E-Book - Dülmener Heimatblätter

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E-Book - Dülmener Heimatblätter
Heimatverein Dülmen e. V.
Heft 2, Jahrgang 59, 2012
Heft 2, Jahrgang 59, 2012
Vor hundert Jahren wurde die Pfarrkirche St. Agatha in Rorup durch einen zeitgenössischen Anbau
erweitert.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Dietmar Rabich
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Erwerb des Schießplatzes in Visbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Betrieb und Mängel des Schießplatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schließung des Schießplatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Schießplatz Visbeck heute. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Luca Domnick
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland in der frühen Nachkriegszeit (1945 – ca. 1955) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Dülmen in der frühen Nachkriegszeit (1945 – ca. 1955) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fallbeispiel: Franz Bielefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Antwort auf die Leitfrage – Aufarbeitung oder Verdrängung der Geschichte . .
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Paul Gödde
Niejaorsgebäd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Markus Trautmann
Altäre und Reliquien in St. Viktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ein Reliquienfund von 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Altar von 1488 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Altar von 1862 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zweites Vatikanisches Konzil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erik Potthoff
Domänenrat-Kreuz-Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Stefan Sudmann
Aus dem Magistrat mitgeteilt: Polizeidiener Ludwig B. entlassen . . . . . . . . . . . . . . . 46
Stefan Sudmann
Licht ins Dorf – Zur Straßenbeleuchtung in den Dörfern des Dülmener Umlands
nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hiddingsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Buldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rorup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Amt Dülmen: Hausdülmen und Merfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nach der Kommunalen Neugliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erik Potthoff
Dank, wem Dank gebührt! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Stefan Sudmann
Neues aus dem Stadtarchiv: Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Wolfgang Werp
Neuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Autoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Zuschriften und Manuskripte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Dietmar Rabich
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
Im 19. Jahrhundert betrieb die Gussstahlfabrik Friedrich Krupp aus Essen in Visbeck einen
Schieß- und Versuchsplatz, dessen Überreste heute noch zu sehen sind, wenn man den
Weg auf die Kapelle zu entlang geht oder fährt. Die Geschichte des Schießplatzes soll
hier erklärt werden. Um die Thematik besser zu verstehen, sei zunächst die Zeit erläutert,
in der der Schießplatz entstand und betrieben wurde. Der letzte der Einigungskriege, der
Deutsch-Französische Krieg 1870/71, war gerade beendet und damit das Deutsche Reich
unter der Führung des preußischen Königs Wilhelm I. entstanden. Die Industrialisierung
schritt voran, der Ausbau der Eisenbahn erreichte 18701 Dülmen. Die Zeit war geprägt
von der Euphorie über den industriellen Fortschritt, aber auch vom Militarismus in der
Gesellschaft.
Vorgeschichte
Friedrich Krupp gründete 1811 in Essen eine Gussstahlfabrik. Nach seinem frühen Tod 1826 brach sein Sohn
Alfred (eigentlich Alfried) die Schule ab und übernahm
die Firmenleitung. Seit 1830 ging es mit der Fabrik im
Zuge des Eisenbahnausbaus und des hohen Stahlbedarfs
aufwärts. Alfred kümmerte sich um seine Arbeiter und
führte u. a. eine Krankenversicherung ein, verlangte dafür aber Loyalität und Identifikation mit der Firma. Mehr
als ein Hobby war die Herstellung von Waffen, 1843
schmiedete Krupp in Handarbeit den ersten Gewehrlauf. Der Versuch, Schusswaffen aus Stahl zu verkaufen,
scheiterte jedoch, da die Militärs noch immer auf Bronze vertrauten. Das Bild des spröden Gusseisens sorgte
für Misstrauen gegenüber Stahl. 1847 folgte die erste
Gussstahlkanone, die an das preußische Kriegsministerium gegeben wurde, welches diese aber erst zwei
Jahre später testete. Trotz positiver Ergebnisse wurden
keine Kanonen bestellt. Erst 1860 kaufte Preußen die
ersten Kanonen, auch andere europäische Länder mit
Ausnahme Frankreichs wurden beliefert. In den Eini-
Alfred Krupp (1812 – 1887)
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Dietmar Rabich
gungskriegen zeigten die Krupp’schen Stahlkanonen ihre Überlegenheit, sie hatten die
doppelte Reichweite der französischen Bronzekanonen. Das Interesse stieg erheblich, die
Weiterentwicklung und damit die Bedeutung der Gussstahlfabrik als Waffenschmiede
schritt im großen Maße voran. Letztlich fehlte es an Möglichkeiten, die Waffen zu testen.
Der Essener Schießstand war viel zu klein.
So ging man auf die Suche nach einem geeigneten Schießplatz für ballistische und
Trefffähigkeitsversuche für Rohre unterschiedlicher Durchmesser. Alfred Krupp schrieb
am 15. Juli 1872 eine Randbemerkung in den Immediatbericht2 an den Kaiser vom
24. April 1871: Endlich wünsche ich zur Etablierung meiner ausreichenden Versuchsstätte
für alle Kaliber von Geschützen, welche bis jetzt nirgendwo besteht, die vermittelnde
Auskunft einer Behörde betreffend geeignetes Terrain in der Absicht, solches ebenes,
unkultiviertes Terrain zu kaufen in der Länge von 2 Meilen (ca. 15 Kilometer)3 und Breite
von 1 Meile und alle Werkstätten, Kasematten4 und Verrichtungen auf eigene Kosten
zu errichten. Alles zum Dienst der Wissenschaft und jederzeit bereit zum Dienste der
vaterländischen Kriegs- und Marinebehörden, weshalb vorzugsweise auch in Preußen
diese Errichtung wünschenswert sein würde. Er bezieht sich hier auf einen Brief an
Feldmarschall Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke vom 13. April 1871, in dem er die
Absicht bekundet, eine Versuchsstation für Geschütze aller Gattungen zu errichten.
Moltke verwechselt diesen Wunsch jedoch mit einem Artillerie-Schießplatz, welcher
eine andere Funktion hat. So verweist er an den Kriegsminister Albrecht Theodor Emil
Graf von Roon. Die Einrichtung eines so großen Schießplatzes durch einen Privatmann
war ein völlig neuer Gedanke, den es bisher nicht gegeben hatte. Moltke informiert auch
General Konstantin Bernhard von Voigts-Rhetz. Krupp schreibt am 17. Mai 1871 an VoigtsRhetz: Niemand kennt aus der Praxis die Wirkung großer Geschütze und das Verhalten
des Projektils . . . und was man bis jetzt an Geschützen gebraucht hat, ist Kinderspielzeug
im Vergleich zu den Geschützen, die noch niemals über die Grenze gegangen, noch nie
im Ernst auf die Probe gestellt sind. . . . Alle befreundeten Staaten sollen von unserem
Produkt haben, nur die Franzosen nicht. Krupp fand jedoch weder bei Moltke noch bei
Voigts-Rhetz Unterstützung.
Nach erfolgloser Suche nach einem geeigneten Platz wendet sich Krupp am 8. Februar
1872 an den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen Friedrich Christian Hubert (von) Kühlwetter in Münster: Mir scheint, die Gegend von Münster ist unsere letzte Hoffnung, wenn
wir nicht nach Rußland damit gehen wollen . . . Sollen wir aber unseren Maßstab für die
Größe des Terrains verkleinern müssen (welches bedauerliche Notwendigkeit sein würde),
dann werden wir, statt weiter zu gehen, jedenfalls das allernächstgelegene preiswürdige
Terrain aquirieren, denn die nahe Verbindung ist wichtig und die Eisenbahnverbindung
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
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eine unerläßliche Bedingung.
Erwerb des Schießplatzes in Visbeck
Domänenrat Prosper Landschütz in Recklinghausen macht Alfred Krupp in einem Brief
vom 2. Juni 1872 auf das Gelände bei Dülmen aufmerksam. Im Schriftverkehr zwischen Krupp und seinem Agenten Grund-Erwerbs-Commissar und Rechtsanwalt Heinrich
Glasmacher in Münster wird Anfang 1873 erwähnt, dass man sich in mündlichen Verhandlungen zwischen Alfred Krupp, Agent Glasmacher und dem Chef der Kanonenwerkstätten
Oskar Emil Richter über die Wahl des Geländes östlich der Eisenbahn Essen – Wanne –
Haltern – Münster, nördlich der Lippe, westlich von Lüdinghausen und der dort von Nord
nach Süd fließenden Stever, bei dem Gute Visbeck im Norden beginnend geeinigt hat.
Vorher gab es keine schriftlichen Notizen.
In dieser Zeit wurden mehrere Bauernhöfe aufgekauft und Gebäude abgerissen, sofern
sie innerhalb des Schussfelds lagen. Weitere Ländereien, Forste und Wiesen wurden gepachtet, in der Regel für 50 Jahre. Der so genannte Nullpunkt liegt in der Nähe des dem
Grafen von Droste-Vischering gehörenden Gutes Visbeck. Die Südwestgrenze lag 6240
Meter vom Nullpunkt entfernt, auf den ersten 1000 Metern hatte das Schießplatzgelände
eine Breite von 1000 Metern, danach bis zum Ende 1600 Meter. Das Schussfeld selbst
hatte eine Breite von erst 150 Metern, dann 200 Metern. Der restliche Bereich galt als Sicherheitszone gegen Sprengstücke. Die Südwestgrenze bildeten die höheren Borkenberge
und der Fischberg5 , von denen angenommen wurde, dass sie einen natürlichen Kugelfang
bildeten. Die Schussrichtung war von Nordost nach Südwest. Die Stever floss durch den
Schießplatz, 150 Meter vor dem Geschützstand lag der Mühlbach und bei 1700 Metern
ein weiterer Bach. Zusätzlich kreuzten mehrere öffentliche Wege den Platz. Der Platz war
somit kleiner als benötigt und dank der Rahmenbedingungen alles andere als ideal.
Anfang März 1873 waren die Verhandlungen soweit abgeschlossen, dass mit den
baulichen Einrichtungen begonnen werden konnte. Zunächst wurde der Geschützstand
mit Bettungen für Küsten- und Schiffsgeschütze 125 Meter westlich des Mühlteiches vom
Gutshof Visbeck hergerichtet. Über dem Stand errichtete man ein Laufkrangerüst. Ferner
wurden ein Pulvermagazin und ein Laboratorium mit Umwallung zwischen Gutshof und
Geschützstand gebaut. Neben dem Eingang zur Umwallung wurden ein Munitionsschuppen sowie westlich daran ein Lafettenschuppen6 errichtet. Hinter den Gebäuden verlief ein
Weg, der von der 100 Meter entfernten Chaussee Dülmen – Seppenrade abzweigte. Sowohl
Weg als auch Chaussee dienten dem Transport von Geschützen und Schießbedarf vom
Dietmar Rabich
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Lage des Schießplatzes
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
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Gebäudeplan
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Dietmar Rabich
rund 6 Kilometer entfernten Bahnhof Dülmen. Zudem stand rückseitig der Bettungen ein
Observatorium7 und am Weg eine Speiseanstalt – Menage – für die Bedienmannschaft.
Auf die Anschüttungen der Kugelfänge in bis zu 3000 Metern Entfernung verzichtete
man vorerst, um das zwanglose Fortschreiten der noch nötigen Verhandlungen wegen
des Ankaufs und der Erpachtung weiterer Geländestücke nicht durch das Hochtreiben
der Preisforderungen zu stören. Am 3. Februar 1873 stimmten sowohl der Amtmann
der Gemeinde Dülmen Meyer als auch der Amtmann des Amtes Lüdinghausen-Nord
Hülskötter ersten Schießproben zu. Nach einer ersten wahrscheinlich eher inoffiziellen
Schießprobe am 27. März 1873, für die sich in den Schießlisten kein Beleg findet, nahm
am 6. Juli 1873 der Schießplatz unter Leitung des Militäringenieurs Martin Prehn, der
vorher als Feuerwerksleutnant bei der Artillerieprüfungskommission tätig war, den Betrieb
auf. Am 3. August 1873 wurde Krupp die polizeiliche Genehmigung zur Eröffnung des bei
Visbeck angelegten Kanonen-Schießstandes unter dem Vorbehalt der Integrität der durch
die Anlage berührten Privatrechte und mit der Beschränkung erteilt, daß der Polizeibehörde im Interesse des Publikums und des Gemeinwohles eine Abänderung der getroffenen
Vorsichts- und Sicherheitsmaßregeln ohne Begründung eines Entschädigungsanspruches
für den Herrn Krupp vorbehalten bleibt. Die zuständigen Ämter in Dülmen, Haltern und
Lüdinghausen-Land erteilten am 22. August 1873 die offizielle Erlaubnis. Der später
auch Kanonenkönig genannte Krupp war der erste Privatmann, der einen eigenen, großen
Schießplatz besaß!
Zu den Vorsichts- und Sicherheitsmaßregeln gehörte eine Beschreibung der optischen
und akustischen Warnsignale wie Signalmasten mit beweglichen Armen sowie Hornsignale
und Zurufe. Die den Schießplatz querenden Wege wurden mit Barrieren gesperrt und
durch Personal bewacht.
Im Jahr danach, am 18. August 1874 berichtet der Agent Glasmacher an die Firma
über die Grundbesitzverhältnisse. Die Länge des Geländes beträgt von der Dülmener
Chaussee hinter dem Gut Visbeck bis zum Fischberg bei Haltern 6540 Meter. Die Breite
betrug bis zu einer Länge von 1200 Meter 1200 Meter, danach 2000 Meter. Der Anteil der
gepachteten Flächen betrug 4489 Morgen8 (1132 Hektar). Nachträglich wurden von der
Stadt Haltern und bäuerlichen Besitzern 317 Morgen (81 Hektar) zur Verlängerung der
Schusslinie gepachtet. 308 Morgen (87 Hektar) wurden gekauft und weitere 200 Morgen
wären wünschenswert, dazu 3 oder 4 kleinere Gehöfte nebst 100 Morgen Land. Das
Schießplatzgelände betrug folglich 1291 Hektar.
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
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Schiessplatz mit Krananlage
Betrieb und Mängel des Schießplatzes
Sowohl der Amtmann von Lüdinghausen als auch der Amtmann von Dülmen erteilten
am 3. Februar 1873 die Erlaubnis für Schießproben, der Dülmener Amtmann sogar
zeitlich unbeschränkt. Ob daraufhin tatsächlich geschossen wurde, ist nicht klar. Ein erstes
Versuchsschießen fand am 27. März 18739 statt. Weitere Versuche – auch vor der offiziellen
Erlaubnis und Eröffnung am 3. August 1873 – sind in den Schießlisten dokumentiert, so
zum Beispiel am 29. April 1873 auf 3700 Meter Entfernung.
Die Entscheidung im Januar 1874, das Feldheer mit den neuartigen Stahlgeschützen
auszurüsten, gab der Herstellung und damit auch der Weiterentwicklung und Erprobung
weiteren Auftrieb. Im Juni 1875 schloss die Ausrüstung des Feldheeres erst einmal ab.
Krupp ist sich der Besonderheit und der Problematik des Schießplatzes anscheinend
bewusst. Am 20. April 1874 warnt er in einem Schreiben an die Prokura10 , nicht über das
Gebiet mit Mörsern hinauszuschießen. Wilhelm Groß, Direktor bei Krupp, erwidert am
23. April 1874 und zerstreut die Befürchtungen. Er bemängelt aber auch die Unzuträglichkeiten des für einen Schießplatz wenig geeigneten Terrains. Krupp stimmt wie nicht
anders zu erwarten den Mängeln nicht zu.
Am 23. November 1874 geben Anwohner des Schießplatzes beim Amtmann in Haltern
zu Protokoll, dass beim Schießen mit schweren Geschützen am 19. November 1874 fünf
Geschosse über die Borkenberge hinausgeflogen und 100 Schritt von bewohnten Häusern
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Dietmar Rabich
niedergefallen sind. Der Landrat von Coesfeld untersagt daraufhin das Schießen unter
Androhung einer hohen Strafe. Alfred Krupp schreibt am 1. Dezember des Jahres von in
Dülmen verübtem Leichtsinn, die Sperre wird beigelegt. Im Februar 1875 kommt es erneut
zu einer Gefährdung durch ein „abirrendes Sprengstück“. Trotz der Strenge des Landrats
wird die Auseinandersetzung darüber wieder beigelegt. Dies ist für Krupp besonders
wichtig, da ein Panzerschießversuch der Marine bevorstand.
Panzer-Schießversuch der Kaiserlich Deutschen Marine vom 7. Juli 187511
Als im August 1875 ein Schießen mit einer 35,5-cm-Kanone für die Ausstellung in
Philadelphia 1876 bevorstand, macht Prehn am 26. August 1875 darauf aufmerksam,
dass das Schießen unter den bestehenden Schießplatzverhältnissen nicht ausführbar sei.
Er äußert Bedenken wegen des Ankaufs hindernder Bauernhöfe und betrachtet es als
das Fortwerfen von Geld. Ein anderer Schießplatz müsse gekauft werden. Er schreibt
rechtfertigend dazu, dass die Franzosen mit einer 32-cm-Kanone 12.000 Meter Entfernung
geschossen hätten.
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
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Am 18. Oktober 1875 sind sich der Sohn Alfred Krupps Friedrich Alfred, Prokurist Dr.
Goose, Agent Glasmacher, Major Trautmann, der Direktor der Schieß- und Versuchsplätze
Martin Prehn, Oberingenieur Höcker und der Direktor des Kanonenressorts Wilhelm Groß
einig, dass der Ankauf der Bauernhöfe nicht empfohlen werde, da für den Platz bereits
500.000 Mark ausgegeben worden seien. Man fragte sich, ob es nicht ratsamer sei, einen
anderen Schießplatz zu erwerben. Da jedoch die Zeit wegen bestehender Aufträge u. a.
für schwere Küstenkanonen in Holland drängte, entschied man sich dennoch für einen
Ankauf.
Besondere Erwähnung im Rahmen der Verhandlungen fand ein Bauer Schröer, der
Schwierigkeiten machte. Prehn errichtete vor seinem Haus einen hohen Splitterfang zum
Schutz gegen Sprengstücke. Schröer wollte für sein Grundstück 45.000 Mark haben,
obwohl selbiges einen Wert von nur 6000 Mark hatte. Seitens Krupp wurden immerhin
24.000 Mark geboten.
1875 war für den Schießplatz in Visbeck anscheinend ein besonderes Jahr. In Anbetracht der Weltausstellung „Centennial International Exhibition“ 1876 in Philadelphia, der
ersten Ausstellung dieser Art in den USA, wurde auf technische Leistungen ein besonderes Augenmerk gelegt. So verwundert es nicht, dass zum Beispiel die „Otago Daily
Times“ am 13. November 187512 oder die „Grey River Argus“ am 30. November 187513 ,
beides neuseeländische Zeitungen, die Kölnische Zeitung zitierten. Ihr Bericht begann
folgendermaßen: The military contributor of the Cologne Gazette, referring to the trials
which have taken place this summer on Herr Krupp’s shooting ground at Visbeck, near
Dulmen, observes that it has now been proved that even ironclads of the class of the
Devastation would be powerless to force an entrance into a harbour guarded with the
new heavy guns worked by the German navy. Der Beobachter der Kölnischen Zeitung
stellte also bei den Versuchen in Visbeck fest, dass Panzerschiffe der Devastation-Klasse
machtlos den neuen schweren Kanonen der deutschen Marine ausgeliefert wären. Auch
andere Zeitungen berichteten; so findet man zum Beispiel in der „Willamette farmer“ aus
Oregon am 28. Januar 187614 in dem Beitrag „Great Guns – The Old and New“ über
die famous Krupp guns from Germany: Herr Krupp has fully proven . . . at his shooting
grounds at Visbeck, that his 28 and 30 centimeter guns are able to penetrate . . . 16-inch
armor plates.
Die Eintragung des bekannten Markenzeichens der Firma Krupp, die drei übereinandergelegten Radreifen, erfolgte im Dezember 1875 beim Kreisgericht Essen. Sie erinnern
an die Anfänge der Krupps und den Aufstieg der Firma durch den aus einem einzigen
Barren Stahl gefertigten Radreifen für Eisenbahnen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit des
Jahres 1875 für das Haus Krupp.
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Dietmar Rabich
Am 12. Februar 1876 berichtet Prehn, daß der Schießplatz Visbeck (Dülmen) in seiner
jetzigen Ausdehnung für Versuche unzureichend sei. Eine passende Einrichtung sei demzufolge nicht möglich. Dieser Bericht gab der Schießplatzangelegenheit die entscheidende
Wendung, das Ende des Dülmener Schießplatzes begann. Am 17. Februar 1876 entschloss
man sich daher, weitere Ankäufe hinauszuziehen. Es folgte eine Orientierung in Richtung
Lingen. Alfred Krupp schreibt am 20. Februar 1876 an die Prokura, dass er mit dem
Erwerb eines neuen Platzes einverstanden sei. Prehn bemerkt am 23. Februar 1876, so ist
für Visbeck (Dülmen) keine Erweiterung nötig. Die Wahl des neuen Schießplatzes fiel auf
Meppen. Dieser Platz war schon vor dem Erwerb des Dülmener Platzes erwogen worden,
wurde dann aber fallengelassen. Prehn und Glasmacher besichtigten den neuen Platz im
April 1876, am 1. Februar 1877 schloss Krupp mit der Stadt Meppen einen Vertrag über
die Einrichtung eines neuen Schießplatzes, im September desselben Jahres erfolgte dort
das erste Schießen.
Schließung des Schießplatzes
Etliche Gründe sprachen für die Aufgabe des Dülmener Schießplatzes. Insbesondere sind
die Klagen der Bauern über die Gefährdung durch das Schießen und neue, schärfere
Sicherheitsmaßregeln durch den Staat zu nennen. Prehn schreibt am 12. Juli 1877 – der
Dülmener Schießplatz ist noch in Betrieb – an seine Firma: . . . wir können nur noch
scharf geladene Feldgrananten resp. Schrapnells hier schießen . . . mit anderen Worten,
die hiesige Konzession existiert nur noch auf dem Papier. In dem gleichen Schreiben bittet
Prehn darum, entbunden zu werden, um sich um den Schießplatz Meppen zu kümmern.
Am 19. September 1877 schreibt Krupp, dass er den Platz in Visbeck nicht aufgeben
wolle, da er fürchtet, dass das Schießen auf dem Platz in Essen verboten werden könnte.
Prehn berichtet am 27. November 1877 nachdrücklich, dass in Dülmen nur noch mit
Feldgeschützen geschossen werden dürfe. Ersparnis an Transportkosten könne kein Grund
sein, den Platz aufrecht zu erhalten. (Der Schießplatz Meppen erhielt übrigens 1878 einen
Bahnanschluss, in Dülmen mussten die tonnenschweren Materialien auf dem Straßenwege
– wahrscheinlich mit Pferdekutschen – transportiert werden. Das für den Transport eingerichtete Gleis in Dülmen wurde 1880 abgebaut.) Am 16. September 1881 beantragt die
Prokura die gänzliche Aufgabe des Schießplatzes in Dülmen. Nun antwortet Alfred Krupp
darauf, dass er einverstanden sei, den Platz aufzugeben. So ist das Ende des Schießplatzes
Visbeck besiegelt. Der Grundbesitz in Dülmen wird darauf veräußert, Gerätschaften wie
der 75-Tonnen-Kran werden nach Meppen gebracht.
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
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Am 8. März 1884 kündigt der Agent Glasmacher an, dass mehrere Grundstücke durch
den Auktionator A. Benker versteigert werden sollen.15 Genannt werden dort Brinkmöllers
Wiese, Hölschers Wiese, Terhorsts Wiese, Wegmanns Wiese, Pastoratwiese, Schünen
Wiese, Dieckmanns Wiese, Hellermanns Wiese und Niehues Wiesen. Bis auf Brinkmöllers
Wiese, die zur Gemeinde Dülmen gehört, sind alle Grundstücke der Gemeinde Seppenrade
zugeordnet. Am 7. September 1885 erfolgt wieder die Abgabe von Parzellen, die in der
Gemeinde Leversum liegen, an Meistbietende.16
Am 30. Juni 1884 kommt es zu einem Zwischenfall auf der Krupp’schen Schießbahn:
Von einem Feuer, der auch Halterner Forste erreicht, werden schätzungsweise 700 Morgen
Waldungen vernichtet.17
Die Abwicklung zieht sich bis Ende 1886 hin, ein anschließender gerichtlicher Prozess
wird erst nach Alfred Krupps Tod im Juli 1887 entschieden. Bei den rabiaten Bauern zeigte
sich Enttäuschung, denn ihnen war eine ebenso bequeme wie ergiebige Einnahmequelle
versiegt. Von Seiten Krupps ist das Kapitel damit geschlossen.
Während das Versuchsschießen an Bedeutung verliert, wird der Schießplatz jedoch
weiterhin verwendet. Spätestens ab 187818 , wahrscheinlich aber schon 1876, führt das
in Münster stationierte „Infanterie-Regiment Herwarth von Bittenfeld (1. Westfälisches)
Nr. 13“ (bis 1889 nur „Infanterie-Regiment Nr. 13“ oder „13. Infanterie-Regiment“)
Gefechtsschießen auf dem Platz durch. Im Juli 1876 beschwerte sich der Anrainer Landwirt
Antekeuer beim Polizeidiener Schöpper, dass ihm Gewehrkugeln um die Köpfe geflogen
seien. Bei den Schießübungen des „Füsilier19 Bataillons“ des „13. Infanterie Regiments“
am 8. und 9. Juli 1879 kommt es zu einem Unglücksfall, bei dem einem Soldaten eine
Kugel, durch Aufschlagen abprallend, in die Schulter flog, wo selbige stecken blieb20 .
Für die Zeit vom 29. Juli bis 2. August 1889 werden mit einer Meldung vom 16. Juli
auf dem früheren Krupp’schen Schießplatz erneut Gefechtsübungen angekündigt, wobei
das 1. und 3. Bataillon in Dülmen und das 2. Bataillon in Seppenrade einquartiert werden.21
Amtmann von Noël gibt am 20. Juli 1889 dazu die genaueren Modalitäten des Gefechtsschießens bekannt.22 Als Begrenzung wird im Nordwesten der Weg von Wulfthüter über
Antekeuer und Antekeuers Kotten bis Tork, von dort im Süden der Kreisgrenze entlang bis
zu den Borkenbergen, im Südosten von den Borkenbergen bis zur Bauerschaft Leversum,
ausgewiesen.
Das 13. Infanterie-Regiment hielt vom 29. Juli bis 8. August 1891 erneut ein Gefechtsschießen ab.23 Der Regierungspräsident verfügt die Einquartierung des Regiments in
Dülmen. In Abänderung des Verfahrens der letzten 10 Jahre werden auf Wunsch des Bürgermeisters nur zwei Kompanien in der Stadt untergebracht. Die beiden anderen werden in
den Bauerschaften Daldrup, Dernekamp, Oendrup – Ondrup – und Laversum – Leversum –
16
Dietmar Rabich
Ehemalige Umwallung des Laboratoriums mit Eingang
untergebracht.
Der Schießplatz Visbeck heute
Heute existiert der Schießplatz schon lange nicht mehr, allerdings sind Fragmente noch
sichtbar. Die Gebäude und anderen Gerätschaften wurden abgetragen, die Umwallung
des Laboratoriums jedoch blieb. Der Pulverschoppen24 und die Schießanlage der Firma
Krupp stehen wie auch das Haus Visbeck oder der Wildpark als wertgebendes Merkmal
des Kulturlandschaftsbereichs Dülmener Flachrücken in der Liste der bedeutsamen und
landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereiche Nordrhein-Westfalens25 .
Die Flächen des ehemaligen Schießplatzes stimmen zu erheblichen Teilen mit denen des heutigen Flugplatzes Borkenberge und dem benachbarten Truppenübungsplatz
überein. So ist der Krupp’sche Schießplatz quasi der Grundstein für den heutigen Flugund Truppenübungsplatz. Der vom Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld betreute Truppenübungsplatz zählt heute zu den wertvollsten Naturlandschaften Nordrhein-Westfalens, da
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
17
er seit 1873 aufgrund der Art der Nutzung nahezu unverändert blieb.26 Der Platz stellt
einen großflächigen Ausschnitt einer halboffenen Heide- und Moorlandschaft dar, die für
die vorindustrielle Kulturlandschaft des Münsterlandes charakteristisch war.
Die Sammlung der Informationen rund um den Schießplatz in Visbeck wäre ohne die freundliche Unterstützung durch Dr. Heinfried Voß vom Historischen Archiv Krupp der Alfried-Kruppvon-Bohlen-und-Halbach-Stiftung nicht möglich gewesen. Wertvolle Anregungen und Unterlagen
lieferten die Recherchen von Heinz Meiners im Stadtarchiv Dülmen. Ferner gilt Dank für hilfreiche
Informationen an Marlies Deipenbrock und Dieter Böhle.
Quellen
BAEDEKER , D IEDRICH: Alfred Krupp und die Entwickelung der Gussstahlfabrik zu Essen. G. D. Baedeker,
Essen, 1889.
B ERHORST, D R . R ALF: Das Prinzip Krupp. In: Die Industrielle Revolution. Wie Dampf, Stahl und Strom
die Welt veränderten. GEO Epoche Nr. 30, S. 98ff. Gruner + Jahr AG, Hamburg, 2008.
B ÖHLE , D IETER: Der Schießplatz „Visbeck“ der Krupp’schen Gussstahlfabrik 1873 – 1887. In: Ammonit
und Glocke, Geschichtsblätter für Lüdinghausen und Seppenrade, Nr. 1, Heimatverein Lüdinghausen e. V.,
Heimatverein Seppenrade e. V., 2009.
B RINKMANN , B ERNHARD: Der Krupp’sche Schießplatz in den Borkenbergen. Ein interessantes Kapitel
Heimatgeschichte. In: Heimat-Blätter, Nr. 1/2, 14. Jahrgang, Januar/Februar 1938.
C ASTNER , J ULIUS (H AUPTMANN A . D.): Die Kruppschen Schießplätze in ihrer artilleristischen Bedeutung. Bd. II, Schießplatz Dülmen, 1873 – 1887, Geschichtliche Studie (abgeschlossen im November 1912).
Historisches Archiv Krupp, Werksarchiv VIIf 830.
G ALL , L OTHAR: Patriarch und Alleinunternehmer: Der alte Krupp als lebende Legende. In: Krupp – Der
Aufstieg eines Industrieimperiums. S. 202 ff. Siedler-Verlag, Berlin, 2000.
T HAMM , W OLFGANG: Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz 1873 – 1887. Der Versuch einer Rekonstruktion, anläßlich der Bundeshauptversammlung des Bunds Deutscher Feuerwerker und Wehrtechniker
e. V. ’89 in Dülmen. Mai 1989.
T HYSSEN K RUPP: Die Chroniken. URL: http://www.thyssenkrupp.com/de/konzern/geschichte_chronik.
html. (Abgerufen: 28. Oktober 2011)
W IKIPEDIA: Seite „Alfred Krupp“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Oktober 2011, 19:07 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alfred_Krupp&oldid=95167029
(Abgerufen: 28. Oktober 2011, 17:07 UTC)
W IKIPEDIA: Seite „Krupp Gussstahlfabrik“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand:
13. Oktober 2011, 10:38 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Krupp_Gussstahlfabrik&
oldid=94720789 (Abgerufen: 28. Oktober 2011, 17:07 UTC)
W IKIPEDIA: Seite „Deutsch-Französischer Krieg“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. Oktober 2011, 13:25 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=DeutschFranz%C3%B6sischer_Krieg&oldid=95269808 (Abgerufen: 28. Oktober 2011, 17:10 UTC)
18
Dietmar Rabich
1
R ABICH , D IETMAR: Die Eisenbahn in Dülmen. In: Dülmener Heimatblätter, 1311 – 2011, 700 Jahre
Stadt Dülmen, Sonderausgabe 2011, S. 255 ff.
2 Ein Immediatbericht ist ein Bericht, der direkt an das Staatsoberhaupt unter Umgehung möglicher
Zwischeninstanzen übermittelt wird.
3 R ABICH , D IETMAR .: Maße und Gewichte im 19. Jahrhundert. In: Dülmener Heimatblätter, Jahrgang 57,
Heft 2, 2010.
4 Unterirdisches Gewölbe, welches vor Artilleriebeschuss schützt.
5 In der Quelle Fisberg genannt.
6 Eine Lafette ist ein meist fahrbares Gestell für eine Waffe.
7 Gemeint ist eine Beobachtungsstation.
8 1 Preußischer Morgen entspricht etwa 0,255322 Hektar. Siehe auch Fußnote 3.
9 Das Wochenblatt für den Kreis Recklinghausen berichtete über das Schießen am 28. März 1873.
10 Gemeint ist die Geschäftsführung.
11 Zu den Schießversuchen am 2. April und 7. Juli 1875 gibt es die Publikation „Photographische Ansichten
der Panzer-Schießversuche der Kaiserlich Deutschen Marine am 2. April und 7. Juli 1875 auf dem
Schiessplatz ‚Visbeck‘ der Fried. Krupp’schen Gussstahlfabrik“, die leider nicht in einer Bibliothek in
erreichbarer Nähe einsehbar war.
12 URL: http://paperspast.natlib.govt.nz/cgi-bin/paperspast?a=d&d=ODT18751113.2.33. Abgerufen am
30. Oktober 2011.
13 URL: http://paperspast.natlib.govt.nz/cgi-bin/paperspast?a=d&d=GRA18751130.2.13. Abgerufen am
30. Oktober 2011.
14 URL: http://oregonnews.uoregon.edu/lccn/sn85042522/1876-01-28/ed-1/. Abgerufen am 30. Dezember
2011.
15 Dülmener Zeitung vom 1. März 1884.
16 Dülmener Zeitung vom 5. September 1884.
17 Dülmener Zeitung vom 2. Juli 1884.
18 Dülmener Zeitung vom 1. Juli 1878.
19 Im 19. Jahrhundert stand diese Bezeichnung für mit Zündnadelgewehren ausgestattete Soldaten.
20 Dülmener Zeitung vom 10. Juli 1879.
21 Dülmener Zeitung vom 17. Juli 1889.
22 Dülmener Zeitung vom 24. Juli 1889.
23 Dülmener Zeitung vom 18. Juli 1891.
24 Die Lage des so genannten Pulverschoppens – entweder die Umwallung am Haus Visbeck oder die 630
Meter entfernte Umwallung jenseits der Lüdinghauser Straße nahe dem Hof Hartweg – konnte leider
nicht eindeutig geklärt werden. Im Urkaster von 1825 mit handschriftlichen Erweiterungen von 1862 und
danach ist an der nahe dem Hof Hartweg gelegenen Stelle ein Laboratorium verzeichnet. Da auch die
anderen Gebäude des Schießplatzes eingetragen sind, ist die Zugehörigkeit zur Krupp’schen Anlage und
die Bezeichnung Pulverschoppen sehr wahrscheinlich. Die Umwallung beim Haus Visbeck beherbergte
nach den Krupp’schen Plänen ein Verbrauchsmagazin und ein Laboratorium. Der Munitionsschuppen
lag außerhalb der Umwallung direkt am Eingang derselben.
Empfehlenswert ist übrigens neben der Betrachtung des Geländes im Original eine Ansicht mit Hilfe
von TIM-Online, dem Topographischen Informationsmanagement Nordrhein-Westfalen, unter URL
Der Krupp’sche Schieß- und Versuchsplatz in Visbeck
19
http://www.tim-online.nrw.de/. Dort wählt man erst den Ausschnitt um Haus Visbeck und den Hof
Hartweg und schaltet dann das NRW-Relief hinzu. Die beiden Umwallungen sowie alte, nicht mehr
vorhandene Wege und andere Details sind deutlich zu erkennen.
25 Erhaltende Kulturlandschaftsentwicklung in Nordrhein-Westfalen, Grundlagen und Empfehlungen für
die Landesplanung, URL: http://www.lwl.org/walb-download/pdf/KuLEP/Zusammenfassung.pdf, S. 72,
Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen, URL: http://www.lwl.
org/walb-download/pdf/KuLEP/Teil4.pdf, S. 350. Abgerufen am 30. Oktober 2011.
26 Projekt Truppenübungsplatz Borkenberge, Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e. V., URL: http://www.na
turschutzzentrum-coesfeld.de/projekte/truppenuebungsplatz-borkenberge/. Abgerufen am 24. November
2011.
Luca Domnick
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
Aufarbeitung oder Verdrängung der Geschichte?
Der vorliegende Beitrag wurde von Luca Domnick, einem Abiturienten des ClemensBrentano-Gymnasiums, als Facharbeit bei seinem Fachlehrer Christian Stock im Fach
Geschichte im Schuljahr 2009/2010 am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium geschrieben. Die Informationen zu dieser Arbeit lieferten u. a. eine Literaturrecherche,
Archivarbeit im Stadtarchiv Dülmen sowie Gespräche mit dem Stadtarchivar Dr. Stefan
Sudmann. Der Heimatverein Dülmen freut und bedankt sich für die Zurverfügungstellung
der Arbeit für die Dülmener Heimatblätter.
Einleitung
Auch mehr als sechzig Jahre nach dem Ende von „Drittem Reich“ und Zweitem Weltkrieg stellt sich in Deutschland immer wieder die Frage nach dem Umgang mit diesem
wohl schwärzesten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Abseits der großen, auf das ganze
Land und seine Geschichte bezogenen Diskussion dieser Problematik interessiert mich
in diesem Zusammenhang schon lange, inwieweit sich die Frage nach Aufarbeitung oder
Verdrängung ganz konkret hier vor Ort in Dülmen in den Jahren unmittelbar nach Kriegsende gestellt hat. Welche Rolle spielte die NS-Vergangenheit damals in der öffentlichen
Wahrnehmung, wie tiefgreifend war die Entnazifizierung, wie intensiv die juristische
Verfolgung von örtlichen NS-Tätern?
Da Zeitungen ein Spiegel der öffentlichen Diskussion sind, hatte ich mich entschlossen,
die Ausgaben der Dülmener Zeitung der Jahre 1945 bis 1955 auf entsprechende Berichte
zu durchsuchen, um eine Antwort auf diese Fragen zu finden. Das entsprechende hierbei
von mir gefundene Material habe ich dann mit thematisch relevanten Sammlungen aus
dem Dülmener Stadtarchiv und Veröffentlichungen von Dülmenern Lokalhistorikern und
Fachhistorikern ergänzt.
Um den Rahmen abzustecken, gebe ich zunächst einen einleitenden Überblick über
die Bemühungen der Alliierten um Entnazifizierung und Bestrafung der NS-Verbrecher
und den politischen und gesellschaftlichen Umgang der neugegründeten Bundesrepublik
mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Vor diesem Hintergrund schildere ich die allgemeine Lage in Dülmen bei Kriegsende,
welche einen sehr starken Einfluss auf die Haltung der Bürger gegenüber vergangenen und
aktuellen Problemen hatte. Anschließend beschäftige ich mich mit der Frage, inwieweit
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
21
eine Entnazifizierung vor Ort statt fand und welche juristischen Konsequenzen die Nazizeit
in Dülmen hatte. Diese für eine Aufarbeitung unerlässliche Frage wird nachfolgend an
einem ganz konkreten Fallbeispiel vertieft.
Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Bewertung als Versuch einer Antwort
auf die Leitfrage, ob der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Dülmen
im ersten Jahrzehnt nach 1945 eher von Aufarbeitung oder von Verdrängung geprägt war.
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland in der frühen
Nachkriegszeit (1945 – ca. 1955)
Die Entnazifizierung
Mit der Kapitulation Wilhelm Keitels, dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht,
am 9. Mai 1945, endeten die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges auf europäischem Boden und somit auch eines der schwärzesten Kapitel der Geschichte Europas.
Die alliierten Siegermächte standen nun u. a. vor der Aufgabe, die Verbrechen der Nationalsozialisten zu bestrafen und das von über einem Jahrzehnt nationalsozialistischer
Herrschaft gezeichnete Deutschland zu demokratisieren. Eine sehr bedeutende Rolle bei
diesem Vorhaben nahm die sogenannte Entnazifizierung und die mit ihr einhergehende
Überprüfung eines jeden Deutschen auf seine nationalsozialistische Vergangenheit ein.
Obwohl die Siegermächte in ihren jeweiligen Besatzungszonen unabhängig voneinander
an die Lösung dieser Aufgabe gingen, glichen sich ihre entsprechenden Maßnahmen mit
Verhaftungen, Internierungen und Entlassungen von belasteten Personen in einer ersten,
bis in das Jahr 1946 dauernden Phase der Entnazifizierung.1
Am rigorosesten war dabei zweifelsohne die Vorgehensweise in der sowjetischen
Besatzungszone im Osten Deutschlands. Die dort gefassten Nationalsozialisten wurden
entweder in die UdSSR überführt oder in sogenannten „Speziallagern“ in Deutschland
interniert, die bis 1950 existierten. Von den über 120.000 gefangen gehaltenen Menschen
fanden wahrscheinlich über ein Drittel dort den Tod. Zudem wollte die sowjetischen
Besatzungsmacht die Bildung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung nach sowjetischem Vorbild in Ostdeutschland vorbereiten. So wurden neben Nationalsozialisten auch
zahlreiche Sozial- und bürgerliche Demokraten und sogar oppositionelle Kommunisten
inhaftiert.
Im Gegensatz hierzu verlief der Anfang der Entnazifizierung in der französischen Besatzungszone deutlich großzügiger, da Frankreich statt Verhaftungen oder Internierungen
großen Stils die politische Vergangenheit der belasteten Parteigenossen als Druckmittel zur Loyalität gegenüber der Besatzungsmacht nutzte. Auch in der britischen Besat-
22
Luca Domnick
zungszone nahm die Entnazifizierung eher einen gemäßigten Verlauf, während sie in der
US-amerikanischen Zone anfangs zwar sehr umfassend, aber auch äußerst bürokratisch
durchgeführt wurde.
Im Laufe des Jahres 1946 begann dann in den westlichen Besatzungsgebieten eine
zweite Phase der Entnazifizierung, die im Zeichen gerichtsähnlicher Verfahren vor sogenannten Spruchkammern stand. Alle erwachsenen Deutschen mussten Fragebögen über
ihre politische Betätigung während des Nationalsozialismus beantworten. Diejenigen,
deren Antworten zu einem Verfahren führten, wurden in fünf verschiedene Gruppen eingeteilt: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete. Diese zu
Beginn vor allem in der US-amerikanischen Zone sehr strikte Vorgehensweise wurde ab
1948 in Folge des sich immer weiter zuspitzenden Konfliktes zwischen den Westmächten
und der UdSSR und später auch auf Druck der deutschen Regierung praktisch eingestellt.
Letztlich konnte so die Entnazifizierung die hohen Ansprüche, welche ursprünglich an sie
gestellt wurden, nicht erfüllen.
Die Nürnberger Prozesse
Die Nürnberger Prozesse stellten
die Spitze der juristischen Aufarbeitung des nationalsozialistischen Regimes dar. Angeklagt
wurden am 10. November 1945
im Nürnberger Justizpalast neben 21 führenden Personen des
zerschlagenen Systems wie auch
mehrere bedeutende Institutionen
und Organisationen des untergegangenen „Dritten Reiches“ – das
Reichskabinett, das Führerkorps
der NSDAP, SS und SD, SA
und Gestapo sowie der Generalstab und das Oberkommando der
Nürnberger Prozess, Verhandlungssaal
Wehrmacht. Die Anklagepunkte
reichten von Verschwörung und
Verbrechen gegen den Frieden
über Kriegsverbrechen bis zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit.2
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
23
Zu den persönlich Angeklagten gehörten prominente Vertreter des Regimes wie Hermann Göring, Rudolf Hess und Albert Speer. Die Reaktionen der Beschuldigten reichten
von Einsicht über Unverständnis bis zu Angst vor dem Kommenden. Sie sind deutlich
belegt in den Tagebucheinträgen des US-amerikanischen Gerichtspsychologen Gustave
M. Gilbert, der die Angeklagten bat, ihm gegenüber zur Anklageschrift Stellung zu beziehen. So zitiert er Albert Speer mit den Worten „Der Prozess ist notwendig. Es gibt eine
gemeinsame Verantwortung für so schreckliche Verbrechen – auch unter einem autoritären
System.“, während Hjalmar Schacht, ehemaliger Reichsminister ohne Geschäftsbereich
– „Ich verstehe überhaupt nicht, warum ich angeklagt bin“ – oder der frühere Ministerialdirektor im Reichspropagandaministerium Hans Fritzsche – „Es ist die schrecklichste
Anklage aller Zeiten“ – überhaupt kein Unrechts- oder Schuldbewusstsein zeigten.
Nach fast einjähriger Prozessdauer fand schließlich am 30. September und 1. Oktober
1946 die Verkündung der Urteile statt. Sie lauteten dreimal Freispruch, einmal zehn
bzw. fünfzehn und zweimal zwanzig Jahre Haft, dreimal lebenslange Haft und insgesamt
zwölfmal Tod durch den Strang.
Der ursprüngliche Plan, weitere Prozesse vor dem Militärtribunal in Nürnberg durchzuführen, wurde nach der Urteilsvollstreckung nicht verwirklicht. Stattdessen wurde
durch das Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 festgelegt, in Zukunft zur
Aburteilung von Kriegsverbrechern geeignete Gerichtshöfe zu schaffen.
Die politische Aufarbeitung der NS-Zeit in der frühen Bundesrepublik
In Bezug auf die politische Aufarbeitung des Nationalsozialismus war die Vorgehensweise
der neuen westdeutschen Regierung nach Gründung der Bundesrepublik von Beginn an
geprägt von einer Politik des Wiederaufbaus, in der die nationalsozialistische Vergangenheit keinen besonders großen Platz fand.3 So sprach Konrad Adenauer 1949 in seiner
Antrittsrede als neu gewählter Bundeskanzler davon, dass nicht mehr zwischen zwei
Klassen von Menschen unterschieden werden dürfe, den politisch Einwandfreien und
den Nichteinwandfreien. Ebenfalls forderte er in dieser Rede Amnestie für alle von den
alliierten Militärgerichten Verurteilten. Diese völlige Konzentration auf den Wiederaufbau
war offensichtlich ein parteiübergreifendes Anliegen der westdeutschen Politik. So formulierte der sozialdemokratische Alterspräsident Paul Löbe zur ersten Sitzung des neu
gegründeten Bundestages Anfang September 1949 als wichtigstes politisches Thema die
„schwere Aufgabe, an die Stelle der Trümmer wieder ein wohnliches Haus zu bauen und
in den Mutlosen eine neue Hoffnung zu wecken.“4
24
Luca Domnick
Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die Entnazifizierung, nachdem sie in
deutsche Hände übergeben worden war, weitestgehend im Sand verlief.
Der gesellschaftliche Umgang mit der NS-Zeit in der frühen Bundesrepublik
Eine umfangreiche gesellschaftliche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit war, vergleichbar dem politischen Umgang, in der Nachkriegszeit kaum gegeben. Die
eigene Existenzsicherung stand im Mittelpunkt des Handelns und es wurde Wert auf einen
möglichst schnellen Wiederaufbau gelegt. In diesem Zusammenhang kam es in der breiten
Bevölkerung offensichtlich zu keiner tiefgreifenden Reflexion der nationalsozialistischen
Herrschaft. Bei US-amerikanischen Umfragen nach ihrer Einstellung zum Nationalsozialismus unter deutschen Erwachsenen stieg die Zahl derer, die ihn für eine gute, jedoch
schlecht ausgeführte Idee hielten, von 53 Prozentpunkten im November 1945 nach einem
kurzzeitigen Rückgang auf 42 Prozentpunkte im Juli 1946, ein Jahr später wieder auf 55
Prozent.5 Dieser Zahl standen zum selben Zeitpunkt nur 35 Prozent gegenüber, welche
den Nationalsozialismus als schlechte Idee ansahen.
Neben derartigen Umfrageergebnissen ist ein weiterer Beweis für eine mangelnde
gesellschaftliche Aufarbeitung des Geschehenen die Tatsache, dass selbst schwer belastete
ehemalige NSDAP-Funktionäre seit Anfang der fünfziger Jahre wieder nach und nach
in die private Wirtschaft, aber auch in den öffentlichen Dienst, integriert wurden. Über
„dunkle Punkte“ in ihrer politischen Vergangenheit wurde dabei großzügig hinweggesehen.6
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Dülmen in der frühen
Nachkriegszeit (1945 – ca. 1955)
Dülmen am Ende des Zweiten Weltkrieges
Um den Umgang der Dülmener Bevölkerung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren einordnen zu können, muss zunächst ein Blick auf
die Lage Dülmens in der Zeit nach Kriegsende geworfen werden.7 Das für viele Dülmener
einschneidendste Erlebnis der Jahre zwischen 1933 und 1945 war sicherlich der schwere
Luftangriff kurz vor der deutschen Niederlage. Am 21. und 22. März 1945 wurde die
Dülmener Innenstadt von mehreren alliierten Luftverbänden angegriffen und in Schutt und
Asche gelegt. Bei diesem Angriff starben 137 Menschen, 92 Prozent der Stadt wurden
zerstört und nur 74 von 1554 Gebäuden blieben unversehrt. Sieben Tage später wurde
die Stadt von englischen Truppen kampflos eingenommen. Nur in Buldern kam es zu
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
25
Das so genannte „braune Haus“ (vormals Café Wiesmann) am Marktplatz
einem mehrstündigen Gefecht, als eine deutsche Kampftruppe versuchte, den Vormarsch
der Briten aufzuhalten. Dabei fielen 22 Soldaten der Kampftruppe und die Häuser an
der Hauptstraße brannten nieder. Neben den Todesopfern der Bombardierung verloren
weitere 429 Dülmener als Wehrmachtsangehörige ihr Leben bei Kampfhandlungen an der
Front, während 200 auf Dauer vermisst blieben. Damit fielen insgesamt fast 900 Dülmener
als Soldaten oder Zivilisten dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Diese große Zahl an
Todesopfern, zu der eine unbekannte, aber sicherlich nicht geringe Zahl von Verletzten und
Versehrten kommt, sowie die umfassenden materiellen Zerstörungen waren ein schwerer
Schlag für die Bevölkerung. Eine weitere gravierende Folge des Krieges war letztlich auch
die Kapitalentwertung vom 20. Juni 1948, durch die viele Bürger einen großen Teil ihres
restlichen Geldvermögens verloren.
In Anbetracht dieser Lage ist es nicht verwunderlich, dass in Dülmen wie überall in
Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg alle Kräfte auf die Überwindung der materiellen
Kriegsschäden gerichtet wurden, zumal der Wiederaufbau sich aufgrund der umfassenden
26
Luca Domnick
Zerstörungen als sehr schwierig gestaltete. So zog sich beispielsweise die Fertigstellung
der beiden Hauptstraßen („Halterner-“ und „Münsterstraße“) bis in den September 1951
hin und erst 1961 zur Sechshundertfünfzigjahrfeier galt der Wiederaufbau der Stadt als
abgeschlossen.
Die Entnazifizierung soll zurückgestellt werden . . .
Die Entnazifizierung spielte in diesem Zusammenhang offensichtlich keine große Rolle.
Für die Frühzeit der Besatzung finden sich zwar noch Hinweise auf Verhöre, die wohl
durch die britische Besatzungsmacht durchgeführt wurden, doch als in einer Gemeinderatssitzung am 22. Januar 1946 der Tagesordnungspunkt: „Entnazifizierung der Verwaltung“
aufgerufen wurde, kam es nach Debatte und Beratung zu folgendem Beschluss: „Die Frage
der Entnazifizierung soll zurückgestellt werden bis ein neuer Bürgermeister gewählt und
der Beirat vergrößert ist.“8
Wenn es zu dieser Zeit überhaupt zu einer Auseinandersetzung der Bürger mit der
Vergangenheit kam, bestand sie offensichtlich aus Einzelinitiativen. So setzte sich der von
den Alliierten ernannte kommissarische Bürgermeister Wilhelm Brücher nach 1945 für
schnelle Wiedergutmachungszahlungen an die ehemaligen jüdischen Mitbürger Dülmens
ein. Der von den Nazis ins KZ gesperrte Sozialdemokrat Brücher reiste dabei mehrmals
in die Niederlande, um Frau Rhea Leeser aufzusuchen, deren Mann die Dülmener Nazis
nach der Pogromnacht 1938 in den Selbstmord getrieben hatten.9
Zu einer sichtbaren Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
kam es erst 1964 mit der Einweihung eines Denkmals, welches den Opfern des Zweiten
Weltkriegs gewidmet war. Dieses von Else Bendix gestiftete und dem Bildhauer Joachim
Berthold gestaltete Mahnmal besteht aus einer Mauer, auf der sich die Worte „Gemarterte –
Gefallene – Geächtete – Gefangene – Verschollene – Getötete – Verwundete“ befinden.10
Die „Dülmener Naziprozesse“
Ein wesentliches, am deutlichsten durch die Nürnberger Prozesse belegtes Ziel der Entnazifizierung war die juristische Aufarbeitung und Bestrafung nationalsozialistischer
Verbrechen. Auch in Dülmen war es von der Gründung der NSDAP-Ortsgruppe 1924 bis
zum Ende des Krieges zu zahlreichen Gewaltakten gegen politische Gegner der Nazis und
jüdische Mitbürger gekommen. Nach 1945 wurde jedoch nur ein geringer Teil der über 700
Dülmener NSDAP-Mitglieder juristisch zur Verantwortung gezogen.11 Die entsprechenden
Verfahren endeten in der Regel mit sehr niedrigen Strafen oder sogar Freisprüchen. So von
ihrer Vergangenheit weitestgehend entlastet, gelang es ehemaligen NSDAP-Amtsträgern
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
27
in der Folgezeit erfolgreich Pensionen für ihre Tätigkeit im „Dritten Reich“ einzuklagen
oder ihre berufliche Karriere in örtlichen Behörden nahezu ungebrochen fortzusetzen.
Die ersten Prozesse gegen Dülmener NS-Verantwortliche fanden im Sommer 1948
statt. Angeklagt waren der ehemalige Dülmener NSDAP-Ortsgruppenleiter Dr. Schmidt,
der SA-Mann Schwering und der NSDAP-Kreisleiter Tewes. Sie sollten für die Ereignisse
in Dülmen in der Pogromnacht vom 9. November 1938 zur Verantwortung gezogen
werden. Während dieser Nacht waren die meisten der wenigen jüdischen Bürger Dülmens
schwer misshandelt worden, außerdem wurden erhebliche Teile ihres Eigentums zerstört
und die Synagoge in Brand gesteckt. Das Verfahren endete mit jeweils sechs Monaten
Gefängnishaft für Tewes und Dr. Schmidt; Schwering wurde freigesprochen.12
Anfang der fünfziger Jahre kam es zu einem zweiten Prozess gegen zehn ehemalige NSDAP-Mitglieder aus Dülmen. Die Anklage warf ihnen vor, „im Jahre 1933 aus
politischen bzw. rassenpolitischen Gründen andere verfolgt und fortgesetzt Bürger aus
Dülmen gemeinschaftlich mit Gummiknüppeln, Reitpeitschen, Schlagringen, Kabelenden, Werkzeugen oder mit Fußtritten mißhandelt zu haben, und zwar teilweise bis zur
Bewußtlosigkeit, nachdem man einige der Opfer vorher verschleppt hatte.“13
Das Interesse der lokalen Presse an diesem Prozess war sicherlich auch der Tatsache
geschuldet, dass sich unter den Angeklagten mit dem SA-Oberführer Franz Bielefeld, dem
NSDAP-Kreisleiter Julius Bielefeld und dem SA-Standartenführer Heinrich Lappe die
28
Luca Domnick
wichtigsten Köpfe der NSDAP in Dülmen befanden. Dies gilt vor allem für Franz Bielefeld,
der weit über die Stadt hinaus Karriere in Partei und SA gemacht hatte. Aufgrund dieser
wichtigen Rolle für die NS-Zeit in Dülmen und des in der Berichterstattung dokumentierten öffentlichen Interesses an seiner Person soll im Folgenden die Aufarbeitung des
Nationalsozialismus in Dülmen beispielhaft an seinem Fall dargestellt werden.
Fallbeispiel: Franz Bielefeld
Biografie eines Dülmener Nationalsozialisten
Franz Bielefeld wurde am 1. Februar 1907 in Dülmen geboren. Er erlernte den Beruf
des Eisenflechters und trat bereits 1925 als erst Achtzehnjähriger in die NSDAP ein.14
Schon ein Jahr später wurde Bielefeld zum SA-Führer in Westfalen-Nord und WestfalenSüd ernannt. Dann 1930 erhielt er den Posten eines Kreisleiters der NSDAP im Gau
Westfalen Nord. 1932 wurde er sogar Führer des SA-Sturmbanns III/13, welcher die Kreise
Coesfeld, Lüdinghausen und Beckum umfasste. Sein erstes politisches Amt außerhalb
der Partei bekleidete Bielefeld ab 1933, als er Erster Beigeordneter der Stadt Dülmen
wurde. Zeitgleich setzte er seinen Aufstieg in der SA fort. Ebenfalls 1933 wurde er
mit der Führung der SA-Standarte 471 und 1936 mit der Führung der SA-Standarte
256 betraut. Drei Jahre später erhielt er mit dem sogenannten Blutorden die höchste,
den „Alten Kämpfern“ und verdienten Parteigenossen vorbehaltene Auszeichnung der
NSDAP. Am 3. März 1941 erreichte Bielefeld einen weiteren Höhepunkt seiner politischen
Karriere, als er im Nachrückverfahren für den gefallenen Reichstagsabgeordneten Heinrich
August Knickmann in den Reichstag einzog. (Er behielt diesen Sitz bis zum Ende der
nationalsozialistischen Herrschaft.) Bielefeld setzte gleichzeitig seine Karriere in der SA
fort und wurde 1943 zum SA-Oberführer ernannt.
Nach Kriegsende verbrachte Bielefeld insgesamt acht Monate in Untersuchungs- und
neun Monate in Internierungshaft. Er sah sich auch wegen dieser Zeit später offensichtlich
mehr als Opfer denn als Täter und beklagte, dass er schon als junger Mann seine Gesundheit
gelassen habe, nach 1945 schwer mitgenommen worden sei und ständig unter seelischem
Druck gestanden habe. Angeblich war er während seiner Untersuchungshaft wegen der
Aussagen eines „politischen Raubmörders“ einmal sogar beinahe zum Tode verurteilt
worden.15 Aufgrund verschiedener Taten während der NS-Zeit stand Bielefeld Anfang
der fünfziger Jahre zweimal in Münster vor Gericht. Er konnte den Gerichtssaal jedoch
letztlich als freier Mann verlassen und lebte bis zu seinem Tod am 26. Mai 1989 weiter
unbehelligt in Dülmen.
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
29
Die Prozesse gegen Franz Bielefeld
Im Sommer 1950 begann der erste Prozess gegen
Franz Bielefeld vor dem Schwurgericht Münster.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen ihn lautete auf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Kernpunkte, aber bei weitem nicht einzige Vorwürfe waren zwei Vorfälle aus dem Jahr 1933 in den
Monaten nach der Machtergreifung. So hatte am
17. März ein Trupp SA-Männer unter Führung von
Franz Bielefeld vier Mitglieder des Reichsbanners
in den Dülmener Schlosspark verschleppt und mit
äußerster Brutalität halb totgeschlagen. Am 27. Juni
1933 führte Bielefeld eine vierköpfige Gruppe von
SA-Leuten nach Schloss Buldern, um den dort ansässigen Freiherrn von Romberg zu verhaften. Da
sie nur den Rentmeister Landsmann antrafen und
dieser sich weigerte, den Aufenthaltsort des Freiherrn zu verraten, misshandelten sie ihn so schwer,
dass er noch zwei Jahrzehnte später unter den Folgen dieser Misshandlungen litt.16 Aus dem Bestand
Franz Bielefeld, 1940
„Nachlass Peters“ im Dülmener Stadtarchiv geht hervor, dass der Freiherr von Romberg, der Rentmeister
Landsmann und ein nicht näher genannter Student Hansen bereits kurz nach dem Vorfall
Anzeige gegen Bielefeld und seine Mittäter erhoben hatten.17 Es ist allerdings nicht ersichtlich, ob (und aufgrund der Zeitumstände nur schwer vorstellbar dass) diese Anzeige
seinerzeit weiter verfolgt wurde. So kamen die Geschehnisse erst siebzehn Jahre später
zur Verhandlung, in der die Staatsanwaltschaft eine zweijährige Haftstrafe beantragte, auf
die sie allerdings die dreivierteljährige Internierungshaft des Beschuldigten anrechnen
wollte. Bielefeld dagegen erklärte sich angesichts der gegen ihn erhobenen Vorwürfe als
nicht schuldig und stritt seine Beteiligung an dem Vorfall ab. Daraufhin wurde am zweiten
Prozesstag eine Reihe von Zeugen vernommen, welche jedoch alle seine Täterschaft zweifelsfrei bestätigten. Auf Grund dieser Zeugenaussagen stellte der verhandlungsführende
Richter am Folgetag die Schuld Bielefelds bezüglich des Anklagepunktes „Verbrechen
gegen die Menschlichkeit“ fest und verurteilte ihn unter Anrechnung der Internierungshaft
zu zwei Jahren Gefängnis.
Dieser Rechtsspruch wurde jedoch wenig später von einer höheren Instanz wieder
30
Luca Domnick
aufgehoben, da mittlerweile entsprechende Urteile nicht mehr auf das Kontrollratsgesetz
Nr. 10 begründet werden durften, welches den Straftatbestand „Verbrechen gegen die
Menschlichkeit“ enthielt, sondern nur noch auf im deutschen Strafgesetzbuch enthaltene
Regelungen.18 Aus diesem Grund kam es am 14. Juni 1953 zu einem Verfahren vor dem
Landgericht Münster. Eine wichtige Rolle spielte in dieser Verhandlung die Zeugenaussage des Sekretärs der christlichen Textilarbeitergewerkschaft Wilhelm Göcke, der 1933
ebenfalls von Bielefeld schwer misshandelt worden war. Infolge dieser Aussagen ging die
Staatsanwaltschaft über ihre Forderungen aus dem ersten Prozess hinaus und beantragte
jetzt eine dreijährige Haftstrafe, auf die zwar die achtmonatige Untersuchungshaft, nicht
jedoch die Internierungshaft Bielefelds angerechnet werden sollte.19
Dieser Forderung kam der vorsitzende Richter Dr. Küsters mit seinem am 22. Juni
1953 ergangenen Urteil jedoch nicht nach. Er sprach Bielefeld zwar wegen mehrfach begangener gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung für schuldig, beschränkte
das Strafmaß aber auf 21 Monate Gefängnis, auf die sowohl die Internierungs- als auch die
Untersuchungshaft des Angeklagten angerechnet wurden.20 Da ihm die restliche Haftstrafe
von vier Monaten auf dem Gnadenweg erlassen wurde, ging Bielefeld als freier Mann aus
dem Gerichtssaal.
Die Bewertung des Urteils
Das Strafgesetzbuch sieht für gefährliche Körperverletzung eine Haftstrafe von sechs
Monaten bis zu zehn Jahren vor.21 Dies bedeutet, dass Bielefeld angesichts des mehrfachen
Tatvorwurfs (z. T. in Tateinheit mit Freiheitsberaubung) mit einer vergleichsweise geringen
Haftstrafe davon kam. Da die „Härte“ des Urteils weiterhin durch die Anrechnung seiner
Internierungs- und Untersuchungshaft und die Erlassung der verbliebenen viermonatigen
Reststrafe auf dem Gnadenweg gemildert wurde, wirkt die Verurteilung eher wie ein
Freispruch auf ganzer Linie.
Dabei fällt um so mehr ins Gewicht, dass Bielefeld nicht als „Mitläufer“ bezeichnet
werden kann, sondern eine durch seinen Werdegang belegte führende Rolle weit über
den örtlichen politischen Rahmen hinaus gespielt hat. Wie andernorts in Deutschland
hatte auch in Dülmen bereits vor 1933 das Auftreten der Nationalsozialisten zu einer
erheblichen Brutalisierung des politischen Lebens geführt. Bei einzelnen Gewaltaktionen
kamen bis zu vierhundert Nationalsozialisten, die zum Teil auch aus Nachbarorten wie
Haltern herangezogen wurden, gegen den „politischen Gegner“ zum Einsatz.22 Bei seiner
Stellung in SA und Partei waren solche Aktionen ohne Wissen bzw. Beteiligung Bielefelds
undenkbar.
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
31
Einen tragischen Höhepunkt erreichte der Straßenterror der Nazis in Dülmen kurz vor
den Juliwahlen 1932 mit dem Mord an dem Reichsbannermitglied Wilhelm Ricker.23 In
Zusammenhang mit diesen Geschehnissen vernommene Dülmener Nationalsozialisten
erklärten unmissverständlich, dass sie von Franz Bielefeld für die nationalsozialistische
Sache gewonnen worden waren.24 Diese führende Rolle Bielefelds verstärkte sich nach der
Machtergreifung. So erinnerte sich der Sozialdemokrat Wilhelm Brücher folgendermaßen
an seine Verhaftung durch die Polizei am 17. März 1933: „Kurz nach dem Schutzmann
erschien der SA-Mann Franz Bielefeld, und damit war klar, wer hinter der Verhaftung
stand.“25 Wenn auch die politische Bedeutung Bielefelds in strikt juristischem Sinne
kein Gegenstand des Prozesses oder strafrechtlich relevant war, so stellt sich doch die
Frage, ob nicht das Gericht die Möglichkeit gehabt hätte, die besondere Stellung des
„alten Kämpfers“ Bielefeld und seine entsprechende Verantwortung bei der Vorbereitung
und Festigung der nationalsozialistischen Herrschaft in Dülmen bei der Bemessung des
Strafmaßes zu berücksichtigen.
Antwort auf die Leitfrage – Aufarbeitung oder Verdrängung der Geschichte
Bei einem Blick auf den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Dülmen im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg fällt eine Reihe von Parallelen
zur gleichen Frage auf gesamtstaatlicher Ebene in Westdeutschland auf. Die kritische
Auseinandersetzung mit dem „Dritten Reich“ wurde auch in Dülmen offensichtlich von
der alliierten Besatzungsmacht (in diesem Fall den Briten) eingeleitet und führte zur
Entfernung von Nationalsozialisten aus öffentlichen Ämtern sowie zur Vernehmung und
Internierung einschlägig belasteter Personen. Je mehr die Aufarbeitung in deutsche Hände
überging, desto geringer wurde das Interesse an der Entnazifizierung. Wie an vielen Orten
im kriegszerstörten Deutschland standen für die meisten Dülmener die Probleme des täglichen Überlebens und die Aufgabe des Wiederaufbaus im Vordergrund. Das mangelnde
gesellschaftliche Interesse an einem kritischen Umgang mit der eigenen unmittelbaren
Vergangenheit zeigt sich deutlich im Fehlen entsprechender Artikel und Beiträge in der
Lokalpresse, die es doch bei einem entsprechenden Interesse der Leser sicherlich gegeben
hätte.
Ähnlich sieht es mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Vergangenheit durch juristische Verfolgung und Aburteilung nationalsozialistischer Verbrechen und Gewaltakte aus.
Zwar kam es gegen Ende der Besatzungszeit und in den ersten Jahren nach Gründung
der Bundesrepublik zu einigen Prozessen – die Aufmerksamkeit der Presse und damit der
32
Luca Domnick
Öffentlichkeit fanden sie jedoch nur, wenn ehemalige örtliche Nazi-„Prominenz“ betroffen
war.
Und was die tatsächliche Bestrafung angeht, unterschied sie sich mit milden Strafen
und Freisprüchen nicht vom allgemeinen Vorgehen der Justiz in den übrigen Teilen der
Bundesrepublik. So kann eindeutig festgestellt werden, dass im betrachteten Zeitraum
keine umfassende Aufarbeitung der NS-Geschichte in Dülmen stattfand – weder gesellschaftlich noch juristisch oder politisch. Diverse private Archivsammlungen, die z. B.
Gewaltakte der NS-Zeit dokumentieren, und andere Aktivitäten einzelner Bürger, auf die
ich im Laufe meiner Arbeit gestoßen bin, zeigen, dass eine solche Aufarbeitung durchaus
möglich war.
1
W INKLER , H EINRICH AUGUST: Der lange Weg nach Westen. Band 2: Deutsche Geschichte, 1933 – 1990.
C. H. Beck, Bonn 2005, S. 118 f.
2 M ÜLLER -BALLIN , G ABI : Die Nürnberger Prozesse 1945 – 1949 – Vorgeschichte – Verlauf – Ergebnis –
Dokumente. Bildungszentrum Stadt Nürnberg, Nürnberg 1995, URL: http://www.bz.nuernberg.de/gese
llschaft-und-kultur/archiv.html (17. November 2012), URL: http://www.bz.nuernberg.de/fileadmin/pdfs/
Gesellschaft_und_Kultur/prozess.pdf (17. November 2012).
3 B RÜTTING , ROLF ; u. a.: Geschichte & Geschehen. Geschichtliches Unterrichtswerk für die Sekundarstufe II. Klett Verlag, Ludwigsburg 2006, S. 181 – 183.
4 Wie Fußnote 3, S. 181.
5 Wie Fußnote 3, S. 183.
6 Wie Fußnote 1, S. 176 f.
7 B RATHE , H EINZ : Dülmen – Von der Bauerschaft zum zentralen Ort. G.-Wiesel-Verlag, Dülmen 1986,
S. 70 – 80.
8 B ICKHOVE -S WIDERSKI , O RTWIN : Wilhelm Brücher – Kommissarischer Bürgermeister der Stadt
Dülmen von Februar bis Oktober 1946. In: Dülmener Heimatblätter, Jahrgang 54, 2007, Heft 2, S. 90.
9 Wie Fußnote 8, S. 91.
10 Wie Fußnote 7, S. 99 f.
11 Konkrete Übergriffe und Verbrechen der Nationalsozialisten in Dülmen, einzelne Täter und deren
(Nicht-)Bestrafung sind detailliert erwähnt in der Ansprache von Ortwin Bickhove-Swiderski (Vorsitzender des DGB-Ortsverbandes Dülmen) vom 9. November 2008 aus Anlass des 70. Jahrestages der
Novemberpogromnacht in Dülmen. URL: http://www.gruene-duelmen.de/Rede.pdf.
12 Die Dülmener Judenverfolgungen. In: Dülmener Zeitung, 17. Juli 1948; Judenaktion im „Großkreis
Ahaus-Coesfeld“ gesühnt. In: Dülmener Zeitung, 7. August 1948.
13 Ehemalige Nazigrößen auf der Anklagebank. In: Dülmener Zeitung, 30. August 1950.
14 Wie Fußnote 8, S. 94.
15 Schlußstrich im Dülmener SA-Prozeß. In: Dülmener Zeitung, 23. Juni 1953.
16 Ehemalige Nazigrößen auf der Anklagebank. In: Dülmener Zeitung, 30. August 1950; Was 1933 in
Buldern geschah. Stadtarchiv Dülmen, Sammlung Brathe, Nr. 84.
Das Erbe des Nationalsozialismus in Dülmen (1945 – 1955)
17 Anzeige
33
gegen Franz- u. Julius Bielefeld und weitere SA-Genossen wg. des Übergriffs auf Schloss
Buldern (Anzeigende: Gisbert Freiherr von Romberg, Rentmeister Landsmann und Student Hansen)
1933. Stadtarchiv Dülmen, Nachlass Peters, Nr. 77.
18 Traurige Erinnerung an 1933. Stadtarchiv Dülmen, Sammlung Brathe, Nr. 84.
19 Ein Stück traurige Geschichte. Stadtarchiv Dülmen. Sammlung Brathe, Nr. 84.
20 Wie Fußnote 15.
21 § 224, Strafgesetzbuch, Gefährliche Körperverletzung.
22 Auszüge aus der DZ zu politischen Unruhen in Dülmen 1931 und 1932. Stadtarchiv Dülmen, Nachlass
Peters Nr. 77; Schreiben des „Reichsbanners“ an den preußischen Innenminister Severing über die
Ereignisse am 24. April 1931 in Dülmen (300 – 400 Nationalsozialisten störten die Versammlung).
Ebenda.
23 „Nazi-Mord durchrast Dülmen, Reichsbanner-Kamerad Willi Ricker erschossen“, 1931. Stadtarchiv
Dülmen, Nachlass Peters Nr. 77.
24 So ein gewisser Fritz Grybeck bei seinen Vernehmungen im Sommer 1945: „Im Sommer 1931 kam
ich durch die Gebrüder Bielefeld in Dülmen mit der nationalsozialistischen Bewegung in Berührung“;
B ICKHOVE -S WIDERSKI , O RTWIN: Nationalsozialisten erschießen Wilhelm Ricker. In: Dülmener Heimatblätter, Jahrgang 51, 2004, Heft 1.
25 Wie Fußnote 8, S. 82.
Paul Gödde
Niejaorsgebäd
Neujahrsgebet
Niejaorsgebäd
Herr, setze dem Überfluss Grenzen
und lasse die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute
kein falsches Geld machen
und auch das Geld keine falschen Leute.
Häer, sätte dän Üöwerflaut Grensen
un laot Grensstene üöwerflaitig wäern.
Laot de Lüde
kine falsken Kasmänkes maken
un auk dat Kaptaol kine falsken Lüde.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Männer
an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden
mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Niem de Huusfrauen dat leste Waod
un laot de Manslüde
üör iärst Waod infallen.
Schenk usse Frönde
mäer Waorhait
un de Waorhait mäer Frönde.
Bessere solche Beamte,
Geschäfts- und Arbeitsleute,
die wohl tätig,
aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden gute Deutsche
und den Deutschen eine gute Regierung.
Biätere söcke Biamte,
Kaupmans- un Arbaidslüde,
de wuol wat doot,
pat nich wuoldoend sint.
Giew de Regeerenden guete Düütske
un de Düütsken ene guete Regeerung.
Herr, sorge dafür, dass wir alle
in den Himmel kommen
– aber lass Dir Zeit!
Häer, suorg daför, dat wi alle
in dän Hiemel kuemt
– pat laot di Tiet!
Hermann Kappen, Pfarrer zu St. Lamberti, Münster, soll 1883 die Zeilen verfasst
haben.
Markus Trautmann
Altäre und Reliquien in St. Viktor
Einführung
Bis heute werden in der katholischen Kirche Altäre in Dienst genommen, nachdem sie mit
Reliquien ausgestattet wurden, d. h. dass zuvor Knochenpartikel oder andere Erinnerungen
an selig- und heiliggesprochene Glaubenszeugen in die Altarplatte oder im Fuß des Altars
eingelassen wurden. Damit erinnert die Kirche daran, dass das liturgische Geschehen der
Eucharistiefeier Lebende und Verstorbene vereint, dass die eucharistische Gegenwart des
Kreuzesopfers Christi alle Zeiten und Generationen umgreift. Schon die frühe Kirche feierte
daher an den Gräbern der Märtyrer Gottesdienste; zahlreiche Gotteshäuser entstanden
später über den Grablegen von Heiligen.
Reliquienfund in St. Viktor: Geöffnete Reliquiendose mit Gebeinfragment und Reliquienbehälter
von 1488 sowie die lateinischen Schriftstücke dazu
36
Markus Trautmann
Ein Reliquienfund von 2010
Im Oktober 2010 begannen die Renovierungsarbeiten im Innenraum der Dülmener ViktorKirche, die sich bis zum März 2011 hinzogen. Im Zuge der Umgestaltungsmaßnahmen
wurde auch der kleine Zelebrationsaltar in der Marienkapelle entfernt, der hier vor über
35 Jahren für die Werktagsmessen errichtet worden war. Die mit dem Abbruch befassten
Handwerker entdeckten in einem Hohlraum im Fuße des Altars ein rundes Reliquiengefäß
aus Blei mit einem Durchmesser von 10 Zentimeter und einer Höhe von 6,7 Zentimeter.
Dose und Deckel waren durch eine Verschnürung aus Seidenband verschlossen und
versiegelt. Eine weitere Runddose aus Messing enthielt ein von Pfarrdechant Alois Stüper
verfasstes Dokument zur Erläuterung: „Dieser Altar wurde heute, am Dienstag, dem
15. Juli 1975, von der Firma Dirks in Billerbeck errichtet. Die beigefügten Reliquien sind
aus dem alten Altar der St.-Viktor-Kirche. Ad Maiorem Dei Gloriam!“1
Die Untersuchung des Fundes durch das Bistumsarchiv Münster ab dem Herbst 2011
ergab, dass sich in dem runden Reliquienbehälter ein weiteres rechteckiges Reliquienkästchen befand, ebenfalls aus Blei, mit einem Grundriss von 4,2 × 7,6 Zentimeter und einer
Höhe von 2,4 Zentimeter. Nach Auswertung des Fundes lassen sich nun die Weihen und
damit die Indienstnahmen der Altäre von St. Viktor in dem Kirchbau auf dem heutigen
Grundriss datieren. Dadurch ergeben sich neue Erkenntnisse zur Geschichte der Pfarrei
St. Viktor.
Der Altar von 1488
In der historischen Forschung war zwar bislang die Zeit der Errichtung des Kirchturmes
und damit das Jahr der Vollendung des gotischen Gotteshauses bekannt, nämlich 1601 (wie
die eisernen Ziffern an der Nordseite des Turmes dokumentieren); dagegen gab es über die
Bauphase des westlichen Hochchores (also des früheren Altarraumes) nur Mutmaßungen.
Nach Heinz Brathe „wurde der Anbau des Chores vermutlich schon zu Beginn des 16.
Jahrhunderts in Angriff genommen“, also nach 1500. In eine frühere Zeit verweist nun der
Reliquienfund. Das erwähnte rechteckige Reliquienkästchen enthält neben Knochen- und
Stoffpartikeln auch eine kleine Urkunde aus Pergament (im Format 6,5 × 11,8 Zentimeter).
Hierin wird in lateinischer Sprache mitgeteilt, dass der Münsteraner Weihbischof Johannes
Imminck am 16. Oktober 1488 die Altarweihe „zu Ehren der seligsten Jungfrau Maria,
[der Heiligen] Gereon und Viktor, Dionysius und Gefährten, Petrus und Paulus, Philippus
und Jacobus und aller Heiligen mit Beigabe von Reliquien“ vornahm. Die Herkunft bzw.
Identität der erwähnten Reliquien wird allerdings nicht genannt. Als künftiger Festtag
der Weihe wurde laut Urkunde der Sonntag nach dem Fest des Evangelisten Lukas
Altäre und Reliquien in St. Viktor
37
(18. Oktober) festgelegt. Geht man davon aus, dass eine Altarweihe erst nach Abschluss
der Errichtung eines Chorraumes stattfand, dürfte der Chorraum von St. Viktor etliche
Jahre vor 1488 begonnen worden sein. Demnach könnten auch bisherige stilvergleichende
Schlüsse und Bezüge zum Coesfelder Baumeister Henric de Suer2 anders interpretiert
werden. Sollte es tatsächlich eine baustilistische Abhängigkeit geben, dann wäre sie ebenso
umgekehrt denkbar und auch wahrscheinlich, nämlich dass der in den Jahren 1491 bis
1529 in Coesfeld nachgewiesene de Suer sich von St. Viktor in Dülmen inspirieren ließ.
Schriftstück von 1488 aus der Reliquienschachtel (zur Hälfte aufgefaltet)
Der Altar von 1862
Der großzügige Ausbau der Dülmener Pfarrkirche im 15. und 16. Jahrhundert war vor
dem Hintergrund geschehen, dass das seit 1323 bestehende Stiftskapitel über eine geräumige und auch repräsentative Stiftskirche verfügen wollte. Allein für das Chorgebet
benötigten die zeitweise zwölf Stiftsherren einen entsprechend geräumigen Chorraum. Das
Ende der Dülmener Stiftstradition nach 1802 bedingte nun wiederum eine einschneidende
Baumaßnahme, die allerdings über 50 Jahre auf sich warten ließ. In den Jahren ab 1858
wurden der Rückbau und die Umgestaltung des nun überdimensionierten Altarraums
und Klerikerbereichs vorgenommen. Wie sich bis dahin der Raumeindruck gestaltete,
schilderte rückblickend das Dülmener Festbuch von 1911: „Der Chorraum der Kirche
38
Markus Trautmann
war unverhältnismäßig groß, was ihrem früheren Charakter als Stiftskirche entsprochen
haben mochte, aber nach Aufhebung des Kapitels zwecklos geworden war.“ Die Ausmaße des alten Kanonikerchorraumes reichten bis zu dem heute noch erhaltenen eckigen
Pfeilerpaar. „Der Hochaltar war so kolossal, dass er die drei hinteren Kirchenfenster fast
ganz verdeckte. . . . Nunmehr wurden, um das Schiff der Kirche zu vergrößern, Mittelaltar,
Kommunionbank, Chorstühle und Gittertüren fortgeräumt und die neue Kommunionbank
um ein Pfeilerpaar vorwärts aufgestellt. Der Hochaltar wurde durch einen niedrigen Altar
ersetzt und näher an die Wand gerückt.“3
Auch zur Weihe dieses Altares liefert der jüngste Reliquienfund eine präzise Datierung,
da diese bislang nicht dokumentiert bzw. in Vergessenheit geraten war. Die erhaltene so
genannte „Authentik“ (Beglaubigung) aus Pergament (im Format 5 × 14,5 Zentimeter)
hält in lateinischer Sprache fest, dass Weihbischof Johannes Bossmann am 28. Oktober
1862 „diesen Altar zu Ehren des Hl. Märtyrers Viktor geweiht und die Reliquien des hl.
Märtyrers Valentinus und anderer Heiliger eingeschlossen“ habe.
Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Altarweihe erhielt die Dülmener Viktor-Gemeinde eine kostbare Ergänzung des Altars: Die Rede ist von der Beschaffung eines
Reliquienschreins. Anlass war die feierliche Viktor-Tracht in Xanten im Herbst 1936,
als dem Schrein des hl. Viktor eine Reliquie entnommen wurde. Eine silberne Platte mit
Inschrift am Boden des Schreins vermerkt das denkwürdige Ereignis: „Diese hl. Reliquie
wurde am 18. Oktober 1936 durch den H. H. Weihbischof Heinrich Roleff dem VictorSchrein in Xanten entnommen und in Begleitung von nahezu 1000 Gläubigen durch Dechant Theodor Knepper nach Dülmen überführt. 1937 arbeitete Heinrich Wimmer dieses
Reliquiar.“
Der Schrein hat eine Grundfläche von 30 × 18 Zentimeter sowie eine Höhe von 12 Zentimeter und wurde nicht in den vorhandenen Altar eingelassen, sondern oben auf die
Altarplatte gesetzt. Er ist als Schaureliquiar gearbeitet und enthält auf der Vorder- und
Rückseite kleine Emailbilder der Märtyrer Florentius, Gereon, Mauritius und Viktor. Auf
die beiden Schmalseiten den Schreins wurden – als Treibarbeiten im Silberblech – Inschriften in deutscher Sprache angebracht: „Heiliger Victor, Streiter und Blutzeuge unseres
Herrn Jesus Christus, bitte für uns!“ Und: „Unbesiegbarer Held, sei gegrüßt. Heiliger
Victor, frommer Schutzherr, sei gegrüßt!“ Nach der Zerstörung der Viktor-Kirche 1945
konnte der Schrein unversehrt aus den Trümmern der Kirche geborgen werden.
Altäre und Reliquien in St. Viktor
39
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde zunächst im Maria-Ludwig-Stift an der
Coesfelder Straße der Gottesdienst gefeiert, dann bot eine Holzbaracke auf dem Overbergplatz ein mehrjähriges Provisorium. Nach der Devise „Dülmen braucht eine Kirche
und kein künstlerisch wertvolles Baudenkmal“ (Dechant Dümpelmann) wurde der Wiederaufbau von St. Viktor ab 1949 in Angriff genommen. Schon am 16. Dezember 1951
konnte die Viktor-Gemeinde feierlich den Einzug in die wieder erstandene Pfarrkirche
nehmen. „Dankbar wird man anerkennen müssen“, so die Dülmener Zeitung, „dass mit
der Entfernung der vier Pfeiler aus dem Mittelschiff der Kirche ein Wunsch der Mehrzahl
der Gläubigen in Erfüllung gegangen ist, wird doch dadurch der Blick frei zum Altar.
Entsprechend den volksliturgischen Forderungen hat man den Chor höher gelegt, wodurch
der Altar erst richtig zur Wirkung kommt.“4 Das oberste Bodenniveau des Altarraums
lag noch zwei Stufen höher als die heute höchste Stufe vor dem Tabernakel. Optische
Krönung der Altarplatte (Mensa) bildete wiederum der vergoldete Reliquienschrein von
1937. In den kommenden Jahren veränderten sich die Gestalt und der Aufbau des Altars
von St. Viktor, so kann man verschiedenen Fotos entnehmen. Zur Bischofsweihe von
Friedrich Kaiser am 2. Advent 1963 ist der wuchtige Altarblock durch eine zierlichere
Tisch-Konstruktion ersetzt.
Zweites Vatikanisches Konzil
Die von der Zeitung zur Altarweihe 1951 erwähnten „volksliturgischen Forderungen“ nach
einer besseren Teilnahme der Gläubigen am eucharistischen Geschehen des Gottesdienstes
kamen im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) zum vollen Durchbruch. Als erstes
Dokument verabschiedeten die Bischöfe am 4. Dezember 1963 die Konstitution über
die Erneuerung der Liturgie. Wenngleich das Konzil keine konkreten architektonischen
Anweisungen zur Gestaltung von Altarräumen gibt, so äußerte es doch den Wunsch,
„alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt“.5 Neben
der Genehmigung der Landessprache als liturgische Sprache setzte sich auch eine neue
Anordnung der Altäre durch: der Priester stand nun, der Gemeinde zugewandt, hinter dem
freistehenden Altartisch. Es passt zu Dechant Theodor Dümpelmanns klaren liturgischen
Vorstellungen, dass schon im Herbst 1963, also noch vor Verabschiedung der zitierten
Liturgiekonstitution, Pläne für einen freistehenden Altar in Auftrag gegeben wurden. Der
Ort der Zelebration rückte von der Apsis ab, hin zur obersten Stufe des Chorraums. Ostern
1964 feierte die Gemeinde bereits die Liturgie an diesem Altartisch.
40
Markus Trautmann
Damit war ein erster Schritt gemäß den kirchenamtlichen Dokumenten vollzogen,
denn nach der neuen Einführung in das Römische Messbuch „soll der Altar freistehen,
dass man ihn leicht umschreiten und an ihm der Gemeinde zugewandt die Messe feiern
kann“.6 Dümpelmanns Nachfolger als Pfarrdechant von St. Viktor, Dr. Hermann Josef
Spital, sollte die Gestaltung des Altarraums weiter vorantreiben, denn nach den gerade
zitierten Bestimmungen soll der Altar „einen solchen Platz erhalten, dass er wirklich den
Mittelpunkt des Raumes bildet, dem sich die Aufmerksamkeit der ganzen versammelten
Gemeinde von selbst zuwendet.“ Daher wurde 1969 der Standort eines neuen Altars ganz
aus dem Chorraum heraus ins Kirchenschiff verlegt. „Um eine größere Einbeziehung
der Gläubigen in den Gottesdienst zu erreichen, wurde der Chorraum in den Kirchenraum mit einbezogen, der Altar wird von der Gemeinde eingerahmt“, heißt es in einer
zeitgenössischen Broschüre.7 Auf einem dreistufigen Steinpodest erhob sich der neue
Altar auf quadratischem Grundriss. Zwei rechtwinklig gekreuzte senkrechte Platten aus
schwarzem Marmor trugen die Altarplatte. Unterhalb dieser fand der Reliquienschrein
in einer würfelförmigen Vitrine seine neue Bleibe. Spektakulär war die seitlich versetzte
Aufstellung des Altars und damit die ungewöhnliche Abweichung von der im Kirchenraum
vertrauten Symmetrie – zugunsten eines ebenfalls neu geschaffenen Ambo, dem Ort der
Schriftverkündigung: Damit sollte eine neue Wertschätzung der Heiligen Schrift und die
Bedeutung des Wortgottesdienstes optisch hervorgehoben werden.
Im August 1998 weihte Weihbischof Dr. Josef Voß den heutigen Altar von St. Viktor:
in der Grundform wie der Vorgänger, allerdings im vergrößerten Grundriss von 150 × 150
Zentimeter bei einer Höhe von 95 Zentimeter, gearbeitet aus hellem Kalkstein. Inmitten der
vier beim Wiederaufbau der Kirche verbliebenen Säulen nimmt die zweistufige Altarinsel
den optischen Mittelpunkt der Kirche ein: Der Altartisch bildet das exakte Zentrum
auf dem Podest, flankiert von Ambo und Priestersitz. Das bisherige Verbindungsstück
zum alten Chorraum wurde abgesenkt und somit der letzte Schritt zur architektonischen
Selbständigkeit des Altarraums vollzogen.
Schlusswort
Allein architektonisch wird man der Bedeutung des Altars bzw. des Altarraumes in einer
katholischen Kirche nicht gerecht. Nach gläubiger Auffassung wird die Liebe Gottes, die
in der Hingabe Jesu Christi am Kreuz zum Ausdruck kommt, immer wieder heilige Gegenwart in der Messfeier. Die in diesem Sinne zum Mahl vereinte Gemeinde ist verpflichtet,
diese Liebe im gemeinsamen Miteinander zu verwirklichen.
Altäre und Reliquien in St. Viktor
1 Das
Dokument wird heute im Pfarrarchiv aufbewahrt.
als Henric de Suyr überliefert.
3 Zit. in: Lebendige Gemeinde. 1200 Jahre St. Viktor in Dülmen. Dülmen 2003, S. 83.
4 Dülmener Zeitung vom 21. Dezember 1951.
5 Sacrosanctum Concilium, Art. 14.
6 Einführung in das Römische Messbuch, Art. 262.
7 Zit. in: Lebendige Gemeinde. 1200 Jahre St. Viktor in Dülmen, Dülmen 2003, S. 169.
2 Auch
41
Erik Potthoff
Domänenrat-Kreuz-Straße
Ein Teil der Burgstraße um 1912
Durch die völlige Zerstörung der Stadt in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs kann
das historische Gesicht der mehr als tausendzweihundertjährigen Siedlungsgeschichte
Dülmens nur bruchstückhaft anhand von Ansichtskarten und Fotografien aus der Zeit
zwischen 1890 und 1945 wieder gegeben werden. Mit der Gegenüberstellung historischer
Aufnahmen und aktueller Fotografien, unternimmt der Heimatverein Dülmen den Versuch,
das alte Dülmen den Lesern und Betrachtern ein wenig näher zu bringen.
Die für diesen Beitrag ausgewählte Ansichtskarte zeigt die Burgstraße, eine kleine Verbindungsstraße zwischen Markt- und Halterner Straße, über die bis zur Kriegszerstörung
1945 auch der Durchgangsverkehr rollte. Verbindliche Straßennamen wurden für Dülmen
erst 1902 eingeführt. Die „untere“ Marktstraße, also der Teil von der Lüdinghauser Straße
bis zum Südring, hieß bis dahin „Große Burgstraße“, im Unterschied zur Schlossstraße,
die als die „Kleine Burgstraße“ bezeichnet war.1
Berichteten der durchreisende Herzog Emmanuel von Croÿ 1741 noch von einem
„beinahe ganz aus Holz erbauten“2 Dülmen und der Dichter Clemens Brentano bei seiner
Ankunft 1819 von „einem einfältigen Landstädtchen voll guter Ackerbau treibender
Leute“3 , so veränderte sich das überlieferte Stadtbild in der Zeit zwischen 1880 und 1930
doch durchgreifend. Hierfür liefert exemplarisch der Bevölkerungsanstieg von 4.300 auf
9.930 Einwohner einen eindrucksvollen Beweis.4
Als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses erhielten die zuvor im französischbelgischen Grenzgebiet ansässigen Herzöge von Croÿ 1803 das zur Grafschaft erhobene Amt Dülmen als Entschädigung ihrer linksrheinisch verlorenen Gebiete. Die Phase
der Grafschaft Dülmen (1803 – 1806) hinterließ keine Spuren im Stadtbild. Anders jedoch der Bau des repräsentativen Stadtschlosses (1834/44) für die zu Standesherren im
Königreich Preußen ernannten Herzöge von Croÿ: Er sorgte für eine Umgestaltung des
Stadtgrundrisses im südlichen Bereich.
Zum Abschluss kamen die Bau- und Gestaltungsarbeiten mit der Einbeziehung des
gesamten Areals vor dem neuen Schloss. Das herzogliche Stadtschloss erhielt 18785
dem ihm städtebaulich zustehenden und notwendigen Vorplatz. Zum Bestandteil dieser
Planungen gehörte auch der Schlossbogen.
Der Sandsteinbogen im historistischen Baustil, bestehend aus zwei breiten Segmentbögen aus Werkstein mit abschließender Balustrade, schirmte das Schloss gegen die Stadt
Domänenrat-Kreuz-Straße
43
Blick durch den Schlossbogen in die Burgstraße bis zur Kötteröde
ab6 und war städtebaulich durch die passepartout-artige Rahmung und die Platzbildung
außerordentlich wichtig.7
Hinter dem Bogen öffnete sich der Blick bis zur Marktstraße und weiter die Gasse
hinunter bis zur Kötteröde. Vielfach zweigeschossige meist traufständige Bürger- seltener
auch Fachwerkhäuser bildeten die Straßenansicht. Diese kleinstädtischen Gassen und
Wegeverbindungen waren dem mittelalterlichen Stadtgrundriss Dülmens geschuldet und
gehörten zum damaligen Stadtbild.
In dem zweiten Haus auf der linken Seite betrieb Wilhelm Knüvener in den 1930erJahren sein „Schloss Café“ und lud nicht nur die Dülmener Jugend zum sonntäglichen
Tanztee ein. In diesem Zusammenhang wird von älteren Dülmenern auch immer wieder
vom überlieferten Begriff „Café Knutsch“ gesprochen.
Mit der Zeit eroberten Efeupflanzen den Segmentbogen aus bossierten Sandsteinen.
Trotz der erheblichen Beschädigungen im letzten Weltkrieg blieb der Schlossbogen zunächst
noch stehen. Um 1947 wurde er aber dann doch wegen Baufälligkeit abgebrochen.8
Seit 1952 ist die Verbindungsstraße zwischen der Markt- und der Schlossstraße nach
44
Erik Potthoff
Domänenrat-Kreuz-Straße 2012
Domänenrat August Kreuz (geb. 14. Oktober 1873, gest. 21. November 1957) benannt,
der in der Nähe seinen früheren Wohnsitz hatte. Als gebürtiger Siegerländer, gelernter
Kulturbauverwalter und erfahrener Wiesenbautechniker trat August Kreuz am 1. April
1908 in die Herzog von Croÿ’sche Domänenverwaltung ein, mit deren Leitung er dann von
1917 bis 1947 betraut wurde. Fast 50 Jahre verbrachte und wirkte August Kreuz neben
seinen beruflichen Aufgaben in den unterschiedlichsten kommunalen und kirchlichen
Ehrenämtern unserer Stadt. Darunter auch im Heimatverein Dülmen, den er 1924 mit
einigen Gleichgesinnten gründete und dessen Vorsitz er bis 1933 führte.9
1
B RATHE , H EINZ: Dülmen in alten Ansichten. 1978, S. 35.
B RATHE , H EINZ: Dülmen – Von der Bauerschaft zum zentralen Ort. 1986, S. 51.
3 Frankfurter Brentano-Ausgabe 33, S. 329.
4 B RATHE , H EINZ : Dülmen in alten Ansichten. S. 1.
2
Domänenrat-Kreuz-Straße
5 Vgl.
45
W ESKAMP, A LBERT: Geschichte der Stadt Dülmen. In: W ESKAMP, A LBERT (H G .): Geschichte
der Stadt Dülmen. Dülmen 1911, S. 108.
6 Aus einem historischen Stadtführer der 1920er-Jahre: „Dem Schloss gegenüber ein Doppelbogen aus
Bruchsteinen zur Verdeckung der Bürgerhäuser.“
7 B REDENBECK , M ARTIN : Die Architekturgeschichte Dülmens ab 1649. In: S UDMAN , S TEFAN : Geschichte der Stadt Dülmen. Dülmen 2011, S. 804.
8 L EWE , U LRICH und P OTTHOFF , E RIK : Unsere alte Tiberstadt. 1986, S. 40.
9 B RATHE , H EINZ : Domänenrat August Kreuz†. In: Dülmener Heimatblätter. 1957, Heft 4, S. 50 – 51.
Stefan Sudmann
Aus dem Magistrat mitgeteilt: Polizeidiener Ludwig B.
entlassen
Der Magistrat war im vorletzten Jahrhundert die Verwaltungsspitze der Stadt Dülmen,
bestehend aus Bürgermeister und drei Ratsmitgliedern.
Der nachstehende von Stadtarchivar Dr. Stefan Sudmann transkribierte Text einer Sondersitzung aus den Magistratsprotokollen1 gibt einen schillernden Einblick in kommunale
Personalpolitik und Personalprobleme vor 170 Jahren.
Zugleich spiegelt der Text ein Phänomen dieser Epoche wider, als vor allem im Norden
und Osten Deutschlands durch preiswerten Kartoffelanbau und das Entstehen vieler Brennereien der Schnapspreis erheblich sank und Kartoffelschnaps fast zu einem Grundnahrungsmittel der unteren Bevölkerungsschichten wurde, teilweise gehörte er zur Entlohnung.
Erschreckt durch die negativen Begleiterscheinungen des Alkoholismus bildeten sich bürgerliche Gegeninitiativen, so genannte Mäßigkeitsvereine, sowie kirchliche Bewegungen
z. B. unter Friedrich von Bodelschwingh.2
Dülmen, den 14. November 1839.
Bei der heutigen Sitzung des Magistrats wurde vom Bürgermeister die Anzeige gemacht, daß der für die interimistische Wahrnehmung des Polizeidienerdienstes angestellte
Ludwig B. . . sich seit kurzem derartig dem Branntweintrinken ergeben habe, daß er nicht
allein dadurch seine Obliegenheiten durchaus vernachlässigt, so daß sogar zu wiederholten
Malen auf seine Kosten der Wegewärter Möllers zur Ausführung des Polizeidienerdienstes
habe zu Hülfe genommen werden müssen, sondern auch seine Betrunkenheit öfters in
derartigem Grade stattgefunden, daß das Publikum selbst daran Ärgernis genommen habe.
Ein solcher Fall sei gestern wieder eingetreten, wo der gen. B. . . den Auftrag gehabt
habe, die hiesigen Schankwirthe zur Beithreibung der Steuern zu verabladen [vorzuladen],
diesen Auftrag aber nur zum Theil vollführt [habe], indem er nämlich die Schankwirthe
von der Neu- und Coesfelderstraße gar nicht bestellt und sich auch nicht wieder auf das
Bureau eingefunden habe. Bei der hierüber dieserhalb angestellten Untersuchung habe
sich ergeben, daß der gen. B. . . gegen 4 Uhr gestern Nachmittag besinnungslos besoffen
gewesen, auf der öffentlichen Straße gegenüber dem Hause des Melch. Strietholt über
hingestürzt und nur mit Hülfe der dort Anwesenden nach Hause gekommen sei.
Die Ehefrau Strietholt sei Augenzeuge dieses Vorfalls gewesen und soll auch selbst
das Magistrats-Mitglied Herrn Limberg davon wahrgenommen [informiert] haben.
Aus dem Magistrat mitgeteilt: Polizeidiener Ludwig B. entlassen
47
48
Stefan Sudmann
Gegen 4 Uhr habe der Secretair Hagemann aus Auftrage des Bürgermeisters gen. B. . .
nach dem Bureau berufen wollen, wo dieser dann denselben im Hause schlafen liegend
als Folge seiner Betrunkenheit betroffen und so sich überzeugt habe, daß derselbe außer
Stande sei, die Bestellung der Steuerpflichtigen ferner vornehmen zu können.
Eine öfters dem gen. B. . . gemachte ernstliche Warnung sowohl mündlich als schriftlich in letzterer Beziehung bekundeten solches die Warnungsverhandlungen vom 13. und
20. November 1837, sei wie sich nunmehr zur Genüge ergeben fruchtlos, um den gen.
B. . . von seiner Leidenschaft dem Branntweintrinken wieder abzubringen, und halte es der
unterzeichnete Bürgermeister für nothwendig, gen. B. . . aus seinem Dienste zu entlassen,
indem nicht allein die Dienstweisung des Polizeidieners selbst solches erfordere, sondern
auch die königliche Regierung es nicht dulde, daß von einem solchen Individuo die interimistische Verwaltung dieser Stelle stattfinde, zudem habe der gen. B. . . auch keinen
gesetzlichen Anspruch selbst bei guter Führung diese Stelle definitiv erhalten zu können,
und lassen die kürzlich eingegangenen mehrseitigen Anträge der Anstellungsberechtigten
seine Entlassung doch schon des Baldigst zu erwarten.
Unterzeichneter Bürgermeister trachte demnach darauf aus, daß dieserhalb vom Magistrat ein Beschluß gefaßt werde und bewirkte, daß er vorläufig den pensionierten Gendarme
Weber mit der Wahrnehmung des Polizeidienerdienstes beauftragt habe.
Vom Magistrat wurde hierauf der Beschluß gefaßt, daß der B. . . auf dem Antrag
des Bürgermeisters aus dem Dienste entlassen werden solle, indem die gegen denselben
vorgebrachte Beschwerde völlig als begründet bekannt sei, auch fände man für angemessen, daß der pensionierte Gendarme Weber, welcher mit einem Civil Versorgungsschein
versehen, vorläufig mit der Wahrnehmung des Polizeidienerdienstes beauftragt werden
möge und solle die Stadtverordnetenversammlung wegen der Bestellung des gen. Weber
als Polizeidiener gutachtlich befragt werden.
v. g. u. [vorgelesen, genehmigt, unterschrieben]
Möllmann
Hölscher
1 Stadtarchiv
Essewich
Limberg
Dülmen. Akte Bu/1. Magistratsprotokolle 1836 – 1854, Blatt 45 b ff.
„Branntweinpest“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21. August 2012,
15:10 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Branntweinpest&oldid=107076105 (Abgerufen: 25. August 2012, 12:51 UTC).
2 Seite
Stefan Sudmann
Licht ins Dorf – Zur Straßenbeleuchtung in den Dörfern des
Dülmener Umlands nach dem Zweiten Weltkrieg
Hiddingsel
Hiddingsel war im Vergleich mit der Stadt Dülmen und dem Dorf Buldern relativ unbeschadet durch den Zweiten Weltkrieg gekommen – vielleicht war dies ein Grund dafür,
dass hier bestimmte Arbeiten zur Verbesserung der Infrastruktur als weniger dringend
galten und deshalb weniger schnell durchgeführt wurden. Jedenfalls wurde in der Lokalpresse Ende 1948 beklagt, dass in den umliegenden Ortschaften die Straßenbeleuchtung
schon seit längerer Zeit wieder in Ordnung gebracht worden sei, in Hiddingsel aber „die
Instandsetzung dieser notwendigen Einrichtung“ bislang unterblieben sei.
Als Hauptproblem dieses Missstands wurde benannt, dass es für ältere Einwohner
deshalb kaum möglich sei, jetzt im Winter die Straßen zum sonntäglichen Gottesdienst
zu passieren.1 Schnelle Erfolge brachte diese Klage nicht: Im März 1950 wurde erneut
auf diesen – wohl wegen der Finanzlage der Gemeinde noch nicht behobenen – Missstand hingewiesen.2 Fünf Monate später konnte allerdings berichtet werden, dass der
Gemeinderat die Instandsetzung der Straßenbeleuchtung – vorerst sechs Lampen – bis
zum Herbst beschlossen habe.3 Im Oktober wurde schließlich der Erfolg gemeldet, dass
die Montagearbeiten abgeschlossen seien und nur noch die Sicherungskästen fehlten, so
dass „unser Dörfchen auch wieder sein Licht leuchten lassen kann“.4
Buldern
Aber auch in Buldern war zu dieser Zeit Handeln angesagt: Die im März 1945 während
der Kampfhandlungen am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstörte Straßenbeleuchtung
war zwar 1948 wieder teilweise hergestellt worden – aus finanziellen Gründen waren
„jedoch nur einige Beleuchtungskörper an den dringendsten Punkten angebracht“ worden.
Deshalb entschloss man sich im Herbst 1950, die Straßenbeleuchtung zu erweitern.5
Wie in Hiddingsel waren sechs Anlagen geplant; die erste konnte kurz vor Weihnachten
angebracht werden.6 Die kommenden drei Jahre wurden in Buldern immer mehr Lampen
angebracht – allerdings wurde auch immer größerer Bedarf angemeldet.7 1960 wurde die
Straßenbeleuchtung hier zu einem festen Bestandteil beim Ausbau der Straßen, so bei der
Ortsdurchfahrt (Weseler Straße) und in der Bahnhofstraße.8
50
Stefan Sudmann
Projektplan zur elektrischen Straßenbeleuchtung in Buldern
Licht ins Dorf – Zur Straßenbeleuchtung in den Dörfern des Dülmener Umlands nach . . .
51
Rorup
In anderen Siedlungen des heute zu Dülmen gehörenden Umlands blieben zu dieser Zeit
die erwünschten Fortschritte allerdings anfangs aus: In Rorup konnte die Straßenbeleuchtung 1954 zwar durch die Schaffung einer neuen Ortsdurchfahrt verbessert werden –
allerdings galt die Beleuchtung der zur Siedlung „Herrenwieske“ führenden Straße weiter
als unzureichend. Gegen Ende des Jahres 1955 – als die Tage wieder kürzer und die Nächte
wieder länger wurden – hörte man erneut Klagen. Der Gemeinderat wollte allerdings aus
finanziellen Gründen davon absehen, für den Winter „provisorische Brennstellen“ zu
schaffen, sondern versuchen, im folgenden Jahr „eine umfassende Beleuchtung“ für den
ganzen Ort einzurichten.9
Projektplan zur Straßenbeleuchtung in Rorup
52
Stefan Sudmann
Die Bewohner der Siedlung Herrenwieske klagten jedoch noch Anfang 1957 über
die weiterhin fehlende Beleuchtung der Zufahrtsstraße; aber auch in anderen Teilen des
Dorfes war noch keine Straßenbeleuchtung angebracht worden.10 Gegen Ende des Jahres
konnten jedoch endlich Erfolge vermeldet werden.11 Am 23. Dezember 1957 wurde die
aus 15 Leuchtstellen bestehende Straßenbeleuchtungsanlage mit dem Einbau des Zählers
durch die VEW12 schließlich in Betrieb genommen.13 In den 1960er-Jahren gehörte die
Einrichtung einer Straßenbeleuchtung bei der Einrichtung eines neuen Siedlungsgebietes
offensichtlich bereits zum Standard.14
Amt Dülmen: Hausdülmen und Merfeld
Auch in der seit 1930 zur Gemeinde Dülmen-Kirchspiel gehörenden Siedlung Hausdülmen
gab es offensichtlich Schwierigkeiten: Im Dezember 1951 wurde von einem Mitglied des
Gemeinderats angeregt, dort eine vierte Lampe in Betrieb zu nehmen.15 Für eine umfassende Modernisierung der Straßenbeleuchtung fehlte allerdings das Geld: Einem Vorschlag
der VEW an die Gemeinde Dülmen-Kirchspiel im Jahre 1954, die Straßenbeleuchtung
in Hausdülmen auf das kostengünstigere Neon-Licht umzustellen, stand man zwar zuerst
wohlwollend gegenüber. Jedoch sah sich die Gemeinde nach der Unterbreitung eines
Kostenvoranschlags nicht imstande, die für diese Umstellung erforderliche Summe von
1.150 DM aufzubringen – man hoffte aber, die VEW noch zu einer kostenlosen Umstellung
der Straßenbeleuchtung bewegen zu können.16
Im Oktober 1955 konnte dann mitgeteilt werden, dass die Bemühungen um eine verbesserte Straßenbeleuchtung durch Neonlicht „jetzt von Erfolg gekrönt“ worden seien:
Hausdülmen erhielt acht neue Brennstellen. Bedacht wurde dabei auch das wie die Gemeinde Dülmen-Kirchspiel zum Amt Dülmen gehörende Merfeld, das drei Brennstellen
erhielt.17 Ein umfassender Ausbau der Straßenbeleuchtung erfolgte in Merfeld jedoch
erst zu Beginn der 1970er-Jahre im Zuge des allgemeinen Straßenausbaus und der Dorfverschönerung, als hier über 40 Peitschenmast- und Mastenaufsatzleuchten aufgestellt
wurden.18
Nach der Kommunalen Neugliederung
Auch im ersten Jahrzehnt nach der Kommunalen Neugliederung vom 1. Januar 1975 war
die Straßenbeleuchtung noch gelegentlich Thema in der Stadtverordnetenversammlung
bzw. in den Ausschüssen: 1976 ging es um die Aufstellung einer zusätzlichen Straßenleuchte in Buldern und äußerte ein Mitglied des Bauausschusses Kritik an der mangelhaften und
Licht ins Dorf – Zur Straßenbeleuchtung in den Dörfern des Dülmener Umlands nach . . .
53
ergänzungswürdigen Straßenbeleuchtung in Hiddingsel19 – wie auch der SPD-Stadtverordnete Kleijdzinski Forderungen hinsichtlich der Straßenbeleuchtung an der Ostlandwehr
stellte.20 Zwei Jahre später musste die Straßenbeleuchtung an der B 474 verbessert werden21 , 1980 wurde eine Straßenbeleuchtung am Kortskamp in Hausdülmen angemahnt22 ,
1983 ergab sich die Frage nach der Möglichkeit, die B 51 bis zur Autobahnauffahrt zu
beleuchten.23 1984 und 1985 standen im Bauausschuss die Straßenbeleuchtungen in Buldern, in Rorup sowie in den Siedlungen Rödder und Karthaus zusammen mit östlichen
Teilen des inneren Stadtgebiets auf der Tagesordnung.24
Weitaus intensiver wurde in den Gremien jedoch der Straßenbeleuchtungsvertrag mit
den VEW verhandelt.25 Die Straßenbeleuchtung bzw. das Fehlen einer solchen war nun
also kein spezifischer Aspekt der Dörfer im Umland mehr, der besonders hervorgehoben
werden musste, sondern brauchte in der Stadt wie in den neuen Ortsteilen nun nur noch
bei Bedarf punktuell verbessert werden. Vor allem aber war dies nicht mehr wie zuvor ein
öffentlich problematisiertes Feld der Kommunalverwaltung: Nach der Kommunalen Neugliederung von 1975 war die Straßenbeleuchtung in den Dörfern des Dülmener Umlands
im Gegensatz vor allem zu den 1950er-Jahren kein Thema mehr für die Lokalpresse.
1 Westfälische
Nachrichten, 18. Dezember 1948.
Zeitung, 18. März 1950.
3 Dülmener Zeitung, 30. August 1950.
4 Dülmener Zeitung, 19. Oktober 1950 – 1956 und 1960 wurden weitere Lampen angebracht: Dülmener
Zeitung, 17. August 1956 und 21. Mai 1960; vgl. auch Stadtarchiv Dülmen, Gemeinde Buldern, B 73
(Sitzung vom 13. August 1956).
5 Dülmener Zeitung, 17. Oktober 1950.
6 Dülmener Zeitung, 13. Dezember 1950.
7 Dülmener Zeitung, 18. April 1951, 11. November 1952 und 11. September 1953; vgl. Stadtarchiv
Dülmen, Gemeinde Buldern, B 68, S. 201, 254 und 273.
8 Dülmener Zeitung, 21. Mai und 26. August 1960; Stadtarchiv Dülmen, Gemeinde Buldern, C 351.
9 Dülmener Zeitung, 24. November 1954 und 1. November 1955; schon 1950 wurden Anträge auf eine
Verbesserung der Straßenbeleuchtung auf später vertröstet: Stadtarchiv Dülmen, Amt Rorup, C 308.
10 Dülmener Zeitung, 21. Januar 1957.
11 Dülmener Zeitung, 12. November 1957.
12 Abkürzung für Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG, 2000 mit der RWE AG fusioniert.
13 Stadtarchiv Dülmen, Amt Rorup, C 308.
14 Stadtarchiv Dülmen, Amt Rorup, C 309.
15 Dülmener Zeitung, 18. Dezember 1951.
16 Dülmener Zeitung, 2. September 1954.
2 Dülmener
54
17 Dülmener
Stefan Sudmann
Zeitung, 26. Oktober 1955; vgl. Stadtarchiv Dülmen, Amt Dülmen, B 593; Dülmener Zeitung,
9. August 1955; – Anfang 1957 wurden neue Leuchten im Sillerkamp angebracht: Dülmener Zeitung,
7. Februar 1956.
18 Dülmener Zeitung, 27. März 1971 und 29. Juli 1972; vgl. auch Stadtarchiv Dülmen, Amt Dülmen, B 128
(Sitzung vom 15. März 1971).
19 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 21 (9. März und 6. Juli 1976).
20 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 22 (24. November 1976).
21 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 27 (26. September 1978).
22 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 31 (2. Oktober 1980).
23 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 37 (15. Februar 1983).
24 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 41 (20. November 1984) und BA 43 (1. Oktober 1985).
25 Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, RP 35, RP 40, RP 41 und RP 46; Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen,
HA 29 und HA 35; Stadtarchiv Dülmen, Stadt Dülmen, BA 46.
Erik Potthoff
Dank, wem Dank gebührt!
Langjährige Vorstandsmitglieder ausgeschieden
Einer Wiederwahl wollten sich die langjährigen Vorstandsmitglieder, Ludger Hillermann,
Wolfgang Werp und Heribert Windau im Jubiläumsjahr 2011 dann doch nicht stellen.
von links nach rechts: Ludger Hillermann, Wolfgang Werp und Heribert Windau
56
Erik Potthoff
Nach 17 Jahren schied Ludger Hillermann aus dem Vorstand des Dülmener Heimatvereins aus. Er gehörte dem Gremium seit 1994 an und bekleidete das Amt des
Vorsitzenden von 1996 bis 2004.
Unter seinem Vorsitz wurde die Vereinsarbeit neu geordnet und für aktiv interessierte
Vereinsmitglieder geöffnet.
Mit Ausnahme der Fachgruppe Geschichte sind die aus seiner Initiative hervorgegangenen Fachgruppen Plattdeutsch, Emmerick, Denkmalpflege und Jugend noch immer
existent. Mit dem Ausscheiden von Heribert Windau ruht zur Zeit jedoch die Arbeit der
Fachgruppe Denkmalpflege.
Wie er immer wieder betonte, kam Ludger Hillermann sehr spät zur „Emmerick“.
Erst nach seiner Pensionierung im Jahr 1994 beschäftigte er sich ganz intensiv mit der
Geschichte der Dülmener Nonne und ihrer Ausstrahlung. So zählte sicherlich zu den Höhepunkten seiner Arbeit die Vorbereitungen und die Teilnahme an der Seligsprechung von
Anna Katharina Emmerick im Jahre 2004. Viel Aufmerksamkeit erhielt die gemeinsame
Sonderausgabe der Dülmener Heimatblätter und des Emmerickbundes unter dem Titel
„Spuren“, die sich mit der Neuentdeckung der Seligen und den Feierlichkeiten in Rom
beschäftigte. Obwohl sich Ludger Hillermann aus der Vorstandsarbeit zurückgezogen hat,
lag ihm daran, die Fachgruppe Emmerick weiter zu führen und weiterhin als ihr Sprecher
zu fungieren.
Vielen Dülmenern werden die Stadtführungen für kleine und größere Gruppen in
Erinnerung bleiben. Oft war der pensionierte Grundschulrektor Ludger Hillermann mit
Schulklassen in Dülmen unterwegs. Unvergesslich bleibt dabei sein mitreißender Erzählstil,
bei dem sich in den Köpfen der Zuhörer ganze Filme abspielen.
Für Dülmener Lehrer bot er als Teil der Heimatvereinsarbeit eine jährliche Fortbildung
in Form einer Arbeitsgemeinschaft für den Bereich der Heimatpflege und Lokalgeschichte
an.
Viele Jahre war Ludger Hillermann Mitglied im Redaktionsteam der Dülmener Heimatblätter und Autor unterschiedlichster Beiträge.
Im Jubiläumsjahr 2011 qualifizierte er zusammen mit Rüdiger G. Behrens und dem
Autor neun interessierte Dülmener zu Stadtführern. Die Ausbildung der Nachwuchskräfte
erfolgte in Kooperation mit der Familienbildungsstätte.
Dem Jubiläum „700 Jahre Stadt Dülmen“ gab Ludger Hillermann als einer von sieben
Jubiläumsbotschaftern sein Gesicht.
Der gebürtige Rheinenser und seit 1941 in Dülmen lebende Jurist Wolfgang Werp
gehörte von 1985 bis 2011, also nicht weniger als 26 Jahre, dem Vorstand an, davon neun
Jahre als stellvertretender Vorsitzender.
Dank, wem Dank gebührt!
57
Während der Amtszeit von Wolfgang Werp war der Heimatverein Dülmen in allen
Rechtsfragen gut beraten.
Nach dem plötzlichen Tod von Dr. Friedrich-Wilhelm Hemann übernahm er dankenswerter Weise die zeitintensive Redaktionsleitung der Dülmener Heimatblätter. Mit Fleiß,
Disziplin, sehr viel Engagement und dem nötigen Schuss Diplomatie führte Wolfgang
Werp die Dülmener Heimatblätter. Krönender Höhepunkt in der Publikationsgeschichte des
Vereins war die Herausgabe einer 336-seitigen Sonderausgabe der Dülmener Heimatblätter
in Buchform zum 700-jährigen Stadtjubiläum im letzten Jahr.
Angelehnt an die frühere Rubrik „Schrifttum der Heimat“ übernimmt Wolfgang Werp
seit dem Jahr 2000 Heft für Heft die launige Vorstellung der Neuerscheinungen.
Ohne seine Mithilfe wäre das Modell der Stadt Dülmen der 1930er-Jahre nicht entstanden. Die Anzahl der Bäume auf der Modellplatte geht auf seine Initiative zurück.
Heribert Windau schließlich, seit über 30 Jahren Mitglied des Vereins, war Vorstandsmitglied von 1982 bis 1995 und dann noch einmal von 2003 bis 2011.
Er übernahm 2001 nach dem Tod von August Deckenhoff die Fachgruppe Denkmalpflege und bezog alle Ortsteile mit ihren örtlichen Vertretern in die Fachgruppenarbeit ein.
Nach einer Bestandsaufnahme der in die Denkmalliste eingetragenen Bau- und Bodendenkmäler der Stadt Dülmen wurde von ihm die Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde der
Stadt Dülmen angeregt. Oft konnte der Tag des offenen Denkmals zusammen mit der Stadt
Dülmen und dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege vorbereitet und durchgeführt
werden. In Erinnerung bleiben die kurzweiligen Führungen mit Dr. Ulrich Reincke.
Gleichzeitig vertrat Heribert Windau den Heimatverein Hiddingsel im Vorstand des
Dülmener Heimatvereins.
Ludger Hillermann, Wolfgang Werp und Heribert Windau leisteten zusammengerechnet insgesamt 64 Jahre Vorstandsarbeit für den Heimatverein Dülmen. Ihnen gebührt großer
Dank für den selbstlosen, zeitintensiven Einsatz und ihre Leidenschaft zur Heimatpflege.
Sie gaben über viele Jahre dem Dülmener Heimatverein ein Gesicht und hinterlassen im
Vorstand eine vorerst nicht zu schließende Lücke. Als an der Heimatvereinsarbeit interessierte Mitglieder werden die drei die Entwicklung des Vereins aufmerksam verfolgen.
Stefan Sudmann
Neues aus dem Stadtarchiv: Quellen und Literatur
Nachlass von Rudolf Weber
Anfang 2012 übergab der Dülmener Architekt Jochem Weber dem Stadtarchiv Dülmen
Unterlagen aus dem Nachlass seines im April 2010 verstorbenen Vaters, des Architekten Rudolf Weber. Dieser hatte in den 1930er-Jahren zuerst eine Ausbildung bei der
Stadtverwaltung Dülmen begonnen, 1941 kurz als technische Hilfskraft bei der hiesigen
Bauleitung der Luftwaffe gearbeitet und später in Münster sowie in Düsseldorf Architektur studiert. In Dülmen – und in anderen Gemeinden des Münsterlands – zeichnete
er für viele Bauprojekte verantwortlich, darunter neben Wohnhäusern auch Schul- und
Geschäftsgebäude. Inspiriert wurde Webers architektonisches Schaffen in Dülmen stark
durch seine im Jahre 1950 (nur wenige Monate nach seinem Examen) unternommene
Reise in die USA, wo er die Avantgarde der zeitgenössischen Architektur sowohl durch
die Besichtigung neuer Bauwerke als auch durch Gespräche mit namhaften Architekten
– Johnson, Breuer, Wachsmann, Mies van der Rohe – kennen lernte. Zu den jetzt im
Stadtarchiv aufbewahrten Unterlagen gehören Webers Tagebuch und Fotoalbum dieser
Reise, seine später abgefassten Lebenserinnerungen, Kataloge mit Abbildungen seiner
wichtigsten Bauten, Schulzeugnisse sowie ein Fotoalbum seines im Zweiten Weltkrieg
gefallenen Bruders.
Nachlass von Leo Winkelmann
Ebenfalls Anfang 2012 in das Stadtarchiv gelangt sind Unterlagen zur Feuerwehr im
Amt Dülmen aus den Jahren 1943 – 1974 und in der Stadt Dülmen aus den Jahren 1977 –
1988 aus dem Nachlass von Leo Winkelmann (1926 – 2011), Mitglied der Freiwilligen
Feuerwehr und beschäftigt bei der Dülmener Kommunalverwaltung.
Brennerei Löhning
Weitere neue Quellen im Stadtarchiv sind Unterlagen der Firma Löhning. Hier finden
sich vor allem Materialien aus der Zeit des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkriegs
und des Wiederaufbaus – und zwar nicht nur Unterlagen zur Firmengeschichte, sondern auch private Unterlagen des Brennereibesitzers Alfred Löhning, die interessante
Informationen zu Dülmen in der Zeit des Nationalsozialismus liefern.
Dechant Theodor Dümpelmann
Im April 2012 wurden dem Stadtarchiv der Ehrenbürgerbrief der Gemeinde Dülmen-Kirchspiel und die Ehrenurkunde der Bürgerschützen für den Geistlichen Theodor
Neues aus dem Stadtarchiv: Quellen und Literatur
59
Dümpelmann aus dem Jahre 1964 als Depositum übergeben.
Westfälische Chronik des 16. Jahrhunderts mit Erwähnung des Dülmener Meteoriten
von 1546
Kürzlich von Wingolf Lehnemann neu herausgegeben wurde die von dem unter anderem in Lünen tätigen Pfarrer Georg Spormecker (†1562) verfasste „Cronica Lunenis
civitatis Markanae“ (mit neuhochdeutscher Übersetzung). Diese enthält einen zeitgenössischen Bericht über den auch in späteren Chroniken erwähnten Niedergang eines
Meteoriten am 22. Februar 1546, der ausführlich die Details schildert: Aus der Luft sei
eine große und breite Materie wie von geronnenem Blut in den Stadtgraben gefallen, habe
vier Strahlen ausgesandt und sei dort liegen geblieben: „by sunte Peter ad cathedram
ys to Dulman im stycht Munster ut der lucht gevallen in der statzgraven eyn groyt und
breyt materie als gerunnen blout, gelyck eyner lever, so groyt als eyn wan, upt ijss, darvan
dat ijss dalegeboget van ander IIII stralen gegeven, overs dat corpus bleff lyggen als eyn
bloutsack.“
Armenhäuser in Buldern und Empte
Anfang 2012 in Münster erschienen ist eine volkskundliche Dissertation von Kirsten
Bernhardt über die von westfälischen Adligen gestifteten Armenhäuser („Armenhäuser:
Die Stiftungen des münsterländischen Adels“ in der Reihe „Beiträge zur Volkskultur
in Nordwestdeutschland“). Darin werden die durch archivalische Quellen nur dürftig
überlieferten und in der älteren Literatur nur kurz erwähnten Armenhäuser in Buldern
und Empte, die vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs
bestanden, erstmals etwas ausführlicher dargestellt.
Historische Bildungsarbeit und Archivpädagogik im Stadtarchiv Dülmen
Die Studentin Christiane Artmann hat für die Ausgabe 76/2012 der Zeitschrift „Archivpflege in Westfalen-Lippe“ auf Grundlage einer Unterrichtseinheit zur Kinder- und
Jugendarbeit in Dülmens Textilindustrie einen Aufsatz über die Möglichkeiten zu Archivpädagogik und historischer Bildungsarbeit in kleineren Stadtarchiven am Beispiel des
Stadtarchivs Dülmen verfasst.
Wolfgang Werp
Neuerscheinungen
Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld, Unser Kreis – Geschichte und Geschehen 2011,
hg. vom Kreisheimatverein Coesfeld, 36. Jahrgang 2011, Coesfeld 2012.
Das Redaktionsteam hat wieder einmal Fleißarbeit geleistet und eine bunte Mischung
ansprechender und lehrreicher Beiträge zusammengetragen, deren Studium interessante
Erkenntnisse zu folgenden Themen bietet:
Peter Ilisch berichtet über Soldaten in und aus Billerbeck zu Zeiten des Fürstbistums
Münster; Rotraud Ilisch befasst sich mit Familienanzeigen am Beispiel Billerbecks;
Norbert Nagel versucht eine Bestandsaufnahme mit Forschungen und Forschungsperspektiven zu Leben und Werk des Gymnasialdirektors, Landeshistorikers und
Verbandsfunktionärs Franz Darpe (1842 – 1911); Paul B. Steffen stellt Pater Franz
Vormann SVD (1868 – 1929) aus Billerbeck vor, den Mitbegründer der katholischen
Mission und Kirche in Neuguinea; Michael Kertelge erinnert zum 70. Jahrestag der
ersten Deportation von Juden aus dem Kreis Lüdinghausen nach Riga an deren Schicksal;
Peter Ilisch untersucht in einem Kurzbeitrag den Wechsel des Weihetitels der Darfelder
Kirche von „unser lieven Vrouwen Kercke tho Darvelde“, also einer Marienkirche, zum
Patronat des Bischofs Sankt Nikolaus; Norbert Nagel weist auf die mittelniederdeutsche
Bauinschrift an der Kapelle des Hauses Hameren bei Billerbeck aus dem Jahr 1493
hin und erläutert die vorliegenden oder geplanten Dokumentationen von historischen
Inschriften aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit; Karlheinz Hagenbruch blickt
zurück von Coesfeld nach Berlin, wo Pfarrdechant Josef Ruland von St. Lamberti in
Coesfeld als Kaplan von St. Hedwig in Berlin bei der Ehrung der Märzgefallenen auf
dem Gendarmenmarkt 1848 eine denkwürdige Ansprache gehalten hat.
Viele dieser anregenden Beiträge laden zur Lektüre ein! Wie üblich wird das Heft von
der Jahreschronik des Kreises Coesfeld 2011 mit vielen statistischen Daten abgerundet.
Schließlich ist auf den interessanten Beitrag von Stadtarchivar Dr. Stefan Sudmann
besonders einzugehen, da er den Dülmenern einen Blick hinter die Kulissen ihrer Verwaltung erlaubt: „Vor 100 Jahren: Wer will Bürgermeister werden? Ein Blick in die
Bewerbungen zu Dülmens Bürgermeisterwahl 1912.“
Nach dem Stadtjubiläum 1911 wurde im Jahre 1912 die Wahl eines neuen Dülmener Bürgermeisters notwendig, weil die 1912 auslaufende zwölfjährige Amtszeit des
Bürgermeisters Max Lehbrink wohl wegen einer Überschreitung des Kostenrahmens für
das 600jährige Stadtjubiläum nicht verlängert werden sollte. Die frei werdende Stelle
wurde also ab Mitte Dezember 1911 in der Presse ausgeschrieben. Fast 130 Bewerbun-
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gen sind in den alten Unterlagen nachgewiesen. Sie kamen vor allem aus preußischen
Regionen: 13 Bewerbungen aus dem Münsterland, 14 aus dem restlichen Westfalen; aus
der benachbarten Rheinprovinz stammten ebenfalls 23 Bewerber; aus anderen Teilen des
Königreichs Preußen kamen 54 und aus anderen Ländern des Deutschen Reichs gingen 18
Bewerbungen ein.
Wie die ausführliche Untersuchung Sudmanns zeigt, hatten die meisten Bewerber als
Juristen beide Staatsexamina abgelegt, also auch hinreichende Verwaltungserfahrungen.
Etliche Kandidaten verfügten zudem über längere Berufserfahrungen als Bürgermeister
kleinerer Gemeinden. Oft gaben aber auch private Gründe, wie das Bildungsangebot des
gerade gegründeten Dülmener städtischen Gymnasiums, Anlass zur Bewerbung.
Für die Stadt Dülmen nicht unwichtig war die Religion der Bewerber. Obwohl die Regierung bereits im Jahre 1900 ausdrücklich untersagt hatte, in Stellenausschreibungen die
katholische Religion zur Bedingung für den Posten eines Bürgermeisters zu machen, durften die Stadtverordneten die Auswahl auch unter diesem Aspekt vornehmen. Dies ist daran
zu erkennen, dass mehrere Kandidaten, die weder im Anschreiben noch im Lebenslauf
hierzu Angaben gemacht hatten, diese Angaben auf Wunsch der Stadt schriftlich nachreichen mussten. Weitere Einzelheiten der Bewerbungsinhalte und manche Besonderheiten
sind in der Untersuchung ausführlich erläutert.
Von den 127 Bewerbungen kamen nur 14 in die engere Auswahl. Schließlich blieben
fünf Kandidaten übrig, die zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden. Alle wiesen
merkwürdigerweise vier gemeinsame Eigenschaften vor: sie wohnten in den preußischen
Westprovinzen, sie hatten ein abgeschlossenes Jura- oder VWL-Studium, sie hatten
Verwaltungserfahrung und sie waren (zufällig?) alle vorher im Ruhrgebiet tätig.
Die Wahl des Bürgermeisters erfolgte am 26. März 1912. Sie fiel nicht einstimmig,
aber eindeutig aus. Der Magistratsassessor Dr. Karl Pieper, der sich ab 1928 in Sicking
umbenannte, erhielt 15 von 18 möglichen Stimmen. Die Regierung in Münster stimmte
der Wahl zu. Dr. Sicking wirkte dann bis 1936 und noch einmal kurz 1945/46 erfolgreich
als Bürgermeister in Dülmen.
Übrigens fand anlässlich der Amtseinführung von Dr. Pieper am 14. Mai 1912 ein
„Fest-Essen“ im Gasthof Hilger statt. Der Preis des Gedeckes betrug 4 Mark einschließlich
der Kosten der Musik. Die Liste zum Einzeichnen lag für die Gäste im Gasthof offen. –
Das waren noch Zeiten! Wer würde da nicht gerne wissen, wie es später bei der Wahl von
Nachfolgern an der Spitze der Dülmener Verwaltung zugegangen ist?
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Wolfgang Werp
„Wie liebenswert ist deine Wohnung“, St. Viktor in Dülmen – ein spiritueller Begleiter
in Wort und Bild, hg. von der Kirchengemeinde St. Viktor in Dülmen, Dülmen 2012.
Als Titel und Leitgedanke ist der Psalm 84,2 diesem außergewöhnlichen Buch vorangestellt worden, wie Pfarrdechant Markus Trautmann in seiner Einführung ausführt.
Er ergänzt: „Wir Menschen brauchen konkrete Räume und Zeiten der Zusammenkunft
und auch des gemeinsamen Hörens, Innehaltens und Betens.“ Ein Kirchenraum sei mehr
als nur eine äußere Hülle und Versammlungsraum, sondern auch Ausdruck einer inneren
Haltung. So könne dieser außergewöhnliche „Kirchenführer“ den Leser neugierig und St.
Viktor in seiner jetzigen Form und Ausgestaltung als liebenswert erlebbar machen.
Diesem Anliegen folgend sind zahlreiche Dülmener und Menschen von auswärts dem
Aufruf der Gemeinde St. Viktor zur Mitarbeit an diesem Bilder-Lesebuch gefolgt und
haben ihre An- und Einsichten zu verschiedenen Bildmotiven oder architektonischen
Details der Dülmener St.-Viktor-Kirche in Text und Bild zu einer bunten Collage zusammengetragen. Die vielfältigen Einzelbeiträge reichen von persönlichen Betrachtungen über
lyrische Gedichte bis zu nüchternen Sachberichten oder spontanen Gebeten. Sie zeigen die
Vielfalt der Sichtweisen und Betrachtungen beim Blick auf die nach Zerstörungen immer
wieder aufgebaute alte Stadtkirche im Mittelpunkt des Ortes. Der mit diesem speziellen
„Begleiter“ durch St. Viktor gehende oder dort verweilende Leser/Betrachter wird über die
bisher unentdeckten Einzelheiten in Architektur, Fensterbildern, Paramenten, Skulpturen
oder Teilansichten überrascht sein.
Als Orientierungshilfe für den Besucher wurden die Beiträge zu vier Rundgängen
gegliedert: zunächst außen um die Kirche herum, dann zu markanten Blickfängen im
Inneren, weiter durch den Gottesdienstverlauf und schließlich durch das Kirchenjahr.
Der Leser der Texte oder auch nur Betrachter der Bilder ist gedanklich mit den Autoren
oder Fotografen auf ihren Rundgängen unterwegs und erlebt die Kirche in wechselnden
Einzelsichten, die ihm bisher überhaupt nicht bewusst geworden oder auch nur aufgefallen
sind. Hervorzuheben ist dabei die gelungene Kombination von Text und Bild.
Dank der prächtigen Aufmachung des Buches und der ausdrucksstarken Fotografien –
z. B. von den Einzelszenen der Kirchenfenster bis zu den Feinheiten der weihnachtlichen
Krippenfiguren – wird der Betrachter an die sicher nicht unumstrittene Nachkriegs-Architektur des kirchlichen Raumes und die Vielfalt der Gegenstände und Kunstwerke in der
Kirche herangeführt. Nebenbei wird in den verschiedenen Textbeiträgen außer den religiösen Aspekten eine Fülle von Einzelinformationen zu Dülmen und seiner wechselhaften
Geschichte vermittelt.
Das Experiment mit diesem außergewöhnlichen „Kirchenführer“ sollte dankbar angenommen und großen Anklang finden. Das Werk wird als Begleiter vieler Menschen zu
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besinnlichem Verweilen in und um St. Viktor in Dülmen anregen.
100 Jahre St. Agatha Rorup 1912 – 2012, Was uns zusammenhält, hg. von der Kirchengemeinde St. Agatha Rorup, Dülmen 2012.
Bereits im Jahr 1320 wird in Rorup erstmals eine Kirche erwähnt. Zwar handelte es sich
zunächst nur um ein kleines Gebäude, das als Marienkirche den Ortskern mitbestimmte.
Über Jahrhunderte ist die Kirche dann von den Bürgern des Dorfes gepflegt, umgestaltet,
erneuert und wiederaufgebaut worden. Vor 100 Jahren wurde ein umfangreicher Neu- und
Umbau der Pfarrkirche St. Agatha fertiggestellt. Ihr heutiges Erscheinungsbild stammt also
aus dem Jahre 1912. Dies war für das Redaktionsteam Ulrich Artmann, Harald Schmied
und Bernhard Krümpel ein verpflichtender Anlass, mit einer Festschrift einen umfassenden
Rückblick auf die Kirchengemeinde Rorup zu geben und deren Entwicklung im Laufe der
Jahrhunderte in Erinnerung zu rufen.
Nach einem kurzen Überblick zur politischen Geschichte des Ortes Rorup, des Bistums
Münster und der Legende von der heiligen Agatha, die um 1413 aus einer Stiftung einer
Agathavikarie der Witwe des Hermann von Merfeld als Patronin der Gemeinde hervorging,
befassen sich die Verfasser mit der Baugeschichte der alten und neuen Kirche. Ausführlich
und durch gut erhaltenes Bildmaterial hervorragend ergänzt werden die Eckpunkte der
Entwicklung von Kirche und Gemeinde vorgetragen. Für den Betrag von 78.000 Mark
bekam die damals landesweit bekannte Firma Aloys Kirschner Witwe in Dülmen den
Zuschlag für die Bauausführung. Am 25. September 1912 konnte die Einweihungsfeier
begangen werden. Auch hier gab es mittags im Gasthof Schürmann für 60 Personen
ein „Festessen“ aus Anlass der Einweihung mit der Speisenfolge „Prieselpastetchen;
Königssuppe mit Eierstich; Steinbutt, Butter, Tunke; Spargel, Rührei, gek. Schinken,
Zunge; Rehkeule, garniert; Kalbsfricandeau mit Salat und versch. Kompot; Weingelee mit
Schlagsahne; Butter, Käse; Dessert“.
Am Vorabend der kirchlichen und weltlichen Feierlichkeiten war der Bischof von
Münster von einem Reiter- und Fahrradzug mit bändergeschmückten Rädern an der Gemeindegrenze abgeholt worden. Die Gemeinde zog am Festtag in einer großen Prozession
in die Kirche ein. In einem feierlichen Hochamt weihte der Bischof das neue Gotteshaus
ein. Mit heiligem Öl segnete er die zwölf erhabenen Kreuzzeichen an den Innenwänden,
erinnernd an die zwölf Apostel als Fundamente der Kirche.
Weitere Berichte erläutern die Renovierungen und Verschönerungen in den Folgejahren. Anschließend folgen Beiträge über die in der Gemeinde tätigen Seelsorger, über
Kapläne, Vikare und Schulvikare, über Küster und Organisten sowie Messdienergruppen.
Darüber hinaus werden vom umfangreichen Kircheninventar besonders die Geschichten
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Wolfgang Werp
der Orgel und der Glocken sowie das romanische Triumphkreuz und die Kirchenfenster
im Einzelnen erläutert. Von den Festtagen im Laufe des Kirchenjahres und den dazu in
Rorup überbrachten Bräuchen sind das Angelus-Gebet, Prozessionen und Wallfahrten,
Fahrzeugweihen und einige hervorragende Holzskulpturen Gegenstand ausführlicher Darstellung. Schließlich wird die Geschichte der Linde vor der alten Kirche mit besonderer
Aufmerksamkeit beleuchtet.
Alles in allem eine schöne, gut illustrierte und abgerundete Festschrift, die vom
100jährigen Bestehen der Pfarrei St. Agatha Rorup ausgehend wesentliche Teile der
Geschichte des Dorfes Rorup und seiner Menschen sehr gelungen zusammenfasst.
Autorinnen und Autoren
Luca Domnick, Nienkamp 26, 48249 Dülmen, S. 20
Paul Gödde, Siegerlandstraße 8, 45065 Recklinghausen, S. 34
Erik Potthoff, Haselbrink 13, 48249 Dülmen, S. 42, 55
Dietmar Rabich, Hausdülmen, Koppelbusch 37, 48249 Dülmen, S. 5
Dr. Stefan Sudmann, Stadtarchiv Dülmen, Charleville-Mézières-Platz 2, 48249 Dülmen, S. 46, 49,
58
Markus Trautmann, Bült 2, 48249 Dülmen, S. 35
Wolfgang Werp, Ludwig-Wiesmann-Straße 10, 48249 Dülmen, S. 60
Abbildungen
Arno Schröder: Mit der Partei vorwärts Lippische Staatszeitung, NS-Verlag, 1940, S. 29
Deutsches Bundesarchiv (BArch), Bild 183-H27798, Fotograf unbekannt, Lizenz CC-BYSA 3.0; Wikimedia Commons: Datei Bundesarchiv Bild 183-H27798, Nürnberger Prozess, Verhandlungssaal.jpg, Stand: 11. Juli 2009, 18:55 UTC, URL:
http://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Bundesarchiv_Bild_183H27798,_Nürnberger_Prozess,_Verhandlungssaal.jpg&oldid=23505294 (abgerufen am
12. Mai 2012, 14:36 UTC), S. 22
Dietmar Rabich, Hausdülmen, Koppelbusch 37, 48249 Dülmen, S. 16, 27
Erik Potthoff, Haselbrink 13, 48249 Dülmen, S. 2, 44
Heinz Habers, Riesweg 29, 48734 Reken, S. 55
Historisches Archiv Krupp, Essen; ÜF 2/4.2.5.2, S. 12, WA 7 f 830, S. 7, WA 7 f 832, S. 7
Markus Trautmann, Bült 2, 48249 Dülmen, S. 35, 37
Sammlung Dieter Böhle, Seppenrade; Quelle: Legermuseum, Delft, Niederlande, S. 11
Sammlung Erik Potthoff, Haselbrink 13, 48249 Dülmen, S. 25, 43
Stadtarchiv Dülmen, Charleville-Mézières-Platz 2, 48249 Dülmen, S. 47, 50, 51
Wikimedia Commons; Datei Alfred Krupp.jpg, Stand: 25. Dezember 2010, 22:13 UTC,
URL: http://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Alfred_Krupp.jpg&oldi
d=47429099 (abgerufen am 12. Mai 2012, 15:42 UTC), gemeinfreie Bilddatei, Quelle:
URL: http://www.thyssenkrupp.com/en/presse/bilder.html&photo_id=16, S. 5
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Herausgeber: Heimatverein Dülmen e. V.,
Postfach 1307, 48234 Dülmen
E-Mail: [email protected]
WWW: http://www.heimatverein-duelmen.de/
Redaktion: Hanne und Ludger David,
Justin Maasmann, Erik Potthoff (Ltg.),
Dietmar Rabich und Dr. Stefan Sudmann
Satz: Dietmar Rabich (mit LATEX)
ISSN: 1615-8687
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