Installationen der Lüftung
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Installationen der Lüftung
Chair of Building Systems Prof. Hansjürg Leibundgut Installationen der Lüftung Vorlesung Prof. Dr. Hansjürg Leibundgut / ITA Institute of Technology in Architecture Faculty of Architecture / ETH Zürich Aufgaben der Lüftung · Raumluftreinigung: Beschränkung der Konzentration bestimmter Gase und Stoffe (Staub, Rauch, etc.) in der Raumluft unterhalb eines als lästig empfundenen Toleranzwertes, d.h. Ausfilterung einer bestimmten Menge dieser Stoffe aus der Raumluft und Ersatz durch möglichst unbelastete Luft. Raumluftreinigung Druckhaltung Ersatzluftlieferung Sicherheit · Ersatzluftlieferung: Zufuhr der erforderlichen Ersatzluftmenge, um die abgeführte Luftmenge auszugleichen. · Druckkonstanthaltung: Bestimmte Gebäudeteile (Reinräume, Küche, WCs, etc.) sollen Über- oder Unterdruck gegenüber angrenzenden Räume aufweisen. · Sicherheit: Prozess- oder nutzungsbedingte Lokalitäten mit Schadstoffemissionen müssen gezielt entlüftet werden. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 2 von 52 Abtransport der Schadstoffe · Ideal ist, wenn die Schadstoffe an der Quelle erfasst und abgeführt werden.Dies ist z.B. der Fall bei Abgasabsaugungen von Autos. · Im Innenraum kann man sich einem Gedankenmodell bedienen, welches das Prinzip der sofortigen Schadstoffabsaugung anwendet - siehe Mensch mit Absaugeinrichtung. In der Praxis wird dies nicht möglich sein. Daher sind Lösungen gefragt, die nicht nur eine, sondern mehrere, u. U. unterschiedliche Schadstoffquellen erfassen. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 3 von 52 Schadstoffaustragung aus dem Raum · Im Alltag kennen wir die Dunstabzugshaube, die über einem Kochherd installiert wird. Mittels eines in der Haube integrierten Ventilators wird der Dunst zusammen mit der Umgebungsluft abgesaugt. · Bei speziellen industriellen Prozessen (Löten, Drucken) in der Forschung mit giftigen Gasen (Chemiekapellen) werden Abzugseinrichtungen betrieben, die möglichst nahe an der Quelle absaugen. · Ähnlich der Dunstabzugshaube in der Küche ist es vorstellbar, über Arbeitsplätzen oder Aufenthaltszonen angepasste Absaugeeinrichtungen zu positionieren. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 4 von 52 Abluft-orientierte, Schadstoffgesteuerte Lüftung · Die Entwicklung geeigneter, kostengünstiger Schadstoffsensoren ermöglicht es, die Schadstoffe nahe ihrer Quelle und nur bei relativ hoher Konzentration abzusaugen. Dazu ist ein relativ enges Netz an Absaugpunkten im Deckenbereich (optimal im Raster der Beleuchtung) mit automatisch sich öffnenden Abluftklappen erforderlich. Die Luftqualität wird durch das gezielte Absaugen der Schadstoffe und nicht durch das «Zuwerfen frischer Zuluft» erreicht. · Bei dem Einbringen der Ersatzluft (Zuluft) ist lediglich zu beachten, dass der «Abluftdom» nicht gestört wird. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 5 von 52 Fortführen der Abluft: Fortluftausblasung · Die Abluft trägt die wegzuführende Fracht (Schadstoffe). Diese Frachten müssen so an die Aussenluft abgegeben werden, dass Dritte nicht gestört werden (durch Gerüche, Lärm, etc.). In Gegenden mit Heizbedarf ist die Abluft Träger von Wärme, die der Zuluft zugeführt würde. Im Jahr 2013 ist die Wärmerückgewinnung aus der Abluft Stand der Technik aufgrund der Verknappung der fossilen Energieträger und der CO2 - Emissionen der traditionellen Heizungen. · Falls die emissionsfreie Erwärmung der Zuluft mittels neuer Energiequellen einfacher ist als die Wärmerückgewinnung aus der Abluft, ergeben sich grosse Vereinfachungen bei den Lüftungsinstallationen. (Siehe dazu Lüftungsinstallationen ohne WRG) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 6 von 52 Prinzipien von Lüftungssystemen · Die gezielte Luftabsaugung ist nur möglich, wenn die Absaugung sehr nahe an den Zonen mit konzentrierten Schadstoffen platziert werden kann. · Im Gegensatz dazu kann man Zuluft als Strahl in stehende Luft “einspritzen” (z.B. mit Weitwurfdüsen). Abluft: keine Wirkung auf Distanz · Da bis vor kurzem die kostengünstige präzise Abluftabsaugung nicht realisierbar war, entwickelte sich im 20. Jh. die Lüftungstechnik in Richtung einer differenzierten Zulufttechnik. Zuluft mit Impuls: grosse Wurfweite möglich Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 7 von 52 Zuluftorientierte Lüftungssysteme · Die “traditionelle” Lüftungstechnik wendet die bekannten Gesetze der Fluiddynamik an, um möglichst unvermischte Frischluft dem Verbraucher zuzuführen. Dabei muss beachtet werden, dass die Luftgeschwindigkeiten (Turbulenzgrad) in der Nähe von Personen klein bleiben. · Je tiefer die Temperatur der Zuluft unterhalb der durchschnittlichen Lufttemperatur im Raum ist, desto kleiner ist die Behaglichkeit. Coanda-Effekt Quell-Lüftung Weitwurfdüsen Hochdruck-Induktionslüftung · Der Abluftabsaugung wird wenig Beachtung geschenkt. Misch-Lüftung mit Induktion Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 8 von 52 Minimale, personenbezogene Aussenluftwechselrate (pAR) · Wenn der Aussenluftbedarf von Räumen nicht direkt auf der Basis von Problemstoffbelastungen bestimmt werden kann, kann er in Form einer personenbezogenen Aussenluftwechselrate [m3/hP] überschlägig festgelegt werden. · Die pAR wurde in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts experimentell bestimmt. Die CO2Werte lagen 1990 bei rund 340 ppm (heute 400 ppm). Für die Qualität der Raumluft wurde ein Zielwert von < 1000 ppm CO2 angesetzt. Die pAR in der Literatur hängt nicht von der Art der Lüftung ab. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 9 von 52 Raumnutzung pAR [m 3 / h P] Einzelbüro 40 Grossraumbüro 60 Schulung / Gaststätte 30 Konferenz, Verkehr 20 Raucherzuschlag 20 Fitnessraum 80 - 120 Empfohlene, nutzungsbedingte, flächenbezogene Aussenluftwechselrate (fAR) · Die flächenbezogenen Aussenluftwechselraten (fAR) werden errechnet aus den pAR dividiert durch die Belegungsdichte (m2/P), fAR-Angaben sind immer Richtwerte. · Die Angaben zur fAR leiten sich aus drei Annahmen ab: · durchschnittliche Belegungsdichte · Grenzwert der CO2-Konzentration(normalerweise 1000 ppm) · Absaugung der Abluft mit durchschnittlichen CO2Konzentrationen · Bei speziellen Nutzungen mit Wärme und/oder Schadstoffabgabe des Produktionsprozesses müssen die flächenbezogenen Aussenluftwechselraten sorgfältig bestimmt werden · Richtwerte sind problematisch. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 10 von 52 Belegungsdichte Nutzungen Einzel/Gruppenbüro Grossraumbüro Sitzungszimmer Schalterhalle Verkauf Kühlprodukte Warenhaus Schulzimmer Übungsraum Hörsaal Bettenzimmer Hotelzimmer Kantine Restaurant Küche zu Kantine Küche zu Restaurant Werkstatt WC Parkhaus Büro Parkhaus öffentlich Serverraum ULK [m 2 /P] 14 10 3 12 5 5 3 3 8 1 15 10 1.2 1.2 10 10 20 2.5 35 40 30 fAR [m 3 /m 2 h] 2.6 3.6 8.3 2.1 5.0 5.0 8.3 8.3 3.1 25.0 2.4 3.6 30.0 30.0 7.0 8.0 0.3 4.8 0.1 0.1 2.7 Lüftungseffizienz · Unter dem Begriff der Lüftungseffizienz wird ein Wert errechnet, der angibt,mit wieviel Aussenluft eine gute Luftqualität im Raum erreicht werden kann. · Zu beachten ist, dass eine Lüftung zum Ziel hat, die vom Menschen eingeatmete Luft möglichst ”frisch” (d.h. wenig CO2, Gerüche, Ozon, etc.) zu halten. Die Qualität der Aussenluft ist dabei von hoher Bedeutung. · Wenn in Zukunft die CO2-Konzentration der Atmosphäre höher ist als heute, muss dies Auswirkungen haben auf die notwendige Aussenluftrate Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 11 von 52 (Plattner et al. 2007) · Entscheidend für die Qualität einer Lüftungsanlage ist in erster Linie die Schadstofffracht (gCO2/m3 Abluft), die aus dem Raum pro m3 Abluft abgeführt werden kann. fAR · Bei einer Erhöhung der CO2-Konzentration der Aussenluft und einem Hygienewert der eingeatmeten Luft < 800 ppm ist es entscheidend, dass die Abluft eine möglichst hohe CO2-Fracht trägt. 4,5 5 4 · Die Zuluft soll möglichst «frisch» zur Nase des Menschen gelangen. 350 400 450 500 ppm Zuluft resp. Aussenluft Beispiel Einzelbüro: fAR normal = 4 m3/m2h, Annahme: eingeatmete Raumluft < 800 ppm Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 12 von 52 Schadstoffumwandlung Neben der Methode der Lufterneuerung zwecks Begrenzung der Schadstoffkonzentrationen stehen auch andere Methoden für spezielle Anwendungen zur Verfügung. · CO2-Bindung · in U-Booten wurde Ätzkali K2CO3 in Dosenform gebraucht · neue Tauchsysteme rezyklieren die Ausatmungsluft · Adsorption an aminbeschichteten Cellulosefasern · Oxidation/Ionisation von Geruchsstoffen etc. · Aktivkohlegranulate in Umluftbetriebabzugshauben · insbesondere bei Raucherzonen werden entsprechende Systeme eingebaut, um die zentralen Zu- und Abluftsysteme nicht infolge des erhöhten Luftwechsels aufrüsten zu müssen · Odorierung · ist hier im Sinne einer Zugabe von Duftstoffen gemeint · im technischen Sinne bedeutet Odorierung die Beimischung von Riechstoffen zu Betriebsgasen zwecks Sicherheitswarnung. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 13 von 52 Schadstoffe Massnahmen Chemikalien (Formaldehyd, PCB, etc.) Lufterneuerung anthropogene Schad- und Geruchsstoffe, Schimmelbildung infolge dichter Fenster Odorierung natürliche Oxidationsprodukte Oxidation von Geruchsstoffen Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 14 von 52 Rauminterne CO2 und H2O-Adsorption/Desorption · CO2- und H2O-Dampf-Moleküle können in spezielle Materialien adsorbiert oder absorbiert werden. Mit speziellen Aminen beschichtete Cellulosefasern (Adsorber) binden CO2 und Wasserdampf bis zu einem bestimmten Sättigungsgrad. Die eingelagerten Gase werden vom Adsorbenten wieder freigesetzt, wenn dieser auf 60-80°C erhitzt wird und wenn der Gesamtluftdruck (damit auch der Partialdruck für CO2 und Wasserdampf) reduziert wird. Die beiden Gase CO2 und H2O kommen im Desorptionsgas in weit höheren Konzentrationen vor (über 10%) als sie im Adsorptionsgas vorhanden waren. Mit einer intermittierend betriebenen Adsorptions-/Desorptionsanlage kann die im Raum produzierte CO2- und H2O-Fracht abgeführt werden, ohne dass Aussenluft als Verdünnungsmedium verwendet wird. · Solche Adsorptions/Desorptionssysteme können kombiniert werden z.B. mit Aktivkohle oder mit Ionisationsgeräten. · Die Entwicklung solcher „Umluftreiniger“ kann zu neuen Lüftungssystemen mit massiv reduzierten personenbezogenen Aussenluftraten führen. Dies ist vor allem in tropischen Gegenden von ausschlaggebender Bedeutung, weil dort mit der Aussenluft sehr viel unerwünschter Wasserdampf ins Gebäude gelangt. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 15 von 52 CO2 und H2O-Adsorption/Desorption Quelle: www.climeworks.com Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 16 von 52 Schadstoffvermischung durch Turbulenzen m Raum · Lüftungsanlagen sind raumintensiv und teuer sowie störend im Betrieb. Wenn es das Ziel ist, die Qualität der eingeatmeten Luft mit möglichst kleinem Aufwand zu gewährleisten, dann muss u.a. dafür gesorgt werden, dass im Raum eine kleine Turbulenz herrscht, die die rasche Durchmischung der Schadstoffe in den ganzen Raum begünstigt. · Von besonderer Bedeutung sind dabei elektrische Geräte mit hoher Leistung. Hohe Oberflächentemperaturen von Rechnern, Bildschirmen, Druckern etc. bewirken einen Aufluftstrom, der die Raumluft in Bewegung bringt. Die positiven Effekte der CO2-gesteuerten Abluftabsaugung werden dadurch partiell gemindert. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 17 von 52 Zu-/ Abluftführung · Obwohl das Problem des „Lüftens“ eigentlich ein Problem des Entfernens einer relativ kleinen Menge von Schadstoffen aus der Raumluft ist (ca. 15 l gasförmige Schadstoffe pro Stunde und Person aus einem Luftvolumen von 20‘000 bis 30‘000 Liter), legt die Systematik der Lüftung grossen Wert auf die Unterscheidung der Art der Zulufteinbringung, welche das Raumluftströmungsbild prägt. · Bei der Zuordnung von Zu- und Abluftführung gibt es fünf Möglichkeiten: · · · · · Fassade / Fassade natürlich Fassade / Fassade mechanisch Fassade / lateral Raum / Raum Luv-Lee-Fassade (natürlich/mechanisch) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 18 von 52 Fassade/Fassade natürlich Fassade/Fassade mechanisch Fassade lateral Raum/Raum Luv-Fassade --> Lee-Fassade Zu-/ Abluftführung, Fassade / Fassade · Der Luftaustausch findet statt über · geöffnete Fenster · dezentrale Lüftungsgeräte H · Die Fortluft strömt durch die gleiche Fassade aus wie die Aussenluft einströmt · Im Falle einer Fensterlüftung ist eine Raumdurchspülung gewährleistet, wenn die Raumtiefe T kleiner ist als das 2,5-fache der Raumhöhe H, d.h. bei einseitiger Lüftung : T ≤ 2,5 · H · Bei dezentralen Zu-/Abluftgeräten in der Fassade wird die Wärmerückgewinnung dezentral vorgenommen. · Zu beachten ist in diesem Fall die Luftführung im Raum und die Technologie im Gerät. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 19 von 52 T Zu-/ Abluftführung, Fassade / lateral · Bei dieser Anordnung wird die Abluft lateral abgesaugt und zu einem Abluftgerät im Gebäudeinneren geführt. · Die Wärmerückgewinnung bei dieser Art der Abluftabsaugung kann mit Hilfe einer AbluftWärmepumpe erreicht werden. Dabei gibt die Abluft ihre Wärme an eine Wärmepumpe ab, die z.B. einen Heizwasserspeicher aufheizt, der seinerseits den im dezentralen Lüftungsgerät installierten Wärmetauscher mit Heizwasser versorgt. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 20 von 52 Zu-/Abluftführung, Raum/Raum · Quelllüftung, Merkmale: Quelllüftung · Luftaustritt in den Raum über große Öffnungen im Bodenbereich (Gitter) · Infolge niedriger Geschwindigkeiten (ca. 0,2 m/s) keine Zugerscheinung und keine Geräusche · Zulufttemperatur gleich oder max. 3 K unter der Raumlufttemperatur · Frischluft schichtet sich somit im Bodenbereich des Raumes ein · Der Heizkörper «Mensch» lässt Frischluft aufsteigen und bringt eine Raumdurchströmung in Schwung · Die Abluftabsaugung kann unterschiedlich erfolgen Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 21 von 52 Anwendungsbeispiele: Werkstatt, Klassenraum, Foyer Zu-/Abluftführung, Raum/Raum · Verdrängungslüftung, Merkmale: · Luftein- und ausbringung erfolgt grossflächig · Luftströmung ist kolbenartig und turbulenzarm · Keime und/oder Staubpartikel werden wirksam abgeführt · Anwendung in Reinräumen (Halbleitertechnik, Raumfahrtechnik, Lebensmitteltechnik, Pharmaindustrie) und aseptischen Räumen (OP-Raum, Steril-Bereich, etc.) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 22 von 52 Anwendungsbeispiele: Sterilbereiche, OP-Raum, Chiplabor Zu-/Abluftführung, Raum/Raum · Mischlüftung, Merkmale: · Die Zuluft wird in der Regel aus dem Deckenbereich in die Aufenthaltszone geblasen. · Die Zuluft hat eine hohe Geschwindigkeit (bis zu 10 m/s) und eine grosse Temperaturdifferenz gegenüber der Raumluft (bis zu 8 K). · Aufgrund von Temperatur und Luftmenge kann die Mischlüftung hohe Kühllasten bewirken. Anwendungsbeispiele: Empfang, Einkaufshalle, Sporthalle Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 23 von 52 Zu-/Abluftführung, Luv-Lee-Fassadenlüftung · Dieses neue Lüftungskonzept arbeitet mit den Druckdifferenzen an den einzelnen Fassaden. Der Raumdruck im Gebäude liegt zwischen Luv-und LeeDruck. Er ist einstellbar durch Klappen in den Zu-und Fortluftgeräten und durch die Zuluftventilatoren in den Zuluftgeräten. · Die Abwärmerückgewinnung ist nur mit unverhältnismässig hohem Aufwand möglich. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 24 von 52 Luv Lee Zuluft-Auslässe · Die Lüftungsindustrie bietet eine riesige Zahl von Zuluft-Auslässen an, die je nach Lüftungsprinzip die Zuluft an den richtigen Ort führen sollen. · Ist ein hoher Impuls des Zuluftstrahls erwünscht (zur Induktion eines Sekundärluftstroms, zur Erreichung grosser Wurfweiten, etc.), ist eine hohe Geschwindigkeit am Austritt des Auslasses erforderlich. Dazu ist ein hoher Vordruck vor dem Auslass notwendig. Weitwurfdüsen runder Deckenauslass linearer Deckenauslass Bodenauslässe Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 25 von 52 · Beim Heizen und Kühlen von Räumen mit Luft ist die auf die Nutzfläche bezogene Heiz- bzw. Kühlleistung ein wichtiges Kriterium. . . Q = VL · ρL · cpL · (θABL - θZL) · Temperaturdifferenzen ausserhalb des Bereiches 2 K < Δθ < 8 K sollten für Dauerbetrieb vermieden werden. . Qc . dem Raum zu- bzw. abgeführter Wärmestrom [J/s] VL dem Raum zu- bzw. abgeführter Luftstrom ρL Luftdichte 1,23 [kg/(m3)] cpL spezifische Wärmekapazität [J/(kg·K)] θABL Ablufttemperatur [K] θZL Zulufttemperatur [K] nutzungsflächenbezogene Heiz-/Kühlleistung [W/m2] Heizen / Kühlen mittels Luft 16 14 = 7K 12 10 = 5K 8 6 = 3K 4 [m3/s] 2 0 0 1 2 3 4 5 6 7 nutzungsbezogene Raumluftwechselrate [m3/m2h] Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 26 von 52 Wärmerückgewinnung aus Abluft . · Q = VL · ρL · cpL · (θABL - θZL) Qc . . dem Raum zu- bzw. abgeführter Wärmestrom [J/s] VL dem Raum zu- bzw. abgeführter Luftstrom [m3/s] ρL Luftdichte 1,23 [kg/(m3)] cpL spezifische Wärmekapazität [J/(kg·K)] θABL Ablufttemperatur [K] θZL Zulufttemperatur [K] · Abluft von 22°C kann ihre Wärme direkt im Gegenstromprinzip oder indirekt über einen Zwischenkreislauf an die kalte Aussenluft abgeben. Der apparative Aufwand ist beträchtlich. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 27 von 52 spez. Wärmerückgewinnungslesitung [W/m2] . 50 45 40 = 17K 35 ABL 30 25 = 10K 20 FOL 15 10 ABL = 22°C 5 FOL = 5°C 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 nutzflächenbezogene 3 2 Aussenluftwechselrate [m /m h] Wärmerückgewinnung aus Abluft: Plattenwärmetauscher · Zuluft und Abluft sind durch Platten aus gut leitendem Material getrennt.Die Luftströme werden zwischen den Platten mit geringem Abstand hindurchgeführt, wobei die Wärme durch die Platten übertragen wird. Feuchtigkeit und Schadstoffe werden zwischen den Luftkanälen nicht ausgetauscht. Aussenluft Fortluft Abluft Zuluft · Verschiedene Bauarten von Plattenwärmetauschern mit unterschiedlichen Rückwärmezahlen ΦAL sind auf dem Markt. ΦAL = 45% - 75% ΦAL = (θZL - θAL)/(θABL - θAL) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 28 von 52 Wärmerückgewinnung aus Abluft: Rotationswärmetauscher · Der Rotationswärmetauscher ist ein langsam rotierender Speicher aus wabenförmigen Kammern. Die Kammern des Wärmespeichers durchwandern abwechselnd den Zuluft- und Abluftkanal. Der aus Aluminium, Keramik oder Kunststoff bestehende Speicher nimmt im wärmeren Kanal Wärme auf und gibt sie im kälteren Kanal wieder ab. Rotationswärmetauscher werden wahlweise mit Feuchtigkeitsübertragung angeboten. Hierbei besteht die Gefahr, das Gerüche mit übertragen werden. · Rotationswärmetauscher weisen grosse Abmessungen auf (950 - 5500 mm ∅). · Rückwärmzahl: ΦAL = 65% - 80% ΦAL = (θZL - θAL)/(θABL - θAL) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 29 von 52 Fortluft Aussenluft Abluft Zuluft Wärmerückgewinnung aus Abluft: Kreislaufverbundenes System · Beim Kreislaufverbundwärmetauscher wird die Wärme zwischen zwei Luftkanälen durch einen Wasserkreislauf übertragen. Ein Vorteil ist, dass die Kanäle nicht beieinander liegen müssen. Fortluft · Rückwärmzahl: Abluft ΦAL = 45% - 75% ΦAL = (θZL - θAL)/(θABL - θAL) Aussenluft Zuluft Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 30 von 52 Wärmerückgewinnung aus Abluft: Fortluftkühlung mit Wärmepumpe · Am Wasserkreislauf des kreislaufverbundenen Systems kann eine Wärmepumpe angeschlossen werden, welche die Fortluft unterkühlt (Temperatursenkung). Die Wärmepumpe leistet einen Beitrag zur Raumheizung. Fortluft Wärmeverbraucher Abluft · Wird die Fortluft unter die Aussenlufttemperatur gekühlt (interessant bei Aussentemperaturen > ca. 6°C), so ergibt sich aus dem System eine Kombination einer Wärmerückgewinnung mit Aussenluftwärmepumpe. Wärmepumpe Aussenluft Zuluft Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 31 von 52 Luftförderung in Rohren und Kanälen · Sobald eine bestimmte Menge an Luft mit einer Qualität 1 durch einen Raum mit der Raumluftqualität 2 geführt werden soll, ist ein Transportkanal erforderlich. Ohne die Begrenzung des Kanals würden sich die Zustände 1 und 2 sehr rasch angleichen infolge der unterschiedlichen Partialdrücke (Gesetz von Dalton). · Der Transport eines gasförmigen oder flüssigen Mediums durch einen Kanal mit dem Querschnitt A erfordert eine Kraft mit der z.B. die Kraft der Rohrreibung überwunden werden muss. Die Kraft ermöglicht die Aufrechterhaltung eines Volumenstroms mit der Geschwindigkeit w [m/s] in einem Kanal mit dem Querschnitt A [m2]. · Gemäss dem Satz von Bernoulli verhalten sich der Druckabfall und die Geschwindigkeit im Kanal nicht proportional sondern in der 2. Potenz zueinander. p + ρ/2 · w2 = konstant Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 32 von 52 v w p2 p1 (p1-p2) = ξ ·ρ/2 ·w 2 w=V/A . A V Volumenstrom [m3/s] p Druckabfall [Pa] ρ Dichte [kg/(m3)] ξ Widerstandsbeiwert [ ] Druckverluste im Luftkanalnetz Δp = ξ·ρ/2 ·w2 . w2 = V2 / A2 ξ = λ · L / dh (für gerade Leitungen) . Δp = λ · L / dh ·ρ · V2 /(2 · Α2) . = λ · L · 8 · ρ · V2/(π2 · dh 5) .2 Δp ∼ V prop. zum Quadrat des Volumenstroms Δp ∼ (1/dh5) reziprok prop. zum hydraulischen Durchmesser in 5. Potenz Der Teil (λ · L / dh) entspricht dem Widerstandsbeiwert ξ (Xi). Bei Umlenkungen, Formstücken etc. ist für diesen der sog. Zeta-Wert (ζ oder z) aus Tabellen oder Diagrammen zu entnehmen. Δp . Druckdifferenz [Pa] V Volumenstrom [m3/s] ρ Dichte der Luft [kg/m3] λ Reibungszahl [ ] dh hydraulischer Durchmesser [m] * L Kanallänge [m] A Leitungsquerschnittsfläche [m2] w Geschwindigkeit [m/s] *für kreisförmige Querschnitte gilt dh=d, sonst dh = 4·A/U Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 33 von 52 Berechnung des Druckverlustes im Luftkanalnetz · In der Regel werden mehrere Lüftungszonen mit parallelen Teilkanalnetzen an einen Ventilator angeschlossen. Jedes Teilkanalnetz besteht aus seriell und z. T. parallel geschalteten Kanalelementen unterschiedlicher Länge und Form. Die Luftmenge ändert sich entlang der Kanalstrecke. · Mit Hilfe eines Rohrnetzberechnungsprogrammes ermittelt der Lüftungsingenieur den Gesamtdruckverlust bei der Auslegungsluftmenge. · Als Basisgleichung eines Kanalelementes dient die Formel: Δp = ξ · ρ · w2 / 2 . . w = V/(3600•A) (falls V in [m3/h]) · Die Teildruckverluste werden nach den Regeln der seriellen und parallelen Schaltungen aufaddiert. Δp . Druckverlust [Pa] V Volumenstrom [m3/s] ρ Dichte der Luft [kg/m3] A Leitungsquerschnittsfläche [m2] w Geschwindigkeit [m/s] Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 34 von 52 3600 7200 3600 580 580 620 620 580 580 620 620 580 580 620 620 3600 1200 2400 1200 1200 Gleichzeitigkeit im Luftkanalnetz · Die Luftmenge im Raum muss der maximalen Nutzung des Raumes angepasst sein. 2700 · Mit dem Gleichzeitigkeitsfaktor berücksichtigt man, dass i.d.R. nicht alle Räume gleichzeitig die maximale Nutzung aufweisen. (Ein Mensch ist entweder am Arbeitsplatz oder im Sitzungszimmer, jedoch nie an beiden Orten gleichzeitig.) Gleichzeitigkeitsfaktoren < 1 führen zu kleineren Installationen oder zu kleineren Druckverlusten bei gleich grosser Installation. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 35 von 52 5400 2700 580 580 620 620 580 580 620 620 580 580 620 620 2700 1000 1800 1000 1000 Dimensionierung von Luftkanälen · Die präzise Dimensionierung des Kanalnetzes ist schwierig und aufwändig. Zu berücksichtigen sind die zu fördernden Luftmengen, die Kanalquerschnitte, die im Gebäude toleriert werden, die Schallentwicklung des Ventilators (in Abhängigkeit der Querschnitte, d.h. der Geschwindigkeit), die Regulierbarkeit, etc · In einer frühen Projektphase genügt es meist, die wesentlichen Querschnitte an kritischen Stellen zu berechnen. Dabei rechnet man mit Strömungsgeschwindigkeiten, die aus der Erfahrung zu tolerierbaren Systemen führen. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 36 von 52 Richtwerte Luftgeschwindigkeiten in Kanälen: - bis 1 000 m3 /h 3 m/s - bis 2 000 m3 /h 4 m/s - bis 4 000 m3 /h 5 m/s - bis 10 000 m3 /h 6 m/s - > 10 000 m3 /h 7 m/s Quelle: Clima-Suisse · In einem sehr frühen Stadium des Entwurfs müssen an kritischen Stellen Grobdimensionierungen vorgenommen werden, um die architektonischen Auswirkungen einer Leitungsführung zu überprüfen. A Grobdimensionierung von Luftkanälen · Kritisch in diesem Beispiel ist der Durchmesser des Etagenanschlusses. Der Durchmesser bestimmt die lichte Höhe des Korridors ∅d ABL 4 m3 / m2h Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 37 von 52 Beispiel Abluftkanal ∅d · Beispiel Abluftkanal: 1. Berechnung der belüfteten Fläche 2. Festlegung der spez. Abluftrate A = 155 m2 VfAR = 4 m3/m2 h VfAR = 4 • 155 3. Berechnung der Abluftmenge = 620 m3/h der Zone 4. Bestimmung der max. Luftgeschwindigkeit im Kanal vor dem ersten Absaugpunk w = 3 m/s 5. Berechnung des Kanalquerschnitts A = VABL /(3600 • w) = 0.057 m2 6. Berechnung des äquivalenten d = 2 • √(A/π) Rohrdurchmessers = 0.269 m Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 38 von 52 Schnitt A Ventilatoren · Die Luft in einem Kanal wird nur dann gefördert, wenn an irgendeinem Ort eine Kraft erzeugt wird, die den Reibungskräften entgegenwirkt. In Lüftungsanlagen ist der Ventilator die Maschine, die aus der eingebrachten Kraft einen Überdruck (bei Zuluftsträngen) oder einen Unterdruck (bei Abluftsträngen) im Kanalquerschnitt vor oder nach dem Ventilator erzeugt in Bezug auf den Raum, der be- oder entlüftet werden soll. Diese erzeugte Druckdifferenz ist gleich gross wie die Druckdifferenz, die sich im Kanalnetz ergibt, wenn die Luft mit der gewünschten Geschwindigkeit strömt. · Ventilatoren sind zwar einfache und sehr robuste und wartungsarme Maschinen, verbrauchen aber relativ viel Antriebsenergie und erzeugen Schallwellen, die sich im Kanalnetz ausbreiten. Deshalb ist die Auslegung eines Lüftungssystems nicht trivial und die Qualität von grosser Bedeutung. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 39 von 52 Grobdimensionierung von Ventilatoren . Pel= ΔpGesamt • V/η : Leistung 1 · Resultat aus der Kanalnetzberechnung (Beispiel): . ∆pΝeτz= 750 Pa bei V = 7200 m3/h · Der Druckverlust des Lüftungsgerätes ∆pGerät (Filter, Wärmetauscher, Wettergitter, Schalldämpfer, etc.) und der maximale Gegendruck ∆pA werden dazu addiert: ∆pGesamt = ∆pNetz + ∆pGerät + ∆pΑ · Der Lüftungsingenieur wählt den geeigneten Ventilator im optimalen Betriebspunkt und bestimmt dessen elektrische Leistungsaufnahme (Pel). Δp . Druckdifferenz [Pa] V Volumenstrom [m3/s] Pel Elektrische Leistung [W] η Ventilatorwirkungsgrad [ ] Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 40 von 52 3 Volumenstrom [m3/h] [Pa] 2 Abrissgebiet Druckverlust · Ventilatoren werden in Herstellerangaben mit den sog. Ventilatorenkennlinien beschrieben. Druckverlust [Pa] 1 2 n1 n2 3 n3 Pel [kW] Historische Entwicklung der mechanischen Lüftung · In den 1920-30er Jahren waren in Europa erstmals Gebäude mit grossen zentralen Zuluftventilatoren ausgerüstet, die Luft durch ein Kanalsystem in die Räume einbliesen. Die Abluft strömte über mit Handzügen betätigte Abluftöffnungen oben im Gebäude aus. · Ab 1940 wurden zusätzliche Abluftkanalsysteme mit grossen Abluftventilatoren auf dem Dach gebaut. · In den USA wurden ab 1940 die Hochhäuser mit Lüftungsanlagen geheizt und gekühlt. Da die Fassaden schlecht gedämmt waren, musste das umgewälzte Luftvolumen deutlich grösser sein, als das für die Hygiene notwendige Volumen. Man führte das Umluftsystem ein. Die Lüftungs- bzw. Klimazentrale wurde Stand der Technik. In Hochhäusern wurden z.T. alle 15 Geschosse eine doppelgeschossige Klimaetage eingebaut. Die Ventilatoren waren so stark, dass sie aus dem LEE ansaugen und/oder ins LUV ausblasen konnten. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 41 von 52 Klimageschoss · Ab 1960 wurden v.a. in der Schweiz (Firma Luwa, Sulzer) KLIKO-Anlagen realisiert. Vor der Fensterbrüstung wurden Klimakonvektoren montiert, die sowohl an eine HochdruckZuluftanlage wie auch an das Heiz/Kühlsystem mit Wasser angeschlossen waren. Die Zuluft wurde mit relativ grossem Überdruck (von über 200 Pa) durch einen Düsenstock gepresst und auf hohe Geschwindigkeit beschleunigt. Durch den Strahl wurde ein Unterdruckgebiet erzeugt, welches Raumluft ansaugte. Die Mischluft wurde durch die Wärmetauscher in den Klikogeräten geführt. Dadurch wurde ein Umluftbetrieb im Raum induziert. Die grossen und druckstarken Ventilatoren waren zentral angeordnet und mit grossen Schalldämpfern ausgerüstet. Der Druck betrug bis 2000 Pa. · Ab 1975 wurden nach und nach alle Umluftanlagen ersetzt oder saniert. Es wurden Wärmetauscher zwischen Zu- und Abluft eingebaut. Die Energiefrage machte die Wärmerückgewinnung zum Muss. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 42 von 52 KLIKO-Anlage · Ab 1990 explodierte die Nachfrage nach kleinen Axiallüftern zur Kühlung von Computern. Zur Anwendung kamen Gleichstrommotoren mit guten Wirkungsgrad bei kleinen Leistungen. Ab 2000 wurden Kleinventilatoren mit magnetgelagerten Achsen angeboten. Die Lebensdauer dieser Lüfter stieg auf über 100 000 Stunden (30 Jahre Betriebszeit). Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 43 von 52 · Ab 2005 erschienen erste dezentrale Zuluftgeräte, die die Aussenluft durch Öffnungen in die Fassade ansaugten. Sie wurden kombiniert mit zentralen Abluftanlagen (Haus Amstein + Walthert, IUCN Gland, etc.) mit Wärmerückgewinnung. Andere Konzepte führen die Abluft pro Raum an ein dezentrales Lüftungsgerät zurück um die Wärme der Abluft an die Aussenluft zu übertragen. · Zusammengefasst kann man sagen, dass die Entwicklung der Lüftungsinstallationen anfangs geprägt war durch den Stand der Technik beim Bau von Ventilatoren, später durch die Anforderung an die Wärmerückgewinnung aus der Abluft. Erst ab 2013 sind neue Konzepte möglich. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 44 von 52 LowEx-Lüftungssysteme ohne WRG aus der Abluft · Das Ziel der lowEx-Lüftung ist es, die Luftqualität und die thermische Behaglichkeit im Raum mit möglichst kleinem Aufwand an hochwertiger Energie (Exergie) zu gewährleisten, die Schallentwicklung tief zu halten, und den Raumanspruch in den Nutzgeschossen und den speziellen Technikräumen zu minimieren. · Low Ex bedeutet, dass wenig hochwertige Energie zur Erfüllung einer Aufgabe eingesetzt wird. Es bedeutet nicht à priori, dass wenig Gesamtenergie verbraucht wird. Der Exergieanteil der Abluft hängt ab von der Zulufttemperatur (der Referenztemperatur T2 gemäss 2. Hauptsatz der Thermodynamik) und vom energetischen Wirkungsgrad des Wärmetauschers. Der Exergieanteil ist hoch bei Temperaturen unter 0°C. Diese Bedingungen kommen aber während max. 800 Stunden im Jahr vor. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 45 von 52 · Das neu entwickelte System Sol2ergie (Energie solaire avec stockage au sol) zeichnet sich dadurch aus, dass das Heizungssystem des Gebäudes an eine Wärmequelle gekoppelt ist, die jederzeit und mit ausreichender Leistung Wärme mit einer Temperatur höher als 15°C zur Verfügung steht. Diese Wärme konkurriert die Wärme in der Abluft. · Die Wärme aus dem Erdspeicher wird mit dem Wärmeträgermedium Wasser zur Wärmepumpe geführt. Der Volumenstrom ist dank der grossen Dichte und der hohen Wärmespeicherkapazität von Wasser klein im Verhältnis zu Luft. Die Installationen für die Erdwärmesonden und die Wärmepumpe sind ohnehin realisiert für die Kompensationswärme der Transmissionsverluste und des Warmwassers. · Das Heizsystem kann einfach und günstig erweitert werden, um auch die Wärmeverluste zu decken, die mit der Abfuhr ohne WRG verbunden sind. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 46 von 52 · Zur Erwärmung von 30m3 Zuluft pro Person und Stunde von -10°C auf 20°C sind 250 W Wärmeleistung notwendig. Bei einem COP von 10 der Wärmepumpe müssen somit 225 W Leistung aus dem Erdreich bezogen werden. Dazu sind 4,5 Meter Erdsonde notwendig. · Die Grenzkosten dieser Zusatzinstallation im Gebäude sind deutlich tiefer als die Kosten für die Installationen, die für die Installationen der Wärmerückgewinnung notwendig sind. · Zum Betrieb der Wärmepumpe müssen 25 Watt/ Person Strom zur Verfügung stehen. Um diesen Leistungsbezug während 10 Stunden pro Tag zu decken müssen an geeigneten sonnigen oder windreichen Standorten Installationen mit einer Leistung von 50-75 Wattpeak installiert sein. Bei spezifischen Kosten von ca. 3 CHF/Watt sind die ZESI relativ klein. (ZESI: Zero Emission Supply Investments) Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 47 von 52 V Zuluft = 30 m3/h = 8,3 · 10 -3 m3/s ΔT = 30 K ρLuft = 1kg/m3 cp = 0,25 kJ/s Q Zuluft = 1 kJ/kgK COPWP = 10 Q Erdreich = 225 W P*Sonde = 50 W/m LSonde = 4,5 m · Die Entwicklung des Systems Sol2ergie ist die Voraussetzung dafür, dass das Lüftungssystem ohne Wärmerückgewinnung aus der Abluft betrieben werden kann. · Die zweite technische Voraussetzung zur völligen Neukonzipierung von Lüftungssystemen sind sehr zuverlässige Kleinventilatoren und andere elektronische Antriebe. Dies ist ab 2010 der Fall. Dank diesen neuen Gegebenheiten kann man erstmals ein sehr einfaches und qualitativ hochwertiges Lüftungs-/Klimasystem realisieren. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 48 von 52 Luv - Lee - Lüftung · Ein Gebäude im Wind bewirkt auf der windzugewandten Fassade (Luv-Fassade) die Ausbildung einer Überdruckzone. Das dichte Gebäude wird umströmt. Werden auf beiden Fassaden die Fenster geöffnet entsteht eine Querlüftung durch das Haus. · Bei Temperaturen unterhalb 15°C, oberhalb 25°C, bei Regen, bei Windgeschwindigkeiten ab 1 m/s, etc. ist die Querlüftung über Fenster und auch die einseitige Fensterlüftung ungeeignet. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 49 von 52 · Die neue Luv -Lee - Lüftung arbeite mit der Druckdifferenz am Gebäude mit kontrollierter Querlüftung. · Die Öffnungen in der Fassade können sowohl Zu- wie auch Abluftöffnungen sein. Und sie sind verstellbar (auf/zu). Je nach Windrichtung sind sie intern mittels einer sehr einfachen Umschaltung entweder an das vermaschte Zuluftkanal- oder das vermaschte Abluftkanalsystem gekoppelt. Zwischen der Umschalteinrichtung und dem Zuluftkanalsystem ist eine aktive Airbox installiert, die die Aussenluft filtert, erwärmt oder kühlt und wenn nötig fördert (Druckerhöhung max. 20 pa). Die beiden vermaschten Luftkanalsysteme sind der Decke einbetoniert zwischen oberer und unterer Armierung. Kanalnetz Abluft Kanalnetz Zuluft Luv Lee Kanalnetz unter Windeinwirkung Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 50 von 52 · Unterhalb einer Windgeschwindigkeit von 1 - 1,5 m/s (20-25 Pascal Differenzdruck Luv - Lee) reichen die natürlichen Druckunterschiede nicht aus, um die Luft durch die beiden Kanalsysteme mit ihren Widerständen zu fördern. Die in den Zuluftairboxen installierten Kleinventilatoren übernehmen diese Aufgabe. Die Abluft wird durch den so erzeugten Überdruck im Gebäude durch das Abluftkanalsystem ausgepresst. · Ab Windgeschwindigkeit 2 m/s reicht der natürliche Differenzdruck aus. Die Ventilatoren werden dann stromlos betrieben und drehen mit. Ab 3-4 m/s werden einzelne Zuluftöffnungen und/oder Abluftöffnungen geschlossen. · Die Fenster ober- bzw. unterhalb der Öffnungen können jederzeit und individuell geöffnet werden. Das kontrollierte System wird dadurch nicht unzulässig gestört. · Das neue Luv - Lee - Lüftungskonzept ist geeignet für Räume mit einer Personendichte bis zu 0,3-0,4 P/m2. Bei höheren Dichten wird der erforderliche Strömungsquerschnitt zu gross, um in der Decke integriert werden zu können. Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 51 von 52 © Prof. H.-J. Leibundgut Professur für Gebäudetechnik September 2012 Chair of Building Systems / Prof. Hansjürg Leibundgut Institute of Technology in Architecture / Faculty of Architecture / ETH Zurich Vorlesung: Installationen der Lüftung / 52 von 52