D - Horizont
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REPORT HORIZONT 24/2015 23 11. Juni 2015 www.horizont.net/report OUT-OF-HOME Ganz nah am Leben Belege, bitte! ZUM THEMA Von Joachim Thommes Die Außenwerber wollen vom Trend zur Region profitieren. Individueller Zuschnitt und visuelle Relevanz von Plakat sollen dazu beitragen D enke global, handle lokal. Der Spruch, der meist auf Englisch daherkommt („think global, act local“), ist nicht mehr ganz frisch. Aber der Trend zum Regionalen, Vertrauten und Heimeligen hält an. Konsumenten sind bereit, für Produkte aus ihrer näheren Umgebung mehr Geld auszugeben. Sei es, weil sie sich höhere Qualität, größere Sicherheit und mehr Nachhaltigkeit versprechen, sei es, weil sie Bekanntes und Beständigkeit suchen. Mehr und mehr Unternehmen werben darum mit einem örtlichen Bezug. Auch per Außenwerbung. Die ist zwar, wie der Igel vorm Hasen, längst da. Denn sie steht und hängt ja seit je an der Straße, um die Ecke, im Viertel. Und ihre Aussteuerung mittels Geodaten wird auch schon lange praktiziert. Aber das Potenzial nimmt zu. „Regiona- le Werbung wird in unserer fragmentierten Medienwelt stärker nachgefragt“, sagt Dirk Mittmann, Geschäftsführer von Weischer Regio, Hamburg. Die Tochter des Spezialmittlers Jost von Brandis ist Ende vergangenen Jahres just zu dem Zweck gegründet worden, Unternehmen für die lokale Außenwerbung und das Kino am Ort zu gewinnen. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sollen „individuelle Lösungen“ entwickelt werden, zudem steht die Regionalisierung nationaler Markenkampagnen auf der Agenda. mühungen von Google und Co hinzu. Aus seiner Sicht haben auch nicht die Onliner das Targeting erfunden, sondern die Außenwerber. Denn von Anfang an bewerteten und selektierten die Spezialmittler die Aushangstellen, um der jeweiligen Zielgruppe so nah wie möglich zu kommen. R I m Zuge der Qualitätsoffensive in der Außenwerbung sind vor allem auf dem Land zahllose Plakatstellen minderer Güte abgebaut worden. Dass nun ein Mangel an Flächen herrsche, findet Mittmann jedoch nicht. Denn weniger sei mehr. Zwar fehlt es zumeist an den schicken Citylights oder gar digitalen Werbeträgern. Aber auch die Allgemeinstelle in der Ortsmitte und die Großflächen am Bahnhofsparkplatz brauchten sich nicht zu verstecken. „Ihre visuelle Relevanz ist oft größer als in der Großstadt“, sekundiert Kai-Marcus Thäsler, Managing Director von Posterscope Deutschland, Hamburg. Im Dick- Ortel Mobile: Botschaft in der Muttersprache icht der Städte gebe es eben viel mehr Werbung, die um Beachtung konkurriere. Und wenn auf dem Plakat das bekannte Gesicht des Filialleiters auftauche, werde die Werbewirkung nochmals gesteigert. „Out-of-Home ist mitten im Leben, nicht in der virtuellen Welt“, fügt Thäsler mit einem Seitenhieb auf lokale Be- egional muss nicht ländlich heißen. Wie sich nationale Kampagnen in Ballungsgebieten und ihrem Umfeld auf eng begrenzte Gebiete zuschneiden lassen, demonstriert Ortel Mobile, Düsseldorf. Der Mobilfunkanbieter hat seine Werbung auf zehn Zielgruppen mit verschiedenen Muttersprachen – etwa Italienisch, Rumänisch und Türkisch – angepasst. Dabei wurden der ursprüngliche Claim „Wir sprechen eine Sprache“ in „Wir sprechen deine Sprache“ abgewandelt und die Gesichter der Testimonials in die Farben der jeweiligen Landesflagge gehüllt. Der Clou: Es wurden nur solche Straßenzüge, Einkaufszentren, Bahnhöfe und Autobahnraststätten ausgewählt, in denen die Zielgruppen besonders präsent sind. „Wir holen sie in ihrem Alltag ab“, erklärt Gordon Röber, Mitglied der Geschäftsleitung Ortel Mobile. Seit Jahren erhöhen sich die Aufwendungen für die Außenwerbung jährlich um ein paar Prozent. Das kann nicht jede Gattung von sich behaupten. Am meisten Musik ist bei den digitalen Out-ofHome-Medien drin: Ihr Zuwachs liegt in der Regel im zweistelligen, manchmal sogar fast dreistelligen Bereich. Davon profitieren vor allem Branchen-Primus Ströer und diverse Spezialisten, die hauptsächlich im Einzelhandel unterhalten. Hier ist innerhalb der Außenwerbung ein zweiter Anbietermarkt entstanden – fernab der traditionellen Medien wie Großfläche, Säule und Citylight. Doch während Ströer Erfolge vorweisen kann, müssen die kleinen Vermarkter erst noch beweisen, dass es sich lohnt, ihre Werbeträger zu buchen. Bildschirme im letzten Winkel des Supermarkts, ein Display auf dem Geldschälchen im Tabakladen: Will jemand ernsthaft behaupten, das habe eine Werbewirkung? Die Zeit, in der es genügte, „Screen!“ zu rufen, und alle wollten ihn haben, ist glücklicherweise vorüber. Nun müssen Fakten sprechen. Wer die nicht liefern kann, dem bleibt bald nur der Katzenjammer. Joachim Thommes, Ressort Specials Anzeige 24 REPORT OUT-OF-HOME HORIZONT 24/2015 11. Juni 2015 Jenseits des Geschachers Totgesagt wurden sie schon mehrfach. Doch die Spezialmittler haben ihre Nische im Schatten der Agentur-Networks gefunden – weitgehend unabhängig vom Konditionenpoker der Großen N Who’s Who Mit mehr als 200 Millionen Euro Einkaufsvolumen gehört Jost von Brandis, Hamburg, zu den größten unabhängigen Spezialmittlern. In derselben Liga spielt die Düsseldorfer It Works mit ihren Töchtern Mais (Geotargeting) und Reis (Einzelhandel). Geomarketing und regionales Marketing ist auch die Domäne von Planus Media in Köln, weitere wichtige Player sind die ASS Werbe GmbH, ebenfalls Köln, die Baden-Badener Posterselect und CAW Media in Bünde (beide Regio- und Händlerwerbung). Daneben gibt es zahlreiche kleinere unabhängige Spezialmittler sowie die Out-of-Home-Ableger der großen Agenturnetworks. INHALT Interview: Christian von den Brincken, Ströer, über Out-of-Home und Online. 26 Ambient: Werbungtreibende wünschen mehr Treffsicherheit. 27 Planung: Bei digitalen Kampagnen ist noch Handarbeit nötig. 28 Klassiker: Plakatunion-Chef Andreas Paul schwört auf Großfläche und Co. 29 Flughäfen: Airports sind auch ein Spielfeld für B-to-B-Marken. 30 Kontroverse: Sind künftig die Spezialmittler oder die Digital-Agenturen gefragt? 31 ein, über Rabatte reden sie nicht gerne. Oder höchstens abends nach dem dritten Bier. Natürlich geht es immer nur um Qualität und Beratung, wenn Spezialmittler für Außenwerbung ihre Arbeit tun. „Die Kunden erkennen und haben erkannt, dass Rabatt keine Qualität ersetzen kann und auf Dauer doch teuer erkauft ist“, erklärt Udo Raschendorfer, Geschäftsführer von Planus Media, Spezialagentur für Außenwerbung in Köln. Auch nach Abzug aller Rabatte boomt der Markt: Mit 926 Millionen Euro lagen die Werbeeinnahmen bei Out-of-Home 2014 laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) um fast 4 Prozent über dem Vorjahr. Netto wohlgemerkt – in einem insgesamt eher stagnierenden Werbemarkt. Beratungsbedarf gibt es genug, glaubt Raschendorfer: „Out-of-Home ist heute eher komplexer geworden im Vergleich zu den Anfangszeiten der Spezialagenturen.“ Doch gleichzeitig hat sich das Feld der relevanten Anbieter reduziert, und wie die anderen Medienanbieter suchen auch die Out-of-Home-Vermarkter den direkten Kundenkontakt. Als ernstzunehmende Konkurrenz empfindet Andreas Kiechle, Prokurist bei der Baden-Badener Agentur Posterselect, sie aber nicht: „Während die Vermarkter auf ihr bestehendes Angebot zugreifen müssen, haben wir den gesamten Markt im Überblick.“ Der größte Wettbewerb droht den Spezialmittlern ohnehin aus den eigenen Reihen. Ob Omnicom (OMG Outdoor), Group M (Kinetic) oder Dentsu Aegis (Posterscope) – die großen Agenturnetzwerke haben alle längst ihre eigenen Spezialmittler-Units innerhalb der Networks aufgebaut. Die Folge: Die großen Out-ofHome-Etats nationaler und internationaler Werbungtreibender kommen oft gar nicht mehr auf den Markt, sondern werden im Rahmen des gesamten Mediapakets innerhalb der Networks abgewickelt. Die zunehmende Internationalisierung der Mediaplanung sei für Spezialmittler schon deutlich spürbar, so Udo Schendel, Geschäftsführer von Jost von Brandis, Hamburg. Mit einem Einkaufsvolumen von über 200 Millionen Euro besitzt der unabhängige Spezialmittler immerhin die Größe, um in der Liga der Network-Agenturen mitspielen zu können. „Dies hat sicherlich einen positiven Impact auf unsere Fähigkeit, sehr attraktive Konditionen anbieten zu können“, stellt Schendel fest. Trotzdem werde jeder Etat kundenbezogen verhandelt. D ass aber so mancher Anbieter Flächen unter Preis anbietet, um vor allen Dingen die nicht immer ausgelasteten Netzkontingente abseits der großen Städte an den Mann zu bringen, ist ein offenes Geheimnis. Thaddäus Assenmacher nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es hält sich kein einziger Anbieter in Deutschland beim Rabattpoker zurück.“ Der Geschäftsführer des Kölner Spezialmittlers ASS Werbe hält das für fatal. „Man wird nie in der Lage sein, einen Kunden, den man durch Rabatte für Plakat gewonnen hat, wieder auf ein preisliches Normalmaß zu bringen.“ Da sei es fraglich, wer dabei noch Geld verdiene. trale Beratung. Und sehr viel Handarbeit: „Sofern keine Netzbuchung oder Ähnliches vorhanden ist, sichten wir jede Werbefläche manuell, um sie dann in den Mediaplan zu integrieren. Ein immenser Aufwand“, weiß Kiechle. Nicht selten prüfen die Posterselect-Planer 1000 Flächen und mehr pro Kampagne. D ine solche Nische hat auch Posterselect belegt. Die Baden-Badener sind primär im regionalen Markt und im Handelsmarketing unterwegs. Hier zählen laut Kiechle weniger der Preis als das Know-how vor Ort und eine neu- iese Liebe zum Detail und tiefes Expertenwissen sind es auch, was die unabhängigen Spezialmittler nach Ansicht von ASS-Chef Assenmacher unentbehrlich macht. Er ist zudem stolz auf ganz simple Planungsansätze wie die Hotspot-Plakatierung, die ASS für Kunden mit kleinerem Budget entwickelt hat: „Lieber an frequentierten Kreuzungen alle Werbeträger belegen, als vereinzelt in der Stadt zu hängen.“ Neuester Coup: Der 48-Stunden-Service – eine komplette Plakatkampagne inklusive Druck, Planung, Buchung, Versand und Klebung. „Das kann bis dato kein anderer in Deutschland“, behauptet Assenmacher. Stillstand wäre tödlich für einen Berufsstand, dessen Business sich im Zuge der Digitalisierung und der Medienkonvergenz gerade nahezu in Überschallgeschwindigkeit weiterentwickelt. Der klassische Plakatplaner ist heute mit Begriffen wie Social Media, Bewegtbild, Beacons, Targeting oder Programmatic Advertising konfrontiert. Für Spezialmittler, die immerzu am Ball bleiben müssen, ist das Chance und Risiko zugleich. Assenmacher blickt jedoch zuversichtlich in die Zukunft: „Wir haben uns trotz aller Widrigkeiten über zwei Jahrzehnte auf dem Markt der Außenwerbung unabhängig gehalten, und nur so macht es mir persönlich auch Spaß.“ nicht. Denn das Marktforschungsinstitut hat 2012 die Grundlage seiner Erhebung verändert: Seither werden unter Out-of-Home auch die Aufwendungen für die Transport-Medien und die Werbung am Point of Sale verbucht. Der Unterschied zwischen einer Brutto- und einer Netto-Betrachtung lässt die vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) erstellte Netto-Statistik für 2014 erahnen: Ihr zufolge wurden vergangenes Jahr 926 Millionen Euro für Out-of-Home aufgewandt. Allerdings fließen in die ZAW-Erhebung teilweise andere Medien ein als bei Nielsen. Am Point of Sale sind digitale Werbeträger schon weiter verbreitet als anderswo. Doch auch hier liegt die Großfläche mit Abstand vorn. TS E IM FOKUS: Umsätze In den Monaten Mai 2014 bis einschließlich April dieses Jahres wurden hierzulande brutto knapp 1,6 Milliarden Euro in Out-of-Home investiert. Das entspricht einem Zuwachs von 7 Prozent gegenüber der Vorperiode. Dies besagt die Statistik von Nielsen, die auf den Listenpreisen basiert – mithin keinerlei Rabatte berücksichtigt. Das Plus der Außenwerbung wird in diesem Zeitraum lediglich von Kino übertroffen, das um 28 Prozent zugelegt hat. Nielsen zufolge ist der Außenwerbung im Jahr 2011 zum ersten Mal der Sprung über die Marke von einer Milliarde Euro gelungen. 2013 beliefen sich die Spendings bereits auf 1,5 Milliarden Euro. Ganz so stürmisch, wie die nackten Zahlen suggerieren, verlief die Entwicklung allerdings Im Handel dominiert der Klassiker Wachstum: Out-of-Home ist Zweiter Stückzahlen von Out-of-Home-Medien nach Handelstypen Typ Anzahl Outlets Bruttospendings in Above-the-Line-Medien Großfläche Digitale Screens (indoor) 0 Discounter * 11 858 3 830 Getränkeabholmärkte 10 335 788 0 Verbrauchermärkte klein ** 4 467 1 925 672 Drogeriemärkte Verbrauchermärkte groß *** 4 350 32 0 3 903 2 300 484 HORIZONTREPORT Supermärkte 3 236 603 186 Baumärkte 2 328 149 2 ist ein Sonderteil von HORIZONT, Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Elektronikfachmärkte 1 036 18 526 955 74 0 SB-Warenhäuser **** 686 552 339 Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.), Einkaufszentren 509 18 153 Volker Schütz, Jürgen Scharrer Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer Telefon 069/7595-2695 E-Mail: [email protected] Redaktion: Joachim Thommes E-Mail: [email protected] Der Kunde ist der eigentliche Verlierer solcher Deals. Wenn Preisnachlässe eine größere Rolle als Qualität spielen, werden bei der Planung der Zielgruppen und Auswahl der Medien in der Regel nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. "Das Ergebnis ist ein Mediamix, bei dem die Werbewirkung unter dem bleibt, was eine weniger mengenorientierte Planung vermocht hätte", sagt Schendel. Tiefergehende Beratungsqualität, ausgefeiltere Tools, Investitionen in Geomarketing, Marktforschung und Online-Buchungssysteme sind deshalb die Argumente, mit denen besonders die unabhängigen Spezialmittler werben. „Unser Out-of-Home-Geschäft ist kein Abfallprodukt eines großen Gesamtetat-Gewinns. Wir müssen uns mit innovativen Planungsansätzen, qualitativ hochwertigem Einkauf und fortschrittlichen Programmen immer wieder um bestehende und neue Kunden bemühen“, unterstreicht Raschendorfer. Seine Agentur Planus, die auf Geomarketing und regionale Planung spezialisiert ist, hat Millionen in die Entwicklung ihrer Tools und die Integration umfangreicher Daten investiert. Mit dieser Expertise haben sich die Kölner eine Nische geschaffen, „die es uns erlaubt, mit unseren Kunden und potenziellen Kunden in einen Dialog abseits der reinen Rabattschlacht zu treten“, so Raschendorfer. Kaufhäuser Cash & Carry Summe 375 281 2 44 038 10 570 2 364 * ohne Aldi ** 800 bis 1500 Quadratmeter *** 1500 bis 5000 Quadratmeter **** mehr als 5000 Quadratmeter Quelle: It Works, Nielsen, Januar 2015 Bruttospendings in Mio. Euro 1. Mai 2014 bis 30. April 2015 Veränderung zur Vorperiode in Prozent 13 155 12 442 Fernsehen 6 4 686 4 702 Zeitungen 0 3 511 3 560 Publikumszeitschriften –1 3 246 3 145 Online 3 Radio 1 620 1 589 2 Out-of-Home 1 595 1 486 7 Fachzeitschriften Kino Gesamt HORIZONT 24/2015 Bruttospendings in Mio. Euro 1. Mai 2013 bis 30. April 2014 Quelle: Nielsen 399 399 0 132 104 28 28344 27426 3 HORIZONT 24 /2015 ILLUSTRATION: TIMUR ARBAEV / COLOURBOX Von Vera Günther 26 REPORT OUT-OF-HOME HORIZONT 24/2015 11. Juni 2015 „Mehr Beweglichkeit“ Christian von den Brincken, Geschäftsführer Business Development von Ströer, über die Verknüpfung von Out-of-Home und Online griert, unter anderem um Behavioral Targeting gegebenenfalls auch in Out-ofHome einsetzen zu können. Von Joachim Thommes S FOTO: MARCUS MUELLER-SARAN tröer-Mann Christian von den Brincken fordert die Werbungtreibenden dazu auf, in Out-ofHome größere Flexibilität an den Tag zu legen. Von der Zweitverwertung von TV- und Online-Spots in der Außenwerbung hält er nichts: Botschaften müssten immer auf den Werbeträger zugeschnitten sein. Ströer wandelt sich vom Außenwerber zum Medienkonzern mit Schwerpunkt im Digitalen. Welchen Nutzen hat Outof-Home davon? Out-of-Home und Online zu kombinieren bedeutet, das Beste aus beiden Welten zu verbinden: die große Reichweite der Außenwerbung, die sich sehr schnell aufbauen lässt, mit der hohen Flexibilität des Digitalen. Das machen wir mit unseren digitalen Videonetzen in Einkaufszentren, Bahnhöfen und im Nahverkehr. In großen Bahnhöfen können wir bis zu einer halben Million Passanten pro Tag ansprechen – so viele wie an keinem anderen Ort in einer Stadt. Wie gesagt per Video – das ist etwas anderes als das übliche Digital Out-of-Home, das bloß wechselnde Standbilder anzubieten hat. Wie sieht die Verknüpfung von Out-ofHome und Online praktisch aus? Ein gutes Beispiel ist eine Kampagne von Ebay. Es hat sein Warenwirtschaftssystem an unser Videosystem angedockt und dabei immer wieder kurzfristig entschieden, welches Produkt gerade beworben wurde – etwa je nach den Preisen der Wettbewerber. Da geschieht etwas in der Außenwerbung, was wir lange nur vom Internet her kannten: Ein Werbemittel wird nur dann ausgespielt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Allerdings – im Unterschied zum Internet – mit enormer Reichweite in kurzer Zeit. Das klassische Plakat hängt eine Woche oder zehn Tage aus, das digitale kann im Nu auf neue Umstände reagieren? So ist es. Die neue Eissorte wird nur beworben, wenn die Sonne scheint. Das Grippemittel nur dann, wenn in einer Stadt die Zahl der Grippekranken signifikant gestiegen ist. Eine solche tagesaktuelle oder sogar tageszeitaktuelle Werbung setzt große Flexibilität bei der Planung und Umsetzung voraus. Sind die Werbungtreibenden, Agenturen und Mediaagenturen darauf vorbereitet? Natürlich benötigt diese Art Werbung bestimmte Voraussetzungen. Bisher ist es ja meist so: Der Vertrieb nennt seine Ziele der Marketingabteilung, die daraufhin im Zusammenspiel mit der Kreativagentur und der Mediaagentur die Kampagne entwickelt, den Mediamix bestimmt, die Werbemittel gestaltet und den Zeitraum festlegt. Erst dann kommt die Ausführung. Das ist umständlich und dauert lange. Werbung, die sich unterschiedlichen Situationen anpasst, erfordert viel mehr Beweglichkeit – bei den Entscheidungsstrukturen, den Werbemitteln und den Budgets. Braucht eine Marke das bewegte Bild, um im Kopf des Konsumenten präsent zu sein, oder geht das auch mit Standbildern und Text? Natürlich funktioniert das auch mit statischen Bildern und Fotos oder Slogans und kurzen Texten wie auf dem klassischen Plakat. Beide Medien emotionalisieren auf ihre Weise, sprechen aber tendenziell andere Bereiche beim Konsumenten an. Das herkömmliche Plakat wirkt eher implizit, also unbewusst, Video eher explizit, es fordert stärker zum Handeln, das heißt zum Kaufen, auf. Christian von den Brincken: „Auf Smartphones ist die Akzeptanz der Konsumenten das höchste Gut“ Und daran hapert es? Daran mangelt es manchen Beteiligten noch. Allerdings ist diese Flexibilität auch online gefragt – und dort wird sie von vielen bereits seit Jahren aufgebracht. Es geht also eigentlich nur darum, diese Geschmeidigkeit und Reaktionsschnelligkeit auch in der Außenwerbung an den Tag zu legen. Wie viele Jahre werden vergehen, bis das Usus ist? Fast alle unserer Kunden sagen, dass sie solche Werbung möchten. Wir geben ihnen die Zeit, die sie brauchen. Denn sie müssen ja die Regeln definieren, nach denen sie ihre Werbung aussteuern wollen. Das können wir ihnen nicht abnehmen. Wie entwickelt sich die Nachfrage? Sie nimmt allmählich zu. Muss ein Werbungtreibender nicht mehrere Zielgruppen haben, wenn unterschiedliche Botschaften Sinn machen sollen? Immer weniger Unternehmen arbeiten mit starren Zielgruppen-Profilen, denn das Konsumverhalten kann sich kurzfristig ändern. Solange Konsumenten nicht etwas kaufen, weil sie es immer kaufen, zeigen sie spontane Präferenzen. Das ist der Moment, in dem Werbung die Kaufentscheidung beeinflussen kann. Darum In seinen digitalen Netzen setzt Ströer vor allem auf Bewegtbild. Ist das eine Einladung an Werbungtreibende und Agenturen, TV- oder Online-Spots dort noch einmal – wenn auch tonlos – abzuspielen? Auf keinen Fall. Die Art einer Botschaft muss auf den Werbeträger zugeschnitten sein, um ihr Potenzial zu entfalten. Das gilt selbstverständlich auch für Public Video, wie wir das nennen. Die Aufgabe unseres Mediums besteht darin, das Key Visual aufzugreifen und tiefer zu verankern. Wir können keine langen Geschichten erzählen, das ist die Sache von TV. Aber wir vervielfachen die Zahl der Kontakte mit dem Markenbild – zu einem sehr günstigen Preis und oft in unmittelbarer Nähe zum Point of Sale. Das ist unsere besondere Leistung. Sie wissen ja, dass die Präferenz für eine Marke umso größer ist, je höher die Zahl der Bildkontakte ist. gehen viele Unternehmen dazu über, ihre Werbung am Verhalten oder am wahrscheinlichen Verhalten ihrer Kunden und potenziellen Kunden auszurichten. Die Onliner nennen das Behavioral Targeting. Je nach Situation werden – möglichst in Echtzeit – Zielgruppen gebildet und angesprochen, bis die nächste Situation mit der nächsten Zielgruppe an der Reihe ist. Davon ist die Außenwerbung aber noch weit entfernt. Wir haben bereits 2013 das Start-up MBR Targeting in unser Unternehmen inte- Ströer DerDigitalbereichwirdfürdengrößtenAußenwerber Deutschlands mit Sitz in Köln zunehmend zum Dreh- und Angelpunkt. Zu seinem Segment Ströer Digital zählen nicht nur die Videonetze in Einkaufszentren, Bahnhöfen und im Nahverkehr, sondern vor allem sein Engagement als Online-Vermarkter. Im Vermarkter-Ranking der Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (Agof) belegt Ströer Digital in puncto Reichweite den ersten Platz. Im vergangenen Jahr trug die Sparte mit ihrem Wachstum von 90ProzentfasteinFünftelzumKonzernumsatzvon 721 Millionen Euro bei. Mittelfristig soll sie für die Hälfte des Umsatzes sorgen. Der Konzern hat derzeit rund 2300 Beschäftigte. Theoretisch zumindest. Gut, das hängt natürlich auch von der Kreation ab. Video besitzt allerdings in der Regel einen wichtigen Vorteil: Es zieht wegen der bewegten Bilder, seiner höherwertigen Ausstattung und meist auch besseren Platzierung größere Aufmerksamkeit auf sich. Das tut ein Citylight schon mehr als ein bloßes Papierplakat, Video kann es noch effektiver. Das Gros Ihrer digitalen Plakate funktioniert nach dem Infoscreen-Prinzip: Die Werbung ist in Nachrichten und Wettervorhersage eingebettet. Warum rücken Sie bei den kürzlich aufgebauten „Super-Motion-Screens“ im Hamburger Hauptbahnhof davon ab? Die Attraktivität unserer Netzmedien basiert auf der Verknüpfung von redaktionellen Inhalten und Werbung. Auch das unterscheidet sie von den Tablets an Tankstellen. Die Inhalte bilden den Anker, an dem die Werbung festgemacht ist. Nach diesem bewährten Muster funktionieren ja auch Print und Fernsehen. Die Super-Motion-Screens in Hamburg werden als Solitäre über den ganzen Buchungszeitraum von einem einzelnen Kunden belegt. Das ist ein anderes Prinzip, nämlich das der Werbeinsel. Die digitale Außenwerbung ist potenziell interaktiv. Die bisherigen Versuche der Kombination von Smartphone und Plakat – mittels Bluetooth, QR-Codes und Near Field Communication – finden allerdings wenig Anklang bei den Passanten. Woran liegt das? Wir gehören immer zu den Ersten, die ihren Kunden solche Technologien – zumindest für Feldversuche – offerieren. Wir sind aber kein Lösungsanbieter und mischen uns deshalb nicht in strategische Entscheidungen unserer Kunden ein. Wir stellen ihnen lediglich die Infrastruktur bereit, die sie wünschen. Aber Sie hören etwas läuten von den Erfahrungen Ihrer Kunden mit diesen Technologien. Meiner Ansicht nach tun sich die Werbungtreibenden noch schwer mit der kurzfristigen Koordination der verschiedenen Partner, die für solche Projekte benötigt werden. Dazu kommt: Die Technologien wechseln so schnell, dass die Unternehmen mit ihren Planungsprozessen kaum hinterherkommen. Könnte es sein, dass an der Interaktion mit einem Plakat überhaupt nur eine Minderheit der Konsumenten interessiert ist? Die Logik hat sich hierzulande noch nicht so durchgesetzt wie in manchen anderen Ländern – etwa Südkorea und Estland, wo das viel besser angenommen wird. Es Christian von den Brincken Der 45-Jährige ist seit April 2013 Geschäftsführer Business Development des Ströer-Konzerns in Köln. Zuvor leitete er zwei Jahre lang die Abteilung Marketing und Strategie von Ströer Sales & Services. Zu den beruflichen Stationen des DiplomGeographen zählen unter anderem Nielsen Media Research und die Mediaagentur Mediacom in Köln, wo er fünf Jahre Geschäftsführer für Forschung, Planning und Business Development war. lässt sich natürlich nicht vorhersagen, ob und wann der Wendepunkt in Deutschland kommt. Aber es wäre falsch, die Technologien totzureden, nur weil der Zuspruch anfangs nicht so groß ist. Vor drei Wochen hat Ströer einen Test mit Beacons im Düsseldorfer Hauptbahnhof abgeschlossen. Wie haben sich die Mini-Sender an den Screens geschlagen? Zwei von fünf der durchschnittlich 250000 Bahnhofsbesucher pro Tag haben Bluetooth aktiviert. Die eingegangenen Cases zeigen, dass das Interesse bei Agenturen und Werbungtreibenden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, vorhanden und die Technologie vielversprechend ist. Wir gehen davon aus, dass durch die neuen Wearables das Potenzial für Beacon-Anwendungen in den Unternehmen noch einmal zunehmen wird. Worauf müssen Werbungtreibende beim Einsatz von Beacons und Co am meisten achten? Sie müssen Lösungen finden, bei denen Beacons nicht als Push-Medium verwendet werden. Denn auf Handys und Smartphones ist die Akzeptanz der Konsumenten das höchste Gut. HORIZONT 24/2015 REPORT OUT-OF-HOME 27 11. Juni 2015 Wirkt in der Freizeit: Werbung in Strandclub und Umkleidekabine Werbung to go Die Ansprüche an Ambient nehmen zu: Es soll die Zielgruppen differenzierter und genauer ansprechen Von Joachim Thommes W enn die Mitarbeiter von Coffee Ad ausschwärmen, wollen sie es genau wissen: Welche Art von Gästen besucht das Straßencafé, das vor drei Wochen aufgemacht hat? Kommt morgens das gleiche Publikum wie am Abend? Und wie wirkt sich die Eröffnung auf den Wettbewerber aus, der schräg gegenüber ein Café mit 60 Sitzplätzen betreibt? Alles wird exakt notiert, kategorisiert und in die Datenbank eingespeist. „Unsere Datenbank mit nach Zielgruppen geclusterten Touchpoints ist unser eigentliches Produkt“, sagt Vian Feldhusen, Geschäftsführende Gesellschafterin der Berliner Ambient-Agentur. Das erklärt den Aufwand. Coffee Ad existiert seit gut fünf Jahren und ist – wie der Name schon vermuten lässt – auf Werbung auf Kaffeebechern spezialisiert. Anfang dieses Jahres hat Feldhusen zusätzlich die Marke „Ultra“ lanciert, mit der sie vor allem Handelsunternehmen ansprechen will. Seither werden neben den Bechern beispielsweise auch Türhänger, Saugnapfkarten und Poster kreiert und verteilt. Oder auch Scheibenwischer-Überzieher, etwa für den Kunden Citroën. Der Autobauer hat für 13 deutsche Städte je 1000 Stück geordert, die auf parkende Citroëns gesteckt werden sollten. Die Überzieher aus Karton waren mit abtrennbaren Rabatt-Coupons versehen. Das Ziel: für mehr Besuche bei den Händlern sorgen und Adressen gewinnen. C offee Ad hat zwei Dutzend definierte Zielgruppen, 28 identifizierte Touchpoints und 30 standardisierte Werbeformate im Angebot. Die Ansprüche der Auftraggeber an Differenzierung und Treffsicherheit nähmen beständig zu, erläutert Feldhusen. Werbungtreibende haben längst nicht mehr nur die jungen Leute im Sinn. Der Ambient-Dienstleister Novum Werbemedien in Hannover hat vor drei Jahren ei- gens für die Generation 50plus eine Tochter gegründet: Ageless Media. Bis dahin sei dieses Segment nicht so bedient worden, wie es seiner Bedeutung zukommt, findet Antonio Esmail, in Personalunion Geschäftsführer von Mutter- und Tochterfirma. Die Generation 50plus kenne das Medium seit zwei Jahrzehnten, stehe ihm aufgeschlossen gegenüber und habe – anders als etwa Schüler und Studenten – viel Geld für den Konsum. E smail bestätigt, dass die Werbungtreibenden an Ambient höhere Anforderungen stellen als früher. Gleichzeitig hätten jedoch auch die Möglichkeiten zugenommen: „Wir können heute viel feiner selektieren.“ So sei die Zeit, in der beispielsweise Gratispostkarten mindestens für eine Stadt gebucht werden mussten, vorüber. Inzwischen könnten etwa nur die Sportbars oder die Discos oder die Beachclubs ausgewählt werden. Praktisch könne ein AmbientMedium jeder gewünschten Zielgruppe an bald jedem Ort in verschiedenen Locations angeboten werden. „Wir gehen auch aufs flache Land, wo es nicht mal eine Großfläche gibt.“ Der Novum-Chef zieht gern Vergleiche mit der klassischen Außenwerbung: Das Plakat vor dem Fitnessstudio etwa habe schon darum höhere Streuverluste, weil es im Gegensatz zum Spiegelaufkleber in der Umkleidekabine nicht zwischen Frauen und Männern unterscheide. Esmail räumt aber ein, dass es – außer den Gratis-Postkarten – kaum AmbientMedien gebe, die hohe Reichweiten erzeugen. Dies falle der Klassik leichter. Dagegen werde Ambient von den Zielgruppen zumindest akzeptiert, wenn nicht als sympathisch empfunden. „Diese Kontakte besitzen eine höhere Qualität.“ W enn denn die Unternehmen und Agenturen mitspielen. Es ist kein Geheimnis, dass mancher Ambient-Dienstleister die Werbemittel über die Maßen streut. Zudem haftet dem Medium das Image als Guerilla-Instrument an – was die eine Zielgruppe begeistert, lässt die andere reserviert reagieren. „Ambient ist Werbung in Freizeitumfeldern“, sagt Stefan Wasmuth, Vorstand United Ambient Media, Hamburg. In der Regel werde es nicht allein eingesetzt, sondern ergänze andere Medien. „Wir erreichen spitze Zielgruppen mit überschaubaren Budgets und erzielen in ihnen eine gute Reichweite.“ Im Unterschied zur klassischen Außenwerbung müssten Ambient-Medien nicht lange im Voraus gebucht werden, sondern stünden innerhalb weniger Tage zur Verfügung. K unden und Interessenten sind nicht so ganz von Ambient überzeugt. Laut dem Trendbarometer 2015 des Fachverbands Ambient Media, Köln, wirkt die Gattung zwar zielgruppengenau, besitzt eine hohe Kontaktqualität und ist nachhaltig. Aber in puncto Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, Streuung und Reichweite haben die 501 Befragten doch leichte Zweifel. Esmail, Vorstandsvorsitzender des Verbands, kann diese Kritik nicht nachvollziehen: „Offenbar sind die Möglichkeiten von Ambient nicht jedem Befragten bekannt“, meint er. Das findet auch CoffeeAd-Chefin Feldhusen, die dafür plädiert, mehr Geld in Wirkungsstudien zu investieren. Anzeige 28 REPORT OUT-OF-HOME HORIZONT 24/2015 11. Juni 2015 FOTO: WALL Ganz ohne Content: Werbung pur bei Wall Angeklickt und angeblickt Digitale Außenwerbung per Mausklick bleibt die Ausnahme. Aber die Planung wird durchschaubar S Von Vera Günther echs Quadratmeter Videoboard am Potsdamer Platz in Berlin, zwei Screens in der St. Ulrich Apotheke in München – der Einkaufskorb bei DOOHmakers.de ist oft nur spärlich gefüllt. Statt Kleidung, Möbel, Büchern bietet der neue Onlineshop der Koblenzer Plakat-Mediaagentur Contrast Media Service digitale Außenwerbung an. Werbeträger können angeschaut, angeklickt und in den Einkaufskorb gelegt werden. Als Selektionskriterien stehen verschiedene Zielgruppen und Touchpoints zur Auswahl. „Die wenigsten buchen hier Werbeflächen für 100000 Euro und bezahlen dann per Paypal“, erklärt Stefanie Probstfeld, Head of Marketing bei Contrast. Ähnlich wie über seine Plattform Plakat-verkauft.de will der Spezialmittler kleine und mittelständische Unternehmer und Werbeagenturen ansprechen, die noch nie zuvor digitale Außenwerbung gebucht haben. Über derartige Tools, wenn auch nicht öffentlich zugänglich, verfügen auch Spezialmittler wie Jost von Brandis in Hamburg. Dennoch bleiben Planung und Buchung schwierig. „Die Planung von digitalen Kampagnen ist noch mit sehr viel Handarbeit verbunden, denn wir greifen dabei auf verschiedene Quellen und Erhebungsmethoden zurück“, sagt Akguen Karakas, Managing Director bei Media Team OMD, Düsseldorf. Aktuell sei die Prognose und Kontrolle der Nettoreichweiten und Durchschnittskontakte nur theoretisch möglich und „nicht zu 100 Prozent verlässlich“. taler Außenwerbung schöpfen immer noch aus den Plakattöpfen, man muss aber an die Bewegtbild-Etats gehen“, erklärt Winfried Karst, Managing Director der Digital-Tochter in Unterföhring. Goldbach bastelt mit Hochdruck an einer medienübergreifenden Adserver-Lösung. „Der Weg geht in Richtung programmatische Aussteuerung“, ist Karst überzeugt. Werbungtreibende sollen ihre Kampagnen über Adserver per Knopfdruck bis zum einzelnen Screen planen können. Über 150 größere und kleinere Anbieter tummeln sich im Markt. Insgesamt 110000 buchbare Werbeträger in 91 Netzwerken an 18000 Standorten zählt das von der Consulting-Agentur Invidis, München, zusammengestellte DOOHJahrbuch 2014/2015 auf. Die Formate der Screens, die Ausstrahlungsfrequenzen der Werbung und die Aussteuerungstechnik sind dabei ebenso verschieden wie die Buchungssystematik, die bei den einzelnen Anbietern dahinter steht. Das Berliner Unternehmen Wall, 100prozentige Tochter des weltweit größten Außenwerbers JC Decaux, positioniert sich bewusst als reiner Out-of-HomeAnbieter und setzt bei der Digitalisierung auf Bewegtbild ohne redaktionelles Umfeld. „Wir konzentrieren uns im Kern auf Außenwerbung. Der Medienmix aus der Hand eines Anbieters verwässert die Stärken eines Mediums“, sagt Andreas Prasse, Vorstand Marketing und Vertrieb. Ganz anders Konkurrent Ströer: Der Kölner Vermarkter von Out-of-Home, Online und mobilen Werbeträgern verfolgt mit seinen Public Video genannten digitalen Werbeträgern einen medienübergreifenden Bewegtbildansatz. Online, Mobile und Public Video lassen sich über einen gemeinsamen Adserver ansteuern und buchen. Und wie im Fernsehen gibt es Content-Schleifen sowie orts- und zeitgenaue Werbeschienen. D G oldbach Germany setzt gleichfalls auf Integration mit TV und Online. Der Bewegtbildvermarkter, in Österreich und der Schweiz schon etabliert, drängt seit Januar auf den deutschen Markt: „Die meisten Anbieter digiFOTO: STRÖER Content plus Werbung: Public Video von Ströer er Launch des Adservers ist im 3. Quartal 2015 geplant, bereits im Winter will Goldmedia eine programmatische Auslieferung anbieten. Auch in Sachen Mediaforschung verfolgt Karst ehrgeizige Pläne: „Die DMI-Studie vergangenes Jahr war ein perfekter Start. Wir wollen aber nicht nur wissen, welche Personen sich irgendwann in der Woche vor unseren Werbeträgern aufhalten, sondern wir wollen in Realtime erfassen, wer gerade jetzt da steht.“ Goldbach sondiert derzeit technische und finanzierbare Möglichkeiten. Infrage käme hier ein Gesichtserkennungssystem wie Quividi, das anonym Merkmale wie Alter und Geschlecht erhebt. Demographische Nutzungsstrukturen ermittelt auch die von Karst erwähnte Reichweitenmessung „Public Screens 2014“, die die GfK im Auftrag des Interessenverbands Digital Media Institute (DMI) durchgeführt hat. In die Auswertung gehen ähnliche Faktoren ein wie bei dem in der klassischen Außenwerbung maßgeblichen Wert „Plakatseher pro Stelle“: die Größe des Werbeträgers, sein Umfeld, die Nutzungssituation. Dazu kommen Kriterien wie das Verhältnis der Sichtbarkeitsdauer auf dem Werbeträger zur Programmlänge und nicht zuletzt die Attraktivität des Programms. Dass dies nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, darin sind sich Planer wie Vermarkter einig. „Zunächst geht es einmal darum, überhaupt Anhaltspunkte für die Leistungsfähigkeit der sehr unterschiedlichen digitalen Angebote zu erhalten“, sagt Udo Schendel, Geschäftsführer des Hamburger Spezialmittlers Jost von Brandis. Die intermediale Vergleichbarkeit steht für ihn nicht im Vordergrund. „Wichtig für uns ist es, den Leistungsbeitrag von digitalen Medien innerhalb von Out-of-Home-Kampagnen richtig berechnen zu können.“ Dazu müssten vergleichbare Kontaktebenen geschaffen werden, die einen übergreifenden Ausweis des Gross Rating Points (GRP) ermöglichen. Einige internationale Anbieter, zu denen auch JC Decaux gehört, wollen genau da ansetzen: „Letztlich sollen digitale und traditionelle Außenwerbekampagnen kombiniert bewertet werden können“, sagt Prasse. Dies würde die Arbeit des DMI von globaler Seite ergänzen. Darüber hinaus gibt es aber auch methodische Unterschiede. Das DMI befragt Personen vor Ort nach Kontakt und Werbeerinnerung. Der internationale Ansatz kombiniert das mit einem Simulator, der die Wahrnehmung der Werbeträger nachstellt, und einem Eye-Tracking. Das soll dazu dienen, einen Digitalfaktor zu ermitteln, der in die ländereigenen Reichweitensysteme integriert werden kann. Von Reichweiten in Echtzeit, was für eine programmatische Aussteuerung von digitaler Außenwerbung essenziell wäre, ist das zwar noch meilenweit entfernt. Den meisten Werbungtreibenden geht es derzeit allerdings weniger um Buchung in Realtime als um eine Ausstrahlung der Motive in Echtzeit, wie es Adidas zur Fußball-Weltmeisterschaft und Ebay mit seiner Weihnachtskampagne schon vorgemacht haben. Das wiederum lässt sich per Adserver bereits heute realisieren. E ine unterschiedliche Kampagnenaussteuerung über Targeting-Optionen wie Tag, Uhrzeit, Wetter oder Geographie stellt die Technologie aber immer noch vor Herausforderungen – allerdings vor lösbare. Die am jeweiligen Touchpoint erreichbaren Zielgruppen sind nicht zuletzt dank der DMI-Studie bekannt. Technisch möglich ist darüber hinaus vieles – etwa jeden Monitor einzeln mit individueller Werbung zu bespielen. In Kanada und den USA wird das schon umgesetzt. „Ähnliches wäre in Deutschland denkbar“, glaubt Andreas Hamdorf, Director Ad Operations bei Pilot Hamburg. „Nämlich dann, wenn die Zielgruppen jeder einzelnen digitalen Fläche bekannt und die Informationen für ein Targeting im Adserver nutzbar wären.“ Eine derart feine Abstufung ist allerdings Zukunftsmusik und vielleicht auch gar nicht sinnvoll. „Der Vorteil jedes Targetings ist die gezielte Ansprache von zukünftigen Käuferpotenzialen“, erklärt Guido Bliss. Der Geschäftsführer von Planus Media in Köln gibt aber zu bedenken: „Ist ein allzu feines Targeting immer technisch umsetzbar und notwendig?“ Outof-Home biete ohnehin eine Vielzahl von Ansprache-Optionen: als Bindeglied zu interaktiven Mobile-to-Poster-Kampagnen ebenso wie als klassisches Massenund Reichweitenmedium. HORIZONT 24/2015 REPORT OUT-OF-HOME 29 11. Juni 2015 Die Plakatunion setzt bisher auf die Klassiker. Das könnte sich ändern Von Joachim Thommes Andreas Paul Der 54-Jährige ist Mitgründer der Plakatunion in Hagen und seit Anfang an ihr Geschäftsführer. Das Bündnis verfügt nach eigenen Angaben über 28000 Werbeflächen in Städten und Gemeinden. Damit liegt die Plakatunion im Ranking der größten deutschen Außenwerber hinter Ströer und AWK auf Platz 3. D ie Plakatunion begeht 2015 ihr zehnjähriges Jubiläum. Der Zusammenschluss von zwölf mittelständischen Außenwerbern 2005 war eine Reaktion auf die zunehmende Konzentration im deutschen Markt, die vor allem von Ströer durch Übernahmen forciert worden war. Herr Paul, Sie blicken auf zehn Jahre Plakatunion zurück. Wie fällt Ihre Bilanz aus? Alle Schäfchen sind noch beisammen, stehen gut im Futter und die Herde ist größer geworden. Die zwölf Gründungsmitglieder sind – mit einer Ausnahme – nach wie vor unsere Gesellschafter, aber im Lauf der Jahre sind 19 Partnerunternehmen dazugekommen. Unter ihnen sind viele kleine Anbieter, doch gemeinsam haben wir ein relevantes nationales Angebot. Was ist die Basis dafür? Das Vertrauen in die Vermarktung durch die Plakatunion. Anfangs haben einige den Zusammenschluss noch als Test an- FOTO: PLAKATUNION „Gut im Futter“ gesehen und sich ein Hintertürchen offengehalten, mittlerweile jedoch denkt niemand mehr an einen Rückzug. Das Vertrauen ist eine Folge unserer Transparenz: Jeder Partner kann jederzeit online die Buchungen und die Umsätze auf den eigenen Flächen überprüfen und nachvollziehen, warum er diesen Auftrag bekommen hat, jenen aber nicht. Und dann merkt er: Wer die besten Flächen anbietet, erzielt die besten Umsätze. Wie hat sich die Qualitätsoffensive in der Außenwerbung – bei der bundesweit Zehntausende schlechter Stellen abgebaut worden sind – in Ihrem Bestand ausgewirkt? Unser Bestand ist seit 2005 zwar nur um ein Zehntel gewachsen. Gleichzeitig haben wir aber zwei von fünf Stellen ersetzt – also alte, leistungsschwache ab- und neue, leistungsstarke aufgebaut. Unser Leistungsniveau in puncto Kontaktqualität ist so um ein Drittel gestiegen. Das ist auch ein Resultat unseres Zusammenschlusses. Denn wenn sich die Partner nicht mehr selbst um die Vermarktung ihres Angebots kümmern müssen, können sie ihre ganze Kraft auf die Akquisition neuer leistungsstarker Standorte legen. Warum hat sich von den mittelgroßen Vermarktern wie Schwarz Außenwerbung und POS Media keiner zur Plakatunion gesellt? Das Bedürfnis, sich uns anzuschließen, hat meist nur der, der sich im Markt allein nicht mehr halten kann. Das ist bei Schwarz Außenwerbung nicht der Fall, weil das Unternehmen groß genug ist. POS Media ist auf Werbung in Einkaufszentren spezialisiert und hat in diesem Segment ebenfalls ein beachtliches Angebot. Sie beschränken Ihr Portfolio auf die klassischen Plakatmedien Großfläche, Säule und Allgemeinstelle. Weshalb? Das liegt daran, dass wir in diesen Medien zuhause sind. Unsere Partner haben durchaus auch Citylight-Poster, aber zu wenige, um damit sinnvoll eigene Netze unterhalten zu können. Darum haben wir die Vermarktung der Citylights in die Hände der Degesta gelegt. Laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft sind inzwischen die Netto-Umsätze mit Citylight-Postern höher als die mit Großflächen. Beunruhigt Sie das nicht? Nicht wirklich. Oft gibt es reine CitylightKampagnen, die dem Großflächen-Umsatz nicht schaden. Interessant würde es erst, wenn auch die Citylights – wie die Großflächen – einzeln gebucht werden könnten. Dann hoffe ich, dass das größere Format gewinnt. Auch die digitalen Medien werden vornehmlich in Netzen offeriert. In diesem Segment hat sich in den vergangenen Jahren ein zweiter Anbietermarkt innerhalb der Außenwerbung etabliert. Wieso ist die Plakatunion nicht dabei? Ich freue mich, dass dieser Markt entsteht. Denn die digitalen Medien nützen unserer gesamten Gattung, weil sie ihre Flexibilität und Attraktivität steigern. Davon profitieren unter Umständen auch die klassischen Werbeträger. Allerdings sind auch die digitalen Medien noch keine Konkurrenz für uns, da sie in der Regel nicht an der Straße stehen, sondern in Bahnhöfen, Einkaufszentren, Tankstellen und so weiter – das heißt indoor. In diesen festen Strukturen lässt sich relativ einfach ein flächendeckendes Angebot schaffen. Sobald aber aus den paar digitalen Perlen am Straßenrand, die es bisher gibt, eine größere Menge wird, werden wir die Hände nicht in den Schoß legen, sondern zum Mitspieler werden. Eine Kampfansage? Durchaus. Auch bei digitalen Werbeträgern kommt es auf kontaktstarke Standorte an. Dieses Metier beherrschen die Partner der Plakatunion. Es gibt den Trend zur regionalen und lokalen Werbung. Was bedeutet das für Sie? Das ist der Schlüssel für unsere erfolgreiche Entwicklung. Der Trend rührt auch daher, dass die Zielgruppenplanung immer besser wird. Wenn Kommunen ihre Standorte ausschreiben, hält sich die Plakatunion meist zurück. Aus welchem Grund? Wir sind bereits Pächter in mehr als 300 zumeist kleineren Städten. Aber wir sind vorsichtig bei diesem Geschäft, weil bei kommunalen Ausschreibungen oft ausschließlich die Erhöhung des Marktanteils im Vordergrund steht. Da bleibt die Rentabilität schnell auf der Strecke. Das machen wir grundsätzlich nicht mit. Anzeige 30 REPORT OUT-OF-HOME Die Autorin Simone Schwab, 49, ist Geschäftsführerin von Media Frankfurt, einer auf Flughafenwerbung und Markeninszenierung spezialisierten Tochtergesellschaft von Fraport und JC Decaux M arken verlieren zunehmend an Anziehungskraft. Das belegen zum Beispiel Langzeitstudien der GfK und jüngst die Untersuchung „Meaningful Brands 2015“ von Havas Media. Lässt sich dieser Prozess aufhalten? Marken stellen den Kontakt zur Zielgruppe her, indem sie sie in einem spannenden Umfeld inspirieren und aktivieren. Aufgrund der meist langen Aufenthaltsdauer an Flughäfen finden Passagiere die Zeit, Werbebotschaften nicht nur wahrzunehmen, sondern sich mit ihnen zu befassen. Rund 209 Millionen Fluggäste hat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) hierzulande im vergangenen Jahr gezählt. Sie werden mit vielfältigen Formen der Markenkommunikation erreicht. Das bekannteste Beispiel für einen gezielten Markenaufbau am Flughafen ist Sixt, das mit seiner langjährigen und meist außergewöhnlichen Präsenz an den Airports Image und Bekanntheit maßgeblich geprägt hat. Sein neuester Coup: Schleichwerbung. Die Sixt-Agentur Jung von Matt/Alster lässt einen als Schnecke verkleideten Promoter quer durch den Flughafen kriechen. Dass solche Aktionen den Markenkern aufladen, hat Sixt in einer eigenen Studie festgestellt. Ihr zufolge liegt die spontane Bekanntheit der Marke bei Geschäftsreisenden inzwischen bei 84 Prozent. Anzeige HORIZONT 24/2015 Startbahn für Marken Airport-Werbung ist vielgestaltig / Auch B-to-BKampagnen treffen am Flughafen ihre Zielgruppen 11. Juni 2015 B-to-B-Marken eine Rolle“, erklärt Stefan Pfeiffer, Leiter Marketing-Kommunikation der VW-Sparte. Ein Beispiel aus Düsseldorf: Der amtierende Weltmeister im Card-Stacking Bryan Berg hat im Herbst 2014 für Platinion vor den Augen der Flughafengäste die New Yorker Skyline in Form von Spielkarten nachgebaut. Carolin Fell, Marketing Coordinator des Beratungsunternehmens: „Es ist schwer, die Herausforderungen und den Reiz des IT-Consultings verständlich zu machen.“ Mithilfe des CardStackings sei dies jedoch gelungen. Denn mit kleinen Karten große Dinge zu erbauen, sei genau das, was die Platinion-Arbeit spannend mache. Direkte Anbindung an den Point of Sale Botschaften auch für B-to-B-Kunden Die Kommunikationsanlässe im Flughafen sind zahlreich. Mytaxi etwa will neue Kunden gewinnen. Bayer setzt mit seinem weithin sichtbaren Bayerkreuz in Frankfurt auf den Aufbau einer langfristigen Markenbekanntheit im In- und Ausland. Bentley hat sein neues Modell „Flying Spur V8“ zuerst auf Full-HD-Monitoren vor den First- und Business-ClassLounges im Frankfurter Flughafen präsentiert. Den Hub in internationale Märkte suchen Kampagnen von China Southern Airlines und der Uhrenmarke Rado. Nicht immer richten sich die Botschaften der Werbungtreibenden an Endverbraucher. Im Vorjahr warb etwa das US-Softwareunternehmen CA Technologies mit einer umfangreichen B-to-B-Kampagne an der stark befahrenen Zufahrtsstraße zum Terminal 1 des Frankfurter Flughafens auf einer 600 Quadratmeter großen Fläche. Am Flughafen Wien wünscht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers seit Februar Geschäftsreisenden auf hinterleuchteten Werbeflächen einen guten Flug. Die große Bandbreite für Werbung am Airport – vom Citylight-Poster über Screens und Riesenposter bis zur Ladestation für Smartphones – nutzen TopMarken gern auch für crossmedial angelegte Kampagnen. So stellt der amerikanische Softwarehersteller EMC bis Ende Juli am Flughafen Frankfurt seine HybridCloud-Lösung vor. Die B-to-B-Kampagne umfasst sowohl analoge Medien – etwa Großbildflächen und eine mehr als 16 Meter lange Lightbox – als auch ein digitales Netzwerk, das aus 116 Bildschirmen inmitten der Gepäckausgabebänder besteht. Zudem geht es interaktiv zu: Auf zwei Wall-Panels entlang des zentralen Laufwegs folgen kleine Wolken mit den drei elementaren Eigenschaften der Hybrid-Cloud („beweglich“, „sicher“, „ein- fach“) vorbeilaufenden Passagieren. Digitale Werbeträger spielen bei der Kundenansprache eine immer wichtigere Rolle, da sie Bewegtbild und große Flexibilität erlauben. An fast allen Airports finden deshalb Markenkampagnen inzwischen auch auf digitalen Screens oder Flächen statt. Die Werbeträger sind technisch so ausgereift, dass sich Marken im Innen- wie im Außenbereich präsentieren können. Werben, wo die Zielgruppe kommuniziert Entscheidend für die Kundenansprache ist indes der intensive Kontakt zur Zielgruppe. VW Nutzfahrzeuge wirbt am Airport Hannover auf einem Riesenposter, zwei Ausstellungsflächen und einem Pylon an der Flughafenstraße. „Die klassische Kommunikation reicht heute nicht mehr aus. Marken müssen dort werben, wo die Zielgruppe kommuniziert und sie müssen erlebbar sein. Das spielt auch für Der amerikanische Hersteller von Elektroautos Tesla Motors gehört zu den Airport-Neukunden. Im März und April dieses Jahres hat er in Hamburg das Model S präsentiert, das zuvor nur in eigenen Stores, Hotels und Einkaufszentren zu sehen war. „Der Flughafen bietet uns eine neue Begegnungsfläche zwischen Kunden und unserer Marke. Hier können in entspannter Atmosphäre Botschaften und Produktdetails vermittelt werden“, sagt Philipp Schröder, Country Director Germany & Austria. Am Flughafen sind fast alle namhaften Marken präsent. Denn hier können die Maßnahmen im selben Umfeld gebündelt und vernetzt werden. Dazu kommt die direkte Anbindung an den Point of Sale. Schröder ist vom Standort überzeugt und will wiederkommen. Und Platinion-Marketerin Fell resümiert: „Wir haben gesehen, dass wir unsere Zielgruppe an der Location Airport sehr gut ansprechen können.“ HORIZONT 24/2015 REPORT OUT-OF-HOME 31 11. Juni 2015 Medium der Digitalen? Mit der Digitalisierung der Außenwerbung wachsen zwei bislang getrennte Bereiche zusammen: Out-ofHome und Online. Werden die DigitalAgenturen Stück für Stück zu den besseren Außenwerbern? Oder bleiben die Spezialmittler nach wie vor unersetzlich? HORIZONT hat Stimmen beider Fraktionen eingeholt. Matthias Schäfer, Geschäftsführer Interone, München 1 Es geht um den magischen Moment. Er entsteht, wenn wir uns perfekt auf die Situation des Betrachters einstellen: Das Richtige im richtigen Augenblick maximiert die Relevanz, verblüfft, entfaltet eigene Kräfte. Mit Digital Out-of-Home kommen wir den Menschen entgegen. Wetter, Uhrzeit, Ort oder Verkehrslage inspirieren die Kreation, die plötzlich persönlich wird. Doch das ist erst der Anfang. Perspektivisch sehen wir Digital Out-ofHome wie Display-Ads – nur eben im wirklichen Leben: personalisierbar wie Online-Banner, intelligent wie Smartphone-Tools. Extrem spannend für Kreative – und via Mobile der schnellste Weg von der Werbung zur Kundenbeziehung. 2 1 2 an? Worauf kommt es bei Digital Out-ofHome vor allem Womit können die Digital-Agenturen oder die Spezialmittler bei Digital Outof-Home in erster Linie punkten? Digital Out-of-Home ist für uns Teil des gesamten Kunden-Erlebnisses. Und da lernt man einiges: Was funktioniert in welchem Kontext und an welchem Touchpoint? Was wird genutzt, gemocht und geteilt? Was konvertiert und verkauft? Entsprechend setzen wir Digital Out-of-Home ein. Unsere Kreation muss nicht immer digital sein, unser Input schon: Daten, Technologien, Nutzerverhalten. Alle wollen das Ja des Kunden. Als kreative Digital-Agentur kriegen wir es nicht nur – wir machen entlang des CustomerLifecycle mehr daraus. Andreas Kiechle, Geschäftsleitung Posterselect, Baden-Baden 1 Für unsere Kunden zählt die Aussteuerbarkeit der neuen digitalen Out-of-Home-Medien, etwa nach Zeitschienen. Auch lokale und regionale Werbungtreibende entdecken zunehmend diese Flexibilität und den Spielraum, Bewegtbild vor Ort in ihre Kampagnen zu integrieren. Allerdings fehlt dem digitalen Out-of-Home-Markt bislang die nötige Transparenz. Die Angebote sind sehr unterschiedlich, es gibt nur wenige einheitliche Buchungsverfahren – vor allem fehlt es an generellen Leistungsnachweisen sowie spezifischen Referenzkampagnen aus der Region. Hier hat die Branche noch einige Hausaufgaben zu machen. 2 Da der Markt außerhalb der Metropolen noch sehr unübersichtlich ist und regionale Kunden noch allzu oft an das Medium herangeführt werden müssen, sind die Spezialagenturen weiterhin eine wichtige Schnittstelle zwischen Kunden, Agentur und Anbieter. Sie haben die Marktentwicklungen ganzheitlich im Blick, können mittels eigener Bewertungsmodelle und Benchmarks die Spreu vom Weizen trennen und sinnvolle Konzepte für crossmediale Out-ofHome-Kampagnen entwickeln. Auf dieses Know-how und eine unabhängige Beratung werden Kunden, die ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis für ihre individuelle Kommunikationsaufgabe suchen, nicht verzichten können. Carsten Ehling, Geschäftsführer It Works, Düsseldorf 1 Digital Out-of-Home hat sich speziell unter den Gesichtspunkten Leistung, Konvergenz, Interaktion, Relevanz und Innovationspotenzial etabliert und war auch im vergangenen Jahr der Wachstumstreiber. Neue Entwicklungen im Hard- und Softwarebereich und die Einbindung digitaler Kanäle wie Online, Mobile, Social Media und E-Commerce werden künftig weiteres Innovationspotenzial freisetzen. Eine nachhaltige Positionierung der digitalen Außenwerbung im intermedialen Wettbewerb erfordert vor allem Angebotstransparenz, Standards, Flexibilität und den Nachweis der Werbewirkung. Nicht zuletzt ist aber auch eine einheitliche Leistungswährung für sämtliche digitale Medien – national wie international – nötig. 2 Aufgrund ihrer Expertise bei der Analyse von Mobilität und Zielgruppen, der Bewertung von Touchpoints und Kontaktstrecken, der ganzheitlichen Bewertung von Out-ofHome-Werbeträgern sowie ihrer frühzeitigen Investitionen in Leistungs- und Wirkungsforschung digitaler Out-ofHome-Kampagnen sind die Spezialmittler bestens gerüstet. Dominik Heck, Chief Operating Officer Add2, Düsseldorf 1 Das Wichtigste bei der digitalen Außenwerbung steckt schon im Namen: Sie ist digital – und damit schnell. Anders als bei geklebtem Papier bietet sich mit digitalen Screens die Chance, sowohl kreativ als auch mediastrategisch neue Wege zu gehen. Schon länger nutzt Add2 selbst entwickelte Technologien, um die Inhalte der Werbemittel auf digitalen Screens zu dynamisieren. In unserer Kampagne „Ebay Dynamic Live Feed Integration“ haben wir beispielsweise Produktabbildungen in Echtzeit ausgetauscht, je nachdem welcher Artikel in der jeweiligen Region aktuell besonders gefragt beziehungsweise ausverkauft war. 2 Digital-Agenturen kennen sowohl den Markt für digitale Medien mit seinen Mechanismen als auch die Strategien für digitale Screens sehr gut. Neben dem kreativen Aspekt – beispielsweise dynamische Werbemittelinhalte und die Nutzung von Bewegtbild – werden sich auch der Vertrieb und die Preisfindung bald digitalisieren. Ein tiefes Verständnis entsprechender Technologien (wie Adserving, dynamische Werbemittel, Datenfeed, Targeting-Daten), aber auch von digitalen Einkaufsmechanismen (Stichwort Realtime-Advertising und Auktionssysteme) ist dann unabdingbar. In dieser Beziehung haben Digital-Agenturen einen langjährigen Wissensvorsprung. Umfrage: Joachim Thommes Anzeige