als PDF - Katharina von der Leyen

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als PDF - Katharina von der Leyen
KOLUMNE
Das ist der
HAMMER!
Inzwischen können Frauen besser mit Werkzeug umgehen als Männer.
Schlimme Sache, findet Katharina von der Leyen und
fordert Cowboys fürs Grillzangen-Duell und schnittige Kerle am Rasenmäher
FOTO: markus tedeskino; haare und make-up: kathy chau/louisa models
A
ls vor vielen Jahren Männer ihre
feminine Seite entdeckten, wurde es
in den Baumärkten einsam und leer.
Während Männer lernten, mit
Selbstbräuner umzugehen, staubten
Bohrmaschinen und Hämmer in den Regalen ein.
Das gute alte Werkzeug erlitt massive Absatzrückgänge. Anfangs blieben die Baumarktleiter
lässig, weil sie dachten, das Ganze sei eine normale zyklische Schwankung.
Sie irrten: Während der moderne Mann zwar
eine Orangen-Vinaigrette zaubern kann, ist er bei
Klopfgeräuschen unter der Motorhaube aufgeschmissen. Das
einzige Werkzeug, das er im Haus hat, ist eine Nagelschere.
Wenn der Wasserhahn tropft, ruft er den Klempner. Wenn er
einen Nagel in die Wand schlägt, besteht die Gefahr, dass er
seinen Hemdzipfel mitverarbeitet.
Anstatt herumzudiskutieren, haben Frauen auch das in
die Hand genommen – buchstäblich. Die Baumarktleiter
atmen wieder auf und bieten „Women at Work“-Kurse im
Fliesenlegen an, und so war auch das meistverkaufte Elektrogerät des letzten Jahres ein frauenfreundlicher Akkuschrauber
von Bosch, der nur 300 Gramm wiegt: Er wurde 1,5 Millionen
Mal umgesetzt. Der männlich-normale Akkuschrauber nur
300 000 Mal.
Bei Tageslicht betrachtet, fehlt Männern dabei mehr als
ein Akkuschrauber. Die Gartensaison entlarvt sie fürchterlich:
Früher wurden Männer unter freiem Himmel zu echten Kerlen,
mähten im Handumdrehen mit der Sense eine Wildwiese, wählten als Lieblingssportart Baumstammweitwurf oder grillten
selbst erlegtes Fleisch über dem offenen Feuer. Von so etwas
bekommen Männer raue Hände. Raue Hände sind der Beweis,
dass ein Kerl zuzupacken versteht und ihm frische Luft und ein
bisschen Dreck nichts anhaben können. Die meisten Frauen,
die ich kenne, finden das sexy.
Nur: Spätestens am Grill stellt sich heraus, dass der Durchschnittsmann von heute kaum noch weiß, was ein echter Kerl
überhaupt ist. Seit Nahrung nicht mehr gepflückt,
sondern auch gejagt wird, zählt das Grillen ja wohl
zur männlichsten Art, Gäste zu bewirten. Die
letzte wahre Männerbastion. John Wayne grillte
seinerzeit für die komplette Crew von „Der
Marshall“ 30 Kilo Steaks, ohne auch nur eine
Minute vom Grill zu weichen. Jungs von heute
kaufen stattdessen möglichst einen Gasgrill, bei
dem sie nur einen Knopf drücken müssen, damit
die Flamme angeht.
Für echte Kerle ist das natürlich Mogelei. Man
sollte eigentlich erwarten dürfen, dass Männer
auch ohne Streichhölzer Feuer machen können, indem sie
vielleicht mit einer Lupe Sonnenlicht bündeln oder mit einem
Feuerstein Funken schlagen. Stattdessen werden die Kinder
zur Tankstelle geschickt, um Brandbeschleuniger zu besorgen.
Dieser wird dann so reichlich über die mager aufgeschüttete
Holzkohle gegossen, dass jegliches Grillgut intensiv nach Spiritus schmeckt. Sie stehen steif und etwas verzweifelt neben
dem Grill, rennen dauernd herum und wundern sich dann,
wenn das Fleisch sich in rasendem Tempo ebenfalls in etwas
Holzkohleartiges verwandelt. Die richtige Grill-Haltung ist
dabei schon die halbe Miete: Beine leicht gespreizt, die Knie
etwas eingeknickt, in der Linken ein Bier, in der Rechten die
gezückte Fleischzange. Und die wird erst wieder abgelegt, wenn
das letzte Kotelett serviert ist.
Auch Gartenarbeit scheint für den modernen Mann eine
Herausforderung zu sein, der er kaum gewachsen ist: Dabei
signalisiert uns das Pflanzen eines Baumes seine Beständigkeit
und Zuverlässigkeit, und wer kann schon einen Mann ignorieren,
der einem selbst gezogene Tomaten serviert? Das Rasenmähen
hat ebenfalls einen gewissen Sex-Appeal (erinnern Sie sich an
den jungen Gärtner aus „Desperate Housewives“?).
Sagen wir es doch mal so: Ein nackter Oberkörper zeigt
uns, dass er sich häufiger am Busen der Natur aufhält, und das
parallele Hin und Her im 90-Grad-Winkel zum Haus beweist,
dass er sich mit Geradlinigkeit auskennt.
JUlI 2007 | AMICA
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