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ROHSTOFFE Alternative Weichmacher schaffen Mehrwert Auf Wasser weich gebettet Wasserbetten sind für Menschen, die unter verspannten Muskeln und Schlaflosigkeit leiden. Für dauerhaft guten Schlaf muss aber auch die Matratzenfolie über Jahre mitspielen. (Bild: Akva) Der Austausch von StandardWeichmachern beziehungsweise der Rückgriff auf Weichmacher-Spezialitäten kann die Eigenschaften zum Beispiel von PVC-Folien deutlich verbessern. Ein Beispiel hierfür sind Wasserbetten. Während auch hochwertige konventionelle Matratzen mit der Zeit ihre Rückstellelastizität einbüßen und ausgetauscht werden müssen, verändert sich der Komfort eines entsprechend ausgerüsteten Wasserbetts über Jahre hinweg nicht. Dr. Eberhard Kuckert, Marketing Manager, Bayer Chemicals , Bayer AG, Leverkusen 42 Über die sogenannte Weichmacherproblematik ist in den letzten Jahren viel geschrieben worden. Doch trotz aller Diskussionen setzt sich allmählich auch in der Nicht-Fachöffentlichkeit ein Konsens darüber durch, dass die Kunststofftechnik auf diese wichtigen Additive in Gänze nicht verzichten kann. Dennoch hat die Phthalat-Debatte auch eine durchaus positive Seite. Sie hat bei vielen Produktentwicklern die Sensibilität für die Tatsache erhöht, dass es sich bei Weichmachern bei weitem nicht nur um anonyme Zusätze handelt, die man zum Beispiel PVC notgedrungen in hohen Dosen zumischen muss, sondern um wichtige Additive, die die Eigenschaften und die Verarbeitbarkeit polymerer Werkstoffe ganz erheblich beeinflussen und verbessern können. Ein sehr instruktives Beispiel für dezidierte Qualitätssteigerungen, die durch den Einsatz alternativer Weichmacher häufig zu erzielen sind, sind Alkylsulfonsäureester des Phenols als PhthalatAlternative in PVC-Folien für Wasserbetten, die dem dänischen Hersteller Akva, Ry, als erstem Anwender auf diesem Sektor einen echten Wettbewerbsvorteil verschafft haben. Wasserbetten haben sich in den letzten Jahren von einem Möbel für eher unkonventionelle Verbraucher zu einem ernstzunehmenden Mittel gegen Schlaf- und Rückenbeschwerden entwickelt. Durch die nahezu schwerelose Lagerung des Körpers auf einer wassergefüllten Matratze bleiben über Nacht Druckstellen und Durchblutungsstörungen aus, die den Ruhenden auf gewöhnlichen Matratzen bis zu 80 Mal pro Nacht dazu veranlassen, seine Lage zu korrigieren – wozu er seinen erholsamen Tiefschlaf jedes Mal unbewusst unterbrechen muss. Im Wasserbett ist daher erfrischendes Durchschlafen praktisch garantiert. Die gleichbleibend warme Temperatur der Wasserfüllung wirkt zudem Muskelverspannungen entgegen; und da die Wirbelsäule in einem gut an den Körper angepassten Wasserbett stets optimal entlastet wird, können sich auch die Bandscheiben hier nachts von den Belastungen des Tages sehr gut regenerieren. Die hohe Akzeptanz, die sich Wasserbetten auch in konservativeren Käuferschichten in den letzten Jahren erobert haben, hat aber sicherlich auch mit der stetigen Verbesserung der Eigenschaften der PVC-Folie – dem maßgeblichen Bestandteil einer Wasserbett-Matratze – zu tun. Denn diese Membran muss hohe Anforderungen erfüllen. So muss sie zum Beispiel weich sein, damit eventuelle Falten in der Matratzenoberfläche nicht zu Druckstellen führen; ihre Nähte müssen absolut sicher verschweißt sein, damit hier im Laufe der Jahre keine Undichtigkeiten auftreten. Darüber hinaus werden selbstverständlich an Reißfestigkeit und Dehnungseigenschaften der Folie hohe Ansprüche gestellt – und zwar über Jahre hinweg. Auch wenn Wasserbetten druck- PLASTVERARBEITER 54. Jahrg. (2003) Nr. 2 los befüllt werden und ihr Inhalt daher im Falle von Leckagen allenfalls heraussickern kann, bliebe eine zu frühe Versprödung des Materials doch ein unnötiges Ärgernis und ist ein häufig geäußertes, vermeintliches Argument gegen Wasserbetten. Aus diesen Gründen kommt insbesondere dem Weichmacher in Wasserbettfolien eine wichtige Rolle zu. In AkvaWasserbetten haben sich Phenol-Alkylsulfonat-Weichmacher, wie sie zum Beispiel von der Bayer AG, Leverkusen, unter dem Namen Mesamoll vertrieben werden, besonders bewähren können. Diese Additive besitzen vor allem zwei große Vorteile. Sie sind deutlich verseifungsbeständiger als Phthalate und zeigen eine stark verminderte Migrationstendenz. Beides ist in einer Folie, die über ihre komplette Lebensdauer einem warmen wässrigen Medium ausgesetzt ist, natürlich von besonderem Belang. Der bei Standard-Weichmachern zu beobachtende, durch Hydro- PLASTVERARBEITER 54. Jahrg. (2003) Nr. 2 lyse oder Auswaschung oder Ausdünstung bedingte Materialverlust kann Wasserbettfolien mit der Zeit um bis zu 10% schrumpfen lassen, wobei natürlich gleichzeitig die Sprödigkeit der Membran zu- und ihre Elastizität und Dehnungseigenschaften abnehmen. Verseifungsbeständigkeit bewiesen Wasserbettfolien müssen einem ungewöhnlichen Anforderungsprofil genügen. Mit alternativen Weichmachern lassen sich hier deutliche Qualitätsverbesserungen erzielen. (Bilder: Bayer) Seine Hydrolysebeständigkeit kann der Weichmacher nicht nur im Wasserbett, sondern auch in harschen Bewitterungstests unter Beweis stellen. Während mit DEHP elastifizierte PVC-Folien bei fünfjährigen Freiluftbewitterungsversuchen und Florida-Bewitterungstests nach wenigen Jahren deutliche Abfälle in Zugfestigkeit und Bruchdehnung hinnehmen mussten, die auf Herauslösung des Weichmachers zurückzuführen sind, blieben die Eigenschaften von Folien auf Basis von Mesamoll lange auf konstant hohem Niveau. 43 ROHSTOFFE Das Phenol-Alkylsulfonat Mesamoll ist gegenüber Verseifung und Hydrolyse deutlich stabiler als PhthalatWeichmacher. So fallen Zugfestigkeit und Bruchdehnung von PVC-Folien, die mit dem preiswerten Standardweichmacher DEHP elastifiziert wurden, schon nach zwei Jahren Freibewitterung im Nordseeklima deutlich ab. Nach fünf Jahren liegen sie nur noch bei etwa zwei Drittel der ursprünglichen Werte, während sie bei Folien mit dem neuen Weichmacher nahezu auf dem ursprünglichen Niveau verbleiben. Nach fünf Jahren im Floridaklima erreichen Prüfkörper mit DEHP nur noch 47% ihrer ursprünglichen Bruchdehnungswerte, während mit Mesamoll noch 83% des Ausgangsniveaus zu messen sind. Dieser Befund korreliert mit Mikroskopaufnahmen, die von bewitterten und neuwertigen PVC-Folien angefertigt wurden. Während mit PhenolAlkylsulfonsäureestern weichgemachte Proben über Jahre eine glatte Oberfläche behielten, zeigten unter anderem aus DEHP bestehende Folien unter dem Mikroskop durch den schleichenden Weichmacherverlust bald eine zerklüftete Struktur mit sogenannten Inseln, in denen lediglich PVC und feste Rezepturbestandteile nachzuweisen sind. DEHP ernähren können, finden im Weichmacher keine Lebensgrundlage. Darüber hinaus macht sich positiv bemerkbar, dass dieser auch von aggressiveren Reinigungsmitteln nicht angegriffen wird und selbst häufige Reinigungen – aus hygienischen Gründen ja erwünscht – nicht zur Verschlechterung der PVC-Oberflächeneigenschaften führen. Auch die Balance zwischen Reißfestigkeit und Weichheit ist mittels Mesamoll zu halten. Weichgemachtes Vinyl ist laut Akva trotz des nun zehn Prozent Veränderung der Bruchdehnung nach DIN 53455 (%) in Abhängigkeit von der Zeit (Jahre), gemessen an ein Millimeter dicken Probekörpern mit einem Weichmacheranteil von 35 Gewichtsprozent. Die Bruchdehnung mit DEHP elastifizierter PVC-Folien lässt bereits nach zwei Jahren deutlich nach. Der Trend in der Zugfestigkeit ist vergleichbar. Sauberes Wasser, saubere Luft In Wasserbetten leisten PhenolAlkylsulfonsäureester aber noch mehr, als nur zur dauerhaften Geschmeidigkeit und Sicherheit der Folien beizutragen. Ihre Verseifungsbeständigkeit sorgt auch dafür, dass die Füllung des Wasserbetts nicht zum Lebensraum von Mikroorganismen wird. Bakterien und Pilze, die sich von konventionellen Weichmachern wie zum Beispiel von 44 Akva in einem kombinierten Alterungsund Schlagtest kontrolliert; nach Angaben des Verarbeiters hält das Material 400% mehr Einflüsse aus als die mit vorhandenen Phthalaten weichgemachten Materialien. Schließlich und endlich verringert die geringe Migrationsneigung des Additives auch den Anteil an Weichmachermolekülen, die an die Bettwäsche und die Zimmerluft abgegeben werden, deutlich. Damit minimiert dieser Weichmacher die Belastung des Wohnraums mit Chemikalien. Darüber hinaus ist Mesamoll in zahlreichen toxikologischen Studien auf seine Unbedenklichkeit hin untersucht worden. Dabei ist der Rückgriff auf einen umweltfreundlichen Weichmacher nicht einmal mit Produktionsnachteilen verbunden. Das Additiv geliert schneller und bei niedrigeren Temperaturen als die meisten anderen Weichmacher, was die Verarbeitungszeit deutlich verkürzt und den nötigen Energieeinsatz bei der Produktion verringert. Der Hersteller stärkeren Materials bei verbesserter Reißfestigkeit flexibler als andere PVCQualitäten – auch das steigert den Liegekomfort und hat ganz nebenbei auch die Anzahl der Reklamationen seit Einführung des neuen Weichmachers um etwa zwei Drittel verringert. Die Haltbarkeit des Folienmaterials wird bei nutzt diesen Vorteil sogar zur Fertigung besonders weicher Schweißnähte. Das Hochfrequenzschweißverfahren erlaubt fast übergangslose Nähte, die zusammen mit der neuen, patentierten gegossenen Ecke eine neue Qualitätsstufe bei Wassermatratzen einleiten. PLASTVERARBEITER 54. Jahrg. (2003) Nr. 2