Marathon des Sables 2006

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Marathon des Sables 2006
Marathon des Sables 2006
"Alles, was du willst, kannst du schaffen"
Sechs Tage lang lief er bei glühender Hitze durch die Sahara,
insgesamt 230 Kilometer: Danny Verdam zählt zu einer
Deutschlands erfahrensten Extremsportlern. Im April nahm er
zum fünften Mal am Marathon des Sables in Marokko teil und
kam erneut als bester Deutscher ins Ziel. Sandstürme,
brennende Sonne, zerschundene Füße und neun Kilo Gepäck
auf dem Rücken, - was bringt einen Menschen dazu, sich so zu
quälen? Wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Marokko
haben wir mit dem 41-Jährigen gesprochen.
Fotoshow Danny auf seinem Weg durch die Wüste
Artikelshow Daten und Fakten zum Marathon des Sables (s.u.)
Danny Verdam auf
seinem Weg durch die
Wüste. (Foto: privat)
T-Online: Du bist jetzt eine Woche wieder hier. Hast du dich schon wieder erholt?
Danny: Noch nicht ganz. Es war diesmal sehr hart. Wir hatten die erste drei Tage lang Sandsturm
und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Dazu Temperaturen bis zu 48 Grad. Dadurch sind in den
ersten Tagen sehr viele Läufer ausgestiegen, insgesamt 146 von 777. Normalerweise sind es um
die 50 Aussteiger über den gesamten Lauf. Zwei Läufer sind leider sogar ins Koma gefallen. Das
habe ich noch nie erlebt.
T-Online: Du warst jetzt zum fünften Mal dabei. Was ist das Faszinierende daran?
Danny: Das Faszinierendste ist, Teil eines Ganzen zu sein. Man läuft für sich, aber es entsteht ein
unglaubliches Gemeinschaftsgefühl. Die Läufer, die als erstes ankommen, bauen die Zelte auf,
machen Feuer, kochen und helfen denen, die als Letzte ankommen. Irgendwann kommt die
Erkenntnis: „Das kriegen wir nur gemeinsam hin“. Zum anderen zählt für mich natürlich auch das
Naturerlebnis. Dieses Gefühl, oben auf einer Düne anzukommen, den unglaublichen Weitblick zu
haben, ist einfach unbeschreiblich. Die Natur ist etwas wunderbares, gerade in der Vorbereitung
während Deutschlands Winter im Odewald, bin ich die schönste Touren gelaufen und habe den
Schnee genossen.
T-Online: Was ist das Anstrengendste auf so einer Tour?
Danny: Viele Läufer haben Probleme mit dem Wasserhaushalt oder mit dem Magen. Mich hat es
diesmal auch erwischt. Ich war zwei Tage krank, hatte Fieber und war kurz davor auszusteigen,
habe mich im Ärztezelt wieder gefangen. Allerdings sind auch die Füße ein Problem. Trotz
intensiver Fußpflege und Gamaschen (Schutzüberzüge für die Schuhe, Anmerkung der Redaktion)
habe ich auch diesmal einige Blasen und Entzündungen bekommen.
T-Online: Wie kommt man überhaupt auf die Idee, so einen Lauf mitzumachen?
Danny: Ich habe mich über die Jahre gesteigert und mich physisch und psychisch gestärkt, immer
meine Leistung zu steigern. Die verschiedensten Wettkämpfe erweitern so meine Möglichkeiten.
Eine solche Erfahrung hilft, eigene Schwächen zu überwinden. So ein Lauf macht mich auch für
den Job und im Alltag stark. Ich sehe, was ich leisten kann und erweitere meine Grenzen. Trotz
Anstrengung genieße ich beim Laufen auch die Natur und tanke dadurch Energie. Manchmal ist es
vielleicht aber auch eine Flucht aus dem Alltag.
T-Online: Lernt man dabei etwas fürs Leben?
Danny: Auf jeden Fall! Bei so einem Lauf erfährst du deine Grenzen und lernst: Alles, was du
willst, kannst du schaffen. In der Welt, in der ich lebe, gibt es keine Grenzen. „Einen Schritt weiter
als unendlich“, das ist mein Motto.
T-Online: Was sind deine nächsten Pläne?
Danny: Den Marathon des Sables werde ich nicht mehr laufen, fünfmal sind genug. Ich plane
einen Lauf durch die Wüste Gobi, der ist ähnlich: 300 Kilometer in sechs Tagen, jedoch mit ein
sehr kleiner Zahl von Teilnehmer. Außerdem plane ich, diesen Sommer im Alleingang die Alpen zu
überqueren.
Artikelshow: Marathon des Sables – Daten und Fakten:
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230 Kilometer durch sengende Sonne: Die sechs Tagesetappen sind zwischen 20 und
84 Kilometer lang. Wegen der extremen Wetterbedingungen wurde die längste Etappe in
diesem Jahr auf 55 Kilometer verkürzt.
Selbstverpflegung ist Pflicht: Bis auf das Wasser und die Zelte muss jeder Läufer alles
tragen, was er in den sechs Tagen braucht: Essen, Schlafsack und Isolierdecke,
Kompass, Desinfektionsmittel und Pflaster für die Wunden und ein Notfallset
(Signalpistole, Trillerpfeife). Dadurch tragen die Läufer etwa neun bis zwölf Kilogramm mit
sich, jeder ist auf sich gestellt
Verpflegung: Ein Minimum von insgesamt 14.000 Kcal. (2000 Kcal pro Tag) ist
vorgeschrieben und wird auch überprüft. Die meisten Läufer benötigen jedoch mehr. Um
das Gewicht in Grenzen zu halten packen die Läufer kalorienreiche Energieriegel und –
gels, Kohlenhydratpulver, Fertigmahlzeiten zum Anrühren, Nüsse und Müsli ins Gepäck.
Wasser: Wasser bekommen die Läufer vom Veranstalter gestellt, allerdings nur maximal
9 Liter am Tag. An jedem Kontrollpunkt der Etappe können sie sich etwa 1,5 Liter
abfüllen. Wer mehr Wasser benötigt, erhält eine Strafzeit von einer Stunde.
Übernachtung: Die Läufer übernachten in Acht-Mann-Zelten, die vom Veranstalter
gestellt werden. Diese schützen jedoch kaum für Wind und Sand. Komfort wie Matratzen,
Massage oder Duschen gibt es nicht.
Gegenseitige Hilfe verboten: Während des Laufens ist gegenseitige Hilfe verboten,
sonst droht beiden Läufern das Aus. Wer in Not gerät, muss sich Hilfe vom Veranstalter
holen (zum Beispiel per Notleuchtrakete). Für ihn ist der Lauf damit beendet. Beim
Eintreffen im Camp ist gegenseitige Hilfe jedoch üblich.
Kosten: Um an dem Marathon des Sables teilzunehmen, müssen die Läufer tief in die
Tasche greifen. Die Teilnahme kostet mehr als 3.000 Euro.