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ROHSTOFFE
Alternative Weichmacher schaffen Mehrwert
Auf Wasser
weich gebettet
Wasserbetten sind für Menschen, die unter verspannten Muskeln und Schlaflosigkeit leiden.
Für dauerhaft guten Schlaf muss aber auch die Matratzenfolie über Jahre mitspielen.
(Bild: Akva)
Der Austausch von StandardWeichmachern beziehungsweise der Rückgriff auf
Weichmacher-Spezialitäten
kann die Eigenschaften zum
Beispiel von PVC-Folien deutlich verbessern. Ein Beispiel
hierfür sind Wasserbetten.
Während auch hochwertige
konventionelle Matratzen
mit der Zeit ihre Rückstellelastizität einbüßen und
ausgetauscht werden müssen, verändert sich der Komfort eines entsprechend ausgerüsteten Wasserbetts über
Jahre hinweg nicht.
Dr. Eberhard Kuckert, Marketing
Manager, Bayer Chemicals ,
Bayer AG, Leverkusen
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Über die sogenannte Weichmacherproblematik ist in den letzten Jahren viel
geschrieben worden. Doch trotz aller
Diskussionen setzt sich allmählich auch
in der Nicht-Fachöffentlichkeit ein Konsens darüber durch, dass die Kunststofftechnik auf diese wichtigen Additive in Gänze nicht verzichten kann. Dennoch hat die Phthalat-Debatte auch eine durchaus positive Seite. Sie hat bei
vielen Produktentwicklern die Sensibilität für die Tatsache erhöht, dass es sich
bei Weichmachern bei weitem nicht
nur um anonyme Zusätze handelt, die
man zum Beispiel PVC notgedrungen in
hohen Dosen zumischen muss, sondern
um wichtige Additive, die die Eigenschaften und die Verarbeitbarkeit polymerer Werkstoffe ganz erheblich beeinflussen und verbessern können.
Ein sehr instruktives Beispiel für dezidierte Qualitätssteigerungen, die durch
den Einsatz alternativer Weichmacher
häufig zu erzielen sind, sind Alkylsulfonsäureester des Phenols als PhthalatAlternative in PVC-Folien für Wasserbetten, die dem dänischen Hersteller
Akva, Ry, als erstem Anwender auf diesem Sektor einen echten Wettbewerbsvorteil verschafft haben.
Wasserbetten haben sich in den letzten
Jahren von einem Möbel für eher unkonventionelle Verbraucher zu einem
ernstzunehmenden
Mittel
gegen
Schlaf- und Rückenbeschwerden entwickelt. Durch die nahezu schwerelose
Lagerung des Körpers auf einer wassergefüllten Matratze bleiben über Nacht
Druckstellen und Durchblutungsstörungen aus, die den Ruhenden auf gewöhnlichen Matratzen bis zu 80 Mal
pro Nacht dazu veranlassen, seine Lage
zu korrigieren – wozu er seinen erholsamen Tiefschlaf jedes Mal unbewusst
unterbrechen muss. Im Wasserbett ist
daher erfrischendes Durchschlafen
praktisch garantiert. Die gleichbleibend
warme Temperatur der Wasserfüllung
wirkt zudem Muskelverspannungen
entgegen; und da die Wirbelsäule in einem gut an den Körper angepassten
Wasserbett stets optimal entlastet wird,
können sich auch die Bandscheiben
hier nachts von den Belastungen des Tages sehr gut regenerieren.
Die hohe Akzeptanz, die sich Wasserbetten auch in konservativeren Käuferschichten in den letzten Jahren erobert
haben, hat aber sicherlich auch mit der
stetigen Verbesserung der Eigenschaften der PVC-Folie – dem maßgeblichen
Bestandteil einer Wasserbett-Matratze
– zu tun. Denn diese Membran muss
hohe Anforderungen erfüllen. So muss
sie zum Beispiel weich sein, damit eventuelle Falten in der Matratzenoberfläche nicht zu Druckstellen führen; ihre
Nähte müssen absolut sicher verschweißt sein, damit hier im Laufe der
Jahre keine Undichtigkeiten auftreten.
Darüber hinaus werden selbstverständlich an Reißfestigkeit und Dehnungseigenschaften der Folie hohe Ansprüche gestellt – und zwar über Jahre hinweg. Auch wenn Wasserbetten druck-
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los befüllt werden und ihr Inhalt daher
im Falle von Leckagen allenfalls heraussickern kann, bliebe eine zu frühe Versprödung des Materials doch ein unnötiges Ärgernis und ist ein häufig geäußertes, vermeintliches Argument gegen
Wasserbetten.
Aus diesen Gründen kommt insbesondere dem Weichmacher in Wasserbettfolien eine wichtige Rolle zu. In AkvaWasserbetten haben sich Phenol-Alkylsulfonat-Weichmacher, wie sie zum Beispiel von der Bayer AG, Leverkusen, unter dem Namen Mesamoll vertrieben
werden, besonders bewähren können.
Diese Additive besitzen vor allem zwei
große Vorteile. Sie sind deutlich verseifungsbeständiger als Phthalate und zeigen eine stark verminderte Migrationstendenz. Beides ist in einer Folie, die
über ihre komplette Lebensdauer
einem warmen wässrigen Medium ausgesetzt ist, natürlich von besonderem
Belang. Der bei Standard-Weichmachern zu beobachtende, durch Hydro-
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lyse oder Auswaschung oder Ausdünstung bedingte Materialverlust kann
Wasserbettfolien mit der Zeit um bis zu
10% schrumpfen lassen, wobei natürlich gleichzeitig die Sprödigkeit der
Membran zu- und ihre Elastizität und
Dehnungseigenschaften abnehmen.
Verseifungsbeständigkeit
bewiesen
Wasserbettfolien müssen einem ungewöhnlichen Anforderungsprofil genügen.
Mit alternativen Weichmachern lassen sich
hier deutliche Qualitätsverbesserungen
erzielen. (Bilder: Bayer)
Seine Hydrolysebeständigkeit kann der
Weichmacher nicht nur im Wasserbett,
sondern auch in harschen Bewitterungstests unter Beweis stellen. Während mit DEHP elastifizierte PVC-Folien
bei fünfjährigen Freiluftbewitterungsversuchen und Florida-Bewitterungstests nach wenigen Jahren deutliche
Abfälle in Zugfestigkeit und Bruchdehnung hinnehmen mussten, die auf Herauslösung des Weichmachers zurückzuführen sind, blieben die Eigenschaften von Folien auf Basis von Mesamoll
lange auf konstant hohem Niveau.
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ROHSTOFFE
Das Phenol-Alkylsulfonat Mesamoll ist gegenüber
Verseifung und Hydrolyse deutlich stabiler als PhthalatWeichmacher.
So fallen Zugfestigkeit und Bruchdehnung von PVC-Folien, die mit dem
preiswerten
Standardweichmacher
DEHP elastifiziert wurden, schon nach
zwei Jahren Freibewitterung im Nordseeklima deutlich ab. Nach fünf Jahren
liegen sie nur noch bei etwa zwei Drittel
der ursprünglichen Werte, während sie
bei Folien mit dem neuen Weichmacher
nahezu auf dem ursprünglichen Niveau
verbleiben. Nach fünf Jahren im Floridaklima erreichen Prüfkörper mit DEHP
nur noch 47% ihrer ursprünglichen
Bruchdehnungswerte, während mit
Mesamoll noch 83% des Ausgangsniveaus zu messen sind.
Dieser
Befund
korreliert
mit
Mikroskopaufnahmen, die von bewitterten und neuwertigen PVC-Folien angefertigt wurden. Während mit PhenolAlkylsulfonsäureestern weichgemachte
Proben über Jahre eine glatte Oberfläche behielten, zeigten unter anderem
aus DEHP bestehende Folien unter dem
Mikroskop durch den schleichenden
Weichmacherverlust bald eine zerklüftete Struktur mit sogenannten Inseln, in
denen lediglich PVC und feste Rezepturbestandteile nachzuweisen sind.
DEHP ernähren können, finden im
Weichmacher keine Lebensgrundlage.
Darüber hinaus macht sich positiv bemerkbar, dass dieser auch von aggressiveren Reinigungsmitteln nicht angegriffen wird und selbst häufige Reinigungen
– aus hygienischen Gründen ja erwünscht – nicht zur Verschlechterung
der PVC-Oberflächeneigenschaften führen.
Auch die Balance zwischen Reißfestigkeit und Weichheit ist mittels Mesamoll
zu halten. Weichgemachtes Vinyl ist
laut Akva trotz des nun zehn Prozent
Veränderung der Bruchdehnung nach DIN 53455 (%)
in Abhängigkeit von der Zeit
(Jahre), gemessen an ein Millimeter dicken Probekörpern
mit einem Weichmacheranteil
von 35 Gewichtsprozent.
Die Bruchdehnung mit DEHP
elastifizierter PVC-Folien lässt
bereits nach zwei Jahren
deutlich nach. Der Trend in
der Zugfestigkeit ist vergleichbar.
Sauberes Wasser,
saubere Luft
In Wasserbetten leisten PhenolAlkylsulfonsäureester aber noch mehr,
als nur zur dauerhaften Geschmeidigkeit
und Sicherheit der Folien beizutragen.
Ihre Verseifungsbeständigkeit sorgt
auch dafür, dass die Füllung des Wasserbetts nicht zum Lebensraum von
Mikroorganismen wird. Bakterien und
Pilze, die sich von konventionellen
Weichmachern wie zum Beispiel von
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Akva in einem kombinierten Alterungsund Schlagtest kontrolliert; nach Angaben des Verarbeiters hält das Material
400% mehr Einflüsse aus als die mit
vorhandenen Phthalaten weichgemachten Materialien.
Schließlich und endlich verringert die
geringe Migrationsneigung des Additives auch den Anteil an Weichmachermolekülen, die an die Bettwäsche und
die Zimmerluft abgegeben werden,
deutlich. Damit minimiert dieser Weichmacher die Belastung des Wohnraums
mit Chemikalien. Darüber hinaus ist
Mesamoll in zahlreichen toxikologischen Studien auf seine Unbedenklichkeit hin untersucht worden.
Dabei ist der Rückgriff auf einen umweltfreundlichen Weichmacher nicht
einmal mit Produktionsnachteilen verbunden. Das Additiv geliert schneller
und bei niedrigeren Temperaturen als
die meisten anderen Weichmacher, was
die Verarbeitungszeit deutlich verkürzt
und den nötigen Energieeinsatz bei der
Produktion verringert. Der Hersteller
stärkeren Materials bei verbesserter
Reißfestigkeit flexibler als andere PVCQualitäten – auch das steigert den
Liegekomfort und hat ganz nebenbei
auch die Anzahl der Reklamationen seit
Einführung des neuen Weichmachers
um etwa zwei Drittel verringert. Die
Haltbarkeit des Folienmaterials wird bei
nutzt diesen Vorteil sogar zur
Fertigung besonders weicher Schweißnähte. Das Hochfrequenzschweißverfahren erlaubt fast übergangslose
Nähte, die zusammen mit der neuen,
patentierten gegossenen Ecke eine
neue Qualitätsstufe bei Wassermatratzen einleiten.
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