R: Lukas Hemleb
Cherubini
Medea (9.4.2015),
ML: Marko Letonja,
R: Christof Loy
STAAT SO PE R
(05 11) 99 99 11 11
Glanert
Caligula
(17.1.2015), ML: Karen Kamensek, R:
Frank Hilbrich
Boito
Mefistofele (konzertant) (14.3.2015),
ML: Karen Kamensek
Strauß
Die Fledermaus
(29.4.2015), ML:
Benjamin Reiners, R:
Martin G. Berger
STADT TH E ATE R
+43 (4 63) 5 40 64
Mozart
Die Zauberflöte
(18.12.2014), ML:
Thomas Rösner, R:
Patrick Schlösser
Benatzky
Im weißen Rößl
(15.1.2015), ML:
Mitsugu Hoshino, R:
Aron Stiehl
Poulenc
Dialogues des Carmélites (26.1.2015),
ML: Alexander Soddy, R: Richard Brunel
Heidelberg
Koblenz
TH EATER
(0 62 21) 5 83 50 00
Jommelli
Fetonte
(28.11.2014), ML:
Felice Venanzoni, R:
Demis Volpi
Harneit
Hochwasser/
Abends am Fluss
(6.2.2015), ML: Johannes Harneit, R:
Peter Konwitschny
TH E ATE R
(92 61) 1 29 28 70
Puccini
Tosca (24.1.2015),
ML: N.N., R: Anja
Nicklich
Tschaikowski
Eugen Onegin
(7.3.2015), ML: Leslie Suganandarajah,
R: Carlos Wagner
Kassel
O PÉ RA
+41 (21) 3 10 16 00
Levinas
Le Petit Prince
(5.12.2014), ML:
Arie van Beek, R:
Lilo Baur
Mozart
Die Entführung
aus dem Serail
(16.1.2015), ML:
Laurent Gendre, R:
Tom Ryser
Rossini
Tancredi
(20.3.2015), ML: Ottavio Dantone, R:
Emilio Sagi
Fujikura
Solaris (24.4.2015),
ML: Erik Nielsen, R:
Saburo Teshigawara
Hagen
THEATER
(0 23 31) 2 07 32 18
Abraham
Ball im Savoy
(29.11.2014), ML:
David Marlow, R: Roland Hüve
Gounod
Faust (17.1.2015),
ML: Steffen MüllerGabriel, R: Holger
Pototzki
Barber
Vanessa (7.3.2015),
ML: Florian Ludwig,
R: Roman Hovenbitzer
Beethoven
Fidelio (28.4.2015),
ML: Florian Ludwig,
R: Gregor Horres
Halle
O PER NHAUS
(03 45) 2 05 02 22
Verdi
La forza del destino – 05.2.2015), ML:
Josep Caballé Domenech – R
Gert-Hagen Seebach
Henze
Phaedra –
12.3.2015), ML: Robbert van Steijn – R
Florian Lutz
STAAT STH E ATE R
(05 61) 1 09 40
Rossini
Il barbiere di Siviglia (14.2.2015),
ML: Yoel Gamzou, R:
Adriana Altaras
Puccini
Turandot
(28.3.2015), ML: Patrik Ringborg, R:
Markus Dietz
Köln
OPER
(02 21) 22 12 84 00
Lund
Hexe Hillary
geht in die Oper
(22.11.2014), ML:
Rainer Mühlbach, R:
Eike Ecker
Strawinski
Die Nachtigall
(10.1.2015), ML: Rai-
Klagenfurt (A)
Lausanne (CH)
BMW WELT JAZZ AWARD 2015: Zum 7. Mal
bewerben sich sechs Jazz-Bands um den mit
15.000 Euro dotierten BMW Welt Jazz Award.
Unter dem Motto „Playing my guitar“ präsentieren sich ab Januar in den kostenfreien
Sonntagsmatineen in der Münchner „BWM
Welt“ etwa Michel Sajrawy mit seinem „Arabop“ (18.1.) sowie der von Kultgitarrist John
McLaughlin bewunderte Wiener Alex Machacek (25.1.).
www.bmw-welt.com
Tickets: (0 89) 54 81 81 81
16. KISSINGER WINTERZAUBER: Klassik,
Jazz und mehr als nur ein Schuss Weltmusik
– bei diesem musikalischen Spektrum wird einem beim Kissinger Winterzauber erneut warm
ums Herz (19.12.–10.1.). Für die entsprechenden
Temperaturen sorgt gleich in dem Eröffnungsund Orchesterkonzert Star-Tubist Andreas Martin Hofmeir. Stimmlich glockenrein und besinnlich geht es bei Singer Pur zu. Und am 2. Januar
begrüßt kein Geringerer als Trompeter Till Brönner das neue Jahr cool und swingend!
www.kissingerwinterzauber.de
Tickets: (08 00) 9 76 88 00
TOSCA IN MASADA: Zum fünften Mal findet das Israelische Opernfestival auf einer
der weltweit spektakulärsten und historisch
bedeutendsten Opernbühnen statt. In der
Wüstenlandschaft und unterhalb des MasadaMassivs, auf dem Herodes eine Festung errichten ließ, präsentieren Dirigent und Festivalleiter Daniel Oren sowie Regisseur Nicolas
Joel im Juni 2015 die Neuinszenierung von
Puccinis „Tosca“. Weitere Informationen, auch
zur Reise, gibt es beim Staatlichen Israelischen
Verkehrsbüro.
www.tosca-at-masada.com
Infos: (0 30) 2 03 99 70; www.goisrael.de
61
T er m i n e Oper / K l a ssi k
Lübeck
Leipzig
München
THE ATER
(04 51) 7 45 52
Berlioz
La damnation de
Faust (16.1.2015),
ML: Ryusuke Numajiri, R: Anthony Pilavachi
Purcell
The Fairy Queen
(27.2.2015), ML: Andreas Wolf, R: Tom
Ryser
Puccini/Dallapiccola
Suor Angelica/Il prigioniero
(11.4.2015), ML: Andreas Wolf, R: Pascale-Sabine Chevroton
OPER
(03 41) 1 26 12 61
Puccini
Madama Butterfly
(14.3.2015), ML: Anthony Bramall, R:
Aron Stiehl
Wagner
Siegfried
(12.4.2015), ML: Ulf
Schirmer, R: Rosamund Gilmore
B AYER I S CH E
STAAT S O PE R
(0 89) 21 85 19 20
Donizetti
Lucia di Lammermoor (26.1.2015),
ML: Kirill Petrenko,
R: Barbara Wysocka
Lüneburg
THE ATER
(0 41 31) 4 21 00
Hindemith
Neues vom Tage
(7.3.2015), ML: Thomas Dorsch, R: Hajo
Fouquet
Luzern (CH)
THEATER
+41 (41) 2 10 66 18
Diverse
Cantos de Sirena
(10.1.2015), ML: Howard Arman, R: Carlus Padrissa
Puccini
La bohème
(27.2.2015), ML: Boris Schäfer, R: Achim
Thorwald
Strauss
Ariadne auf Naxos
(19.4.2015), ML: Howard Arman, R: Holger Müller-Brandes
Händel
Ariodante
(28.3.2015), ML: Fabrizio Ventura, R: Kobie van Rensburg
Meiningen
STAAT STH E ATE R
AM GÄRTN E R PL AT Z
(0 89) 21 85 19 60
Strauß
Wiener Blut
(26.11.2014), ML:
Michael Brandstätter, R: Nicole Claudia
Weber
TH E ATE R
(0 36 93) 45 12 22
Strauß
Die Fledermaus
(27.2.2015), ML: Leo
McFall, R: Joachim
Schamberger
Donizetti
Don Pasquale
(24.4.2015), ML: Arturo Alvarado, R:
Knut Weber
Münster
Neustrelitz
TH EATE R
(02 51) 5 90 91 00
Glanert
Joseph Süß
(7.2.2015), ML:
Thorsten SchmidKapfenburg, R: Guy
Montavon
Porter
Anything Goes
(28.2.2015), ML: Stefan Veselka, R: Ulrich Peters
L AN D E STH E ATE R
M E CK LE N B U R G
(0 39 81) 20 64 00
Mozart
Don Giovanni
(24.1.2015), ML: Jörg
Pitschmann, R: Wolfgang Lachnitt
Kreisler
Heute Abend
Lola Blau
(14.3.2015), ML:
Emiliano Greizerstein, R: Birgit Kronshage
Verdi
La traviata
(21.3.2015), ML: Jörg
Pitschmann, R: Fabian von Matt
Verlosung
Die neue Gesamteinspielung aller Sinfonien Robert Schumanns begleitete
die Berliner Philharmoniker das ganze Jahr 2013, in Berlin wie auf Tournee.
Als Besonderheit gilt die Entscheidung Sir Simon Rattles, die Vierte
Sinfonie in der Frühfassung von 1841 einzuspielen, die für ihn mehr
„Leichtigkeit, Anmut und Schönheit“ besitzt.
Außergewöhnlich ist auch die Ausstattung der in Leinen gebundenen
Hardcover-Edition im Querformat, denn sie enthält ein wahres Arsenal
an technischen Formaten: Nicht nur die herkömmliche auf zwei CDs,
sondern – auf Bluray – auch eine Fassung in audiophiler Studioqualität
von 96 kHz/24 Bit, sowie zusätzlich als HD-Video. Downloaden lässt
sich darüber hinaus auch eine Version in Auflösung von 192 kHz/24 Bit,
und mit einem Code kann man das Angebot der Digital Concert Hall
sieben Tage lang testen. Beinahe zum Sahnehäubchen degradiert wird
so das Bonusmaterial aus Behind-the-scenes-Videos und Einführungsgesprächen mit Simon Rattle.
In Kooperation mit Berlin Phil Media verlost RONDO drei Exemplare
des edlen Leinenhardcovers. Senden Sie einfach Ihren Namen und
Adresse unter dem Stichwort „Schumann“ an: RONDO, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin oder per Mail an verlosung@rondomagazin.
de. Einsendeschluss ist
der 15. Januar 2015.
Viel Glück!
Oldenburg
STA AT STH E ATE R
(04 41) 2 22 51 11
Künneke
Der Vetter aus
Dingsda (10.1.2015),
ML: N.N., R: Ralf Budde
Weinberg
Der Idiot
(25.1.2015), ML: Vito
Cristofaro, R: Andrea
Schwalbach
Dove
Pinocchios Abenteuer (22.3.2015), ML:
Carlos Vazquez, R:
Jens Kerbel
Pforzheim
TH E ATE R
(0 72 31) 39 24 40
Dvořák
Rusalka (15.3.2015),
ML: Martin Hannus,
R: Bettina Lell
Saarbrücken
SA AR L ÄN D I S CH E S
STA AT STH E ATE R
(06 81) 3 22 04
Wagner
Der fliegende Holländer (30.11.2014),
62
ML: Nicholas Milton,
R: Aurelia Eggers
Ravel
Das Kind und
die Zauberdinge
(25.1.2015), ML: Thomas Peuschel, R: Solvejg Bauer
Rimski-Korsakow
Der goldene Hahn
(14.3.2015), ML:
Christopher Ward, R:
Johannes Pölzgutter
Salzburg (A)
L AN D E STH E ATE R
+43 (6 62) 87 15 12 21
Benatzky
Im weißen Rößl
(7.12.2014), ML: Peter Ewaldt, R: Andreas Gergen
Bellini
La sonnambula
(22.2.2015), ML: Speranza Scappucci, R:
Agnessa Nefjodov
Beethoven
Fidelio (18.4.2015),
ML: Adrian Kelly, R:
Andreas Gergen
Stuttgart
STA AT STH E ATE R
(07 11) 20 20 90
Mussorgski
Chowanschtschina
(23.11.2014), ML: Simon Hewett, R: Andrea Moses
Jommelli
Vologese
(15.2.2015), ML: Gabriele Ferro, R: Jossi Wieler, Sergio Morabito
Ulm
Wien (A)
STA AT SO PER
+43 (1) 5 14 44 22 50
Verdi
Rigoletto
(20.12.2014), ML:
Franz Welser-Möst,
R: Pierre Audi
Strauss
Elektra (29.3.2015),
ML: Franz WelserMöst, R: Uwe Eric
Laufenberg
Donizetti
Don Pasquale
(26.4.2015), ML: Jesús López-Cobos, R:
Irina Brook
TH EATER AN DER
WI EN
+43 (1) 5 88 85
Paisiello
Il barbiere di Siviglia (16.2.2015), ML:
René Jacobs, R: Moshe Leiser, Patrice
Caurier
Mozart
Le nozze di Figaro (11.4.2015), ML:
Marc Minkowski, R:
Felix Breisach
VO LKSO PER
+43 (1) 5 14 44 36 70
Donizetti
Viva la Mamma
(17.1.2015), ML:
Kristiina Poska, R:
Rolando Villazón
Offenbach
Pariser Leben
(21.2.2015), ML: Sébastien Rouland, R:
Michiel Dijkema
Wuppertal
TH E ATE R
(07 31) 1 61 44 44
Cherubini
Médée (5.2.2015),
ML: Daniel Montané,
R: Igor Folwill
Mozart
Così fan tutte
(26.3.2015), ML:
Timo Handschuh, R:
N.N.
BÜ H N EN
(02 02) 5 63 76 00
Wagner
Parsifal (13.3.2015),
ML: Toshiyuki Kamioka, R: Thilo Reinhardt
Strauss
Salome (17.4.2015),
ML: Toshiyuki Kamioka, R: Michiel
Dijkema
Weimar
Zürich (CH)
N ATI O N ALTH E ATE R
(0 36 43) 75 53 34
Verdi
I masnadieri (31.1.2015), ML:
Martin Hoff, R: Volker Lösch
Mozart
Die Zauberflöte
(26.4.2015), ML: Stefan Solyom/Martin
Hoff, R: Nina Gühlstorff
OPERN H AU S
+41 (44) 2 68 64 00
Martinů
Juliette (14.2.2015),
ML: Fabio Luisi, R:
Andreas Homoki
Jost
Rote Laterne
(6.3.2015), ML: Alain
Altinoglu, R: Nadja
Loschky
Verdi
La traviata
(18.4.2015), ML:
Marco Armiliato, R:
David Hermann
K l a ssi k
Pierre-Laurent
Aimard
23.11. Luzern (CH),
KKL
13.12.Baden-Baden,
Festspielhaus
14.12.Berlin, Philharmonie
24.1.München,
Prinzregententheater
Roberto Alagna
2.12.Berlin, Deutsche Oper
8.12.Berlin, Deutsche Oper
Nicolas Altstaedt
30.11.Köln, Philharmonie
11.1.Hamburg,
Laeiszhalle
13.1.Hannover,
Congress Centrum
14.1.München, BR
Funkhaus
25.1. Bern (CH), Zentrum Paul Klee
26.2. Graz (A), Musikverein für
Steiermark
27.2. Graz (A), Musikverein für
Steiermark
Piotr Anderszewski
26.11. Wien (A),
Konzerthaus
30.11.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
6.12.Bamberg,
Konzert- und
Kongresshalle
17.12.Stuttgart,
Liederhalle
26.1. Salzburg (A),
Mozarteum
Artemis Quartett
23.11. Zürich (CH),
Tonhalle
28.11.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
3.12. Wien (A),
Konzerthaus
4.12. Wien (A),
Konzerthaus
14.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
15.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
23.12. Zürich (CH),
Tonhalle
ATOS Trio
30.1.Berlin,
Heimathafen
Neukölln
Daniel Barenboim
9.12.München,
Philharmonie
im Gasteig
15.12.Berlin, Konzerthaus
16.12.Berlin, Philharmonie
31.12.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Valer
Barna-Sabadus
2.12.München,
Prinzregententheater
Cecilia Bartoli
26.11.München,
Herkulessaal
28.11. Wien (A),
Konzerthaus
31.12. Zürich (CH),
Opernhaus
4.1. Zürich (CH),
Opernhaus
9.1. Zürich (CH),
Opernhaus
Lisa Batiashvili
4.12.Hamburg,
Laeiszhalle
5.12.Hamburg,
Laeiszhalle
7.12.Hamburg,
Laeiszhalle
31.12.Elmau, Schloss
3.1.Berlin, Konzerthaus
4.1.Berlin, Philharmonie
Piotr Beczała
20.12.Wien (A),
Staatsoper
23.12. Wien (A),
Staatsoper
27.12. Wien (A),
Staatsoper
30.12.Wien (A),
Staatsoper
Daniel Behle
24.11.Berlin, Philharmonie
Nicola Benedetti
29.11.Baden-Baden,
Festspielhaus
Kolja Blacher
2.12.Hagen, Stadthalle
7.12.Lüdenscheid,
Kulturhaus
17.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
6.1. Basel (CH),
Stadtcasino
18.1.Duisburg,
Theater am
Marientor
28.1.Duisburg,
Theater am
Marientor
29.1.Duisburg,
Theater am
Marientor
10.2. Basel (CH),
Stadtcasino
Rafał Blechacz
4.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
Gábor Boldoczki
24.11.Stuttgart,
Liederhalle
26.11.Pullach, Bürgerhaus
29.11.Viersen, Festhalle
30.11.Wilhelmshaven, Stadthalle
7.12.Essen, Philharmonie
12.12.Dresden,
Frauenkirche
DAS MÄDCHEN MIT DEM
PERLENOHRGEHÄNGE
18. JANUAR UM 17 UHR
GROSSE KUNST AUF GROSSER KINOLEINWAND
19. APRIL UM 17 UHR
Johannes Vermeer, Girl with a pearl earring
c.1665, Royal Picture Gallery Mauritshuis
31. MAI UM 17 UHR
Die Termine der Saison 2014/2015
auf der großen Kinoleinwand
Mehr Infos und Tickets
unter www.UCI-KINOWELT.de
oder über die UCI App.
Giuliano
Carmignola
18.12.Köln, Philharmonie
Hand-zu-HandHand-zu-HandVerteilungen
Verteilungen
Freie
FreiePlakatPlakataffichierungen
affichierungen
plakatierung.net
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verein-freiesplakat.at
verein-freiesplakat.at
63
DIE IMPRESSIONISTEN
Eine Reise zu den größten Kunstwerken und
den berühmtesten Ausstellungen der Welt
FlyerFlyer-und
und
Folderverteilungen
Folderverteilungen
Riccardo Chailly
29.12.Leipzig, Gewandhaus
30.12.Leipzig, Gewandhaus
31.12.Leipzig, Gewandhaus
22.1.Leipzig, Gewandhaus
23.1.Leipzig, Gewandhaus
22. FEBRUAR UM 17 UHR
VINCENT VAN GOGH
Joseph Calleja
29.11.Dresden,
Frauenkirche
1.2.Berlin, Deutsche Oper
6.2.Berlin, Deutsche Oper
21.2.München, Nationaltheater
23.2.München, Nationaltheater
26.2.München, Nationaltheater
Cuarteto Casals
25.11.Frankfurt/
Main, Holzhausenschlösschen
16.1.Neuss, Zeughaus
REMBRANDT
pink zebra theatre – das Theater und Performance Label
pinkPeter
zebraJ.Fuchs
theatre ”DIRECT
– das Theater
und Performance Label
von
MARKETING“
von Peter J.Fuchs ”DIRECT MARKETING“
K
5.2.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
11.2.Würzburg,
Musikhochschule
12.2.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
25.2.Dortmund,
Konzerthaus
27.2. Wien (A),
Konzerthaus
28.2. Wien (A),
Konzerthaus
T er m i n e K l a ssi k / Ja z z
Impressum
Verlag:
Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin,
Tel. 030 / 41 47 81 761
Fax 030 / 41 47 81 713
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Internet: www.rondomagazin.de
Herausgeberin: Verena von der Goltz
Chefredakteur: Carsten Hinrichs (ch)
Redaktionsassistentin: Anna Vogt
Autoren dieser Ausgabe: Michael Blümke
(mb), Arnt Cobbers (ac), Oliver Buslau, J­ osef
Engels (joe), Guido Fischer (gf), Thomas Fitterling (tf), Robert Fraunholzer (rfr), Tobias Hell,
Matthias Kornemann (mk), Reinhard Lemelle (rl), Roland Mackes, Carsten Niemann (cn),
Mirjam Schadendorf, Matthias Siehler, Werner Stiefele (ws), M
­ ichael Wersin (mw), Marcus A. Woelfle
Hinweise Oper, Festival, Konzert:
Guido Fischer
Bildredaktion: Oliver Tenhoven
Termine: Anna Vogt
Art Director: Arndt Knieper
Produktion: Rüdiger Kern
Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger
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Anzeigen Tonträger: Marike Hasler
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RONDO erscheint sechsmal jährlich.
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Österreich 28 €, weiteres Ausland 32 € – bitte bei Bestellung Bank­verbindung für Lastschrifteinzug mit BIC und IBAN angeben.
Das nächste RONDO erscheint am
Donnerstag, 5. Februar 2015.
64
25.1.Leipzig, Gewandhaus
29.1.Leipzig, Gewandhaus
30.1.Leipzig, Gewandhaus
Stéphane Denève
221.11.Stuttgart,
Liederhalle
22.11.Göppingen,
Stadthalle
6.12.Stuttgart,
Theaterhaus
11.12.Stuttgart,
Liederhalle
12.12.Stuttgart,
Liederhalle
9.1.München,
Philharmonie
10.1.München,
Philharmonie
11.1.München,
Philharmonie
Plácido Domingo
16.1.Leipzig, Gewandhaus
7.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
11.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
15.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
17.2.Berlin, Philharmonie
19.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
22.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
28.2.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Quatuor Ébène
7.12. Zürich (CH),
Tonhalle
8.12.München,
Herkulessaal
9.12. Basel (CH),
Stadtcasino
10.12.Stuttgart,
Liederhalle
Scharoun Ensemble
1.12.Essen, Philharmonie
Laurence Equilbey
25.12.Leipzig, Gewandhaus
1.2. Salzburg (A),
Mozarteum
Isabelle Faust
14.1. Luzern (CH),
KKL
15.1. Luzern (CH),
KKL
27.1.Köln, Philharmonie
29.1. Salzburg (A),
Mozarteum
3.2. Zürich (CH),
Tonhalle
Julia Fischer
23.11.Hamburg,
Laeiszhalle
24.11.Essen, Philharmonie
25.11.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
27.11.Stuttgart,
Liederhalle
28.11.Mannheim,
Congress
Center Rosengarten
Juan Diego Flórez
1.12.Ludwigshafen,
Feierabendhaus der BASF
15.12.München,
Philharmonie
Renée Fleming
23.11.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
24.11.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
Sol Gabetta
10.12.Freiburg,
Konzerthaus
12.12.Friedrichshafen, Graf
Zeppelin Haus
14.12.Hamburg,
Laeiszhalle
15.12.Berlin, Konzerthaus
16.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
Elīna Garanča
27.11.Baden-Baden,
Festspielhaus
29.11.Dresden,
Frauenkirche
30.11. Genf (CH),
Grand Théâtre
14.12.Berlin, Deutsche Oper
17.12.Berlin, Deutsche Oper
20.12.Berlin, Deutsche Oper
Kirill Gerstein
2.12. Zug (CH),
Theater Casino
6.12. Basel (CH),
Stadtcasino
11.1.Köln, Philharmonie
12.1.Köln, Philharmonie
13.1.Köln, Philharmonie
14.1. Wien (A),
Konzerthaus
15.1. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
16.1. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
Vadim Gluzman
11.12.Berlin, Philharmonie
12.12.Berlin, Philharmonie
13.12.Berlin, Philharmonie
15.12.Berlin, Konzerthaus
16.12.Berlin, Konzerthaus
Hélène Grimaud
30.11.Berlin, Philharmonie
2.12. Zürich (CH),
Tonhalle
Daniel Hope
23.11.Düsseldorf,
Tonhalle
24.11.Braunschweig,
Stadthalle
25.11.Osnabrück,
Osnabrückhalle
28.11.Berlin, Konzerthaus
Benjamin Grosvenor
26.11. Wien (A),
Konzerthaus
28.11. Luzern (CH),
Lukaskirche
Martin Grubinger
8.1.Hamburg,
Laeiszhalle
9.1.Hannover,
Sendesaal des
NDR
Hagen Quartett
24.11. Wien (A),
Konzerthaus
25.11. Basel (CH),
Stadtcasino
26.11. Zug (CH),
Theater Casino
27.11.Berlin, Konzerthaus
29.11.Hamburg,
Laeiszhalle
22.1. St. Gallen
(CH), Tonhalle
23.1. Salzburg (A),
Mozarteum
24.1. Salzburg (A),
Mozarteum
30.1. Salzburg (A),
Mozarteum
31.1. Salzburg (A),
Mozarteum
1.2.Hamburg,
Laeiszhalle
19.2.München,
Prinzregententheater
24.2.Tübingen,
Festsaal der
Universität
25.2.Köln, Philharmonie
26.2. Wien (A),
Konzerthaus
28.2.Hamburg,
Laeiszhalle
Thomas Hampson
10.12.München,
Herkulessaal
Nikolaus
Harnoncourt
6.12. Wien (A),
Musikverein
7.12. Wien (A),
Musikverein
Pablo Heras-Casado
21.11.München,
Philharmonie
22.11.München,
Philharmonie
23.11.München,
Philharmonie
29.11.Dresden,
Frauenkirche
7.12. Salzburg (A),
Mozarteum
Jerusalem Quartet
28.11.Frankfurt/
Main, Holzhausenschlösschen
20.1.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
Ensemble
Kaleidoskop
30.11.Luxemburg
(LU), Philharmonie
11.12.Berlin, Haus
der Berliner
Festspiele
12.12.Berlin, Haus
der Berliner
Festspiele
13.12.Berlin, Haus
der Berliner
Festspiele
14.12.Berlin, Haus
der Berliner
Festspiele
Sharon Kam
31.1.Kiel, Schloss
5.2.Köln, Philharmonie
28.2.Nürnberg,
Meistersingerhalle
Miloš Karadaglić
27.12.Elmau, Schloss
1.1. Luzern (CH),
KKL
2.1. Luzern (CH),
KKL
Kim Kashkashian
20.11.Kaiserslautern, Fruchthalle
Jonas Kaufmann
24.11.München, Nationaltheater
27.11.München, Nationaltheater
30.11.München, Nationaltheater
4.12.München, Nationaltheater
7.12.München, Nationaltheater
13.12. Wien (A),
Konzerthaus
Tobias Koch
23.11.Nonnenwerth,
Kloster St.
Clemens
5.12.Hamburg,
Laeiszhalle
7.12.Ratingen,
Haus Cromford
13.12.Düsseldorf,
Neanderkirche
Patricia
Kopatchinskaja
11.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
12.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Aleksandra Kurzak
27.11.Baden-Baden,
Festspielhaus
30.11. Genf (CH),
Grand Théâtre
Kuss Quartett
23.11.Frankfurt/
Main, Holzhausenschlösschen
24.11.Frankfurt/
Main, Holzhausenschlösschen
Lang Lang
24.11.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
15.4.Leipzig, Gewandhaus
26.4.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
Valentina Lisitsa
13.12.Leipzig, Gewandhaus
14.12.Leipzig, Gewandhaus
Louis Lortie
20.1.Düsseldorf,
Tonhalle
Mandelring
Quartett
2.12. Neustadt an
der Weinstraße, Saalbau
4.12.Hamburg,
Laeiszhalle
10.12.Bonn, Beethovenhaus
13.1.Stuttgart,
Liederhalle
Andrew Manze
23.11.Düsseldorf,
Tonhalle
28.11.Berlin, Konzerthaus
Andrea Marcon
7.12.Berlin, Konzerthaus
9.12.Berlin, Konzerthaus
Pumeza Matshikiza
26.11.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
30.11.Stuttgart,
Staatstheater
4.12.Stuttgart,
Staatstheater
12.12.Stuttgart,
Staatstheater
Denis Matsuev
2.12.Düsseldorf,
Tonhalle
5.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
8.12.Bremen, Die
Glocke
10.12.Berlin, Konzerthaus
11.12.München,
Herkulessaal
Alexander Melnikov
28.11.Berlin, Radialsystem
9.12.Essen, Philharmonie
15.1.Hamburg,
Laeiszhalle
16.1.Lübeck, Musik- und Kongresshalle
18.1.Hamburg,
Laeiszhalle
20.2. Wien (A),
Konzerthaus
Meta 4
26.11.Grünwald,
August Everding Saal
27.11.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
28.11.Steinfurt, Bagno-Konzertgalerie
29.11.Icking, RilkeKonzertsaal
20.1.Berlin, Konzerthaus
23.1.Dortmund,
Konzerthaus
25.1.Baden-Baden,
Festspielhaus
29.1.Düsseldorf,
Tonhalle
Anne-Sophie Mutter
27.1.Frankfurt/M.,
Alte Oper
28.1.Nürnberg,
Meistersingerhalle
Yannick
Nézet-Séguin
21.11.Dortmund,
Konzerthaus
22.11.Essen, Philharmonie
23.11.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.12.München,
Philharmonie
19.12.München,
Philharmonie
20.12.München,
Philharmonie
Anna Netrebko
20.3. Zürich (CH),
Opernhaus
24.3. Zürich (CH),
Opernhaus
29.3. Zürich (CH),
Opernhaus
2.4. Zürich (CH),
Opernhaus
10.4. Wien (A),
Staatsoper
13.4. Wien (A),
Staatsoper
Georg Nigl
21.11.Stuttgart,
Staatstheater
29.11.München,
Prinzregententheater
30.11. Wien (A),
Musikverein
5.12.Luxemburg
(LU), Grand
Théâtre
7.12.Luxemburg
(LU), Grand
Théâtre
9.12.Luxemburg
(LU), Grand
Théâtre
15.12.Stuttgart,
Staatstheater
3.2.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
9.2. Wien (A),
Konzerthaus
RONDO
wünscht
Frohe
Weihnachten
... und ein
Gutes Neues
Jahr!
Andreas
Ottensamer
27.11.Berlin, Philharmonie
18.12. Wien (A),
Musikverein
19.12. Wien (A),
Konzerthaus
Miklós Perényi
3.12. Basel (CH),
Stadtcasino
6.12. Salzburg (A),
Mozarteum
Patricia Petibon
12.12. Wien (A),
Musikverein
16.12.Innsbruck
(A), Saal des
Landeskonservatoriums
20.12.Genf (CH),
Grand Théâtre
Maurizio Pollini
22.11. Luzern (CH),
KKL
Anna Prohaska
2.12.Berlin, Konzerthaus
29.1.Berlin, Konzerthaus
Thomas Quasthoff
27.11.Krefeld, Stadttheater
28.11.Bochum,
Schauspielhaus
6.12.Winterthur
(CH), Casinotheater
7.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
10.12.Berlin, Berliner Ensemble
15.12.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Jean-Guihen
Queyras
28.11.Berlin, Radialsystem
18.12.München,
Philharmonie
19.12.München,
Philharmonie
21.12.Köln, Philharmonie
15.1.Bochum,
Schauspielhaus
16.1.Bochum,
Schauspielhaus
25.1.Bonn, Beethovenhaus
30.1.Bonn, Beethovenhaus
Valer Sabadus
20.11.Wiesbaden,
Kurhaus
2.12.München,
Prinzregententheater
3.12.Berlin, Philharmonie
11.12.Dortmund,
Konzerthaus
12.12.Wiesbaden,
Herzog-Friedrich-AugustSaal
Adrianna Savall
7.12.Freiburg, EWerk
13.12.Wernsdorf,
Schloss
14.12.Wernsdorf,
Schloss
Ragna Schirmer
7.12.München,
Herkulessaal
14.12.Frankfurt/
Main, Holzhausenschlösschen
26.12.Halle, Puppentheater
27.12.Halle, Puppentheater
28.12.Halle, Puppentheater
Charlie Siem
3.12.Berlin, Philharmonie
18.1.München,
Prinzregententheater
25.2.Hamburg,
Laeiszhalle
Francesco Tristano
3.12.München,
Philharmonie
Rolando Villazón
26.11.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
31.12.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
1.1.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
14.1. Wien (A),
Volksoper
Alisa Weilerstein
24.11.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
31.12. Zürich (CH),
Tonhalle
9.1.Saarbrücken,
Congresshalle
30.11.Köln, Stadtgarten
2.12.Köln, ARTheater
13.12. Zürich (CH), Le
Philosophe
17.12.Köln, Roxy
19.12.Darmstadt,
Stadtkirche
20.12.Aachen, Eurogress
21.12.Aachen,
Klangbrücke
Äl Jawala
28.11.Tübingen,
Sudhaus
Nils Landgren
8.12.Darmstadt,
Staatstheater
13.12.Berlin, Passionskirche
Alexandra Lehmler
Quintett
30.11.Freiburg, Jazzhaus
Antje Weithaas
10.12. Genf (CH), Victoria Hall
15.12. Bern (CH), Kulturcasino
Camille O’Sullivan
28.11. Innsbruck (A),
Treibhaus
29.11.Karlsruhe,
Tollhaus
8.12. Zürich (CH),
Moods
J
Cécile Verny Quartet
29.11.Dortmund,
Domicil
21.12.Freiburg, Jazzhaus
Ja z z
Rebekka Bakken
23.11.Essen, Philharmonie
Stefano Bollani
19.12.Köln, Philharmonie
Steve Coleman
30.11. Zürich (CH),
Moods
Lars Danielsson
22.11. Innsbruck (A),
Treibhaus
24.11. Wien (A),
Porgy & Bess
25.11.München,
Jazzclub Unterfahrt
Bryan Ferry
26.11.Berlin, Tempodrom
3.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
9.12.Nürnberg,
Meistersingerhalle
Pablo Held
20.11.München, Bar
Gabányi
21.11.Köln, Loft
Iiro Rantala
11.12. Innsbruck (A),
Treibhaus
Marc Copland Trio
27.11.Singen, Jazz
Club
4.12.Frankfurt/
Main, Romanfabrik
Tingvall Trio
20.11.Luxemburg
(LU), Philharmonie
17.12.Hamburg,
Laeiszhalle
Cassandra Wilson
26.11.Düsseldorf,
Tonhalle
28.11.Dortmund,
Konzerthaus
30.11.Bremen, Die
Glocke
1.12.Hamburg,
Laeiszhalle
3.12.Kaiserslautern, Kammgarn
5.12.Baden-Baden,
Festspielhaus
6.12.München,
Philharmonie
9.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
65
Namen, Nachrichten, Nettigkeiten:
Neues von der Hinterbühne
Von Robe rt F r au n hol z e r
Entpierct:
Barrie Kosky
­besteht auf
­mindestens
einem Ring
Konto-Auszug:
Montserrat
Caballé zahlte
nach Andorra
66
Barrie Kosky, beinahe ein Harald Glööckler
der Berliner Klassikszene, hat sein Augenbrauen-Piercing rausgemacht. „Ich bin zu alt dafür“, sagte er dem Berliner “tip“. „Wenn ich irgendwann richtig alt sein werde, trage ich vielleicht nur noch schwarz und habe nur noch
einen einzigen Ring.“ Und zwar den „KoskyRing“! Den könne man nach seinem Tode wie
den Iffland-Ring als Preis weiterreichen. „Für
Aufführungen“, so Kosky, „die besonders ‚koskyesk’ gelungen sind“. Mit der Worterklärung
hierfür stünde er im Wörterbuch dann immer
noch in gebührendem Respektsabstand hinter
‚kafkaesk’.
Die spanische Sopranistin Montserrat Caballé (81) hat in ihrer Heimat einer Strafe von
einer halben Millionen Euro zugestimmt, um
einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zu entgehen. Caballé wird vorgeworfen, im Jahr 2010 Einnahmen in Höhe von
2 Millionen Euro auf ein Konto in Andorra verschoben zu haben. Zu ihren Gunsten sprach,
dass sie kein Vorstrafenregister hat. Außerdem
sei sie gesundheitlich angeschlagen. Andernfalls wäre möglicherweise eine Haftstrafe verhängt worden. Caballé erlitt vor zwei Jahren einen Schlaganfall und einen Armbruch, wovon
sie sich nur unzureichend wieder erholte.
Blockflöten-Star Maurice Steger ist ratlos in Bezug auf den sexuellen Anspielungsreichtum seines Instruments. Dessen oberer
Teil wird von Instrumentenbauern tatsächlich „Anblaskante“ genannt. „Die Blockflöte ist leicht sexuell konnotiert“, so Steger, „allerdings nicht bei mir!“ Wie lange solle man,
wenn man wirklich spiele, eine solche Assozia-
Stehvermögen:
Maurice Steger
spielt
unzweideutig
Unbestechlich:
Nikolaus Harnon­
court sprach schon
als kleiner Junge
lieber frei heraus
Fotos: Gunnar Geller/Komische Oper (l. o.); Antón Goiri/finanzas.com (l.u.); MolinaVisuals (r. o.); Marco Borggreve/Sony Classical (r. u.)
Zugabe
tion denn aushalten?! „Das geht ja gar nicht.“
In Indien sei es übrigens umgekehrt. „Da wird
der geigende Mann als unnatürlich empfunden“, so Steger.
Auf Betreiben der Kinder von Claudio Abbado ist das Grab des im Januar verstorbenen Dirigenten von Sardinien nach Sils-Maria im Engadin verlegt worden. Abbado hatte
im benachbarten Fextal regelmäßig seine Ferien verbracht. Er habe einen „gewissen Zauber“ von Sils-Maria besonders stark empfunden und seine schönste Zeit beim Festival von
Luzern erlebt, so begründeten die Kinder ihre
Entscheidung.
Erfolgsregisseur Herbert Fritsch, der in
Zürich und Berlin neuerdings auch Opern inszeniert, ist stolz auf eigene Fehler. „Manchmal läuft bei den Proben stundenlang etwas
munter in die falsche Richtung, bis mir ein
Dramaturg sagt, dass ich die Szene nicht richtig verstanden habe. Das sind die schönsten
Momente“, so Fritsch in Berlin. Außerdem sei
die Annahme, dass Oper für ihn neu ist, nicht
richtig. „Ich würde sagen, ich mache immer
Oper. Ich habe noch nie was anderes gemacht.“
Michael Tilson Thomas (69), Chef des San
Francisco Symphony, hat seinen langjährigen
Freund Joshua Robison geheiratet.
Die Solo-Pianistin des Beethoven-Orchesters Bonn, Kate de Marcken, ist von ihrem
Ehemann, einem Cellisten des Orchesters, ermordet worden. Der 54-Jährige ist geständig.
Er hatte seine Frau während eines Streits angegriffen und anschließend erdrosselt. Die Leiche wurde in einem Waldstück gefunden.
Dirigent Nikolaus Harnoncourt steht zu
seiner unverblümten Ausdrucksweise. „Ich
habe mit zehn Jahren aus heiterem Himmel
zu meinem Vater gesagt: ‚Höflichkeit ist Lüge’“,
so erzählte er in Berlin. „Um mit 12 Jahren hinzuzufügen: ‚Diplomatie ist Lüge’“, so Harnoncourt. „Es ist mir lieber unverblümt zu reden,
auch wenn sich manchmal die Leute kränken,
als dauernd liebe Sachen zu sagen und dabei
zu denken, dass sie Trottel sind. Bloß nicht verblümt sein!“ Im Dezember wird Harnoncourt
85 Jahre alt.
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