Acupuncture for Depression during Pregnancy: a Randomized

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Acupuncture for Depression during Pregnancy: a Randomized
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Acupuncture for Depression during Pregnancy:
a Randomized Controlled Trial
Manber R, Schnyer RN, Lyell D, Chambers AS, Caughey AB, Druzin M, Carlyle E, Celio C, Gress JL, Huang MI, Kalista T,
Martin-Okada R, Allen JJ.
Department of Psychiatry and Behavioral Sciences, Stanford University, Stanford, California 94305, USA. [email protected]
Obstet Gynecol. 2010;115:511–20
Objective: To estimate the efficacy of acupuncture for depression during pregnancy in a randomized controlled trial.
Methods: A total of 150 pregnant women who met Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Fourth
Edition) criteria for major depressive disorder were randomized to receive either acupuncture specific for depression or one of two active controls: control acupuncture or
massage. Treatments lasted 8 weeks (12 sessions). Junior
acupuncturists, who were not told about treatment assignment, needled participants at points prescribed by senior
acupuncturists. All treatments were standardized. The primary outcome was the Hamilton Rating Scale for Depression, administered by masked raters at baseline and after 4
and 8 weeks of treatment. Continuous data were analyzed
using mixed effects models and by intent to treat.
Results: Fifty-two women were randomized to acupuncture
specific for depression, 49 to control acupuncture, and 49 to
massage. Women who received acupuncture specific for de-
pression experienced a greater rate of decrease in symptom
severity (P < .05) compared with the combined controls
(Cohen’s d = 0.39, 95 % confidence interval [CI] 0.01–0.77)
or control acupuncture alone (P < .05; Cohen’s d = 0.46,
95 % CI 0.01–0.92). They also had significantly greater
response rate (63.0 %) than the combined controls
(44.3 %; P < .05; number needed to treat, 5.3; 95 % CI
2.8–75.0) and control acupuncture alone (37.5 %; P < .05:
number needed to treat, 3.9; 95 % CI 2.2–19.8). Symptom
reduction and response rates did not differ significantly
between controls (control acupuncture, 37.5 %; massage,
50.0 %).
Conclusion: The short acupuncture protocol demonstrated
symptom reduction and a response rate comparable to those
observed in standard depression treatments of similar length
and could be a viable treatment option for depression during pregnancy. CLINICAL TRIAL REGISTRATION: Clinicaltrials.gov, www.clinicaltrials.gov, NCT00186654.
M. Ortiz
Kommentar
Durchschnittlich jede fünfte Frau ist zumindest einmal in
ihrem Leben von einer depressiven Episode betroffen. Auch
Schwangere sind hier nicht ausgenommen. Die Annahme,
dass Depressionen vor allem postpartal auftreten, scheint
sich mehr und mehr als Ammenmärchen zu entpuppen. In
einer Cochrane Metaanalyse aus 21 Studien wird eine Prävalenzrate für Schwangerschaftsdepressionen von 10,7 %
beschrieben, wobei vor allem das 2. und 3. Trimenon betroffen sind [1]. In einer Untersuchung an 1.100 Schwangeren in Deutschland zeigten sich in der Edinburgh Postnatal Depression Scale, einer häufig auch präpartal als
Screeninginstrument gebrauchten Skala, höhere Depressionsscores vor Geburt als unmittelbar und sechs bis acht
Monate danach [2].
Die Behandlungsoptionen während der Schwangerschaft
sind jedoch limitiert wegen möglicher Nebenwirkungen
auf die Entwicklung des Fetus. Im Interesse der Gesundheit
von Mutter und Kind wären nebenwirkungsarme Alternativen zur Pharmakotherapie hier wünschenswert.
Miriam Ortiz
Ärztin für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren,
Akupunktur
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und
Diesem interessanten Thema widmet sich die Studie von
Rachel Manber et al. In einer randomisierten, kontrollierten, teils verblindeten dreiarmigen Pilotstudie an 61
Schwangeren konnten die Autoren bereits 2004 Hinweise
auf die therapeutische Überlegenheit einer indikationsspezifischen Akupunktur im Vergleich zu nicht spezifischer
Akupunktur und Massage zeigen (Manber et al. 2004). In
der Folgestudie mit dem gleichen Design, die uns nun vorliegt, wurden insgesamt 150 Schwangere zwischen der 12.
und 30. Schwangerschaftswoche mit Majorer Depression
(nach DSM-IV) und einem Schweregrad von mindestens 14
Punkten auf der Hamilton Rating Scale for Depression
(HAM-D), was einer moderaten Beschwerdestärke entspricht, eingeschlossen und in drei Gruppen randomisiert.
Die Interventionen bestanden entsprechend der Pilotstudie
aus jeweils zwölf Behandlungen innerhalb von acht Wochen mit entweder einer indikationsspezifisch festgelegten
Akupunktur, einer nicht spezifischen Akupunktur oder einer klassischen Massage.
Gesundheitsökonomie
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Die indikationsspezifische Akupunktur wurde individuell
für jede Patientin entsprechend TCM-Richtlinien und nach
einem Behandlungsmanual der Autoren, das eine gewisse
Standardisierung gewährleisten sollte, festgelegt. Für die
unspezifische Akupunktur wurde ebenfalls ein Manual der
Autoren zugrunde gelegt. Bei beiden Formen der Akupunktur wurden über 20 Minuten jeweils sieben bis zwölf
Akupunkturpunkte behandelt und neutral bis moderat bis
zum Erreichen des De Qi-Gefühls stimuliert. Punkte, die
die Autorinnen bei Schwangerschaft für kontraindiziert
hielten, wurden vermieden. Die klassische Massage bestand
aus jeweils fünfminütiger Behandlung von Rücken, Gesicht, Kopf, Schultern und Füßen der seitlich gelagerten
Patientin. Um die therapeutische zeitliche Zuwendung der
Gruppen zu nivellieren, wurde auch bei den Patientinnen
dieser Gruppe (obwohl für die Behandlung nicht notwendig) eine Anamnese nach Richtlinien der traditionellen
chinesischen Medizin durchgeführt.
Primärer Outcomeparameter war die Reduktion der 17 Item
Hamilton Rating Scale of Depression nach vier und acht
Wochen Behandlung, wobei die Rater verblindet waren
hinsichtlich der Interventionsgruppen.
Sekundäre Zielparameter waren Remissionsrate und Responderraten. Die Remission der Majoren Depression wurde
definitionsgemäß erreicht bei Fehlen der Leitsymptome Depressivität und Freud- und Lustlosigkeit sowie einem
HAM-D Score von 7 oder weniger, was einer Einstufung als
„nicht depressiv“ entspricht. Als Therapieresponder wurden
Patienten bezeichnet, bei denen es im Verlauf der Studie zu
einer Reduktion des HAM-D Scores von 50 % oder mehr im
Vergleich zum Ausgangswert kam, der HAM-D Score dabei
zwischen 7 und 14 lag und die DSM-IV Kriterien für Majore
Depression nicht mehr erfüllt waren. Nicht jeder Therapieresponder erfuhr somit eine Krankheitsremission.
Die Hauptvergleiche bestanden zwischen den Interventionsgruppen mit indikationsspezifischer Akupunktur und
den gepoolten Daten aus beiden Kontrollgruppen und dem
Vergleich zwischen den Kontrollgruppen.
Alle Gruppen wurden hinsichtlich Drop-out-Raten, unerwarteter Ereignisse und unerwünschter Therapiewirkungen
verglichen.
In der explorativen Analyse wurde die indikationsspezifische Akupunktur mit jeder der beiden Kontrollgruppen
verglichen. Die primäre Auswertung erfolgte für die Intention to treat Population, die alle randomisierten Patientinnen mit mindestens einer Behandlung umfasste.
Insgesamt konnten 150 Patientinnen (52 in der Gruppe mit
spezifischer Akupunktur, und je 49 in den Kontrollgruppen) im ITT ausgewertet werden. Die Interventionsgruppen
waren nach Angaben der Autoren im Wesentlichen vergleichbar. Zusammengefasst zeigte sich für den primären
Zielparameter eine signifikant größere Reduktion des
HAM-D für die depressionsspezifische Akupunktur im Vergleich mit den gepoolten Daten der Kontrollgruppen, wobei die Means der Ausgangsscores zwischen 20,4 und 21,5
lagen. Die beschriebene Effektstärke Cohen’s d von 0,39 ist
jedoch eher gering. Die Unterschiede zwischen den Kontrollgruppen waren nicht signifikant.
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Akupunktur
Deutsche Zeitschrift für
Die Responseraten waren signifikant höher bei indikationsspezifischer Akupunktur (63 %) im Vergleich zu den
Kontrollinterventionen (44,8 %). Die Remissionsraten lagen etwas, aber nicht signifikant höher in der Gruppe mit
indikationsspezifischer Akupunktur gegenüber den gepoolten Daten der Kontrollgruppen (34,8 % vs. 29,5 %),
zwischen den Kontrollgruppen waren sie in vergleichbarem Umfang.
Die zehn unerwarteten Ereignisse mit zum Teil schweren
Verläufen, wie frühzeitige Geburt, vorzeitige Wehen, Abort, wurden von dem Drug and Safety Advisory Board in
keinem Fall mit der Behandlung in Zusammenhang gebracht. Therapieassoziierte Ereignisse treten doppelt so
häufig bei der indikationsspezifischen Akupunktur auf
(14×), als bei der unspezifischen Akupunktur (7×), sind jedoch nicht schwerwiegend und betreffen hauptsächlich
lokale Phänomene wie Schmerzen an der Einstichstelle
und Blutung nach Entfernung der Akupunkturnadeln.
Erstmalig wurde in dieser Studie die Wirkung einer indikationsspezifischen Akupunktur bei Schwangerschaftsdepressionen in diesem Umfang erforscht. Dabei interessieren
natürlich vor allem die Details zur Intervention. Es ist sehr
bedauerlich und mein Hauptkritikpunkt an der Studie, dass
die Autoren zwar auf die von ihnen verfassten Manuale
hinweisen, sich jedoch ansonsten nicht zu den in der Studie verwendeten Akupunkturpunkten äußern. Gerade weil
als Kontrollakupunktur eine aktive Akupunktur eingesetzt
wurde, wäre die Vorstellung der genutzten Punktekombinationen wünschenswert gewesen.
Auf Nachfrage bei den Autoren wurde erklärt, dass die
Diversität der benutzten Akupunkturpunkte aufgrund der
individualisierten Behandlung so groß sei, dass zurzeit
keine Angabe darüber möglich ist. Eine Veröffentlichung
dieser Punkte sei jedoch angedacht. Demnach bezieht
sich die im Abstract angegebene Standardisierung der
Therapie anscheinend nicht auf die Auswahl der Akupunkturpunkte.
Um eine Voreingenommenheit gegenüber der Behandlung
zu minimieren, waren die Patientinnen hinsichtlich der
Akupunkturbehandlung verblindet. Zusätzlich wurde in
dieser Studie versucht, mit nicht unerheblichem Aufwand
ebenfalls die Behandler zu verblinden. Dazu wurde jede
Studienteilnehmerin von einem Team erfahrener TCMTherapeuten in Unkenntnis der Gruppenzugehörigkeit zur
Anamnese befragt. Anschließend wurden sowohl spezifische als auch unspezifische Behandlungsschemata festgelegt. Die Behandlung der Patientinnen wurde jedoch von
noch unerfahrenen Akupunkteuren durchgeführt (maximal
zwei Jahre Therapieerfahrung) unter der Vorstellung, dass
diese die Spezifität der Interventionen nicht erkennen würden. Die Befragung der Behandler im Studienverlauf zeigte
jedoch, dass offensichtlich genügend Kenntnisse vorhanden waren, um indikationsspezifische und unspezifische
Akupunktur zu unterscheiden.
Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Interventionsgruppen
wird von den Autoren der größere Anteil von Afroamerikanern in der Gruppe der unspezifischen Akupunktur als
Limitation beschrieben. Auffällig scheint mir jedoch auch
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doch hervorgehoben werden, dass völlig unklar bleibt,
welche Akupunkturpunkte für die indikationsspezifische
und die Kontrollakupunktur genutzt wurden. Damit ist die
Nachvollziehbarkeit der Intervention nicht gegeben und der
praktische Nutzen fragwürdig.
Bei schwangeren Depressiven sind Einflussfaktoren und Verlauf häufig anders als bei nicht schwangeren Patientinnen.
Spontane Remissionen treten häufig auf, daher fällt es nicht
ganz leicht, die Ergebnisse klar einzuordnen. Mit HAM-DReduktionen von durchschnittlich 53 % und Responderraten
von ca. 29 % scheint diese Studie jedoch vergleichbar mit
psychotherapeutischen und pharmakologischen Interventionen bei Schwangerschaftsdepression. Gleichzeitig besteht
aufgrund der Interventionen ein nur geringes Risiko für therapiebedingte unerwünschte Wirkungen, sodass wir es hier
mit einer Therapieoption zu tun haben, die vielversprechend
scheint und weitere Forschung fordert.
Literatur
1. Dennis CL, Allen K. Interventions (other than pharmacological, psychosocial or psychological) for treating antenatal depression. Cochrane Database
Syst Rev. 2008 Oct 8;(4):CD006795. Review
2. Reulbach U, Bleich S, Knörr J et al. Pre-, peri- and postpartal depression.
Fortschr Neurol Psychiatr. 2009 Dec;77(12):708–13. Epub 2009 Oct 26
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die (nicht signifikante) Heterogenität bzgl. des Krankheitsbildes zwischen den Gruppen: So finden sich 31,2 % chronisch depressive Patientinnen in der unspezifischen Akupunkturgruppe und 28,6 % in der Massagegruppe, wohin
gegen in der indikationsspezifischen Akupunkturgruppe
nur 15,4 % chronisch erkrankt waren.
Beachtlich ist auch die Rate von Therapieabbrecherinnen
von insgesamt 23 %, die sich gleichmäßig auf alle drei
Studienarme verteilt. Immerhin die Hälfte der Abbruchgründe findet sich aufgrund der Therapieform – allerdings
wieder gleichmäßig in allen drei Gruppen. Hier fehlen vergleichbare Zahlen aus anderen Studien mit Schwangeren,
möglicherweise sind hohe Abbruchraten hier häufiger.
Pränatale Depressionen gelten oft als Prädiktor für postpartale Depressionen. Obwohl ein großer Teil der Frauen in
dieser Studie nach Abschluss der Behandlung nur noch
leicht depressiv war, wäre eine Follow up post partum interessant gewesen.
Fazit: Schwangerschaftsdepression ist ein bislang wenig beforschtes Feld, lange Zeit galt das Augenmerk eher der postpartalen Depression. Umso wichtiger erscheint es, Studien
wie diese mit nicht pharmakologischen Interventionen
durchzuführen. Erstmals konnte die Wirksamkeit einer indikationsspezifischen Akupunktur gegenüber einer unspezifischen Akupunktur gezeigt werden. Einschränkend muss je-
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