Analyse von Protein-Interaktionen durch FRET und

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MET H ODE N & AN WE N DU NGEN
Durchflusszytometrie
Analyse von Protein-Interaktionen
durch FRET und FACS
MICHAEL SCHINDLER, CARINA BANNING
HEINRICH-PETTE-INSTITUT FÜR EXPERIMENTELLE VIROLOGIE UND IMMUNOLOGIE,
HAMBURG
Für unterschiedlichste biologische Fragestellungen ist die Untersuchung
von Protein-Interaktionen unerlässlich. Die Kombination von FRET und
FACS ermöglicht und vereinfacht deren Analyse in lebenden Zellen mit
hohem Durchsatz.
The assessment of protein-interactions is crucial for the investigation of
most biological processes. These can be analysed in living cells and with
high throughput by a combination of FRET and FACS.
ó Förster-Resonanz-Energietransfer (FRET)
ist ein physikalischer Vorgang der bereits
1946 von Theodor Förster beschrieben wurde.
FRET bezeichnet den strahlungsfreien Übergang von Energie ausgehend von einem angeregten Farbstoff (Donor) auf einen anderen
Farbstoff (Akzeptor). Die Effizienz dieser
Energieübertragung hängt vor allem vom
Abstand beider Farbstoffe ab und muss weni-
ger als zehn Nanometer betragen. Gleichzeitig nimmt die FRET-Effizienz mit steigendem
Abstand beider Farbstoffe in der sechsten
Potenz ab. Daher ist FRET eine geeignete
Methode zur Bestimmung von direkten Interaktionen zweier mit Farbstoff markierter Proteine. Im Bereich der modernen biomedizinischen Forschung ist FRET im Zuge der Entwicklung von diversen Fluoreszenzfarbstof-
fen zu einer beliebten Methode für die Untersuchung von Protein-Interaktionen geworden
[1].
FRET: Prinzipien, Positives und
Probleme
Neben dem Abstand sind die spektralen
Eigenschaften der verwendeten Fluoreszenzfarbstoffe absolut entscheidend für ein FRETSignal. Für die am häufigsten in der FRETAnalyse eingesetzten Chromophore CFP (cyan
fluorescent protein) als Donor und YFP (yellow fluorescent protein) als Akzeptor sind diese in Abbildung 1A dargestellt [2]. Die Fluoreszenz-Emission des Donors muss hierbei
mit der Anregung des Akzeptors überlappen.
In der Folge regt der Donor durch seine Emission direkt den Akzeptor zur Fluoreszenz an.
Mit anderen Worten bedeutet dies, dass im
Falle von FRET YFP Fluoreszenz emittiert,
obwohl CFP angeregt wurde (Abb. 1B). Dieses
Verfahren ermöglicht die Untersuchung der
Interaktion nativer Proteine in lebenden Zellen unabhängig von der Lokalisation in spe-
˚ Abb. 1: A, Anregungs- und Emissionsspektren von CFP und YFP. Die für FRET essenzielle spektrale Überlagerung zwischen der CFP-Emission und
YFP-Anregung ist rosa unterlegt. B, FRET-Prinzip und Aufbau von Messungen. Beim FACS erfolgt die sequenzielle Anregung der Zellen in einem Messschritt. Im Falle einer Interaktion wird bei Anregung des Donors (CFP) Energie auf den Akzeptor (YFP) übertragen. Somit emittieren sowohl CFP als
auch YFP Fluoreszenz, obwohl nur CFP angeregt wurde. Weitere Erklärungen im Text.
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˚ Abb. 2: A, Mikroskopische- und FACS-FRET-Auswertung für Zellen transfiziert mit (1) einem CFP-only- und einem YFP-only-Plasmid (Negativkontrolle), (2) einem CFP-YFP-Fusionsprotein (Positivkontrolle) und (3) einem CD4-CFP- und einem HIV-1-Nef-YFP-Plasmid. Die mikroskopische FRET-Kalkulation erfolgt mittels eines etablierten ImageJ-Plugins und wird über einen Farbcode quantifiziert [5]. Falschfarbendarstellung: CFP, rot; YFP, grün. Für
FACS-FRET werden CFP/YFP-positive Zellen gegated und zur Visualisierung des Hintergrundsignals CFP (Anregung bei 405 nm, Messung bei 450 nm)
gegen FRET (Anregung bei 405 nm, Messung bei 529 nm) aufgetragen. Anhand der Negativkontrolle (1) definiert sich die Hintergrundfluoreszenz und
die Dreieckregion für echte FRET-Signale [7]. Kolok.: Ko-Lokalisation von CFP und YFP. B, Mittelwert und Standardabweichung aus acht unabhängigen
FACS-FRET-Messungen für die Interaktion von HIV-1-Nef mit CD4. Weitere Erklärungen im Text.
zifischen subzellulären Kompartimenten.
Zudem erfolgt die Messung über Fluoreszenz
und ist somit nicht invasiv [1–3].
Gegenüber den offensichtlichen Vorteilen
von FRET stehen einige grundsätzliche Probleme. Diese führen dazu, dass Ergebnisse
von FRET-Analysen oft nicht reproduzierbar
und aussagekräftig sind. FRET-Messungen
liefern aufgrund der notwendigen Überlagerung des Emissions- und Anregungsspektrums beider Chromophore falsch-positive
Signale relativ großer Intensität. Besonders
problematisch ist die CFP-Emission, welche
im Messfenster für FRET und YFP noch bei
ca. 50 Prozent ihrer maximalen Intensität
liegt (Abb. 1A, [3]). Im Vergleich dazu ist
nach erfolgtem Energietransfer die emittierte Fluoreszenz sehr schwach, was bei realen
Messungen ein sehr ungünstiges Signal-zuRauschverhältnis zur Folge hat. Erschwerend
kommt hinzu, dass transfizierte Zellen unterschiedliche Mengen an Fluoreszenz-markierten Proteinen exprimieren. Somit variiert der Anteil des falsch-positiven FRET-
Tab. 1: Aktuelle Methoden in der Proteinanalytik (modifiziert nach [8]).
Methode
Lebende/intakte
Zellen
HochdurchsatzScreening
Unabhängig vom
zellulären Kompartiment
Ko-Immunpräzipitation
–
–
+
Kristallografie/
(NMR)-Spektroskopie
–
–
nicht zutreffend
GST-pull-down
–
–
nicht zutreffend
Tandem-AffinityPurification + MS
–
+
+
Mikroskopie-FRET
+
–
+
Yeast/MammalianTwo-Hybrid
+
+
–
(Interaktion im Zellkern)
FACS-FRET
+
+
+
NMR: nuclear magnetic resonance; GST: Glutathion-S-Transferase; MS: Massenspektrometrie
Signals am realen Signal von Zelle zu Zelle
[3, 4].
FRET-Messungen mittels Fluoreszenzmikroskopie und FACS
Die Bedeutung dieser Problematik für die
Anwendung ist in Abbildung 2 dargestellt.
Zur Messung von FRET ist die Quantifizierung des falsch-positiven Signals anhand
geeigneter Kontrollen notwendig [3–5]. KoTransfektion von CFP und YFP definiert das
Hintergrundsignal, entstanden durch spektrale Überlagerung und die zufällige räumliche Nähe beider Chromophore (Abb. 2A,
Panel 1). Ein CFP-YFP-Fusionsprotein dient
als Positivkontrolle (Abb. 2A, Panel 2). Zusätzlich wollten wir die etablierte Interaktion des
HIV-1-Nef-Proteins mit dem zellulären Rezeptor CD4 zeigen (Abb. 2A, Panel 3, [6]).
Für die Auswertung mittels Fluoreszenzmikroskopie müssen die Proben jeweils mit
den entsprechenden Lasern für CFP/YFP
angeregt und gemessen werden [5]. Daraufhin
erfolgt mit verschiedenen Softwaremodulen
die Berechnung und Subtraktion der spektralen Überlagerung von den Signalen realer
Proben [4, 5]. Diese Methode ermöglicht die
Messung von idealen FRET-Emissionen, wie
sie durch das CFP-YFP-Fusionsprotein
erreicht werden (Abb. 2A, Panel 2). Die Darstellung von schwächeren FRET-Signalen reaBIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang
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¯ Abb. 3: Schematischer Versuchsaufbau zum Hochdurchsatz-Screening zur
Identifikation unbekannter Bindungspartner an ein beliebiges Zielprotein
mittels FACS-FRET.
ler Proben ist jedoch oft nicht möglich. Mit
Mikroskopie-FRET konnten wir die etablierte
Interaktion von CD4 mit Nef nicht bestätigen.
Die FRET-Intensität war in diesem Fall sogar
niedriger, als die der Negativkontrolle (Abb.
2A, Vergleich von Panel 1 mit Panel 3). Im
Gegensatz hierzu ermöglicht die Auswertung
via Durchflusszytometrie (FACS) die Analyse mehrerer tausend Zellen in wenigen Minuten [7]. Zudem erfolgt die YFP- und CFP-Anregung der Zellen in einem Messschritt (Abb.
1B). Die Auftragung der CFP-Emission gegen
das erhaltene FRET-Signal (Abb. 2A) visualisiert die Hintergrundfluoreszenz für Zellen
unterschiedlicher Intensitäten. Dies ermöglicht eine reproduzierbare und statistisch
sichere Quantifizierung von FRET, wodurch
wir die postulierte Interaktion des HIV-1-NefProteins mit CD4 in lebenden Zellen verifizieren konnten (Abb. 2B, [7]).
FACS-FRET in der Anwendung
FACS-FRET ist aufgrund des relativ einfachen
experimentellen Ansatzes und der damit verbundenen Möglichkeit, Protein-Wechselwirkungen im natürlichen Kontext in lebenden
Zellen zu studieren, eine Methode mit enormem Potenzial [7]. Da die beinahe einzige
Limitierung die Generierung von funktionellen Fusionsproteinen ist, ermöglicht FACSFRET die Untersuchung unterschiedlicher
putativer Interaktionen in vorher nicht da
gewesenem Ausmaß. Applikationsbeispiele
sind die Bestimmung von Bindedomänen [7]
oder das Screening nach Inhibitoren für etablierte Protein-Protein-Interaktionen. Des Weiteren ist nicht nur die in vivo-Bestätigung von
Ergebnissen anderer Methoden, die zur Proteinanalytik eingesetzt werden, denkbar (Tab.
1, [8]), sondern auch der Einsatz von FACSFRET zur Identifikation neuer Interaktoren. In
Vorexperimenten gelang es uns bereits, eine
Routine zur Isolierung und Identifikation
putativer Interaktionspartner zu etablieren
(Abb. 3, [7]). Während unsere aktuellen
Arbeiten darauf abzielen, unbekannte Bindungspartner lentiviraler Proteine zu identifizieren, ist die Adaptation des Assays in sämtliche Bereiche biomedizinischer Forschung
möglich. FACS-FRET bietet somit die einzigartige Möglichkeit zur Untersuchung und
Identifikation von Protein-Protein-Wechselwirkungen in jedem subzellulären Kompartiment von lebenden Säugerzellen und könnte eine wichtige Ergänzung und Alternative zu
aktuellen Methoden in der Proteinanalytik
werden.
ó
Literatur
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[2] Siegel RM, Chan FK, Zacharias DA et al. (2000)
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the good, the bad and the ugly. Trends Biochem Sci 32:407–
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FRET and colocalization analyzer – a method to validate mea-
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[6] Roeth JF, Collins KL (2006) Human immunodeficiency
virus type 1 Nef: adapting to intracellular trafficking pathways. Microbiol Mol Biol Rev 70:548–563
[7] Banning C, Votteler J, Hoffmann D et al. (2010) A flow
cytometry-based FRET assay to identify and analyse proteinprotein interactions in living cells. PLoS One 5:e9344
[8] Shoemaker BA, Panchenko AR (2007) Deciphering protein-protein interactions. Part I. Experimental techniques and
databases. PLoS Comput Biol 3:e42
Carina Banning, Michael Schindler
Korrespondenzadresse:
Dr. Michael Schindler
Leiter der AG Virus-Pathogenese
Heinrich-Pette-Institut für experimentelle
Virologie und Immunologie
Martinistraße 52
D-20251 Hamburg
Tel.: 040-48051-280
Fax: 040-48051-194
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