Kongress für Nephrologie 2008
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Kongress für Nephrologie 2008
Erscheinungsort: Wien; Verlagspostamt: A-8600 Bruck an der Mur Jahrgang 10 - 4/08 ISSN 1682-6817 NEPHRO - NEWS Forum für Nephrologie und Hypertensiologie Offizielles Organ der Gesellschaft für Nephrologie (GfN) Kongress für Nephrologie 2008 39. Kongress der Gesellschaft für Nephrologie (GfN) 41. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie (DAGKN) Einladung Gemeinsam mit unseren Mitarbeitern begrüßen wir Sie ganz herzlich zur gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie und der Gesellschaft für Nephrologie, die vom 27.- 30. September 2008 in Tübingen stattfindet. Mit tatkräftiger Unterstützung durch die Mitglieder des Programmkomitees haben wir ein Programm zusammengestellt, das ein breites Angebot an Fortbildung und wissenschaftlichen Vorträgen bietet. Es ist uns gelungen, herausragende nationale und internationale Redner für die Plenarvorträge und Symposia zu gewinnen. Plenarvorträge widmen sich den Themen Einfluss von Niere und Calciumphosphat-Haushalt auf das Altern, Pathophysiologie des nephrotischen Syndroms, Calcium- und Protonensensoren, Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, vaskuläre Kalzifizierung, Salzwirkungen am Endothel ARCHIV: www.nephro-news.at Mfijkf E<L D`k]\i`ea\Zk`e[`\e\l\ ;`d\ej`fe[\i<`j\ek_\iXg`\% FERINJECT® (Wirkstoff: Eisen(III)-hydroxid-Polymaltose-Komplex (Ferric Carboxymaltose)) Zusammensetzung: Wirkstoff: Eisen(III)-hydroxid-Polymaltose-Komplex (Ferric Carboxymaltose), ein Eisen-Kohlehydrat-Komplex (Konzentration: 50 mg Eisen pro Milliliter Lösung); sonstige Bestandteile: Natriumhydroxid, Salzsäure (zur Einstellung des pH-Werts) und Wasser für Injektionszwecke. Injektions- / Infusionslösung in Durchstechflaschen zu 2 ml Lösung, entspricht 100 mg Eisen, und Durchstechflaschen zu 10 ml Lösung, entspricht 500 mg Eisen Anwendungsgebiete: FERINJECT® ist ein Antianämikum und wird für die Behandlung von Patienten mit Eisenmangel angewendet, wenn orale Eisenpräparate unwirksam sind oder nicht angewendet werden können. Ziel ist das Wiederauffüllen der Eisenspeicher des Körpers und die Beseitigung der Anämie. Gegenanzeigen, Warnungen, Vorsichtsmassnahmen, Überdosis: FERINJECT® darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen Eisen(III)-hydroxidPolymaltose-Komplex (Ferric Carboxymaltose) oder einen der sonstigen Bestandteile von FERINJECT®; einer Anämie, die nicht durch Eisenmangel bedingt ist; einer Eisenüberladung oder Eisenverwertungsstörung; in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten. Besondere Vorsicht bei der Einnahme von FERINJECT® ist erforderlich bei einer Infektion, Asthma, Ekzemen, Allergien oder Leberfunktionsstörungen; FERINJECT® darf Kindern unter 14 Jahren nicht verabreicht werden. Wenn FERINJECT® zusammen mit oralen Eisenpräparaten verabreicht wird, ist es möglich, dass diese oralen Präparate weniger wirksam sind. Nebenwirkungen Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall, Hautausschlag (Rash), Reaktionen am Verabreichungsort. Gelegentlich: Paraesthesie, Hypotension, Flushing, Geschmacksstörungen, Erbrechen, Dyspepsie, Blähungen, Juckreiz, Nesselsucht (Urtikaria), Muskelschmerzen, Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Brustschmerzen, Muskelsteifigkeit (Rigor), Unwohlsein, peripheres Ödem. Manche Blutparameter können vorübergehende Änderungen zeigen, was sich anhand von Laboranalysen nachweisen lässt. Häufig: vorübergehende Abnahme des Phosphorspiegels im Blut und Anstieg des Leberenzyms Alaninaminotransferase. Gelegentlich: Anstieg bestimmter Leberenzyme (Aspartataminotransferase, Gamma-Glutamyltransferase) und Anstieg des Enzyms Laktatdehydrogenase. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Zulassungsinhaber Vifor France SA, 123, Rue Jules Guesde, 92309 Levallois-Perret Cedex, Frankreich; Vertrieb durch Vifor Deutschland GmbH, Landsberger Strasse 302, 80687 München, Deutschland. Stand: August/2007 J:?E<CC 9`jql('''d^`e(,D`elk\e N@IBJ8D JZ_e\cc\=ccle^[\i<`j\ejg\`Z_\i GI8BK@J:? =i\`mfe;\okiXe#b\`e\K\jk[fj`j efkn\e[`^ Editorial und Transplantations-Immunologie. Bei der Gestaltung des Programms haben wir besonderen Wert auf übergreifende Themen gelegt, die gleichermaßen Grundlagenforscher und Kliniker interessieren. Damit hoffen wir, den Auftrag, unseren Mitgliedern den neuesten Stand nephrologischer Forschung zu vermitteln, erfüllen zu können. Jeweils über die gesamte Kongressdauer werden durchgehende Themenblöcke zu “Grundlagen“, „Integrative Nephrologie“, „Experimentelle Nephrologie“, „Klinische Nephrologie“, „Transplantation“, „Dialyse-Apherese“ und „Varia“ angeboten. Sie umfassen jeweils Übersichtsreferate und freie Vorträge. Die Zahl der freien Vorträge wird erweitert, um insbesondere jünge- ren Wissenschaftlern die Präsentation ihrer Ergebnisse zu ermöglichen. Ferner haben wir täglich 90 Minuten exklusive Zeit für den Besuch der Poster vorgesehen, um hinreichend Gelegenheit zu bieten, neueste Forschungsergebnisse kennen zu lernen. Die pädiatrischen Themen haben wir im Gesamtprogramm integriert, um auch mehr voneinander zu lernen. Natürlich werden wir uns auch bemühen, Ihren Aufenthalt in unserer kleinen, aber feinen Universitätsstadt Tübingen angenehm und unterhaltsam zu gestalten. Nicht zuletzt durch den Festabend und das Rahmenprogramm hoffen wir die Voraussetzungen zu schaffen, dass unsere gemeinsame Jahrestagung in Tübingen auch dazu beiträgt, alte Freundschaften zu pflegen und neue zu schaffen. Wir freuen uns darauf, Sie im September in Tübingen begrüßen zu können und wünschen Ihnen einen spannenden Kongress 2008! Prof. Dr. F. Lang Prof. Dr. T. Risler IMPRESSUM Herausgeber: Gesellschaft für Nephrologie, c/o Abteilung für Nephrologie, Klinik für Innere Medizin III, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien Erscheinungsort: Wien, Verbreitung: Deutschland - Österreich - Schweiz Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. W. Druml, Wien, Prof. Dr. K.-U. Eckardt, Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. W. Fassbinder, Fulda, Prof. Dr. J. Floege, Aachen, Prof. Dr. F. Frey, Bern, Prof. Dr. H. Geiger, Frankfurt, Prof. Dr. B. Grabensee, Düsseldorf, Prof. H. Haller, Hannover, Prof. Dr. Dr. W. H. Hörl, Wien, Prof. Dr. D. Kerjaschki, Wien, Prof. Dr. H. Köhler, Homburg/Saar, Prof. Dr. K. Kühn, Karlsruhe, Prof. Dr. A. Kurtz, Regensburg, Prof. Dr. F. Lang, Tübingen, Prof. Dr. J. Mann, München, Prof. Dr. G. Mayer, Innsbruck, Prof. Dr. M. Mihatsch, Basel, Prof. Dr. G. A. Müller, Göttingen, Prof. Dr. H. Murer, Zürich, Prof. Dr. R. Oberbauer, Wien, Prof. Dr. B. Osten, Halle, Prof. Dr. H. Pavenstädt, Münster, Prof. Dr. J. Pfeilschifter, Frankfurt, Prof. Dr. E. Ritz, Heidelberg, Prof. Dr. B. Rossier, Lausanne, Prof. Dr. D. Schlöndorff, München, Prof. Dr. J. Steiger, Basel, Prof. Dr. C. Wanner, Würzburg, Prof. Dr. G. Wolf, Jena, Prof. W. Zidek, Berlin Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Beiträge spiegelt die Meinung der Verfasser wider und muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen. Ziele der NEPHRO-News: Diskussionsforum und Informationen zu aktuellen Themen der klinischen Nephrologie und Hypertensiologie für Nephrologen, nephrologisch interessierte Krankenhausärzte, aber auch niedergelassene Internisten und Allgemeinmediziner. Kommentare und Zuschriften erbeten an: Abteilung für Nephrologie, Klinik für Innere Medizin III, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien Fax: +43 (1) 40400 4392, E-Mail: [email protected] Heftpreis: € 10,-, Jahresabonnement: € 60,Copyright & allgemeine Hinweise: Mit der Annahme eines Beitrags zur Veröffentlichung erwirbt der Verlag vom Autor alle Nutzungsrechte, insbesondere das Recht der weiteren Vervielfältigung und Verbreitung zu gewerblichen Zwecken mit Hilfe fotomechanischer oder anderer Verfahren. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 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Fosrenol® 250 mg / 500 mg / 750 mg / 1000 mg Kautabletten Wirkstoff: Lanthancarbonat-Hydrat. Zusammensetzung: Arzn. wirks. Bestandteil: 1 Kautabl. Fosrenol® 250 mg / 500 mg / 750 mg / 1000 mg enthält 250 mg / 500 mg / 750 mg / 1000 mg Lanthan als Lanthancarbonat-Hydrat. Sonstige Bestandteile: Stärkehydrolysat (enthält 7,89,2 % Wasser), hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph. Eur.). Anwendungsgebiete: Phosphat-bindendes Mittel zur Vermeidung einer Hyperphosphatämie bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Hämodialysebehandlung oder eine kontinuierliche, ambulante Peritonealdialyse (CAPD) erhalten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Lanthancarbonat-Hydrat oder gegen einen der weiteren Bestandteile. Hypophosphatämie. Nebenwirkungen: Häufig (>1/100, <1/10): gastrointestinale Reaktionen, z. B. Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall, Dyspepsie, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen. Hypokalzämie. Gelegentlich (>1/1000, <1/100): Gastroenteritis, Laryngitis; Eosinophilie; Hyperparathyreodismus; Hyperkalzämie, Hyperglykämie, Hyperphosphatämie, Hypophosphatämie, Anorexie, gesteigerter Appetit; Benommenheit/Schwindel, Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen; Vertigo; Aufstoßen, Verdauungsstörungen, Reizkolon (IBS), Mundtrockenheit, Ösophagitis, Stomatitis, weicher Stuhl, Zahnverletzungen, nicht näher bestimmte Magen-Darm-Beschwerden; Alopezie, Hautjucken, Pruritus, erythematöser Hautausschlag, Schweißausbrüche; Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Osteoporose; Asthenie, Brustschmerz, Müdigkeit, Unwohlsein, periphere Ödeme, Schmerzen, Durst; Anstieg der Blutwerte von Aluminium, GGT, Lebertransaminasen und alkalischer Phosphatase; Gewichtsverlust. Vorübergehende Veränderungen des QT-Intervalls wurden beobachtet, die jedoch nicht mit einer Zunahme unerwünschter kardialer Ereignisse einhergingen. Warnhinweis: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Weitere Angaben: s. Fach- und Gebrauchsinformation. Verschreibungspflichtig. Stand der Fachinformation: Juli 2008. Shire Pharmaceutical Contracts Ltd., Basingstoke, Hampshire, RG24 8EP, Großbritannien. Örtlicher Vertreter: Shire Deutschland GmbH, 50679 Köln. Aktuelles aus der klinischen Nephrologie Grundzüge der Diuretikatherapie & Stellenwert der sequentiellen Tubulusblockade 1. Prinzipien der Diuretikatherapie Aufbau des Nephrons Das Nephron besteht bekanntermaßen aus dem Glomerulus mit Vas afferens und Vas efferens sowie dem Tubulusapparat mit proximalem Tubulus, Henle-Schleife, distalem Tubulus und Sammelrohr (Abb. 1). Die Kenntnis der Funktionsweise des Nephrons unter physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen ist für das Verständnis der Wirkung von Diuretika bedeutsam. Bereits im proximalen Tubulus werden 60-80% des filtrierten Wassers und Natriums rückresorbiert, aktive Transportmechanismen in Henle'schler Schleife und distalem Tubulus ermöglichen eine weitere Konzentration des Harnes gegen den osmotischen Gradienten des umgebenden Gewebes. Typen der Diuretika und Wirkungsweise (Abb. 1) Die Carboanhydrase-Hem- mer, die am proximalen Tubulus ansetzen (wie z. B. Acetazolamid), hemmen den Natrium/Protonen-Austausch (Na+/H+-Austauscher) über die Hemmung der luminalen Protonenpufferung durch Bicarbonat und die Carboanhydrase-abhängige Katalyse zu H2O und CO2. Durch vermehrten renalen Bicarbonatverlust resultiert eine metabolische Azidose. Die gesamte natriuretische Wirkung der Carboanhydrase-Hemmer ist wegen der Natrium-Rückresorption in den distalen Tubulusabschnitten schwach; daher spielen diese Substanzen aufgrund ihrer schwachen diuretischen Wirkung heute keine wesentliche Rolle mehr. Hingegen sind Thiazid-Diuretika (Benzothiazinderivate) und deren Analoga (z. B. Hydrochlorothiazid, Xipamid, Chlorthalidon) ein wesentlicher Bestandteil der Therapie. Thiazide hemmen die Natriumabsorption im distalen Tubulus durch Hemmung Abb. 1: Schematische Darstellung des Nephrons mit Wirkungsort der Diuretika. STB: sequentielle Tubulusblockade (Details siehe Text) NEPHRO - NEWS des Na/Cl-Kotransporters. Thiazide führen zu einer verstärkten Ausscheidung von Natrium, Chlorid, Kalium, Bicarbonat und verringern gleichzeitig die Ausscheidung von Protonen, wodurch der Harn alkalischer wird. Schleifendiuretika (z. B. Furosemid, Bumetanid, Azosemid, Torasemid) wirken in der Henle'schen Schleife (überwiegend aufsteigender Schenkel) über eine Hemmung des Natrium-Kalium-2-Chlorid-Kotransporters durch kompetitive Bindung an die zweite Cl-Bindungsstelle. Es resultiert eine Steigerung der Ausscheidung von Natrium, Ammonium, Calcium und Chlorid, außerdem werden vermehrt Protonen und Kalium eliminiert, wodurch eine Hypokaliämie und metabolische Alkalose resultieren (siehe unten). Antikaliuretische Diuretika (Aldosteronantagonisten wie z. B. Spironolactone, Eplerenon, antikaliuretische Diuretika, wie z. B. Amilorid, Triam- Abb. 2: Schema der pressorischen und die kardiovaskuläre Homöostase regulierenden Systeme und deren Veränderung bei Herzinsuffizienz. NA: Noradrenalin, AVP: Arginin-Vasopressin (ADH), Ang II: Angiotensin II, ANP/BNP: natriuretische Peptide, SNS: sympathisches Nervensystem, RAS: Renin-Angiotensin-System. 5 Aktuelles aus der klinischen Nephrologie teren) wirken am distalen Tubulus und insbesondere am Sammelrohr durch Hemmung der für Natrium-Resorption und Kalium-Sekretion zuständigen Natriumkanäle, es resultiert eine Steigerung der Natriurese sowie eine Hemmung der Kaliurese. Die natriuretische Wirkung ist gegenüber Schleifendiuretika und Thiazid-Diuretika geringer, wesentlich ist jedoch der kalium-sparende Effekt, weswegen diese Substanzen in Kombination eingesetzt werden, um einer Hypokaliämie entgegenzuwirken. Aldosteron-Antagonisten haben zudem noch direkte Effekte in anderen Organen; so hemmen sie die Wirkung von Aldosteron am Myozyten und redu- zieren somit die myokardiale Hypertrophie und das Remodelling (Brilla CG, Am J Cardiol 1993; 71:12A-16A). (Weiterführende Literaturempfehlung: „Internistische Therapie 2008/2009“, WolffWeihrauch, Kap. 3: „Diuretikatherapie“, von Th. Philipp, S.147-159 sowie Fliser D, Haller H, „Moderne Differentialtherapie mit Diuretika“, Internist 2004, 45:598-605). Die Therapie mit Diuretika erreicht nach einigen Tagen einen Steady state; so führt die Gabe eines Thiaziddiuretikums zunächst zu einer Negativbilanz für Natrium und Kalium, die nach drei (Natrium) bzw. sechs (Kalium) Tagen kompensiert wird (Maronde RF, JAMA 1983; 249:237-244). Diverse gegenregulatorische Mechanismen sorgen für eine Abschwächung der diuretischen Wirkung in den nicht vom Diuretikum betroffenen Tubulusabschnitten, insbesondere proximaler Tubulus (durch Noradrenalin und Angiotensin II) und Sammelrohr (Aldosteron, Bock HA, Semin Nephrol 1988; 8:264-272). Bei Schleifendiuretika ist daher auch ein Rebound-Phänomen zu beobachten, d. h., nach Abnahme der Konzentration des Diuretikums im Harn kommt es zu einer Antina6 triurese. Die natriuretische Wirkung kann durch kochsalzarme Diät verstärkt werden, gleichzeitig sinkt das Risiko für eine Hypokaliämie (Ram CV, Arch Intern Med 1981; 141:10151019). Da die Wirkung der meisten Diuretika von ihrer Konzentration im Harn abhängt, führt jegliche Abnahme der Nierenfunktion zu einer Abschwächung der Diuretika-Wirkung. Indikationen für Diuretika Diuretika werden klassischerweise bei Überwässerung und Ödemen eingesetzt. Somit sind wesentliche Indikationen generalisierte Ödeme und Ergüsse bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, nephrotischem Syndrom und anderen EiweißmangelZuständen. Zu beachten ist, dass mit Abnahme des kolloidosmotischen Druckes (insbesondere bei Hypalbuminämie <2.5 g/dl) Diuretika zunehmend an Wirkung verlieren und sogar ein Nierenversagen auslösen bzw. verstärken können, da das intravasale Volumen zugunsten einer Umverteilung der Flüssigkeit in das Interstitium abnimmt. Somit ist die Genese der Ödeme auch für die Diuretikatherapie wesentlich. Bei der Herzinsuffizienz findet sich im Wesentlichen eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems (SNS), des Renin-Angiotensin-Systems (RAS), des Endothelin-Systems (ETS), der natriuretischen Peptide und des Arginin-Vasopressin (ADH, antidiuretisches Hormon, Abb. 2). Nach heutigem Wissensstand ist die chronische Überaktivierung des SNS der primäre Auslöser für die Kaskade an humoralen und neuronalen Mechanismen, mit der ein herzinsuffizienter Organismus versucht, die kardiovaskuläre Homöostase aufrecht zu erhalten. Durch den low-cardiac-output-Status kommt es zu Natrium- und Wasser- Retention, die gleichzeitige Vasopressin-Wirkung führt zur Retention von freiem Wasser (Abb. 2). Diese Mechanismen erklären letztlich, warum die wesentliche Therapie der Ödeme bei Herzinsuffizienz nicht in der Gabe von Diuretika, sondern in der Hemmung der neurohumoralen Überaktivität von SNS und RAS (sowie vermutlich auch des ETS) besteht (Wenzel RR, Curr Drug Th 2006). Die Steigerung der Aquaphorese (d. h. Ausscheidung von Elektrolyt-freiem Wasser) durch Vasopressin (V2)-Antagonisten (z. B. Tolvaptan) führt insbesondere bei Hyponatriämie, wo Diuretika schlecht oder gar nicht mehr wirken, zumindest zu einer Verbesserung der Hyponatriämie und der Rehospitalisierungsraten; eine Verbesserung harter Endpunkte konnte bisher (noch) nicht nachgewiesen werden (Schrier RW, N Engl J Med 2006; 355: 20992112; Udelson JE, JACC 2007; 49:2151-2159; Lehrich RW, JASN 2008; 19: 1054-1058). Die intravenöse Gabe von Schleifendiuretika bei der akuten Herzinsuffizienz scheint außerdem Vorteile gegenüber der oralen Gabe zu haben; dies erklärt sich - zumindest bei Respondern - durch die gleichmäßigere kontinuierliche Wirkung gegenüber der oralen Gabe und der sichereren Bioverfügbarkeit (Salvador DR, Cochrane Database Syst Rev 2004; 1:CD003178). Tatsächlich ist gerade bei Furosemid die inter- und intraindividuelle Resorptionsrate sehr variabel und wird bei Dekompensation durch die intestinale Kongestion weiter verschlechtert. Neuere Schleifendiuretika, wie z. B. Torasemid, werden hingegen zuverlässiger resorbiert. In der Therapie der arteriellen Hypertonie haben Diuretika – zumindest niedrig dosierte Thiazid-Diuretika – einen etablierten Stellenwert. Höhere Dosierungen an Thiaziden (d.h. mehr NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der klinischen Nephrologie als 12,5 mg Hydrochlorothiazid oder Äquivalent) führen bei Patienten mit Hypertonie ohne Herzinsuffizienz zu einer deutlichen Zunahme der Nebenwirkungen bei nur geringer Steigerung der antihypertensiven Wirkung (Law MR, BMJ 2003; 326:1427). Dem unbezweifelten Stellenwert der Diuretika im klinischen Alltag zur notwendigen Entwässerung steht die fehlende Evidenz für eine positive Beeinflussung harter Endpunkte entgegen. Tatsächlich gibt es sogar Hinweise, dass Diuretika die Mortalität steigern, im Wesentlichen durch letale Arrhythmien; hier scheinen jedoch in erster Linie nicht-kaliumsparende Diuretika verantwortlich zu sein (Abb. 3). Hinzu kommt, dass Diuretika dosisabhängig die Insulin-Resistenz erhöhen (Pepine CJ, JAMA 2003; 290:28052816; Elliott WJ, Lancet 2007; 369[9557]: 201-207). Ein Neuauftreten eines Diabetes und/oder eine Verschlechterung der diabetischen Stoffwechsellage hat bei diesem Patientenkollektiv vermutlich eine weitere Erhöhung der Morbidität und Mortalität zur Folge. Schließlich konnte der aus epidemiologischen Studien erwachsene Verdacht, dass Diuretika die Progression zur terminalen Niereninsuffizienz be- schleunigen, bisher nicht in prospektiven Studien widerlegt werden (Hawkins RG, Am J Hypertens 2005; 18:744749). Auch wenn in der o. g. Studie lediglich eine Korrelation zwischen vermehrtem Diuretikaverbrauch und Zunahme der Inzidenz von terminaler Niereninsuffizienz nachgewiesen wurde, ist dennoch bis heute nicht auszuschließen, dass Diuretika - v. a. in der Langzeittherapie und in hohen Dosen - eine schleichende nephrotoxische Wirkung entfalten. In einer weiteren Studie wurde eine erhöhte Rate an Todesfällen bzw. irreversiblem Nierenversagen bei Patienten mit akutem Nierenversagen nachgewiesen (Mehta RL, JAMA 2002; 288:2547-2553; Abb. 4). Tatsächlich steigt die Rate an postoperativem Nierenversagen bei Einsatz von Schleifendiuretika (Lassnigg A, JASN 2000; 11:97-104). Auch scheint es einen Zusammenhang zwischen Ototoxizität und Nephrotoxizität zu geben; dies liegt an der immunologischen, biochemischen und funktionellen Ähnlichkeit von Innenohr- und Tubuluszellen, insbesondere hinsichtlich der ähnlichen Natrium- und Kalium-Transporter (Verdel BM, Drug Saf 2008; 31: 877-884). Welchen Anteil eine Hypo- Abb. 3: Einfluss der Therapie mit nicht-kaliumsparenden und kaliumsparenden Diuretika auf die Mortalität durch maligne Arrythmien (nach Cooper HA, Circulation 1999; 100:1311-1315). NEPHRO - NEWS volämie und direkte nephrotoxische Effekte der Diuretika haben, ist unklar. Klar ist jedoch aufgrund der Datenlage, dass Diuretika sicherlich keinen positiven Einfluss auf Überleben und Erholung eines Nierenversagens haben. Diuretika haben unerwünschte Wirkungen und verstärken außerdem die Toxizität von anderen nephrotoxischen Medikamenten (wie z. B. unselektive und COX2-selektive nichtsteroidale Antirheumatika, Aminoglykoside, Cisplatin, Amphotericin B, Kontrastmittel). Neben den bereits erwähnten Störungen im Elektrolytund Säure-Basen-Haushalt (Hypokaliämie, Hyponatriämie, metabolische Alkalose) ist die diuretikainduzierte Hypomagnesiämie ein potentielles Risiko für maligne Rhythmusstörungen bei chronischer Therapie mit Thiazid- und Schleifendiuretika (Dai LJ, Kidney Int 1997; 51:1710-1718). Insbesondere bei therapieresistenter Hypokaliämie muss an einen Magnesiummangel gedacht werden, durch kaliumsparende Diuretika kann der renale Magnesiumverlust reduziert werden (Dai LJ, Am J Physiol 1997; 272: F249-256; Dyckner T, Acta Med Scand 1988; 224:25-30). Weitere Nebenwir- Abb. 4: Risiko für die Mortalität bzw. irreversibles Nierenversagen (NV) bei Patienten mit akutem Nierenversagen mit und ohne Diuretikatherapie (nach Mehta RL, JAMA 2002; 288:2547-2553). 7 BEI RENALER ANÄMIE 1 x monatlich für alle Patienten in der Erhaltungsphase1–4 008 AB 1. OKTOBER 2 n 3 neue Wirkstärke 360 μg d n u g μ 0 2 1 , g μ 0 3 Kontinuierlich aktiv. Stabil im Hb-Zielbereich. Kontinuierliche Rezeptoraktivierung1,5 Stabile Hb-Werte2,3 Verbessertes Anämiemanagement6 MIRCERA®: Das Molekül zur kontinuierlichen Aktivierung der Erythropoiese1,5 1 MIRCERA® Summary of Product Characteristics. F. Hoffmann-La Roche Ltd, 2007. 2 Fishbane S, Levin NW, Mann JFE, Lewis JL, Bernardo M, Lunde NM, Dougherty FC. IV C.E.R.A. (Continuous Erythropoietin Receptor Activator) once every 2 weeks or once monthly maintains stable Hb levels after converting directly from IV epoetin 1-3 times per week in patients with CKD on dialysis. Abstract SA-PO205, presented at ASN Annual Meeting, November 14–19, 2006, San Diego, California. J Am Soc Nephrol. 2006;17:618A. 3 Sulowicz W, Locatelli F, Ryckelynck J-P, et al. Once-monthly subcutaneous C.E.R.A. maintains stable hemoglobin control in patients with chronic kidney disease on dialysis and converted directly from epoetin one to three times weekly. Clin J Am Soc Nephrol. 2007;2:637-646. 4 Levin NW, Imbasciati C, Combe M, et al. Adequate Hb levels are maintained with IV C.E.R.A. (continuous erythropoietin receptor activator) administered up to once monthly in dialysis patients irrespective of age, gender or diabetic status. Abstract SA-PO206, presented at ASN Annual Meeting, November 14–19, 2006, San Diego, California. 5 Jarsch M, Haselbeck A, Brandt M. Consumption of C.E.R.A. and epoetin beta in a cellular assay: UT-7 consumption model. Presented at American Society of Hematology (ASH) 48th Meeting, December 9–12, 2006, Orlando, FL. 6 Saueressig et al. Staff Time and Costs for Anaemia Management with Erythropoietic Stimulating Agents in Patients on Haemodialysis, presented at ERA-EDTA Congress, June 21–24, 2007, Barcelona. MIRCERA® 30 Mikrogramm/0,3 ml, 50 Mikrogramm/0,3 ml, 75 Mikrogramm/0,3 ml, 100 Mikrogramm/0,3 ml, 120 Mikrogramm/0,3 ml, 150 Mikrogramm/0,3 ml, 200 Mikrogramm/0,3 ml, 250 Mikrogramm/0,3 ml, 360 Mikrogramm/0,6 ml Injektionslösung in einer Fertigspritze, Wirkstoff: Methoxy-Polyethylenglycol-Epoetin beta. Zusammensetzung: Wirkstoff: 1 Fertigspritze enth. 30, 50, 75, 100, 120, 150, 200, 250 od. 360 Mikrogramm Methoxy-Polyethylenglycol-Epoetin beta (Protein hergestellt durch rekombinante DNS-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters u. kovalent gebunden an ein lineares Methoxy-Polyethylenglycol [PEG]) in einer Konz. v. 100, 167, 250, 333, 400, 500, 667, 883, 600. Sonstige Bestandteile: Natriumdihydrogenphosphat 1 H2O, Natriumsulfat, Mannitol (E 421), Methionin, Poloxamer 188, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung der symptomatischen Anämie bei chronischen Nierenerkrankungen (CKD). Die Sicherheit und Wirksamkeit der MIRCERA® Therapie wurde bei anderen Indikationen nicht belegt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. Wirkstoff od. einen d. sonstigen Bestandteile, unkontrollierter Hypertonus. Nebenwirkungen: Häufig: Hypertonie, leichte Abnahme der Thrombozyten. Gelegentlich: Kopfschmerzen, ShuntThrombose. Selten: Hypertone Enzephalopathie, makulopapulöses Exanthem, Hitzewallungen, Überempfindlichkeit. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: September 2008. Pharmazeutischer Unternehmer: Roche Registration Ltd., 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, UK. Vertreter in Deutschland: Roche Pharma AG, 79630 Grenzach-Wyhlen. Roche Pharma AG 79630 Grenzach-Wyhlen • • • • • www.roche.de www.anaemiaworld.de www.mircera.de Aktuelles aus der klinischen Nephrologie kungen sind gastrointestinale Unverträglichkeit und eine - meist reversible - Ototoxizität der Schleifendiuretika. Triamteren ist zudem mit einer hohen Rate an Nierensteinen vergesellschaftet und kann in Einzelfällen sogar ein Nierenversagen auslösen (Sica DA, Nephron 1989; 51:454-461). Obwohl Xipamid (Aquafor®, Aquaforil®) zu den low-ceiling-Diuretika zählt, sind hier neben der besonders starken diuretischen Wirkung auch überdurchschnittlich hohe Nebenwirkungsraten, v. a. Elektrolyt-Entgleisungen (Hyponatriämie, Hypokaliämie) beschrieben; somit sollte Xipamid besonders zurückhaltend eingesetzt werden, zudem keine wesentlichen Vorteile gegenüber Thiaziden oder modernen Schleifendiuretika (wie z. B. Torasemid) beschrieben sind (Sandhofer A, Wien Klin Wschr 2002; 114:938-942). Hingegen gilt Amilorid als eines der bestverträglichen low-ceiling-Diuretika und hat einen besonderen Stellenwert bei Lithium-induzierter ADHResistenz mit renalem Diabetes insipidus (Batlle DC, N Engl J Med 1985; 312:408- 414). Außerdem wird Amilorid - gemeinsam mit Aldosteronantagonisten - für die Therapie der Glitazon (Thiazolidinedione)-induzierten Ödeme empfohlen, für deren Entstehung u. a. ein direkter, PPARγ-abhängiger antinatriuretischer Effekt am Sammelrohr verantwortlich gemacht wird (Karalliedde J, Drug Saf 2007; 30: 741-753; Buckingham RE, Diabetes Obes Metab 2008; 10:312-328). 2. Sequentielle Tubulusblockade Unter „sequentieller Tubulusblockade“ (STB, auch „totale Nephronblockade“) versteht man die Kombinationstherapie mit Diuretika, die an verschiedenen Bereichen des TubulusapNEPHRO - NEWS Abb. 5: Empfehlung für das Procedere bei Dekompensation und Herzinsuffizienz (modifiziert nach Brater DC, N Engl J Med 1998; 339: 387-395). Die Empfehlungen sind überwiegend nicht durch kontrollierte Studien belegt (Evidenzgrad C), der Benefit einer sequentiellen Tubulusblockade sowie einer Nierenersatztherapie bzgl. harter Endpunkte und Überleben der Patienten nicht gesichert (Details siehe Text). parates angreifen; auch wenn einige Autoren hier den proximalen Tubulus durch Carboanhydrasehemmer einschließen, so versteht man heute unter STB doch weitgehend die Kombination eines Schleifendiuretikums (Henle'sche Schleife) mit einem Thiazid-Diuretikum (distaler Tubulus), und ggf. einem kaliumsparenden Diuretikum (Sammelrohr, Abb. 1). Hintergrund ist die Tatsache, dass die chronische Schleifendiuretikatherapie, insbesondere bei der Herzinsuffizienz, eine Hypertrophie der tubulären Epithelzellen im distalen Tubulus mit erhöhter Natriumresorptionskapazität induziert; die Folge ist eine abgeschwächte natriuretische Wirkung (Loon NR, Kidney Int 1989; 36:682-689). Durch Hemmung der Natriumresorption im distalen Tubulus mittels eines ThiazidDiuretikums kann die natriuretische Wirkung der Schleifendiuretika wieder hergestellt werden (Fliser D, Kidney Int 1994; 46:482-488; Ellison DH, Ann Intern Med 1991; 114:886-894). Die ESC-Guidelines empfehlen den Einsatz von Diuretika zur symptomatischen Therapie bei Dekompensation (Klasse I, Evidenzgrad A). Allerdings fehlen kontrollierte Studien zum Einfluss von Diuretika auf Symptome und Überleben; grundsätzlich sind Diuretika nur in Kombination mit ACE-Hemmern (und AT1-Rezeptorantagonisten) sowie Betablockern empfohlen (Klasse I, Evidenzgrad C, ESC-Guidelines für die Herzinsuffizienz [Update], Eur Heart J 2005; 26:1115-1140). Eine STB wird bei unzureichendem Ansprechen bzw. Versagen einer Monotherapie mit ausreichenden Dosierungen von Schleifendiuretika empfohlen (ESC-Guidelines für die Herzinsuffizienz [Update], Eur Heart J 2005; 26: 1115-1140). Die Zunahme an kardiorenalen Syndromen macht gerade bei diesem hochmorbiden Patientenkollektiv die Entscheidung zum richtigen Procedere bei chronischer kardialer Dekompensation schwer (Ronco C, Nat Clin Pract Nephrol 2008; 4:310-311). Bei über 50% der herzinsuffizienten Patienten entsteht mittelfristig eine höhergradige Niereninsuffizienz, die einerseits prärenal, andererseits aber auch durch Atherosklerose, Hypertonieund Diabetes-Schäden sowie medikamentös (Diuretika, NSAR, u. a.) bedingt ist. Zu einem Zeitpunkt, bei dem der Patient hohe Dosen Diuretika und ggf. eine STB benötigt, wird früher oder später die Entscheidung zu einer - zumindest passageren - Nierenersatztherapie (Hämodialyse, Hämofiltration, Peritonealdialyse) notwendig. Ob - und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt - die Patienten von einer Nierenersatztherapie profitieren, 9 Aktuelles aus der klinischen Nephrologie ist bis heute nicht in kontrollierten Studien untersucht. Tatsache ist, dass in diversen kleineren Studien ein Benefit für die Symptome der Patienten durch eine passagere Nierenersatztherapie, bevorzugt Peritonealdialyse, beschrieben ist, das Ansprechen auf Diuretika verbessert sich wieder (König P, Arch Intern Med 1987; 147:1031-1034; Kagan A, Nephrol Dial Transplant 2005; 20 [Suppl 7]:vii28-31). Eine nach Brater adaptiertes Flowchart gibt eine Empfehlung für das derzeitige Vorgehen zur Diuretikatherapie wieder (Brater DC, N Engl J Med 1998; 339:387-395; Abb. 5). Allerdings sind die meisten der dort gezeigten Empfehlungen nicht in kontrollierten Studien untersucht und damit nur durch "Personal Opinion and Experience" belegt (Evidenzgrad C). Insbesondere ist derzeit nicht belegt, ob eine hochdosierte Diuretikatherapie, insbesondere mit sequentieller Tu- 10 bulusblockade (STB), gerechtfertigt und einer ggf. früheren Nierenersatztherapie zu bevorzugen ist und ob eine Peritonealdialyse einer Hämodialyse bei diesem Patientenkollektiv überlegen ist. 3. Zusammenfassung Diuretika sind in Zuständen der kardialen Dekompensation notwendige Medikamente zur Behandlung der pulmonalen und peripheren Kongestion. Der Einsatz von Diuretika bei Hypertonie ist etabliert, bei Herzinsuffizienz werden Diuretika zur symptomatischen Therapie bei Überwässerung empfohlen, ein Nutzen bzgl. harter Endpunkte (kardiovaskuläre Ereignisse, Mortalität) ist bisher bei Herzinsuffizienz nicht nachgewiesen. Einsatz finden Schleifendiuretika (Henle’sche Schleife), Thiaziddiuretika (distaler Tubulus) und kaliumspa- rende Diuretika (Aldosteronantagonisten, Amilorid). Nebenwirkungen sind u. a. Elektrolyt-Entgleisungen (Hypokaliämie, Hyponatriämie, Hypomagnesiämie), Erhöhung der Insulinresistenz und Ototoxizität. Der Einsatz von Diuretika beim Nierenversagen hat keinen oder sogar einen nachteiligen Einfluss auf die Erholung der Nierenfunktion, nicht-kaliumsparende Diuretika führen vermutlich sogar zu einer Erhöhung der Mortalität durch maligne Arrythmien. Eine sequenzielle Tubulusblockade und/oder eine passagere Nierenersatztherapie können bei Resistenz auf die konventionelle Therapie möglicherweise von Nutzen sein, eine Evindenz in kontrollierten Studien fehlt bis heute. Univ.-Doz. Dr. med. René R. Wenzel Primarius der Abt. für Innere Medizin Allgemeines öffentliches Krankenhaus Zell am See NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der klinischen Nephrologie Neue Marker der diabetischen Nephropathie durch Proteomanalyse Der Diabetes mellitus ist nach der arteriellen Hypertonie die zweite große Volkskrankheit in den westlichen Industrienationen und gleichzeitig die häufigste Ursache für eine chronische Nierenerkrankung. In Deutschland wurde die Prävalenz noch 1998 auf 4,24 Prozent der Bevölkerung, entsprechend 3,5 Mio. erkrankter Bundesbürger, geschätzt. Im Jahr 2004 lag die Prävalenz nach Krankenkassendaten bereits bei 7,6 Prozent. Gemäß den überarbeiteten WHO- bzw. ADA („American Diabetes Association“)-Kriterien dürfte die aktuelle Prävalenz sogar bei 8,59 Prozent liegen (Hader C und Plum J, Dtsch Med Wochenschr 2002; 127:13241327) und bis zum Jahre 2025 wird in Deutschland mit etwa 12-20 Mio. Diabetikern gerechnet. Inzidenz und Prävalenz insbesondere des Typ-2Diabetes mellitus haben in den letzten Jahren stark zugenommen, wobei allerdings die Prävalenz überproportional angestiegen ist (Janka HU, Diabetologie 1996; 4:243-253). 50 bis 80 Prozent der Typ-2-Diabetiker weisen nach 20-jähriger Diabetesdauer eine diabetische Retinopathie auf, bei Typ-1-Diabetikern sind es sogar fast 100 Prozent ((Klein R und Klein BE, Am J Ophthalmol 2002; 134: 261-263). In ähnlicher Weise hat auch das Auftreten der diabetischen Nephropathie zugenommen. Während die Inzidenz der diabetischen Nephropathie bei Typ-1-Diabetikern nach 15-30-jähriger Diabetesdauer zwischen 20 und 40 Prozent liegt (Harvey JN, Brit Med J 2002; 325:5960), entwickeln 10-50 Prozent der Typ-2-Diabetiker eine renale Beteiligung. Gemäß den Ergebnissen des NEPHRO - NEWS Abb. 1: Repräsentatives SELDI-TOF MS Proteinmuster (Gelview) von Urin der vier untersuchten Gruppen (Diabetiker mit Nephropathie, Diabetiker ohne Nephropathie, Patienten mit Proteinurie nicht-diabetischer Genese, Kontrollen). Dargestellt ist das mittlere Molekulargewicht (10.000-18.000). Die beiden in den Boxen dargestellten Peaks von 11.774 und 14.766 wurden differentiell ausgeschieden im Urin von Patienten mit diabetischer Nephropathie (Dihazi H, Clin Chem 2007; 53:1636-1645). „Quasi Niere“-Registers ist der Diabetes mellitus seit einigen Jahren mit über 36 Prozent die häufigste Ursache der terminalen Niereninsuffizienz in Deutschland (Frei U and Schober-Halstenberg HJ, QuasiNiere 2006; 168). In einigen Zentren liegt der Anteil aber sogar schon bei bis zu 50 Prozent. Dabei weisen die Diabetiker unter den Dialysepatienten gegenüber den nicht-diabetischen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz eine um 22 Prozent erhöhte 1-Jahresmortalität und immerhin noch eine um 15 Prozent erhöhte 5Jahresmortalität auf. Auftreten der diabetischen Nephropathie Per definitionem ist der Nachweis einer Proteinurie, bzw. Makroalbuminurie (definiert als Albuminausscheidung von >300 mg/24h) der stärkste Hinweis für eine diabetische Nephropathie. Bei gleichzeitiger Re- tinopathie kann dann auch ohne bioptischen Nachweis von einer diabetischen Nephropathie ausgegangen werden. Vorstadium der Proteinurie ist im Regelfall die Mikroalbuminurie. Bei Typ-1-Diabetikern ist typischerweise 8 bis 15 Jahre nach Erkrankungsbeginn mit dem Auftreten einer Mikroalbuminurie zu rechnen. Dabei gilt, je früher nach Erkrankungsbeginn eine Mikroalbuminurie auftritt, desto wahrscheinlicher ist die Progression zum Stadium der Proteinurie (Stadium 4 nach Mogensen). Die Mikroalbuminurie ist allerdings nicht ohne Problematik bezüglich der prognostischen Bedeutung. Nur 30-45 Prozent der Typ1-Diabetiker zeigen eine Progression zur Makroalbuminurie und zur Verschlechterung der renalen Funktion innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes (Caramori ML, Diabetes 2000; 49:1399-1408) und nur in maximal 60 Prozent innerhalb von 20 Jahren 11 Aktuelles aus der klinischen Nephrologie (Perkins BA, N Engl J Med 2003; 348: 2285-2293). Darüber hinaus gibt es große Unterschiede zwischen Typ-1und Typ-2-Diabetikern. So ist die Assoziation zwischen Mikroalbuminurie und manifester diabetischer Nephropathie bei Typ-2-Diabetikern wesentlich weniger ausgeprägt. Bei diesen Patienten hat die Mikroalbuminurie vielfach andere Ursachen wie beispielsweise eine Herzinsuffizienz oder arterielle Hypertonie. Unabhängig von der prognostischen Bedeutung für die Entwicklung der diabetischen Nephropathie ist die Bestimmung der Albuminexkretion auch bei Typ-2-Diabetikern von großer Bedeutung, da der Nachweis einer Mikroalbuminurie mit einem deutlich erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einhergeht. So hatten beispielsweise Diabetiker in der HOPEStudie („heart outcomes prevention evaluation“) ein um den Faktor 1,97 erhöhtes Risiko, einen Myokardinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulären Tod zu erleiden (Gerstein HC, JAMA 2001; 286:421-426). Problemstellung und Methodik Wie können Patienten mit Diabetes mellitus und dem höchsten Risiko für die Entwicklung für das Entstehen einer diabetischen Nephropathie am besten identifiziert werden? Bislang steht klinisch hierfür lediglich die Bestimmung der Mikroalbuminurie zur Verfügung. Diese hat aber nach den obigen Ausführungen nur einen geringen prädiktiven Wert (v. a. bei Typ-1-Diabetikern), bzw. ist sehr unspezifisch (v. a. bei Typ-2-Diabetikern). Dies bedeutet, dass additive Marker erforderlich sind, um das Risikokollektiv besser identifizieren und dann therapieren zu können. Es existieren zwei prinzipielle Strategien, um neue Marker identifizieren zu NEPHRO - NEWS können (Barratt J und Topham P, CMAJ 2007; 177:361-368). Die erste Strategie besteht in der Untersuchung von potentiellen Biomarkern, die über Voruntersuchungen, die oft experimenteller Natur sind, identifiziert wurden. Hierzu zählen typischerweise tubuläre Proteine, Wachstumsfaktoren, Zytokine und inflammatorische Mediatoren. Dagegen besteht die zweite Strategie auf dem breiten Screening von Urin auf erkrankungsspezifische Proteine, basierend typischerweise auf Varianten der Massenspektrometrie. Diese soll hier weiter in Bezug auf die diabetische Nephropathie mit einigen aktuellen Anwendungsbeispielen dargestellt werden. Proteomanalyse und diabetische Nephropathie Unter Proteomics versteht man die Analyse der Proteinexpression in Gewebe oder Körperflüssigkeiten. Die derzeit am meisten verwendete Methode zur Identifikation von neuen Biomarkern stellt die Urinzentrifugation gefolgt von einem oder zwei Separationsschritten (z. B. 2-D-Gelelektrophorese) und abschließender Massenspektrometrie dar. Entscheidend ist dabei nicht zuletzt eine Standardisierung der Urinsammlung sowie eine Normalisierung der Urinmengen. Das „Human Kidney and Urine Proteome Project“ (www.hkupp.org) organisiert von der „World Human Proteome Organisation“ (HUPO) hat hierzu entsprechende Richtlinien verfasst. Die 2-D-Gelelektrophorese war dabei initial das am meisten verwendete Verfahren für die Trennung von Proteinen. Allerdings ist das Verfahren zeitaufwendig und hat nur ein begrenztes Auflösungsvermögen, insbesondere für kleine Proteine und Peptide. Hinzu kommt die schlechte Integration mit weiterge- henden Analyseverfahren der Massenspektrometrie. Daher wurde zunehmend dazu übergegangen, Standardmassenspektrometrietechniken einzusetzen. Hierzu zählen MALDITOF (matrix assisted laser desorption and ionization combined with timeof-flight mass spectrometry), ESIMS (Elektrospray-Ionisation Massenspektrometrie) und SELDI-TOF (surface-enhanced laser desorption and ionization combined with timeof-flight mass spectrometry). Mittels kombiniertem Einsatz dieser Techniken wurden im normalen menschlichen Urin insgesamt über 1000 verschiedene Proteine und noch deutlich mehr Peptidfragmente von größeren Proteinen identifiziert. Eine entsprechende Datenbank wurde erstellt und ist öffentlich zugänglich. In einer eigenen Untersuchung hat unsere Arbeitsgruppe kürzlich mittels SELDI-TOF Massenspektrometrie von Urinproben von diabetischen Patienten mit diabetischer Nephropathie mit solchen von Diabetikern ohne Albuminurie, gesunden Probanden und Patienten mit Proteinurie aufgrund einer nicht-diabetischen Erkrankung verglichen (Abbildung 1). Dabei fand sich neben der erwarteten Mehrausscheidung von β2-Mikroglobulin bei Patienten mit diabetischer Nephropathie, eine vermehrte Ausscheidung eines Ubiquitin ribosomalen Fusionsproteins (UbA52) wie auch eine verminderte Ausscheidung eines Proteins mit einem Molekulargewicht von 6188, das als prozessierte Ubiquitinform identifiziert werden konnte (Dihazi H, Clin Chem 2007; 53: 16361645). Die verminderte renale Exkretion war spezifisch für Patienten mit Diabetes und erhöhter Albuminausscheidung. Aufgrund der geringen Fallzahl wurde in dieser Unter13 Aktuelles aus der klinischen Nephrologie suchung allerdings nicht differenziert zwischen Mikro- und Makroalbuminurie. Dies wird in einer Untersuchung an einem deutlich größeren Patientenkollektiv nachgeholt. Sharma und Mitarbeiter verwendeten die Methode der zweidimensionalen differentiellen In-Gelelektrophoreseanalyse (2-D DIGE), um Urin von Patienten mit diabetischer Nephropathie im Vergleich zu Kontrollen zu analysieren (Sharma K, Proteomics 2005; 5:2648-2655). Dabei konnten insgesamt 99 differentiell regulierte Spots nachgewiesen werden, von denen bei Patienten mit diabetischer Nephropathie 63 hoch- und 36 herunterreguliert waren. Der Spot mit der höchsten Heraufregulation stellte sich in der Sequenzierung als Alpha-1-Antitrypsin heraus und konnte in additiven immunhistochemischen Untersuchungen auch vermehrt in Arealen von tubulointerstitieller Fibrose bei Diabetikern nachgewiesen werden. Allerdings ist die vermehrte Exkretion von Alpha-1Antitrypsin natürlich alles andere als spezifisch. Otu und Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe Thadani haben vor kurzem den potentiellen Nutzen der Proteomanalyse im Urin als prädiktiven Marker für das Auftreten einer diabetischen Nephropathie analysiert (Otu HH, Diabetes Care 2007; 30: 638643). Dabei konnten sie im Rahmen einer Fallkontrollstudie (die Hälfte der Patienten entwickelte über den 10-Jahreszeitraum eine diabetische Nephropathie, die andere Hälfte nicht) (n=31 pro Gruppe) auf Urinproben von Pimaindianern über einen Zeitraum von 10 Jahren zurückgreifen. Bei diesem Indianerstamm aus dem Südwesten der USA entwickelt sich in einem hohen Prozentsatz ein Typ-2-Diabetes und dann in 14 bis zu 50 Prozent der Betroffenen eine diabetische Nephropathie. Eine SELDI-TOF-Analyse erbrachte insgesamt 714 Proteinpeaks, von denen 12 Peaks zur Differenzierung herangezogen werden konnten. Mit diesen ergaben sich eine Sensitivität von 93 und eine Spezifität von 86 Prozent in dem initialen Patientenkollektiv (n=14/14). Die Validierung in den restlichen 34 Patienten (17 Kontrollen und 17 Patienten mit diabetischer Nephropathie) erbrachte allerdings bereits reduzierte Werte für Sensitivität (71%) und Spezifität (76%). Auch hier sind also prospektive Untersuchungen dringend erforderlich, um die Daten an einem deutlich größeren Patientenkollektiv validieren zu können. Zusätzlich wurden die Massenspektrometrietechniken weiterentwickelt, um eine schnelle, sensitive und automatisierte Analyse des Urinproteoms zu ermöglichen. Eine solche Weiterentwicklung stellt die Kombination der Kapillarelektrophorese mit der Elektronenspray-Massenspektrometrie dar. Diese Methode wurde in einer ganzen Reihe von Untersuchungen mit Erfolg angewandt (Fliser D, J Am Soc Nephrol 2007; 18:1057-1071). Beispielsweise wurde dieses Verfahren in 305 Patienten mit Diabetes ohne Nephropathie, Diabetes mit Nephropathie und nicht-diabetischer Proteinurie evaluiert (Rossing K, J Am Soc Nephrol 2008; 19:1283-1290). Dabei fand sich ein Panel von insgesamt 40 Biomarkern, die Diabetiker von gesunden Kontrollpersonen mit einer Sensitivität von 89 Prozent und einer Spezifität von 91 Prozent differenzierten. Bei den Diabetikern zeigten sich insgesamt 102 Biomarker, die zwischen Nephropathie und Normalbuminurie unterscheiden konnten. Die Verwendung von 65 dieser Marker führte zu einer korrekten Identifikation von Patienten mit diabetischer Nephropathie mit einer sogar jeweils 97%igen Spezifität und Sensitivität. Interessanterweise waren diese Marker auch in der Lage, die Patienten mit hohem Risiko zu identifizieren, also Patienten mit Mikroalbuminurie, die innerhalb von drei Jahren eine Progression zur diabetischen Nephropathie zeigten. Nur ein Teil dieser Marker wurde bislang identifiziert, wobei es sich bei vielen der sequenzierten Markerproteine um Fragmente der Kollagentypen I bzw. III handelt. Diese waren bei Patienten mit diabetischer Nephropathie in verminderter Quantität nachweisbar. Die Autoren führen dies auf die verminderte Synthese von Kollagen-spaltenden Proteasen während der Fibrosierung zurück. Zusammenfassung Weniger als die Hälfte der Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln eine diabetische Nephropathie. Die Mikroalbuminurie ist problematisch aufgrund des geringen prädiktiven Wertes. Proteomische Analysen haben eine Vielzahl von potentiellen Biomarkern identifiziert, die in Kombination differenzieren können zwischen Diabetikern mit und ohne Nephropathie und auch eine Abgrenzung gegenüber anderen proteinurischen Erkrankungen erlauben. Eine Validierung an größeren, unabhängigen Patientenkollektiven steht allerdings für die große Mehrzahl der identifizierten Biomarker noch aus. Prof. Dr. F. Strutz Dr. H. Dihazi Prof. Dr. G.A. Müller Abt.g Nephrologie und Rheumatologie Universitätsmedizin Göttingen Göttingen NEPHRO - NEWS Aktuelles zum Mineral- und Knochenhaushalt Kritische Evaluation der KDIGO-Guidelines zum Mineral-und Knochenhaushalt bei Niereninsuffizienz Vor genau 10 Jahren wurde die erste epidemiologische Studie publiziert, die auf einen Zusammenhang zwischen Störungen des Mineral- und Knochenhaushalts und der Mortalität von Dialysepatienten hinwies (Block GA, Am J Kidney Dis 1998; 31:607-617). Seit dieser Veröffentlichung sind zahlreiche weitere Studien publiziert worden, die sowohl plausible biologische Pathomechanismen als auch erweiterte klinische Assoziationen zu diesem Mortalitätskontext darstellten. Als Konsequenz dieser Datenlage wurden im Jahr 2003 von der amerikanischen National Kidney Foundation (NKF) K/DOQI-Leitlinien publiziert, welche die potentielle kardiovaskuläre Relevanz des CalciumPhosphat-Haushalts und des sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT) zusätzlich zu deren Konsequenzen für den Knochenumsatz zu berücksichtigen versuchten (NKF, Am J Kidney Dis 2003; 42[4 Suppl 3]:S1-S201). Erstmals wurden in diesem Prozess Zielwertbereiche (für die Laborparameter Parathormon (PTH), Calcium, Phosphat, Calcium x Phosphat-Produkt) und recht klare klinische Behandlungsalgorithmen definiert. Zweifellos entsprachen diese Leitlinien einerseits einem Meilenstein auf dem Weg in eine optimiertere Behandlung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Andererseits besaßen die K/DOQI-Leitlinien die inhärente Schwäche, dass sie fast ausschließlich auf Expertenmeinung und nur zu einem sehr geringen Anteil auf harter Evidenzbasis beruhten. Die 2003 gegründete “Kidney Disease - Improving Global Outcomes” (KDIGO)-Initiative hatte sich 2005 die ReEvaluation der Störungen des Mineralund Knochenhaushalts bei chronischer Niereninsuffizienz (“Chronic Kidney Disease - Mineral and Bone Disorder”, NEPHRO - NEWS Definition of CKD-MBD A systemic disorder of mineral and bone metabolism due to CKD manifested by either one or a combination of the following: • Abnormalities of calcium, phosphorus, PTH or vitamin D metabolism. • Abnormalities in bone turnover, mineralization, volume, linear growth or strength. • Vascular or other soft tissue calcification. Tab. 1: Originalformulierung der Definition von CKD-MBD CKD-MBD) auf die Fahne geschrieben und diese Begrifflichkeit während einer “Consensus Conference” in Madrid neu definiert (Tabelle 1; Moe S, Kidney Int 2006; 69:1945-1953). Kernpunkt war die Ablösung des knochenzentrischen Begriffs „Renale Osteodystrophie“ durch den Terminus CKD-MBD, welcher einen „Systemerkrankungscharakter“ abbilden sollte. KDIGO wird von der NKF gemanaged, ist jedoch ein unabhängiges Organ. Im Jahr 2006 wurde dann eine international zusammengesetzte Leitlinienarbeitsgruppe zum Thema CKD-MBD unter der Leitung von Prof. Tilman Drueke (Paris) und Prof. Sharon Moe (Indianapolis) gegründet, mit dem Ziel, strikt und rigoros Evidenz-basierte Leitlinien zu diesem Komplex zu erarbeiten. Die Sicherstellung dieses Prozesses erfolgte durch die Einbindung eines „Evidence Review Teams“ (ERT) der Tufts University Boston. Diese Gruppe traf sich insgesamt viermal für je zwei Tage, zwischendurch wurden zahlreiche Telefonkonferenzen abgehalten, die übrige Kommunikation fand per EMail oder in einem geschützten Internetbereich („Sharepoint“) statt. Initial wurden die einzelnen Themen und Stichworte für die Literatursuche sowie die Mindestanforderungen an die jeweilige Studienqualität festgelegt. Letzterer Punkt ist entscheidend zum Verständnis des Prozesses und des konsekutiven Resultats der KDIGO-Leitlinien zu CKD-MBD: • Die Minimalanforderungen an diagnostikrelevante Studien waren durchschnittlich wie folgt: CKD-Stadien 3 – 5 D (Dialysepatienten) und T (Transplantierte); n ≥ 100 (Patienten pro Studie); Follow-up ≥ 6 Monate; prospektiv-longitudinal (Ausnahmen: kindernephrologische Studien, Knochenbiopsiestudien). • Die Minimalanforderungen an therapierelevante Studien waren wie folgt: CKD-Stadien 3 – 5, 5D, 1 – 5T; n ≥ 25 Patienten pro Arm; Follow-up ≥ 6 Monate; randomisiert-kontrolliert; Hierarchie der Endpunkte: Nur „harte“ Endpunkte, wie Mortalität und Morbidität wurden mit hohem leitlinienrelevantem Evidenzgrad bewertet (Ausnahme: n ≥ 10 Patienten pro Arm bei Knochenbiopsiestudien). Im Unterschied zu diesem Prozess hatte die K/DOQI-Arbeitsgruppe für die 2003-Leitlinien alle Studientypen und -qualitäten evaluiert, die Mindestanforderung war lediglich eine N-Zahl von ≥ 10 Patienten pro Arm (bei Crossover-Studien ≥ 5 Patienten pro Arm). Die Bewertung der Aussagekraft von vergleichenden, epidemiologischen Beobachtungsstudien wurde parallel intensiv diskutiert. Nur randomisierten, kontrollierten Studien wurde primär ein hoher Evidenzgrad zugewiesen, eine potentielle Aufwertung von ansonsten prinzipiell mit niedrigem Evidenzgrad bewerteten Beobachtungsstudien konnte nach dem GRADE-System vorgenommen werden (Uhlig K, Kidney Int 15 Aktuelles zum Mineral- und Knochenhaushalt 2006; 70:2058-2065). Dieses System begründet die Aufwertbarkeit von Beobachtungsstudien um eine Stufe, wenn sich das relative Risiko (RR) einer Intervention um den Faktor > 2 oder < 0,5 von der Vergleichsgruppe unterscheidet. Diese Unterschiedsdimensionen wurden jedoch bei keiner der diskutierten therapierelevanten Beobachtungsstudien erreicht. Das Ergebnis der Literatursuche hinsichtlich berücksichtigbarer therapierelevanter Studien ist in Abbildung 1 dargestellt. Der Status der KDIGO-Leitlinien zu CKD-MBD ist vorläufig – bis Ende August 2008 fand ein sog. „Public Review“ statt, bei dem weltweit mehrere hundert Meinungsbildner, Industrievertreter, nephrologische Gesellschaften etc. das aktuelle Leitlinienmanuskript lesen, kritisieren und kommentieren sollten. Anschließend findet nun aktuell eine Symbiose und Bewertung des Feedbacks durch die Leitlinienarbeitsgruppe und das ERT statt. Denkbar sind insofern durchaus noch gewisse Veränderungen des Tenors und der Formulierung einzelner Leitlinien, grundsätzliche Änderungen sind jedoch weniger wahrscheinlich. Die endgültige Publikation wird zwischen Dezember 2008 und Februar 2009 in Kidney International erwartet. Das Dokument ist wie folgt aufgeteilt: • Kapitel 1: Einleitung und Definition von CKD-MBD • Kapitel 2: Methodologische Vorgehensweise • Kapitel 3: Diagnose, Prävalenz und Verlauf von CKD-MBD • Kapitel 4: Behandlung von CKDMBD Kapitel 3 und 4 sind wie folgt gegliedert: Die jeweilige Leitlinienempfehlung wird gefolgt von einer begründenden Logikkette („Chain of Logic“) bzw. von der Auflistung der jeweiligen Rationalen, die zur spezifischen Leitlinienformulierung geführt haben. Dann schließt sich ein detaillierter Übersichtstext an, welcher sowohl noch einmal die themenspezifische Methodik darstellt als auch die für nicht unmittelbar als leitlinienrelevant eingestufte 16 Abb. 1: Literaturrecherche und Verlauf des Auswahlprozesses (KDIGO) für die therapierelevanten Studien Literatur diskutiert (z. B. unberücksichtigt gebliebene große epidemiologische Studien). Schließlich werden konkrete Forschungsempfehlungen („Research Recommendations“) formuliert und anhand von FAQs („Frequently Asked Questions“) klinisch relevante Beispielszenarien diskutiert. Kernpunkte der KDIGOLeitlinien zu CKD-MBD Im Folgenden muss es sich naturgemäß zum gegenwärtigen Zeitpunkt um eine ganz subjektive Einschätzung des Autors handeln, da der öffentliche Review und anschließende Bewertungsprozess noch nicht abgeschlossen sind und da eine komplette Kommentierung aller Leitlinien den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Ein zentraler, neuer Aspekt dieser KDIGO-Leitlinienempfehlungen im Vergleich zu den K/ DOQI-Leitlinien 2003 ist die Abkehr von fixen und numerischen Zielwerten. Die Empfehlungen zu den biochemischen Kernparametern und deren Hin- tergrund sind aktuell wie folgt zusammenzufassen: • PTH: Vermeidung von Extremwerten (< 2-fach und > 9-fach des Normalbereichs des jeweiligen Assays) – Begründung: Erhebliche Inter-Assay-Variabilitäten, keine zuverlässige Korrelation mit Knochenumsatz innerhalb dieses Bereichs, Assoziationen mit erhöhter Mortalität außerhalb dieses Bereichs; • Phosphat: Behandlung in Richtung Normalbereich – Begründung: Klare biologische und epidemiologische Plausibilität als kardiovaskulärer Risikofaktor, aber keine prospektive Evidenz für einen gesicherten protektiven Zielbereich; • Calcium: Niedrig-normale Serumwerte werden vorsichtig als vermutlich günstig beschrieben – Begründung: Deskriptive Daten aus epidemiologischen Studien, allerdings geben Calciumwerte keinen Anhalt zur Erfassung der Calciumbilanz; • Calcium x Phosphat-Produkt: Wird nicht mehr als sinnvoller additiver Diagnostikparameter empfohlen, da hauptsächlich durch Phosphat dominiert. Vielmehr sollen nun Trends, d. h., progrediente Anstiege oder Abfälle der biochemischen Parameter statt Einzelmessungen bei Therapieentscheidungen berücksichtigt werden. Beim PTH innerhalb o. a. Bereich wird im Textfluss des Leitliniendokuments, aber außerhalb der streng evidenzbasiert verfassten Leitlinienempfehlung, vorsichtig formuliert, dass Serumwerte der (evtl. knochenspezifischen) alkalischen Phosphatase (AP) hilfreich sein könnten, um eine Behandlungsentscheidung anhand des vermuteten Knochenstoffwechsels treffen zu können. Beim Phosphat ist die KDIGO-Empfehlung eigentlich sogar rigoroser als die K/DOQILeitlinie 2003: Letztere hatte einen Phosphatwert von < 1,78 mmol/l als verhältnismäßig sicher suggeriert, während – in Zahlen ausgedrückt – KDIGO auf < 1,48 mmol/l abzielt, allerdings auch eine Senkung von beispielsweise 3,0 auf 2,4 mmol/l als relatiNEPHRO - NEWS Aktuelles zum Mineral- und Knochenhaushalt ven Behandlungserfolg bewerten würde. Die Empfehlung zur Diagnostik kardiovaskulärer Kalzifikationen erscheint auf den ersten Blick ambivalent. Ein Routinescreening wird nicht empfohlen, jedoch sollen niereninsuffiziente Patienten, bei denen „zufällig“ in der üblichen Routinediagnostik Gefäßverkalkungen entdeckt werden, als Risikopatienten betrachtet und behandelt werden. Die erste Formulierung geht auf die mangelnde Studienlage zur Wahl des besten Screeningverfahrens und zur Empfehlbarkeit klarer weiterführender diagnostischer und therapeutischer Algorithmen zurück – hier kann nur die Umsetzung des ebenfalls formulierten Forschungsbedarfs zu einer eindeutigeren Anweisung führen. Die Wahl der Therapeutika (Phosphatbinder, Vitamin D-Analoga, Calcimimetika) soll basierend auf Trends und Extremwerten der biochemischen Parameter und orientiert an dem vermutlichen Risikoprofil des individuellen Patienten entschieden werden, aber auch hier verbleiben die Formulierungen vage. Wie in Abb. 1 dargestellt, gibt es im gesamten Komplex CKD-MBD nur zwei prospektive Mortalitätsstudien, welche zudem vom ERT und zumindest Teilen der Arbeitsgruppe als inkonsistent eingeschätzt wurden. Beide Studien (DCOR, RIND) beschäftigten sich mit dem Vergleich zwischen Sevelamer-HCl und Calcium-haltigen Phosphatbindern bei Hämodialysepatienten (Block GA, Kidney Int 2007; 71:438-441; Suki W, Kidney Int 2007; 72:1130-1137). Die kleine RIND-Studie fand nach langer Nachbeobachtungszeit einen knapp signifikanten Überlebensvorteil unter Sevelamerbehandlung, die große DCOR-Studie verfehlte bei allerdings deutlich kürzerem Follow-up jedoch einen signifikanten Unterschied beim primären Endpunkt „Gesamtmortalität“ und zeigte nur in zwei sekundären Subgruppenanalysen Überlebensvorteile unter der Sevelamer-Therapie. Insofern wird im KDIGO-Leitliniendokument nur sehr vorsichtig, und nicht direkt in einer der Leitlinien, auf den Differentialeinsatz NEPHRO - NEWS nicht-Calcium-haltiger Phosphatbinder hingewiesen. Die gut dokumentierte günstige Beeinflussung des Surrogatparameters „Progression von Gefäßverkalkung“ durch Sevelamer-HCl wird zudem noch nicht als genügend „harter“ Endpunkt bewertet, da der prospektive Beweis, dass sich eine Progressionshemmung unmittelbar günstig auf das Patientenüberleben auswirkt, ebenfalls noch aussteht. Auch die großen Beobachtungsstudien zum Einsatz der aktiven Vitamin DAnaloga, welche zum einen Überlebensvorteile gegenüber therapienaiven Patienten, zum anderen einen Überlebensvorteil unter Paricalcitol im Vergleich zu Calcitriol demonstriert hatten, wurden nicht in den Leitlinien berücksichtigt, da sie die nach dem GRADE-System aufwertbare RR-Differenz von > 2,0 oder < 0,5 nicht erreichten (Teng M, J Am Soc Nephrol 2005; 16:1115-1125; Teng M, N Engl J Med 2003; 349:446-456). Sie werden dennoch selbstverständlich als wichtige Hypothesen-generierende Studien diskutiert. Weitere Aussagen zu den Empfehlungen zur Nierentransplantation, Knochendiagnostik, Osteoporose etc. würden den Rahmen dieser kurzen Übersicht sprengen. Der entscheidende Punkt zum Verständnis und zur Akzeptanz dieses KDIGO-Leitliniendokuments zu CKD-MBD ist, dass es zentral als „Prozess-orientiert“ begriffen werden muss. Dieser Prozess ist charakterisiert durch die Anwendung striktester Evidenz-basierter Regeln zur Bewertung von Studienqualität, und formuliert ausschließlich auf dieser Basis, auch wenn die „klinische Sehnsucht“ nach klar definierbaren Behandlungsalgorithmen sich dann nur noch bedingt wiederfindet. Ausblick Welche Konsequenz mögen diese KDIGO-Leitlinien nach sich ziehen, sofern sie in der aktuellen Fassung endgültig publiziert werden? Eine Gefahr könnte in der Wahrnehmung von Kostenträgern bestehen, wel- che die mangelnde „Evidenz“ und die „schwammigen“ Leitlinien als Rechtfertigung für Restriktionen hinsichtlich der Kostenübernahmen bei Diagnostik und Therapie auffassen könnten. Hier kann und muss dann aus dem Gesamtdokument extrahiert werden, dass sehr wohl konkrete Messintervalle für biochemische Parameter begründet und definiert werden und dass beispielsweise die Empfehlung der Behandlung einer Hyperphosphatämie über die 2003 vorgeschlagenen Ziele hinaus geht. In Argumentationen zur Qualitätssicherung könnte dieses KDIGO-Dokument wiederum vorteilhaft sein, da die Definition fixer Zielwerte (die im Bereich CKD-MBD ohnehin schwer und nur unter Mitarbeit, d. h., Compliance des einzelnen Patienten zu erreichen sind) vermieden werden kann. Denkbar sind nationale oder kontinentale Adaptationen dieser Leitlinien, welche die im KDIGO-Prozess angewandten Evidenzkriterien weiter fassen und zusätzlich so etwas wie „Good Clinical Judgement“ zu integrieren versuchen. Hier entsteht jedoch immer die Gefahr, dass der eine oder andere Meinungsbias das Produkt dominiert. Schließlich lässt dieses KDIGO-Leitlinienprodukt zu CKD-MBD aber in großem Maße wieder ärztliche Kunst und individualisierte Behandlung zu, und hier sehe ich einen eklatanten Vorteil. Beispiel: Nach den K/DOQI-Leitlinien 2003 zum iPTH-Zielwert (150 – 300 pg/ml) im Stadium CKD 5D hätte ein sHPT von 250 pg/ml mit einer knochenspezifischen AP im Doppelten des Normbereichs nicht, und ein sHPT von 400 pg/ml mit einer knochenspezifischen AP unterhalb des Normbereichs zwingend behandelt werden müssen. Nach KDIGO ist die umgekehrte Behandlungsweise möglich, und - unter dem Vorbehalt auch hier limitierter Evidenz - vermutlich zumindest mehr lege artis. Prof. Dr. Markus Ketteler Medizinische Klinik III Klinikum Coburg 17 Aktuelles aus der klinischen Nephrologie Therapeutischer Plasmaaustausch: Update 2008 Die ersten Plasmapheresen wurden Mitte des letzten Jahrhunderts eingesetzt. Weite Verbreitung dieses Verfahrens hat die Plasmapherese nach den ersten Berichten über Therapieerfolge bei Patienten mit Goodpasture-Syndrom in den späten Siebzigerjahren erfahren (Johnson JP, Am J Med 1978; 64:354-359). Prinzipiell unterscheidet man die eigentliche Plasmapherese, d. h., die Entfernung von Plasma aus der Blutzirkulation mit konsekutiver Substitution von NichtPlasmabestandteilen wie z. B. 5% Human-Albumin-Lösung oder Elektrolytlösung, vom Plasmaaustausch. Im medizinischen Sprachgebrauch erfolgt oftmals eine Vermischung der Begriffe Plasma-Separation, Plasmapherese und Plasmaaustausch, daher wird im Folgenden nur der Begriff des therapeutischen Plasmaaustausches (TPA) verwendet. Beim therapeutischen Plasmaaustausch werden in einem extrakorporalen Blutreinigungsverfahren großmolekulare Substanzen aus dem Plasma durch Plasmaseparation oder Zentrifugation entfernt. Es werden extrakorporal entfernte Plasmabestandteile durch große Mengen Frischplasma (ca. 3-5 L) ersetzt. Mit der Immunadsorption steht mittlerweile auch eine extrakorporale Therapiealternative zur Verfügung, bei der spezifisch pathogene Substanzen aus dem Blut entfernt werden können. Es stehen zwischenzeitlich neue Immunadsorber mit unterschiedlichen Bindungsspezifitäten zur Verfügung. Da hierbei auf eine begleitende Substitution von Plasma verzichtet werden kann, finden diese Verfahren zunehmend Verbreitung. 18 Tab. 1: Nephrologische Indikationen für den therapeutischen Plasmaaustausch Indikationen Antiglomeruläre BasalmembranantikörperErkrankung ANCA-positive Vaskulitis HUS und TTP Cryoglobulinämie SLE Pathogenes Substrat Substituat Anti-GBM-AK 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP ANCA 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP v. Willebrand-Faktor ADAMTS 13 AK Frischplasma (FFP) Immunkomplexe 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP Anti-ds-DNS 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP FSGS nach Transplantationen AB0-inkompatible Nierentransplantation Hochimmunisierung vor Transplantation (>85% PRA) Humorale C4d-positive Rejektion 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP Blutgruppen-AK 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP HLA-AK 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP HLA-AK, ggf. ds-AK 5%-iges Humanalbumin oder 50% 5%-iges Humanalbumin und 50% FFP GBM= glomeruläre Basalmembran, ANCA= antineutrophile cytoplasmatische Antikörper, AK= Antikörper, HUS= hämolytisch urämisches Syndrom, TTP= thrombotisch thrombopenische Purpura, FSGS= fokal segmentale Glomerulosklerose, HLA= „human leucyte antigen“, ds-DNS= doppelstrang DNS, PRA= „panel reactive antibodies“) Allgemeine technische Aspekte des therapeutischen Plasmaaustausches Beim TPA muss primär eine Trennung von Plasma und Blutzellen erfolgen. Dies geschieht durch Plasmaseparation mit Hilfe einer Membranplasmakapillare oder durch Zentrifugationstechniken. Das Problem der Plasmakapillaren ist, dass größere Immunkomplexe nur unzureichend separiert werden können. In der Regel besitzen diese Plasmakapillaren eine Porengröße von 0,20,5 µm; es können Moleküle bis zu einer Größe von ca. 1500 KDa eliminiert werden. Immunglobulin GSubklassen (ca. 150 KDa) werden in der Regel besser eliminiert als Immunglobulin M (ca. 950 KDa). NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der klinischen Nephrologie Durch Ablagerung von Plasmaproteinen kann es zur Ausbildung einer Sekundär-Membran im Plasmafilter kommen, wodurch die Separationseffektivität mit zunehmender Behandlungsdauer deutlich abnimmt. Ein weiteres Problem ist die Gefahr der Hämolyse durch die Plasmaseparation, insbesondere, wenn die vom Hersteller vorgeschriebenen Blutflussgeschwindigkeiten überschritten werden. Im Gegensatz hierzu ermöglicht die Plasmazentrifugation eine unselektive Separation von Blutplasma und zellulären Bestandteilen, d.h., auch größere molekulare Substanzen wie z. B. Immunkomplexe (ca. 3000 KDa) können entfernt werden. Prinzipiell ist dieses Verfahren in seiner Kapazität, Plasma abzutrennen, nicht limitiert. Unselektiver Plasmaaustausch: Die Substitution erfolgt in Abhängigkeit der Grunderkrankung mit 5%igem Human-Albumin (eigentliche Plasmapherese) oder mit Frischplasmen (eigentlicher Plasmaaustausch, siehe Einleitung) bzw. aus einer Kombination von beiden. Zu beachten ist, dass bei Patienten mit hämolytischem Syndrom (HUS) oder thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura (TTP) generell nur mit Frischplasmen substituiert wird. Zusätzlich sollte bei Auftreten oder vorbekannten Blutgerinnungsstörungen ebenfalls mit Frischplasmen substituiert werden. Spielt die Zufuhr von Gerinnungsfaktoren oder Komplementfaktoren keine Rolle und liegen keine Gerinnungsstörungen vor, kann die Plasmapherese mit alleiniger Substitution von 5%igem Human-Albumin durchgeführt werden. Der TPA wird in der Regel in 1-2-tägigem Intervall durchgeführt. Pro TPA werden ca. 50 ml/kg Körpergewicht NEPHRO - NEWS Plasma ausgetauscht (3-5 l). Bei mehrfacher Behandlung und alleiniger Substitution mit z. B. Human-Albumin treten in der Regel Gerinnungsstörungen auf, so dass häufig die Substitution von Frischplasmen erforderlich ist (z. B. 50% Human-Albumin, 50% FFP). Zum TPA ist eine zentrale Venenkatheteranlage hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Unter Umständen genügt eine großvolumige, periphere, venöse Braunüle. Die Antikoagulation erfolgt mit Zitrat oder mit Heparin bzw. einer Kombination von beiden. Durch die Gabe von Frischplasmen treten nicht selten systemische Reaktionen wie Hypotonie, Dyspnoe, Temperaturanstieg, Hypokalzämie und metabolische Alkalose und selten Infektionserkrankungen wie Hepatitits C und B auf (Rock G, Transfus Apher Sci 2003; 29:167-177). Selektiver PlasmaaustauschImmunadsorption: Die Vorteile der Immunadsorption liegen auf der Hand. Hiermit ist eine Entfernung von pathogenen Substanzen wie z. B. von Immunglobulinen ohne Substitution von Plasma möglich. Bei der Immunadsorption wird durch Zentrifugation (oder ggf. durch Kapillarseparation) eine Plasmatrennung durchgeführt. Dieses Verfahren erfolgt in der Regel als sogenannte Primärseparation, d. h., es wird konsekutiv nach der Plasmaseparation eine Immunadsorption durchgeführt. Hierbei wird in Abhängigkeit des Systems das separierte Plasma über zwei Immunadsorptionssäulen geleitet. Während der Behandlung wird z. B. abwechselnd jeweils eine Säule durchströmt, während parallel die zweite Säule regeneriert wird (z. B. Globaffin®). In der Regel wird ca. das 2,5-fache des er- rechneten Plasmavolumens ausgetauscht. Bei 3-4 Immunadsorptionen hintereinander können die Immunglobulinspiegel um mehr als 90% abgesenkt werden. Da die Immunadsorptionssäulen kostenintensive Mehrfachsysteme sind, kommt der adäquaten Antikoagulation eine besondere Bedeutung zu. Diese wird in der Regel aus einer Kombination mit Heparin und Citrat-Antikoagulation durchgeführt. Zu beachten ist, dass die Spezifität der Immunglobulin-Elimination sich in Abhängigkeit der jeweiligen Säule unterscheidet. Hochspezifische Immunadsorber gegen Autoantikörper sind z. B. bereits in der Therapie der dilatativen Kardiomyopathie auf dem Markt (Coraffin®). Zur Therapiekontrolle werden vor und nach der Behandlung Laborparameter wie z. B. Fibrinogen, Immunglobulinkonzentration und Gerinnungsfaktoren bestimmt. Indikationen des therapeutischen Plasmaaustausches Beim TPA können Substanzen mit großem Molekülgewicht und langer Halbwertszeit effektiv eliminiert werden. Häufigere Indikationen für den TPA sind z. B. das Guillain-BarréSyndrom, Myastenia gravis, M. Waldenström, TTP und HUS, Goodpasture Syndrom, ANCA-positive Vaskulitiden, systemischer Lupus erythematodes (SLE), Cryoglobulinämie, Pemphigus vulgaris, dilatative Cardiomyopathie (DCMP), aber auch demyelinisierende Erkrankungen wie z. B. die Multiple Sklerose (Smith JW, Transfusion 2003; 43:820-822, Clark WF, Ann Intern Med 1999; 131:453-462). Diskutiert wird der TPA auch bei der fokal-segmentalen Glomerulosklerose (FSGS) beim Nierentransplantatempfänger, da hier ein zirkulierender Immunkomplexfaktor in der Genese 19 Therapeutische Apherese Immunadsorption Extrakorporale Entfernung von Autoantikörpern und Immunkomplexen bei: Kardiologie • Dilatative Kardiomyopathie (DCM) Hämatologie • • • Hämophilie mit Hemmkörpern gegen Faktor VIII oder IX Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) Chemotherapie-induziertes hämolytisch-urämisches Syndrom (c-HUS) Transplantation • HLA-Hyperimmunisierung (bei Transplantation verschiedener Organe) • Akute humorale Abstoßung (AHR) Dermatologie • Pemphigus Neurologie • • • Guillain-Barré-Syndrom (GBS) Myasthenia gravis (MG) Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) Rheumatologie • • Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Wegenersche Granulomatose Nephrologie • • • Rapid-progressive Glomerulonephritis (RPGN) Goodpasture-Syndrom Rekurrierende fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS) Ein wirksamer Therapieansatz für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen Fresenius Medical Care Deutschland GmbH · 61346 Bad Homburg v. d. H. · Deutschland Telefon: +49 (0) 6172-609-0 · Fax: +49 (0) 6172-609-2191 · www.fmc-ag.com Aktuelles aus der klinischen Nephrologie der FSGS vermutet wird (Dantal J, N Engl J Med 1994; 330:7-14, Gohh RY, Am J Transplant 2005; 5:2907-2912, Otsubo S, Ther Apher Dial 2004; 8:299304). TTP/HUS stellen hier eine Besonderheit dar, da durch alleinige Plasmainfusion ebenfalls ein therapeutischer Effekt durch Substitution von Gerinnungsfaktoren wie z. B. ADAMTS 13 erzielt werden kann. Der TPA ist allerdings der alleinigen FFP-Infusion überlegen und sollte sofern möglich, primär durchgeführt werden (Rock GA, N Engl J Med 1991; 325:393-397). Eine weitere Sonderform ist das Hyperviskositätssyndrom z. B. im Rahmen eines multiplen Myeloms, hierbei werden durch die extrakorporale Plasmatherapie Immunglobuline, die die Hyperviskosität verursachen, effektiv eliminiert. Eingesetzt wird der TPA weiterhin bei Intoxikation mit Substanzen, die eine hohe Plasmaeiweißbindung und eine lange Halbwertszeit aufweisen. Insgesamt findet man in der Literatur nur eine sehr begrenzte Anzahl an prospektiv randomisierten Studien, so dass die Evidenz bzw. Effektivität bei vielen Erkrankungen unklar ist. Häufig sind nur kleine Fallserien oder Einzelfallberichte beschrieben. Eine relativ neue Indikation zum TPA ist die Nierentransplantation z. B. des hochimmunisierten Patienten (nach Allokationskriterien von Euro-Transplant > 85 % Panel Reactive Antibodies) (Haas M, Nephrol Dial Transplant 2002; 17:1503-1508). Diese Patienten erhalten oftmals erst nach sehr langer Wartezeit ein geeignetes Nierenangebot und besitzen ein hohes Risiko einer humoralen oder vaskulären Rejektion bzw. weisen ein positives Crossmatch, z. B. im Rahmen einer Zweit-oder Mehrfach-Transplantation vor Nierentransplantation auf. Durch die theNEPHRO - NEWS rapeutische Apherese unmittelbar vor Transplantation und durch mehrere Behandlungen nach der Transplantation können HLA-Antikörper effektiv eliminiert werden. Die Entfernung dieser Antikörper erfolgt entweder wie oben beschrieben mittels unselektivem Plasmaaustausch oder durch selektive Entfernung mittels Immunadsorption (IA) (Protein-Abasierte IA, Peptid-basierte IA, Anti-human-Immunglobulin-basierte IA, Aminosäuren-basierte IA, Blutgruppen-Antigen-basierte IA). Ziel der Immunadsorption ist es, die Antikörperlast möglichst effektiv zu reduzieren, präoperativ ein negatives Cross-Match zu erreichen und in der post-operativen Phase humorale Reaktionen zu verhindern (Glotz D, Am J Transplant 2002; 2:758-760). Hierunter kann selbst bei hochimmunisierten Patienten ein adäquates Transplantatüberleben erzielt werden. Eine weitere Indikation in der Nierentransplantation ist die akute humorale Rejektion (Bohmig GA, Am J Transplant 2007; 7:117-121), die durch histologischen Nachweis von C4dAb- lagerungen in den peritubulären Kapillaren und ggf. Nachweis von donorspezifischen HLA-Antikörpern beim Empfänger gekennzeichnet ist. Diese donorspezifischen Antikörper können durch Immunisierung bereits vor Transplantation vorhanden sein, aber auch durch Sensibilisierung gegen Oberflächen-Antigene des Transplantats de novo gebildet werden. Durch Elimination von BlutgruppenAntikörpern (Anti-IgA, Anti-IgB) besteht die Möglichkeit der ABO-inkompatiblen Nierentransplantation (Genberg H, Transplantation 85:17451754, 2008). Da ABO-Antigene nicht nur auf der Erythrozytenoberfläche sondern auch auf Gefäßendothel vorhanden sind, führt eine Reaktion der Empfängerblutgruppenantikörper mit den Blutgruppenantigenen des renalen Endothels der Transplantatniere zu einer hyperakuten Reaktion. Neben der Möglichkeit des unselektiven Plasmaaustausches besteht hier die Möglichkeit einer selektiven Immunadsorption (Glycosorb A oder B®). Hierbei werden Antikörper gegen A oder B in der Glycosorb-Säule durch immobilisierte Blutgruppenantigene adsorbiert. Präoperativ erfolgen 3-4 Immunadsorptionen sowie die Gabe von i.v. Immunglobulinen und Rituximab. Zusammengefasst besteht die Möglichkeit, mit dem therapeutischen Plasmaaustausch und mit der immer spezifischer werdenden Immunadsorption Erkrankungen zu therapieren, die auf herkömmliche Immunsuppression nur vermindert ansprechen. Eine begleitende immunsuppressive Therapie ist je nach Indikation oftmals notwendig, um die de novo Synthese von humoralen Faktoren und Immunglobulinen zu hemmen. Neben den klassischen Indikationen wie z. B. Guillain-Barrè-Syndrom, HUS und TTP und Intoxikationen von Substanzen mit hoher Plasmaeiweißbindung, kommt dem TPA auch bei der Behandlung des nierentransplantierten Patienten eine immer größer werdende Bedeutung zu. Mit der Immunadsorption steht nun auch eine spezifischere Therapie z. B. in der Therapie der DCMP (Coraffin®), der ABO-inkompatiblen Nierentransplantation (Glycosorb®) oder in der Therapie der humoralen C4d-positiven Rejektion (z. B. Globaffin®, Therasorb®) zur Verfügung. PD Dr. V. Schwenger Medizinische Universitätsklinik Abt. Nephrologie, Heidelberg 21 Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Neue immunsuppressive Strategien nach Nierentransplantation Die Nierentransplantation ist die beste Therapieoption zur Behandlung einer terminalen Niereninsuffizienz. Neben der Stagnation der langfristigen Transplantatergebnisse (MeierKriesche H-U, Am J Transplant 4:12891295, 2004) stellen die Nebenwirkungen der Dauerimmunsuppression auch weiterhin ein Problem dar. Hierzu zählen die langfristig erhöhte Tumorinzidenz, das Auftreten von opportunistischen Infektionen, der ungünstige Einfluss auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und insbesondere die Nephrotoxizität. Neue immunsuppressive Strategien müssen daher darauf abzielen, die teilweise schweren Nebenwirkungen der Immunsuppressiva zu verringern, entweder durch Einführung neuer selektiver Substanzen, oder durch weitere Optimierung bestehender Therapieprotokolle (Tabelle 1). Hierdurch wird es hoffentlich in Zukunft möglich sein, eine vor allem langfristig effektivere Immunsuppression bei deutlicher Reduktion der Nebenwirkungen zu erzielen. Aktuell befindet sich eine Reihe vielversprechender neuer Immunsuppressiva in der klinischen Entwicklung. Die meisten dieser Medikamente weisen einen komplett neuen Wirkmechanismus auf, der auf eine synergistische Kombinationstherapie mit den derzeit verwendeten Immunsuppressiva hoffen lässt. Am weitesten ist die klinische Entwicklung mit dem ersten Ko-Stimulationsblocker Belatacept fortgeschritten. Belatacept ist ein Fusionsprotein, bindet an die für die T-Zellaktivie22 Tab. 1: Neue immunsuppressive Strategien Neue Immunsuppressiva • • • • Voclosporin, CNI, Phase II AEB071; PKC-inhibitor, Phase II CP-690,550; JAK3-inhibitor; Phase II Belatacept Ko-Stimulationsblocker, Phase, III Neues Indikationsgebiet zugelassener Immunsuppressiva • Campath (Alemtuzumab; anti CD52); off-label • Rituximab (anti CD20); off-label • Efalizumab (anti LFA-1); Phase II • Alefacept (anti LFA-3); Phase II Optimierung bestehender Therapieregime • • • • neue Therapieregime Individualisierte Protokolle Zeitlich adaptierte Immunsuppression MPA-basierte und optimierte Therapieregime • Steroidelimination - Frühphase/Langzeitverlauf • CNI-Reduktion/Elimination - Minimierung - Prophylaktische Eliminierung - Eliminierung bei Nebenwirkungen rung notwendigen CD80/CD86Oberflächenmoleküle und blockiert so die erforderliche kostimulatorische Signaltransduktion (Halloran PA, N Engl J Med 351:2715-2729, 2004). Belatacept ist eine Weiterentwicklung von Abatacept, dem in der Rheumatologie zugelassenen Fusionsprotein CTLA4-Ig. Durch Modifikation der CTLA4-Bindungsdomäne konnte eine deutlich höhere Bindungsaffinität für CD80/86 erzielt werden. Als Fusionsprotein muss Belatacept alle 2-4 Wochen als intravenöse Kurzinfusion verabreicht werden. Eine Phase-II-Studie konnte die Effektivität nach Nierentrans- plantation eindrucksvoll bvelegen (Vincenti F, N Engl J Med 2005; 353: 770). Belatacept hatte die gleiche Effektivität wie Cyclosporin (CsA) in einem Therapieregime mit MMF, Steroiden und Basiliximab). Naturgemäß traten in dem CsA-freien Therapieregime keine CsA-assoziierten Nebenwirkungen auf, insbesondere hatten die mit Belatacept behandelten Patienten eine signifikant bessere Nierenfunktion. Im Nebenwirkungsprofil zeichnete sich Belatacept durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Belatacept könnte somit eine interessante Alternative zur Basistherapie mit Calcineurininhibitoren (CNIs) darstellen. Die Ergebnisse der Phase III werden mit Spannung zum Jahresende erwartet. Weitere neue Substanzen, die derzeit in klinischen Studien untersucht werden, sind Voclosporin (ISATx247), AEB071 und CP-690-550. Voclosporin ist ein neuer Calcineurininhibitor, der derzeit in den USA die Phase II durchläuft. Voclosporin, ein modifiziertes Cyclosporin-Molekül, ist in vitro deutlich potenter als CsA. AEB071, der erste orale Proteinkinase-C-Inhibitor, blockiert in vitro effektiv die frühe T-Zellaktivierung. Laufende klinische Studien zeigen eine gute Verträglichkeit und eine sehr gute Effektivität bei Psoriasis. Erste Ergebnisse der Phase II bei nierentransplantierten Patienten werden in Kürze erwartet. CP-690-550 ist der erste Inhibitor des JAK-STAT-Signalübertragungsweges. Die Substanz ist relativ spezifisch für die Januskinase 3 (JAK3), NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Transplantationsmedizin die vor allem für die Signalübertragung von Wachstumsfaktoren über den IL-2-Rezeptorkomplex bei TZellen bedeutsam ist. Erste klinische Studien zeigen eine gute Verträglichkeit und Effektivität bei Psoriasis und rheumatoider Arthritis. Auch nach Nierentransplantation lassen erste preliminäre Daten vermuten, dass CP690-550 eine effektive Rejektionsprophylaxe in einem CNIfreien Therapieregime ermöglicht. Zusammenfassend fällt auf, dass alle in Entwicklung befindlichen neuen Substanzen das Ziel haben, die Nephrotoxizität der bisherigen Therapieregime bei gleicher Effektivität zu reduzieren. Auch in Hinblick auf kardiovaskuläre, hämatologische oder infektiöse Nebenwirkungen erwartet man von diesen Substanzen ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, so dass sich in Zukunft die Möglichkeit völlig neuer immunsuppressiver Therapiekombinationen ergibt. Neben völlig neuen immunsuppressiven Substanzen werden Antikörper, die bereits für verschiedene andere Indikationen (z. B. in der Rheumatologie, Onkologie oder Dermatologie) zugelassen sind, jetzt auch bei Patienten nach Nierentransplantation eingesetzt. Hierzu zählen Alemtuzumab (Campath1-H, anti CD52), Rituximab (anti CD20), Efalizumab (anti LFA-1) und Alefacept (anti LFA-3). Obwohl Campath aus Kostengründen in den USA bereits bei mehr als 10% der nierentransplantierten Patienten eingesetzt wird, steht ein wissenschaftlicher eindeutiger Wirksamkeitsnachweis noch aus. Es liegt bislang keine adäquat gepowerte, kontrollierte klinische Studie vor, die eine Überlegenheit oder zumindest statistische Non-Inferiorität gegenüber herkömmlichen TheNEPHRO - NEWS rapieregimen zeigt. Zudem mehren sich kritische Stimmen, die über einen Anstieg schwerer Infektionen und später Rejektionen berichten. Wie bei allen neuen Substanzen gilt auch für Alemtuzumab, dass bis zum Nachweis der Effektivität und der Nebenwirkungen die Verwendung außerhalb klinischer Studien nicht gerechtfertigt ist. Zwei weitere biologische Substanzen, die das Ko-Stimulationssignal über LFA-1 bzw. LFA-3 blockieren und für die Behandlung der Psoriasis in den USA zugelassen sind, stehen am Anfang ihrer Entwicklung in der Transplantationsmedizin. Eine erste klinische Studie mit Efalizumab (anti LFA-1) musste aber wegen einer erhöhten Lymphomrate unter Efalizumab in Kombination mit einer hohen CsA-Dosis abgebrochen werden (Vincenti F, Am J Transplant 7:1770-1777, 2007). Obwohl Rituximab bei verschiedenen Indikationen in der Nephrologie und Nierentransplantation zunehmende Verwendung findet, so muss auch hier kritisch die mangelhafte Datenlage angemahnt werden. Rituximab ist zur Behandlung von B-Zell-Lymphomen und in der Rheumatologie zugelassen und depletiert über Bindung an das CD20-Oberflächenmolekül B-Zellen, nicht jedoch Plasmazellen. Auch für Rituximab existieren in der Nierentransplantation keine guten prospektiven kontrollierten Studien, jedoch deuten zumindest kleinere Fallserien auf die Sicherheit dieser Substanz hin. Auch hier fehlen Daten über die langfristige Sicherheit bei nierentransplantierten Patienten. Selbst über die notwendige Dosis zur Behandlung nierentransplantierter Patienten liegen keine guten Daten vor. Der Stel- lenwert dieses neuartigen und sicherlich interessanten Therapieprinzips, einer gegen B-Zellen gerichteten Therapie, muss in naher Zukunft in klinischen Untersuchungen eindeutig belegt werden. Erfreulicherweise befinden sich weitere Substanzen, die einen Effekt auf B-Zellen bzw. auf die B-Zellentwicklung haben, in der präklinischen Entwicklung. Nachdem Transplantationsmediziner jahrzehntelang ihr Augenmerk auf die Manipulation der T-Zell-Antwort gelegt haben, werden in Zukunft sicherlich neue, gegen B-Zellen gerichtete Therapiestrategien zur Anwendung kommen. Neben der Entwicklung neuer selektiver und nebenwirkungsarmer Medikamente besteht eine andere, nicht minder notwendige zukünftige Therapiestrategie in der Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Therapieprotokolle. Der Erfolg der modernen Immunsuppression nach Transplantation beruht auf der synergistischen Wirkungsverstärkung der Einzelsubstanzen. Dies erlaubt die Reduktion der verwendeten Immunsuppressiva mit dem Ziel, auch die spezifischen Nebenwirkungen der Substanzen zu verringern. Die Kombinations- und Dosierungsmöglichkeiten der aktuell zugelassenen Immunsuppressiva sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Zudem kommt mit der Zeit eine weitere Dimension hinzu, so kann man den Zeitpunkt der Gabe und die Dosierung auf der Suche nach neuen Therapiestrategien zeitlich variieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Immunsuppression besser am Risikoprofil von Spender und Empfänger anzupassen. Es ist offensichtlich, dass der junge, haploiden23 Pharmaforum der Fresenius-Kabi Deutschland GmbH Intradialytische parenterale Ernährung -Die Lösung bei schwer behandelbarer Mangelernährung von Dialysepatienten Patienten mit Nierenversagen weisen häufig Einschränkungen der enteralen Nährstoffzufuhr auf, die eine ausreichende orale bzw. enterale Ernährung unmöglich machen.1 Diese Patienten profitieren meist von einer intradialytischen parenteralen Ernährung (IDPE). Dialysepatienten decken oftmals Ihren Nährstoff-bedarf nicht über die tägliche Nahrungsaufnahme.2 Beispielsweise nahmen in der HEMO-Studie 76% der Dialysepatienten pro Tag weniger als 28 kcal/kg KG und 61% der Patienten weniger als 1 g Protein zu sich.3 Besonders an Dialysetagen sind eine negative Stickstoffbilanz und ein Abbau von Körpereiweiß nachweisbar.4 Urämie-assoziierte Faktoren wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall spielen dabei als Ursache eine herausragende Rolle. Hinzu kommt häufig Appetitlosigkeit (Anorexie), die durch die Anhäufung urämischer Toxine hervorgerufen wird. Der Erfolg von Maßnahmen zur Verbesserung der oralen bzw. enteralen Nährstoffzufuhr kann dadurch limitiert werden. Führen eine intensivierte ernährungstherapeutische Betreuung, orale Supplemente und eine enterale Ernährung nicht zu einer Verbesserung bzw. Stabilisierung des Ernährungszustandes, wird die Initiierung einer intradialytischen parenteralen Ernährung (IDPE) empfohlen.5 Die IDPE zielt darauf ab, den Patienten während der Dauer der Dialyse mit einer individuell auf seinen Nährstoffbedarf abgestimmten Lösung zu ernähren. Durch die IDPE werden dem Patienten neben Energie und Stickstoff alle Substanzen zugeführt, bei denen es während der Hämo- dialysetherapie zu einem Mangel kommt. Die Effizienz der IDPE wurde in mehreren Studien an verschiedenen Parametern belegt: • Unter der IDPE steigen die viszerale Proteinsynthese6 und die Konzentration der Plasmaproteine7. • Der Ernährungszustand wird stabilisiert bzw. verbessert7. • Die Mortalitätsrate wird verringert8. Für alle Patienten, die unter einer Malnutrition lei-den und deren Ernährungsdefizit durch eine orale oder enterale Nahrungsaufnahme nicht in ausreichendem Maße ausgeglichen werden kann, bietet Fresenius Kabi ein spezielles Konzept für die intradialytische parenterale Ernährungstherapie. Dieses Konzept beinhaltet alle Komponenten einer professionellen parenteralen Ernährungstherapie. Es umfasst den Herstellungs- und Produktservice über die Applikationstechnik bis hin zur Schulung und Betreuung aller an der Therapie Beteiligten. Mit zahlreichen Serviceleistungen unterstützt der hoch qualifizierte Fachaußendienst von Fresenius Kabi das Dialyseteam bei der systematischen Identifizierung der Mangelernährung und in der praktischen Durchführung der intradialytischen parenteralen Ernährungstherapie. Dialysepraxen können somit auf Fresenius Kabi als verlässlichen Partner im Ernährungsmanagement von Dialysepatienten bauen. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Druml W et al. Aktuel Ernaehr Med 2007; 32, Suppl 1: S106-S113 Burrowes JD et al. J Ren Nutr 2002, 12:87-95 Rocco M et al. Am J Kid Dis 2002, 39:245-256 Ikizler TA et al. Am J Physiol Endocrinol Metab 2002, 282:E107-16 Fouque D et al. Nephrol Dial Transplant 2007, 22(2): ii45–ii87 Pupim L et al. J Clin Invest 2002, 110:483-492 Czekalski et al. J Ren Nutr 2004; 14(2):82-88 Chertow et al. AJKD 1994; 24(6):912-920 Weitere Informationen: Fresenius-Kabi Deutschland GmbH D-61346 Bad Homburg v. d. H. Tel.: +49 (0) 61 72/686 82 00 Fax: +49 (0) 61 72/686 82 39 E-Mail: [email protected] www.enterale-ernaehrung.de Ernährungstherapie in der Nephrologie IntraDialytische Parenterale Ernährung (IDPE) und Enterale Ernährung (EE) von Fresenius Kabi ■ ist optimal auf die Dialyse abgestimmt ■ behandelt drohende oder bestehende Mangelernährung ■ kann zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen Fresenius Kabi Deutschland GmbH 61346 Bad Homburg v.d.H. Tel.: 0 61 72 / 6 86 - 82 00 Fax: 0 61 72 / 6 86 - 82 39 [email protected] www.fresenius-kabi.de www.enterale-ernaehrung.de Aktuelles aus der Transplantationsmedizin te Empfänger einer Lebendspende vom Elternteil ein anderes Risikoprofil hat, als ein Empfänger im ETSenior-Programm. Derzeit verwenden die meisten Transplantationszentren jedoch nur wenig abgestufte immunsuppressive Therapieprotokolle, bedingt durch den Mangel effektiver Alternativen und einer unzureichenden Datenlage für Subgruppen. Zudem bieten hoffentlich in naher Zukunft neue diagnostische Methoden, wie z. B. genetische Marker, Proteom- oder Transkriptomanalysen bessere objektivierbare Orientierungspunkte für eine individualisierte immunsuppressive Therapie. Zur Vermeidung der Beliebigkeit der Therapie muss aber darauf hingewiesen werden, dass sowohl die diagnostischen Marker als auch für Subgruppen maßgeschneiderte Protokolle in prospektiven kontrollierten Studien auf ihren tatsächlichen Nutzen hin untersucht werden müssen. Eine weitere, bisher nur ansatzweise ausgeschöpfte Option zur Verbesserung der immunsuppressiven Protokolle besteht in einer zeitlich adaptierten Immunsuppression. Während die zeitliche Anpassung der Steroiddosis und der CNI-Zielspiegel im ersten Halbjahr von den meisten Zentren seit vielen Jahren standardmäßig erfolgt (meist allerdings ohne Validierung durch kontrollierte Studien), bieten sich für die Therapie mit Mycophenolat (MPA) gerade in der Initialphase nach Transplantation weitere, bisher unzureichend genutzte Möglichkeiten der Therapieoptimierung. So hat die Hälfte der Patienten, die eine MPAStandarddosis in Kombination mit CsA bekommen, eine zu niedrige MPA-Exposition. Patienten, die in Kombination mit Tacrolimus eine NEPHRO - NEWS Zeitfenster für die CNI-Elimination Abb. 1 MPA-Standarddosis bekommen, haben hingegen initial eine ausreichende MPA-Exposition. Allerdings entwickeln einige Patienten unter Tacrolimus mit voller MPA-Dosis im weiteren Verlauf z. T. schwere Nebenwirkungen wie Diarrhoe oder Polyomainfektionen, möglicherweise ein Indiz einer zu hohen MPAExposition. Leider ist die optimale MPA-Dosierung in Kombination mit Tacrolimus bislang durch große prospektive Studien nicht eindeutig belegt, obwohl diese Kombination weltweit bei der Mehrzahl der Patienten eingesetzt wird. Eine erste Studie (Budde K, ESOT, Prag 2007, Poster 474) belegt das bislang ungenutzte Potential einer zeitlich adaptierten MPA-Therapie, in der initial (z. B. in den ersten 6 Wochen) eine höhere Dosis verabreicht wird als im weiteren Langzeitverlauf. Neben der Optimierung der Initialtherapie müssen zukünftige Therapiestrategien auf die Verbesserung der Immunsuppression im Langzeitverlauf abzielen. Leider existieren nur wenige gute klinische Studien, die sich mit der Verbesserung des Langzeitüberlebens und der Reduktion spezifischer Nebenwirkungen der Immunsuppression im Langzeitverlauf befassen. Aufgrund der mangelhaften Datenlage werden die Patienten in der Regel über die nächsten Jahrzehnte weiter behandelt, als bestünde das hohe Rejektionsrisiko des ersten Halbjahres fort. Aus Angst vor einer Rejektion wird häufig die initial begonnene 3-fach-Therapie (CNI plus MPA plus Steroid) mit denselben CNI-Spiegeln fortgeführt, obwohl seit langem bekannt ist, dass die Rejektionsrate fünf Jahre nach Transplantation deutlich niedriger ist. Zudem kumulieren viele Nebenwirkungen mit der Zeit, da das Toxizitätsrisiko häufig nicht nur konzentrations- sondern auch zeitabhängig ist. Daher bietet die Optimierung der Immunsuppression jenseits des ersten Halbjahres die Möglichkeit, die Nebenwirkungen der Medikation gerade im Langzeitverlauf deutlich zu reduzieren. Neben der zeitlich stadiengerechten Immunsuppression steht die Vermei25 Aktuelles aus der Transplantationsmedizin dung/Reduktion der Steroid-assoziierten und CN-assoziierten Nebenwirkungen im Vordergrund. MPA zeigte einen günstigen Einfluss auf die chronische Transplantatdysfunktion (Ojo AO, Transplantation 69:24052409, 2000), so dass eine Fortführung der MPA-Therapie im Langzeitverlauf sinnvoll erscheint. Die immunsuppressive Potenz von MPA, das günstige kardiovaskuläre Risikoprofil und der sichere Einsatz der Substanz im Langzeitverlauf sollte genutzt werden, andere Immunsuppressiva weiter zu reduzieren. Beispiele hierfür wären der Steroidentzug innerhalb des ersten Jahres nach Transplantation oder die Reduktion der CNIs. Das Absetzen der CNIs unter alleiniger Therapie mit MPA und Steroiden kann in den ersten 3 Jahren nach Transplantation nicht empfohlen werden (Abramowicz D, J Am Soc Nephrol 16:2234-2240, 2005), während hingegen bei Patienten im weiteren Langzeitverlauf MPA ein CNIfreies Therapieregime unterstützt (Suwelack B, Am J Transplant 4:655662, 2004; Dudley C, Transplantation 79:466-475, 2005). Seit Einführung der Steroide in die Transplantationsmedizin vor über 50 Jahren hat man sich aufgrund der Nebenwirkungen mit ihrem Ersatz beschäftigt. Viele Transplantationsmediziner sehen eine frühe Elimination als vordringlich an, andere halten eine Elimination im ersten Jahr für ausreichend. Auf jeden Fall kommt es beim Absetzen der Steroide zu einer Reduktion bzw. Vermeidung der vielfältigen Steroid-assoziierten Nebenwirkungen. Neuere Metaanalysen (Pascual J, Transplant Proc 37:3746-3748, 2005) belegen zudem die Sicherheit eines derartigen Vorgehens, auch wenn bei der frü26 hen Steroidelimination einige leichte Rejektionen beobachtet wurden. Ein weiteres wichtiges Thema besteht in der Reduktion bzw. Elimination der CNIs, vor allem aufgrund ihres nephrotoxischen Potentials. Wenn 5-10% der Herz- oder Lebertransplantierten Patienten (Ojo AO, Semin Nephrol 27:498-507, 2007) nach 10 Jahren aufgrund der Nephrotoxizität dialysepflichtig geworden sind (d. h., zwei mehr oder weniger gesunde Nieren verloren haben), so besteht die berechtigte Frage, wie hoch der Prozentsatz ist, wenn wir nur eine mehr oder weniger marginale Niere transplantieren. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die CNIs aufgrund ihrer Effektivität und guten Verträglichkeit den Durchbruch in der Transplantation solider Organe gebracht haben. Bislang sind alle Versuche gescheitert, CNIs in der Initialphase zu ersetzen. Gründe waren inakzeptable Nebenwirkungen und/oder mangelnde Effektivität. Möglicherweise bringen neue Immunsuppressiva hier einen Durchbruch. Als eine mögliche Alternative bieten sich weitere Versuche einer weiteren CNI-Minimierung, vor allem im Langzeitverlauf, an. Eine zweite Alternative besteht im Ersatz der CNIs z. B. durch MPA oder mTOr-Inhibitoren bei Auftreten von CNI-assoziierten Nebenwirkungen. Vielfach wird beispielsweise bei Verschlechterung der Nierenfunktion im Langzeitverlauf an eine Konversion auf ein MPAoder mTOR-basiertes Therapieregime gedacht. Diese Vorgehensweise hat aber den Nachteil, dass bereits in der Regel eine fortgeschrittene irreversible Nierenschädigung nachweisbar ist und die Konversion bei vielen Patienten zu spät kommt. Als dritte Alternative bietet sich daher eine rechtzeitige prophylaktische Konversion auf ein CNI-freies Regime an. Dadurch soll eine CNI-assoziierte strukturelle Nierenschädigung mit dem Verlust von Nephronen vermieden werden. Es muss aber gefordert werden, dass ein derartiges Vorgehen nicht nur mit einer besseren Nierenfunktion assoziiert ist, sondern auch genau so sicher und effektiv ist, wie die Standardtherapie mit dem CNI. Zudem müssen wichtige praktische Fragen, wie nach dem richtigen Konversionszeitpunkt (Abb. 1), dem Konversionschema, der immunsuppressiven Medikation und Dosierung in klinischen Untersuchungen geklärt werden. Derzeit scheint eine Konversion zwischen 3-6 Monaten auf ein Therapieregime eines mTOR-Inhibitors in Kombination mit MPA und Steroiden am erfolgversprechendsten. Durch die Entwicklung neuer, selektiver Immunsuppressiva oder durch die stetige Verbesserung der Therapieprotokolle mit den derzeit zugelassenen Medikamenten wird es hoffentlich in Zukunft möglich sein, eine noch effektivere Immunsuppression bei gleichzeitiger Reduktion der Nebenwirkungen zu erzielen. Ziel ist es, eine rational begründete, jedoch individuell angepasste medikamentöse Behandlungsstrategie für den nierentransplantierten Patienten zu entwickeln. Zum Erreichen dieses Zieles sind gerade in der Erhaltungsphase weitere prospektive Studien notwendig. Prof. Dr. K. Budde Frau Dr. M. Schütz Prof. Dr. H. H. Neumayer Klinik für Innere Medizin m. S. Nephrologie Charité, Campus Mitte, Berlin NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Aktuelle Konzepte der Immunsuppression nach Nierentransplantation Obwohl die vielen Transplantationszentren weltweit üblicherweise ein heterogenes, wenig standardisiertes Management von nierentransplantierten Patienten haben, ist das initiale Immunsuppressionsregime von de novo Patienten relativ einheitlich. Wie zum Beispiel im USRDS-Bericht 2007 ersichtlich, verwenden die meisten Zentren in den USA, aber auch in Europa und Australien, eine Kombination von Tacrolimus (TAC) und Mycophenolat Mofetil (MMF) als initiale Erhaltungsimmunsuppression. Deutlich regionale Unterschiede gibt es allerdings, was die Induktionstherapie mit entweder Antithymozytenglobulin (ATG) oder Interleukin-2-Rezeptor (IL2R)-Antikörpern betrifft und die initiale Verwendung von Kortikosteroiden (S) (Abb. 1). Etwa 40% aller in US-amerikanischen Zentren transplantierten Patienten erhalten eine Induktionstherapie, und 30% aller Patienten werden steroidfrei transplantiert. Im Eutrotransplant-Bereich ist die Inzidenz der Induktionsimmunsuppression und der steroidfrei transplantierten Patienten deutlich geringer, was auch mit der geringeren Zahl an Lebendspendertransplantationen zu tun hat. Was die Erhaltungsimmunsuppression nach etwa drei bis sechs Monaten betrifft, wird die Zentrumsheterogenität noch größer, da die Immunsuppression individuell an die Situation des Patienten angepasst werden muss. Da zwar die immunsuppressionsbedingten Nebenwirkungen individuell sofort sichtbar sind, nicht aber der potentielle individuelle Langzeitbenefit, hat sich bisher kein ‚bestes Protokoll’ herauskristallisiert. Die in den randomisiert kontrollierten Studien (RCTs) verwendeten Studienendpunkte sind meist eine Kombination aus Surrogatendpunkten wie SeNEPHRO - NEWS TAC & MMF CSA & MMF TAC TAC & SRL None listed Other Percent of patients Abb. 1: Immunsuppressionsregime in de novo Patienten zwischen 2003 bis 2005. Daten von USRDS (United States Renal Data System) ADR (Annual Data Report)2007; 7.62, 169. rum-Kreatinin und biopsiegesicherter Abstoßung. Transplantat- und Patientenüberleben sind zwar meist inkludiert in den primären Endpunkt, können aber bei Studiendauern von wenigen Jahren fast nicht unterschiedlich sein, wenn etablierte Immunsuppressionsstrategien verglichen werden. Die größte RCT von nierentransplantierten Studien, die SYMPHONYStudie, hat als ‚bestes’ Protokoll für das erste Jahr nach Transplantation eine Kombination von Niedrigdosis TAC+ MMF+S identifiziert. Sowohl die Kombination von Cyclosporin A (CSA)+ MMF und Sirolimus (SRL)+MMF haben schlechter abgeschnitten (Ekberg H, N Engl J Med 357:2562-2575, 2007). Abhängig von der Zeit nach Transplantation haben randomisiert kontrollierte Konversionsstudien von Calcineurininhibitoren (CNI) auf mamallian Target of Rapamycin-Inhibitoren (mTOR-I) basierte Immunsuppression unterschiedliche Ergebnisse gezeigt. In den bisher nur in Abstractform vor- liegenden frühen Konversionsstudien (innerhalb der ersten 2 bis 6 Monate nach Transplantation) wie dem ‚Spare the Nephron Trial’ (STN) und der Concept-Studie war die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ein Jahr nach Konversion signifikant höher als in der CNI-Gruppe (Pearson TC, Am J Transplant 2008; 8 [Suppl 2]: abs #129; Servais A, Am J Transplant 2008; 8 [Suppl 2]: abs #527). Die CONVERT-Studie hat Patienten, die bereits zwischen sechs Monate und zehn Jahre transplantiert waren, verblindet von CNI auf mTOR-I umgestellt. Die Abstoßungsraten waren nicht unterschiedlich zwischen den Studiengruppen, allerdings war auch kein Unterschied in der GFR zwei Jahre nach Konversion zu finden (Schena FP, Transplantation 2008 in Druck). Ein sehr wesentliches Ergebnis war allerdings die niedrigere Malignomrate in der mTOR-I-Gruppe (3 vs 10%, p< 0.001) (Abb. 2). Wenn man bedenkt, dass je nach Register (ANZ[AustraliaNew Zealand]-Data oder USRDS) die 27 Science + Solutions + Systems + Support Individuelle Dialyse mehr Lebensqualität für Patienten mehr Therapiequalität für den Arzt Baxter, weltweit größter Anbieter in der Peritonealdialyse, unterstützt Patient, Arzt und Pflegekraft durch maßgeschneiderte Angebote. Wir bieten das größte Spektrum an Lösungen, Systemen und Service für erfolgreiche Behandlungsergebnisse und zufriedene Patienten. www.baxter.de Personalized Dialysis Deutschland Baxter Deutschland GmbH Bereich Nephrologische Therapie Edisonstraße 4 85716 Unterschleißheim Telefon + 49 (0) 89 - 317 01 - 503 Telefax + 49 (0) 89 - 317 01 - 502 www.baxter.de Österreich Baxter Vertriebs GmbH Landstrasser Hauptstraße 99/2a A-1031 Wien Telefon + 43 (0) 1 - 711 20 - 163 Telefax + 43 (0) 1 - 711 20 - 143 www.renal.at Schweiz Baxter AG Müllerenstrasse 3 CH-8604 Volketswil Telefon + 41 (0) 44 - 908 50 - 50 Telefax + 41 (0) 44 - 908 50 - 40 www.renal.ch Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Malignome inzwischen mit oder nach den kardiovaskulären Ereignissen die Haupttodesursache bei Transplantierten sind, bekommt dieses Studiensubergebnis eine wichtige Bedeutung. Um die Langzeitergebnisse des Transplantat- und Patientenüberlebens zu verbessern, ist wahrscheinlich eine sequentielle Immunsuppression basierend auf klinischen Daten wie Komorbiditäten und histologischen Daten aus sequentiellen Protokollbiopsien notwendig. Die bisher übliche Vorgehensweise, dass erst biopsiert und die Immunsuppression modifiziert wurde, wenn ein deutlicher Anstieg des SerumKreatinins dazu gezwungen hat, kommt wahrscheinlich zu spät. Wie viele Studien vor allem der australischen Gruppe um Nankivell und Chapman gezeigt haben, besteht oft schon ein lange dauernder, beträchtlicher morphologischer Schaden, bevor es zu einem Kreatininanstieg kommt (Wavamunno MD, Am J Transplant 7:2757-2768, 2007). Die derzeit heftig betriebene Suche nach bes- NEPHRO - NEWS Abb. 2: Signifikant weniger Malignome zwei Jahre nach Konversion von CNI aud mTOR-I basierte Immunsuppression. Daten von Schena FP, Transplantation 2008 (in Druck). seren Biomarkern von Nierenschädigungen als das Serum-Kreatinin, könnte frühzeitige Interventionen durch nicht-invasives serielles Monitoring ermöglichen (Perco P und Oberbauer R, Nat Clin Pract Nephrol 4:362-363, 2008). Wie schon der erste deutsche Professor für Experimentalphysik, Georg Christoph Lichtenberg, 1793 gesagt hat, ist unklar, ob es nach einer Änderung des Modus vivendi besser wird, aber wenn es gut werden soll, muss es anders werden. Prof. Dr. Rainer Oberbauer KH Elisabethinen Linz und Medizinische Universität Wien 29 Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Bedeutung der B-Zelle für die Transplantat-Abstoßung Auch wenn die chirurgischen Techniken schon länger entwickelt worden waren, wurden die Erfolge der modernen Transplantationsmedizin beim Menschen erst mit der Entwicklung potenter aber gleichzeitig langzeitverträglicher Immunsuppressiva möglich. Nachdem erkannt worden war, dass Glukokortikoide alleine nicht ausreichten, um Abstoßungsreaktionen nach humaner Allotransplantation zu vermeiden bzw. zu therapieren, wurden Antimetaboliten wie das Azathioprin und ab dem Jahr 1978 der Calcineurin-Inhibitor Cyclosporin verabreicht. Ein pharmakologisches Hauptziel einer solchen Behandlung war es (und ist es bis heute), die Proliferation und Aktivierung von T-Lypmphozyten (TZellen) zu verhindern, um die adaptive Immunantwort auf das Erkennen von Fremdantigenen zu minimieren. Zumeist waren deshalb auch noch T-Zellen depletierende Antiseren oder Antikörper Teil der Immunsuppression, z. B. im Rahmen einer Induktionstherapie (Halloran PF, N Engl J Med 351:2715-2729, 2004). Diese Therapiestrategien beruhten unter anderem auf der Beobachtung, dass im Rahmen von Abstoßungsreaktionen histologisch eine dichte Infiltration des Fremdgewebes mit Immunzellen zu dokumentieren ist, was auch heute noch als das klassische Charakteristikum einer zellulären Rejektion angesehen wird. Hierbei sind als typische Effektorzellen der zellulären Immunantwort in erster Linie aktivierte T-Zellen, später aber auch natürliche Killer (NK)-Zellen, 30 Tab. 1: Potentielle Schädigungsmechanismen von B-Zellen bei der Transplantatrejektion 1) Antikörper-vermittelte Mechanismen • Differenzierung zu Plasmazellen mit nachfolgender Produktion Donor-spezifischer Antikörper • Differenzierung zu B-Memory-Zellen mit beschleunigter humoraler Immunantwort nach Antigen-Zweitkontakt 2) Antikörper-unabhängige Mechanismen • • • • • Präsentation von Antigenen T-Zell Aktivierung Interaktion mit dendritischen Zellen Lokale Synthese von Zytokinen Induktion der Lymphangiogenese Monozyten/Makrophagen und Granulozyten charakterisiert worden. Um Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantation besser kategorisieren zu können, wurde die so genannte Banff-Klassifikation entwickelt. Mit dieser werden Rejektionen jedoch in erster Linie deskriptiv nach dem Schweregrad (borderline rejection bis schwere Rejektion), nach dem Ort (tubulointerstitiell oder vaskulär) und der Chronizität der Schädigung (akuter versus chronisch-sklerosierender Schaden) eingeteilt, ohne jedoch besondere Rücksicht auf zelluläre Besonderheiten bzw. die Zusammensetzung des Infiltrats zu nehmen. Erst 2003 wurde als neues Kriterium der Nachweis des Komplement-Split-Produkts C4d in die Banff-Klassifikation mit aufgenommen, speziell, um histopathologische Hinweise auf humorale Abstoßungsreaktionen geben zu können (Racusen LC, Am J Transplant 3: 708-14, 2003). Trotz verbesserter Mög- lichkeiten der Diagnostik einer Abstoßungsreaktion besteht ein bislang ungelöstes klinisches Problem: Der überwiegende Teil insbesondere der zellulären, akuten Rejektionen lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Immunsuppressiva gut behandeln. Hyperakute, durch präexistierende Antikörper ausgelöste Rejektionen sind durch eine konsequente Durchführung von Kreuzproben und andere Sicherheitsmaßnahmen selten geworden. Dagegen sind die Pathomechanismen von chronischen Rejektionen noch weitgehend unverstanden und ein Großteil der Transplantate geht verloren, weil hierfür noch unzureichende Therapiekonzepte existieren. Mit der Beobachtung, dass sowohl akute als auch chronische Abstoßungsreaktionen nicht nur zellulär sondern auch humoral, d. h., Antikörper-vermittelt sein können, rückten in den letzten Jahren B-Lymphozyten (B-Zellen) und Plasmazellen zunehmend in das Interesse der Transplantationsimmunologie. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass Abstoßungen von soliden Organen mehr oder weniger „rein“ zellulär oder humoral sein können, dass aber oft auch beide Formen der Abstoßungsreaktion parallel einhergehen können (Nickeleit V, Kidney Int 71: 7-11, 2007). Eine Immunantwort auf ein Fremdantigen erfordert zunächst, dass dieses Antigen dem Immunsystem in geeigneter Form zugänglich ist. Eine Besonderheit der B-Zellen ist hierbei, dass diese Fremdantigene in naiNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Transplantationsmedizin ver, d. h., unprozessierter Form erkennen können, während T-Zellen Antigene typischerweise in prozessierter Form von Antigen-präsentierenden Zellen (z. B. dendritischen Zellen) „gezeigt“ bekommen. Der Kontakt von Antigen und B-Zelle kann im Lymphknoten oder im Blut stattfinden. Nach der B-Zell-Aktivierung und einer T-Zell-Kostimulation bilden sich vor allem in lymphatischen Geweben sogenannte Keimzentren aus und die B-Zellen entwickeln sich entweder in Plasmoblasten weiter, die später zu antikörperproduzierenden Plasmazellen ausdifferenzieren können. Alternativ können aus aktivierten BZellen auch langlebige B-MemoryZellen entstehen, die nach einer späteren Re-Exposition mit dem Antigen rapide zu Plasmoblasten differenzieren können. Über geeignete Oberflächenmarker können die verschiedenen Stadien dieser Zellen sowohl im Blut als auch in Geweben gut differenziert werden. Als Beispiel seien hier die Moleküle CD20 und CD138 genannt, eine CD20-Positivität ist für alle Stadien der unreifen und reifen B-Zellen bis hin zum Plasmoblasten typisch, Plasmazellen tragen dagegen CD138 auf ihrer Oberfläche. Die klassische Rolle von Plasmazellen bei humoralen Rejektionen ist die Produktion von Donor-spezifischen Antikörpern (DSA). Die pathogene Funktion von DSA konnte mittlerweile mittels Tiermodellen gut belegt werden. So bewirkte zum Beispiel im Modell der B-Zell-defizienten Maus ein passiver Transfer von DSA-haltigem Serum eine beschleunigte Abstoßung nach experimenteller Herztransplantation (Brändle D, Transplantation 65:1489-1493, 1998). Die NEPHRO - NEWS verschiedenen Rollen von B-Zellen im Rahmen von Abstoßungsreaktionen sind dagegen weit komplexer und vielfach noch unverstanden. Mit Hilfe von Knockout-Modellen konnte gezeigt werden, dass eine alleinige B-Zell-Defizienz nicht komplett vor einer T-Zell-vermittelten Abstoßung schützte. Wurde jedoch diesen Tieren zusätzlich Cyclosporin verabreicht, so konnte die Abstoßung signifikant länger hinausgezögert werden als bei Wildtyp-Kontrolltieren (Brändle D, Transplantation 65:14891493, 1998). Es sind verschiedene Mechanismen denkbar, wie B-Zellen sowohl an akuten als auch an chronischen Rejektionsprozessen beteiligt sein können. Zum einen können sie an der Immunantwort und Antikörperproduktion - wie oben beschrieben - beteiligt sein. Daneben haben sie aber auch eine Reihe weiterer Funktionen unabhängig von der Antikörperproduktion. B-Zellen können als Antigen-präsentierende Zellen agieren und CD4-positive T-Helfer-Zellen aktivieren (Batista FD, Nature 411:489494, 2001). Darüber hinaus können aktivierte B-Zellen eine Reihe von Zytokinen produzieren, beispielsweise Interleukin-10, Transforming Growth Factor-β (TGF-β) und Interleukin-12. Eine direkte Interaktion mit B-Zellen ist auch für dendritische Zellen und regulatorische T-Zellen beschrieben worden. Über die Produktion von vascular endothelial growth factor (VEGF) können B-Zellen das lokale Wachstum von lymphatischen Gefäßen in Lymphknoten anregen (Angeli V, Immunity 24: 203-215, 2006). Letztere Beobachtung ist von besonderem Interesse, da mittlerweile eine Reihe von Studien aufzeigte, dass zum Beispiel in Biopsien von akut abstoßenden Nierentransplantaten bis zu 30% der infiltrierenden Zellen aktivierte B-Zellen sind (Sarwal M, N Engl J Med 349:125-38, 2003). Diese wandern möglicherweise über lokal im Nierengewebe neu entstandene Lymphgefäße ein, für die eine erheblich gesteigerte Dichte in Biopsien mit fleckförmigen, T- und BZell-haltigen Infiltraten beschrieben wurde (Kerjaschki D, J Am Soc Nephrol 15:603-612, 2004). Als Moleküle, die ihm Rahmen einer Transplantrejektion die Wanderung und lokale Aktivierung der B-Zellen beeinflussen können, wurden Chemokine (chemotaktische Zytokine) beschrieben. Als Beispiele können CXCL13 und dessen Rezeptor CXCR5 (Steinmetz OM, Kidney Int 67:16161621) sowie CCL3, CCL5 und deren Rezeptor CCR1 (Mayer V, Nephrol Dial Transplant 22:1720-1729) genannt werden. Ob es sinnvoll ist, in Transplantatbiopsien routinemäßig, z. B. mittels Durchführung einer Immunhistologie für CD20, eine Infiltration mit BZellen nachzuweisen, muss aktuell noch unbeantwortet bleiben. Eine Reihe von Untersuchungen hat gezeigt, dass der Nachweis von CD20positiven B-Zellen in Nierenbiopsien mit einem schwereren Verlauf und einer Steroidresistenz der Abstoßung assoziiert war, wobei als Besonderheit anzumerken ist, dass in diesem Patientenkollektiv auch pädiatrische Fälle untersucht worden waren (Sarwal M, N Engl J Med 349:125-138, 2003; Hippen BE, Am J Transplant 5:2248-2252, 2005; Tsai EW, Transplantation 82:17691773, 2006; Martins HL, Transplant Proc 39:432-434, 2007). Dagegen fanden an31 Pharmaforum der Vifor AG ERA-EDTA-Kongress, Stockholm, 10.-13. Mai 2008, Assoziertes Symposium VIFOR Pharma, 11. Mai 2008 Vorsitz: Fernando Carrera, Leiria (Portugal) Intravenöse Eisensubstitution bei renaler Anämie Nächste Stufe: Eisencarboxymaltose Die renale Anämie zählt zu den häufig vernachlässigten und oft erst spät erkannten Folgen einer chronischen Niereninsuffizienz. In Fachkreisen besteht Einigkeit darüber, dass sich Verlauf und Prognose der Niereninsuffizienz durch frühzeitige Kontrolle der Anämie günstig beeinflussen lassen. Die Bereitstellung von Eisen durch intravenöse Substitution kann die Wirksamkeit der Therapie mit Erythropoetin optimieren. Mit Eisencarboxymaltose (Ferinject®) steht ein neues parenterales Eisenpräparat zur Verfügung, dessen gute Verträglichkeit und Wirksamkeit in zehn multizentrischen Studien belegt ist. Anämie und Eisenmangel sind bekannte Folgen der chronischen Niereninsuffizienz. Diese renale Anämie beeinträchtigt nicht nur Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Patienten, sondern ist auch mit gesteigerter kardiovaskulärer Morbidität und Sterblichkeit verbunden. Je länger bei Patienten ein Hb-Wert unter 11 d/dL besteht, desto höher ist die Hospitalisierungsrate und desto deutlicher steigt das Mortalitätsrisiko (Pisoni et al. 2004). Im Jahr 1986 wurde erstmals über die erfolgreiche Kontrolle der renalen Anämie bei Dialysepatienten mit humanem rekombinantem Erythropoetin berichtet (Winearls et al. 1986). Inzwischen blickt man auf rund 20 Jahre klinischer Erfahrung mit diesem Therapiekonzept zurück, und seit etwas mehr als zehn Jahren bemühen sich Expertengremien, den Nutzen der erythropoetischen Therapie durch Behandlungsrichtlinien zu optimieren. Trotzdem erreichen nach den Worten von Fernando Carrera, Leiria (Portugal) bis zu 45% der Dialysepatienten den angestrebten Hb-Wert von mindestens 11 g/dl nicht. Korrektur der renalen Anämie mit Erythropoetin: Eisenstatus optimieren Mittlerweile weiß man, dass die Stimulation der Blutbildung durch erythropoetische Substanzen nur sinnvoll ist, wenn ausreichend Eisen zur Verfügung steht. Gelingt es bei Patienten mit renaler Anämie trotz adäquater EPOSubstitution nicht, den Hb-Wert über 11 g/dl zu heben, liegt möglicherweise ein absoluter Eisenmangel - aufgrund von leeren Eisenspeichern - oder ein funktionelles Eisendefizit vor, bei dem Eisen nicht adäquat für die beschleunigte Erythropoese mobilisiert werden kann. Deshalb lohnt es sich, den Eisenstatus bereits vor der Gabe von Erythropoetin abzuklären. In den European Best Practice Guidelines zur Behandlung der Anämie bei chronischer Niereninsuffizienz (Locatelli et al. 2004) sind Empfehlungen zum Management des Eisenhaushalts formuliert: • Ein ausgeglichener Eisenhaushalt ist erforderlich, um den Hb-Zielwert von >11 mg/dl zu erreichen und zu halten. Specialist Kidney Care • Indikatoren für adäquat gefüllte Eisenspeicher sind ein Serum-Ferritin-Wert > 100 μg/l und ein Anteil hypochromer Erythrozyten unter 10%, alternativ eine Transferrinsättigung von über 20%. • Um optimale Voraussetzungen für die Erythropoese zu gewährleisten, sollte das Serum-Ferritin zwischen 200 und 500 μg/l und der Anteil hypochromer Erythrozyten unter 2,5% bzw. die Transferrinsättigung 30-40% betragen. Da bei renaler Anämie häufig ein Eisenmangel vorliegt, ist bei den Patienten begleitend zur Therapie mit erythropoetischen Substanzen eine i.v. Eisensubstitution sinnvoll, unterstrich Carrera. Zukunftsweisende UK-Standards im Management der chronischen Niereninsuffizienz Vom britischen Gesundheitsministerium wurde vor einigen Jahren unter der Federführung von Donal O’Donoghue, London, eine Initiative zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz ins Leben gerufen. Zielsetzungen des „National Service Framework for Renal Services“ sind: • Prävention und Früherkennung der chronischen Niereninsuffizienz • Bereitstellung von umfassenden Unterstützungsangeboten für Patienten • Minimierung von Krankheitsfolgen und Komplikationen • Durchgängiges Betreuungskonzept über den gesamten Krankheitsverlauf • Frühzeitige Information der Patienten über die Möglichkeiten der Nierenersatz-Therapie • Interdisziplinäres Management Bei Niereninsuffizienz ist es, wie O’Donoghue unterstrich, entscheidend wichtig, frühzeitig einen Nephrologen hinzuzuziehen, um die im Krankheitsverlauf vorprogrammierten Komplikationen zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern (Abb. 1 Slides Nr. 41 D. O'Donghue). Dabei muss die Betreuung durch Nephrologen und Hausarzt Hand in Hand gehen. Es sei inakzeptabel, so der britische Experte, dass 80% der Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz anämisch sind und bei 75% kardiovaskuläre Komplikationen auftreten. Nach Erfahrung von O’Donoghue werden selbst im fortgeschrittenen Stadium IV der Niereninsuffizienz weniger als 30% der Patienten von einem Nephrologen mitbetreut. Im Stadium V, wenn eine Nierenersatztherapie unumgänglich ist, sind es 70%. Probleme der intravenösen Eisensubstitution Ein bisher nicht befriedigend gelöstes Problem der Anwendung von i.v. Eisen bei Patienten mit renaler Anämie ist die Balance zwischen effizienter Dosis und der Toxizität, so Michel Burnier, Lausanne (Schweiz). Bei der Verordnung einer intravenösen Eisentherapie bestand bislang die Auswahl zwischen drei Präparategruppen: Dextran-basierte Eisenpräparate sind stabil und erlauben eine hochdosierte i.v. Therapie, bergen jedoch das Risiko anaphylaktischer Reaktionen. Eisengluconat muss aufgrund seiner geringen Komplexstabilität in niedriger Dosis appliziert werden, um die akute Toxizität zu begrenzen. Eisensucrose (Venofer®) schließlich ist aufgrund der extensiven klinischen Erfahrung mit dem Präparat und des überzeugenden Sicherheitsprofils als aktueller Goldstandard der intravenösen Eisentherapie anerkannt. Bei knapp 9 Millionen verabreichten Dosen kam es lediglich zu 175 Fällen unerwünschter Wirkungen, von denen 5 als schwer eingestuft wurden. Wenngleich auch hier die Höhe der Einzeldosis und die Infusionsgeschwindigkeit begrenzt sind, birgt Eisensucrose doch das geringste Risiko einer Immunogenität (Hörl et al. 2007): Eisensucrose 1 : 10.000 Eisengluconat 1 : 1.000 Dextran-basierte Eisenpräparate 1 : 100 Eisencarboxymaltose: Neues i.v. Eisenpräparat setzt Maßstäbe Aus klinischer Sicht wäre ein Eisenpräparat für die intravenöse Therapie wünschenswert, das stabil genug ist, um in einem breiten Dosierungsspektrum angewendet werden zu können, die Verabreichung auch hoher Dosierungen in kurzer Zeit erlaubt und keine Kompromisse hinsichtlich Verträglichkeit und Sicherheit erfordert. Daraus resultiert ein Anforderungsprofil mit möglichst geringer Immunogenität einerseits und andererseits möglichst geringem Risiko für toxische Effekte aufgrund von ionisiertem Eisen, das aus labilen Komplexen freigesetzt wird, erklärte Burnier (Abb. 2 Slide 79 M. Burnier). Eine neue Eisencarboxymaltose-Formulierung - Ferinject® - verfügt über beste Voraussetzungen, dieses komplexe Anforderungsprofil zu erfüllen: • Eisencarboxymaltose ist ein hochstabiler makromolekularer Eisenkomplex mit einem Molekulargewicht von nur 150 kD. • Einzeldosen von bis zu 1000 mg bei lediglich 15 Minuten Infusionszeit oder Bolusgaben von bis zu 200 mg sind möglich. • Eine Testdosis ist nicht erforderlich. • Eisencarboxymaltose hat keine Dextrankomponente und zeigt keine Kreuzreaktion mit Dextranantikörpern. • Die akute Toxizität ist gering, da unter physiologischen Bedingungen keine Eisenionen freigesetzt werden. • pH-Wert und Osmolarität der Lösung sind physiologisch. Klinische Erfahrungen mit Eisencarboxymaltose bei chronischer Niereninsuffizienz Aufgrund der geringen Immunogenität und der guten systemischen wie auch lokalen Verträglichkeit erfüllt Eisencarboxymaltose entscheidende Anforderungen an die parenterale Eisentherapie. Burnier verwies hier auf die Auswertung von zehn Multicenterstudien, die das günstige Sicherheitsprofil bestätigten. Eisencarboxymaltose – überwiegend in der maximalen Dosierung von 1000 mg eingesetzt - wurde insgesamt besser vertragen als orales Eisen, das häufiger gastrointestinale Nebenwirkungen verursachte (Quinibi 2008). Das gute Sicherheitsprofil, kombiniert mit der Wirksamkeit und der einfachen Anwendung, spricht dafür, dass Eisencarboxymaltose in der Behandlung des Eisenmangels bei renaler Anämie Vorteile bietet und auch im ambulanten Setting gut anwendbar ist. Ein bestehendes Eisendefizit lässt sich mit 1-2 Einzelgaben rasch beheben, so dass auch weniger Arztbesuche notwendig werden und der Zeitaufwand für die Therapie insgesamt geringer ist. Quellen: • Winearls CG et al. Effect of human erythropoietin derived from recombinant DNA on the anaemia of patients maintained by chronic haemodialysis. Lancet 1986; 2(8517):1175-8 • Locatelli F et al. Revised European Best Practice Guidelines for the Management of Anaemia in Patients with Chronic Renal Failure. NDT 2004; 19(Suppl 2):ii1-ii47 Daten zum Anaphylaxierisiko bei unterschiedlichen i.v. Eisenpräparaten: • Hörl W et al. OPTA-therapy with iron and erythropoiesis-stimulating agents in chronic kidney disease NDT 2007; 22(Suppl 3):iii2–iii6 • Quinibi W et al. Safety and Tolerability profile of Ferric Carboxymaltose (FCM): Data from the FMC Clinical Program. EDTA 2008; Abstract MP383 Aktuelles aus der Transplantationsmedizin dere Arbeitsgruppen, dass ein Nachweis von CD20-positiven Zellen im Nierentransplantat nicht mit einem schlechteren Verlauf assoziiert war (Doria C, Transplant Proc 38:3441-3444, 2006; Mengel M, Am J Transplant 7:356365, 2007; Bagnasco SM, Am J Transplant 7:1968-1973, 2007). Schließlich lassen sich aus Untersuchungen an immunologischen Systemerkrankungen zusätzliche Hinweise ableiten, dass B-Zellen tiefer an Immunprozessen beteiligt sind als bislang angenommen wurde. Klinische Fallberichte ergaben positive Effekte einer B-Zell-depletierenden Therapie mittels des CD20-Antikörpers Rituximab bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes, Enzephalomyelitis disseminata oder anderen Autoimmunerkrankungen. Dennoch sollte an dieser Stelle klar gesagt werden, dass aktuell in der Transplantationsmedizin der Stellenwert einer B-Zell-depletierenden Therapie mit Rituximab noch unklar ist, und hierfür auch noch keine arzneimittelrechtliche Zulassung besteht. Zudem mehren sich in letzter Zeit Fallberichte speziell von Patienten, die nach kombinierter Immunsuppression oder Langzeitimmunsuppression und einer Therapie mit Rituximab eine progressive multifokale Leukenzephalopathie durch eine zerebrale Reaktivierung des JC-Virus (aus der Familie der Papova-Viren) entwickelten (siehe auch Warnung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Deutsches Ärzteblatt 36: A1866, 2008). Eine entsprechende Behandlung von Transplantierten kann derzeit nur im Rahmen von klinischen Studien erfolgen. Zusammenfassung B-Lymphozyten werden zunehmend als wichtige Mediatoren einer Transplantatrejektion beschrieben. Die Rolle von B-Zellen ist hierbei vielfältig und umfasst Antikörper-vermittelte und Antikörper-unabhängige Mechanismen, die sowohl für akute als auch für chronische Rejektionen wichtig sind. B-Zell-depletierende Therapien sind derzeit Gegenstand klinischer Studien und sollten aufgrund der Gefahr schwerer Nebenwirkungen aktuell nicht offlabel erfolgen. Prof. Dr. med. Bernhard Banas Nephrologie und Transplantation Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum Regensburg „In dem Moment, in dem man erkennt, wie gut es einem selber geht und wie unglaublich schlecht es anderen geht, in diesem Moment ist es da. Das Bedürfnis, etwas zu verändern, nicht tatenlos und machtlos hinzunehmen, zu helfen. Warum wir das tun? Weil es uns gut tut. Helfen berührt - jene, denen wir mit unserer Arbeit helfen können, aber noch viel mehr berührt es uns selber. Wir haben die Macht, Zustände, mit denen wir nicht einverstanden sind, zu verändern. Es gibt kein Gefühl, das auch nur annähernd dem gleichkommt.“ Dr. Eva-Susanne Ehrenreich www.helfen-beruehrt.at „Helfen berührt“ sucht Sachspenden für den weiteren Ausbau der Intensivstationen in der Mongolei: • Funktionsfähige, aber bei uns ausgeschiedene, anästhesiologische und intensivmedizinische Geräte • Einrichtungsgegenstände von Anästhesie- und Intensivstationen • Einfache anästhesiologische und intensivmedizinische Verbrauchsmaterialien. Wir sind gerne bereit, die Geräte nach Rücksprache in den Krankenhäusern persönlich abzuholen bzw. für die Transportkosten aufzukommen. Kontakt: [email protected], [email protected] Unser Spendenkonto: Kto.-Nr. 21011125913, BLZ: 57000 (Hypo Tirol Bank AG) Kennwort: „Anästhesiehilfe für die Mongolei“ 34 NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Aktuelle Antikörper-mediierte Abstoßungsreaktion Viele Jahre wurden Alloantikörper gegen Spenderantigene vor allem mit hyperakuten Abstoßungsreaktionen in Zusammenhang gebracht. Das akademische wie klinische Interesse daran nahm daher mit der Einführung des Cross-match-Testes und der Verwendung blutgruppenkompatibler Organe rapide ab. Zwar wurde immer wieder postuliert, dass schwer beherrschbare und prognostisch ungünstige Abstoßungsreaktionen (z. B. Banff Grad III) eine humorale Komponente aufweisen könnten, allerdings standen fehlende diagnostische Möglichkeiten einer systematischen Aufarbeitung im Wege. 1991 beschrieben Feucht und Mitarbeiter erstmals die Ablagerung von C4d und C3d in Biopsien von Patienten mit akuten oder chronischen Abstoßungsreaktionen und interpretierten dies als Zeichen einer humoralen Aktivierung (Feucht HE, Clin Exp Immunol 86:464470, 1991). Drei Jahre später konnten sie zeigen, dass bei Transplantaten mit früher Dysfunktion eine diffuse, aber auch fokale Ablagerung von C4d in den interstitiellen Kapillaren mit einer schlechten Prognose einherging (Feucht HE, Kidney Int 43:1333-1338, 1993). Seither werden Antikörper-vermittelte Veränderungen in Transplantaten so häufig beobachtet, dass ihnen in den Banff-Kriterien eine eigene Kategorie gewidmet wird (Solez K, Am J Transplant 8:753-760, 2008; siehe auch Tabelle 1). Pathogenese und Diagnostik Bei der Aktivierung des klassischen Komplementweges wird C4 in C4a und C4b umgewandelt. C4d ist wiederum ein Spaltprodukt von C4b, NEPHRO - NEWS Tabelle 1: Aus Banff´07 update (nach Solez K et al. Am J Transplant 8:753-760, 2008) a) C4d-Ablagerung ohne morphologische Zeichen einer akuten Abstoßungsreaktion C4d+, zirkulierende Antikörper gegen Spenderantigene+, keine Zeichen einer akuten T – Zell- oder Antikörper-vermittelten Abstoßungsreaktion (i.e. g0, cg0, ptc0, keine ptc Mehrschichtung). Fälle mit „borderline“-Veränderungen oder einer akuten Tubulusnekrose werden als „intermediär“ eingestuft. b) Akute Antikörper vermittelte Abstoßungsreaktion C4d+, zirkulierende Antikörper gegen Spenderantigene+, morphologische Zeichen einer Gewebeschädigung+ I: minimale Entzündung wie bei einer akuten Tubulusnekrose II: kapilläre und/oder glomeruläre Entzündung (ptc/g > 0) und/oder Thrombosen III: arteriell – v3 c) chronisch aktive Antikörper vermittelte Abstoßungsreaktion C4d+, zirkulierende Antikörper gegen Spenderantigene+, morphologische Zeichen eines chronischen Gewebeschadens wie glomeruläre Doppelkonturen und/oder Mehrschichtung der pertitubulären kapillären Basalmembran (< 5 Schichten) und/oder interstitielle Fibrose/ tubuläre Atrophie und/oder fibröse Intimaverdickung der Arterien welches wie dieses eine Sulfhydrylgruppe enthält, die sich über eine Thioesterbindung kovalent an Proteine der Endothelzellen und der Basalmambranen anlagert und so dafür sorgt, dass C4d längere Zeit (ca. 2–3 Wochen nach der Bildung) nachweisbar bleibt (Mauiyyedi S, J Am Soc Nephrol 13:779-787, 2002). C4d per se hat keine direkte pathogenetische Bedeutung, es ist der indirekte Nachweis der Ablagerung komplement-fixierender Antikörper. In der normalen Niere findet sich C4d im Mesangium und im Gefäßpol, bei Immunkomplexerkrankungen, nicht aber zum Beispiel bei thrombotischen Mikroangiopathien (Artz MA, Transplantation 76:821-826, 2003), akuten Tubulusnekrosen (Rotman S, Transplant Rev 19:6577, 2005) oder im Rahmen eines Ischämie-Reperfusionsschadens (Haas M, Transplantation 74:711-717, 2002) auch intraglomerulär. Sehr selten (z. B. bei Lupus erythematodes) kann man auch bei Eigennierenerkrankungen in den peritubulären Kapillaren (PTCs) C4d- Ablagerungen finden (Rotman S, Transplant Rev 19:65-77, 2005). Warum in Transplantaten, bei denen vor allem die Immunreaktion gegen Spenderantigene mit einer C4d-Ablagerung einhergeht, die PTCs betroffen sind, ist nicht ganz klar. Möglicherweise sind glomerulär mehr Proteine vorhanden, die die Komplementkaskade hemmen. In den PTCs findet sich von diesen nur CD59 (Protectin), welches allerdings vor allem gegen C5b-9 gerichtet ist, womit die C4d-Bildung relativ ungehindert stattfinden kann (Collins AB, J Am Soc Nephrol 10:22082214, 1999). In der Banff-Klassifikation wird ein positiver Befund für Cd4 in der Immunfluoreszenz wie folgt definiert: „A widespread, strong linear circumferential PTC staining in cortex or medulla, excluding scar or necrotic areas“. Wenn mehr als 50% der Kapillaren (in mindestens fünf Gesichtsfeldern) betroffen sind, spricht man von einem diffusen Färbemuster, ansonsten von einem fokalen. Die Prognose bei einer fokalen 35 Aktuelles aus der Transplantationsmedizin Ablagerung dürfte etwas günstiger sein (Lorenz M, Transplantion 78:447452, 2004), häufig wurden dabei gleichzeitig auch zelluläre Abstoßungen beschrieben (Magil AB, Nephrol Dial Transplant 21:1382-1388, 2006). Um jedoch diese Fragen eindeutiger beantworten zu können, wird derzeit empfohlen, das Ausmaß der C4d-Färbung genauer zu befunden (C4d0: negativ, C4d1: 1-10%, C4d2: 10-50% und C4d 3: > 50%). Ein wichtiger Punkt, der bei der Quantifizierung beachtet werden muss, ist auch die Methodik der Färbung. Die Immunfluoreszenz (IF) am Gefrierschnitt verwendet einen monoklonalen, die Immunhistochemie (IHC) am formalinfixierten Paraffinschnitt hingegen einen polyklonalen Antikörper. Die IHC ist weniger sensitiv und man geht derzeit davon aus, dass der Grad der Positivität, der mit IF erreicht wird, im Mittel um eins höher ist als jener, den man mittels ICH am selben Schnitt erzielt (Seemayer CA, Nephrol Dial Transplant 22:568-576, 2007). So wird z. B. empfohlen, bei fokal positiven Befunden in der ICH zur Absicherung auch eine IF-Färbung durchzuführen. Ein Vorteil der IHC liegt darin, dass es auch möglich ist, das Ausmaß glomerulärer Ablagerungen zu beurteilen (auch wenn diese nicht sehr spezifisch sind), da eine normale Niere (im Gegensatz zur IF) keine Färbung erkennen lässt (Colvin RB, J Am Soc Nephrol 18:1046-1056, 2007). Daraus ergibt sich allerdings auch, dass bei der Verwendung der IHCMethode eine externe positive Kontrolle (z. B. Keimzentren der Tonsillen) mit gefärbt werden sollte. Im Gegensatz zur zellulären findet sich bei humoraler Abstoßung häufiger als eine Tubulitis eine schwere Vaskulitis, eine Glomerulitis mit neutrophilen Granulozyten in den glomerulären und peritubulären Kapil36 laren (hier könnten Monozyten sogar spezifischer sein) (Magil AB, Kidney Int 63:1888-1893, 2003), Fibrinthromben, fibrinoide Nekrosen und interstitielle Blutungen sowie ein interstitielles Ödem und die Akkumulation von Plasmazellen (Desvaux D, Nephrol Dial Transplant 19:933-939, 2004). 60% aller Biopsien zeigen allerdings sowohl zelluläre als auch humorale Abstoßungszeichen. 50-78% der C4d-positiven Biopsien weisen auch eine peritubuläre Kapillaritis auf, bei negativer C4d-Färbung sind es hingegen nur zirka 10-24%. Diese Inflammation sollte in 4 Grade (von Grad 0: < 10% der peritubulären Kapillaren mit Zeichen einer Inflammation bis Grad 4: >10% der peritubulären Kapillaren mit Inflammation, maximal >10 inflammatorische Zellen pro Lumen) eingeteilt werden, auch wenn noch nicht klar ist, ob sich damit die Prognose besser abschätzen lässt (Solez K, Am J Transplant 8:753760, 2008). Insgesamt ist die Histologie in Bezug auf die Erfassung akuter humoraler Abstoßungsreaktionen allerdings weniger sensitiv als der Nachweis von Antikörpern gegen Spenderantigene, gibt es doch bis zu 25% auch Fälle mit normaler Histologie (Mauiyyedi S, J Am Soc Nephrol 13:779787, 2002). Sehr häufig (in 39-60%) gelingt auch der Nachweis von C3d in C4d-positiven Biopsien, bei 19% der C3d-positiven Biopsien findet sich sogar kein C4d (Kuypers DR, Transplantation 76: 102-108, 2003). Dieser Befund lässt sich mit einer ausschließlichen Aktivierung des alternativen Komplementweges erklären. Allerdings scheint sich aus der C3d-Färbung keine zusätzliche diagnostische oder prognostische Information ableiten zu lassen (Haas M, Am J Transplant 6:1829-1840, 2006; Herman J, Transplantation 14351440, 2005). Wie bereits erwähnt, ist C4d per se nicht pathogen. Der in situ Nachweis des pathogenen Antikörpers ist bislang nicht gelungen, möglicherweise weil dieser in die Endothelzelle aufgenommen wird (Feucht HE, Kidney Int 50:1464-1475, 1996). Eine C4d-Ablagerung ist auch nicht immer mit dem Auftreten einer humoralen Abstoßungsreaktion assoziiert. So weisen 25–80% der Organe nach ABO-inkompatiblen Transplantationen Ablagerungen auf, aber nur 4–12% davon zeigen Zeichen einer humoralen Abstoßung (Haas M, Am J Transplant 6: 1829-1840, 2006; Fidler ME, Am J Transplant 4:101-107, 2004). Die Erklärung für diese Beobachtung ist nicht einfach. Es wäre möglich, dass nicht alle pathogenen Antikörper in der Lage sind, den gesamten Komplementweg zu aktivieren. Allerdings wird auch immer wieder diskutiert, ob nicht das Endothel eine Resistenz entwickeln kann (sogenannte Akkomodation) (Park WD, Am J Transplant 3: 952-960, 2003). Auch 2–26% der Biopsien von ABO-kompatiblen Transplantationen zeigen eine C4d-Ablagerung ohne Zeichen einer Abstoßungsreaktion (Mengel M, Am J Transplant 5:1050-1056, 2005; Haas M, Am J Transplant 6:1829-1840, 2006). In den neuesten Banff-Richtlinien wird diese Kategorie derzeit getrennt ausgewiesen, die Prognose ist allerdings nicht klar. Bei 88 bis 95% der Patienten mit C4dAblagerungen und einer akuten Abstoßungsreaktion gelingt es, Antikörper gegen HLA-Klasse I- oder II-Antigene des Spenders nachzuweisen. Dies ist aber nur bei ca. 10% der Fälle ohne C4d-Ablagerung der Fall (Maiyyedi S, J Am Soc Nephrol 13:779787, 2002; Böhmig GA, J Am Soc Nephrol 13:1091-1099, 2002; Haas M, Am J Transplant 6:1829-1840, 2006). In jenen Fällen, in denen der Nachweis nicht geNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Transplantationsmedizin lingt, könnte der Titer zu nieder sein (hier könnten neue, sensitivere Nachweismethoden als der Zytotoxizitätsassay einen Vorteil bringen wie ELISA oder Durchflusszytometrie) und/ oder das Transplantat die Antikörper absorbieren (hier besteht evtl. die Möglichkeit, diese Antikörper in Eluaten aus der Biopsie nachzuweisen) (Martin L, Transplantation 79:14591461, 2005). Wenn Antikörper gegen Nicht-HLA-Antigene vorliegen (z. B. antiendotheliale oder Angiotensin IIAT 1-Rezeptor-Antikörper oder bei Frauen, die bei einem männlichen Spender gegen das „minor histocompatibility Antigen, das durch das YChromosom codiert wird) finden sich üblicherweise keine C4d-Ablagerungen, in den PTCs (Tan JC, Transplantation 86:75-81, 2008), sehr wohl aber, wie erwähnt, bei blutgruppeninkompatibler Transplantation. Unabhängig davon wurde mehrfach publiziert, dass auch ohne den Nachweis einer C4d-Ablagerung die Produktion von HLA-Antikörpern (spenderspezifisch oder auch nicht spenderspezifisch) mit einer ungünstigen Prognose für das Transplantat einhergeht (Hourman M, J Am Soc Nephrol 16:2804-2812, 2005; Teresaki P, Transplantation 80:1194-1197, 2005; Pollinger HS, Am J Transplant 7:857-863, 2007). Selbst bei negativem Cross-match zum Zeitpunkt der Transplantation sind vorsensibilisierte Spender vermehrt von einer humoralen Abstoßungsreaktion betroffen (Patel AM, Am J Transplant 7:2371-2377, 2007). Trotzdem gibt es derzeit noch keinen Konsensus darüber, ob in der Routine (evtl. zumindest bei Hochrisikopatienten wie jenen mit vielen präformierten Antikörpern nach einer Desensibilisierungsbehandlung) prinzipiell die Bildung von Antikörpern nach einer Transplantation überwacht werden sollte. NEPHRO - NEWS Vice versa gelingt manchmal der Nachweis von HLA-Antikörpern gegen den Spender bei Empfängern von Transplantaten, die keine C4d-Ablagerung aufweisen. In diesen Fällen könnte es sich um Antikörper mit niedriger Affinität handeln oder um jene, die nicht in der Lage sind, Komplement zu aktivieren (Zu-hua G, Liver Transplantation 10:1055-1059, 2004; Wahrmann M, Am J Transplant 6:10331041, 2006; Colvin RB, J Am Soc Nephrol 18:1046-1056, 2007), deren Signifikanz dann allerdings nicht klar ist. Letztendlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Bildung von Antikörpern gegen Spenderantigene vor der Ablagerung von C4d stattfinden kann. Zusammengefasst gibt es also sowohl histologische Hinweise für eine akute humorale Abstoßung, den Nachweis von C4d und serologische Hinweise. Wie viele Kriterien zur Diagnose letztendlich vorhanden sein sollten, hängt sicherlich auch vom Risikoprofil des Patienten ab (i. e. weniger Kriterien z. B. bei Hochrisikopatienten). Therapie 3-10% aller Abstoßungsreaktionen sind wahrscheinlich rein humoral, bei zusätzlich 20-30% gibt es zumindest eine humorale Komponente. Leider gibt es kaum prospektiv randomisierte Therapiestudien auf diesem Gebiet, viele Berichte sind Fallserien mit manchmal historischen Kontrollgruppen. Vom Konzept scheint eine Kombination von Plasmaseparation (PS) mit einer weiteren Maßnahme, die die Neubildung von Antikörpern reduziert am sinnvollsten. Häufig wurden neben der PS Immunglobuline gegeben und die Basisimmunsuppression auf Takrolimus und MMF umgestellt (Pascual M, Transplantation 66:1460-1464, 1998; Montgomery RA, Transplantation70:887-895, 2000). Die kumulative Dosis des verwendeten intravenösen Immunglobulins schwankt zwischen 0,4 und 2 g/kg Körpergewicht. In einer der wenigen prospektiven, randomisierten Studien konnte auch die Effizienz der Immunadsorption (IAS) nachgewiesen werden (Böhmig GA, Am J Transplant 7:117-121, 2007). Interessant wäre nun ein direkter Vergleich zwischen einer IAS und einer PS-basierten Therapie. Auch sollte geklärt werden, ob bei bestimmten Fällen (evtl. abhängig vom Titer der Antikörper oder deren Affinität) nicht auch mit einer Immunglobulingabe alleine das Auslangen gefunden werden könnte. Nicht vergessen sollte man auch, dass vor allem bei gleichzeitiger zellulärer Abstoßung der Einsatz von hoch dosierten Steroiden oder eine Anti-T-Zelltherapie Erfolge verspricht. Rituximab könnte ebenfalls zum Einsatz kommen (Becker YT, Am J Transplant 4:996-1001, 2004; Faguer S, Transplantation 83:1277-1280, 2007; Lenhardt A, Am J Transplant 6:847-851, 2006; Alausa M, Clin Transplant 19:137-140, 2005). Allerdings haben Plasmazellen kein CD20 an der Oberfläche und werden dementsprechend auch nicht eliminiert (Thaunat O, Transplantation 85:1648-1653, 2008). Auch die Splenektomie könnte eine Therapieoption darstellen (Locke JE, Am J Transplant 7:842-846, 2007). Weitere therapeutische Optionen für die Zukunft sind Strategien, die die Komplementaktivierung verhindern und spezifische Inhibitoren des Wachstums von B-Zellen (Colvin RB, J Am Soc Nephrol 18:1046-1056, 2007). Univ. Prof. Dr. Gert Mayer Universitätsklinik für Innere Medizin IV (Nephrologie und Hypertensiologie) Medizinische Universität Innsbruck Innsbruck 37 Aktuelles aus der Dialyse Hypotonie bei Dialyse als kardiovaskulärer Risikofaktor: Blutdruck-Management an der Dialyse Symptomatische Blutdruckabfälle (IDH = intra-dialytische Hypotension) während einer Dialysesitzung treten in ca. 20 bis 30 % der Fälle auf. Zwei Typen von hypotensiven Episoden können unterschieden werden - bradykarde und tachykarde Hypotensionen. Häufig treten Episoden einer IDH nach einem zunächst graduellen Abfall des Blutdrucks und einem Anstieg der Herzfrequenz auf. Die plötzlich auftretenden Blutdruckabfälle mit bradykarder Antwort (Bezold-Jarish-Reflex), die wohl durch eine Aktivierung der linksventrikulären Mechanorezeptoren während einer schweren ventrikulären Unterfüllung hervorgerufen werden, sind hierbei die wesentlich unangenehmeren. Die Hypothese, dass vor allen Dingen die Episoden, welche mit Tachykardie einhergehen, durch Adjustierung der Ultrafiltration verhindert werden können, ist bisher nicht bewiesen. Die Behandlung der IDH besteht darin, die Ultrafiltrationsrate zu verringern oder ganz zu stoppen, die Patienten in die Trendelenburg’sche Position zu bringen, die Filtrationsrate zu reduzieren und das intravasale Volumen aufzufüllen. Hypotensive Episoden während der Dialyse prädisponieren den Patienten auf die Dauer zu einer Volumenüberladung und können, da die Dialysen oft frühzeitig abgebrochen werden, auch zu einer inadäquaten Dialyseeffektivität führen. Gleichzeitig gibt es klare Hinweise, dass sowohl intradialytische Blutdruckabfälle als auch orthosta38 Tab. 1: Strategische Ansätze zur Prävention der IDH (modifiziert anhand der EBPG-Richtlinien zur hämodynamischen Stabilität an HD: Kooman J, Nephrol Dial Transplant 2007; 22 [Suppl 2]: ii22-ii44) 1. Ansatz: • • • • • • Diätberatung (Natriumrestriktion) Zurückhaltung der Essenszufuhr während der Dialyse Klinische Neubewertung des Trockengewichtes Verwendung von Bikarbonat als Dialyse-Puffer Verwendung einer Dialysat-Temperatur von 36,5°C Überprüfen der Dosis und des Timings von Antihypertensiva 2. Ansatz: • Versuch einer objektiven Methode zur Bestimmung des Trockengewichtes • Durchführung einer kardialen Analyse/Bewertung • Graduelle Reduktion der Dialysat-Temperatur von 36,5°C abwärts (untere Grenze: 35°C) oder isothermische Behandlung (mögliche Alternative: konvektive Behandlung) • Individualisiertes blutvolumenkontrolliertes Feedback berücksichtigen • Verlängern der Dialysezeit und/oder Erhöhen der Dialysefrequenz • Einsatz einer Dialysat-Calcium-Konzentration von 1,5 mmol/l • Erhöhung des Natriums im Dialysat (>144 mmol/l); cave: Durst und Gewichtszunahme 3. Ansatz (nur, wenn andere Behandlungsoptionen keinen Erfolg bringen) In Betracht ziehen: • Midodrine • L-Carnitin-Substitution • Switch zur Peritonealdialyse • Maschinelle „Venenpumpen“ tische Blutdruckabfälle nach der Dialyse signifikante und unabhängige Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität von Dialysepatienten sind (Shoji T, Kidney Int 66:1212-1220, 2004). Unklar bleibt allerdings, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder die IDH lediglich einen Marker erhöhter Komorbidität darstellt. Ursachen der Hypotonie an HD Ein Blutdruckabfall an der Dialyse wird allgemein als das Resultat einer inadäquaten kardiovaskulären Antwort auf die Reduktion des Blutvolumens verstanden. Sie tritt vor allen Dingen dann auf, wenn große Wassermengen während einer kurzen Zeit aus dem Kreislauf entfernt werden. Innerhalb einer typischen Dialysebehandlung wird normalerweise ein Ultrafiltrationsvolumen, das gleich oder höher dem des Plasmavolumens ist, entfernt. Trotz dieses großen Ultrafiltrationsvolumens reduziert sich das Plasmavolumen absolut meist nur um ca. 10 bis 20%. Diese Fähigkeit, das Plasmavolumen während der Ultrafiltrationen aufrecht zu erhalten, erfordert die Mobilisation von Flüssigkeit aus dem interstitiellen in den intravasalen Raum. Ältere Patienten, Patienten mit Herzinsuffizienz und bekannten Herzrhythmusstörungen, Diabetiker und Frauen mit hohem Body Mass Index oder hohem präNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Dialyse dialytischem systolischem Blutdruck sind besonders häufig von einer unzureichenden Mobilisationsfähigkeit dieser interstitiellen Flüssigkeit betroffen. Im Hinblick auf die Abklärung kardialer Ursachen bleibt festzuhalten, dass die systolische und diastolische Dysfunktion des Herzens ein Risiko für die IDH darstellt. Der prädiktive Wert der Echokardiographie ist bisher in größeren Studien nicht untersucht worden. Folgende Ursachen können die Inzidenz und Häufigkeit hypotensiver Episoden während einer Dialysesitzung beeinflussen: • Falsch-niedriges Trockengewicht • Inadäquater Einsatz von Antihypertensiva • Milde metabolische Alkalose unter einer Standardbikarbonatdialyse (Gabutti L, Nephrol Dial Transplant 18:2369-2376, 2003) • Abweichungen des PaCO2 (Hampl H, Nieren- und Hochdruck 28:167-177, 1999) • Schäden des autonomen und peripheren Nervensystems (Lee PT, Kidney Int 64:1089-1094, 2003) Davenport und Mitarbeiter (Kidney Int 73: 759-764, 2008) untersuchten in einer kürzlich publizierten Multizenter-Studie bei 7.890 Hämodialysesitzungen innerhalb einer Wochenperiode die Daten für das angestrebte Trockengewicht und die dazu erhobenen hämodynamischen Faktoren. 50% der Patienten erlitten eine symptomatische Hypotension und erhielten eine Flüssigkeitsgabe, was mit einer höheren intradialytischen Gewichtszunahme assoziiert war. Das Besondere an dieser Studie war, dass die intradialytischen Blutdruckabfälle signifikant häufiger in den ZenNEPHRO - NEWS tren auftraten, die mit Hilfe von Antihypertensiva einen niedrigeren postdialytischen Blutdruck anstrebten. Die Autoren schlossen daraus, dass der Versuch, medikamentös den von den Richtlinien geforderten Blutdruck zu erreichen (was in den wenigsten Fällen gelingt), mit einer erhöhten Rate an intradialytischen Blutdruckabfällen erkauft wird. Die Pausierung der Antihypertensiva vor der Dialyse war dabei entgegen der bisherigen Meinung nicht mit dem Abfall des intradialytischen Blutdrucks assoziiert. Welche Möglichkeiten gibt es zur Prävention intradialytischer Hypotension? Bestimmung des Trockengewichtes Da die fehlerhafte Bestimmung des Trockengewichtes eine der Hauptursachen für intradialytische Blutdruckabfälle darstellt, gibt es zahlreiche Ansätze, durch eine „objektive“ Bestimmung das Trockengewicht festzulegen. Aufgrund der derzeitigen Datenlage scheint lediglich die sonographische Bestimmung des Durchmessers der V. cava im Hinblick auf eine gute bzw. etwas präzisere Einschätzung des Trockengewichtes hinreichend bewiesen (z. B. Chang ST, Nephron Clin Pract 97:c90c97, 2004). Bei dieser Technik muss man sich allerdings darüber im klaren sein, dass sie sehr stark untersucherabhängig ist und der Zeitpunkt der Bestimmung sowie die Häufigkeit nicht standardisiert ist. Maschinelles „Blutvolumenmonitoring“ und Ultrafiltrationsprofile Das sogenannte „vascular refilling“ wird sowohl durch patientenspezifische als auch behandlungsspezifische Faktoren, die die Verteilung des Was- sers innerhalb des Körpers determinieren, beeinflusst. Aus dieser Erkenntnis resultiert die Entwicklung von verschiedenen Geräten, die auf unterschiedliche Weise versuchen, die intradialytischen Blutvolumenänderungen zu messen. Unglücklicherweise konnten die meisten Studien keine sichere Relation zwischen den individuellen Veränderungen des Blutvolumens und intradialytischen Blutdruckabfällen nachweisen. In einer prospektiven randomisierten Studie (Reddan DN, J Am Soc Nephrol 16: 2162-2169, 2005) war der Einsatz von mit Blutvolumenmonitor ausgerüsteten Geräten sogar mit einer höheren Hospitalisierungs- und Mortalitätsrate (vaskulär und nichtvaskulär) assoziiert. Der fehlende Benefit für den Einsatz solcher Geräte kann evtl. damit erklärt werden, dass viele dieser Geräte die aktuelle Menge an Blutvolumen unterschätzen, da meist der Hämatokrit als Messparameter dient. Die Annahme, dass es eine direkte Korrelation zwischen Hämatokrit und Blutvolumen gibt, ist, wie neuere Untersuchungen zeigen, vermutlich nicht korrekt, da der Hämatokrit insbesondere im Bereich des Kapillarstromgebietes nicht repräsentativ ist. Blutvolumen-Monitore erweisen sich jedoch dann als sinnvolle Ergänzung zu einem üblichen Dialysemonitoring, wenn sie mit einem sog. Bio-Feedback-System kombiniert werden. Diese Technik wurde im Hinblick auf eine Reduktion der hypotensiven Episoden erfolgreich eingesetzt und erbrachte in den Studien eine größere Blutdruckstabilität an der Dialyse (Santoro A, Kidney Int 15:1034-1045, 2000). Bei hypertensiven Blutdruckpatienten kann die Technik zudem zu einer besseren Langzeit-Blutdruckkontrolle über die 39 Aktuelles aus der Dialyse Optimierung des Volumenstatus führen. Anzumerken ist hierbei, dass die Häufigkeit der intradialytischen Blutdruckabfälle durch Bio-FeedbackSysteme auch reduziert werden kann, wenn sie nicht mit einem Blutvolumen-Monitor kombiniert werden, sondern dadurch, dass man die Ultrafiltrationsrate an den 5-minütig gemessenen Blutdruck adjustiert. Alle diese Systeme erfordern allerdings ein relativ aufwendiges Monitoring und sind entsprechend teuer. Dialysattemperatur und Körpertemperatur Als Antwort auf die Ultrafiltration ergibt sich bei dem Patienten eine gesteigerte sympathische Nervenaktivität, die wiederum zur Vasokonstriktion, insbesondere in der Hautzirkulation, führt. Das Resultat ist eine fehlende Temperaturregelung und ein Anstieg der Gesamtkörpertemperatur. Basierend auf dieser Beobachtung wurde die These entwickelt, dass durch Kühlung des Dialysates intradialytische Blutdruckabfälle verhindert werden könnten und das konnte in kleineren Studien auch nachgewiesen werden (z. B. Nicholas M, Nephrol Dial Transplant 21: 1883-1898, 2006). Auch in Zusammenhang mit der Dialysat-Temperatur wurden Bio-Feedback-Systeme erfolgreich eingesetzt. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Verwendung von kühlem Dialysat und temperaturkontrolliertem Feedback einen positiven Effekt auf die Prävention einer IDH hat und dies auch ohne klinisch signifikante Nebenwirkungen. Um bestimmte Nebenwirkungen wie z. B. Zittern zu reduzieren, wird dazu geraten, die Temperatur des Dialysats schrittweise von 36,5°C zu senken, bis ein optimaler Effekt erzielt wird. Für ei40 ne Absenkung der Dialysat-Temperatur unter 35°C gibt es nur begrenzte Daten und eine positive Wirkung ist nicht bewiesen. Maschinelle und medikamentöse Beeinflussung des vaskulären Widerstandes Neben diesen arteriellen, insbesondere mikrovaskulären Komponenten kommt natürlich auch der venösen Struktur, die die Rückführung des Blutvolumens in den zentralen Kreislauf mitbestimmt, eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Eine verschlechterte sympathische Nervenaktivität bzw. Abnormalität, z. B. bei Diabetikern im Bereich der venösen Kompartimente, kann zu einem venösen Pooling führen. Ähnlich wie bei Patienten mit Herzinsuffizienz gibt es hier Möglichkeiten, durch aufblasbare „Venenpumpen“, ansonsten unbeherrschbare postdialytische und orthostatische Hypotensionen zu beeinflussen (Yamamoto N, Kidney Int 70:1793-1800, 2006). Die physiologische Antwort auf eine gesteigerte sympathische Nervenaktivität mit einer gesteigerten arteriolären Vasokonstruktion und steigendem vaskulären Widerstand zu reagieren, ist bei einigen Patienten inadäquat, da sie exzessiv Vasodilatatoren produzieren. Einer dieser im Überschuss produzierten Faktoren ist Adenosin. Eine der vielen Hypothesen besagt, dass es während der Ultrafiltration im Bereich der Weichteile zu einer vermehrten ADP-Freisetzung mit entsprechender Adenosin-Bildung kommt. Dieser Mechanismus erklärt einen Blutdruckabfall, der sich nicht ankündigt. Als nicht selektiver Adenosin A1- und A2-Rezeptor-Antagonist ist Koffein bekannt, und es konnte in kleinen Studien auch gezeigt werden, dass mittels Koffein-Zufuhr die Frequenz der plötzlich auftre- tenden Hypotensionen reduziert werden kann. Der Einsatz von Kaffee zur Prävention ist allerdings für eine generelle Empfehlung nicht ausreichend genug getestet. Neue selektive A1-Rezeptoren-Blocker wurden im Rahmen dieser Fragestellung ebenfalls untersucht, mit allerdings bisher geringem Effekt. Das Gleiche gilt für Adenosin-A2-Blocker. Ein weiterer Aspekt der autonomen Dysfunktion scheint durch die Hyperkaliämie und eine entsprechende chronische Depolarisation der Nervenzellen bedingt zu sein. Eine Möglichkeit, diese verminderte sympathische Aktivität zu verbessern, besteht in der Gabe von Vasokonstriktoren, die den peripheren vaskulären Widerstand steigern. Sieht man in die Literatur, so liegen die besten Daten dazu für den selektiven A1-Antagonisten Midrodrene in einer Dosis von 1,5 bis 10 mg vor (Prakash S, Nephrol Dial Transplant 19:2553-2558, 2004). Neuere Studien zeigten, dass auch die kontinuierliche Gabe von Vasopressin während der Dialyse zu einer größeren hämodynamischen Stabilität, insbesondere wenn große Volumina entfernt werden sollen, führt (van der Zee S, Kidney Int 71: 318-324, 2007). Dialysespezifische Veränderungen Dialysat-Natrium Hier konnten die meisten Studien zeigen, dass eine Erhöhung des Natriums im Dialysat (>144 mmol/l) die Episoden von IDH reduzieren kann. Hierbei ist zu bedenken, dass ein häufiger und routinemäßiger Einsatz einer erhöhten Dialysat-NatriumKonzentration das Risiko von Durst und hypertensiven Episoden sowie einer interdialytischen GewichtszuNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Dialyse nahme steigert. Wird die NatriumVarianz im Dialysat allerdings in Kombination mit Ultrafiltrationsprofilen eingesetzt, konnte in einigen Studien auch ein positiver Effekt nachgewiesen werden. Die Individualisierung der Dialysatzusammensetzung scheint ein vielversprechender Ansatz, wobei der klinische Nachweis der Effektivität bisher anhand der Daten nicht geführt werden konnte. zentration im Dialysat bei Patienten mit IDH möglichst nicht unter 0,25 mmol/l gesenkt werden sollte, insbesondere, wenn gleichzeitig niedrige Calcium-Konzentrationen eingesetzt werden. Die Veränderung des Dialysat-Kaliums und des Zuckergehaltes im Dialysat sind bisher nur in kleineren Studien untersucht worden und haben keine einheitlichen Resultate erbracht. Dialysat-Puffer Zusammenfassend ist bekannt, dass die Abnahme des Blutdruckes und die Inzidenz von hypotensiven Episoden beim Einsatz von Acetat als Puffer deutlich höher ist. StandardBicarbonat-Konzentrationen haben keinen Vorteil, wenn ein Dialysat mit einer Calcium-Konzentration von 1,5 mmol/l eingesetzt wird. Dialysat-Membranen Bisher konnte durch den Einsatz von biokompatiblen Membranen kein sicherer Nachweis eines wirklichen Vorteils im Hinblick auf die Prävention der IDH erbracht werden. Ultrareines Dialysat wurde in diesem Hinblick bisher nicht untersucht. Dialysat-Calcium Hier zeigen die meisten Studien einen positiven Effekt einer hohen Dialysat-Calcium-Konzentration auf die hämodynamische Stabilität während der Dialyse, insbesondere verglichen mit niedrigen Calcium-Konzentrationen im Dialysat. Dennoch ist natürlich mit der hohen Calcium-Konzentration im Dialysat auch eine positive Calcium-Bilanz verbunden, die insbesondere aufgrund der bekannten Risiken im Calcium-PhosphatStoffwechsel von Dialysepatienten ein bisher nicht untersuchtes Langzeitrisiko birgt. Empfohlen wird der Einsatz einer Dialysat-Calcium-Konzentration von 1,5 mmol/l bei Patienten mit häufigen Episoden einer IDH. Weitere Dialysatkomponenten In kleineren Studien wurde nachgewiesen, dass die Magnesium-KonNEPHRO - NEWS Konvektive Techniken und isolierte Ultrafiltration Hier gibt es verschiedene Studien, die zeigen, dass die Inzidenz der IDH abnimmt bei Einsatz einer konvektiven Technik (Hämodiafiltration, Hämofiltration), insbesondere verglichen mit konventioneller Hämodialysebehandlung, wobei kein Unterschied mehr besteht, wenn entsprechende Temperaturregeln (wie oben erwähnt) eingehalten werden. Der Einsatz einer isolierten Ultrafiltration in diesem Zusammenhang, der von einer isovolämischen Dialyse gefolgt wird, scheint dagegen das Risiko eines Blutdruckabfalls sogar zu fördern (Dheenan S, Kidney Int 59: 1175-1181, 2001). Dialysezeit und -frequenz Die hier vorliegenden Daten, insbesondere auch aus dem DOPPS-Register, zeigen, dass eine verlängerte Dialysezeit zu einer Reduktion der Episoden von IDH führen kann. Wechsel zur Peritonealdialyse Dies ist durchaus ein Ansatz, der in einigen Beobachtungen als sinnvoll beschrieben wird. Änderung der Lebensweise (lifestyle interventions) Die Reduktion der Salzzufuhr auf 6 g/d kann nachweislich die interdialytische Gewichtszunahme verhindern, wobei hier nur indirekt eine Prävention der IDH vermutet werden kann. Essenszufuhr an der Dialyse Die Essenszufuhr an der Dialyse ist assoziiert mit einer erhöhten Frequenz von IDH, was evtl. durch ein Blutpooling im Gastrointestinaltrakt durch die Verdauungsvorgänge zu erklären ist. Zusammenfassung Zusammenfassend existieren viele Möglichkeiten, intradialytische Blutdruckabfälle zu verhindern bzw. zu behandeln. Die wohl größte Zukunftsperspektive bieten evtl. Technologien, die die Dialysat-Zusammensetzung im Hinblick auf den Natriumgehalt und die Rate der Ultrafiltration mittels kontinuierlichen Mengenmessungen, insbesondere in dem realen Einfluss auf das „vaskuläre Refilling“, messen. Leider muss dabei konzertiert werden, dass lineare Annahmen, gerade bei Dialysepatienten, wo sich natürlich unter einer Dialysesitzung die Ausgangsbedingungen und auch die vaskuläre Antwort immer wieder ändern, problematisch sind. In der Tabelle sind die derzeitigen Empfehlungen aufgeführt. Prof. Dr. Christiane Erley St. Joseph-Krankenhaus Berlin 41 Aktuelles aus der Dialyse Der Weg zu deutschen Shuntleitlinien: Wird die Shuntversorgung in Deutschland hierdurch verbessert? Die Versorgung der Patienten mit Dialysezugängen, insbesondere mit nativen Fisteln, ist nicht in allen Bereichen unseres Landes befriedigend geregelt. Dieses zeigt sich u. a. in der auch in Deutschland zunehmenden Verwendung zentral venöser Katheter als Dialysezugang. Einerseits ist dies durch die Begleiterkrankungen der zunehmend alten Patienten bedingt, andererseits gibt es Gebiete in Deutschland, in denen Zentren mehr als 35% ihrer Patienten über solche Zugänge dialysieren, wie eine aktuelle Umfrage aus dem Jahr 2007 zeigt. Als Grund für den hohen Katheteranteil wird in der Regel der Mangel an kompetenten Shuntchirurgen angegeben. Verschiedene, von der Industrie unterstützte Initiativen haben versucht, die Versorgung in diesem Bereich zu verbessern. So gibt es bespielsweise das Shuntsymposium in Bernried, das von der Firma Gore ausgerichtet wird und das Vascular Access Forum (VAF), das einige Jahre von Gambro unterstützt worden ist. Das VAF hatte strukturierte Kurse und Newsletter zu allen Gebieten des Zugangsmanagements erstellt und Anforderungen zur Struktur der Shuntversorgung in Deutschland erarbeitet. Nachdem die Unterstützung für das VAF eingestellt worden war, haben sich die Fachgesellschaften diesem Thema wieder intensiver zugewandt. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie (DAGKN) hat alle an der Dialysezugangsversorgung beteiligten anderen Fachgesellschaften (Gefäßchirurgie, Angiologie, Radiologie) mit der Bitte angeschrieben, offizielle Vertreter in eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zu entsenden. Erstes Ziel dieser GHIA (Gefäßzugänge für die Hämodialyse – Interdisziplinäre Arbeitsgruppe) war die Erarbeitung deut42 Tab. 1: Mitglieder der GHIA (Gefäßzugänge für die Hämodialyse – Interdisziplinäre Arbeitsgruppe) Jan Brunkwall Harald Daum Patrick Haage Markus Hollenbeck Volker Mickley Jürgen Ranft Ralf Schindler Peter Thon Dierk Vorwerk Köln Hamburg Wuppertal Bottrop Rastatt Bottrop Berlin Bad Hersfeld Ingolstadt Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Deutsche Röntgengesellschaft DAGKN Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Deutsche Gesellschaft für Angiologie DAGKN DAGKN Deutsche Röntgengesellschaft scher Shuntleitlinien. Seit Anfang 2008 haben die in Tabelle 1 genannten Mitglieder er GHIA die European Best Practice Guidlines (EBPG) aus dem Jahre 2007 übersetzt, aktualisiert und an die deutschen Verhältnisse angepasst. Die diesbezüglichen Arbeiten waren zu Beginn des Septembers 2008 weitgehend abgeschlossen, so dass mit der Publikation zu Beginn des Jahres 2009 gerechnet werden kann. Es wird angestrebt, die Leitlinien in deutschen Fachzeitschriften zu publizieren und diese sowohl im Bereich der Nephrologie als auch der Gefäßchirurgie und Radiologie breit zu streuen. Um die Durchdringung der Inhalte „an die Basis“ voranzutreiben, werden sicherlich die Fachgesellschaften erheblich gefordert sein. Die Leitlinien umfassen einen weiten Bereich der Dialysezugangsversorgung von der Notwendigkeit der frühen Zuweisung über präoperative Diagnostik und präoperative Zusammenarbeit. Kernpunkt sind selbstverständlich auch die chirurgischen Maßnahmen sowie die Diagnostik von Komplikationen, die auch das Shuntmonitoring und die Patientenunterweisung mit einschließen. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Indikation, Durchführung und Behebung von Komplikationen bei zentral venösen Kathetern. Großer Wert wird darauf gelegt, dass die Schnittstellen zwischen Patienten, Pflege, Nephrologie und Chirurgie und Radiologie beschrieben werden. Es werden auch Ansätze für ein Qualitätsmanagementsystem aufgezeigt. Allen GHIA-Mitarbeitern ist bewusst, dass die Empfehlungen oft nur Expertenstatus aufweisen und dass zu vielen Bereichen suffiziente Daten fehlen. Insbesondere sind die deutschen Daten sehr rar. So sind diese Leitlinien hoffentlich Anlass, die dort gemachten Empfehlungen in Untersuchungsserien zu überprüfen, um somit aktuelle Daten zu erheben, die für eine Weiterentwicklung der Leitlinien notwendig sind. Ohne Frage ist es sinnvoll, native AVFisteln den Prothesenshunts und diese den zentral venösen Kathetern vorzuziehen. Aber auch gerade in diesem Bereich fehlen prospektive Studien. So stimmt sicher jeder zu, dass bei hochgradiger Herzinsuffizienz eine AV-Fistel mit hohem Flussvolumen (z. B. über 1000 ml/Minute) zu vermeiden ist. Aber wo sind die Grenzen für eine „schwere Herzinsuffizienz“? Ist dieses eine Ejektionsfraktion (EF) von weniger als 25%? Und welche Konsequenzen sind hier zu ziehen - die Anlage eines zentral venösen Katheters oder die Durchführung einer Peritonealdialyse (PD) ggfs. auch als IPD oder pflegeassistierte PD? Unklar ist auch die InNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Dialyse dikation für arterioarterielle Interponate, die z. Zt. in Deutschland nur sehr vereinzelt eingesetzt werden, aber wohl mit gutem Erfolg. Hier ist unsere interdisziplinäre Arbeitsgruppe auf die Ergebnisse in der Breite gespannt. Ähnlich ist die Situation beim StealSyndrom zu sehen. Oft werden aktuell zentral venöse Katheter implantiert wegen der „Gefahr“ eines Steal-Syndroms bei Patienten mit erheblicher Arteriosklerose. Unklar ist bis jetzt aber völlig, was die Terminanten und Prädiktoren eines solchen Steal-Syndroms sind. Hier wird wohl erst die systematische Sammlung von Daten der präoperativen Voruntersuchungen (z. B. Dopplersonographie) und die Erfassung der Risikofaktoren Klarheit bringen. Diese systematische Erfassung wird auch die Herzfunktion, Laborindices und andere Komorbiditäten beinhalten müssen. Dieses unterstreicht die Notwendigkeit der systematischen Einführung eines Qualitätssicherungssystems. Hier ergeben sich dann viele weitere offene Fragen. Bislang ist uns nur wenig bekannt, wie man die Qualität der Shuntversorgung wirklich beschreiben kann. Ist dieses nur eine möglichst hohe Anzahl an nativen Fisteln, die möglichst periphere Anlage einer solchen Fistel, niedrige Komplikationsraten, die die Notwendigkeit einer stationären Behandlung verursachen oder ist dies die Mortalität? Die schon im Eingangsabsatz erwähnte extrem hohe Rate an zentral venösen Kathetern in einzelnen Zentren könnte benutzt werden, um die dort gemachten Erfahrungen kritisch in die Diskussion einzubringen. In Anbetracht der Literatur erscheint ein solcher Zustand haarsträubend. Aber wie sind die lokalen Ergebnisse wirklich? Sie scheinen derzeit Spiegel der lokalen Gegebenheiten zu sein. Eine Änderung würde sicher eine höhere örtliche Mobilität der Patienten und der Zuweiser erfordern. Hieraus ergibt sich dann die Frage, inwieweit kleine ShuntNEPHRO - NEWS kompetenzzentren wohnortnah eingerichtet werden müssen oder als große Kompetenzzentren überregional tätig werden sollten. Diesbezüglich sei auch auf die „Empfehlungen zu Struktur und Aufgaben von Kompetenzzentren für Gefäßzugänge zur Hämodialyse“ des VAF verwiesen, die als offizielle Stellungnahme der DAGKN in den aktuellen Mitteilungen dieses Kongresses publiziert sind (Grüne Hefte). Ein weiteres Anliegen der Gruppe war die Einführung einer einheitlichen Nomenklatur. Auch dieses ist sicherlich ein kleiner, aber wichtiger Punkt für die Verbesserung der Shuntversorgung in Deutschland. Die Leitlinien sind in großen Teilen allgemein gehalten. Die Konkretisierung einzelner Tatbestände wird Aufgabe der verschiedenen Fachgesellschaften sein. So hat die Gesellschaft für Gefäßchirurgie aktualisierte Hinweise zur operativen Versorgung erstellt. Auch im Bereich der Nephrologie gibt es hier noch viel zu tun, so z. B. im Bereich der frühen Zuweisung, der präoperativen Versorgung und des Shunt-Monitorings. Die interdisziplinäre Gruppe bietet eine gute Plattform, um auch weitere Themen im Bereich der Dialysezugangsversorgung zu besprechen. Sie ist sehr kooperativ und im Thema qualifiziert. Berufspolitische Aspekte sind bislang erfreulich wenig zum Tragen gekommen, was einerseits daran liegt, dass immer schon sehr interdisziplinär gearbeitet wurde und die OP’s sowohl von Chirurgen als auch von Nephrologen durchgeführt werden, ebenso wie die radiologischen Interventionen, die lokal unterschiedlich von allen Berufsgruppen, inzwischen auch von sogenannten „interventionellen Nephrologen“ durchgeführt werden. Den Inhalt der Leitlinien hier an dieser Stelle wiederzugeben oder zusammenfassen zu wollen, wäre deplatziert. Sicher sind die Inhalte im Wesentlichen schon in den European Best Practice Guidelines enthalten. Wir sind aber schon sicher, dass durch die Deutschen Leitlinien eine Weichenstellung auch für Deutschland erreicht werden kann. Anhand dieser Leitlinien wird die aktuelle Versorgungslage untersuchbar. Nehmen wir dieses nicht als Knute oder Fingerzeig. Es wäre nicht das erste Mal, wenn Versorgungsengpässe, die sicher bestehen, durch Leitlinien offenkundig werden. Wir sind alle gefordert, sowohl Fachgesellschaften, Patientenverbände, Dialyseversorger und auch die Verwaltungsdirektoren unserer Krankenhäuser. Diese haben sich schon öfter unter Vorlage von Zahlen, Daten und Fakten beweglich gezeigt. Die Versorgung der Diabetiker in Deutschland könnte ein gutes Beispiel dafür sein, dass nicht nur im niedergelassenen Bereich, sondern auch in der stationären Versorgung Strukturen geschaffen und angepasst worden sind. Viele Häuser haben zusätzliche Stellen und Strukturen geschaffen, um auch langfristig Patienten mit diabetischen Komplikationen behandeln zu können. Strukturanpassungen sind auch im Bereich der Zugangsversorgung zur Dialyse notwendig. Shunts müssen sicher nicht immer die Stiefkinder im OP sein. Wir Nephrologen sind nicht nur im Bereich der präoperativen Diagnostik und Zuweisung gefordert. Auch wird in unseren Bereichen das Monitoring einen höheren Stellenwert erreichen müssen, damit Patienten zunehmend elektiv interveniert werden können und nicht erst beim Shuntverschluss notfallmäßig behandelt werden müssen. Hier ist selbstverständlich auch die Vergütung des Monitorings zu klären. Die Mitglieder der GHIA hoffen, dass die Deutschen Shuntleitlinien die Versorgungsstruktur verbessern. Viel Basisarbeit, Qualitätsmanagement und prospektive Untersuchungen sind notwendig, um diesem Ziel näher zu kommen. Prof. Dr. Markus Hollenbeck Klinik für Nephrologie und Rheumatologie und KfH-Nierenzentrum am Knappschaftskrankenhaus Bottrop 43 Phosphatbindung in der Dialyse Kalzifizierung gestoppt – Leben verlängert Gefäßverkalkungen sind ein Hauptrisikofaktor für kardiovaskuläre Mortalität und Folge einer hohen Kalziumzufuhr.1 Renagel® bindet effektiv Phosphat und vermindert ein Fortschreiten der Kalzifizierung.2,3 Renagel® senkt bei langfristigem Einsatz das Mortalitätsrisiko.4,5 Deshalb frühzeitig Renagel®. London G et al., Nephrol. Dial. Transplant 2003; 18: 1731–1740. 2 Chertow et al., Kidney Int. 2002; 62: 245–252. Block GA et al., Kidney Int 2005; 68: 1815–1824. 4 Suki et al., ASN 2005. 5 Block GA, et al., Kidney Int 2007; 71: 438–441. 1 RENAGEL® 800 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Sevelamer. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Jede Tablette enthält 800 mg Sevelamer. Sonst. Bestandteile: Jede Tablette enthält: Hochdisperses Siliciumdioxid und Stearinsäure. Der Film der Tablette enthält Hypromellose und diacetylisierte Monoglyceride. Die Druckfarbe enthält Eisen(II,III)-oxid (E172), Propylenglykol und Hypromellose. Anwendungsgebiete: RENAGEL® wird zur Einstellung des Blutphosphatspiegels von erwachsenen Patienten mit Niereninsuffizienz verwendet, die sich einer Hämodialyse oder Peritonealdialyse unterziehen. Zur Kontrolle der Entwicklung von renaler Knochenerkrankung ist es gegebenenfalls notwendig, zusammen mit RENAGEL® andere Arzneimittel zu nehmen, die zum Beispiel Calcium- oder Vitamin D-Zusätze enthalten. Gegenanzeigen: Niedriger Blutphosphatspiegel, Darmverschluss und Überempfindlichkeit gegenüber Sevelamer oder einem der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels (allergisch). Nebenwirkungen: Wie alle Arzneimittel kann RENAGEL® Nebenwirkungen haben. Folgende Nebenwirkungen wurden bei Patienten unter Einnahme von RENAGEL® beschrieben: Sehr häufig (≥ 10%): Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Diarrhoe, Verdauungsstörungen, Verstopfung, Kopfschmerzen, niedriger Blutdruck, Bluthochdruck, Schmerzen, Juckreiz; häufig (1-10%): Blähungen, Ausschlag, Halsschmerzen; sehr selten (<0,01%): Darmverschluss. Diese Symptome können auch aufgrund von chronischem Nierenversagen auftreten. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Hinweis: Durch die Peritonealdialyse kann es zum Auftreten einer Peritonitis kommen. Nähere Informationen und Warnhinweise siehe Fach- und Gebrauchsinformationen. Packungsgröße: 180 Filmtabletten (N3). Genzyme Europe BV, Gooimeer 10, 1411 DD Naarden, Niederlande. Stand: 1. Juni 2007. (RENA 35/05-07) Weitere Informationen zur Hyperphosphatämie können Sie beziehen unter: genzyme GmbH, Abt. Nephrologie, Siemensstrasse 5b, D-63263 Neu-Isenburg, Tel. 0 61 02/36 74-710, Fax: 0 61 02/36 74-600, E-Mail: [email protected], www.genzyme.de RENA 61/07-07 3 Aktuelles aus der Dialyse Interdisziplinäre Deutsche Leitlinien zum Dialysezugang 2008: Neue Aspekte zu zentralvenösen Dialysekathetern Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Gefäßchirurgen, Intensivmedizinern und Nephrologen hat sich zur Aufgabe gemacht, Deutsche Leitlinien zum Dialysezugang auf der Basis aktueller Literaturdaten und persönlicher Erfahrung im Konsens herauszugeben. Im Folgenden sollen die noch in der Diskussion befindlichen neuen Leitlinien für zentralvenöse Dialysekatheter vorgestellt und kommentiert werden, die sich ganz wesentlich an den bereits publizierten „European best practice guidelines on vasular access“ orientieren (Tordoir J, Nephrol Dial Transplant 22 [Suppl 2]:ii88-ii117, 2007). RICHTLINIE 10 Zentraler Venenzugang In der DOPPS-Studie wurden deutliche Unterschiede zwischen den teilnehmenden Ländern für die Verwendung von zentralvenösen Kathetern als Dialysezugang festgestellt. Während in den USA von 1997 bis 1999 17% der prävalenten Dialysepatienten mit einem zentralen Dialysezugang versorgt waren, lag dieser Anteil in Deutschland im selben Zeitraum nur bei 4% (Rayner HC, Am J Kidney Dis 44:22-26, 2004). Nach den neuesten Daten aus DOPPS III ist der Anteil zentraler Venenkatheter als Dialysezugang in allen Ländern gestiegen. Er lag bei prävalenten Patienten von 20052007 in den USA bei 25%, während der Anteil in Deutschland im selben NEPHRO - NEWS Zeitraum auf 10% anstieg. Werden nur die inzidenten Patienten der letzten drei Jahre betrachtet, so beginnen in Deutschland immerhin 23% der Patienten die Dialyse über einen zentralvenösen Katheter. In den USA liegt dieser Anteil sogar bei 69% (Ethier J, Nephrol Dial Transplant 2008, August 26th Epub). Da die Verwendung von zentralen Dialysekathetern im Vergleich zur AV-Fistel, bedingt durch höhere Infektions- und Verschlussraten, mit einer erhöhten Mortalität der Patienten einhergeht (Allon M, Am J Kidney Dis 47:469-477, 2006), sollten Katheter so selten wie möglich eingesetzt werden. Richtlinie 10.1 Zentrale Venenkatheter sollten als letzte Möglichkeit angelegt werden bei Patienten ohne permanenten Zugang und mit der akuten Notwendigkeit zur Hämodialyse (Evidenz III). Mittlerweile hat sich die Ultraschallgesteuerte Punktion der rechten V. jug. int. in den meisten Kliniken als Insertionstechnik der Wahl durchgesetzt. In einer randomisierten Studie mit jeweils 30 Patienten konnte mit dem Ultraschall die „1. Trefferquote“ von 56,7 auf 81,7% bei der Punktion der Vena jug. int. gesteigert werden (Bansal R, Ren Fail 27: 561-564, 2005). In einer kürzlichen Beobachtungsstudie an 129 Patienten mit Blutgerinnungsstörungen lag die technische Erfolgsrate für die Punktion der V. jug. int. mit der Sonographie bei 100%. Dabei gelangen die Einwandpunktionen in 89,5% der Fälle (Tercan F, Eur J Radiol 2008; 65:253-256). Richtlinie 10.2 Die perkutane Route mit UltraschallFührung sollte für akute und permanente Katheter benutzt werden. Ein konventionelles Röntgenbild sollte vor Benutzung des Katheters angefertigt werden, um Katheterlage und Komplikationen zu erkennen (Evidenz II). Zentralvenöse Katheter sollten unter streng aseptischen Bedingungen durch erfahrenes und geübtes Personal über den perkutanen Zugangsweg gelegt werden. Die rechte interne Jugularvene ist die erste Insertionsstelle der Wahl, gefolgt von der linken internen Jugularvene. Der femorale Zugang sollte nur bei bettlägerigen Patienten mit kurzer Verweilzeit (< 1 Woche) verwendet werden. Richtlinie 10.3 Die rechte Vena jugularis ist die empfohlene Insertionsstelle (Evidenz II) Aufgrund einer signifikant niedrigeren Komplikationsrate sollten getunnelte Katheter den nicht getunnelten Kathetern vorgezogen werden. In einer Studie, die getunnelte und ungetunnelte Katheter an verschiedenen Insertionsorten verglich, zeigte sich für die Dauer von 56 Tagen die höchste Offenheitsrate für 45 Aktuelles aus der Dialyse die getunnelten Katheter in der Vena jugularis, während die ungetunnelten Katheter in der V. subclavia die niedrigste Infektionsrate aufwiesen (Weijmer MC, Nephrol Dial Transplant 2004; 19:670-677). Letztere sollten jedoch wegen der erhöhten Gefahr einer venösen Stenose nicht mehr verwendet werden (MacRae JM, ASAIO J 2005; 51:7781). Ein getunnelter Katheter sollte immer dann gewählt werden, wenn der Dialysezugang erwartungsgemäß mehr als 14 Tage gebraucht wird. Richtlinie 10.4 Nicht-getunnelte Katheter sollten nur in Akutsituationen benutzt werden oder wenn die voraussichtliche Liegedauer weniger als 2 Wochen beträgt. In allen anderen Fällen sollen getunnelte Katheter bevorzugt werden (Evidenz III). Trotz der oben genannten Argumente für eine primäre Shuntanlage kann durch besondere klinische Situationen die Implantation eines zentralen Venenkatheters als chronischer Dialysezugang zwingend notwendig werden. Hierzu zählen das „nicht korrigierbare Steal-Syndrom“ nach Shuntanlage, die Herzinsuffizienz NYHA III-IV sowie fehlende peripher-venöse Zugangsmöglichkeiten, die eine Shuntanlage unmöglich machen. Die Versorgung und Pflege des Katheters unter aseptischen Bedingungen ist essentiell für die Haltbarkeit und langfristige Flussrate des zentralvenösen Zugangs. Portsysteme (Dialock, LifeSite) bieten zwar kosmetisch bessere Ergebnisse, ohne jedoch die Infektionsgefahr wesentlich zu senken. 46 RICHTLINIE 11 Management von Komplikationen zentraler Venenkatheter Richtlinie 11.1 Eine Katheter-Dysfunktion sollte durch lokale Fibrinolyse therapiert werden, um einen ausreichenden Fluss wieder herzustellen. Rezidivierende Katheter-Dysfunktionen erfordern lokale Lyse mit zusätzlicher Bildgebung des Katheters, mikrobiologischer Untersuchung und Evaluation der systemischen Gerinnung. Eine Katheter-Dysfunktion ist häufig und führt durch die Reduktion des Blutflusses zu einer verminderten Dialysedosis. Komplette Obstruktionen, die eine Dialyse unmöglich machen, sind von inkompletten Obstruktionen zu unterscheiden. Letztere kommen durch endoluminale oder externe Fibrinauflagerungen zustande, welche die Flussverhältnisse auch in den Seitenöffnungen des Katheters entscheidend beeinträchtigen können. Deshalb ist ein aufmerksames Monitoring mit Registrierung der venösen und arteriellen Druckverhältnisse, sowie der Flussraten erforderlich. Folgendes Lyse-Regime hat sich im Alltag bewährt: Bei kompletter Obstruktion Infusion von 250.000 i.E. Urokinase in 100 ml NaCl 0,9% über 30 Minuten; bei inkompletter Obstruktion mit einem erhaltenen Blutfluss > 100 ml/min Infusion von 250.000 i.E. Urokinase in 100 ml NaCl 0,9% über 3 Stunden in die venöse Luftfalle während der laufenden Dialyse (Twardowski ZJ, Nephrol Dial Transplant 13:2203-2206, 1998). Durch die Anwendung von LockLösungen (Heparin oder Citrat) soll die Katheter-Dysfunktion verhindert werden. In einer randomisierten Studie mit 291 Patienten wurde 30%iges Citrat mit Heparin als Lock-Lösung für 98 getunnelte und 193 ungetunnelte Katheter verglichen. Die Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, da in der Heparin-Gruppe die Katheter-assoziierten Infektionen mit 4,1 Ereignissen pro 1000 Kathetertage im Vergleich zur Citrat-Gruppe (1,1 pro 1000 Kathetertage) signifikant häufiger waren. Die Katheter-Verschlussrate war jedoch in beiden Gruppen gleich (Weijmer M, J Am Soc Nephrol 16:2769-2777, 2005). In einer kürzlichen Meta-Analyse wurden sieben Studien ausgewertet, die in einem randomisierten Design verschiedene Antibiotika-haltige Locklösungen mit Heparin hinsichtlich der Katheterinfektionsrate untersucht hatten. Das Risiko für eine Katheterinfektion wurde durch die Antibiotikalösungen 7,7-fach reduziert. Allerdings lag das längste Follow-up dieser Studien bei 12 Monaten, so dass zu einer eventuellen Resistenzentwicklung nach dieser Zeit nichts bekannt ist (Jaffer Y, Am J Kidney Dis 2008; 51:233-241). Gegen die Verwendung von Antibiotikahaltigen Locklösungen spricht die systemische Wirksamkeit von Aminoglykosiden mit eventueller Ototoxizität, die mögliche Resistenzentwicklung und eventuelle Förderung eines Biofilms. Zudem fehlen bisher randomisierte Studien, die Citrat-haltige Locklösungen mit Antibiotika-haltigen Lösungen hinsichtlich der Infektions- und Offenheitsrate von zentralen Kathetern vergleichen. NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Dialyse Bei rezidivierender Katheterobstruktion sollte die systemische Antikoagulation der Patienten z. B. mit Marcumar“ erwogen werden, wenn auch die wenigen randomisierten Studien zu dieser Thematik unterschiedliche Ergebnisse zeigen. In einem kürzlichen Review aller Studien, die Warfarin zur Prophylaxe der Katheterobstruktion untersucht hatten, kamen die Autoren zu dem Schluss, dass mit einem INR von 1,5-2,5 die Thromboserate von Dialyseverweilkathetern reduziert werden kann, ohne dass sich das Blutungsrisiko signifikant erhöht (Willms L, Semin Dial 21:71-77, 2008). RICHTLINIE 12 Management des infizierten Gefäßzugangs Richtlinie 12.5 Die Entfernung des Katheters muss erwogen werden, wenn eine Infektion verdächtigt wird. Ist die Infektion von ungetunnelten Kathetern sicher diagnostiziert, müssen diese sofort entfernt werden (Evidenz III). Richtlinie 12.6 Bei getunnelten Kathetern können eine kurze fiebrige Phase oder bakteriämische Reaktion die verzögerte Entfernung des Katheters rechtfertigen (Evidenz III). Im Fall einer Sepsis muss der getunnelte Katheter sofort entfernt werden. Katheter-assoziierte Infektionen sind ganz wesentlich für die erhöhte Morbidität von Hämodialysepatienten verantwortlich. In einer prospektiven multizentrischen Studie mit 988 Patienten erhöhte sich das Risiko für eine Bakteriämie durch das Vorhandensein eines zentralen NEPHRO - NEWS Venenkatheters um das 7,6 fache im Vergleich zur AV-Fistel als Dialysezugang (Hoen B, J Am Soc Nephrol 9:869-876, 1998). Intermittierendes Fieber, bakteriämische Episoden, Schmerzen oder Entzündungszeichen an der Katheteraustrittsstelle sind typische Zeichen einer Katheterinfektion. Zur sicheren Diagnostik sollten immer zwei Blutkulturen aus dem Katheterlumen und aus der peripheren Vene entnommen werden. In 2/3 der Fälle sind gram positive Keime, wie Staph. aureus oder S. epidermidis für die Infektion verantwortlich. Als primäre Antibiose sollten Cephalosporine, Piperacillin oder Chinolone zum Einsatz kommen, die für eine Mindestdauer von 14 Tagen appliziert werden, um eine sichere Keimelimination zu gewährleisten. Im Fall von Septikämien sollte der Katheter in jedem Fall sofort und umgehend entfernt werden. Nach einer kürzlichen Meta-Analyse kann durch die Applikation von lokalen Antibiotika die Rate an Exit-Site-Infektionen und Bakteriämien signifikant gesenkt werden (James MT, Ann Intern Med 148:596-605, 2008). Allerdings hatten die meisten der 16 ausgewerteten Studien eine Beobachtungszeit unter sechs Monaten. Aufgrund einer möglichen langfristigen Resistenzentwicklung und Sensibilisierungsrate kann die lokale Antibiotika-Anwendung zurzeit noch nicht empfohlen werden. Es muss betont werden, dass durch Einführung sehr einfacher Verhaltensregeln die Infektionsrate von zentralvenösen Kathetern signifikant gesenkt werden kann, wie kürzlich eine Studie mit 108 Inten- sivstationen in den USA gezeigt hat (Pronovost P, N Engl J Med 355:27252732, 2006). Hier reduzierte sich die Infektionsrate über einen Zeitraum von 18 Monaten von anfangs 7,7/ 1000 Kathetertage auf 1,4/1000 Kathetertage. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der zentral-venöse Verweilkatheter die Ausnahme als Gefäßzugang des Dialysepatienten bleiben muss. Insbesondere nach Überwindung der Akutphase des dialysepflichtigen Nierenversagens sollten die Gefäßverhältnisse und die Gesamtsituation der Patienten immer wieder bezüglich der Anlage einer AV-Fistel überprüft werden. Die kontinuierliche Schulung des Personals ist die beste Infektionsprophylaxe und trägt erheblich zur Morbiditätssenkung dieser Dialysepatienten bei. Prof. Dr. Bernd Krumme Deutsche Klinik für Diagnostik Fachbereich Nephrologie Wiesbaden Prof. Dr. Ralf Schindler Universitätsklinikum Charité Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Intensivmedizin Campus Virchow-Klinikum, Berlin 47 Aktuelles vom Renin-Angiotensin-System (RAS) Renin - ein Dauerbrenner der Forschung Renin als der Motor des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) wurde vor genau 100 Jahren erstmals von Tigersted und Bergman beschrieben. Das „klassische“ RAAS umfasst die proteolytische Abspaltung von Angiotensin I aus Angiotensinogen durch Renin, und die folgende proteolytische Verkürzung von Angiotensin I zu Angiotensin II durch das Angiotensin-I-Conversionsenzym (ACE). Das Oktapeptid Angiotensin II (ANG 1-8), der eigentliche biologische Effektor des Systems, wirkt über spezifische Zelloberflächenrezeptoren in verschiedenen Organen (Abb. 1), einschließlich der Nebennierenrinde, wo ANGII die Bildung von Aldosteron stimuliert. Da spielt das RAAS eine zentrale Rolle bei der Regulation des Salz-Wasserhaushaltes und des Blutdruckes. Unangepasste Überaktivierung des RAAS, sei es systemisch oder ganz lokal in einzelnen Organen, kann daher zu Volumenretention und Bluthochdruck führen und zu inflammatorischer Gefäßhypertrophie und wesentlich zu Organfibrosen beitragen. Deshalb ist die pharmakologische Hemmung des RAAS durch Hemmstoffe des ACE oder durch Blockade der Angiotensin-II-Rezeptoren zu einem wichtigen und erfolgreichen therapeutischen Ansatzpunkt bei systemischen Erkrankungen geworden. Trotz all dieses beträchtlichen Wissens um die Physiologie, Pathophysiologie und Klinik des RAAS, ergeben sich in der aktuellen Forschung immer wieder neue und überraschende Erkenntnisse, die teilweise erst 48 Abb. 1: Schematische Übersicht über die Komponenten des Renin-Angiotensin-Systemes Abk.: ANG0, Angiotensinogen; ANG I, Angiotensin I; ANG II, Angiotensin II; ACE, Angiotensin I- Conversionsenzym; AT1, ANG II- Rezeptor Typ 1; AT2, ANG-II-Rezeptor Typ 2; PRR, Prorenin-Rezeptor; Mas-R, Mas-Rezeptor; noch in unser Verständnisgebäude des RAAS eingebaut werden müssen. Reninfreisetzung: Eine Frage der Kommunikation? Während die physiologische Regulation der Reninfreisetzung aus der Niere durch die Sympathikusaktivität, durch den Blutdruck, durch den Kochsalzhaushalt und durch Angiotensin II heute schon zum Lehrbuchwissen gehören, sind die zellulär molekularen Abläufe, welche die Reninfreisetzung aus den juxtaglomerulären (JG) Zellen in der Wand der afferenten Arteriolen steuern, weit weniger geklärt. Eine Reihe von Befunden sprechen dafür, dass die Reninfreisetzung aus den JG-Zellen ganz entscheidend durch parakrine Signale (z. B. NO, Prostaglandine, ATP etc.) von Zellen aus der Nachbarschaft wie den Endothelzellen oder Macula-Densa-Zellen am Übergang vom dicken Teil der aufsteigenden Henle-Schleife und dem distalen Konvolut moduliert werden. Ganz neu ist nun die Beobachtung, dass offensichtlich die direkte Zellzu-Zellinformation über gap junctions das Verhalten der JG-Zellen ganz entscheidend beeinflusst. Gap junctions sind großlumige Kanäle, welche die Membranen zweier benachbarter Zellen kurzschließen und neben Ionen auch noch klassische Signalmoleküle wie zyklisches AMP, zyklisches GMP, Inositol-3-Phosphat, etc. passieren lassen und so einen Informationsaustausch ermöglichen. NEPHRO - NEWS Aktuelles vom Renin-Angiotensin-System (RAS) Gap junctions sind aus Connexinproteinen aufgebaut, wovon man beim Menschen 20 verschiedene kennt. Das Hauptconnexin der JG-Zellen wie auch der benachbarten Mesangiumszellen ist Connexin 40 (Wagner C, Kidney Int 73:547-555, 2008). Genetische Ausschaltung von Connexin 40 in Mäusen führt zum Verlust von Gap junctions in JG-Zellen und hebt dabei die physiologische Kontrolle der Reninsekretion auf. Die Mäuse sind daher stark hyperreninämisch und hypertensiv (Wagner C, Circ Res 100:556-563, 2007; Krattinger N, Kidney Int 72:814-822, 2007). Der Verlust von Connexin 40 führt auch dazu, dass die JG-Zellen ihre normale Position in der Wand afferenter Arteriolen nicht mehr finden, sondern sich „orientierungslos“ im periglomerulären Interstitium ausbreiten (Kurtz L,. J Am Soc Nephrol 18: 1103-1111, 2007) (Abb. 2). Die molekularen Mechanismen aufzuklären, über welche Gap junctions die Funktion von JGZellen steuern, wird eine spannende Frage für die Grundlagenforschung sein. Aus klinischer Sicht wird von Bedeutung sein, herauszufinden, inwieweit Mutationen im Connexin-40Gen prädisponierend für Bluthochdruckerkrankungen sein könnten. Ein erster indirekter Hinweis hierfür liegt bereits vor (Firouzi M, J Hypertens 24:325-330, 2006). Nicht nur ein Enzym: Renin als Ligand des Prorenin/Renin-Rezeptors Klassischerweise besteht die biologische Funktion der Protease Renin in ihrer enzymatischen Aktivität und damit in der Generierung des Dekapeptids Angiotensin I. Überraschenderweise findet man aber im Plasma NEPHRO - NEWS Abb. 2: Immunhistochemische Darstellung von Glattmuskel-Aktin (grün), welches die Arteriolen markiert, und Renin (rot) in der Nierenrinde einer Connexin 40 defizienten Maus. Man beachte die starke und aberrante Ausbildung atypischer reninbildender Zellen des Menschen hohe Konzentrationen enzymatisch nicht aktiven Prorenins. Welche Funktion hat nun Prorenin in der Zirkulation? Wird es lokal in aktives Renin überführt oder hat es eine gänzlich andere Funktion, etwa die Aktivierung eines Rezeptors? Die Existenz eines Prorenin/Renin-Rezeptors wurde erstmals auf Grund folgender Beobachtung postuliert: Kultivierte Mesangialzellen waren in der Lage, Renin zu binden und nach Bindung von Renin mit vermehrter Expression von Transforming Growth Faktor-1 (TGFβ1) zu reagieren; dieser Effekt war unabhängig von der en- zymatischen Aktivität des Renins und ließ daher die Existenz eines spezifischen Rezeptors vermuten (Nguyen G, Kidney Int 50:1897-1903, 1996). Später wurde dann ein Rezeptor kloniert, der gleichermaßen Renin und Prorenin bindet (Nguyen G, J Clin Invest 109:1417-1427, 2002). Dieser Prorenin/Renin-Rezeptor ist ein 45-kDaProtein, das die Zellmembran mit einer einzelnen Transmembrandomäne durchspannt und von dem keine signifikante Homologie mit anderen bekannten Rezeptoren ist. Mittlerweile weiß man, dass das Proreninrezeptor-Protein mit einem Protein 49 Aktuelles vom Renin-Angiotensin-System (RAS) im endoplasmatischen Retikulum (CAPER) homolog ist. Entsprechend findet man das Protein bei Zellfraktionierungen zum überwiegenden Teil im Intrazellulärraum. Es wird stark im Nervensystem auch beim Zebrafisch exprimiert. Dies erklärt wahrscheinlich auch die frühembryonale Letalität von Prorenin-Rezeptor-knockout-Mäusen. Eine Bindung von Renin an den Prorenin/Renin-Rezeptor führt zu einer Verfünffachung der enzymatischen Aktivität und könnte somit zu einer lokalen Reninaktivität führen, die erheblich über der des systemischen Reninsystems liegt. Während freies Prorenin praktisch keine enzymatische Aktivität aufweist, führt die Bindung von Prorenin an den Prorenin/Renin-Rezeptor zu einer Prorenin-Aktivierung. Die Aktivität des gebundenen Prorenins entspricht dann in etwa der des freien Renins. Dabei induziert die Bindung an den Rezeptor offenbar eine Konformationsänderung des Prorenins, die zu einer Freilegung des normalerweise für das Substrat nicht zugänglichen aktiven Zentrums des Enzyms führt. Neben einer Steigerung bzw. Initiierung der Renin- bzw. Proreninaktivität führt die Bindung von Renin an seinen Rezeptor - unabhängig von enzymatischer Aktivität - zur Aktivierung des ERK-Signaltransduktionswegs, und könnte somit eine lokale profibrotische Wirkung ausüben. Welche klinische Relevanz hat nun eine Aktivierung des Prorenin/ Renin-Rezeptors? Um diese Frage zu klären, wurde ein Peptidanalogon entwickelt, das im Tiermodell eine Bindung von endogenem Renin/Prorenin an seinen Rezeptor hemmt. In ersten Versuchsreihen konnte gezeigt 50 werden, dass der Prorenin/Renin-Rezeptor-Antagonist die Progression einer myokardialen Fibrosierung im Tiermodell verlangsamt; einen ähnlich positiven Effekt hatte der Prorenin/Renin-Rezeptor-Antagonist auch für den Verlauf der Glomerulosklerose in einem Modell der diabetischen Nephropathie (Ichihara A, J Clin Invest 114:1128-1135, 2004; Ichihara A, J Am Soc Nephrol 17:1950-1961, 2006). Diese vielversprechenden Ergebnisse konnten leider nicht uneingeschränkt bestätigt werden, so dass das therapeutische Potential einer Prorenin/Renin-Rezeptor-Blockade derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann (Susic D, Hypertension 48:13, 2006; Luft FC, J Am Soc Nephrol 18:1989-1992, 2007). Angiotensin-Rezeptoren: AT2 als Gegenspieler von AT1 Zwei Angiotensin II-Rezeptortypen sind derzeit bekannt, AT1 und AT2. Abweichend von der AT1-Signalkaskade scheint der entscheidende Signalweg des AT2-Rezeptors über die Aktivierung einer Tyrosinphosphatase zu laufen. Während die klassischen Effekte des Angiotensin-IIüber den AT1-Rezeptor vermittelt werden und mit Substanzen aus der Gruppe der Sartane blockiert werden können, ist die Funktion des AT2Rezeptors weit weniger klar. Da die Expression des AT2-Rezeptors in verschiedenen Organen in der Embryonalphase hoch ist und nach der Geburt abnimmt, ist eine Funktion in der Organentwicklung, z.B. des Urogenitalsystems oder des Nervensystems, postuliert worden. So zeigen AT2-defiziente Mäuse ähnliche renale Malformationen (z.B. multizystische Nierendysplasien, Harn- leiterabgangsstenosen) wie sie bei Patienten mit Mutationen im AT2-Gen beschrieben wurden (Nishimura H, Mol Cell 3:1-10, 1999). Im adulten Organismus schwächt der AT2-Rezeptor offenbar Effekte von Angiotensin II ab, die durch den AT1Rezeptor vermittelt werden, wirkt also proapoptotisch, antiangiogen, sowie migrations- und kontraktionshemmend. Am besten untersucht ist in diesem Zusammenhang der Effekt von Angiotensin II auf den Tonus der glatten Gefäßmuskulatur. So antagonisiert der AT2-Rezeptor teilweise den durch AT1 vermittelten vasokonstriktorischen Effekt von Angiotensin II; entsprechend sind AT2-defiziente Mäuse im Gegensatz zu AT1defizienten Mäusen hypertensiv. Über welche Mechanismen der AT2Rezeptor die Wirkung des AT1-Rezeptors verringert, ist nicht vollständig verstanden, aber die Bildung von AT1/AT2-Heterodimeren, die zu einer Abschwächung der AngiotensinII-Wirkung auf AT1-Rezeptoren führt, könnte eine wesentliche Rolle spielen (AbdAlla S, J Biol Chem 276:3 9721-39726, 2001). Des Weiteren vermitteln endothelständige AT2-Rezeptoren einen vasodilatierenden Effekt, der über eine Induktion der NO-Synthese vermittelt wird (Carey RM, Hypertension 38:1272-1277, 2001). Vielfalt der Angiotensine: ACE-2 generiert Ang1-7 Angiotensin-I (Ang1-10) und Angiotensin-II (Ang1-8) gelten als die klassischen Zwischen- und Endprodukte des RAS. Neben diesen Angiotensin-Typen wurden aber weitere Varianten beschrieben, die C-terminal um jeweils eine Aminosäure verkürzt sind, also Ang1-9 und Ang1NEPHRO - NEWS Aktuelles vom Renin-Angiotensin-System (RAS) 7. Die C-terminale Verkürzung von Ang1-10 und Ang1-8 wird durch ein zweites vor einigen Jahren entdecktes Angiotensin-Conversionsenzym, dem ACE-2 katalysiert (Donoghue M, Circ Res 87:E1-E9, 2000). Ähnlich wie das klassische ACE ist auch ACE-2 ein membranständiges Enzym, wobei das aktive Zentrum im extrazellulären Bereich liegt, so dass zirkulierende Peptide hydrolysiert werden können. Obwohl sowohl Angiotensin-I als auch Angiotensin-II Substrate für ACE-2 darstellen, katalysiert ACE-2 die Hydrolyse von Angiotensin II etwa 100-fach effizienter als die von Angiotensin I. ACE-2 wird nahezu ubiquitär exprimiert und antagonisiert die Wirkung des klassischen ACE, indem es zum einen Angiotensin II (Ang1-8) abbaut und zum anderen mit Ang1-7 einen Gegenspieler des Ang1-8 generiert. Ang1-7 bindet nämlich an einen vor kurzem entdeckten G-Protein-gekoppelten Rezeptor, das MAS-Protoonkogen (Santos RA, Proc Natl Acad Sci USA 100:8258-8263, 2003). Eine Aktivierung von MAS resultiert in einer Endothel-abhängigen Vasodilatation, die durch eine vermehrte Generierung von NO und vasodilatorischen Prostaglandinen vermittelt wird. Des Weiteren vermittelt MAS antifibrotische, anti-proliferative und anti-hypertrophe Effekte, etwa durch Hemmung des von Ang1-8 über AT1Rezeptoren angesteuerten ERK-Signaltransduktionswegs. An der Evaluation möglicherweise therapeutisch nutzbarer MAS-Agonisten wird derzeit intensiv gearbeitet. So zeigte der nicht-peptidische MAS-Agonist AVE0991 im Tierversuch eine kardioprotektive Wirkung während chronischer Angiotensin-II-Infusion (SanNEPHRO - NEWS tos RA, Curr Opin Nephrol Hypertens 16:122-128, 2007). Unabhängig von seiner Bedeutung für das RAS hat ACE-2 noch in einem ganz anderen Zusammenhang klinische Relevanz erlangt. Das membranständige ACE2 wurde nämlich als essentieller Rezeptor für das Andocken verschiedener Coronaviren an ihre Wirtszellen identifiziert, u. a. für das Coronavirus SARS-CoV, dem Erreger von SARS (severe acute respiratory syndrome) (Li F, Nature 426:450-454, 2003). Das therapeutische Potential von löslichen ACE-2-Fragmenten oder antiACE-2-Antikörpern zur Blockade einer SARS-CoV-Infektion wird derzeit intensiv beforscht. Direkte Reninhemmung als therapeutisches Prinzip Substanzen zur Hemmung des RAS sind mittlerweile aus dem klinischen Alltag nicht mehr wegzudenken. Während zunächst auf Inhibition des ACE abgezielt wurde, wurden später auch Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten eingeführt. Mit Aliskiren (USA: Tekturna, sonst weltweit: Rasilez; Hersteller Novartis) wurde 2007 der erste direkte Renininhibitor zur Hypertoniebehandlung in den USA und anschließend in der EU zugelassen. Die orale Bioverfügbarkeit von Aliskiren ist gering (etwa 2-3%) und wird durch gleichzeitige Aufnahme fettreicher Nahrung weiter vermindert. Aufgrund der langen Halbwertszeit (t1/2 = 40 h) ist eine einmalige tägliche Einnahme ausreichend; bei einer täglichen Dosis von 150 mg stellen sich nach etwa 7 Tagen konstante Plasmaspiegel ein, so dass ein Blutdruckanstieg 24 Stunden nach Aliskireneinnahme nicht zu erwarten ist. Die blutdrucksenken- de Wirkung von Aliskiren ist vergleichbar mit der von ACE-Hemmern und AT1-Blockern. Wie Aliskiren im Vergleich zu ACE-Hemmern und AT1-Blockern hinsichtlich einer zu erwartenden anti-fibrotischen und anti-proliferativen Wirkung abschneidet, ist derzeit noch unklar. Wegen der reduzierten FeedbackWirkung auf die Reninsekretion ist eine Blockade des RAS ganz allgemein mit einem Anstieg der zirkulierenden Reninkonzentration verbunden, die die Wirksamkeit von z. B. ACE-Hemmern unterläuft, da mit zunehmender Angiotensin-I-Bildung alternative Wege zur Generierung von Angiotensin II an Bedeutung gewinnen („ACEI escape Phänomen“). Dieses Problem besteht bei einem direkten Renininhibitor nicht, was einen systematischen Vorteil von Aliskiren gegenüber ACE-Hemmern und AT1-Blockern darstellen könnte. Auch wenn Aliskiren die Plasmareninaktivität hemmt, so resultiert diese RASBlockade dennoch in einer Stimulation der Reninsekretion und führt damit zu höheren Konzentrationen an Renin (und auch an Prorenin) in der Zirkulation, wodurch es zu einer vermehrten Aktivierung des Prorenin/Renin-Rezeptors kommen dürfte. Die Hoffnung, Aliskiren könne auch die Rezeptorbindung von Prorenin/Renin antagonisieren und damit die durch den Rezeptor vermittelten nicht-enzymatischen Effekte von Prorenin/Renin reduzieren, hat sich allerdings nicht bestätigt (Schefe JH, J Hypertens 26:1787-1794, 2008). Prof. Dr. Hayo Castrop Prof. Dr. Armin Kurtz Physiologisches Institut Universität Regensburg 51 Aktuelles aus der Nierenphysiologie Purinerge Signalübertragung und tubuloglomerulärer Feedback Im Bereich des juxtaglomerulären Apparats (JGA) nimmt die aus dem Nierenmark aufsteigende Pars recta des distalen Tubulus unmittelbaren Kontakt zu ihrem Ursprungsglomerulus auf. Hier finden sich in der Kontaktregion zwischen Tubulus und dem anliegenden extraglomerulären Mesangium spezialisierte Tubuluszellen, die sogenannten Macula densa-Zellen. Die enge anatomische Kopplung zwischen Pars recta des distalen Tubulus und Glomerulus ist nicht nur eine anatomische Auffälligkeit, sondern auch von funktioneller Relevanz. So modulieren die tubulären Macula-densa-Zellen den Tonus der afferenten Arteriole und damit der Filtration des betreffenden Nephrons. Im Gegensatz zu multiplen systemischen Faktoren, die die GFR regulieren, handelt es sich hier um ein Kontrollsystem, das auf Ebene des einzelnen Nephrons zum Tragen kommt. So resultiert ein Anstieg der tubulären Salzkonzentration an den Macula-densa-Zellen in einer Konstriktion der afferenten Arteriole und damit in einer Abnahme der GFR des betreffenden Nephrons. Diese tubuläre Modulation des Tonus der afferenten Arteriole, die gemeinhin als tubuloglomerulärer Feedback (TGF) bezeichnet wird (Thurau K, Klin Wochenschr 43:410-413, 1965), verhindert somit, dass es zu einer inadäquaten Salzbeladung weiter distal gelegener Abschnitte des Nephrons kommt, die über eine vergleichsweise geringe reabsorptive Kapazität verfügen. Der TGF dient somit letztlich der Stabilisierung der Salzausscheidung, in dem er stromabwärts der Macula NEPHRO - NEWS densa gelegene Nephronabschnitte gegen den Einfluss von Änderungen im Filtrat und gegen Schwankungen der proximalen Resorption abschirmt. Des Weiteren kontrollieren Maculadensa-Zellen die Reninsekretion der granulierten Zellen der afferenten Arteriole. Wie in einer eleganten in vitro Studie anhand des isoliert perfundierten JGA gezeigt werden konnte, führt eine Zunahme der Salzkonzentration an der Macula densa zu einer Suppression, eine Abnahme dagegen zu einer Stimulation der Reninsekretion (Skott O, Science 237:16181620, 1987). Adenosin: Effektor der tubulärvaskulären Kommunikation Die Bedeutung des TGF für die Kontrolle der GFR führte zu einer intensiven Beforschung der Mechanismen, die der Signalübertragung zwischen Tubulus und den renalen Widerstandsgefäßen zugrunde liegen. Hinweise für die Bedeutung purinerger Signalmoleküle in diesem Feedbacksystem gab es früh. Schon 1977 konnten Schnermann und Kollegen anhand von Mikropunktionsexperimenten zeigen, dass unspezifische Adenosinrezeptorantagonisten wie Theophyllin die TGF-Antwort deutlich vermindern (Schnermann J, Pflugers Arch 369:39-48, 1977). Mit der Verfügbarkeit spezifischerer Antagonisten der einzelnen Adenosinrezeptorsubtypen kristallisierte sich heraus, dass vasokonstriktorische A1Adenosinrezeptoren (A1AR) bei der Signalübertragung im Rahmen der TGF-Antwort entscheidend sind. Diese Befunde wurden auch durch Studien an A1AR-defizienten Mausstämmen bestätigt. Zwei voneinander unabhängige A1AR-defiziente Mausstämme wurden generiert und übereinstimmend fehlte bei beiden die TGF-Antwort vollständig (Sun D, Proc Natl Acad Sci USA 98:9983-9988, 2001; Brown R, Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol 281:1362-1367, 2001); A1AR und die Präsenz von Adenosin im JGA sind daher offensichtlich unabdingbare Komponenten der Signalübertragung zwischen Tubulus und afferenter Arteriole. Ist Adenosin nun tatsächlich der Mediator des TGF oder nur ein notwendiger Cofaktor? Diese Frage konnte in einer eleganten Studie, in der die renale Adenosin-Konzentration mit Hilfe einer „Adenosinklemme“ konstant gehalten wurde, geklärt werden. Eine normale TGF-Antwort konnte nur dann ausgelöst werden kann, wenn die Adenosinkonzentration im JGA fluktuieren konnte, nicht aber unter Bedingungen konstant gehaltener Adenosinkonzentration – mit anderen Worten, Adenosin ist offenbar ein Mediator und nicht ein notwendiger Cofaktor der Signalübermittlung zwischen Macula-densa-Zellen und afferenter Arteriole (Thomson S, J Clin Invest 106:289-298, 2000). Die Aktivierung von A1-Adenosinrezeptoren ist also der letzte Schritt in der Signalübertragung zwischen tubulären Macula-densa-Zellen und glatten Gefäßmuskelzellen der afferenten Arteriole. Damit stellte sich folgende Frage: Wo und wie wird Adenosin im JGA in Abhängigkeit von der tubulären Salzkonzentration generiert? 53 Aktuelles aus der Nierenphysiologie Macula densa Zellen entlassen ATP in Abhängigkeit von der tubulären NaCl-Konzentration Da Macula-densa-Zellen als Sensoren der tubulären Salzkonzentration dienen, wäre eine Freisetzung von Adenosin durch diese Zellen bei Erhöhung der Salzkonzentration im Tubuluslumen denkbar; experimentelle Evidenz für diesen „direkten“ Kommunikationsweg zwischen Tubulus und afferenter Arteriole existiert jedoch bislang nicht. Ein wesentlicher Schritt bei der Klärung der Frage nach der Quelle des Adenosins waren die Befunde von Bell und Kollegen, die in eleganten in vitro Studien mit Hilfe von Sensorzellen zeigen konnten, dass Macula-densa-Zellen in Antwort auf eine Erhöhung der tubulären Salzkonzentration ATP über ihre basolaterale Membran entlassen, nicht aber Adenosin (Bell PD, Proc Natl Acad Sci USA 100:4322-4327, 2003). Dieser Effekt war spezifisch für die Macula densa und wurde nicht bei benachbarten tubulären Zellen beobachtet. Die Freisetzung von ATP war in Anwesenheit des Schleifendiuretikums Furosemid erheblich vermindert, in Übereinstimmung mit der Annahme, dass Macula-densa-Zellen die tubuläre Salzkonzentration über Na+/ K+/2Cl- Cotransporter(NKCC2)-abhängigen NaCl-Transport detektieren. Extrazelluläre ATP-Degradation im JGA resultiert in der Bildung von Adenosin Der Befund einer regulierten Freisetzung von ATP durch Macula-densa-Zellen führte zu der nahe liegenden Hypothese, dass es sich bei dem Mediator des TGF doch eher um ATP als um Adenosin handeln könn54 Abb. 1: Purinerge Signalübertragung im JGA. Ein Anstieg der tubulären NaCl-Konzentration im TAL führt zu einer regulierten Freisetzung von ATP durch Macula-densa-Zellen. ATP wird im Bereich des JGA in einer extrazellulären Kaskade schrittweise dephosphoryliert. Das so gebildete Adenosin aktiviert A1-Adenosinrezeptoren und führt zu einer Konstriktion der afferenten Arteriole und zu einer Suppression der Reninsekretion. te. Diese Hypothese (aus der sich eine gewisse Kontroverse bezüglich der Frage nach Adenosin oder ATP als Mediator des TGF entwickelte) erschien attraktiv, da zum einen vasokonstriktorische P2X1-ATP-Rezeptoren auf glatten Gefäßmuskelzellen der afferenten Arteriole nachgewiesen wurden und zum anderen ATP an der renalen Autoregulation beteiligt ist (Inscho EW, J Clin Invest 112: 1895-1905, 2003). Da die Autoregulation der renalen Durchblutung jedoch gemeinsam von tubulären (=TGF) und myogenen (=Bayliss Effekt) Komponenten vermittelt wird, blieb unklar, ob eine ATP-anhängige Aktivierung von P2X-Rezeptoren speziell beim TGF eine entscheidende Rolle spielt. Spezifische Untersuchungen des TGF unter pharmakologischer Blockade von P2X-Rezeptoren ließen jedoch eine direkte Rolle von ATPRezeptoren bei der Vermittlung des TGF unwahrscheinlich erscheinen (Huang DY, Am J Physiol Renal Physiol 291:282-288, 2006; Ren Y, Kidney Int 66:1479-1485, 2004). Wie lassen sich nun eine regulierte Freisetzung von ATP durch Maculadensa-Zellen und eine durch Adenosin vermittelte Vasokonstriktion in eine schlüssige Signalkette integrieren? Nach derzeitigem Kenntnisstand wird von Macula-densa-Zellen freigesetztes ATP im Extrazellulärraum des JGA schrittweise dephosphoryliert, so dass letztendlich der Vasokonstriktor Adenosin entsteht. Entsprechende Enzyme wie NTPDase1/CD39 (katalysiert die Dephosphorylierung von ATP und ADP) sowie Ekto-5’-Nukleotidase/CD73 (katalysiert die Dephosphorylierung von AMP) sind im JGA nachgewiesen worden. Eine entscheidende Rolle der Ekto-5’-Nukleotidase/CD73 für die Signalübertragung bei der TGFAntwort wurde in verschiedenen Studien belegt, in denen die Ekto-5’-NuNEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Nierenphysiologie kleotidase/CD73 pharmakologisch gehemmt wurde, z. B. mittels α,β-dimethyl-ADP (MADP) (Osswald H, Kidney Int 12Suppl):136-142, 1982; Ren Y, Kidney Int 66:1479-1485, 2004). Das Problem der unklaren Spezifität der Ekto-5’-Nukleotidase/CD73-Antagonisten wurde mit der Generierung von Ekto-5’-Nukleotidase/CD73-defizienten Mausstämmen umgangen. In zwei unabhängig voneinander generierten Ekto-5’-Nukleotidase/CD73 Knockout Stämmen wurde der TGF untersucht und übereinstimmend wurde eine substantielle Verminderung der TGF-Antworten beschrieben, obwohl die vaskuläre Reaktivität gegenüber exogener Adenosingabe unverändert war (Castrop H, J Clin Invest 114:634-642, 2004; Huang DY, Am J Physiol Renal Physiol 291:282288, 2006). Ähnlich wie bei einem Verlust der Ekto-5’-Nukleotidase/ CD73 ist die TGF-Funktion auch bei genetischem Verlust des in der Dephosphorylierungskaskade stromaufwärts gelegenen Enzyms NTPDase1/CD39 erheblich eingeschränkt (Oppermann M, Am J Physiol Renal Physiol 294:965-970, 2008). Angesichts der derzeitigen Datenlage, die ganz wesentlich durch die Verfügbarkeit entsprechender Mausmodelle geprägt wurde, lässt sich somit zusammenfassend folgender Ablauf der Signalübertragung zwischen Macula-densa-Zellen und der afferenten Arteriole skizzieren: Ein Anstieg der Salzkonzentration im tubulären Lumen im Bereich des JGA (sei es aufgrund eines Anstiegs der Filtration des betreffenden Nephrons oder aufgrund einer verminderten proximalen Reabsorption) wird mittels NKCC2-abhängiger Transportprozesse von Macula-densa-Zellen detektiert, die daraufhin ATP über NEPHRO - NEWS ihre basolaterale Membran freisetzen. ATP wird anschließend extrazellulär schrittweise zu Adenosin dephosphoryliert, welches letztendlich durch Aktivierung von A1-Adenosinrezeptoren eine Konstriktion der afferenten Arteriole und damit eine Abnahme der GFR des betreffenden Nephrons induziert. Adenosin im JGA: Akute Suppression der Reninsekretion Bei der Untersuchung der purinergen Signalwege zwischen Tubulus und afferenter Arteriole lag in den letzten Jahren der Fokus im Wesentlichen auf der tubulären Kontrolle des präglomerulären Widerstands, also dem TGF im engeren Sinne. Wie bereits erwähnt, kontrollieren Macula-densa-Zellen aber auch die Reninsekretion benachbarter granulierter Zellen im Vas afferens. Somit könnten prinzipiell die gleichen Mechanismen, die für eine Modulation des Tonus der afferenten Arteriole verantwortlich sind, auch die entscheidenden Signale für eine Beeinflussung der Reninsekretion sein. Diese Annahme erscheint insofern plausibel, da reninbildende Zellen A1-Adenosinrezeptoren exprimieren und die Reninsekretion in vitro durch Applikation von Adenosin supprimiert werden kann. Um im in vivo Tierversuch einen Anstieg der tubulären Salzkonzentration experimentell zu erreichen, wurden Mäusen eine i.v. Infusion isotoner Kochsalzlösung verabreicht (Lorenz JN, Am J Physiol 258: 1328-1335, 1990), und die Plasmareninkonzentration nach etwa 60 min. bestimmt. Dieses Manöver führte bei Wildtyp-Mäusen zu einer Suppression der Plasmareninkonzentration um etwa 50%, die Plasmareninkonzentration von A1AR-defizienten Mäusen dagegen blieb unverändert (Kim S et al., Am J Physiol Renal Physiol 290:1016-1023, 2006) - ein deutlicher Hinweis, dass die selben Signalwege, die für die Vermittlung des TGF verantwortlich sind, auch bei der akuten Suppression der Reninsekretion eine Rolle spielen, und dass die Macula densa unter Bedingungen akuter Salzbeladung entscheidend für die Suppression des Reninsystems ist. Im Gegensatz zu einer akuten Suppression der Reninsekretion, ist die Verminderung der Plasmareninaktivität bei chronisch erhöhter Salzzufuhr, etwa durch eine salzreiche Diät, in A1ARdefizienten Mäusen vollständig erhalten (Schweda F, Am J Physiol Renal Physiol 284: 770-777, 2003). Ganz analoge Befunde gibt es übrigens für einen Mausstamm, dem die für die Salzdetektion verantwortliche Isoform des NKCC2 fehlt, und bei dem damit der initiale Schritt der tubulären Kontrolle der Reninsekretion blockiert ist: Auch hier konnte die Reninsekretion durch akute Salzbeladung nicht gehemmt werden, die Suppression des Reninsystems nach mehrtägiger salzreicher Diät dagegen war erhalten (Opperman M, J Am Soc Neph- rol 18:440-448, 2007). Anders als bei akuter Salzbeladung ist die Bedeutung der Macula densa für die negative Kontrolle des Reninsystems unter Bedingungen einer chronischen Erhöhung der Salzzufuhr offensichtlich gering, bzw. kann durch andere Kontrollmechanismen kompensiert werden. PD Dr. Hayo Castrop Physiologisches Institut Universität Regensburg Regensburg 55 Mehr als PTH Zukunft Zemplar® Neu: Zemplar® Kapseln für Dialyse- und Prädialysepatienten Selektiv – Selektive Vitamin-DRezeptor-Aktivierung für eine gezielte Therapie1, 2 Effektiv – Senkt PTH ohne Phosphat und Calcium klinisch relevant zu beeinflussen2 Protektiv – Überlebensvorteil im Vergleich zu Calcitriol3 1 Fachinformation Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung, Stand Dezember 2006, Abbott GmbH & Co. KG Wiesbaden 2 Martin KJ et al., J Am Soc Nephrol 1998; 9:1427–1432 3 Teng M et al., New Engl J Med 2003; 349:446–456, retrospektive Kohortenstudie mit 67.399 Patienten Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung; Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln. Wirkstoff: Paricalcitol. Zusammensetzung: Jeweils 1 ml Injektionslösung enthält 5 Mikrogramm Paricalcitol; 1 Weichkapsel enthält 1 Mikrogramm / 2 Mikrogramm Paricalcitol. Sonstige Bestandteile: Injektionslösung: Ethanol (20 Vol.-%), Propylenglykol, Wasser für Injektionszwecke; Weichkapseln: mittelkettige Triglyzeride, Ethanol, Butylhydroxytoluol, Gelatine, Glycerol, gereinigtes Wasser, Titandioxid (E 171), Propylenglycol, Poly(phthalsäure-co-vinylacetat), Macrogol 400, Ammoniumhydroxid. 1 Mikrogramm zusätzlich: Eisen(II,III)oxid (E172). 2 Mikrogramm zusätzlich: Eisen(III)-oxid (E172), Eisenoxidhydrat (E172). Anwendungsgebiet: Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung ist indiziert zur Prävention und Therapie eines sekundären Hyperparathyreoidismus bei Patienten mit chronischem Nierenversagen, die hämodialysepflichtig sind. Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln sind indiziert zur Prävention und Therapie eines sekundären Hyperparathyreoidismus, assoziiert mit chronischer Niereninsuffizienz (chronische Nierenerkrankung (CKD), Stadien 3 und 4) und chronischem Nierenversagen (CKD Stadium 5) bei Patienten mit Hämodialyse oder Peritonealdialyse. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, Vitamin D-Intoxikation, Hyperkalzämie. Nebenwirkungen: Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung: Nebenwirkungen aus klinischen Studien mit möglichem, wahrscheinlichem oder sicherem Kausalzusammenhang mit Paricalcitol, aufgelistet nach Organsystem und Häufigkeit: Endokrine Erkrankungen: häufig: Störung der Nebenschilddrüse. Blut und lymphatisches System: gelegentlich: Anämie, Leukopenie, Lymphadenopathie, verlängerte Blutungszeit. Störungen des Immunsystems: häufig: Pruritus; gelegentlich: allergische Reaktionen, Exanthem. Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: Hyperkalzämie, Hyperphosphatämie; gelegentlich: Ödeme, periphere Ödeme, erhöhte GOT, Gewichtsverlust. Nervensystem: gelegentlich: Verwirrtheit, Delirium, Schwindel, abnormaler Gang, Agitiertheit, Depersonalisation, Hypästhesie, Schlaflosigkeit, Myoklonus, Nervosität, Parästhesie, Stupor. Sinnesorgane: häufig: Geschmacksstörungen; gelegentlich: Konjunktivitis, Ohrenerkrankungen, Glaukom. Herz-Kreislauf-System: gelegentlich: Hypotonie, Arrhythmie, Vorhofflattern, zerebrale Ischämie, Schlaganfall, Herzstillstand, Hypertonie, Synkope. Atemwege: gelegentlich: Asthma, verstärkter Husten, Dyspnoe, Nasenbluten, Lungenödem, Pharyngitis, Pneumonie. Verdauungstrakt: gelegentlich: Anorexie, Kolitis, Verstopfung, Durchfall, trockener Mund, Schluckstörung, Verdauungsstörungen, Gastritis, rektale Blutungen, Durst, Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie. Haut und Hautanhangsgebilde: gelegentlich: Alopezie, Hirsutismus, Exanthem, Schwitzen, Vesicula. Muskel- und Skelettsystem: gelegentlich: Arthralgie, Myalgie, Gelenkserkrankungen, Zucken. Urogenitalsystem: gelegentlich: Impotenz, Brustkrebs, Brustschmerzen, Vaginitis. Sonstige: häufig: Kopfschmerzen; gelegentlich: Schmerzen an der Injektionsstelle, allgemeine Schmerzen, Schwäche, Rückenschmerzen, Thoraxschmerzen, Fieber, Influenza, Infektion, Unwohlsein, Sepsis. Nebenwirkungen aus Post-Marketing-Erfahrungen: Störungen des Immunsystems, Überempfindlichkeitsreaktionen: sehr selten: angioneurotisches Ödem, Kehlkopfödem, Urtikaria. Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln: Nebenwirkungen aus klinischen Studien mit möglichem Kausalzusammenhang mit Paricalcitol, aufgelistet nach Organsystem und Häufigkeit; CKD Stadium 3 und 4: Untersuchungen: gelegentlich: abnormale Leberenzyme. Nervensystem: gelegentlich: Schwindel, Geschmacksstörung. Gastrointestinaltrakt: häufig: Magenbeschwerden. gelegentlich: Obstipation, Mundtrockenheit. Haut und Unterhautzellgewebe: häufig: Hautausschlag. gelegentlich: Pruritus, Urtikaria. Skelettmuskulatur, Bindegewebe und Knochen: gelegentlich: Muskelkrämpfe. Immunsystem: gelegentlich: Überempfindlichkeit. CKD-Stadium 5: Organsystem und Häufigkeit: Nervensystem: häufig: Schwindel. Gastrointestinaltrakt: häufig: Diarrhoe, gastroösophageale Refluxkrankheit. Haut und Unterhautzellgewebe: häufig: Akne. Stoffwechsel und Ernährung: häufig: Hyperkalzämie, Hypokalzämie, verringerter Appetit. Geschlechtsorgane und Brustdrüse: häufig: schmerzhaftes Spannungsgefühl in der Brust. Warnhinweise: Dieses Arzneimittel enthält geringe Mengen an Ethanol (Alkohol), weniger als 100 mg/Kapsel. Stand der Information: Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung Dezember 2006; Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln Februar 2008. Verschreibungspflichtig. Abbott GmbH & Co. KG, Max-Planck-Ring 2, 65205 Wiesbaden. Aktuelles aus der Nierenphysiologie „ATP or not to pee” Purinerge Rezeptoren im Nierenepithel Purinerge Signale Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Aufklärung der prinzipiellen Mechanismen, wie epitheliale Zellen transportieren und wie dieser Transport genau reguliert wird. Bekanntlich sind z. B. das antidiuretische Hormon, Parathormon oder Aldosteron Schlüsselhormone für die Regulation von Transportprozessen mit Angriffspunkten an bestimmten Abschnitten des Nierentubulus. Darüber hinaus spielen auch intra-renale, lokale Signalsysteme eine wesentliche Rolle in der Regulation von Transportprozessen. Ein besonders prominentes lokales Signalsystem involviert extrazelluläre Nukleotide (z. B. ATP). Der Forschungsbereich der lokalen, durch Nukleotide ausgelösten Effekte trägt den Überbegriff „purinergic signalling“ und hat in den vergangenen Jahren atemberaubende Fortschritte gemacht. Der Hauptgrund dafür ist sicherlich, dass alle Zellen in unserem Körper Nukleotidrezeptoren exprimieren und in ihren Funktionen von extrazellulären Nukleotiden beeinflusst werden können. Der enorme Erfolg des purinergen Blockers Clopidogrel (Plavix®) (Antagonist des P2Y12-Rezeptors) in der antikoagulatorischen Behandlung ist sicher das bekannteste klinische Beispiel für die Bedeutung lokaler Nukleotidsignale (ADP) im Prozess der Thrombusbildung. In den vergangenen Jahren wurde deutlich, wie viele grundlegende physiologische Prozesse von lokal freigesetztem ATP gesteuert werden. Nur um einen Eindruck davon zu geben, NEPHRO - NEWS Abb. 1: Tubulärer Fluss stimuliert die lokale Freisetzung von ATP und folgender Aktivierung von purinergen Rezeptoren im Nierenepithel. Wahrscheinlich ist hierbei das zentrale Zilium (Flusssensor) von auslösender Bedeutung. konnte gezeigt werden, dass die Migration von neutrophilen Granulozyten in einem chemotaktischen Gradient von purinergen Signalen gesteuert wird (Chen Y, Science 314: 1792-1795, 2006) oder aber, dass nach Bindung von Geschmacksstoffen aus der Geschmackepithelzelle ATP freigesetzt wird und diese wiederum eine Vorraussetzung für die Weiterleitung des Sinneseindruckes ist (Huang YJ, Proc Natl Acad Sci 104:6436-6441, 2007). Generell lässt sich das purinerge Signalsystem vereinfacht so zusammenfassen: Alle Zellen können einen kleinen Teil ihres inneren ATPs freisetzen. Einmal außerhalb der Zellen, wirkt ATP (und auch andere Nukeotide wie UTP oder ADP) als Agonist an der großen Familie der purinergen Rezeptoren (P2). Es gibt 15 verschiedene P2-Rezeptoren, 8 GProtein gekoppelte P2Y-Rezeptoren und 7 Rezeptor-operierte P2X-Rezeptoren (Abbracchio MP, Pharmacol Rev 58:281-341, 2006). Wie in jedem interzellulären Kommunikationssys- tem wird das Nukleotidsignal durch Abbau von ATP zu Adenosin beendet. Eine Reihe verschiedener extrazellulärer ATPasen sind dafür zuständig. Besonders wichtig ist auch die Tatsache, dass aus den Abbauprodukten in Form von Adenosin wiederum neue Rezeptoragonisten entstehen, um weitere zelluläre Effekte durch Adenosinrezeptoren auszulösen. Purinerge Rezeptoren im Nierenepithel Purinerge Rezeptoren finden sich entlang des gesamten Nierentubulus und sind in aller Regel in der luminalen und in der basolateralen Membran lokalisiert (Leipziger J, Am J Physiol Renal Physiol 284:F419-F432, 2003; Vallon V, Am J Physiol Renal Physiol 294;F10-F27, 2008). Jedes Tubulussegment hat dabei sein besonderes Expressionsmuster und fast immer sind multiple P2-Rezeptoren in einem Zelltyp zu finden. Besonders häufig läßt sich der P2Y2-Rezeptor 57 Aktuelles aus der Nierenphysiologie nachweisen. Experimentelle Stimulation dieser Rezeptoren durch Applikation von ATP in isolierten Zellsystemen oder isoliert perfundierten Nierentubuli resultieren in der akuten Hemmung der jeweiligen Transportfunktion des Epithels. So konnte unter anderem gezeigt werden, dass extrazelluläre Nukleotide folgende zentrale Transportphänomene hemmen: • den Wassertransport durch Aquaporin-2 im inner-medullären Sammelrohr (Kishore BK, Am J Physiol 269:F863-F869, 1995) • die Na+-Absorption durch ENaC im Sammelrohr (Lehrmann H, J Am Soc Nephrol 13:10-18, 2002) • die K+-Sekretion durch ROMK im Sammelrohr (Lu M, J Gen Physiol 116:299-310, 2000) und • den Harnstofftransport durch UreaTransporter im innermedullären Sammelrohr. Diese Befunde zwingen zur Frage, welche integrative Funktionen sich hinter diesen Einzeleffekten verbergen könnten. Wegweisend für die Frage sind Ergebnisse von der P2Y2knock-out-Maus. Diese Maus zeigt einen erhöhten Blutdruck und eine erhöhte Urinkonzentrierungsfähigkeit (Rieg T, FASEB J 13:3717-3726, 2007). In Zusammenhang mit den oben beschriebenen Einzeleffekten scheint folgende Hypothese einleuchtend: Purinerge Signale sind tonisch vorhanden und wirken hemmend auf die renal tubuläre Absorption. In Abwesenheit dieser Signale fehlen diese hemmenden Einflüsse und bewirken somit eine verstärkte Absorption. Dieses führt folgend zu Volumenexpansion und zum Hypertonus. Viele experimentelle Anstrengungen sind jedoch jetzt nötig, um diese Hypothe58 se zu prüfen. Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist, woher das extrazelluläre ATP für die Stimulation der P2-Rezeptoren kommt. Viele Befunde deuten daraufhin, dass die Nierenepithelzelle selbst die Quelle für das ATP ist (Praetorius HA, Purinergic Signalling 2008, in Druck). Doch wie kommt das ATP aus der Zelle heraus und welches könnten die Mechanismen für diesen Vorgang sein? Dies ist weitgehend unbekannt. Wir konnten in diesem Zusammenhang eine bedeutende und eventuell wegweisende Beobachtung machen. Fast jede Nierentubuluszelle streckt ein circa 4 Mikrometer langes zentrales Zilium in das Tubuluslumen hinein. Bei Urinfluss biegt es sich in Flussrichtung um. Könnte diese merkwürdige Organelle die Flussrate messen? In der Tat konnte gezeigt werden, dass ein flussinduziertes Umbiegen des sonst senkrecht aus der Epithelzelle herausragenden Ziliums in der Zelle zu einem Anstieg des intrazellulären Ca2+ ([Ca2+]i) führt (Praetorius HA, J Membr Biol 184:7179, 2001; Praetorius HA, J Membr Biol 191:69-76, 2003). Aber warum steigt das [Ca2+]i als Reaktion auf einen Flussstimulus an? Mechanische Stimulation führt dazu, dass viele Zellen eine kleine Menge ihres intrazellulären ATPs nach außen abgeben (Praetorius HA, Purinergic Signalling 2008, in Druck; Lazarowski ER, Mol Pharmacol 64:785-795, 2003). Das freigesetzte ATP wirkt dann als parakrines Hormon und stimuliert P2-Rezeptoren (Leipziger J, Am J Physiol Renal Physiol 284:F419F432, 2003). Aktivierung von P2-Rezeptoren führt in aller Regel zu einer Erhöhung des [Ca2+]i. Wir vermuten, dass eine Erhöhung des tubulären Flusses eine ATP-Freisetzung aus- löst und dadurch über epitheliale P2Rezeptoren einen [Ca2+]i-Anstieg bewirkt. Mit Hilfe der in vitro-Perfusionstechnik konnten wir am intakten Tubulus zeigen, dass der flussstimulierte [Ca2+]i-Anstieg in Mäusen ohne einen bestimmten P2-Rezeptor (P2Y2) fast abwesend ist (Jensen ME, J Am Soc Nephrol 18:2062-2070, 2007). Auch Wegfangen des extrazellulären ATPs durch Apyrase hemmt den Flussrespons fast komplett (Jensen ME, J Am Soc Nephrol 18:2062-2070, 2007). Diese Daten zeigen, dass flussstimulierte [Ca2+]i-Erhöhungen im Nierenepithel durch ein parakrines ATP-Signal ausgelöst werden (Abbildung 1). Hieraus ergibt sich die folgende Perspektive: In Abhängigkeit von Diurese oder Antidiurese ändert sich die tubuläre Flussrate. Flussratensteigerungen könnten per se eine Signalfunktion erfüllen. Bei diesem Signal scheint das auto- und parakrin freigesetzte ATP beteiligt zu sein. Bei erhöhter Volumenbelastung steigt der tubuläre Fluss und induziert eine purinerge Hemmung der Absorptionsmechanismen, erniedrigt damit die Konzentrierungskraft der Niere und erhöht so „bedarfsabhängig“ die Volumenausscheidung. In diesem Sinne könnte das intrarenale purinerge Signalsystem einen renal-intrinsischen diuretischen Mechanismus darstellen, welcher nach Notwendingkeit mehr oder weniger aktiviert werden kann. Deshalb also der Griff zum Shakespearezitat aus Hamlet: „To be or not to be“, nur eben etwas abgewandelt für den Nephrologen: „ATP or not to pee“. Prof. Dr. Jens Leipziger Institut für Physiologie und Biophysik Aarhus Universität Dänemark NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Nierenphysiologie Renale Osmolyte Die Zellen des Nierenmarkes sind extremen Umgebungsbedingungen ausgesetzt: In Antidiurese werden durch das Gegenstromsystem des Nierenmarkes hohe interstitielle NaCl- und Harnstoffkonzentrationen als Voraussetzung für die Bildung eines konzentrierten Urins erzeugt (Sone M, Am J Physiol 1993; 264:F722-F729). Infolgedessen finden sich in Nierenpapillen interstitielle Osmolaritäten, die beim Menschen mehr als das Vierfache der Plasmaosmolarität betragen und bei vielen Säugetieren noch weit höher sein können. Da Harnstoff Zellmembranen in aller Regel rasch durchdringt, stellen hohe interstitielle Harnstoffkonzentrationen keine wesentliche osmoregulatorische Herausforderung für die Nierenmarkszellen dar. Dies gilt nicht für NaCl, da die intrazelluläre Konzentration dieser Ionen durch die Tätigkeit der Na+/K+ATPase auf einem weit niedrigeren Niveau als die extrazelluläre gehalten wird. Ein weiterer Grund dafür, dass monovalente anorganische Elektrolyte, also vor allem Na+, Cl- und K+, nicht geeignet sind, osmotisches Gleichgewicht mit dem hypertonen Interstitium herzustellen, besteht darin, dass hohe intrazelluläre Konzentrationen dieser Elektrolyte die Zellfunktion erheblich beeinträchtigen (Somero GN, Handbook of Physiology. Section 14: Cell Physiology 1997; 441-484). Die Zellen des Nierenmarkes verwenden zur Osmoadaptation stattdessen hauptsächlich kleinmolekulare, organische Substanzen („organische Osmolyte“) (Neuhofer W, Annu Rev Physiol 2005; 67:531-555, Burg MB, Physiol Rev 2007; 87:1441-1474). Die quantitativ wichtigsten dieser organischen Osmolyte sind die beiden Trimethylaminverbindungen Glycerophosphorylcholin (GPC) und Betain sowie die beiden Polyalkohole Sorbitol und myo-Inositol. Diese organischen Osmolyte sind „metabolisch neutral“, NEPHRO - NEWS Abb. 1: Anpassung von Zellen des Nierenmarkes and unterschiedliche extrazelluläre NaCl-Konzentrationen in Antidiurese bzw. Diurese durch Änderung der Aufnahme (1) der Produktion (2), des Abbaus (3) und der Ausschleusung von organischen Osmolyten (modifiziert nach Beck FX, Pflügers Arch 1998; 436: 184-827). d. h., sie haben selbst in hohen Konzentrationen keine gravierenden Auswirkungen auf die Zellfunktion (Somero GN, Handbook of Physiology. Section 14: Cell Physiology 1997; 441-484). Intrazelluläre Osmolyte in Diurese und Antidiurese Unterschiedliche Mechanismen finden Verwendung, um hohe intrazelluläre Konzentrationen des jeweiligen organischen Osmolyten zu erzielen: myoInositol und Betain werden durch Na+abhängigen Symport aus dem Extrazellulärraum aufgenommen, Sorbitol intrazellulär synthetisiert und GPC bei gehemmten Abbau - ebenfalls intrazellulär produziert (Abb. 1). Sorbitol wird in den Zellen des Nierenmarkes aus Glucose in einer durch Aldosereduktase (AR) katalysierten, NADPH/H+-abhängigen Reaktion produziert. Die weitere NAD+-abhängige Umwandlung von Sorbitol in Fructose durch die Sobitoldehydrogenase dürfte für die Beseitigung von Sorbitol jedoch keine bedeutende Rolle spielen, da dieses Enzym im Nierenmark, im Gegensatz zum Nierencortex, nur in geringem Maße exprimiert wird (Chauncey B, Enzyme 1988; 39:231-234). Sowohl Sorbitolgehalt als auch AR-mRNA und -Protein weisen in Antidiurese einen steilen cortico-medullären Gradienten auf, mit den höchsten Werten in der Papillenspitze und Werten im Nierencortex, die oft unter der Nachweisgrenze liegen (Chauncey B, Enzyme1988; 39:231-234, Yamauchi A, J Am Soc Nephrol 1994; 5:62-67, BurgerKentischer A, Pflügers Arch 1999; 437:248254). Für die Regulation der intrazellulären Sorbitolkonzentrationen bei unterschiedlichen Diuresezuständen sind 59 Aktuelles aus der Nierenphysiologie zum einen Änderungen der AR-Aktivität vor allem durch Modulation der AR-Expression, zum anderen Änderungen des Sorbitoleffluxes verantwortlich (Burger-Kentischer A, Pflügers Arch 1999; 437:248-254, Wirthensohn G, Am J Physiol 1989; 256:F128-F135, Grunewald RW, Pflügers Arch 1989; 414:178184). Da eine signifikante Zu- bzw. Abnahme der AR-Expression Stunden bis Tage in Anspruch nimmt, wird die intrazelluläre Sorbitolkonzentration bei akuten Änderungen der interstitiellen NaCl-Konzentration im Innenmark der Niere in erster Linie durch Variation des Sorbitoleffluxes reguliert. Bis heute ist allerdings die molekulare Identität dieses Effluxweges nicht geklärt. Der Km-Wert der AR für Glucose ist mit 50 - 100 mM sehr hoch. Dies hat zur Folge, dass bei erhöhter extrazellulärer Glucosekonzentration (i. e. Diabetes mellitus) die Zellen des Nierenmarkes Sorbitol in verstärktem Maße akkumulieren (Chauncey B, Enzyme 1988; 39:231-234, Schmolke M, Eur J Clin Chem Clin Biochem 1992; 30:607-614, Grunewald RW, Biochim Biophys Acta 1993; 1225:39-47). Neben Sorbitol ist myo-Inositol der zweite mehrwertige Alkohol, der von Zellen des Nierenmarkes bei osmotischem Stress akkumuliert wird (Yancey PH, Am J Physiol 1989; 257:F602-F607, Sone M, Am J Physiol 1993; 264:F722F729). Im Gegensatz zu Sorbitol werden für myo-Inositol in der konzentrierenden Säugerniere vergleichbar hohe Gewebegehalte sowohl im Außenmark als auch im Innenmark beobachtet (Sone M, Am J Physiol 1993; 264: F722-F729). Oft nimmt der myo-Inositolgehalt zur Papillenspitze hin sogar leicht ab. Hohe intrazelluläre myo-Inositolkonzentrationen werden durch einen Na+-abhängigen Cotransporter (SMIT = sodium myo-inositol transporter), der vorzugsweise in der basolateralen Membran medullärer Tubuluszellen lokalisiert ist, erreicht (Yamauchi A, Am J Physiol 1991; 261:F197F202). Mit hoher Wahrscheinlichkeit 60 werden durch SMIT myo-Inositol und Na+ in einem Verhältnis von 1:2 in die Zellen transportiert (Hager K, J Membr Biol 1995; 143:103-113). Der myo-Inositolgehalt des Nierenmarkes und die Expression von SMIT hängen entscheidend vom Diuresezustand ab: In Antidiurese sind die im Nierenmark beobachteten myo-Inositolgehalte und SMIT-mRNA-Werte höher als nach Diurese (Burger-Kentischer A, Pflügers Arch 1999; 437:248-254, Yamauchi A, J Clin Invest 1995; 96:1195-1201). Wie bereits für die AR dargelegt, beanspruchen Änderungen der SMIT-Expression bzw. der zellulären myo-InositolAufnahme Stunden bis Tage. Gerade bei akuten Änderungen des Diuresezustandes dürfte demnach die intrazelluläre myo-Inositolkonzentration durch Zu- bzw. Abnahme des myo-Inositoleffluxes entscheidend beeinflusst werden. Betain wird mittels Na+- und Cl--abhängigen Cotransport in die Zellen des Nierenmarkes aufgenommen (Yamauchi A, J Biol Chem 1992; 267:649-652). Dieser Transporter, der vorzugsweise in der basolateralen Membran des Tubulusepithels lokalisiert ist (Yamauchi A, Am J Physiol 1991; 261:F197-F202), wird als BGT bezeichnet, da er neben Betain auch γ-Amino-Buttersäure als Substrat akzeptiert (betaine γ-amino-butyrate transporter). Ähnlich wie myoInositol finden sich in der Niere antidiuretischer Säuger weit höhere Betainkonzentrationen im Außen- und Innenmark als im Nierenkortex (Yancey PH, J Comp Physiol 1988; 158:369-380, Beck FX, Am J Physiol 1992; 262:F849F856). Betain ist neben myo-Inositol der quantitativ wichtigste organische Osmolyt im Außenmark. Betain wird aus Cholin über Betainaldehyd hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, im proximalen Tubulus gebildet (Miller B, Biol Chem Hoppe-Seyler 1996; 377:129-137). Befunde von Moeckel und Mitarbeitern sprechen dafür, dass von proximalen Tubuluszellen produziertes Betain entweder über das tubuläre oder das vaskuläre Kompartiment in das Nierenmark gelangt und dort von den Zellen aufgenommen wird (Moeckel GW, Am J Physiol 1997; 272:F94-F99). Diese Auffassung wird durch die Beobachtung gestützt, dass die Aktivität der Cholindehydrogenase, ein Schlüsselenzym der Betainsynthese, bei erhöhter Plasmatonizität zunimmt (Blumenfeld JD, Am J Physiol 1989; 256:F916F922). Ähnlich wie dies bereits für SMIT festgestellt wurde (siehe oben), variiert auch die Expression von BGT mit dem Diuresezustand (Burger-Kentischer A, Pflügers Arch 1999; 437:248-254, Miyai A, Kidney Int 1996; 50:819-827). Allerdings wird eine Anpassung der intrazellulären Betainkonzentration an sich rasch ändernde interstitielle NaClKonzentrationen des Nierenmarkes (vor allem beim Übergang von Antidiurese zu Diurese) zunächst durch die entsprechende Modulation des Betaineffluxes erreicht. Die GPC-Konzentration steigt in der antidiuretischen Niere vom Nierenkortex hin zur Papillenspitze steil an (Wirthensohn G, Pflügers Arch 1987; 409: 411-415). GPC wird aus Phosphatidylcholin, katalysiert durch verschiedene Phospholipasen (PLA1, PLA2, PLB, Lysophospholipase) freigesetzt und durch GPC-Cholinphosphodiesterase abgebaut. Beim Übergang von Diurese zu Antidiurese wird die Zunahme der intrazellulären GPC-Konzentration im Nierenmark hauptsächlich durch eine Hemmung des GPCAbbaus, möglicherweise aber auch durch Stimulation der GPC-Produktion erzielt (Bauernschmitt HG, Biochim Biophys Acta 1993; 1150:25-34, Kwon ED, Am J Physiol 1995; 269:C35-C41, Gallazzini M, Proc Natl Acad Sci USA 2006; 103:15260-15265). Die Hemmung der GPC-Cholinphosphodiesterase wird vor allem durch hohe Harnstoffkonzentrationen, wie sie in Antidiurese im Innenmark vorherrschen, bewirkt. Bemerkenswerterweise ist GPC nicht nur ein metabolisch neutraler Osmolyt, sondern zusammen NEPHRO - NEWS Aktuelles aus der Nierenphysiologie mit Betain auch ein „Schutzosmolyt“, d. h., Betain und GPC schützen intrazelluläre Proteine vor den nachteiligen Wirkungen hoher Harnstoffkonzentrationen (Burg MB, Physiol Rev 2007; 87:1441-1474). Ähnlich wie die anderen Osmolyte wird auch GPC beim Übergang von Antidiurese zu Diurese vergleichsweise rasch aus den Zellen des Nierenmarkes über einen Transportweg freigesetzt, dessen molekulare Identität bisher nicht eindeutig geklärt werden konnte. Transkriptionelle Regulation osmosensitiver Gene Die Mehrzahl der Gene, die bei der intrazellulären Akkumulation von organischen Osmolyten beteiligt sind, sowie bestimmte Hitzeschockproteine (HSP70, OSP94) weisen in der Promotorregion kurze, hoch konservierte Basensequenzen auf, die als tonicity-responsive enhancer (TonE) bezeichnet werden (Woo SK, Pflügers Arch, 2002; 444: 579-585). Der entsprechende Transkriptionsfaktor, der bei erhöhter extrazellulärer Tonizität an TonE bindet und die gesteigerte Expression der einzelnen Zielgene vermittelt, wurde unabhängig durch verschiedene Gruppen kloniert und wird als tonicity-responsive enhancer binding protein (TonEBP) bezeichnet. Die physiologische Bedeutung von TonEBP wurde mittlerweile anhand von TonEBP Knockout-Mäusen belegt: Diese Tiere weisen eine hypoplastische Niere mit einer Atrophie der inneren Medulla auf, ferner beobachtet man eine gesteigerte Apoptoserate im Nierenmark (LopezRodriguez C, Proc Natl Acad Sci USA 2004; 101:2392-2397). Diese Veränderungen dürften letztendlich Folge einer verminderten Expression osmoprotektiver Genprodukte sein. Neben der zentralen Rolle bei der Osmoadaptation zeichnete sich in den vergangenen Jahren zunehmend ab, dass TonEBP auch wesentlich ist für eine effektive Harnkonzentrierung. In der Tat konnte im Tiermodell nachNEPHRO - NEWS gewiesen werden, dass TonEBP die Expression von UT-A-Harnstofftransportern und Aquaporin-2 Wasserkanälen im Nierenmark stimuliert. Auf funktioneller Ebene wiesen Tiere mit gestörtem TonEBP-Signaling einen renalen Konzentrierungsdefekt auf (Lam AKM, J Biol Chem 2004; 279:4804848054). Obwohl die zentrale Rolle von TonEBP für die Integrität und Funktion der Zellen des Nierenmarkes unbestritten ist, sind die Signalwege, welche die transkriptionelle Aktivität von TonEBP regulieren, nur lückenhaft charakterisiert. In den vergangenen Jahren konnte nachgewiesen werden, dass die Aktivität von TonEBP auf multiplen Stufen gesteuert wird. Hierzu zählen die nukleäre Translokation, die Expression von TonEBP selbst, die Regulation der DNA-Bindungsaktivität sowie der Transaktivierungsaktivität (Jeon US, Acta Physiol 2006; 187:241-247, Neuhofer W, Physiology 2006; 21:171-180). Darüber hinaus sind Interaktionen mit einer Reihe anderer Proteine sowie direkte Modifikationen von TonEBP (Phosphorylierung, Nitrosylierung) bei der Regulation von TonEBP beteiligt (Ferraris J, Proc Natl Acad Sci USA 2002; 99:739-744, Colla E, Biochem J 2006; 393:411-419, Neuhofer W, Pflügers Arch 2008; in Druck). Obwohl belegt ist, dass die Aktivität von TonEBP am besten mit der intrazellulären Ionenstärke korreliert, sind die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen bislang nur unzureichend charakterisiert. Untersuchungen aus den letzten Jahren deuten daraufhin, dass der „Epidermal Growth Factor Receptor“ (EGFR) eine Rolle als membranständiger Osmosensor spielen könnte (Cheng H, J Cell Physiol2002; 192:234-243, Rodriguez I,Cell Signal 2002; 14:839-848). EGFR wird u. a. durch erhöhte Osmolarität aktiviert und verstärkt unter diesen Bedingungen die Expression osmosensitiver Gene. Eine wichtige Komponente dieses Signalwegs ist die Cyclooxygenase-2 (COX-2) (Zhao H, Am J Phy- siol 2003; 285:F281-F288, Küper C, Am J Physiol 2007; 293:C1971-C1983). COX2, ein Schlüsselenzym der Prostaglandinsynthese, wird im Innenmark vor allem in Antidiurese produziert und führt dort, vermittelt durch das COX2-Produkt Prostaglandin E2, durch Vasodilatation und Hemmung von Elektrolyttransportern zu einer verbesserten Sauerstoffversorgung. Zudem werden unter dem Einflusss dieses Hormons osmoprotektive Genprodukte verstärkt exprimiert (Neuhofer W, J Physiol 2007; 583:287-297). Bei hypertonem Stress wird, eventuell vermittelt durch Sauerstoffradikale, eine membranständige Metalloproteinase aktiviert, die ihrerseits die Freisetzung eines EGFR-Liganden, des „Transforming Growth Factors α“ (TGF-α), fördert (Küper C, Am J Physiol 2007; 293: C1971-C1983). TGF-α aktiviert anschließend auf auto/-parakrinem Weg den EGFR und sodann die MAP-Kinasen p38 und ERK1/2, welche eine verstärkte Transkription des COX-2-Gens bewirken. Neuere Befunde sprechen dafür, dass eine ähnliche Signalkaskade, die ebenfalls eine Aktivierung des EGFR und nachfolgend von p38 und ERK1/2 beinhaltet, auch für die maximale TonEBP-Aktivierung und AR-Expression notwendig ist (Küper C, Manuskript eingereicht). Neben Änderungen der Transkription beeinflussen nach neueren Befunden auch posttranskriptionelle Ereignisse die intrazelluläre Akkumulation von organischen Osmolyten. So gibt es z. B. Hinweise, dass der Einbau von Osmolyttransportern in die Zellmembran oder deren Verweildauer eben dort osmotisch reguliert wird (Kempson SA, Biochim Biophys Acta 2005; 1712:71-80, Klaus F, J Physiol 2008; 586:1539-1547). Prof. Dr. Franz-X. Beck Dr. Christoph Küper PD Dr. Wolfgang Neuhofer Physiologisches Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München 61 Kongresse • 1. Curriculum Nephrologie, Teil 1 9. - 10. Oktober 2008 - BERLIN 15. - 16. November 2008 - WIESBADEN 28. - 29. November 2008 - HAMBURG Information: Akademie Niere Telefon: +49 / 0211 / 60069-297 oder 299 E-Mail: [email protected] www.akademie-niere.de • Highlights im Herbst Nephrologie aktuell für Klinik und Praxis 20. November 2008 ERFURT-LINDERBACH, Deutschland Information: HELIOS Klinikum Erfurt GmbH CA Dr. med. Christoph C. Haufe Telefon: +49 / 361 / 781 52 50 E-Mail: [email protected] www.colloquium-nephrologicum.de • Gemeinsame Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie und der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie 17. - 18. Oktober 2008 SALZBURG, Österreich Information: convention.group Telefon +43 / 1 / 4068340 E-Mail: [email protected] www.conventiongroup.at • 6. Dreiländer-Kongress Nephrologische Pflege 20. - 22. November 2008 KONSTANZ, Deutschland Information: Fachverband nephrologischer Berufsgruppen (fnb) Telefon +49 / 6142 / 408549 E-Mail: [email protected] www.nephro-fachverband.de • 2nd International SFB 423 Symposium „Molecular Targets in Renal Disease“ 17. - 19. Oktober 2008 BAMBERG, Deutschland Information: Medical Clinic 4, Erlangen Telefon +49 / 9131 / 85-36259 E-Mail: [email protected] www.sfb423.uni-erlangen.de • 17. Jahrestagung Deutsche Transplantationsgesellschaft e.V. 20. - 22. November 2008 BOCHUM, Deutschland Information: DeutscheTransplantationsgesellschaft e.V. Telefon +49 / 941 / 944 7324 E-Mail: [email protected] www.dtg2008.de • 1. Düsseldorfer Nieren- und Hochdrucktage 24. - 25. Oktober 2008 DÜSSELDORF, Deutschland Information: TopSelect GmbH Telefon +49 / 2195 / 599332 E-Mail: [email protected] www.dnht.org • Nephrologisches Jahresgespräch 2008 21. - 23. November 2008 MANNHEIM, Deutschland Information: Verband Deutsche Nierenzentren der DDnÄ e.V. Telefon +49 / 202 / 24845-0 E-Mail: [email protected], www.dnev.de • 30. Symposium der Arbeitsgemeinschaft für nephrologisches Personal (AfNP) 25. - 26. Oktober 2008 FULDA, Deutschland Information: AfnP e.V., Arbeitsgemeinschaft für nephrologisches Personal Telefon +49 / 7345 / 22933 E-Mail: [email protected], www.afnp.de • 40th Annual Meeting Swiss Society of Nephrology 3. - 5. Dezember 2008 ST. GALLEN, Schweiz Information: www.nephro.ch/congress E-Mail: [email protected] • ASN Renal Week 2008 4. - 9. November 2008 PHILADELPHIA, USA Information: www.asn-online.org 62 • 21. Berliner Dialyseseminar 5. - 6. Dezember 2008 BERLIN, Deutschland Information: Prof. Dr. med. Christiane Erley Telefon +49 / 30 / 7882-2379, E-Mail: [email protected], www.berliner-dialyseseminar.de NEPHRO - NEWS NEUch au Jetzt en zur lass zuge pie des a Ther T!** pHP Mimpara® – die einzige kausale Therapie des sHPT * Rechtzeitig beginnen * Nur Mimpara® setzt am Calcium-Sensing-Rezeptor an (zentrales pathogenetisches Stellglied des sHPT). Brown EM et al., Annu Rev Med, 1998; 49: 15-29, Goodman WG et al., ASN, 2003, SA-PO741, Abstract and Poster ** Zugelassen zur Verminderung von Hyperkalzämie bei Patienten mit pHPT, bei denen eine Parathyreoidektomie aufgrund der Serumcalciumspiegel angezeigt wäre, jedoch klinisch nicht angebracht oder kontraindiziert ist. 1 Moe SM et al., Kidney Int, 2005; 67: 760-771; Cunningham J, Nephrol Dial Transplant, 2004; 19 (Suppl. 5): v9-v14 1 sHPT = sekundärer Hyperparathyreoidismus, pHPT = primärer Hyperparathyreoidismus Kurzinformation: Mimpara® 30 mg / 60 mg / 90 mg Filmtabletten; Wirkstoff: Cinacalcet; Zusammensetzung: Arzn. wirks. Bestandteil: 1 Filmtabl. Mimpara® 30 mg / 60 mg / 90 mg enth. 30 mg, 60 mg bzw. 90 mg Cinacalcet (als Hydrochlorid). Sonst. Bestandt.: Tablettenkern: vorverkleisterte Stärke (aus Mais), mikrokristalline Cellulose, Povidon, Crospovidon, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid; Tablettenfilm: Karnaubawachs, Opadry II grün, Opadry klar, Opadry schwarze Tinte; Anwendungsgebiete: Behandl. d. sek. Hyperparathyreoidismus (s-HPT) b. dialysepflichtigen Pat. m. term. Niereninsuffizienz. Mimpara® kann als Teil eines therap. Regimes angewendet werden, das je nach Bedarf Phosphatbinder u./o. Vitamin D umfassen kann. Vermind. v. Hyperkalzämie b. Pat. m. Nebenschilddrüsenkarzinom. Vermind. v. Hyperkalzämie b. Pat. m. prim. Hyperparathyreoidismus (p-HPT), b. denen e. Parathyreoidektomie aufgr. d. Serumcalciumspiegel (wie i. d. relev. Behandl.-richtl. definiert) angezeigt wäre, jedoch klinisch nicht angebracht oder kontraindiziert ist. Gegenanzeigen: Überempfindl. geg. Cinacalcet o. einen d. sonst. Bestandt.; Nebenwirkungen: Sehr häufig: Übelkeit u. Erbrechen (i. d. R. mild bis mäßig u. vorübergeh.); häufig: Anorexie, Schwindel, Parästhesien, Rash, Myalgie, Asthenie, Hypokalzämie, verring. Testosteronwerte; gelegentlich: Krampfanfälle, Diarrhö, Dyspepsie, allergische Reakt.; vereinzelt bei Pat. mit beeinträchtigter kardialer Funkt.: idiosynkratische Fälle v. Hypotonie u./o. Verschlechterung der Herzinsuff. ; Wechselwirkungen: Dosisanpass. v. Mimpara® evtl. notw. bei Beginn o. Beend. einer Behandl. m. einem starken CYP3A4-Hemmstoff (z. B. Ketoconazol, Itraconazol, Telithromycin, Voriconazol, Ritonavir) o. einem Induktor dieses Enzyms (z. B. Rifampicin). Dosisanpass. v. Mimpara® kann notw. sein, wenn währ. d. Behandl. m. d. Rauchen begonnen o. aufgehört wird o. wenn eine begleit. Behandl. m. einem starken CYP1A2-Hemmer initiiert o. beendet wird. Cinacalcet ist ein starker Hemmstoff von CYP2D6. Wenn gleichz. Arzneim. angewendet werden, die über CYP2D6 metabolisiert werden u. eine enge therap. Breite haben (z. B. Flecainid, Propafenon, Metoprolol i. d. Indikation Herzinsuff., Desipramin, Nortriptylin, Clopramin), ist evtl. eine Dosisanpass. dieser Arzneimittel. notw.; Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung: Bei Pat. mit beeinträchtigter kardialer Funkt.: vereinzelte idiosynkratische Fälle v. Hypotonie u./o. Verschlechterung der Herzinsuff. Pat. sorgfältig hinsichtl. d. Auftretens v. Hypokalzämie kontroll. Bei Pat. mit einem Serumcalciumspiegel (korrigiert um Albumin) unterhalb der Untergrenze d. Normalbereiches sollte eine Behandl. mit Mimpara® nicht begonnen werden. Bei Pat. mit mittelgradiger bis schwerer Lebererkrank. Mimpara® mit Vorsicht anwenden u. Behandl. sorgfältig überwachen. Um den Serumcalciumspiegel bei Vorliegen einer Hypokalzämie anzuheben, können calciumhaltige Phosphatbinder o. Vitamin D angewendet u./o. die Calciumkonzentration im Dialysat angepasst werden. Bei einer länger andauernden Hypokalzämie muss die Mimpara®-Dosis reduz. o. die Anw. von Mimpara® beendet werden. Wenn die PTH-Spiegel dauerhaft ungefähr 1,5 x unterhalb d. oberen Normwertes (gemessen als iPTH-Wert) gehalten werden, kann sich eine adynamische Knochenerkrankung entwickeln. Falls bei Pat. unter einer Therap. m. Mimpara® die PTHSpiegel unter den empfohlenen Zielwert absinken, muss die Dosis von Mimpara® u./o. Vitamin D gesenkt o. die Therap. unterbrochen werden. Bei Pat. mit nicht dialysepfl. chron. Niereninsuff. ist Cinacalcet nicht indiziert. Für diese Pat. besteht ein erhöh. Risiko für eine Hypokalzämie im Vergl. zu dialysepflicht. Pat.; Weitere Angaben: s. Fach- und Gebrauchsinformation. Verschreibungspflichtig; Stand der Information: Juni 2008; AMGEN Europe B.V., Minervum 7061, 4817 ZK Breda, Niederlande (Örtlicher Vertreter Deutschland: AMGEN GmbH, 80992 München). Erfahrung gibt die Richtung vor. Das erste Epo – mit der längsten Erfahrung.1 Erfolgreich bewährt.2 Stets aktuell. Schon immer wegweisend. 1 Erstzulassung: 11. November 1988 2 Macdougall IC. Novel Erythropoiesis-Stimulating Agents: A New Era in Anemia Management. Clin J Am Soc Nephrol 2007;epub. ERYPO® FS 1000 I.E./0,5 ml, 2000 I.E./0,5 ml, 3000 I.E./0,3 ml, 4000 I.E./0,4 ml, 10 000 I.E./ml, 40 000 I.E./ml, Injektionslösung in Fertigspritzen. Wirkstoff: Epoetin alfa. Zusammensetz.: 1 Fertigspr. ERYPO® FS 1000/2000/3000/4000 enth. 1000/2000/3000/4000 I.E. entspr. 8,4/16,8/25,2/33,6 μg Epoetin alfa, 1 Fertigspr. ERYPO® FS 10 000 enth. 5000 I.E./0,5 ml, 6000 I.E./0,6 ml, 8000 I.E./0,8 ml, 10 000 I.E./ml entspr. 42,0/50,4/67,2/84,0 μg Epoetin alfa, 1 Fertigspr. ERYPO® FS 40 000 enth. 20 000 I.E./0,5 ml, 30 000 I.E./0,75 ml, 40 000 I.E./ml entspr. 168/252/336 μg Epoetin alfa, gentechn. hergestellt aus Ovarialzellen d. chin. Hamsters, Zelllinie CHO K1. Sonst. Bestandt.: Natriummono- und Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80, Glycin, Wasser für Injektionszw. Anw.geb.: ERYPO® FS 1000, 2000, 3000, 4000, 10 000: Anämie b. chron. Nierenvers. b. Hämodialys.-Pat. (Erw. u. Kdr.) u. b. Peritonealdialys.-Pat. (Erw.). Schw. sympt. renale Anämie b. Erw. m. Niereninsuff., d. noch nicht dialysepflicht. sind. ERYPO® FS 1000, 2000, 3000, 4000, 10 000, 40 000: Anämie u. Redukt. d. Transfus.bedarfs. b. Erw. m. solid. Tumoren, malign. Lymph. u. multipl. Myelom unter Chemother., u. b. denen d. Risiko einer Transfus. aufgr. d. Allgemeinzust. (z.B. kardiovask. Status, vorbest. Anämie b. Beginn d. Chemother.) besteht. Steiger. d. autol. Blutgew. b. Pat. in Spendeprogr. zur Vermeid. v. Fremdblutkons.; Anw. gegenüb. d. Risiko thromboemb. Ereignisse abwägen, nur b. Pat. m. mittelschw. Anämie (Hb 10–13 g/dl [6,21–8,07 mmol/l], kein Eisenmangel), falls blutgew. Maßn. nicht verfügb. od. unzureich., oder b. gepl. größ. Operat. m. großem Blutvolumenersatz (≥ 4 Einheit. Blut b. Frauen od. ≥ 5 Einheit. b. Männern). Redukt. v. Fremdblut vor großem orthopäd. Eingriff b. Erw. ohne Eisenmangel m. hohem Risiko v. Transfusionskomplik.; nur b. Pat. m. mittelschw. Anämie (z. B. Hb 10–13 g/dl) u. erwart. Blutverlust v. 900–1800 ml, d. nicht an autol. Blutspendeprogr. teilnehmen. ERYPO® FS 40 000 I.E./ml: Zur Anw. b. Erw. Gegenanz.: Pat., d. unter irgendeinem Erythropoetin an Erythroblastopenie erkrank., sollten kein ERYPO® od. and. Erythropoetin erhalt. Unkontr. Hypertonie. Überempf. gg. d. Wirkstoff od. einen der Hilfsstoffe. Pat. ohne adäqu. Thromboseprophyl. Alle Gegenanz. die b. autologem Blutspendeprogr. beacht. werden müssen, sind ebenf. zu berücksicht. Bei Pat., d. für elektiv. orthopäd. Eingriff vorges. sind, u. d. nicht an autolog. Blutspendeprogr. teiln. können, nicht anw. b. folg. Vor-, Begleit- od. Grunderkr.: schw. koronare Herzkr., periph. art. Verschlusskrankh., vask. Erkr. d. Karotiden od. zerebrovask. Erkr., kürzl. Herzinf. od. zerebrovask. Ereignis. Warnhinw. u. Vors.maßn.: Regelmäß. Blutbildkontr. (Hb, Thrombozytenwerte) durchführen. B. Pat. m. chron. Niereninsuff. u. termin. Nierenvers. sow. b. Tumorpat. regelm. Hb-Bestimmg. durchf., bis stab. Hb-Wert erreicht wurde, diesen in regelm. Abst. überprüfen. Aufgr. potent. erhöht. Risiko thromboembol. Ereign. u. tödl. Ausgang, wenn Pat. b. Hb-Spiegeln üb. d. Zielwert für d. zu bhdl. Indik. behandelt werden, b. allen Pat. engmaschige Überw. d. Hb-Spiegel. Bei Pat. m. chron. Nierenvers. sollte d. Hb-Erhalt.konz. d. Obergrenze d. Hb-Zielkonz. nicht überschreiten. In klin. Studien wurde e. erhöhtes Risiko hinsichtl. Tod u. schwerwieg. kardiovask. Ereign. beob., wenn d. Erythropoese stimulier. Wirkst. üb. e. Hb-Zielwert > 12 g/dl gegeben wurden. B. Hämodialysepat. wird e. frühzeit. Shuntkorrektur u. Thromboseprophyl. durch Verabr. v. z.B. Acetylsalicylsäure empf. Erythroblastopenie: B. Pat. m. chron. Nierenvers., denen ERYPO® subkutan verabr. wird, regelmäß. Kontrollen hinsichtl. e. Wirkverlustes, definiert als Nicht- od. vermind. Ansprechen e. ERYPO®-Therapie b. Pat., d. zuvor auf d. Therapie angesprochen haben, durchführen. Dieses zeigt sich durch e. anhalt. Vermind. d. Hb-Werte trotz Steigerung d. ERYPO®-Dosis. Bei erhöh. od. steig. Kaliumwert Unterbr. d. Ther. bis Kaliumwerte im Normber. empfohlen. Wie b. allen Wachstumsf. gibt es Bedenk., dass Epoetine d. Wachstum v. Tumoren anregen können. In mehr. kontr. Studien zeigten Epoetine keine Verbesserung d. Gesamtüberleb. od. e. Risikovermind. e. Tumorprogr. b. Pat. m. tumorassoz. Anämie. Wg. erhöh. Inzidenz v. thrombot., vask. Ereignissen vorsichtige Nutzen-Risikoabwägung bei erhöh. Risiko für TVE. B. Pat., d. für elektiv. orthopäd. Eingriff vorges. sind, u. d. nicht an autolog. Blutspendeprogr. teiln. können wg. erhöh. Risiko f. thromb./vask. Erkr., spezielle Vors.maßnahmen b. Disposition für tiefe Venenthrombose notw. (z.B. Thromboseprophylaxe), bei Pat. m. Ausgangs-Hb > 13 g/dl nicht anwenden. Es liegen keine ausreich. u. gut kontroll. Studien b. Schwang. vor. Untersuch. i. Tiermodell zeigten e. Reprodukt.toxizität. B. Schwang. m. chron. Nierenversagen nur anw., wenn mögl. Nutzen d. mögl. Risiko für d. Fötus rechtfertigt. Bei schwang. od. still. Pat., d. an autologem Blutspendeprogr. teilnehmen, ERYPO® nicht anw. Vorsicht bei: Unbehand., unzureich. behand. od. schlecht einstellb. Bluthochdruck; falls nicht kontrollierbar, Bhdlg. beenden. Vorsicht b. Epilepsie und chron. Leberinsuffizienz. Falls eine anti-Erythropoetin, antikörpervermitt. PRCA vermutet wird, ERYPO® sofort absetzen. Enth. Natriummono-, dihydrogenphosphat-Dihydrat u. Natriumchlorid. Packungsbeil. beachten. Nebenw.: Allg.: B. Tumorpat. u. b. Pat. m. chron. Nierenvers. am häufigst. dosisabh. Blutdruckanst. od. Verschlecht. e. bereits besteh. Hypertonie. Andere häufige Nebenwirk. aus klin. Studien m. Epoetin alfa: tiefe Venenthromb., Lungenart.embolie, Krampfanf., Diarrhö, Übelk., Kopfschm., Influenza-ähn. Sympt., Fieber, Rash u. Erbr. Influenza-ähn. Sympt. einschl. Kopf-, Gelenk-, Muskelschmerzen u. Fieber bes. zu Ther.beginn mögl. Die Häufigk. können in Abhängigk. v. d. Indik. variieren (s.u.). Schwerwieg. Nebenwirk. beinhalt. venöse u. arter. Thromb. u. Embolien (einschl. einig. Fälle m. tödl. Ausgang), wie z.B. tiefe Venenthromb., Lungenart.embolie, art. Thromb. (einschl. Myokardinf. u. Myokardischäm.), Retinathromb. u. Shuntthromb. (einschl. Dialysevorricht.). Des Weit. zerebr. Durchblut.störg. (einschl. Hirninf. u. Hirnblutg.) u. transit. ischäm. Attacken. Aneurysmen. Überempf.reakt., einschl. Fälle v. Rash, Urtik., anaphylakt. Reakt. u. angioneurot. Ödem. Hyperten. Krisen m. Enzephalop. u. Krampfanf., sind währ. Epoetin-alfa-Ther. auch b. Pat. m. zuvor norm. od. niedr. Blutdr. aufgetr., daher bes. Aufmerksamk. f. plötzl. auftr., stech., migräneart. Kopfschm. als mögl. Warnsignal. Sehr selten antikörpervermitt. Erythroblastopenie in < 1/10.000 Fällen/Pat.jahr nach monate- bis jahrelanger Bhdlg. Nebenwirk. b. ≥ 0,2 % der m. ERYPO® bhdlt. Pat. dies. Prüfungen, aus zus. klin. Prüf. u. n. Vermarkt. sind n. Syst.organklasse u. Häufigk. aufgelistet: Sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100 bis < 1/10), gelegentl. (≥ 1/1.000 bis < 1/100), nicht bek. (Häufigk. aufgr. d. verfügb. Daten nicht abschätzbar). Blut u. Lymphsyst.: Gelegentl.: Thrombozythämie. Nicht bek.: Erythropoetin-Antikörpervermitt. Erythroblastopenie1, Thrombozyth. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Immunsyst.: Nicht bek.: Anaphylakt. Reakt., Überempf. Nervensyst.: Sehr häufig: Kopfschm. (Tumorpat.). Häufig: Krampfanf. (Pat. m. chron. Nierenvers.), Kopfschm. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Gelegentl.: Hirnblut.2, Krampfanf. (Tumorpat.). Nicht bek.: zerebrovask. Durchblut.störg.2, hyperten. Enzephal., trans. ischäm. Att. Augenerkr.: Nicht bek.: Retinathromb. Gefäßerkr.: Häufig: tiefe Venenthromb. (Tumorpat.)2, Hypert. Nicht bek.: Tiefe Venenthromb.2, (Pat. m. chron. Niereninsuff.), art. Thromb., hyperten. Krise. Atemw., Brustraum u. Mediastinum: Häufig: Lungenart.emb.2 (Tumorpat.). Nicht bek.: Lungenart.emb.2 (Pat. m. chron. Niereninsuff.). Gastrointest.trakt: Sehr häufig: Übelk. Häufig: Diarrhö (Tumorpat.), Erbr. Gelegentl.: Diarrhö (Pat. m. chron. Nierenvers.). Haut u. Unterhautzellgew.: Häufig: Rash. Nicht bek.: Angioneurot. Ödem, Urtik. Skelettmusk., Bindegewebs- u. Knochenerkr.: Sehr häufig: Gelenkschm. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Häufig: Gelenkschm. (Tumorpat.). Gelegentl.: Muskelschm. (Tumorpat.). Nicht bek.: Muskelschm. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Kongenit., famil. u. genet. Erkr.: Nicht bek.: Porphyrie. Allg. Erkr. u. Beschw. a. Verabr.ort: Sehr häufig: Fieber (Tumorpat.), Influenza-ähn. Sympt. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Häufig: Influenza-ähn. Sympt. (Tumorpat.). Nicht bek.: unzureich. Wirksamk.; periph. Ödem; Fieber (Pat. m. chron. Nierenvers.), Reakt. a. d. Injekt.stelle. Untersuch.: Nicht bek.: Anti-Erythropoetin-Antikörpertest positiv1. Verletz., Vergift. u. durch Eingr. bed. Komplikat.: Häufig: Shuntthromb. inkl. Dialysevorricht. (Pat. m. chron. Nierenvers.). 1Häufigk. anh. v. klin. Studien nicht zu bestimmen. 2Inkl. Fälle m. tödl. Ausgang. Stand d. Inform.: 05/2008. Verschreibungspflichtig. JANSSEN-CILAG GmbH, 41457 Neuss.