Einführung - guentersberg.de
Transcrição
Einführung - guentersberg.de
2 Einführung Der Musiker und Komponist David Funck wurde 1648 in Sankt Joachimsthal (heute Tschechien) geboren und starb 1701 in Ilmenau (Thüringen).1 Im Titel des vorliegenden Werkes bezeichnet er sich als Böhme. An der Jenaer Universität studierte er Rechtswissenschaft, Dichtkunst und Musik. Er hatte einen hervorragenden Ruf als Musiker (Violine, Viola, Gitarre und Clavichord) und hatte verschiedene Anstellungen inne: Sekretär bei der schleswig-holsteinischen Fürstin Eleonore, Kompositionslehrer und Kantor in Reichenbach, Organist in Wunsiedel und später in Ilmenau. Sein Leben war bewegt und nicht frei von Skandalen; auch deshalb fand es wohl „Eingang in zwei fantasievolle Novellen (E. Polko 1896, F. A. Zimmer 1940)“2 Neben einer musiktheoretischen Schrift ist als einzige Komposition Funcks das hier vorgelegte, relativ umfangreiche Werk überliefert. Es wurde1677 gedruckt; das einzige noch vorhandene Exemplar befindet sich heute in der Nationalbibliothek in Paris (F-Pn VM7 6263). Der Titel lautet Davidis Funcii | Bohemi | Stricturæ | Viola –di gambicæ, | Ex | Sonatis, Ariis, Intradis, Allemandis, &c. | Quatuor | Violis da Gamba | concinendis | promicantes. |...| Lipsiæ, Jenæ & Rudolstadii, Apud Johannem Theodorum, Christoph | & David Fleischern. | Anno M DC LXXVII. Es sind vier Einzelstimmen mit den Bezeichnungen Viola da Gamba I bis IV. Das Werk besteht aus 43 durchnummerierten vierstimmigen Stücken, die recht unterschiedlichen Charakter haben. Es gibt viele kurze, homophone Tanzsätze mit relativ geringem Tonumfang in den einzelnen Stimmen, aber zum Teil mit interessanten harmonischen Wendungen und auch rhythmischen Raffinessen, wie zum Beispiel in den Couranten. Es gibt aber auch kontrapunktische Stücke wie zum Beispiel die Fuge Nr. 17, bei der in allen vier Stimmen der Tonumfang der Bassgambe ausgenutzt wird. Anspruchsvoll und besonders schön ist auch die darauf folgende Sarabande (Nr. 17a), die für jede Stimme eine reich verzierte Variation bietet. Besonders umfangreich ist die Sonata Nr. 23 (85 Takte). Die Stücke lassen sich aufgrund der Tonartvorzeichen in drei Gruppen einteilen, die wir in jeweils einem Band zusammengefasst haben. Zur Besetzung findet sich am Ende der ersten Stimme der folgende Hinweis „NB. diese Partien können füglich durch und durch außer das 17. mit einer Violetta gespielet werden.“ Das bedeutet unseres Erachtens, dass zunächst alle Stimmen für die Bassgambe gedacht sind, dass man aber die erste Stimme auch auf einer Altgambe spielen kann. Tatsächlich sind aber wegen der stark unterschiedlichen Tonumfänge auch mehrere weitere Besetzungen möglich, die wir in der folgenden Tabelle darstellen: Band Bestell- Vornr. zeichen Nr. Besetzungsvorschläge3 1 G205 1b 1 - 16 D A B/A B kürzere homophone Stücke, geringer Tonumfang 2# 17 BBBB 2 G206 17a - 32 B/A B/A B B längere und kürzere, kontrapunktische und homophone Stücke, Tonumfang unterschiedlich, im allgemeinen tiefer als Band 1 und 3 3 G207 33 - 42 A/D A/B B B 43 B/A B B B 1# kürzere kontrapunktische und homophone Stücke, Tonumfang unterschiedlich Natürlich sind auch andere Besetzungen denkbar, zum Beispiel weil man mehrere Stücke in der gleichen Besetzung spielen möchte. Zur besseren Übersicht haben wir jedem Stück in der Partitur eine Anzeige des Ambitus vorangestellt. 1 2 3 Vgl. Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Auflage, Ludwig Finscher (Herausgeber), Bärenreiter, Kassel 1999-2008, unter David Funck ebenda D Diskantgambe, A Altgambe, B Bassgambe. B/A bedeutet, dass B bevorzugt wird, aber auch A möglich ist. G205 3 Unsere Ausgabe folgt der Vorlage so genau wie möglich, wir verwenden jedoch nur die heute unter Gambenspielern gebräuchlichen Schlüssel (Bass-, Alt- und Violinschlüssel). In der Vorlage findet man neben Bass- und Altschlüssel häufig auch Tenor- und Diskantschlüssel. Notenwerte und Taktangaben sind original, Taktstriche und Balken wurden ergänzt. Die Vorzeichen gelten wie heute üblich im ganzen Takt. Wenn wir vom Original abweichende Vorzeichen vorschlagen, so erscheinen diese in Klammern. Unsere sonstigen Hinzufügungen erscheinen ebenfalls in Klammern oder sind gestrichelt. Die Nummern und Bezeichnungen der Stücke sind original; wenn Zusätze nötig erschienen, so sind diese in eckige Klammern gesetzt. Funcks Stricturae gehören zu den deutschen Standardwerken für Gambenconsort.4 Darüber hinaus gehören sie zu den relativ wenigen Werken dieser Gattung für vier Bassgamben, wenngleich teilweise auch andere Besetzungen möglich sind (s.o.). Durch den unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad ist für jedes Consort etwas dabei. Bisher gab es allerdings keine moderne Ausgabe für Gamben. Diesem Mangel wollen wir durch unsere Neu-Edition abhelfen. Wir wollen diese bemerkenswerten Stücke, die laut Titel und Inhalt eindeutig für Gamben gedacht sind, doch nicht den Cellisten5 und Blockflötisten6 allein überlassen. Leonore von Zadow-Reichling Günter von Zadow Heidelberg, März 2011 Introduction The musician and composer David Funck was born in 1648 at Sankt Joachimsthal (today in the Czech Republic) and died at Ilmenau, Thuringia in 1701.7 On the title page of the present work, he refers to himself as a “Bohemian.” He studied jurisprudence, poetry, and music at the University of Jena. Having made an outstanding name for himself as a musician (violin, viola, guitar, and clavichord), he held various positions: secretary to Princess Eleonore of Schleswig-Holstein, composition teacher and choirmaster in Reichenbach, organist in Wunsiedel and later in Ilmenau. His life was eventful and not lacking scandals; undoubtedly also for this reason, it “found his way into two novellas (E. Polko, 1896; F. A. Zimmer, 1940).”8 Aside from a music-theoretical treatise, Funck’s only preserved work is the present, relatively extensive collection, which was published in 1677. The only surviving exemplar is found today in the Bibliothèque nationale in Paris (VM7 – 6263). The title page reads: Davidis Funcii | Bohemi | Stricturæ | Viola -di gambicæ, | Ex | Sonatis, Ariis, Intradis, Allemandis, &c. | Quatuor | Violis da Gamba | concinendis | promicantes. |...| Lipsiæ, Jenæ & Rudolstadii, Apud Johannem Theodorum, Christoph | & David Fleischern. | Anno M DC LXXVII. There are four partbooks labeled Viola da Gamba I – IV. The work consists of forty-three consecutively numbered four-part pieces of rather varying character. There are many short, homophonic dance movements with relatively narrow ranges in the individual parts, but partly with interesting harmonic modulations and rhythmical subtleties, for example, in the courantes. But there are also contrapuntal pieces, for example, Fugue no. 17 in which all four parts exploit the compass of the bass viol. Challenging and particularly beautiful is also the subsequent Sarabande (no. 17a), which offers a richly embellished variation in each of the voices. Uniquely extensive is Sonata no. 23 with its eighty-five measures. 4 Das zeigen auch zahlreiche CD-Aufnahmen. Stellvertretend sei genannt: Sonderlich auff Violen, Ricercar Consort, Philippe Pierlot, RIC 231. David Funck, Sonaten-Suite in D-Dur (Ausgabe für 4 Violincelli), Musikverlag Hauke Hack, Dortmund 2006. Diese Suite befindet sich auch auf der 1976 erschienenen Schallplatte Acanta 42798 der 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker. 6 David Funccius (1677), Suite for four recorders, C.Dolmetsch, London 1952 David Funck, Stricturae viola di gambicae 1677, G. Vellekoop, Amsterdam 1974 7 See Musik in Geschichte und Gegenwart, 2nd edn., ed. Ludwig Finscher (Kassel: Bärenreiter, 1999–2008), s.v. “Funck, David.” 8 Ibid. 5 G205