D - Horizont

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D - Horizont
REPORT
HORIZONT 24/2015
23
11. Juni 2015
www.horizont.net/report
OUT-OF-HOME
Ganz nah am Leben Belege, bitte!
ZUM THEMA
Von Joachim Thommes
Die Außenwerber wollen vom
Trend zur Region profitieren.
Individueller Zuschnitt und
visuelle Relevanz von Plakat
sollen dazu beitragen
D
enke global, handle lokal. Der
Spruch, der meist auf Englisch daherkommt („think
global, act local“), ist nicht
mehr ganz frisch. Aber der Trend zum
Regionalen, Vertrauten und Heimeligen
hält an. Konsumenten sind bereit, für
Produkte aus ihrer näheren Umgebung
mehr Geld auszugeben. Sei es, weil sie
sich höhere Qualität, größere Sicherheit
und mehr Nachhaltigkeit versprechen,
sei es, weil sie Bekanntes und Beständigkeit suchen. Mehr und mehr Unternehmen werben darum mit einem örtlichen
Bezug. Auch per Außenwerbung.
Die ist zwar, wie der Igel vorm Hasen,
längst da. Denn sie steht und hängt ja seit
je an der Straße, um die Ecke, im Viertel.
Und ihre Aussteuerung mittels Geodaten wird auch schon lange praktiziert.
Aber das Potenzial nimmt zu. „Regiona-
le Werbung wird in unserer fragmentierten Medienwelt stärker nachgefragt“,
sagt Dirk Mittmann, Geschäftsführer
von Weischer Regio, Hamburg. Die
Tochter des Spezialmittlers Jost von
Brandis ist Ende vergangenen Jahres just
zu dem Zweck gegründet worden, Unternehmen für die lokale Außenwerbung
und das Kino am Ort zu gewinnen. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sollen „individuelle
Lösungen“ entwickelt werden, zudem
steht die Regionalisierung nationaler
Markenkampagnen auf der Agenda.
mühungen von Google und Co hinzu.
Aus seiner Sicht haben auch nicht die
Onliner das Targeting erfunden, sondern die Außenwerber. Denn von Anfang an bewerteten und selektierten die
Spezialmittler die Aushangstellen, um
der jeweiligen Zielgruppe so nah wie
möglich zu kommen.
R
I
m Zuge der Qualitätsoffensive in der
Außenwerbung sind vor allem auf
dem Land zahllose Plakatstellen
minderer Güte abgebaut worden. Dass
nun ein Mangel an Flächen herrsche, findet Mittmann jedoch nicht. Denn weniger sei mehr. Zwar fehlt es zumeist an
den schicken Citylights oder gar digitalen Werbeträgern. Aber auch die Allgemeinstelle in der Ortsmitte und die
Großflächen am Bahnhofsparkplatz
brauchten sich nicht zu verstecken. „Ihre
visuelle Relevanz ist oft größer als in der
Großstadt“, sekundiert Kai-Marcus
Thäsler, Managing Director von Posterscope Deutschland, Hamburg. Im Dick-
Ortel Mobile: Botschaft in der Muttersprache
icht der Städte gebe es eben viel mehr
Werbung, die um Beachtung konkurriere. Und wenn auf dem Plakat das bekannte Gesicht des Filialleiters auftauche, werde die Werbewirkung nochmals
gesteigert.
„Out-of-Home ist mitten im Leben,
nicht in der virtuellen Welt“, fügt Thäsler mit einem Seitenhieb auf lokale Be-
egional muss nicht ländlich heißen. Wie sich nationale Kampagnen in Ballungsgebieten und ihrem Umfeld auf eng begrenzte Gebiete
zuschneiden lassen, demonstriert Ortel
Mobile, Düsseldorf. Der Mobilfunkanbieter hat seine Werbung auf zehn Zielgruppen mit verschiedenen Muttersprachen – etwa Italienisch, Rumänisch und
Türkisch – angepasst. Dabei wurden der
ursprüngliche Claim „Wir sprechen eine
Sprache“ in „Wir sprechen deine Sprache“ abgewandelt und die Gesichter der
Testimonials in die Farben der jeweiligen
Landesflagge gehüllt. Der Clou: Es wurden nur solche Straßenzüge, Einkaufszentren, Bahnhöfe und Autobahnraststätten ausgewählt, in denen die Zielgruppen besonders präsent sind. „Wir
holen sie in ihrem Alltag ab“, erklärt
Gordon Röber, Mitglied der Geschäftsleitung Ortel Mobile.
Seit Jahren erhöhen sich die Aufwendungen für die Außenwerbung jährlich um
ein paar Prozent. Das kann nicht jede
Gattung von sich behaupten. Am meisten
Musik ist bei den digitalen Out-ofHome-Medien drin: Ihr Zuwachs liegt in
der Regel im zweistelligen, manchmal sogar fast dreistelligen Bereich. Davon profitieren vor allem Branchen-Primus Ströer und diverse Spezialisten, die hauptsächlich im Einzelhandel unterhalten.
Hier ist innerhalb der Außenwerbung ein
zweiter Anbietermarkt entstanden – fernab der traditionellen Medien wie Großfläche, Säule und Citylight. Doch während
Ströer Erfolge vorweisen kann, müssen
die kleinen Vermarkter erst noch beweisen, dass es sich lohnt, ihre Werbeträger
zu buchen. Bildschirme im letzten Winkel des Supermarkts, ein Display auf dem
Geldschälchen im Tabakladen: Will jemand ernsthaft behaupten, das habe eine
Werbewirkung? Die Zeit, in der es genügte, „Screen!“ zu rufen, und alle wollten
ihn haben, ist glücklicherweise vorüber.
Nun müssen Fakten sprechen. Wer die
nicht liefern kann, dem bleibt bald nur
der Katzenjammer.
Joachim Thommes,
Ressort Specials
Anzeige
24 REPORT OUT-OF-HOME
HORIZONT 24/2015
11. Juni 2015
Jenseits des Geschachers
Totgesagt wurden sie schon mehrfach. Doch die Spezialmittler haben ihre Nische im Schatten
der Agentur-Networks gefunden – weitgehend unabhängig vom Konditionenpoker der Großen
N
Who’s Who
Mit mehr als 200 Millionen
Euro Einkaufsvolumen gehört
Jost von Brandis, Hamburg, zu
den größten unabhängigen
Spezialmittlern. In derselben
Liga spielt die Düsseldorfer It
Works mit ihren Töchtern Mais
(Geotargeting) und Reis
(Einzelhandel). Geomarketing
und regionales Marketing ist
auch die Domäne von Planus
Media in Köln, weitere wichtige Player sind die ASS Werbe
GmbH, ebenfalls Köln, die
Baden-Badener Posterselect
und CAW Media in Bünde
(beide Regio- und Händlerwerbung). Daneben gibt es
zahlreiche kleinere unabhängige Spezialmittler sowie die
Out-of-Home-Ableger der
großen Agenturnetworks.
INHALT
Interview: Christian von den Brincken,
Ströer, über Out-of-Home und Online. 26
Ambient: Werbungtreibende wünschen
mehr Treffsicherheit.
27
Planung: Bei digitalen Kampagnen ist noch
Handarbeit nötig.
28
Klassiker: Plakatunion-Chef Andreas Paul
schwört auf Großfläche und Co.
29
Flughäfen: Airports sind auch ein Spielfeld
für B-to-B-Marken.
30
Kontroverse: Sind künftig die Spezialmittler oder die Digital-Agenturen gefragt? 31
ein, über Rabatte reden sie
nicht gerne. Oder höchstens
abends nach dem dritten Bier.
Natürlich geht es immer nur
um Qualität und Beratung, wenn Spezialmittler für Außenwerbung ihre Arbeit
tun. „Die Kunden erkennen und haben
erkannt, dass Rabatt keine Qualität ersetzen kann und auf Dauer doch teuer erkauft ist“, erklärt Udo Raschendorfer, Geschäftsführer von Planus Media, Spezialagentur für Außenwerbung in Köln.
Auch nach Abzug aller Rabatte boomt
der Markt: Mit 926 Millionen Euro lagen
die Werbeeinnahmen bei Out-of-Home
2014 laut Zentralverband der deutschen
Werbewirtschaft (ZAW) um fast 4 Prozent über dem Vorjahr. Netto wohlgemerkt – in einem insgesamt eher stagnierenden Werbemarkt. Beratungsbedarf
gibt es genug, glaubt Raschendorfer:
„Out-of-Home ist heute eher komplexer
geworden im Vergleich zu den Anfangszeiten der Spezialagenturen.“
Doch gleichzeitig hat sich das Feld der
relevanten Anbieter reduziert, und wie
die anderen Medienanbieter suchen auch
die Out-of-Home-Vermarkter den direkten Kundenkontakt. Als ernstzunehmende Konkurrenz empfindet Andreas
Kiechle, Prokurist bei der Baden-Badener
Agentur Posterselect, sie aber nicht:
„Während die Vermarkter auf ihr bestehendes Angebot zugreifen müssen, haben
wir den gesamten Markt im Überblick.“
Der größte Wettbewerb droht den
Spezialmittlern ohnehin aus den eigenen
Reihen. Ob Omnicom (OMG Outdoor),
Group M (Kinetic) oder Dentsu Aegis
(Posterscope) – die großen Agenturnetzwerke haben alle längst ihre eigenen Spezialmittler-Units innerhalb der Networks
aufgebaut. Die Folge: Die großen Out-ofHome-Etats nationaler und internationaler Werbungtreibender kommen oft
gar nicht mehr auf den Markt, sondern
werden im Rahmen des gesamten Mediapakets innerhalb der Networks abgewickelt.
Die zunehmende Internationalisierung der Mediaplanung sei für Spezialmittler schon deutlich spürbar, so Udo
Schendel, Geschäftsführer von Jost von
Brandis, Hamburg. Mit einem Einkaufsvolumen von über 200 Millionen Euro
besitzt der unabhängige Spezialmittler
immerhin die Größe, um in der Liga der
Network-Agenturen mitspielen zu können. „Dies hat sicherlich einen positiven
Impact auf unsere Fähigkeit, sehr attraktive Konditionen anbieten zu können“,
stellt Schendel fest. Trotzdem werde jeder
Etat kundenbezogen verhandelt.
D
ass aber so mancher Anbieter
Flächen unter Preis anbietet, um
vor allen Dingen die nicht immer ausgelasteten Netzkontingente abseits der großen Städte an den Mann zu
bringen, ist ein offenes Geheimnis. Thaddäus Assenmacher nimmt kein Blatt vor
den Mund: „Es hält sich kein einziger Anbieter in Deutschland beim Rabattpoker
zurück.“ Der Geschäftsführer des Kölner
Spezialmittlers ASS Werbe hält das für
fatal. „Man wird nie in der Lage sein,
einen Kunden, den man durch Rabatte
für Plakat gewonnen hat, wieder auf ein
preisliches Normalmaß zu bringen.“ Da
sei es fraglich, wer dabei noch Geld verdiene.
trale Beratung. Und sehr viel Handarbeit:
„Sofern keine Netzbuchung oder Ähnliches vorhanden ist, sichten wir jede
Werbefläche manuell, um sie dann in den
Mediaplan zu integrieren. Ein immenser
Aufwand“, weiß Kiechle. Nicht selten
prüfen die Posterselect-Planer 1000 Flächen und mehr pro Kampagne.
D
ine solche Nische hat auch Posterselect belegt. Die Baden-Badener
sind primär im regionalen Markt
und im Handelsmarketing unterwegs.
Hier zählen laut Kiechle weniger der Preis
als das Know-how vor Ort und eine neu-
iese Liebe zum Detail und tiefes
Expertenwissen sind es auch, was
die unabhängigen Spezialmittler
nach Ansicht von ASS-Chef Assenmacher
unentbehrlich macht. Er ist zudem stolz
auf ganz simple Planungsansätze wie die
Hotspot-Plakatierung, die ASS für Kunden mit kleinerem Budget entwickelt hat:
„Lieber an frequentierten Kreuzungen alle Werbeträger belegen, als vereinzelt in
der Stadt zu hängen.“ Neuester Coup: Der
48-Stunden-Service – eine komplette Plakatkampagne inklusive Druck, Planung,
Buchung, Versand und Klebung. „Das
kann bis dato kein anderer in Deutschland“, behauptet Assenmacher.
Stillstand wäre tödlich für einen Berufsstand, dessen Business sich im Zuge
der Digitalisierung und der Medienkonvergenz gerade nahezu in Überschallgeschwindigkeit weiterentwickelt. Der klassische Plakatplaner ist heute mit Begriffen
wie Social Media, Bewegtbild, Beacons,
Targeting oder Programmatic Advertising konfrontiert. Für Spezialmittler, die
immerzu am Ball bleiben müssen, ist das
Chance und Risiko zugleich. Assenmacher blickt jedoch zuversichtlich in die
Zukunft: „Wir haben uns trotz aller Widrigkeiten über zwei Jahrzehnte auf dem
Markt der Außenwerbung unabhängig
gehalten, und nur so macht es mir persönlich auch Spaß.“
nicht. Denn das Marktforschungsinstitut hat
2012 die Grundlage seiner Erhebung verändert:
Seither werden unter Out-of-Home auch die
Aufwendungen für die Transport-Medien und
die Werbung am Point of Sale verbucht.
Der Unterschied zwischen einer Brutto- und
einer Netto-Betrachtung lässt die vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW)
erstellte Netto-Statistik für 2014 erahnen: Ihr
zufolge wurden vergangenes Jahr 926 Millionen
Euro für Out-of-Home aufgewandt. Allerdings
fließen in die ZAW-Erhebung teilweise andere
Medien ein als bei Nielsen.
Am Point of Sale sind digitale Werbeträger
schon weiter verbreitet als anderswo. Doch auch
hier liegt die Großfläche mit Abstand vorn. TS
E
IM FOKUS: Umsätze
In den Monaten Mai 2014 bis einschließlich
April dieses Jahres wurden hierzulande brutto
knapp 1,6 Milliarden Euro in Out-of-Home
investiert. Das entspricht einem Zuwachs von 7
Prozent gegenüber der Vorperiode. Dies besagt
die Statistik von Nielsen, die auf den Listenpreisen basiert – mithin keinerlei Rabatte
berücksichtigt. Das Plus der Außenwerbung
wird in diesem Zeitraum lediglich von Kino
übertroffen, das um 28 Prozent zugelegt hat.
Nielsen zufolge ist der Außenwerbung im Jahr
2011 zum ersten Mal der Sprung über die Marke
von einer Milliarde Euro gelungen. 2013 beliefen sich die Spendings bereits auf 1,5 Milliarden
Euro. Ganz so stürmisch, wie die nackten Zahlen
suggerieren, verlief die Entwicklung allerdings
Im Handel dominiert der Klassiker
Wachstum: Out-of-Home ist Zweiter
Stückzahlen von Out-of-Home-Medien nach Handelstypen
Typ
Anzahl Outlets
Bruttospendings in Above-the-Line-Medien
Großfläche
Digitale Screens
(indoor)
0
Discounter *
11 858
3 830
Getränkeabholmärkte
10 335
788
0
Verbrauchermärkte klein **
4 467
1 925
672
Drogeriemärkte
Verbrauchermärkte groß ***
4 350
32
0
3 903
2 300
484
HORIZONTREPORT
Supermärkte
3 236
603
186
Baumärkte
2 328
149
2
ist ein Sonderteil von HORIZONT,
Zeitung für Marketing, Werbung und Medien
Elektronikfachmärkte
1 036
18
526
955
74
0
SB-Warenhäuser ****
686
552
339
Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.),
Einkaufszentren
509
18
153
Volker Schütz, Jürgen Scharrer
Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer
Telefon 069/7595-2695
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Joachim Thommes
E-Mail: [email protected]
Der Kunde ist der eigentliche Verlierer
solcher Deals. Wenn Preisnachlässe eine
größere Rolle als Qualität spielen, werden
bei der Planung der Zielgruppen und
Auswahl der Medien in der Regel nicht
alle Möglichkeiten ausgeschöpft. "Das Ergebnis ist ein Mediamix, bei dem die Werbewirkung unter dem bleibt, was eine weniger mengenorientierte Planung vermocht hätte", sagt Schendel.
Tiefergehende Beratungsqualität, ausgefeiltere Tools, Investitionen in Geomarketing, Marktforschung und Online-Buchungssysteme sind deshalb die Argumente, mit denen besonders die unabhängigen Spezialmittler werben. „Unser
Out-of-Home-Geschäft ist kein Abfallprodukt eines großen Gesamtetat-Gewinns. Wir müssen uns mit innovativen
Planungsansätzen, qualitativ hochwertigem Einkauf und fortschrittlichen Programmen immer wieder um bestehende
und neue Kunden bemühen“, unterstreicht Raschendorfer.
Seine Agentur Planus, die auf Geomarketing und regionale Planung spezialisiert ist, hat Millionen in die Entwicklung ihrer Tools und die Integration umfangreicher Daten investiert. Mit dieser
Expertise haben sich die Kölner eine Nische geschaffen, „die es uns erlaubt, mit
unseren Kunden und potenziellen Kunden in einen Dialog abseits der reinen
Rabattschlacht zu treten“, so Raschendorfer.
Kaufhäuser
Cash & Carry
Summe
375
281
2
44 038
10 570
2 364
* ohne Aldi
** 800 bis 1500 Quadratmeter
*** 1500 bis 5000 Quadratmeter
**** mehr als 5000 Quadratmeter
Quelle: It Works, Nielsen, Januar 2015
Bruttospendings in Mio. Euro
1. Mai 2014 bis 30. April 2015
Veränderung zur
Vorperiode in Prozent
13 155
12 442
Fernsehen
6
4 686
4 702
Zeitungen
0
3 511
3 560
Publikumszeitschriften
–1
3 246
3 145
Online
3
Radio
1 620
1 589
2
Out-of-Home
1 595
1 486
7
Fachzeitschriften
Kino
Gesamt
HORIZONT 24/2015
Bruttospendings in Mio. Euro
1. Mai 2013 bis 30. April 2014
Quelle: Nielsen
399
399
0
132
104
28
28344
27426
3
HORIZONT 24 /2015
ILLUSTRATION: TIMUR ARBAEV / COLOURBOX
Von Vera Günther
26 REPORT OUT-OF-HOME
HORIZONT 24/2015
11. Juni 2015
„Mehr Beweglichkeit“
Christian von den Brincken,
Geschäftsführer Business Development
von Ströer, über die Verknüpfung von
Out-of-Home und Online
griert, unter anderem um Behavioral Targeting gegebenenfalls auch in Out-ofHome einsetzen zu können.
Von Joachim Thommes
S
FOTO: MARCUS MUELLER-SARAN
tröer-Mann Christian von den
Brincken fordert die Werbungtreibenden dazu auf, in Out-ofHome größere Flexibilität an den
Tag zu legen. Von der Zweitverwertung
von TV- und Online-Spots in der Außenwerbung hält er nichts: Botschaften
müssten immer auf den Werbeträger zugeschnitten sein.
Ströer wandelt sich vom Außenwerber
zum Medienkonzern mit Schwerpunkt
im Digitalen. Welchen Nutzen hat Outof-Home davon?
Out-of-Home und Online zu kombinieren bedeutet, das Beste aus beiden Welten
zu verbinden: die große Reichweite der
Außenwerbung, die sich sehr schnell aufbauen lässt, mit der hohen Flexibilität des
Digitalen. Das machen wir mit unseren
digitalen Videonetzen in Einkaufszentren, Bahnhöfen und im Nahverkehr. In
großen Bahnhöfen können wir bis zu einer halben Million Passanten pro Tag ansprechen – so viele wie an keinem anderen Ort in einer Stadt. Wie gesagt per
Video – das ist etwas anderes als das übliche Digital Out-of-Home, das bloß
wechselnde Standbilder anzubieten hat.
Wie sieht die Verknüpfung von Out-ofHome und Online praktisch aus?
Ein gutes Beispiel ist eine Kampagne von
Ebay. Es hat sein Warenwirtschaftssystem
an unser Videosystem angedockt und dabei immer wieder kurzfristig entschieden,
welches Produkt gerade beworben wurde
– etwa je nach den Preisen der Wettbewerber. Da geschieht etwas in der Außenwerbung, was wir lange nur vom Internet
her kannten: Ein Werbemittel wird nur
dann ausgespielt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Allerdings – im
Unterschied zum Internet – mit enormer
Reichweite in kurzer Zeit.
Das klassische Plakat hängt eine Woche
oder zehn Tage aus, das digitale kann
im Nu auf neue Umstände reagieren?
So ist es. Die neue Eissorte wird nur beworben, wenn die Sonne scheint. Das
Grippemittel nur dann, wenn in einer
Stadt die Zahl der Grippekranken signifikant gestiegen ist.
Eine solche tagesaktuelle oder sogar tageszeitaktuelle Werbung setzt große
Flexibilität bei der Planung und Umsetzung voraus. Sind die Werbungtreibenden, Agenturen und Mediaagenturen darauf vorbereitet?
Natürlich benötigt diese Art Werbung bestimmte Voraussetzungen. Bisher ist es ja
meist so: Der Vertrieb nennt seine Ziele
der Marketingabteilung, die daraufhin im
Zusammenspiel mit der Kreativagentur
und der Mediaagentur die Kampagne
entwickelt, den Mediamix bestimmt, die
Werbemittel gestaltet und den Zeitraum
festlegt. Erst dann kommt die Ausführung. Das ist umständlich und dauert
lange. Werbung, die sich unterschiedlichen Situationen anpasst, erfordert viel
mehr Beweglichkeit – bei den Entscheidungsstrukturen, den Werbemitteln und
den Budgets.
Braucht eine Marke das bewegte Bild,
um im Kopf des Konsumenten präsent
zu sein, oder geht das auch mit Standbildern und Text?
Natürlich funktioniert das auch mit statischen Bildern und Fotos oder Slogans
und kurzen Texten wie auf dem klassischen Plakat. Beide Medien emotionalisieren auf ihre Weise, sprechen aber tendenziell andere Bereiche beim Konsumenten an. Das herkömmliche Plakat
wirkt eher implizit, also unbewusst, Video eher explizit, es fordert stärker zum
Handeln, das heißt zum Kaufen, auf.
Christian von den
Brincken: „Auf
Smartphones ist die
Akzeptanz der
Konsumenten das
höchste Gut“
Und daran hapert es?
Daran mangelt es manchen Beteiligten
noch. Allerdings ist diese Flexibilität auch
online gefragt – und dort wird sie von
vielen bereits seit Jahren aufgebracht. Es
geht also eigentlich nur darum, diese Geschmeidigkeit und Reaktionsschnelligkeit
auch in der Außenwerbung an den Tag zu
legen.
Wie viele Jahre werden vergehen, bis
das Usus ist?
Fast alle unserer Kunden sagen, dass sie
solche Werbung möchten. Wir geben ihnen die Zeit, die sie brauchen. Denn sie
müssen ja die Regeln definieren, nach denen sie ihre Werbung aussteuern wollen.
Das können wir ihnen nicht abnehmen.
Wie entwickelt sich die Nachfrage?
Sie nimmt allmählich zu.
Muss ein Werbungtreibender nicht
mehrere Zielgruppen haben, wenn unterschiedliche Botschaften Sinn machen sollen?
Immer weniger Unternehmen arbeiten
mit starren Zielgruppen-Profilen, denn
das Konsumverhalten kann sich kurzfristig ändern. Solange Konsumenten nicht
etwas kaufen, weil sie es immer kaufen,
zeigen sie spontane Präferenzen. Das ist
der Moment, in dem Werbung die Kaufentscheidung beeinflussen kann. Darum
In seinen digitalen Netzen setzt Ströer
vor allem auf Bewegtbild. Ist das eine
Einladung an Werbungtreibende und
Agenturen, TV- oder Online-Spots dort
noch einmal – wenn auch tonlos – abzuspielen?
Auf keinen Fall. Die Art einer Botschaft
muss auf den Werbeträger zugeschnitten
sein, um ihr Potenzial zu entfalten. Das
gilt selbstverständlich auch für Public Video, wie wir das nennen. Die Aufgabe
unseres Mediums besteht darin, das Key
Visual aufzugreifen und tiefer zu verankern. Wir können keine langen Geschichten erzählen, das ist die Sache von TV.
Aber wir vervielfachen die Zahl der Kontakte mit dem Markenbild – zu einem
sehr günstigen Preis und oft in unmittelbarer Nähe zum Point of Sale. Das ist
unsere besondere Leistung. Sie wissen ja,
dass die Präferenz für eine Marke umso
größer ist, je höher die Zahl der Bildkontakte ist.
gehen viele Unternehmen dazu über, ihre
Werbung am Verhalten oder am wahrscheinlichen Verhalten ihrer Kunden und
potenziellen Kunden auszurichten. Die
Onliner nennen das Behavioral Targeting. Je nach Situation werden – möglichst in Echtzeit – Zielgruppen gebildet
und angesprochen, bis die nächste Situation mit der nächsten Zielgruppe an der
Reihe ist.
Davon ist die Außenwerbung aber noch
weit entfernt.
Wir haben bereits 2013 das Start-up MBR
Targeting in unser Unternehmen inte-
Ströer
DerDigitalbereichwirdfürdengrößtenAußenwerber Deutschlands mit Sitz in Köln zunehmend zum
Dreh- und Angelpunkt. Zu seinem Segment Ströer
Digital zählen nicht nur die Videonetze in Einkaufszentren, Bahnhöfen und im Nahverkehr, sondern
vor allem sein Engagement als Online-Vermarkter.
Im Vermarkter-Ranking der Arbeitsgemeinschaft
Onlineforschung (Agof) belegt Ströer Digital in
puncto Reichweite den ersten Platz. Im vergangenen Jahr trug die Sparte mit ihrem Wachstum von
90ProzentfasteinFünftelzumKonzernumsatzvon
721 Millionen Euro bei. Mittelfristig soll sie für die
Hälfte des Umsatzes sorgen. Der Konzern hat
derzeit rund 2300 Beschäftigte.
Theoretisch zumindest.
Gut, das hängt natürlich auch von der
Kreation ab. Video besitzt allerdings in
der Regel einen wichtigen Vorteil: Es zieht
wegen der bewegten Bilder, seiner höherwertigen Ausstattung und meist auch
besseren Platzierung größere Aufmerksamkeit auf sich. Das tut ein Citylight
schon mehr als ein bloßes Papierplakat,
Video kann es noch effektiver.
Das Gros Ihrer digitalen Plakate funktioniert nach dem Infoscreen-Prinzip:
Die Werbung ist in Nachrichten und
Wettervorhersage eingebettet. Warum
rücken Sie bei den kürzlich aufgebauten
„Super-Motion-Screens“ im Hamburger Hauptbahnhof davon ab?
Die Attraktivität unserer Netzmedien basiert auf der Verknüpfung von redaktionellen Inhalten und Werbung. Auch das
unterscheidet sie von den Tablets an
Tankstellen. Die Inhalte bilden den Anker, an dem die Werbung festgemacht ist.
Nach diesem bewährten Muster funktionieren ja auch Print und Fernsehen. Die
Super-Motion-Screens in Hamburg werden als Solitäre über den ganzen Buchungszeitraum von einem einzelnen
Kunden belegt. Das ist ein anderes Prinzip, nämlich das der Werbeinsel.
Die digitale Außenwerbung ist potenziell interaktiv. Die bisherigen Versuche
der Kombination von Smartphone und
Plakat – mittels Bluetooth, QR-Codes
und Near Field Communication – finden allerdings wenig Anklang bei den
Passanten. Woran liegt das?
Wir gehören immer zu den Ersten, die
ihren Kunden solche Technologien – zumindest für Feldversuche – offerieren.
Wir sind aber kein Lösungsanbieter und
mischen uns deshalb nicht in strategische
Entscheidungen unserer Kunden ein. Wir
stellen ihnen lediglich die Infrastruktur
bereit, die sie wünschen.
Aber Sie hören etwas läuten von den
Erfahrungen Ihrer Kunden mit diesen
Technologien.
Meiner Ansicht nach tun sich die Werbungtreibenden noch schwer mit der
kurzfristigen Koordination der verschiedenen Partner, die für solche Projekte benötigt werden. Dazu kommt: Die Technologien wechseln so schnell, dass die
Unternehmen mit ihren Planungsprozessen kaum hinterherkommen.
Könnte es sein, dass an der Interaktion
mit einem Plakat überhaupt nur eine
Minderheit der Konsumenten interessiert ist?
Die Logik hat sich hierzulande noch nicht
so durchgesetzt wie in manchen anderen
Ländern – etwa Südkorea und Estland,
wo das viel besser angenommen wird. Es
Christian
von den Brincken
Der 45-Jährige ist seit April 2013 Geschäftsführer
Business Development des Ströer-Konzerns in
Köln. Zuvor leitete er zwei Jahre lang die Abteilung
Marketing und Strategie von Ströer Sales & Services. Zu den beruflichen Stationen des DiplomGeographen zählen unter anderem Nielsen Media
Research und die Mediaagentur Mediacom in
Köln, wo er fünf Jahre Geschäftsführer für Forschung, Planning und Business Development war.
lässt sich natürlich nicht vorhersagen, ob
und wann der Wendepunkt in Deutschland kommt. Aber es wäre falsch, die
Technologien totzureden, nur weil der
Zuspruch anfangs nicht so groß ist.
Vor drei Wochen hat Ströer einen Test
mit Beacons im Düsseldorfer Hauptbahnhof abgeschlossen. Wie haben sich
die Mini-Sender an den Screens geschlagen?
Zwei von fünf der durchschnittlich
250000 Bahnhofsbesucher pro Tag haben
Bluetooth aktiviert. Die eingegangenen
Cases zeigen, dass das Interesse bei Agenturen und Werbungtreibenden, sich mit
dem Thema auseinanderzusetzen, vorhanden und die Technologie vielversprechend ist. Wir gehen davon aus, dass
durch die neuen Wearables das Potenzial
für Beacon-Anwendungen in den Unternehmen noch einmal zunehmen wird.
Worauf müssen Werbungtreibende
beim Einsatz von Beacons und Co am
meisten achten?
Sie müssen Lösungen finden, bei denen
Beacons nicht als Push-Medium verwendet werden. Denn auf Handys und
Smartphones ist die Akzeptanz der Konsumenten das höchste Gut.
HORIZONT 24/2015
REPORT OUT-OF-HOME 27
11. Juni 2015
Wirkt in der
Freizeit:
Werbung in
Strandclub
und Umkleidekabine
Werbung
to go
Die Ansprüche an
Ambient nehmen zu:
Es soll die Zielgruppen
differenzierter und
genauer ansprechen
Von Joachim Thommes
W
enn die Mitarbeiter von
Coffee Ad ausschwärmen,
wollen sie es genau wissen:
Welche Art von Gästen besucht das Straßencafé, das vor drei Wochen aufgemacht hat? Kommt morgens
das gleiche Publikum wie am Abend?
Und wie wirkt sich die Eröffnung auf den
Wettbewerber aus, der schräg gegenüber
ein Café mit 60 Sitzplätzen betreibt? Alles
wird exakt notiert, kategorisiert und in
die Datenbank eingespeist. „Unsere Datenbank mit nach Zielgruppen geclusterten Touchpoints ist unser eigentliches
Produkt“, sagt Vian Feldhusen, Geschäftsführende Gesellschafterin der Berliner Ambient-Agentur. Das erklärt den
Aufwand.
Coffee Ad existiert seit gut fünf Jahren
und ist – wie der Name schon vermuten
lässt – auf Werbung auf Kaffeebechern
spezialisiert. Anfang dieses Jahres hat
Feldhusen zusätzlich die Marke „Ultra“
lanciert, mit der sie vor allem Handelsunternehmen ansprechen will. Seither
werden neben den Bechern beispielsweise
auch Türhänger, Saugnapfkarten und
Poster kreiert und verteilt. Oder auch
Scheibenwischer-Überzieher, etwa für
den Kunden Citroën. Der Autobauer hat
für 13 deutsche Städte je 1000 Stück geordert, die auf parkende Citroëns gesteckt
werden sollten. Die Überzieher aus Karton waren mit abtrennbaren Rabatt-Coupons versehen. Das Ziel: für mehr Besuche bei den Händlern sorgen und
Adressen gewinnen.
C
offee Ad hat zwei Dutzend definierte Zielgruppen, 28 identifizierte Touchpoints und 30 standardisierte Werbeformate im Angebot.
Die Ansprüche der Auftraggeber an Differenzierung und Treffsicherheit nähmen
beständig zu, erläutert Feldhusen. Werbungtreibende haben längst nicht mehr
nur die jungen Leute im Sinn. Der Ambient-Dienstleister Novum Werbemedien in Hannover hat vor drei Jahren ei-
gens für die Generation 50plus eine Tochter gegründet: Ageless Media. Bis dahin
sei dieses Segment nicht so bedient worden, wie es seiner Bedeutung zukommt,
findet Antonio Esmail, in Personalunion
Geschäftsführer von Mutter- und Tochterfirma. Die Generation 50plus kenne
das Medium seit zwei Jahrzehnten, stehe
ihm aufgeschlossen gegenüber und habe
– anders als etwa Schüler und Studenten –
viel Geld für den Konsum.
E
smail bestätigt, dass die Werbungtreibenden an Ambient höhere
Anforderungen stellen als früher.
Gleichzeitig hätten jedoch auch die Möglichkeiten zugenommen: „Wir können
heute viel feiner selektieren.“ So sei die
Zeit, in der beispielsweise Gratispostkarten mindestens für eine Stadt gebucht
werden mussten, vorüber. Inzwischen
könnten etwa nur die Sportbars oder die
Discos oder die Beachclubs ausgewählt
werden. Praktisch könne ein AmbientMedium jeder gewünschten Zielgruppe
an bald jedem Ort in verschiedenen Locations angeboten werden. „Wir gehen
auch aufs flache Land, wo es nicht mal
eine Großfläche gibt.“
Der Novum-Chef zieht gern Vergleiche mit der klassischen Außenwerbung:
Das Plakat vor dem Fitnessstudio etwa
habe schon darum höhere Streuverluste,
weil es im Gegensatz zum Spiegelaufkleber in der Umkleidekabine nicht zwischen Frauen und Männern unterscheide. Esmail räumt aber ein, dass es – außer
den Gratis-Postkarten – kaum AmbientMedien gebe, die hohe Reichweiten erzeugen. Dies falle der Klassik leichter. Dagegen werde Ambient von den Zielgruppen zumindest akzeptiert, wenn nicht als
sympathisch empfunden. „Diese Kontakte besitzen eine höhere Qualität.“
W enn denn die Unternehmen und
Agenturen mitspielen. Es ist kein Geheimnis, dass mancher Ambient-Dienstleister die Werbemittel über die Maßen
streut. Zudem haftet dem Medium das
Image als Guerilla-Instrument an – was
die eine Zielgruppe begeistert, lässt die
andere reserviert reagieren.
„Ambient ist Werbung in Freizeitumfeldern“, sagt Stefan Wasmuth, Vorstand
United Ambient Media, Hamburg. In der
Regel werde es nicht allein eingesetzt,
sondern ergänze andere Medien. „Wir
erreichen spitze Zielgruppen mit überschaubaren Budgets und erzielen in ihnen eine gute Reichweite.“ Im Unterschied zur klassischen Außenwerbung
müssten Ambient-Medien nicht lange
im Voraus gebucht werden, sondern
stünden innerhalb weniger Tage zur Verfügung.
K
unden und Interessenten sind
nicht so ganz von Ambient überzeugt. Laut dem Trendbarometer
2015 des Fachverbands Ambient Media,
Köln, wirkt die Gattung zwar zielgruppengenau, besitzt eine hohe Kontaktqualität und ist nachhaltig. Aber in puncto
Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten,
Streuung und Reichweite haben die 501
Befragten doch leichte Zweifel. Esmail,
Vorstandsvorsitzender des Verbands,
kann diese Kritik nicht nachvollziehen:
„Offenbar sind die Möglichkeiten von
Ambient nicht jedem Befragten bekannt“, meint er. Das findet auch CoffeeAd-Chefin Feldhusen, die dafür plädiert,
mehr Geld in Wirkungsstudien zu investieren.
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28 REPORT OUT-OF-HOME
HORIZONT 24/2015
11. Juni 2015
FOTO: WALL
Ganz ohne
Content:
Werbung pur
bei Wall
Angeklickt und angeblickt
Digitale Außenwerbung
per Mausklick bleibt
die Ausnahme. Aber
die Planung wird
durchschaubar
S
Von Vera Günther
echs Quadratmeter Videoboard
am Potsdamer Platz in Berlin, zwei
Screens in der St. Ulrich Apotheke
in München – der Einkaufskorb
bei DOOHmakers.de ist oft nur spärlich
gefüllt. Statt Kleidung, Möbel, Büchern
bietet der neue Onlineshop der Koblenzer
Plakat-Mediaagentur Contrast Media
Service digitale Außenwerbung an. Werbeträger können angeschaut, angeklickt
und in den Einkaufskorb gelegt werden.
Als Selektionskriterien stehen verschiedene Zielgruppen und Touchpoints zur
Auswahl. „Die wenigsten buchen hier
Werbeflächen für 100000 Euro und bezahlen dann per Paypal“, erklärt Stefanie
Probstfeld, Head of Marketing bei Contrast. Ähnlich wie über seine Plattform
Plakat-verkauft.de will der Spezialmittler
kleine und mittelständische Unternehmer und Werbeagenturen ansprechen,
die noch nie zuvor digitale Außenwerbung gebucht haben.
Über derartige Tools, wenn auch nicht
öffentlich zugänglich, verfügen auch Spezialmittler wie Jost von Brandis in Hamburg. Dennoch bleiben Planung und Buchung schwierig. „Die Planung von digitalen Kampagnen ist noch mit sehr viel
Handarbeit verbunden, denn wir greifen
dabei auf verschiedene Quellen und Erhebungsmethoden zurück“, sagt Akguen
Karakas, Managing Director bei Media
Team OMD, Düsseldorf. Aktuell sei die
Prognose und Kontrolle der Nettoreichweiten und Durchschnittskontakte nur
theoretisch möglich und „nicht zu 100
Prozent verlässlich“.
taler Außenwerbung schöpfen immer
noch aus den Plakattöpfen, man muss
aber an die Bewegtbild-Etats gehen“, erklärt Winfried Karst, Managing Director
der Digital-Tochter in Unterföhring.
Goldbach bastelt mit Hochdruck an einer
medienübergreifenden
Adserver-Lösung. „Der Weg geht in Richtung programmatische Aussteuerung“, ist Karst
überzeugt. Werbungtreibende sollen ihre
Kampagnen über Adserver per Knopfdruck bis zum einzelnen Screen planen
können.
Über 150 größere und kleinere Anbieter tummeln sich im Markt. Insgesamt
110000 buchbare Werbeträger in 91 Netzwerken an 18000 Standorten zählt das
von der Consulting-Agentur Invidis,
München, zusammengestellte DOOHJahrbuch 2014/2015 auf. Die Formate der
Screens, die Ausstrahlungsfrequenzen
der Werbung und die Aussteuerungstechnik sind dabei ebenso verschieden wie die
Buchungssystematik, die bei den einzelnen Anbietern dahinter steht.
Das Berliner Unternehmen Wall, 100prozentige Tochter des weltweit größten
Außenwerbers JC Decaux, positioniert
sich bewusst als reiner Out-of-HomeAnbieter und setzt bei der Digitalisierung
auf Bewegtbild ohne redaktionelles Umfeld. „Wir konzentrieren uns im Kern auf
Außenwerbung. Der Medienmix aus der
Hand eines Anbieters verwässert die Stärken eines Mediums“, sagt Andreas Prasse,
Vorstand Marketing und Vertrieb. Ganz
anders Konkurrent Ströer: Der Kölner
Vermarkter von Out-of-Home, Online
und mobilen Werbeträgern verfolgt mit
seinen Public Video genannten digitalen
Werbeträgern einen medienübergreifenden Bewegtbildansatz. Online, Mobile
und Public Video lassen sich über einen
gemeinsamen Adserver ansteuern und
buchen. Und wie im Fernsehen gibt es
Content-Schleifen sowie orts- und zeitgenaue Werbeschienen.
D
G
oldbach Germany setzt gleichfalls auf Integration mit TV und
Online. Der Bewegtbildvermarkter, in Österreich und der Schweiz schon
etabliert, drängt seit Januar auf den deutschen Markt: „Die meisten Anbieter digiFOTO: STRÖER
Content plus
Werbung:
Public Video
von Ströer
er Launch des Adservers ist im 3.
Quartal 2015 geplant, bereits im
Winter will Goldmedia eine programmatische Auslieferung anbieten.
Auch in Sachen Mediaforschung verfolgt
Karst ehrgeizige Pläne: „Die DMI-Studie
vergangenes Jahr war ein perfekter Start.
Wir wollen aber nicht nur wissen, welche
Personen sich irgendwann in der Woche
vor unseren Werbeträgern aufhalten,
sondern wir wollen in Realtime erfassen,
wer gerade jetzt da steht.“ Goldbach sondiert derzeit technische und finanzierbare
Möglichkeiten. Infrage käme hier ein Gesichtserkennungssystem wie Quividi, das
anonym Merkmale wie Alter und Geschlecht erhebt.
Demographische Nutzungsstrukturen
ermittelt auch die von Karst erwähnte
Reichweitenmessung „Public Screens
2014“, die die GfK im Auftrag des Interessenverbands Digital Media Institute
(DMI) durchgeführt hat. In die Auswertung gehen ähnliche Faktoren ein wie bei
dem in der klassischen Außenwerbung
maßgeblichen Wert „Plakatseher pro
Stelle“: die Größe des Werbeträgers, sein
Umfeld, die Nutzungssituation. Dazu
kommen Kriterien wie das Verhältnis der
Sichtbarkeitsdauer auf dem Werbeträger
zur Programmlänge und nicht zuletzt die
Attraktivität des Programms.
Dass dies nur ein erster Schritt in die
richtige Richtung ist, darin sind sich Planer wie Vermarkter einig. „Zunächst geht
es einmal darum, überhaupt Anhaltspunkte für die Leistungsfähigkeit der
sehr unterschiedlichen digitalen Angebote zu erhalten“, sagt Udo Schendel, Geschäftsführer des Hamburger Spezialmittlers Jost von Brandis. Die intermediale Vergleichbarkeit steht für ihn nicht
im Vordergrund. „Wichtig für uns ist es,
den Leistungsbeitrag von digitalen Medien innerhalb von Out-of-Home-Kampagnen richtig berechnen zu können.“
Dazu müssten vergleichbare Kontaktebenen geschaffen werden, die einen übergreifenden Ausweis des Gross Rating
Points (GRP) ermöglichen.
Einige internationale Anbieter, zu denen auch JC Decaux gehört, wollen genau
da ansetzen: „Letztlich sollen digitale und
traditionelle
Außenwerbekampagnen
kombiniert bewertet werden können“,
sagt Prasse. Dies würde die Arbeit des
DMI von globaler Seite ergänzen. Darüber hinaus gibt es aber auch methodische Unterschiede. Das DMI befragt
Personen vor Ort nach Kontakt und Werbeerinnerung. Der internationale Ansatz
kombiniert das mit einem Simulator, der
die Wahrnehmung der Werbeträger
nachstellt, und einem Eye-Tracking. Das
soll dazu dienen, einen Digitalfaktor zu
ermitteln, der in die ländereigenen Reichweitensysteme integriert werden kann.
Von Reichweiten in Echtzeit, was für
eine programmatische Aussteuerung von
digitaler Außenwerbung essenziell wäre,
ist das zwar noch meilenweit entfernt.
Den meisten Werbungtreibenden geht es
derzeit allerdings weniger um Buchung in
Realtime als um eine Ausstrahlung der
Motive in Echtzeit, wie es Adidas zur Fußball-Weltmeisterschaft und Ebay mit seiner Weihnachtskampagne schon vorgemacht haben. Das wiederum lässt sich per
Adserver bereits heute realisieren.
E
ine unterschiedliche Kampagnenaussteuerung über Targeting-Optionen wie Tag, Uhrzeit, Wetter
oder Geographie stellt die Technologie
aber immer noch vor Herausforderungen
– allerdings vor lösbare. Die am jeweiligen Touchpoint erreichbaren Zielgruppen sind nicht zuletzt dank der DMI-Studie bekannt. Technisch möglich ist darüber hinaus vieles – etwa jeden Monitor
einzeln mit individueller Werbung zu bespielen. In Kanada und den USA wird das
schon umgesetzt. „Ähnliches wäre in
Deutschland denkbar“, glaubt Andreas
Hamdorf, Director Ad Operations bei Pilot Hamburg. „Nämlich dann, wenn die
Zielgruppen jeder einzelnen digitalen
Fläche bekannt und die Informationen
für ein Targeting im Adserver nutzbar
wären.“
Eine derart feine Abstufung ist allerdings Zukunftsmusik und vielleicht auch
gar nicht sinnvoll. „Der Vorteil jedes Targetings ist die gezielte Ansprache von zukünftigen Käuferpotenzialen“, erklärt
Guido Bliss. Der Geschäftsführer von Planus Media in Köln gibt aber zu bedenken:
„Ist ein allzu feines Targeting immer technisch umsetzbar und notwendig?“ Outof-Home biete ohnehin eine Vielzahl von
Ansprache-Optionen: als Bindeglied zu
interaktiven Mobile-to-Poster-Kampagnen ebenso wie als klassisches Massenund Reichweitenmedium.
HORIZONT 24/2015
REPORT OUT-OF-HOME 29
11. Juni 2015
Die Plakatunion setzt bisher auf die
Klassiker. Das könnte sich ändern
Von Joachim Thommes
Andreas Paul
Der 54-Jährige ist Mitgründer
der Plakatunion in Hagen und
seit Anfang an ihr Geschäftsführer. Das Bündnis verfügt
nach eigenen Angaben über
28000 Werbeflächen in
Städten und Gemeinden.
Damit liegt die Plakatunion im
Ranking der größten deutschen Außenwerber hinter
Ströer und AWK auf Platz 3.
D
ie Plakatunion begeht 2015
ihr zehnjähriges Jubiläum.
Der Zusammenschluss von
zwölf mittelständischen Außenwerbern 2005 war eine Reaktion auf
die zunehmende Konzentration im deutschen Markt, die vor allem von Ströer
durch Übernahmen forciert worden war.
Herr Paul, Sie blicken auf zehn Jahre
Plakatunion zurück. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Alle Schäfchen sind noch beisammen,
stehen gut im Futter und die Herde ist
größer geworden. Die zwölf Gründungsmitglieder sind – mit einer Ausnahme –
nach wie vor unsere Gesellschafter, aber
im Lauf der Jahre sind 19 Partnerunternehmen dazugekommen. Unter ihnen
sind viele kleine Anbieter, doch gemeinsam haben wir ein relevantes nationales
Angebot.
Was ist die Basis dafür?
Das Vertrauen in die Vermarktung durch
die Plakatunion. Anfangs haben einige
den Zusammenschluss noch als Test an-
FOTO: PLAKATUNION
„Gut im
Futter“
gesehen und sich ein Hintertürchen offengehalten, mittlerweile jedoch denkt
niemand mehr an einen Rückzug. Das
Vertrauen ist eine Folge unserer Transparenz: Jeder Partner kann jederzeit online die Buchungen und die Umsätze auf
den eigenen Flächen überprüfen und
nachvollziehen, warum er diesen Auftrag
bekommen hat, jenen aber nicht. Und
dann merkt er: Wer die besten Flächen
anbietet, erzielt die besten Umsätze.
Wie hat sich die Qualitätsoffensive in
der Außenwerbung – bei der bundesweit Zehntausende schlechter Stellen
abgebaut worden sind – in Ihrem Bestand ausgewirkt?
Unser Bestand ist seit 2005 zwar nur um
ein Zehntel gewachsen. Gleichzeitig haben wir aber zwei von fünf Stellen ersetzt –
also alte, leistungsschwache ab- und neue,
leistungsstarke aufgebaut. Unser Leistungsniveau in puncto Kontaktqualität ist
so um ein Drittel gestiegen. Das ist auch
ein Resultat unseres Zusammenschlusses.
Denn wenn sich die Partner nicht mehr
selbst um die Vermarktung ihres Angebots kümmern müssen, können sie ihre
ganze Kraft auf die Akquisition neuer leistungsstarker Standorte legen. Warum
hat sich von den mittelgroßen Vermarktern wie Schwarz Außenwerbung und
POS Media keiner zur Plakatunion gesellt?
Das Bedürfnis, sich uns anzuschließen,
hat meist nur der, der sich im Markt allein
nicht mehr halten kann. Das ist bei
Schwarz Außenwerbung nicht der Fall,
weil das Unternehmen groß genug ist.
POS Media ist auf Werbung in Einkaufszentren spezialisiert und hat in diesem
Segment ebenfalls ein beachtliches Angebot.
Sie beschränken Ihr Portfolio auf die
klassischen Plakatmedien Großfläche,
Säule und Allgemeinstelle. Weshalb?
Das liegt daran, dass wir in diesen Medien
zuhause sind. Unsere Partner haben
durchaus auch Citylight-Poster, aber zu
wenige, um damit sinnvoll eigene Netze
unterhalten zu können. Darum haben
wir die Vermarktung der Citylights in die
Hände der Degesta gelegt.
Laut Zentralverband der deutschen
Werbewirtschaft sind inzwischen die
Netto-Umsätze mit Citylight-Postern
höher als die mit Großflächen. Beunruhigt Sie das nicht?
Nicht wirklich. Oft gibt es reine CitylightKampagnen, die dem Großflächen-Umsatz nicht schaden. Interessant würde es
erst, wenn auch die Citylights – wie die
Großflächen – einzeln gebucht werden
könnten. Dann hoffe ich, dass das größere Format gewinnt.
Auch die digitalen Medien werden vornehmlich in Netzen offeriert. In diesem
Segment hat sich in den vergangenen
Jahren ein zweiter Anbietermarkt innerhalb der Außenwerbung etabliert.
Wieso ist die Plakatunion nicht dabei?
Ich freue mich, dass dieser Markt entsteht. Denn die digitalen Medien nützen
unserer gesamten Gattung, weil sie ihre
Flexibilität und Attraktivität steigern. Davon profitieren unter Umständen auch
die klassischen Werbeträger. Allerdings
sind auch die digitalen Medien noch keine Konkurrenz für uns, da sie in der Regel
nicht an der Straße stehen, sondern in
Bahnhöfen, Einkaufszentren, Tankstellen
und so weiter – das heißt indoor. In diesen festen Strukturen lässt sich relativ einfach ein flächendeckendes Angebot schaffen. Sobald aber aus den paar digitalen
Perlen am Straßenrand, die es bisher gibt,
eine größere Menge wird, werden wir die
Hände nicht in den Schoß legen, sondern
zum Mitspieler werden.
Eine Kampfansage?
Durchaus. Auch bei digitalen Werbeträgern kommt es auf kontaktstarke Standorte an. Dieses Metier beherrschen die
Partner der Plakatunion.
Es gibt den Trend zur regionalen und
lokalen Werbung. Was bedeutet das für
Sie?
Das ist der Schlüssel für unsere erfolgreiche Entwicklung. Der Trend rührt
auch daher, dass die Zielgruppenplanung
immer besser wird.
Wenn Kommunen ihre Standorte ausschreiben, hält sich die Plakatunion
meist zurück. Aus welchem Grund?
Wir sind bereits Pächter in mehr als 300
zumeist kleineren Städten. Aber wir sind
vorsichtig bei diesem Geschäft, weil bei
kommunalen Ausschreibungen oft ausschließlich die Erhöhung des Marktanteils im Vordergrund steht. Da bleibt die
Rentabilität schnell auf der Strecke. Das
machen wir grundsätzlich nicht mit.
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30 REPORT OUT-OF-HOME
Die
Autorin
Simone
Schwab, 49, ist Geschäftsführerin von Media Frankfurt, einer auf Flughafenwerbung und Markeninszenierung
spezialisierten
Tochtergesellschaft von Fraport und JC Decaux
M
arken verlieren zunehmend
an Anziehungskraft. Das
belegen zum Beispiel Langzeitstudien der GfK und
jüngst die Untersuchung „Meaningful
Brands 2015“ von Havas Media. Lässt sich
dieser Prozess aufhalten? Marken stellen
den Kontakt zur Zielgruppe her, indem sie
sie in einem spannenden Umfeld inspirieren und aktivieren. Aufgrund der meist
langen Aufenthaltsdauer an Flughäfen finden Passagiere die Zeit, Werbebotschaften
nicht nur wahrzunehmen, sondern sich
mit ihnen zu befassen. Rund 209 Millionen Fluggäste hat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen
(ADV) hierzulande im vergangenen Jahr
gezählt. Sie werden mit vielfältigen Formen der Markenkommunikation erreicht.
Das bekannteste Beispiel für einen gezielten Markenaufbau am Flughafen ist
Sixt, das mit seiner langjährigen und
meist außergewöhnlichen Präsenz an den
Airports Image und Bekanntheit maßgeblich geprägt hat. Sein neuester Coup:
Schleichwerbung. Die Sixt-Agentur Jung
von Matt/Alster lässt einen als Schnecke
verkleideten Promoter quer durch den
Flughafen kriechen. Dass solche Aktionen den Markenkern aufladen, hat Sixt in
einer eigenen Studie festgestellt. Ihr zufolge liegt die spontane Bekanntheit der
Marke bei Geschäftsreisenden inzwischen bei 84 Prozent.
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HORIZONT 24/2015
Startbahn
für Marken
Airport-Werbung ist vielgestaltig / Auch B-to-BKampagnen treffen am Flughafen ihre Zielgruppen
11. Juni 2015
B-to-B-Marken eine Rolle“, erklärt Stefan
Pfeiffer, Leiter Marketing-Kommunikation der VW-Sparte.
Ein Beispiel aus Düsseldorf: Der amtierende Weltmeister im Card-Stacking
Bryan Berg hat im Herbst 2014 für Platinion vor den Augen der Flughafengäste die
New Yorker Skyline in Form von Spielkarten nachgebaut. Carolin Fell, Marketing
Coordinator des Beratungsunternehmens: „Es ist schwer, die Herausforderungen und den Reiz des IT-Consultings verständlich zu machen.“ Mithilfe des CardStackings sei dies jedoch gelungen. Denn
mit kleinen Karten große Dinge zu erbauen, sei genau das, was die Platinion-Arbeit
spannend mache.
Direkte Anbindung an
den Point of Sale
Botschaften auch für
B-to-B-Kunden
Die Kommunikationsanlässe im Flughafen sind zahlreich. Mytaxi etwa will neue
Kunden gewinnen. Bayer setzt mit seinem
weithin sichtbaren Bayerkreuz in Frankfurt auf den Aufbau einer langfristigen
Markenbekanntheit im In- und Ausland.
Bentley hat sein neues Modell „Flying
Spur V8“ zuerst auf Full-HD-Monitoren
vor den First- und Business-ClassLounges im Frankfurter Flughafen präsentiert. Den Hub in internationale Märkte suchen Kampagnen von China Southern Airlines und der Uhrenmarke Rado.
Nicht immer richten sich die Botschaften
der Werbungtreibenden an Endverbraucher. Im Vorjahr warb etwa das US-Softwareunternehmen CA Technologies mit
einer umfangreichen B-to-B-Kampagne
an der stark befahrenen Zufahrtsstraße
zum Terminal 1 des Frankfurter Flughafens auf einer 600 Quadratmeter großen
Fläche. Am Flughafen Wien wünscht die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers seit Februar Geschäftsreisenden auf hinterleuchteten Werbeflächen einen guten Flug.
Die große Bandbreite für Werbung am
Airport – vom Citylight-Poster über
Screens und Riesenposter bis zur Ladestation für Smartphones – nutzen TopMarken gern auch für crossmedial angelegte Kampagnen. So stellt der amerikanische Softwarehersteller EMC bis Ende Juli
am Flughafen Frankfurt seine HybridCloud-Lösung vor. Die B-to-B-Kampagne umfasst sowohl analoge Medien – etwa Großbildflächen und eine mehr als 16
Meter lange Lightbox – als auch ein digitales Netzwerk, das aus 116 Bildschirmen
inmitten der Gepäckausgabebänder besteht. Zudem geht es interaktiv zu: Auf
zwei Wall-Panels entlang des zentralen
Laufwegs folgen kleine Wolken mit den
drei elementaren Eigenschaften der Hybrid-Cloud („beweglich“, „sicher“, „ein-
fach“) vorbeilaufenden Passagieren. Digitale Werbeträger spielen bei der Kundenansprache eine immer wichtigere Rolle, da
sie Bewegtbild und große Flexibilität erlauben. An fast allen Airports finden deshalb Markenkampagnen inzwischen auch
auf digitalen Screens oder Flächen statt.
Die Werbeträger sind technisch so ausgereift, dass sich Marken im Innen- wie im
Außenbereich präsentieren können.
Werben, wo die
Zielgruppe kommuniziert
Entscheidend für die Kundenansprache
ist indes der intensive Kontakt zur Zielgruppe. VW Nutzfahrzeuge wirbt am
Airport Hannover auf einem Riesenposter, zwei Ausstellungsflächen und einem
Pylon an der Flughafenstraße. „Die klassische Kommunikation reicht heute nicht
mehr aus. Marken müssen dort werben,
wo die Zielgruppe kommuniziert und sie
müssen erlebbar sein. Das spielt auch für
Der amerikanische Hersteller von Elektroautos Tesla Motors gehört zu den Airport-Neukunden. Im März und April
dieses Jahres hat er in Hamburg das Model S präsentiert, das zuvor nur in eigenen
Stores, Hotels und Einkaufszentren zu sehen war. „Der Flughafen bietet uns eine
neue Begegnungsfläche zwischen Kunden und unserer Marke. Hier können in
entspannter Atmosphäre Botschaften
und Produktdetails vermittelt werden“,
sagt Philipp Schröder, Country Director
Germany & Austria.
Am Flughafen sind fast alle namhaften
Marken präsent. Denn hier können die
Maßnahmen im selben Umfeld gebündelt und vernetzt werden. Dazu kommt
die direkte Anbindung an den Point of
Sale. Schröder ist vom Standort überzeugt und will wiederkommen. Und Platinion-Marketerin Fell resümiert: „Wir
haben gesehen, dass wir unsere Zielgruppe an der Location Airport sehr gut ansprechen können.“
HORIZONT 24/2015
REPORT OUT-OF-HOME 31
11. Juni 2015
Medium der Digitalen?
Mit der Digitalisierung der Außenwerbung wachsen
zwei bislang getrennte Bereiche zusammen: Out-ofHome und Online.
Werden die DigitalAgenturen Stück für
Stück zu den besseren Außenwerbern? Oder bleiben
die Spezialmittler
nach wie vor unersetzlich? HORIZONT hat Stimmen
beider Fraktionen
eingeholt.
Matthias Schäfer, Geschäftsführer Interone,
München
1
Es geht um den magischen Moment. Er entsteht, wenn wir uns
perfekt auf die Situation des Betrachters einstellen: Das Richtige im
richtigen Augenblick maximiert die
Relevanz, verblüfft, entfaltet eigene Kräfte. Mit Digital Out-of-Home kommen
wir den Menschen entgegen. Wetter,
Uhrzeit, Ort oder Verkehrslage inspirieren die Kreation, die plötzlich persönlich
wird. Doch das ist erst der Anfang. Perspektivisch sehen wir Digital Out-ofHome wie Display-Ads – nur eben im
wirklichen Leben: personalisierbar wie
Online-Banner, intelligent wie
Smartphone-Tools. Extrem spannend für
Kreative – und via Mobile der schnellste
Weg von der Werbung zur Kundenbeziehung.
2
1
2
an?
Worauf kommt es
bei Digital Out-ofHome vor allem
Womit können die
Digital-Agenturen
oder die Spezialmittler bei Digital Outof-Home in erster Linie
punkten?
Digital Out-of-Home ist für uns
Teil des gesamten Kunden-Erlebnisses. Und da lernt man einiges:
Was funktioniert in welchem Kontext
und an welchem Touchpoint? Was wird
genutzt, gemocht und geteilt? Was konvertiert und verkauft? Entsprechend
setzen wir Digital Out-of-Home ein.
Unsere Kreation muss nicht immer
digital sein, unser Input schon: Daten,
Technologien, Nutzerverhalten. Alle
wollen das Ja des Kunden. Als kreative
Digital-Agentur kriegen wir es nicht nur
– wir machen entlang des CustomerLifecycle mehr daraus.
Andreas Kiechle, Geschäftsleitung Posterselect,
Baden-Baden
1
Für unsere Kunden zählt die Aussteuerbarkeit der neuen digitalen
Out-of-Home-Medien, etwa nach
Zeitschienen. Auch lokale und regionale
Werbungtreibende entdecken zunehmend diese Flexibilität und den Spielraum, Bewegtbild vor Ort in ihre Kampagnen zu integrieren. Allerdings fehlt
dem digitalen Out-of-Home-Markt
bislang die nötige Transparenz. Die
Angebote sind sehr unterschiedlich, es
gibt nur wenige einheitliche Buchungsverfahren – vor allem fehlt es an generellen Leistungsnachweisen sowie spezifischen Referenzkampagnen aus der
Region. Hier hat die Branche noch einige
Hausaufgaben zu machen.
2
Da der Markt außerhalb der Metropolen noch sehr unübersichtlich ist
und regionale Kunden noch allzu
oft an das Medium herangeführt werden
müssen, sind die Spezialagenturen weiterhin eine wichtige Schnittstelle zwischen Kunden, Agentur und Anbieter. Sie
haben die Marktentwicklungen ganzheitlich im Blick, können mittels eigener
Bewertungsmodelle und Benchmarks die
Spreu vom Weizen trennen und sinnvolle
Konzepte für crossmediale Out-ofHome-Kampagnen entwickeln. Auf
dieses Know-how und eine unabhängige
Beratung werden Kunden, die ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis für ihre
individuelle Kommunikationsaufgabe
suchen, nicht verzichten können.
Carsten Ehling, Geschäftsführer It Works,
Düsseldorf
1
Digital Out-of-Home hat sich speziell unter den Gesichtspunkten
Leistung, Konvergenz, Interaktion,
Relevanz und Innovationspotenzial
etabliert und war auch im vergangenen
Jahr der Wachstumstreiber. Neue Entwicklungen im Hard- und Softwarebereich und die Einbindung digitaler
Kanäle wie Online, Mobile, Social Media
und E-Commerce werden künftig weiteres Innovationspotenzial freisetzen.
Eine nachhaltige Positionierung der
digitalen Außenwerbung im intermedialen Wettbewerb erfordert vor allem
Angebotstransparenz, Standards, Flexibilität und den Nachweis der Werbewirkung. Nicht zuletzt ist aber auch eine
einheitliche Leistungswährung für sämtliche digitale Medien – national wie
international – nötig.
2
Aufgrund ihrer Expertise bei der
Analyse von Mobilität und Zielgruppen, der Bewertung von
Touchpoints und Kontaktstrecken, der
ganzheitlichen Bewertung von Out-ofHome-Werbeträgern sowie ihrer frühzeitigen Investitionen in Leistungs- und
Wirkungsforschung digitaler Out-ofHome-Kampagnen sind die Spezialmittler bestens gerüstet.
Dominik Heck, Chief Operating Officer Add2,
Düsseldorf
1
Das Wichtigste bei der digitalen
Außenwerbung steckt schon im
Namen: Sie ist digital – und damit
schnell. Anders als bei geklebtem Papier
bietet sich mit digitalen Screens die
Chance, sowohl kreativ als auch mediastrategisch neue Wege zu gehen. Schon
länger nutzt Add2 selbst entwickelte
Technologien, um die Inhalte der Werbemittel auf digitalen Screens zu dynamisieren. In unserer Kampagne „Ebay
Dynamic Live Feed Integration“ haben
wir beispielsweise Produktabbildungen
in Echtzeit ausgetauscht, je nachdem
welcher Artikel in der jeweiligen Region
aktuell besonders gefragt beziehungsweise ausverkauft war.
2
Digital-Agenturen kennen sowohl
den Markt für digitale Medien mit
seinen Mechanismen als auch die
Strategien für digitale Screens sehr gut.
Neben dem kreativen Aspekt – beispielsweise dynamische Werbemittelinhalte
und die Nutzung von Bewegtbild – werden sich auch der Vertrieb und die Preisfindung bald digitalisieren. Ein tiefes
Verständnis entsprechender Technologien (wie Adserving, dynamische Werbemittel, Datenfeed, Targeting-Daten),
aber auch von digitalen Einkaufsmechanismen (Stichwort Realtime-Advertising
und Auktionssysteme) ist dann unabdingbar. In dieser Beziehung haben
Digital-Agenturen einen langjährigen
Wissensvorsprung.
Umfrage: Joachim Thommes
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