Fiji - Wirodive
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Fiji - Wirodive
R E I S E Fiji das– Inselreich der Haie 250 kg Fisch – dreimal die Woche –, wer kann dazu schon „NEIN“ sagen? Schon gar nicht die Haie Fijis, dieses pazifischen Postkarten-Idylls. Doch Achtung, bevor nun der stets besser wissende Zeigefinger aller Gutmenschen (und solcher, die es gut meinen) erhoben wird angesichts dieses vermeintlichen ökologischen Fehlverhaltens, sei auch gleich die Zusatzfrage angefügt: „Hätte es hier denn eine Überlebensalternative für die grossen Räuber gegeben?“ Ganz sicher nicht! Zu jedem Flossenschnitt bereite lokale Fischer T K C O L E ANG hätten zusammen mit skrupellosen Geschäftemachern mit besten Kontakten nach Südostasien schnell für vollendete Tatsachen gesorgt. Nachdem es dazu nicht kam, treffen sich heute die ganz dicken Brocken der Szene zum ebenso ultimativen wie artenübergreifenden Showdown mit den Besserverdienern und Lottokönigen dieser Welt. Denn eines ist klar: Ein Sparschwein mit beachtlichen Ausmassen muss man für diesen once-in-alifetime Trip schon opfern. Dafür erhält man allerdings auch das gute Gefühl, dass die örtliche Bevölkerung bestens eingebunden ist und alles für den Schutz der Riffe vor Ort getan wird. 60 Aquanaut 7-8/2012 Wie alles begann Das Tauchen mit Haien wurde 1985 von Aquatrek auf Fiji eingeführt und hat damit bereits 27 Jahre Tradition. Dieser legendäre erste Tauchgang fand damals zusammen mit Grauen Riffhaien und Weissspitzenriffhaien statt. Zuvor hatte sich der Eigner mit einer lokalen Speerfischer-Legende Apisai Bati getroffen und ihn überzeugt, das Riff ab sofort zu schützen und die Bevölkerung wie auch die zu erwartenden Touristen über das wirkliche Wesen der Haie aufzuklären. Weiters konnte Apisai Bati auch die naheliegenden Dörfer überzeugen, das Speerfischen am Riff aufzugeben. Damit war das erste, lokal geschützte RiffSystem Fijis etabliert. Durch zahlreiche neu geschaffene Arbeitsplätze war auch der Bevölkerung schnell klar, welchen positiven Nutzen sie für sich ziehen kann. Zahlreiche Dorfbewohner fanden einen Job als Guides und sonstiges Personal in dieser neuen Form des Tourismus. Im Mai 1999 startete Aquatrek dann unter meiner Leitung einen weiteren, neuen Haitauchgang in Pacific Harbour. Nun wurden auch die grösseren Arten wie Tiger-, Bullen- oder Silberspitzenhai angelockt. Drei Monate lang hatten wir damals dreimal die Woche je 250kg Fisch verfüttert, bis uns klar wurde, dass wir etwas Aussergewöhnliches geschaffen hatten. Abermals wurden die Dorfbewohner nach ihrem Interesse befragt, das nun vermehrte Fischaufkommen zu schützen. Im Januar 2000 stimmten diese zu, und ein unterzeichneter Brief wurde an die zuständigen Fischereibehörden gesendet. Die Erklärung zur „Fiji Localy Managed Marine Protected Area“ (FLMMPA) war damit nur mehr reine Formsache. Wichtig für die Dorfbewohner war vor allem die ausgehandelte Tauchgebühr, die ihnen seither zu 100% zusteht. Aquatrek aktiv Seit dieser Zeit umfasst das Aufgabengebiet von Aquatrek auch die Unterstützung internationaler Haiexperten wie auch das Anbringen von satellitenüberwachten Sendern an einigen der Bullenhaien, um fortan ihre Routen und ihr Fressverhalten besser verfolgen zu können, bevor sie sich zur Paarung aus den küstennahen Gewässern entfernen. Des Weiteren war Aquatrek hauptverantwortlich für die Versenkung von zahlreichen künstlichen Riffen vor Beqa. Für weitere ähnliche Aktionen wurden bereits die Materialien erworben. Finanziell unterstützt von Project Aware übernahmen wir auch die Verantwortung für die Installation und Verankerung von Bojen an den 25 Tauchspots von Beqa. Aufbauend auf unseren früheren Erfahrungen etablierten wir Ende des Jahres 2004 einen neuen Haitauchplatz, während ein anderer Tauchveranstalter unseren ersten Spot übernahm. Leider lief hier an 7-8/2012 Aquanaut 61 Dies ist eine Bildunterschrift lige Male vermeiden konnte, der jetzt aber mehr denn je unseren Schutz vor seiner grössten Bedrohung, der Flossenmafia, benötigt. Wir, die wir uns als die intelligentesten Lebewesen auf der Erde empfinden, löschen tagtäglich andere Kreaturen auf diesem Planeten unwiederbringlich aus. Entweder wir ergreifen heute die nötigen Massnahmen diese Tiere zu schützen, oder die Haie werden bereits in wenigen Jahrzehnten ausgestorben sein. Der Tourismus hat gezeigt, dass Tauchgänge mit Haisichtung jährlich einen Wert von etwa 42 Millionen US $ darstellen, also weitaus mehr, als die Jagd nach den Flossen Fiji einbringen würde. Anmut statt Kick Zusätzliche Unterstützung bringt uns auch die Überlegung, dass Menschen sich Dies ist eine Bildunterschrift dieser Stelle nicht alles rund. Das neue Eignerdorf forderte sein Riff zurück, was uns in 2005 wieder zu unserem ersten Dorf zurückbrachte. Nun wurden wir von der Bevölkerung mit einem neuen Tauchplatz namens „Lake Riff“ versorgt – ein Glücksgriff, wie sich herausstellen sollte. Sofort verwandelten wir ihn in eine FLMMPA, nachdem die Bevölkerung ja bereits darauf vertrauen konnte, dass wir unsere Tauchgänge niemals ohne Schutz der dort lebenden Fischfauna durchführen würden. Die Tauchgebühren wurden unverändert beibehalten. Somit beherbergt das Dorf jetzt zwei Tauchschulen in ihrem Riff und erhält damit Tourismusgelder aus zwei verschiedenen Quellen zuzüglich weiterer Einnahmen z.B. aus Dorfbesichtigungstouren. Und zusätzlich dürfen sie sich stolz Eigner eines überaus vitalen Riffes nennen mit mehr als 250 verschiedenen Fischarten. Dies ist eine Bildunterschrift leichter tun, das zu schützen, was sie nicht fürchten. Dementsprechend sind unsere Haifütterungen auch keine hochadrenalinen Nervenkitzel, sondern vielmehr eine unaufgeregte Futterdarreichung sowohl an Haie als auch an die anderen Fische im Riff. Aquatrek-Mitarbeiter haben Tiger-, Bullen- und Silberspitzenhaie schon von Hand gefüttert. Zumeist handelt es sich aber um natürliche Fütterungen, bei denen die Tiere die Nahrung vom Boden aufnehmen. Nach solch einem Tauchgang ändert sich auch die Sichtweise der Teilnehmer von Grund auf. Vorher sind sie noch furchterfüllt und skeptisch. Anschliessend sind sie fasziniert über soviel Schönheit und Eleganz. Vor allem sind sie überrascht von deren Intelligenz zu unterscheiden, was als Futter anzusehen ist und was eben nicht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein Tauchgebiet wie das von Aquatrek perfekt für die Beobachtung von Bullenhaien eignet. Weltweit gibt es nur sehr wenige Stellen, wo man Bullenhaie derart aus der Nähe beobachten kann. Haischützer kommen somit aus aller Welt, um diese Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu studieren und zu filmen. Das Futter wird nur zur Anlockung genutzt, dann muss sich jeder Hai selbst um seine Beute bemühen. Als wir die Riffe von den Dörfern übernommen hatten, waren sie vollkommen überfischt. Dank unserer Fütterungsinitiative mit dreimal 250kg Fischfutter pro Woche konnten sich 250 verschiedene Fischarten wieder ansiedeln. Damit war auch ein relativ ausgeglichenes Verhältnis zwischen Klein- und Grossfischen wieder hergestellt mit dem willkommenen Nebeneffekt, dass sich das Riff jetzt in einem deutlich intakteren Zustand befindet. Das führt sogar soweit, dass die erhöhten Reproduktionsraten dieser gestärkten Populationen jetzt auch positive Aussenwirkungen auf die Riffe ausserhalb des Meeresschutzgebietes haben. Gute Referenzen Heute findet auch eine verstärkte Ausbildung von der Pieke auf statt über die Notwendigkeit zum Erhalt des Riffs und seiner Bewohner. Die Bedeutung unserer Arbeit wird mittlerweise auch von Biologen z.B. des San Diego Aquariums bestätigt – insbesondere in diesen Zeiten der Überfischung. Unser Gebiet sei ohne Zweifel eines der gedeihlichsten Riffe ganz Fijis. Auch Howard Hall sowie Ron und Valerie Taylor haben sich davon überzeugt und verleihen unseren Tauchgebieten seither ein Weltklasseprädikat – als eines von nur sehr wenigen Gebieten überhaupt, an de- Zeit zu handeln Wir von Aquatrek setzen auf Überzeugungsarbeit. Wir klären unsere Gäste aus aller Welt über Haie in der Form auf, dass wir sie nicht als gedankenlose Killer porträtieren. Wir versuchen Touristen zu ermutigen, Haie auch dadurch zu schützen, indem sie beispielsweise Petitionen unterzeichen. Nach Filmen wie beispielsweise „Der weisse Hai“ ist es dringend notwendig, den Hai als das darzustellen, was er ist: Ein Jäger an der Spitze der Nahrungskette, der seine Ausrottung bereits unzäh62 Aquanaut 7-8/2012 7-8/2012 Aquanaut 63 Dies ist eine Bildunterschrift Dies ist eine Bildunterschrift R E I S E Dies ist eine Bildunterschrift nen man bis zu acht verschiedene Haiarten an einem Spot beobachten kann. Nachhaltigkeit: Mehr als nur eine Worthülse Unser Haitauchkonzept ist ein gutes Anschauungsbeispiel für nachhaltigen und umweltverträglichen Tauchtourismus, wobei die Zahlung an das Dorf als Kompensation für den Verlust ihrer Fischgründe gesehen werden kann. Je mehr Taucher das Dorf besuchen, umso mehr profitiert die Bevölkerung. Das motiviert wiederum das Dorf, alles in seiner Macht zu tun, dass dort niemand fischt. Es soll sichergestellt sein, dass die Gäste zufrieden und mit guten Erinnerungen nach Hause zurückkehren. Die Nachhaltigkeit ist auch dadurch gewährleistet, dass im Dorf nirgends das Gefühl aufkommt, dass der Dies ist eine Bildunterschrift Tauchveranstalter sich an ihrer Ressource eine goldene Nase verdient, ohne selbst einen angemessenen Rückfluss zu erhalten. Zugleich ist es uns ein grosses Anliegen, den Tauchgästen auch die einheimischen Sitten und Bräuche näherzubringen. So arrangieren wir beispielsweise am letzten Abend einen Besuch im Dorf mit traditioneller „Kava“ – Zeremonie gefolgt von einem „Lovo“ – Dinner, bei dem die Speisen in Bananenblätter gewickelt und zu64 Aquanaut 7-8/2012 sammen mit heissen Steinen zum Garen im Boden vergraben werden. Weiters sind aufgrund unserer Initiative auch Ausflüge im Dorf hin zu einem sehenswerten Wasserfall buchbar, was für zusätzliche Einnahmen sorgt. Mühsame Schutzbestrebungen Wie bereits erwähnt, ist ein FFMMPA gemäss Definition ein lokal von den Dorfbewohnern gemanagtes Gebiet, das sich den Schutz der marinen Flora und Fauna zur Hauptaufgabe gemacht hat. Das Riff bleibt dabei Eigentum des Dorfes, dem auch die Kontrolle über die Fischerei am Riff obliegt – ein System, das auch „Goligoli“ genannt wird, und das es dem Dorf mit Rückendeckung der Fischereibehörden erlaubt, sowohl Fische, als auch Köder und nach Vorwarnung sogar Boote zu konfiszieren. Ein vom Staat kontrollierter Marinepark erlaubt darüber hinaus die Festnahme und die strafrechtliche Verfolgung vor Gericht. Die Schwierigkeit besteht nur darin, dass es auf Fiji keine Patroullienboote oder -beamte gibt. Aus diesem Grund gibt es auch nur ein Marineschutzgebiet bei 110 FLMMPAs. Einst waren Haie auf Fiji aus religiösen Gründen geschützt. Die Menschen glaubten an einen Gott in Haigestalt. Leider brachten schwere Zeiten und die fortschreitende Kommerzialisierung lokale Fischer dazu, Haie aufgrund ihrer Flossen zu jagen, um sie dann unter Marktwert an taiwanesische Schleppnetzfischer zu verkaufen. Unsere Aufgabe sehen wir nun darin, die Einheimischen immer weiter dahingehend fortzubilden, dass ein lebender Hai ihnen ein fortwährendes Einkommen im Tauchtourismus einbringt, während ein toter Hai nur einmal Geld einbringt. Auch riskiert man das völlige Aussterben, da Haie ein Jahr lang ihre Jungen austragen und nur alle zwei Jahre für Nachwuchs sorgen können. Dazu ist der Paarungsakt nur selten erfolgreich, und die vergleichsweise kleinen Jungen sind eine leichte Beute für andere Haie. In mühevoller Kleinarbeit und nach 7-monatigen Diskussionen und Verhandlungen konnten wir letztlich die einheimische Bevölkerung davon überzeugen, die Riffe im Allgemeinen und die Haie im Speziellen zu schützen. Wir von Aquatrek sind sehr stolz auf das Erreichte. Wir haben Pionierarbeit geleistet, ohne uns an einem bereits existierenden Projekt auf Fiji orientieren zu können. Vertrauen wurde aufgebaut und niemals missbraucht. Wir werden unsere Freundschaft mit den Dorfbewohnern weiterhin pflegen und sind deshalb auf der Suche nach einem Sponsor für ein Marineparkboot, damit die Bevölkerung ihre Tourismusprojekte und damit vor allem ihr Riff auch weiterhin schützen kann. Von Brandon Paige VERANSTALTER VOR ORT: ¬ Aqua-Trek LLC, Ultimate Fiji Vacations, FIJI ISLANDS, Tel. 650/728-7076 (direkt) und 679 3450 324 (Tel./Fax Aquatrek Beqa), www.ultimatefijivacations.com, www.aquatrek.com Veranstalter für Deutschland, Österreich und Schweiz: ¬ WIRODIVE Tauch- und Erlebnisreisen, Tel. +49 (0)8764 - 947 8000, [email protected], www.wirodive.de Weitere Informationen zu Fiji: ¬ Fiji Visitors Bureau Europe, Karl-Marx-Allee 91a, 10243 Berlin, Tel. +49 (0)30 - 4225 6285, Fax +49 (0)30 4225 6286, www.fijime.de