„Mein Kursziel liegt bei 2300 USD“ „Mit dem Goldpreis geht es

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„Mein Kursziel liegt bei 2300 USD“ „Mit dem Goldpreis geht es
Moneymarkets
Interview
„Mit dem Goldpreis
geht es weiter abwärts“
„Mein Kursziel liegt
bei 2300 USD“
Zwei Experten – zwei Meinungen: Christin Tuxen
und Ronald-Peter Stöferle über die Zukunft des
Goldpreises und wo es sich lohnt zu investieren
Ronald-Peter Stöferle
Seit 2013 ist der Betriebs- und Finanzwirt
Mitglied der Geschäftsführung des Finanzunternehmens Incrementum. Vorher arbeitete er bei der Erste Group und gab den Goldreport „In Gold we trust“ heraus.
FOCUS-MONEY: Ihr Report „In Gold we trust“ galt lange
Zeit als die Bibel unter den Goldanhängern. Müssen Sie
ihn jetzt umbenennen?
Ronald-Peter Stöferle: Wie bitte?
MONEY: „In Gold we trusted“, könnte der neue Titel heißen.
Stöferle: Nein. Ich glaube immer noch an Gold, obwohl
die Schwankungen extrem hoch waren. Wenn man davon
ausgeht, dass die Finanzmärkte normal verteilt sind – also
das sich die Kurse normalerweise kontinuierlich und nicht
sprunghaft verändern, wie das der Fall ist –, dann würde
so eine Kurssturz wie zuletzt alle 5000 Jahre vorkommen.
Es geht bei Gold aber um den Besitz nicht den Preis. Wenn
ich Gold physisch besitze, stört mich der Preisverfall der
letzten Tage nicht. Es ist eine Versicherung und die kündige ich auch nicht, wenn ich keinen Unfall gehabt habe.
Der Versicherungsgedanke ist nach wie vor aktuell. Für
mich ist es eine Korrektur keine Trendumkehr.
Christin Tuxen: Aber die Gründe Gold als sicheren Hafen
zu sehen, haben sich für Investoren verringert...
MONEY: Stehen denn Griechenland, Spanien, Portugal
oder Italien heute denn besser da als vor einem Jahr?
Tuxen: Die Euroschuldenkrise wurde beiseite geschoben,
die finanzielle Situation der USA hat sich verbessert und
die Ängste einer harten Landung Chinas sind geringer
als es zum Beispiel vor einem Jahr der Fall war. Während
der vergangenen Jahre wurde Gold hauptsächlich als
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Foto: ProAurum
Währung gesehen. Insbesondere als Währung
ohne Schuldenprobleme wie beispielsweise der
Euro oder der US-Dollar, die damit gekämpft haben das finanzielle Defizit und Regierungsschulden
zu beseitigen.
MONEY: Und heute ist Gold keine Währung mehr?
Tuxen: Der Trend eines steigenden US-Dollars drückt
dollar-gehandelte Rohstoffe wie Gold. Schlüsselfaktor
für den jüngsten Preisverfall war dabei die Aussicht auf
höhere Zinsen gerade in den USA. Die amerikanische
Zentralbank (FED) überlegt ihre lockere Geldpolitik zurückzufahren. Zusammen mit einem Rückgang der Inflationserwartungen und geringeren Ausstiegsrisiken bei den
Euroländern platzte die Goldblase.
Stöferle: Einspruch. Gold bleibt immer eine Währung.
Ich unterscheide mich ganz klar von der Konsensmeinung und sage, dass die amerikanische Notenbank ihre
lockere Geldpolitik in Zukunft sogar ausweiten wird und
nicht beenden. Die deflationären Tendenzen sind im System zu stark und das wird nicht zugelassen.
MONEY: Und warum ist dann der Goldpreis gefallen?
Stöferle: Weil Aktien mehr Gewinn abgeworfen haben und
wegen der rückläufigen Inflationsraten die Realzinsen gestiegen sind. Viele Goldbullen haben einfach das Handtuch geworfen – raus aus Gold, rein in Aktien. Ich glaube aber, dass das nur eine Zwischenperiode ist, denn die
FED wird wegen der stark gestiegenen Renditen nervös.
Tuxen: Das sehe ich anders. Niedrige Zinsen machten
Gold gegenüber Bargeld oder Anleihen attraktiv. Das ändert sich jetzt. Ebenso ist die Euroschuldenkrise aufgrund
der Beschlüsse der Europäischen Zentralbank Staatsanleihen an den Sekundärmärkten im Euro-Währungsraum
zu kaufen und zu verkaufen, ein weniger drohendes Problem. Dadurch wurde das Risiko, das eines der PeripheFOCUS-MONEY 30/2013
menge mehr als verdoppeln. Das sind monetäre Experimente, die gefährlich sind und wenn man in die Geschichtsbücher schaut, meistens ein böses Erwachen
gebracht haben. Deshalb denke ich, dass eine Währung,
die sich in den letzten paar tausend Jahren durchgesetzt
hat, in diesem historisch einzigartigen Umfeld die einzig wahre ist.
MONEY: Die Stimmung unter Goldinvestoren ist schlecht,
kaum einer teilt Ihre Meinung?
Stöferle: Was mich positiv stimmt. Wir sind wir auf dem
negativsten Stand seit Beginn des Bullenmarktes. Für antizyklische Investoren ein ideales Umfeld, denn die Hausse wird bekanntlich im Pessimismus geboren.
MONEY: Wie lautet ihre Prognose für den Goldpreis?
Stöferle: 1480 US-Dollar. In den letzten Monaten ist sehr
viel technischer Schaden angerichtet worden und das dauert bis das Vertrauen wieder zurückkommt. Deshalb wird
es auf 12-Monatssicht keine großen Kurssprünge geben,
aber auch nach unten ist nicht mehr viel Platz. Langfristig
bleibe ich bei meinem Kursziel
von 2300 US-Dollar, das ist das
inflationsbereinigte Allzeithoch.
Christin Tuxen
Tuxen: Wir sind ganz anderer
Die Rohstoffanalystin arbeitet bei
Meinung und sagen, dass der
der Danske Bank in Kopenhagen
Goldpreis innerhalb der nächund wurde jüngst von Bloomberg
sten drei Monate unter die 1000
bei der Vorhersage von Öl- und
US-Dollar-Marke fallen wird.
rieländer den Euro verlässt, stark reduziert.
Edelmetallpreisen zur Nummer
Stöferle: In Sachen Schuldenproblematik sind
Es steht eine weitere Korrektur
eins gerankt.
wir doch in den letzten Jahren keinen Schritt
an. Auf Sicht von 12 Monaten
werden wir dann 950 US-Dolweiter gekommen. Im Gegenteil wir haben
nicht einmal Schuldensenkungsprogramme gesehen. In
lar erreichen. 2014 wird der durchschnittliche Preis bei
938 US-Dollar liegen. Wenn unsere Voraussagen für weider Bundesrepublik sprudeln die Steuereinnahmen, trotzter steigende Zinsen, ein stärkerer US-Dollar, eine sanfte
dem schafft sie es nicht einen Überschuss zu erwirtschaften.
Landung der chinesischen Wirtschaft und keine EskalaUnd das ist ein weltweiter Trend. Im Gegensatz zu Schultion in der Euroschuldenkrise stimmen, haben wir trotz
den ist Gold aber nicht beliebig vermehrbar. Es herrscht
des Preisverfalls in der ersten Jahreshälfte immer noch
eine relative Knappheit in Relation zu anderen Währungen,
eine Goldblase.
Der Goldbestand wächst derzeit mit 1,5 Prozent, die Schulden teilweise mit zweistelligen Prozentraten.
Money: Angenommen Sie behalten Recht. Wie sollte man
MONEY: Aber selbst die Amerikaner wollen doch jetzt
den ihrer Meinung nach sein Geld anlegen?
Tuxen: In Aktien. Der langfristige Aufwärtstrend ist nicht
sparen?
nur bei Gold sondern auch bei anderen Rohstoffen gebroStöferle: Sagen sie. Ich gehe davon aus, wir werden weltchen. Dieser Superzyklus ist vorbei. Es gibt aber eine negaweit massive Konjunkturbelebungsprogramme sehen, die
tiven Beziehung zwischen Rohstoffpreisen und Aktienindiwie wir alle wissen nichts bringen, nur langfristig die
zes – das heißt fallende Rohstoffpreise sind in der Regel gut
Schuldenquote hoch treiben. Das Schuldenthema wird
für die Börse. Deshalb sind wir bulish für Aktien.
einfach langsam weginflationiert. Da ist die Gefahr, dass
die Teuerungsraten plötzlich massiv ansteigen, sehr groß.
Stöferle: Nichts gegen Aktien – wenn es Goldminenaktien
Die Vermögenspreisinflation ist schon vorhanden, wie bei
sind. Aber im Ernst. Wir sind was die Goldaktien betrifft
in Relation zum Goldpreis auf dem tiefsten Stand seit 70
Kunst oder auch Aktien und gemäß dessen ist die VerJahren. Goldaktien sind so gesehen so billig wie seit 70
braucherpreisinflation die nächste Stufe.
Jahren nicht mehr. Hier werden wir eine größere GegenMONEY: Von 1974 bis 1976 hatten wir bereits einmal einen
bewegung sehen. Niemand sieht Goldaktien mehr posiähnlichen Preisverfall beim Gold. Lässt sich die derzeitige
tiv, das stimmt mich zuversichtlich.
Baisse mit der Korrekturphase von damals vergleichen?
Money: Und wem das zu riskant ist?
Stöferle: Der Vergleich macht Sinn, da das Umfeld geStöferle: Der kauft physischen Gold. Ich habe immer genauso von Disinflation geprägt war. Damals wurde mehr
sagt, wenn Gold, dann physisch. Goldzertifikate stellen
als 50 Prozent korrigiert und dann in weiterer Folge stieg
eine Perversion dar, wenn man Gold als Sicherheit kauft.
der Goldpreis über 800 Prozent. Auch hier wurde das
Money: Der Vorhang zu und alle Fragen offen ...
Ende des Goldbullenmarktes ausgerufen. Außerdem befinden wir uns derzeit in einem Umfeld das von moneStöferle: Wir treffen uns in einem Jahr wieder und dann
tären Experimenten auf globaler Basis geprägt wird. Die
wird abgerechnet.
Japaner werden in den nächsten zwei Jahren die Geldjulia hassmann
FOCUS-MONEY 30/2013
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