Leben mit Multipler Sklerose - KKH Kaufmännische Krankenkasse

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Leben mit Multipler Sklerose - KKH Kaufmännische Krankenkasse
Leben mit Multipler Sklerose
Informationen zur Multiplen Sklerose
Inhalt
Was genau bedeutet Multiple Sklerose?
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Wie verläuft eine MS?
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Wie kann eine MS behandelt werden?
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Der Alltag mit MS
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MS und Pflegebedürftigkeit
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Häufige Fragen zu MS und ihre Antworten
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Sämtliche medizinischen Informationen und Empfehlungen sind neutral und basieren auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft
der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. oder der anerkannten Lehrmeinung.
Diese Broschüre wurde in Zusammenarbeit mit Dr. med. Michael Prang, MBA, Arzt und Medizinjournalist, erstellt.
Um unsere Broschüren schneller und einfacher lesbar zu machen, unterscheiden wir nicht zwischen „weiblicher“ und
„männlicher“ Schreibweise.
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Liebe Leser,
was geht in Menschen vor, die von ihrem Arzt hören: „Sie haben Multiple Sklerose“?
Entsetzen, Zukunftsangst und Unsicherheit sind bei dieser Nachricht sicher nur allzu
verständlich. Doch um die Nervenerkrankung „Multiple Sklerose“ ranken sich auch
Mythen und Vorurteile.
Multiple Sklerose, oft kurz MS genannt, ist keine tödliche Krankheit und endet auch
nicht automatisch im Rollstuhl. Die Lebenserwartung der meisten Betroffenen ist
unverändert, die Hälfte von ihnen führt ein Leben ohne schwerwiegende Einschränkungen. Nach der Erstdiagnose vergehen im Durchschnitt 30 Jahre, bis Betroffene eine
Gehhilfe benötigen, und nur jeder Vierte ist nach 40-jähriger Krankheitsdauer auf
den Rollstuhl angewiesen.
Dennoch ist klar, dass sich mit der Diagnose MS das Leben verändert und einige Jahre
vergehen können, bis ein Betroffener den eigenen Weg im Umgang mit der Krankheit
gefunden hat. Wem es aber schließlich gelingt, seine Energie in die Gegenwart zu
investieren, der kann trotz MS ein erfülltes Leben führen.
Auf den nächsten Seiten haben wir viele wichtige Informationen und praktische Anregungen zum Leben mit MS zusammengestellt. Sie sollen Betroffene dabei unterstützen, sich auf ihre Fähigkeiten statt auf mögliche Behinderungen zu konzentrieren,
Lebensziele neu zu definieren und aktiv zu bleiben.
Wenn Sie als Betroffener, Angehöriger oder Freund nach dem Lesen noch Fragen haben,
stehen Ihnen unsere Mitarbeiter in den Servicestellen gerne zur Verfügung.
Ihre Pflegekasse bei der KKH
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Was genau bedeutet Multiple Sklerose?
Bei der Multiplen Sklerose (MS) entstehen im Gehirn und Rückenmark an vielen Stellen
zunächst kleine Entzündungsherde, die schließlich zu Narbengewebe (sklerotische
Plaques) verhärten und so die Funktion der Nervenbahnen beeinträchtigen. Multiple
Sklerose bedeutet deshalb frei übersetzt: viele krankhafte Gewebeverhärtungen.
Der medizinische Name der MS lautet Encephalomyelitis disseminata. Er bedeutet, ebenfalls frei übersetzt: eine Entzündung von Gehirn und Rückenmark
(Encephalomyelitis), die in Schüben (disseminata)
verläuft. Weil die MS erstmals im 19. Jahrhundert
von dem französischen Neurologen Jean Martin
Charcot beschrieben wurde, wird sie mitunter auch
Charcot-Krankheit genannt.
Was geschieht bei einer MS im Körper?
Zwischen Gehirn, Rückenmark und fast allen Zellen
des Körpers laufen über Millionen von Nervenbahnen
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ständig elektrische Signale hin und wieder zurück.
Mit den Signalen werden z. B. Muskeln gesteuert
und Empfindungen wie Wärme, Kälte oder Druck
ans Gehirn übermittelt. Damit die elektrischen
Signale jederzeit schnell und störungsfrei übertragen
werden, sind die Nervenbahnen von einer weißen,
fettreichen Substanz umhüllt. Die Substanz wird
Myelin genannt, die Hüllen heißen Markscheiden.
Bei der MS treten im Myelin der Markscheiden
stecknadelkopf- bis eurostückgroße Entzündungsherde auf, die im Verlauf der Erkrankung durch
sklerotische Plaques ersetzt werden können.
Der Körper bildet neues Myelin und versucht so,
die Entzündungsherde zu reparieren. Schreitet die
Erkrankung allerdings fort, werden die Markscheiden
nach und nach immer stärker beschädigt oder sogar
ganz zerstört. Aufgrund der beschädigten oder
zerstörten Markscheiden können die elektrischen
Signale nicht mehr störungsfrei übermittelt werden.
Muskeln z. B., die am Ende betroffener Nervenbahnen
liegen, erhalten deshalb nur unvollständige Signale
und können somit nicht wie gewohnt funktionieren.
Welche Symptome können auftreten?
Da sich Entzündungsherde und sklerotische Plaques
an vielen unterschiedlichen Orten in Gehirn und
Rückenmark entwickeln können, sind bei der MS
auch viele unterschiedliche Symptome möglich.
Die MS wird deshalb auch „die Krankheit mit den
tausend Gesichtern“ genannt. Sind z. B. die Sehnerven
betroffen, ergeben sich Sehstörungen wie beispielsweise Schleiersehen. Entzündungsherde und sklerotische Plaques in den Nervenbahnen des Rückenmarks und des Gehirns können zu Schwäche oder
Gefühlsstörungen in Armen und Beinen und so zu
Gehstörungen führen. Auch Schwindel, Koordinationsprobleme, Blasenstörungen und starke Müdigkeit sind häufige Symptome der MS.
Bei rund einem Drittel der Kranken macht sich die
MS zum ersten Mal durch Kribbeln oder Taubheitsgefühle z. B. in einer Hand, einem Bein oder fleckförmig am Rumpf bemerkbar. Sehr häufig kommen
auch Strom- oder Schnürempfindungen auf der Haut
vor. Meist treten die ersten Symptome plötzlich aus
völligem Wohlbefinden heraus auf und verschwinden
nach ein paar Tagen oder Wochen zunächst wieder.
Wer erkrankt an MS?
In jedem Jahr erkranken in Deutschland zwischen
3.000 und 5.000 Menschen neu an MS, dabei sind
Frauen häufiger betroffen als Männer. Schätzungen
haben ergeben, dass weltweit rund 2,5 Millionen
Menschen erkrankt sind, allein in Deutschland und
Österreich leben über 100.000 Betroffene.
Am häufigsten erkranken jüngere Erwachsene im
Alter von 20 bis 40 Jahren an MS, Kinder und ältere
Erwachsene sind seltener betroffen. Statistisch gesehen ist das Krankheitsrisiko in den gemäßigten
Klimazonen wie Nordeuropa und Nordamerika am
größten, in den tropischen und subtropischen
Regionen ist es am gerings­ten. Als Ursache dafür
vermuten Experten Erb- und Umweltfaktoren.
Wie wird MS festgestellt?
In vielen Fällen ist das erste Anzeichen einer MS nur
ein vorübergehendes „merkwürdiges“ Gefühl in den
Armen oder Beinen, das nicht besonders stört und
kaum jemanden zu einem sofortigen Arztbesuch
veranlasst. Deshalb vergehen mitunter Monate oder
sogar Jahre, bis die Diagnose MS endgültig feststeht.
Es gibt keinen Test, mit dem sich eine MS auf Anhieb
sicher diagnostizieren lässt. Besonders die frühen
Symptome wie Kribbeln in Armen oder Beinen
können auch von anderen Krankheiten, etwa einem
Bandscheibenvorfall, verursacht werden. Erfahrene
Ärzte – meist werden Betroffene von Neurologen
betreut – diagnostizieren MS deshalb mithilfe der
Krankheitsgeschichte des Patienten und den Resultaten verschiedener Untersuchungen. Dazu gehören
z. B. eine gründliche körperliche Untersuchung und
die Untersuchung der Hirnflüssigkeit nach einer
Punktion des Rückenmarkkanals sowie technische
Verfahren wie die Kernspintomografie und eine
Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (evozierte
Potenziale).
Was sind die Ursachen der MS?
Die genauen Ursachen der MS sind noch unbekannt.
Experten vermuten aber, dass grundsätzlich eine
erbliche Bereitschaft zu MS bestehen muss, damit
die Krankheit ausbricht. Möglicherweise handelt es
sich dabei um die Kombination mehrerer bestimmter
Gene, die nur zusammen eine Fehlsteuerung des
Immunsystems auslösen und so den Betroffenen
für die MS empfänglich machen. Eine weitere
Theorie besagt, dass als Folge einer Virusinfektion
im Kindesalter eine Reaktion des Immunsystems
angeregt wird, die viele Jahre später schließlich zu
der MS führt. Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor Bakterien, Viren und anderen
Eindringlingen. Bei manchen Menschen jedoch hält
das Immunsystem auch eigenes Gewebe für fremd
und attackiert es deshalb. Eine solche irrtümliche
Reaktion gegen das Myelin in den Markscheiden der
Nervenbahnen spielt vermutlich auch bei der MS
eine Rolle. Ärzte bezeichnen die MS deshalb auch
als Autoimmunkrankheit.
„Auto“ bedeutet hierbei frei übersetzt: gegen sich
selbst gerichtet.
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Wie verläuft eine MS?
Bei der MS gleicht kein Krankheitsverlauf dem anderen, denn die Ausprägung und
die Schwere der Symptome stellen sich bei jedem Betroffenen anders dar – von kaum
spürbaren Symptomen bis zu besonders schweren Verläufen ist alles möglich.
Nicht zu wissen, ob irgendwann in ihrem Leben
eine Gehstütze oder ein Rollstuhl erforderlich sein
wird, ist für viele Kranke sehr belastend. Ärzte versuchen deshalb, den Langzeitverlauf einer MS mithilfe
von Beurteilungsskalen abzuschätzen.
Eine der am häufigsten eingesetzten Skalen ist
die von John F. Kurtzke entwickelte EDSS-Skala
(Expanded Disability Status Scale). Sie kombiniert
langjährige medizinische Erfahrungswerte mit dem
aktuellen neurologischen Untersuchungsbefund des
Patienten und gibt den ungefähren Grad der Behinderung durch die MS an. Bei regelmäßigem Einsatz
können Ärzte mithilfe einer Beurteilungsskala abschätzen, ob und wie schnell die MS voranschreitet.
Eine MS verläuft meist in Krankheitsschüben:
Auf eine Zeit vermehrter Beschwerden folgt oft
die teilweise oder vollständige Besserung und eine
Zeit frei von neuen Symptomen. Die Symptome
bleiben meist für einige Wochen bestehen und
bilden sich dann über einen Zeitraum von rund
einem Monat wieder zurück. Als Faustregel gilt,
dass sich bei der Hälfte aller MS-Kranken der
Schub komplett wieder zurückbildet. Bei einem
Viertel verschwinden die Symptome nur teilweise
oder bleiben vollständig bestehen.
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Die meisten Betroffenen haben innerhalb der ersten
fünf Jahre nach Beginn der Erkrankung die meisten
Schübe. Später sinkt die Schub­rate dann so weit, dass
bei älteren MS-Kranken oft gar keine Schübe mehr
auftreten. Statistiken zeigen, dass MS-Kranke durchschnittlich 0,8 Schübe pro Jahr haben.
Info
Von einem Schub sprechen Ärzte, wenn
im Abstand von einem Monat entweder
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neue oder schon bekannte Symptome
auftreten,
sich die Symptome verstärken oder
die Symptome länger als 24 Stunden
anhalten.
Welche Formen der MS gibt es?
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Schubförmiger Verlauf
Rund 40 Prozent der MS-Kranken haben einen
schubförmigen Verlauf (schubförmig remittie­rende Form der MS). Die Schübe treten plötzlich
auf, bilden sich aber nach einer Weile vollständig
oder zumindest teilweise zurück. Drei Viertel der
Kranken haben innerhalb von fünf Jahren nach
der Diagnose einen zweiten Schub. Erfahrungsgemäß kommt es bei einem schubförmigen Verlauf mit den Jahren zu leichten Behinderungen.
chubförmig/kontinuierlich verschlechternder
S
Verlauf
Ein sich zunächst schubförmig, dann kontinuierlich verschlechternder Verlauf (sekundär chronischprogrediente Form der MS) tritt ebenfalls mit einer
Häufigkeit von rund 40 Prozent auf. Dabei verläuft
die MS zunächst in Schüben, bis sie nach 10 bis
15 Jahren in eine Form übergeht, bei der sich der
körperliche Zustand des Kranken stetig weiter
verschlechtert. Da sich die Symptome dann nur
noch teilweise zurückbilden, nehmen auch die
Behinderungen immer stärker zu.
ontinuierlich verschlechternder Verlauf
K
Ein sich kontinuierlich verschlechternder Verlauf
(primär chronisch-progrediente Form) ist die
seltenste und schwerwiegendste Form der MS,
betroffen sind 10 bis 20 Prozent aller Erkrankten.
Die MS verläuft bei dieser Form nicht in Schüben,
sondern verschlimmert sich von Beginn an kontinuierlich und hinterlässt entsprechend ausgeprägte Behinderungen. Einige Betroffene erleben
sogenannte Stabilisierungsperioden, in denen
sich die Symptome für einen gewissen Zeitraum
nicht weiter verschlechtern.
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Besonders gutartiger Verlauf
Eine MS gilt als gutartig, wenn auch 15 Jahre nach
Beginn der Krankheit keine wesentlichen Einschränkungen bestehen und die Betroffenen voll
aktiv sein können. Allerdings ist selbst bei einer
gutartigen MS auch nach vielen Jahren nicht
sicher, ob sie sich nicht irgendwann doch noch
verschlimmert.
Besonders schwerer Verlauf
Unabhängig von den unterschiedlichen Formen
sprechen Ärzte von einer besonders schweren Variante, wenn die MS innerhalb von sechs Monaten
zu stark ausgeprägten Behinderungen führt.
Was löst einen Schub aus?
Während eines Schubs entstehen in Gehirn und
Rückenmark neue Entzündungen und sklerotische
Plaques, die dann die entsprechenden Symptome
verursachen. Über die Auslöser von Schüben wissen
Ärzte noch relativ wenig. Viele Betroffene machen
allerdings die Erfahrung, dass es immer dann zu
neuen Schüben kommt, wenn sie z. B. durch Eheprobleme oder Ärger am Arbeitsplatz psychisch
sehr angespannt sind. Auch Hitze und körperliche
Über­forderung sollen einen Schub auslösen können.
Wissenschaftlich bewiesen sind diese Zusam­men­­
hänge jedoch nicht.
Wie ist die Prognose einer MS?
MS ist keine tödliche Krankheit und die Lebenserwartung der meisten Betroffenen ändert sich durch die
MS nicht. Langzeituntersuchungen haben gezeigt,
dass auch nach 25 Jahren viele der MS-Erkrankten noch
gehen können – wenngleich sie dafür mitunter eine
Gehhilfe benötigen. Und etwa die Hälfte aller Betroffenen kann sogar mit einem günstigen Verlauf ganz
ohne schwerwiegende Einschränkungen rechnen.
Verlaufsformen der MS
Für einen relativ günstigen Verlauf der MS
spricht, wenn
óó als Erstsymptome Gefühls- oder Sehstörungen
auftreten,
óó sich die Beschwerden jeweils wieder
vollständig zurückbilden,
óó nach einem Zeitraum von fünf Jahren
keine Behinderungen aufgetreten sind.
Für einen schweren Verlauf der MS spricht, wenn
óó als Erstsymptome Lähmungserscheinungen
auftreten,
óó es bereits zu Beginn der Krankheit zu
Nervenausfällen kommt,
óó die Krankheit erst im höheren Lebensalter
beginnt,
óó im Verlauf der Krankheit viele Schübe auftreten.
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Ein individueller Therapieplan behandelt Beschwerden und erhöht
die Lebensqualität der Betroffenen.
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Wie kann eine MS behandelt werden?
Bisher gibt es keine Behandlungsmethode, mit der die MS geheilt oder wenigstens
die Symptome sofort vollständig beseitigt werden können. Die Situation ist damit
vergleichbar mit anderen chronischen Krankheiten wie z. B. Diabetes mellitus.
Bei der MS lassen sich mit modernen Methoden der
Verlauf der Krankheit zum Teil deutlich verlangsamen
und die Symptome spürbar lindern. Dafür gibt es
grundsätzlich drei unterschiedliche Therapieansätze:
eine Dauerbehandlung (Basistherapie), die Behandlung akuter Schübe sowie die gezielte Behandlung
der Symptome. Im Folgenden haben wir die am
häufigs­ten eingesetzten Medikamente kurz erläutert.
Ob ein bestimmtes Medikament wirksam ist, kann
in der Regel aber frühestens nach sechs Monaten
sicher beurteilt werden.
Häufigkeit und die Dauer von Schüben verringern
kann. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich jedoch verhindert
Glatirameracetat Angriffe des fehlgesteuerten
Immunsystems auf die Markscheiden der Nervenbahnen und soll außerdem schützende Immunmechanismen aktivieren. Glatiramer­acetat
wird von vielen MS-Kranken besser vertragen als
die Beta-Interferone.
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Die Basistherapie
Mit der Basistherapie können Krankheitsschübe
abgeschwächt oder im Idealfall ganz verhindert
werden. Dazu muss sie allerdings möglichst früh
nach der Diagnose beginnen und meist ein Leben
lang konsequent und diszipliniert durchgeführt
werden. Gelingt das, schreitet die MS in der Regel
bis zu 30 Prozent langsamer voran.
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Bei der Basistherapie kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz, die auf das Immunsystem
wirken. Sie müssen einmal oder mehrmals in der
Woche unter die Haut oder in einen großen Muskel
gespritzt werden. Nach verständlicher anfänglicher
Abneigung machen das die meisten Betroffenen
schließlich selbst.
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Beta-Interferone
Eine herausragende Rolle in der MS-Therapie
spielen die Beta-Interferone. Sie bringen den Organismus dazu, die Produktion von entzündungsauslösenden Stoffen im Körper zu drosseln und
verringern so die Häufigkeit und die Dauer von
Schüben. Beta-Interferone können Nebenwir­
kungen wie Fieber, Müdigkeit, grippeähnliche
Symptome und Depressionen verursachen.
Glatirameracetat
Eine Alternative zu den Beta-Interferonen ist der
Wirkstoff Glatira­meracetat, der ebenfalls die
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atalizumab
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Dieser Wirkstoff ist zur Be­handlung besonders
aggressiver Formen der schubförmigen MS zugelassen. Er soll verhindern, dass Entzündungszellen
zu den Entzündungsherden der MS in Gehirn und
Rückenmark wandern. Natalizumab wird einmal
im Monat als Infusion verabreicht. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen,
Harn- und Atemwegsinfektionen, Depressionen,
Gelenkschmerzen und starke Müdigkeit.
Mitoxantron
Bei einem besonders aggressiven Verlauf der MS
greifen Ärzte mitunter auf den Wirkstoff Mitoxantron zurück. Er soll verhindern, dass sich Antikörper gegen das Myelin in den Markscheiden
bilden. Mitoxantron kann nur etwa zwei Jahre
lang eingesetzt werden, da sonst schwere Langzeitfolgen auftreten können. Der Wirkstoff wird
einmal im Vierteljahr per Infusion verabreicht
und verursacht dann meist einige Tage lang
Übelkeit, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit.
I ntravenöse Immunglobuline
Beta-Interferone, Glatirameracetat und Natalizumab
sind die Mittel der ersten Wahl bei MS, können
aber nicht bei allen Erkrankten eingesetzt werden.
Als Alternative kommen dann sogenannte intravenöse Immunglobuline (IVIG) infrage, die z. B.
auch in der Schwangerschaft verabreicht werden
können. Dabei handelt es sich um „fertige“ Antikörper, die die Entzündungsherde im Myelin der
Markscheiden bekämpfen sollen.
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Die Behandlung akuter Schübe
Bei einem akuten Schub wird die Basistherapie
durch eine gezielte antientzündliche Behandlung
erweitert. So sollen neue Entzündungsherde in
Gehirn und Rückenmark möglichst schnell und
vollständig zum Abklingen gebracht werden. Ärzte
setzen dazu meist Kortison ein – zunächst für einige
Tage als Injektion in eine Armvene und anschließend
in abnehmender Dosierung in Tablettenform. Um
Beschwerden wie Spastiken oder Blasenstörungen
zu behandeln, können weitere Medikamente erforderlich sein.
Vor einer Kortisontherapie muss niemand Angst
haben. Kortison ist ein körpereigenes Hormon, das
von der Nebennierenrinde hergestellt wird. Es ist
lebensnotwendig und hat im Körper viele wichtige
Aufgaben. Heute weiß man, dass die größten
Nebenwirkungen einer Kortisontherapie bei einer
hoch dosierten und langfristigen Kortisongabe
auftreten. Bei einer niedrigen Dosierung sind
Nebenwirkungen deutlich seltener oder treten gar
nicht mehr auf. Zu den Nebenwirkungen von Kortison
gehören u. a. Stimmungsschwankungen, Herzklopfen
und Schlafstörungen, die aber nach einigen Tagen
meist wieder verschwinden. Auch eine dauerhafte
Gewichtszunahme ist nicht zu befürchten. Wegen
seiner ausgeprägten antientzündlichen und oft
lebensrettenden Wirkung gilt Kortison als eines der
wichtigsten Medikamente, das Ärzten in der modernen Medizin zur Verfügung steht.
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Info
Manche MS-Kranke haben so sehr Angst vor
einer „Zukunft im Rollstuhl“, dass sie ihre
Krankheit verdrängen und eine Basistherapie
verweigern. Andere setzen ihre Medikamente
nach dem ersten Schub vollständig ab, weil
es ihnen wieder gut geht. Und manche
MS-Kranke fürchten die Nebenwirkungen
der Medikamente so sehr, dass sie sie nicht
regelmäßig einnehmen.
Ein solches Verhalten ist natürlich verständlich – es kann jedoch dazu führen, dass die
MS schneller voranschreitet und stärkere
Symptome zeigt. Sprechen Sie unbedingt
gleich mit Ihrem Arzt, wenn Sie hinsichtlich
Ihrer MS-Therapie unsicher sind oder Fragen
haben. Sehr viel Erfahrung und gute Entscheidungshilfen bei der Wahl der optimalen
Therapie bieten Ihnen auch die speziellen
MS-Ambulanzen an den Universitätskliniken.
­Die gezielte Behandlung der Symptome
Um trotz der MS beweglich und selbstständig zu
bleiben, ist eine konsequente und disziplinierte
Behandlung sehr wichtig. Neben der Basistherapie
und der Therapie akuter Schübe hat die Behandlung
der Symptome eine besondere Bedeutung. Dabei
stehen nicht nur Medikamente zur Auswahl.
Info
Das können Sie als Betroffener selbst tun,
um Krankheitsschübe zu verhindern:
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Bei Gehbehinderungen oder Koordinationsstörungen
können z. B. mit einem krankengymnastischen
Training oft deutliche Verbesserungen erreicht
werden. Versteifte (spastische) Muskeln lassen sich
mitunter durch kalte Kompressen besser lockern als
durch Medikamente. Und manchen Kranken hilft
schon ein kühles Bad, um sich bei einem akuten
Schub wohler zu fühlen. Auch Blasenstörungen,
Zittern oder Schwindel können teils mit Medikamenten, teils mit ergänzenden Therapien erfolgreich behandelt werden.
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Überanstrengen Sie sich nicht und schlafen
Sie ausreichend viel.
Bleiben Sie innerhalb Ihrer Möglichkeiten
aber so aktiv wie möglich.
Vermeiden Sie den Kontakt mit Menschen,
die an einer Erkältung oder Grippe erkrankt
sind.
Ernähren Sie sich gesund.
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Ist eine Spezial-Diät sinnvoll?
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Immer mal wieder machen Nachrichten die Runde,
dass MS mit einer bestimmten Diät deutlich gebessert oder sogar geheilt werden könnte. Nach heutigem Wissensstand existiert allerdings keine Form
von Ernährung, die ein solches Versprechen halten
kann. Dennoch sollten MS-Kranke ihre Nahrungsmittel mit Bedacht auswählen.
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Denn eine MS tritt umso häufiger auf, je mehr
tierische Nahrungsmittel verzehrt werden.
Der Grund: Der Körper kann die entzündungsfördernden Stoffe, die das Immunsystem veranlassen,
eigenes Gewebe anzugreifen und so vielleicht eine
MS auszulösen, selbst herstellen. Alles, was er dazu
braucht, ist die in tierischen Nahrungsmitteln reichlich enthaltene Arachidonsäure.
Fisch und pflanzliche Nahrungsmittel dagegen
scheinen vor der MS zu schützen, da Fischöle und
pflanzliche Öle die Bildung entzündungsfördernder
Stoffe im Körper hemmen. Eine gesunde Ernährung
bei MS besteht deshalb darin, tierische Nahrungsmittel zu meiden und möglichst viele von den
folgenden Vorschlägen umzusetzen:
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Versuchen Sie, Ihr Normalgewicht zu halten.
Essen Sie wenig Nahrungsmittel, die viel Zucker
enthalten. Machen Sie stattdessen Vollkornbrot,
Naturreis und Haferflocken zu Ihren Grundnahrungsmitteln.
Meiden Sie industriell hergestellte und tierische
Fette. Verwenden Sie bei der Zubereitung Ihrer
Speisen Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren
wie z. B. Olivenöl.
Essen Sie öfter Fisch, schon wegen des hohen Anteils an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und
wertvollem Eiweiß. Fischöl soll außerdem die MS
günstig beeinflussen können – auch wenn der
wissenschaftliche Beweis dafür noch fehlt.
Decken Sie Ihren Eiweißbedarf in Höhe von 50 bis
80 Gramm pro Tag besonders durch pflanzliches
Eiweiß, wie es z. B. in Hülsenfrüchten reichlich
vorkommt.
Erhöhen Sie Ihren Ballaststoffanteil in der
Nahrung – bringen Sie mehrmals die Woche
Obst, Gemüse, Salate und Vollkornprodukte
auf Ihren Speiseplan.
Essen Sie nicht öfter als zwei- bis dreimal pro
Woche Fleisch und beschränken Sie sich dann
auf mageres Fleisch.
Info
Von folgenden Ernährungsempfehlungen
sollten Sie Abstand nehmen, da ihre Wirksamkeit nicht bewiesen ist, und Ihnen
außerdem eine einseitige Ernährung
schaden könnte:
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Bakterienfreie Diät nach Ihmig
Methanol-Hypothese nach Hentzi
Fettarme Diät nach Swank
Glutenfreie Diät
Essenzielle Fettsäuren bei MS nach Millar
Evers-Diät
Fratzer-Diät
Immun-Milch und Immun-Colostrum nach
Aronson et al.
Kaslow-Programm
Kohlenhydratfreie Diät nach Lutz und Eckel
Milchfreie Diät nach Agranoff und Goldberg
Klennersche Megavitamin-Therapie
Welche alternative Therapie ist
die richtige?
Trotz aller Errungenschaften der modernen Medizin
lassen sich bei der MS-Therapie Nebenwirkungen
nicht immer vermeiden. Viele Betroffene akzeptieren
dies nicht und sehen sich nach alternativen Therapien um. Dagegen spricht grundsätzlich nichts, denn
alternative Therapien können trotz fehlender Wirksamkeitsnachweise in Einzelfällen hilfreich sein.
Allerdings gibt es alternative Therapien, die nachweislich unwirksam oder sogar schädlich sind und
bei denen die Anbieter vor allem finanzielle Interessen verfolgen. Wenn Sie sich für eine alternative
Therapie interessieren, dann sollten Sie zu Ihrer
Sicherheit folgende Dinge berücksichtigen:
Unterbrechen Sie niemals Ihre laufende schulmedizinische Behandlung, wenn Sie eine alternative
Therapie beginnen. Sprechen Sie stattdessen mit
Ihrem Arzt darüber – er wird Verständnis dafür
haben, dass Sie eine alternative Therapie beginnen.
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Manche alternativen Therapien werden von ihren
Anbietern zur Anwendung über einen sehr langen
oder sogar lebenslangen Zeit­raum empfohlen.
Bedenken Sie, dass diese Behandlungen fast nie
von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt
werden und oft sehr kostspielig sind.
Alternative Therapien können, besonders wenn
sie nicht wissenschaftlich untersucht sind, gefährliche Nebenwirkungen haben und die MS sogar
noch verschlimmern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt
auch darüber, wenn Sie unsicher sind.
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Der Alltag mit MS
Partnerschaft
Es gibt keinen Grund, warum MS-Kranke keine
Partnerschaften eingehen sollten und darin glücklich werden. Der gesunde Partner sollte jedoch
grundsätzlich bereit sein, Pläne immer mal wieder
anzupassen, neben seinem Beruf zeitweise auch
den Haushalt und die Kinder zu versorgen und sein
Leben zu einem gewissen Teil nach dem Zustand
des kranken Partners auszurichten. Doch wenn es
gelingt, wie selbstverständlich über die Probleme
zu reden und sich zu organisieren, kann das zwei
Menschen noch enger zusammenschweißen.
Fällt das Reden schwer, kann die Hilfe eines Paartherapeuten sinnvoll sein.
Sexualität
Bei einem Drittel aller Betroffenen hat die MS
keinen Einfluss auf das Sexualleben. Zwei Drittel
aller MS-Kranken haben Statistiken zufolge jedoch
weniger Sex als vor Beginn ihrer Erkrankung. Das ist
leicht nachvollziehbar, denn wo ständige Müdigkeit,
Spastiken in den Beinen oder Harninkontinenz den
Alltag mitbestimmen, kommen Gedanken an Sex
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meist gar nicht erst auf. Schaffen es die Partner nicht
allein, durch offene Gespräche das Sexualleben vor
dem Erliegen zu bewahren, sollten sie sich einem Arzt
oder Psychologen anvertrauen. Denn Möglichkeiten,
sexuelle Probleme in den Griff zu bekommen, gibt es
zahlreiche: Sie reichen von einer Gesprächstherapie
über unauffällige mechanische Hilfen bei Erektionsstörungen bis zu modernen Medikamenten, die
Spastiken mildern.
Kinderwunsch
Bei Frauen mit MS ist die Fruchtbarkeit grundsätzlich nicht eingeschränkt. Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt des Kindes laufen trotz der MS
kaum anders ab als bei gesunden Frauen.
Trotzdem sollte eine Schwangerschaft gut geplant
sein. Manche Experten glauben, dass schwangere
Frauen weniger Schübe haben. Statistisch gesehen
ist im ersten Jahr nach der Entbindung das Risiko
eines erneuten Schubs aber zwei- bis dreimal höher
als sonst. Zu erwarten sind außerdem Belastungen
durch die Hormon­umstellung und den Aufwand,
den die Versorgung eines Kindes verursacht. Es hat
sich deshalb bewährt, bei einem Kinderwunsch die
behandelnden Ärzte frühzeitig mit einzubeziehen
und sich ausführlich beraten zu lassen. Weil eine
Therapie mit Medikamenten das ungeborene Kind
gefährden könnte, sollten Frauen mit MS nur in
einer stabilen Phase der MS schwanger werden.
Männer mit MS können Väter werden und ge­sunde
Kinder haben – auch wenn in manchen Fällen Probleme mit der Erektion oder Ejakulation die Zeugung
eines Kindes schwieriger ge­stalten.
Familie und Freunde
Angehörige und Freunde von MS-Kranken müssen
oft erst lernen, mit dem Betroffenen und seinen
eventuellen Einschränkungen umzugehen.
Die anfängliche Unsicherheit kann dabei schnell zu
Missverständnissen führen, die die Betroffenen als
Ablehnung oder Desinteresse interpretieren.
Info
Das können Eltern mit MS für ihre Kinder tun:
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Klären Sie Ihre Kinder über Ihre Krankheit
auf und halten Sie sie bei Veränderungen
auf dem Laufenden.
Beziehen Sie Ihre Kinder in Ihren Krankheitsalltag mit ein, denn sie haben das
natürliche Bedürfnis, ihren Eltern zu
helfen.
Lassen Sie Kinder aber nicht die Rolle des
Trösters übernehmen, Sie könnten sie
damit überfordern.
Pflegen Sie soziale Kontakte außerhalb der
Familie und achten Sie darauf, dass auch
Ihre Kinder das tun.
Kinder haben oft Angst, dass der Vater oder
die Mutter bei einer Krankheit sterben
könnte – sprechen Sie auch darüber mit ihnen.
Die folgenden Vorschläge sollen das Miteinander
erleichtern:
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Setzen Sie sich gegebenenfalls offensiv mit dem
Verlust Ihrer hundertprozentigen Selbstständigkeit auseinander. Dass Sie Ihre Krankheit bewältigen, verdient hohen Respekt. Es gibt deshalb
nichts, was Ihnen peinlich sein sollte.
Erläutern Sie Angehörigen und Freunden die Gründe für Ihre Einschränkungen. Gerade von Ihrem
engsten Kreis dürfen Sie erwarten, dass Ihre speziellen Bedürfnisse verstanden und akzeptiert werden. Gestehen Sie Ihren Angehörigen und Freunden aber auch eigene Be­dürfnisse zu und seien
Sie bereit, auch mal in die zweite Reihe zu treten.
Versuchen Sie, so weit wie möglich Ihr Leben zu
vereinfachen. Schaffen Sie sich z. B. ein Fahrzeug
mit Automatik an oder lassen Sie stolperfreie Fußböden verlegen. Sie machen es damit auch Ihren
Angehörigen und Freunden leichter, Sie in alle
Unternehmungen zu integrieren.
Holen Sie sich Informationen und Hilfe von Ärzten,
Psychologen und anderen Fachleuten und bleiben
Sie immer auf dem neuesten Stand. Je mehr Sie
über MS wissen, desto besser können Sie sich
damit auseinander­setzen.
Arbeitsleben
Als MS-Kranker müssen Sie weder Ihren Arbeitgeber
darüber informieren noch müssen Sie bei Einstellungsgesprächen ungefragt Auskunft dazu geben.
Eine chronische Krankheit wie MS ist auch kein
Kündigungsgrund. Das Gegenteil ist sogar der Fall,
denn Arbeitgeber können umfangreiche Fördermittel
erhalten, um behindertengerechte Arbeitsplätze einzurichten.
Trotz des Rechts auf Verschwiegenheit sollten Sie mit
Ihren Vorgesetzten und Kollegen über eventuelle Auswirkungen Ihrer Krankheit sprechen, weil Einschränkungen einen Wechsel Ihres Aufgabengebietes
erforderlich machen könnten. So wäre z. B. ein Lokführer, Pilot oder Taxifahrer mit verstärkter Müdigkeit ohne Frage ein Risiko für sich selbst und für
andere. Es kann deshalb nötig sein, dass Sie sich neu
orientieren und eine Tätigkeit ins Auge fassen müssen,
die körperlich leichter ist und den Gebrauch von Hilfsmitteln erlaubt.
Spornen Sie Ihren gesunden Partner und Ihre Kinder an, auch mal etwas ohne Sie zu unternehmen.
Sie verhindern damit, dass die Be­lastung in Ihrer
Familie überhandnimmt.
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Sport
Müdigkeit und Schwäche
Studien belegen, dass Sport auch bei MS Muskelkraft und Ausdauer steigert und zudem Symptome
wie Spastiken, Gleichgewichtsstörungen und Müdigkeit verbessert. Bevor Sie loslegen, sollten Sie
allerdings die machbaren Sportarten realistisch
ins Auge fassen. Schwimmen, Walking, Reiten und
Yoga sind für MS-Kranke meist problemlos möglich.
Ob intensives Muskeltraining, Langlauf oder Fußball geeignete Sportarten sind, hängt von Ihrer
aktuellen Leistungsfähigkeit und Ihren Einschränkungen ab.
Müdigkeit und körperliche Schwäche sind häufige
Symptome der MS. Weil die Ursachen äußerlich unsichtbar sind, bleiben Missverständnisse am Arbeitsplatz (Du bist faul!) oder unterwegs (Der ist ja betrunken!) nicht völlig aus. Reagie­­ren Sie nicht mit Über­anstrengung auf solche unberechtigten Vorwürfe,
Sie könnten Ihre Symptome dadurch verschlimmern.
Klären Sie Ihre Mitmenschen stattdessen über den
wirklichen Hintergrund Ihrer Schwierigkeiten auf –
Sie werden überrascht sein, wie viel Verständnis und
Unterstützung Sie plötzlich erhalten.
Versuchen Sie außerdem, möglichst viele dieser
Vorschläge zu beherzigen:
Die folgenden Vorschläge sollen Ihnen außerdem
helfen, Müdigkeit und Schwäche in einem verträglichen Rahmen zu halten:
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Planen Sie vor dem Sport eine Pause ein und
ruhen Sie sich auch zwischendurch immer mal
wieder aus.
Machen Sie zuerst ein paar Aufwärmübungen und
beginnen Sie dann mit kurzen Trainingseinheiten.
Überfordern Sie sich nicht! Sie liegen mit der
Belastung richtig, wenn Sie sich nach dem Sport
binnen einer Stunde wieder erholt haben.
Klären Sie Mitsportler über Ihre Krankheit und
die möglichen Auswirkungen auf.
Vermeiden Sie Sport bei Wärme und in überhitzten Räumen.
Trinken Sie vorher und hinterher etwas Kaltes.
Auch spezielle Kühlwesten oder ein kühles Bad
nach dem Sport können dafür sorgen, dass Sie
sich gut fühlen.
Denken Sie immer daran, dass Ihr Verletzungsrisiko je nach Sportart erhöht sein kann und, dass
Verletzungen einen Schub auslösen könnten.
Depressionen
Neben den körperlichen Auswirkungen kann eine
MS auch das Seelenleben der Betroffenen beeinträchtigen. Über zwei Drittel von ihnen haben eine
Depression. Dabei muss eine ge­drückte Stimmung
nicht das einzige Zeichen sein – auch Angst, Konzentrationsprobleme und Vergesslichkeit z. B. können auf eine Depression hinweisen.
Depressionen müssen frühzeitig erkannt und von
Fachleuten behandelt werden – dann sind sie sogar
heilbar. Unterstützung vom Partner, von der Familie,
von Freunden oder anderen Betroffenen kann helfen,
leichte depressive Verstimmungen auszugleichen.
In allen anderen Fällen ist aber eine Therapie durch
Fachleute wie Ärzte und Psychologen erforderlich.
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Schlafen Sie in jeder Nacht ausreichend viel.
Bleiben Sie körperlich so aktiv wie möglich, aber
überanstrengen Sie sich nicht.
Erledigen Sie anstrengende Dinge schrittweise.
Machen Sie vor jedem größeren Arbeitsschritt
eine kurze Pause.
Planen Sie anstrengende Dinge für den Vormittag
ein, dann haben Sie die meiste Energie.
Gönnen Sie sich ein Schläfchen, wenn Sie müde
sind. Oder ruhen Sie sich aus, bis Sie sich wieder
fit fühlen.
Lernen Sie, in jeder Situation Ihre eigenen Grenzen
rechtzeitig zu erkennen.
Urlaub
MS ist kein Grund, auf Reisen zu verzichten. Er­füllen
Sie sich auch ruhig den Traum, Urlaub in fernen Ländern zu machen.
Beachten Sie dabei aber möglichst viele dieser
Vorschläge:
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Planen Sie Ihre Reise bis ins Detail gut durch.
Kalkulieren Sie mögliche Probleme mit ein und
machen Sie dafür einen „Plan B“.
Vermeiden Sie körperlich sehr anstrengende Reisen.
Planen Sie auch in Ihrem Urlaub immer wieder
Pausen ein.
Bedenken Sie, dass ein Flug weniger strapa­ziös
sein kann als eine Reise im Bus oder mit der Bahn.
Beachten Sie, dass ein heißes Klima Be­schwerden
hervorrufen oder verstärken kann.
Bedenken Sie, dass in heißen Regionen das Infektionsrisiko oft erhöht ist.
Nehmen Sie ausreichend MS-Medikamente mit.
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Vergessen Sie die ganz normale Reiseapotheke
nicht!
Achten Sie auf Ihren Impfschutz und lassen Sie
sich gegebenenfalls von einem kundigen Arzt
dazu beraten.
Selbsthilfegruppen
Um zu erfahren, welche Erfahrungen andere Betroffene mit bestimmten Institutionen, Kliniken und
Ärzten gemacht haben, sind Selbsthilfegruppen der
beste Weg. Zudem können Sie dort die alltäglichen
medizinischen, psychologischen und sozialen Probleme mit Menschen besprechen, die in der gleichen
oder einer ähnlichen Situation sind wie Sie und die
Ihnen ihre Erfahrungen ungeschminkt weitergeben.
Der richtige Arzt,
die passende Klinik
Ärzte oder Kliniken zu finden, die in der
Betreuung von MS-Erkrankten besonders
erfahren sind, ist nicht immer einfach.
Hilfe dabei bieten die Landesverbände der
Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft
(www.dmsg.de). Sie haben eine
„MS-Helpline“ eingerichtet:
01805 777007 (Montag bis Freitag von 9:00
bis 16:00 Uhr)
Eine MS-Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe finden
Sie über:
NAKOS
Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen
Otto-Suhr-Allee 115
10585 Berlin-Charlottenburg
Telefon 030 31018960
Telefax 030 31018970
[email protected]
www.nakos.de
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MS und Pflegebedürftigkeit
Je nach Verlauf einer MS-Erkrankung kann diese ab einem bestimmten Zeitpunkt zur
Pflegebedürftigkeit führen. In einer solchen Situation ist es wichtig, von vornherein
das Richtige zu tun.
Zwar unterscheidet sich eine professionelle Pflege
bei MS in den Grundsätzen nicht von der Pflege bei
anderen chronischen Erkrankungen – dennoch gelten
für die Pflege von MS-Kranken Besonderheiten.
Bei der MS kommt es durch Entzündungsherde
und sklerotische Plaques in Gehirn und Rückenmark
zu Nervenstörungen, die zu einer vollständigen
Lähmung betroffener Muskeln führen können, in
seltenen Fällen des ganzen Körpers.
MS hat jedoch keinen direkten Einfluss auf jene Teile
des Gehirns, die für die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Menschen zuständig sind. Für MS-Kranke
bedeutet Pflegebedürftigkeit deshalb in erster Linie,
auf „körperliche“ Hilfe angewiesen zu sein – die mentalen Fähigkeiten wie z. B. Denken, Problemlösen und
Lernen sind grundsätzlich unverändert. In diesen
Bereichen benötigen Betroffene keine Hilfe im eigentlichen Sinne, sondern in erster Linie Anerkennung
und Respekt.
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In diesem Kapitel haben wir die wichtigsten Besonderheiten bei der Pflege von MS-Kranken zusammengefasst. Umfangreiche Informationen zum Thema
„Pflege“ finden Sie in unseren Broschüren „Zu Hause
pflegen“ und „Das Wichtigste zum Thema Wundliegen“. Diese Broschüren können Sie telefonisch in
Ihrer KKH Service­stelle anfordern.
Den richtigen Pflegedienst finden
Soweit es möglich ist, sollten pflegebedürftige
MS-Kranke in ihrer gewohnten Umgebung leben
und von Pflegekräften betreut werden, die täglich
ins Haus kommen. Achten Sie bei der Auswahl der
Pflegekräfte bzw. des Pflegedienstes darauf, dass
dieser auf die Betreuung von MS-Kranken spezialisiert ist. Dabei bedeutet eine Spezialisierung aber
nicht, „unter anderem auch MS-Kranke“ zu betreuen
oder in diesem Bereich „Erfahrungen gemacht“ zu
haben. Wegen der speziellen Anforderungen gibt es
mittlerweile eine zertifizierte Fachfortbildung für
die Pflege von MS-Kranken.
Einen Pflegedienst, dessen Mitarbeiter erfolgreich
an einer solchen Fachfortbildung teilgenommen
haben, finden Sie z. B. über die Deutsche Multiple
Sklerose Gesellschaft (www.dmsg.de). Die Auszeichnung „DMSG-geprüfter Pflegedienst“ wird nur verliehen, wenn mindestens zwei examinierte Fachkräfte eines Pflegedienstes erfolgreich an einer
50-stündigen Fachfortbildung teilgenommen
haben und sich außerdem regelmäßig fortbilden.
Das richtige Pflegeheim finden
Ist die Pflege zu Hause nicht mehr möglich, muss
ein Platz in einem geeigneten Pflegeheim gefunden
werden. Das wirft jedoch oft Probleme auf, da es in
Deutschland noch zu wenig spezialisierte Pflegeeinrichtungen oder betreute Wohn­einheiten gibt.
Pflegebedürftige MS-Kranke werden deshalb häufig
in Altenheime eingewiesen, um wenigstens die
medizinische und hygienische Pflege sicherzustellen.
Die Unterbringung von MS-Kranken in Altenheimen
oder nicht dafür ausgerichteten Pflegeheimen ist
natürlich keine ideale Lösung. Erfahrungen zeigen,
dass in solchen Einrichtungen zwar die medizinische
Grundversorgung gegeben ist – eine an den mentalen Fähigkeiten des Betroffenen ausgerichtete soziale
Betreuung kommt allerdings meist viel zu kurz.
Ein geeignetes Pflegeheim finden Sie ebenfalls
über die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
(www.dmsg.de). Weitere Informationen dazu sowie
umfangreiche Listen mit kritischen Fragen, mit denen
Sie die Eignung möglicher Pflege­dienste und Pflegeheime hinterfragen können, haben wir für Sie in
unserer Broschüre „Zu Hause pflegen“ zusammengestellt.
Das richtige Maß an körperlicher
Hilfe finden
Die Symptome bei MS können von einem Tag zum
anderen variieren und in unterschiedlicher Stärke
auftreten. Kann ein Betroffener z. B. mehrere
Wochen lang einen Arm nicht bewegen, so kann
sich dies von einem Tag zum anderen auch wieder
ändern. Speziell geschulte Pflegekräfte kennen die
Symptome von MS sehr genau und wissen um
solche Phänomene. Sie fragen den MS-Kranken
deshalb jeden Morgen aufs Neue, ob sich Verände­
rungen ergeben ha­ben, und finden so das
richtige Maß an körperlicher Hilfe. Eine solche
tägliche Absprache verhindert, dass MS-Kranke
unterfordert oder, bei Zunahme der Symptome,
überfordert werden. Sprechen Sie Ihre Pflegekräfte
gegebenenfalls darauf an, wenn Sie das Gefühl
haben, dass man Ihre körperlichen Fähigkeiten
unter- oder überschätzt.
Das Selbstbestimmungsrecht wahren
MS-Kranke gelten wegen ihrer Einschränkungen
meist als schwerbehindert. Gelegentlich veranlasst
dies jedoch selbst professionelle Pflegekräfte dazu,
Betroffene nicht nur bei den körperlichen Verrichtungen zu unterstützen, sondern auch zu bestimmen,
was sie tun und was sie lieber lassen sollten. Dahinter
steckt natürlich keine böse Absicht, sondern eher der
Wunsch, möglichst umfassend zu helfen.
Als MS-Kranker dürfen Sie aber gerade von professionellen Pflegekräften erwarten, dass Ihr Recht auf
Selbstbestimmung akzeptiert wird. Vergisst dies
mal jemand, dann sollten Sie ihn auch umgehend
daran erinnern.
Besondere Aufmerksamkeit für die
Sehbehinderung
Eines der häufigsten Probleme besonders bei pflegebedürftigen MS-Kranken ist die zunehmende
Verschlechterung des Sehvermögens. Damit sich
Betroffene dennoch gut zurechtfinden, haben sie
ihr Umfeld meist sehr exakt geordnet. So steht z. B.
das Telefon immer an derselben Stelle auf dem Tisch.
Auf MS spezialisierte Pflegekräfte sind über diesen
Umstand informiert und verlegen keine Gegenstände
ohne Absprache – falls es doch einmal vorkommt,
sollte ein Hinweis darauf genügen.
Soziale Betreuung in der Familie
Eine Pflege zu Hause bedeutet für alle anderen
Familienmitglieder meist eine große seelische und
körperliche Belastung. Dass dabei Konflikte auftreten, ist menschlich und verständlich. Da­mit es
jedoch nicht zu einer andauernden Überforderung
kommt und Konflikte nicht eskalieren, sollten MSKranke und ihre Angehörigen die möglicherweise
auftretenden Probleme schon im Voraus mit ihrem
Arzt und den Pflegekräften besprechen. Auf diese
Weise lernen sie, im Falle eines Falles richtig zu
reagieren. Gute An­sprechpartner für diese Problematik können auch Mitbetroffene in Selbsthilfegruppen sein.
19
Häufige Fragen zu MS und ihre Antworten
Eine Broschüre kann noch so ausführlich sein, dennoch bleiben immer Fragen offen.
Zu den wichtigsten Fragen haben wir die Antworten zusammengestellt.
20
Ist MS erblich?
MS wird nicht direkt von den Eltern an ihre Kinder vererbt,
MS ist demnach keine Erbkrankheit. Wissenschaftler vermuten aber, dass betroffene Eltern eine gewisse Empfänglichkeit für MS an ihre Kinder weitergeben können, die das
Auftreten der Krankheit begünstigt. Dafür spricht, dass MS
unter Verwandten deutlich häufiger auftritt: Geschwister
von Betroffenen erkranken 20-mal, Eltern und Kinder
zwölfmal und entfernte Angehörige fünfmal häufiger als
der Bevölkerungsdurchschnitt. Das Risiko für Kinder und
Geschwister von Betroffenen, ebenfalls an MS zu erkranken, ist mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von
zwei bis vier Prozent aber relativ gering.
Ist MS ansteckend?
Nein. Auch wenn eine Infektion mit Viren oder Bakterien
viele Jahre vor dem Ausbruch der MS eine Rolle bei der
Entstehung spielen könnte: MS überträgt sich nicht von
einem Kranken auf einen Gesunden.
Wird MS eines Tages heilbar sein?
Wissenschaftler finden immer mehr Details über die
Ursachen und Entstehungsmechanismen der Krankheit
heraus. Das macht es wahrscheinlich, dass es eines Tages
medizinische Möglichkeiten geben wird, mit denen sich
MS von vornherein verhindern oder nach ihrem Ausbruch
heilen lässt. Bis dahin gilt: Je früher die MS diagnostiziert
wird, desto erfolgreicher lässt sie sich fachgerecht behandeln.
Stirbt man an MS?
Etwa die Hälfte aller Betroffenen kann mit einem Verlauf
ohne schwerwiegende Einschränkungen rechnen. Und für
die meisten Betroffenen gilt, dass sich ihre Lebenserwartung durch MS nicht ändert. Nur wenige Erkrankte sterben
an den Komplikationen einer weit fortgeschrittenen MS.
Ist MS schmerzhaft?
Schmerzen können z. B. durch Spastiken auftreten und die
Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Es
gibt heute allerdings sehr moderne Medikamente und
Methoden, um Schmerzen zu beseitigen oder deutlich zu
lindern. Wenn Sie Schmerzen haben, sollten Sie umgehend
mit Ihrem Arzt darüber sprechen.
Wann sollte der Arzt
eingeschaltet werden?
Fragen Sie Ihren Arzt, wie oft er Sie auch ohne besonderen
Anlass sehen möchte und bei welchen Veränderungen Sie
ihn sofort benachrichtigen sollen. Neue Symptome und
Veschlechterungen sollten Sie ihm stets sofort mitteilen,
da sie auf den Anfang eines neuen Schubs hinweisen
können. Es könnte auch sein, dass ein neues Gesundheitsproblem gar nicht mit der MS zusammenhängt, aber trotzdem einer ärztlichen Behandlung bedarf. Auch dafür wäre
Ihr Arzt der richtige Ansprechpartner.
Wie wirkt sich Stress auf die MS aus?
MS wird durch Stress oder Überanstrengung nicht ausgelöst, kann dadurch aber vorübergehend verschlechtert
werden. Im Prinzip kann aber auch jede andere Krankheit
die MS verschlechtern.
Können Impfungen die MS
verschlimmern?
Impfungen bei MS sind bis auf wenige Ausnahmefälle bedenkenlos. So sollten Sie sich nicht während eines Schubs,
einer Kortisontherapie oder einer Therapie mit Medikamenten, die auf das Immunsystem wirken, impfen lassen,
da es sonst zu Komplikationen kommen könnte. Außerdem
sollten keine sogenannten Lebendimpfstoffe eingesetzt
werden, da sie ebenfalls einen Schub begünstigen können.
Sprechen Sie bei nächster Gelegenheit mit Ihrem Arzt
über dieses Thema.
Was tun bei Blasenstörungen?
Viele MS-Kranke haben nie mit Blasenstörungen zu tun.
Wenn jedoch z. B. bei einem neuen Schub Blasenstörungen
auftreten, können schon „Kleinigkeiten“ wie sehr häufiges
Wasserlassen die Lebensqualität beeinträchtigen. Sprechen
Sie umgehend mit Ihrem Arzt darüber, wenn bei Ihnen
Blasenstörungen auftreten. Hilfe ist meist sehr gut möglich.
21
Sind Haustiere erlaubt?
Ja, Haustiere sind sogar zu empfehlen. Denn Tiere tun nicht
nur gesunden Menschen gut, sie bedeuten besonders für
chronisch Kranke oft eine wertvolle Abwechslung.
Krankheitserreger, die von Tieren auf Menschen übertragen
werden können, spielen Studien zufolge bei der Entstehung
von MS keine Rolle.
Wie wirkt sich Alkohol auf die MS aus?
Gegen ein Glas Wein beim Essen oder ein Bier spricht auch
bei MS nichts. Dennoch sollten MS-Kranke mit dem Alkohol maßhalten. Größere Mengen Alkohol haben bei jedem
Menschen negative Wirkungen; bei MS-Kranken können
diese Wirkungen wegen der Entzündungsherde in Gehirn
und Rückenmark deutlich stärker ausfallen und die Symptome der MS verschlimmern.
Welche Vorteile bringt ein Schwerbehindertenausweis?
Wenn Krankheiten zu Behinderungen führen, gelten für
die Betroffenen spezielle sozialrechtliche Bestimmungen
und Gesetze. Nach dem Schwerbehindertengesetz z. B. wird
eine Behinderung unabhängig von ihrem Einfluss auf die
Erwerbstätigkeit beurteilt. Die Regelungen, die vom Grad
der Behinderung abhängen, beziehen sich u. a. auf den
Kündigungsschutz, die Steuerlast oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Die wichtigste Voraussetzung für die Anerkennung als
Schwerbehinderter sind nachweisbare Behinderungen –
die Diagnose MS allein reicht nicht aus. Allerdings sollten
grundsätzlich die Vorteile eines Schwerbehindertenausweises gegen mögliche Nachteile abgewogen werden.
Denn bei der Stellensuche z. B. könnte ein Arbeitgeber
wegen der gesetzlichen Auflagen einen gleich qualifizierten
Nichtbehinderten bevorzugen. Sprechen Sie gegebenenfalls
mit Ihrem Versorgungsamt über diese Themen, es informiert
Sie auch ausführlich über den Antrag auf Anerkennung als
Schwerbehinderter.
22
Bei Fragen steht Ihnen die Pflegeberatung
gern zur Verfügung. Kontakt über die KKH
Gesundheitshotline 089 950084188 oder
per E-Mail unter: [email protected]
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F 7293 – 12/15
Die Pflegekasse bei der KKH
Karl-Wiechert-Allee 61
30625 Hannover
[email protected]
www.kkh.de

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