Ausgabe 02/2014 - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

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Ausgabe 02/2014 - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Ausgabe 2 – 2014
Die Consulting-Profis
Interkulturelle Kompetenz:
Vier Mitarbeiter von Sales &
Consulting im Porträt
PHOENIX besteht WM-Test
Brasilianische Flugsicherung
nutzt DFS-System
Optimierter Anflug spart
Treibstoff
Kooperation mit deutschen
Fluggesellschaften
Made by DFS
Weltweit erfolgreich mit Produkten und Dienstleistungen
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Flugsicherung wird in der Öffentlichkeit oft aus-
fit für die Herausforderungen der Zukunft machen.
schließlich als hoheitliche Aufgabe wahrgenom-
Aeronautical Solutions hat viele Lösungen parat.
men, die an den Grenzen des Landes endet. Dem ist
Für unsere Kunden und Partner in aller Welt.
aber nicht so. Das Know-how, das die DFS-Mitarbei-
ter durch das Kontrollieren eines der komplexesten
Lufträume der Welt angesammelt haben, bieten wir
Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen
anderen Flugsicherungen weltweit an. Hierfür haben
wir eine eigene Geschäftseinheit: den Bereich Aeronautical Solutions, der seit vielen Jahren in diesem
Geschäftsfeld sehr erfolgreich ist. Unsere Dienstleistungen und Produkte, wie etwa die Flugsicherungssysteme AMAN und PHOENIX, sind von Asien bis Südamerika im Einsatz.
Aeronautical Solutions verfügt über ein kompetentes und hochmotiviertes Team. 20 Jahre Erfahrung im Consulting haben unsere Mitarbeiter in
viele verschiedene Kulturen geführt. Zum Portfolio gehört unter anderem die Unterstützung bei der
Luftraumplanung, beim Sicherheitsmanagement
oder bei der Einrüstung von neuen Flugsicherungssystemen. Auch im Bereich der zivil-militärischen
Kooperation zählen wir zu den absoluten Experten
und können unsere Erfahrungen erfolgreich weitergeben. Außerdem bieten wir die Aus- und Weiterbildung von Flugsicherungspersonal an. Über unsere
Tochter The Tower Company leisten wir Flugsicherungsdienste an deutschen Regionalflughäfen – und
demnächst auch an weiteren Flughäfen in Europa.
Die Anerkennung, die wir aus dem Ausland erfahren,
freut mich sehr. Unsere Produkte und Dienstleistungen finden auf internationalen Messen großes Inte-
Prof. Klaus-Dieter Scheurle
resse. Und auch bei meinen Auslandsaufenthalten
Vorsitzender der D
­ FS-Geschäftsführung
merke ich, dass die Geschäftspartner großes Vertrauen in die Qualität unserer Arbeit setzen und unser
Fachwissen gern nutzen wollen.
Unser Ziel ist es, das preisfinanzierte Geschäft weiter auszubauen. Die besten Chancen dafür sehen
wir vor allem in den sich dynamisch entwickelnden
Märkten im Nahen Osten, in Asien und Südamerika,
aber auch in Europa. Deshalb ist dieses Geschäftsfeld auch eine wesentliche Säule unseres FünfPunkte-Programms, mit dem wir unser Unternehmen
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2 – 2014
Inhalt
Aeronautical Solutions
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Die Consulting-Profis
Interkulturelle Kompetenz: Vier Mitarbeiter von
Sales & Consulting im Porträt
7
Weltweit aktiv
DFS ist ein international ­gefragter Partner
8
Die Consulting-Profis
„Wir wollen künftig mehr vor Ort präsent sein“
Interview mit Achim Eckermann
S.4
10 Aus Deutschland, für die Welt
Wo sind DFS-Produkte im Einsatz, wer nutzt
­DFS-Know-how? Ein Überblick
Projekte und Produkte
12 Sprung ins Haifischbecken am Persischen Golf
DFS-Fachleute im Emirat Katar
14 Türöffner für den Osten
DFS-Kollege Walter Linke ist Osteuropa-Experte
15 Im Einsatz ­hinter dem Ural
Neue Luftraumstruktur für Flughafen in Nowosibirsk
16 PHOENIX besteht WM-Test
Brasilianische Flugsicherung nutzt DFS-System
PHOENIX besteht WM-Test
S.16
DFS-Töchter
19 Klein gegen Groß
Die DFS-Tochter „The Tower Company“
22 Tradition mit Zukunft
Der Luftfahrtkarten-Verlag Eisenschmidt
Aus der DFS
24 Optimierter Anflug spart Treibstoff
Kooperation mit deutschen Fluggesellschaften
26 Tage des Donners
Fluglotsen an der Wetterfront
Partner im Portrait
Optimierter Anflug spart
Treibstoff
S.24
28 Die Wetterberater
Luftfahrtberatungszentrale des DWD in Frankfurt
DFS intern
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Aeronautical Solutions
Die Consulting-Profis
Ein wichtiges Standbein des Bereichs Aeronautical Solutions ist Sales &
Consulting. Mit ihrem Know-how und ihrer interkulturellen Kompetenz überzeugen die DFS-Berater Kunden auf der ganzen Welt. transmission stellt vier
Kollegen aus dem Aeronautical-Solutions-Team näher vor.
Bei ihnen sind internationale Kunden in guten Händen: Sandra Stark, Brigitte Bußmann, stellvertretender Aeronautical-SolutionsLeiter Achim Eckermann, Eike Kühl und Dr. Hans de Jong (von links). Foto: H.-J. Koch
E
ike Kühl ist im Bereich Consul-
Aufgabe kaum finden können. Eike Kühl ist
studiert und verfügt über zahlreiche bran-
ting der DFS für das China- und
ein absoluter China-Experte. Seit 30 Jah-
chenbezogene Kontakte in dem Land.
Südostasien-Geschäft zustän-
ren lernt er Chinesisch, hat die Sprache
Nach seinem Sprachenstudium und einem
dig. Einen geeigneteren Mitarbeiter als
sowohl in Deutschland als auch an der Uni-
Aufbaustudium International Business
ihn hätte Aeronautical Solutions für diese
versität der chinesischen Stadt ­Hang­zhou
arbeitete Eike Kühl bei einer chinesischen
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Bank und kam dann als Trainee zur Fraport
Brigitte Bußmann ist von allen Mit-
Besonders viel zu tun hat die Spezia-
AG. Später war er beim Rhein-Main-Airport
arbeitern des Consultingbereichs am
listin der Betriebswirtschaft, wenn das
für den asiatischen Markt verantwortlich.
längsten dabei. Als sie 1996 zur deut-
­Jahresbudget geplant wird. Die Kosten im
„Ich habe damals viele chinesische und
schen Flugsicherung kam, steckten das
Verhältnis zu den erwarteten Einnahmen
asiatische Airlines nach Frankfurt geholt“,
Drittgeschäft der DFS und der Beratungs-
zu kalkulieren ist keine leichte Aufgabe.
sagt der Marketing- und Sales-Fachmann.
bereich noch in den Kinderschuhen. Die
Sie ist auch für das Qualitätsmanagement
Er bereitete auch den Weg für die Betei-
gelernte Industriekauffrau fing im Sekre-
im Bereich AS verantwortlich und küm-
ligung der Fraport AG am Flughafen der
tariat an und übernahm im damaligen
mert sich um die Prozessabläufe sowie
chinesischen Stadt Xi‘an.
Consultingbereich immer mehr kauf-
um deren Verbesserung. Darüber hinaus
männische Aufgaben. Heute ist sie für
betreut sie Auszubildende im kaufmänni-
alle betriebswirtschaftlichen Themen im
schen Bereich und führt neue Mitarbei-
Bereich AS zuständig. „Meine Arbeit ist
ter bei AS in die spannende Thematik der
sehr abwechslungsreich, bei uns ist immer
Betriebswirtschaft im Drittgeschäft ein.
In China zählt Vertrauen
Seit 2008 ist Eike Kühl für das Con-
viel los“, sagt Brigitte Bußmann. Zu ihren
sulting-Team der DFS tätig und hat dazu
Aufgaben gehört unter anderem die kauf-
Bei ihrer Arbeit wird Brigitte Bußmann
beigetragen, dass Aeronautical Solutions
männische Unterstützung der Consul-
von drei weiteren Kolleginnen unterstützt
auf dem chinesischen Markt so erfolgreich
tants bei der Angebotserstellung sowie
sowie von zwei Projektassistentinnen, die
ist. Sein Netzwerk erwies sich als beson-
bei der Projektdurchführung. Dazu zäh-
ebenfalls zum Teil kaufmännische Tätigkei-
ders nützlich. „In China ist die menschliche
len vor allem das Kostencontrolling, die
ten übernehmen. „Als ich bei Consulting
Seite einer Geschäftsbeziehung sehr wich-
Beschaffung von Fremdleistungen und
anfing, war ich die einzige Frau im Bereich,
tig. Die Chinesen machen nur Geschäfte
die Rechnungsstellung. Zusammen mit
damals war das noch eine richtige Männer-
mit jemandem, den sie gut kennen und
den jeweiligen Projektleitern kalkuliert sie
domäne“, erinnert sie sich. Sie ist froh,
dem sie vertrauen. Das unterschätzen
die Angebote für die Kunden. Sie ist dabei
dass das heute anders und der Frauen­
viele Deutsche“, sagt Kühl.
im ständigen Dialog mit den Projektlei-
anteil im Bereich relativ hoch ist.
tern und muss immer auf dem Laufenden
Dass Eike Kühl mit der chinesischen
sein, was den Projektfortschritt betrifft.
Dabei kommt ihr zugute, dass viele
Kultur so vertraut ist, geht auf einen
„Wenn die Informationen manchmal nur
Projektleiter selbst über entsprechende
Studien­aufenthalt Mitte der 1980er Jahre
spärlich fließen, brauche ich für meinen
kaufmännische Kenntnisse verfügen. So
in Melbourne zurück. Dort fand er chine-
Job auch viel Durchsetzungsvermögen“,
auch Sandra Stark, die im Consulting-
sische Freunde, die zum Englischstudium
sagt die Mutter eines erwachsenen Soh-
Team den Verkauf und die Inbetriebnahme
nach Australien gekommen waren. Einer
nes. Die Erwartungspflege, also ständig
des Flugsicherungssystems PHOENIX
dieser Freunde arbeitet heute im chinesi-
zu prüfen, was wann ansteht, gehört zu
an die kanadische Flugsicherung NAV
schen Außenministerium. Die Freunde und
ihren aufwän­digsten Aufgaben. Im Pro-
CANADA verantwortet. Die Projektleite-
die Liebe zu einer jungen Chinesin moti-
jekt in Doha (siehe Seite 12), für das die
rin hat Wirtschaftsingenieurwesen mit
vierten ihn, das schwere Sprachstudium
DFS eine eigene Betriebsstätte eingerich-
dem Schwerpunkt Luftverkehrswesen
durchzuziehen. „Von anfangs 70 Studen-
tet hatte, war die Kauffrau unter anderem
studiert und anschließend das Technik-
ten waren beim Examen nur noch drei
dafür zuständig, die Buchhaltung vor Ort
Trainee-­
Programm der DFS absolviert.
übrig“, erzählt der Mainzer. Kühl war einer
in Katar und die Buchhaltung des Projekts
Seit 2010 ist sie im Team von Aeronau-
von ihnen.
am DFS-Stammsitz zusammenzuführen.
tical ­Solutions.
Seine chinesische Freundin hat Eike
Das Flugsicherungssystem PHOENIX
Kühl schließlich geheiratet, seit 25 Jahren
ist ein Verkaufsschlager der DFS (siehe
sind die beiden ein Ehepaar. Seine Frau
stammt aus Shanghai, das Paar hat einen
22-jährigen Sohn, der zweisprachig aufgewachsen ist und inzwischen in seinem
Job in der Automobilbrache schon selbst
Damals war das
noch eine richtige
­Männerdomäne.
Seite 16) und wird für die jeweiligen Kunden maßgeschneidert. Die Aufgabe von
Sandra Stark ist es, die Anforderungen
der NAV CANADA an die DFS-Softwareentwickler weiterzugeben und das Projekt
in China gearbeitet hat. „Unsere Familie ist
kosten- und abwicklungstechnisch zu
in beiden Welten zuhause.“
begleiten. „Das Umfeld im NAV CANADAProjekt war anfangs nicht immer leicht“,
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Aeronautical Solutions
sagt die Wirtschaftsingenieurin. Den Res-
Mathematiker hat an der Universität im
„Die Verhaltensweisen der Kunden sind
pekt der kanadischen Geschäftspartner
niederländischen Groningen hauptsäch-
recht unterschiedlich“, sagt Dr. de Jong.
musste die Beraterin sich erst erarbeiten.
lich Grundlagenforschung betrieben. Als
Die Kasachen beispielsweise seien ernst-
„Inzwischen läuft das aber sehr gut.“ An
er mit seiner Doktorarbeit fertig war, ent-
hafter und würden oft eher besorgt wir-
ihrem Job mag sie, dass sie viel mit ande-
deckte er eher zufällig eine Stellenanzeige
ken. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich
ren Kulturen zu tun hat. „Und wer denkt,
des niederländischen Technologieinstituts
das richtig einordnen konnte. Sie machen
die Kanadier seien uns doch sehr ähnlich,
National Aerospace Laboratory (NLR), das
sich viele Gedanken über die Umsetzung
täuscht sich“, sagt sie. In Kanada trenne
einen Mathematiker suchte, der Modelle
unserer Ratschläge in ihrer Organisation
man Privates und Berufliches sehr viel
für Sicherheitsbewertungen erstellen
und gucken deshalb manchmal etwas
stärker als in Deutschland. Das habe sie
sollte. Und so arbeitete Dr. de Jong beim
grimmig.“ Wie Sandra Stark empfindet
erst lernen müssen. „Der Geschäftspart-
NLR fast acht Jahre an unterschiedlichen
er es als große Bereicherung, dass seine
ner, mit dem man sich beim Abendessen
Sicherheitsmanagementthemen, bis er im
Arbeit ihm den Umgang mit unterschiedli-
vorher blendend verstanden hat, tritt am
Jahr 2007 zur DFS kam. Im Consulting-
chen Kulturen ermöglicht.
nächsten Morgen oft als besonders harter
Team von Aeronautical Solutions betreut
Verhandlungsführer auf.“
er ebenfalls das Sicherheitsmanagement.
Sicherheitsbewertungen sind noch immer
Leidenschaft fürs Fliegen
sein Spezialgebiet. Dabei geht es darum,
einzuschätzen, welche negativen Folgen
neue Systeme oder neue Verfahren mit
Seit Projektbeginn 2011 war sie etwa
sich bringen könnten, und die Risiken dann
zweimal pro Jahr in Ottawa, dem Sitz
zu kategorisieren und zu minimieren. Der
der NAV CANADA. Zwar ist Ottawa tou-
Sicherheitsfachmann berät Kunden welt-
ristisch nicht besonders reizvoll, doch
weit zu diesem Thema. Zurzeit beschäf-
wenn im Winter der Rideau Canal zuge-
tigt er sich viel mit unbemannten Luftfahr­
froren ist, findet dort eine Art Volksfest
zeugen und deren Eingliederung in den
auf Eis statt und die Leute tummeln sich
zivilen Luftverkehr. Dabei erstellt er nicht
auf der weltgrößten natürlich gefrorenen
nur Konzepte und Sicherheitsbewertungen
Eisbahn. „Bei einer Dienstreise im Januar
für Flugsicherungsorganisationen, son-
konnte ich dort auch mal Schlittschuh lau-
dern auch für Ministerien und die Indust-
fen“, erzählt Sandra Stark.
rie, etwa die Hersteller von Drohnen.
Sport ist eine große Leidenschaft
der Projektleiterin. Am liebsten unter-
Freude an Sprachen
nimmt sie Langstreckenläufe und enga-
Chinesische Tracht: Einige DFS-Consultants kennen sich sehr gut mit der Kultur
Chinas aus. Foto: Shutterstock
giert sich im DFS-Betriebssportverein in
Daneben bildet Dr. de Jong weltweit
der Sparte Drachenboot. Ebenso leiden-
Sicherheitsmanager aus. Zu seinen wich-
Als Niederländer in einer deutschen
schaftlich betreibt sie die Fliegerei. „Ich
tigsten Kunden gehören die chinesische
Firma hatte er es anfangs auch mit dem
wollte schon als Kind Verkehrsflugzeug-
Flugsicherung sowie die Flugsicherung
ein oder anderen kulturellen Unterschied
führerin werden, leider ist das dann daran
Hongkongs. Die fernöstliche Kultur ist
zu tun. Wann man jemanden duzt und wann
gescheitert, dass ich nicht groß genug für
eine seiner Leidenschaften. Vor dreiein-
man jemanden siezt, sei für ihn schwierig
diesen Beruf bin“, erzählt sie. Seit einigen
halb Jahren hat der Niederländer damit
einzuschätzen gewesen. In den Nieder-
Jahren hat sie die Privatpilotenlizenz und
begonnen, Chinesisch zu lernen. Er war
landen sei das Siezen sehr ungewöhnlich.
fliegt vom Flugplatz in Reichelsheim aus,
dazu auch schon im Sprachurlaub in der
„Meinen ersten Chef bei der DFS habe ich
so oft sie kann. „Wenn man die Welt von
chinesischen Stadt Qingdao. „Ein biss-
geduzt. Dann habe ich aber gemerkt, dass
oben sieht, kommen einem die Alltagspro-
chen sprechen kann ich inzwischen“, sagt
ich fast der einzige im Team war, der dies
bleme irgendwie nichtig vor.“
er. Die besondere Herausforderung sei
tat.“ Geschadet hat das seiner Karriere bei
es, die Antworten zu verstehen. An den
Aeronautical Solutions freilich nicht.
Im Gegensatz zu Sandra Stark kam
­chinesischen Kunden mag er, dass sie
Hans de Jong eher zufällig zur Luftfahrt-
Freude an seinen Sicherheitsmanagement-
branche. Der Physiker und promovierte
Seminaren haben und das auch zeigen.
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Sandra Ciupka
Weltweit aktiv
Die DFS ist ein international gefragter Geschäftspartner. Das Unternehmen vertreibt
Flugsicherungssysteme und bietet Beratungs- und Trainingsdienstleistungen an. Dieses Geschäft
soll künftig weiter wachsen. E
in preisfinanziertes Geschäft
Ansprech­partner vor Ort“, sagt der stell-
neben der hoheitlichen Aufgabe
vertretende AS-Leiter Achim Eckermann
Flugsicherung – diese Chance
(siehe I­nterview Seite 8).
ergab sich für die deutsche Flugsicherung mit der Organisationsprivatisierung
Das preisfinanzierte Geschäft ist für
im Jahr 1993. Aus der Behörde wurde eine
die DFS besonders wichtig, da es – anders
GmbH. Die neu gegründete DFS konnte
als das hoheitliche Geschäft der DFS in
neben der hoheitlichen, gebührenfinanzier-
Deutschland – keiner ökonomischen Regu-
ten Dienstleistung auch preisfinanzierte
lierung unterliegt. Jeder Euro, den die DFS
Geschäfte anbieten. Dieses Geschäfts-
mit dem Verkauf von Systemen, Consul-
feld wuchs schnell. Dank der guten Repu-
ting-Dienstleistungen, ­Trainingsleistungen
tation der DFS wollten Flugsicherungs­
oder dem Verkauf von Wartungs- und
organisationen weltweit das Know-how
Instandsetzungsleistungen erwirtschaf-
des Unternehmens nutzen. In den 1990er
tet, verbessert unmittelbar das Gesamt-
Jahren gehörten neben der kuwaitischen
ergebnis des Unternehmens. 2013 hat die
die kroatische und die rumänische Flug­
DFS-Konzernmutter über ihr Drittgeschäft
sicherung zu den wichtigsten Kunden der
knapp 24 Millionen Euro Umsatz erzielt.
DFS. Die Kroaten nutzten vor allem das
Der Deckungsbeitrag – also die Differenz
Angebot der DFS-Flugsicherungsakademie
zwischen Erlösen und Kosten – lag bei
für Ausbildung- und Training. Die Rumänen
deutlich über drei Millionen Euro.
setzten auf das Consulting der deutschen
Flugsicherung. Außerdem war die DFS
Einen besonderen Erfolg hat die DFS
beim Bau des neuen Athener Flughafens
vor einigen Monaten verbucht. Sie hat
beratend tätig.
den Zuschlag erhalten, die Tower-Dienstleistungen am Flughafen London-Gatwick
Nach der Jahrtausendwende expan-
zu erbringen. Voraussichtlich im Frühjahr
dierte das preisfinanzierte Geschäft ­weiter
2016 sollen diese Dienste durch ein neues
nach Afrika und Asien. Auch Südamerika
DFS-Tochterunternehmen in Großbritan-
kam als Markt hinzu. Heute ist der für
nien übernommen werden.
Das preisfinanzierte
Geschäft der DFS
„„ Vertrieb von Systemen (PHOENIX
und AMAN)
„„ Consulting
„„ Trainingsdienstleistungen
„„ Erbringung von Vorfeldkontroll­
diensten
„„ Verkauf von Wartungs- und Instandhaltungsdienstleistungen
„„ Lieferung von Radar-, Flugplan- und
Bodenlage-Daten
„„ Flugverkehrskontrolldienste (außerhalb des hoheitlichen Auftrags)
„„ Sonstige Dienstleistungen
„„ Über DFS-Tochter The Tower Company (TTC) Tower-Dienstleistungen
an Regionalflughäfen
„„ Über die DFS-Tochter R. Eisenschmidt GmbH Vertrieb von Luftfahrtkarten, Luftfahrtinformationen
sowie Pilotenbedarf
„„ FCS Flight Calibration Services GmbH
Sandra Ciupka
das preisfinanzierte Geschäft zuständige
DFS-Bereich Aeronautical Solutions (AS)
weltweit aktiv. Zu den wichtigsten strategischen Märkten zählen neben dem heimischen Europa der Nahe Osten und Asien,
weil dort der Luftverkehr stark ansteigt.
Künftig will die DFS ihr preisfinanziertes Geschäft noch weiter ausbauen. In
Peking und Südost-Asien sowie im Nahen
Osten sollen DFS-Repräsentanzen entstehen. „Die Kunden möchten einen
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Aeronautical Solutions
„Wir wollen künftig mehr
vor Ort präsent sein“
China, Kuwait, Katar oder Brasilien: Die DFS ist mit ihrem Bereich Aeronautical Solutions (AS)
weltweit erfolgreich. Ein Gespräch mit dem AS-Manager, Achim Eckermann, über wichtige
Märkte, fremde Kulturen und Fingerspitzengefühl.
Herr Eckermann, das Angebot der DFS
für ihre externen Kunden ist umfangreich:
Wer gehört zu den Kunden von Aeronautical Solutions?
Sie bietet zum Beispiel Trainingsdienst-
ball-WM abgeschlossen. Außerdem haben
wir gerade ein großes Beratungsprojekt
für den neuen Flughafen Doha in Katar zu
leistungen an, leistet Beratung oder ver-
ECKERMANN: Zu unseren Kunden
Ende gebracht. Aktuell arbeiten wir unter
kauft Systeme. Welcher Bereich ist für das
gehören große Flugsicherungsorganisati-
anderem beratend mit der saudischen Flug­
preisfinanzierte Geschäft am wichtigsten?
onen und Hersteller. Wir arbeiten auch mit
sicherungsorganisation zusammen. Flughafenbetreibern, Beratungsunternehsind
men und Aufsichtsbehörden zusammen. In
alle Bereiche interessant für uns. Das
ECKERMANN:
Grundsätzlich
der Vergangenheit haben wir auch häufig
größte Entwicklungspotenzial haben wir
EUROCONTROL und die EU beraten.
im Bereich des Systemgeschäfts und
der Beratung zu Systemen. Auch das
Consulting­geschäft ist vielversprechend.
Ihr Bereich war jahrelang im Sudan, in
Kuwait und in Rumänien sehr aktiv.
ECKERMANN: Ja. Wir haben Rumäni-
Und wer sind derzeit Ihre wichtigsten
Kunden?
Prinzipiell ist ein großes Spektrum an
ens Flugsicherung in den 1990er Jahren
lange beraten. In Kuwait musste nach dem
Irak-Kuwait-Krieg die Flugsicherung des
potenziellen Beratungsleistungen denk-
ECKERMANN: Im Moment liefern wir das
Landes neu aufgebaut werden. Die DFS
bar. Was das Training betrifft, müssen
System PHOENIX an die kanadische Flug-
hat damals insbesondere beim Aufbau
wir über neue Strukturen nachdenken, die
sicherung NAV CANADA. Davor hatten wir
der neuen Kontrollzentrale entscheidend
es ermöglichen, marktgerechtere Preise
PHOENIX bereits nach Brasilien verkauft
dazu beigetragen. Im Sudan waren wir von
anzubieten.
und dieses Projekt rechtzeitig zur Fuß-
2001 an für rund zwei Jahre sehr aktiv.
DFS-Systeme wie PHOENIX sind besonders gefragt. Werden diese Produkte eins
zu eins an die Kunden verkauft?
ECKERMANN: Nein, wir passen die Produkte an die Kundenwünsche an. Oft wird
eine einfachere und damit kostengünstigere Variante gewünscht. Wir verkaufen
ein Kernmodul, für das die Kunden eine
Lizenzgebühr entrichten. Je nach Bedarf
wird dieses Kernmodul erweitert. So gibt
es auf der ganzen Welt inzwischen eine
Vielzahl von PHOENIX-Installationen, die
aber alle an die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst wurden.
Messestand der DFS: Viele potenzielle Kunden nutzen die Gelegenheit, sich dort zu
informieren.
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Was macht die DFS für diese Länder
Das bedeutet: Die anderen Regio-
so interessant?
nen dieser Welt sind für die DFS weniger
­interessant?
ECKERMANN: Wir haben in vielen Ländern eine sehr gute Reputation und werden
ECKERMANN: Es kommt darauf an.
von den potenziellen Kunden angespro-
Südamerika zum Beispiel ist ein wichti-
chen. Oft ergeben sich diese Kontakte bei
ger Markt für uns, unsere Chancen dort
unseren Messeauftritten. Außerdem kom-
sind aber stark von den einzelnen Ländern
men auch Industriepartner auf uns zu, die
abhängig. Afrika dagegen spielt aktuell
mit uns als Flugsicherungsunternehmen
keine große Rolle. Bedarf für Wachstum
im Team eine Leistung anbieten möchten.
gäbe es dort zwar genügend, aber es fehlt
das Geld. Trotzdem bedienen wir diesen
Dabei muss auch die politische Situa-
Markt immer dann, wenn sich dazu Gele-
tion in den Ländern berücksichtig werden.
genheit ergibt. Der europäische Markt hat
zwei Seiten. Zum einen gehört Europa ein-
ECKERMANN: Natürlich. Es gab Anfra-
schließlich Deutschland zu unseren Kern-
gen aus Ländern, mit denen eine Zusammenarbeit politisch nicht opportun wäre
märkten. Auf der anderen Seite ist die
Achim Eckermann Foto: H.-J. Koch
oder die von der Bundesregierung mit
Flugsicherung ist in den meisten Ländern
einem Embargo belegt wurden. Außer-
wieder zurück. Das ist auf die Dauer sehr
dem lehnen wir Aufträge von Ländern ab,
anstrengend. Wir haben deshalb vor, mehr
in denen die Sicherheit unsere Mitarbei-
vor Ort präsent zu sein.
ter gefährdet wäre. Grundsätzlich kann
man aber sagen, dass wir im Laufe der
aktiv waren.
Macht die internationale Zusammen­
arbeit den Reiz an Ihrer Arbeit aus?
monopolartig organisiert.
Wann waren Sie das letzte Mal im
­Ausland so richtig überrascht?
Wie das?
20-jährigen preisfinanzierten Geschichte
der DFS fast überall auf der Welt einmal
Verkehrsentwicklung schwach, und die
ECKERMANN: Das war in der Türkei
ECKERMANN: Wir werden in einigen
beim Besuch einer neuen Kontrollzen­
Ländern lokale Repräsentanzen einrich-
trale. Die türkische Flugsicherung hat die
ten oder uns lokal vertreten lassen. Und
verschiedenen Systeme, die Lotsen für
zwar voraussichtlich in Peking und einem
ihre Arbeit benötigen, nicht aufwendig in
anderen Standort in Südostasien sowie
den Lotsenarbeitsplatz integriert, sondern
an einem Standort im Nahen Osten –
alle werden auf einzelnen Monitoren dar-
ECKERMANN: Ja, auf jeden Fall. Alle
wo genau dort, ist noch nicht entschie-
gestellt, die am Arbeitsplatz aufgehängt
Mitarbeiter von AS sind ein besonderer
den. Dabei geht es nicht nur darum, das
sind. Wenn ein System ausgewechselt
Schlag Mensch: absolut aufgeschlossen
ständige Hin- und Herreisen zu vermei-
oder erneuert werden muss, geht das
gegenüber anderen Ländern. Sie sind
den. Gerade in diesen Regionen erwarten
ganz schnell und unkompliziert. Das sieht
wirklich vom Herzen her daran interes-
die Kunden, dass es auch vor Ort einen
zwar nicht so edel aus wie bei uns, ist
siert, mit anderen Kulturen umgehen zu
Ansprechpartner gibt.
aber sehr effizient und pragmatisch. Das
können.
hat mich beeindruckt.
Warum in Asien und im Nahen Osten?
Es gibt sicher einige, die Sie um die
vielen Reisen beneiden.
Ihre Berater brauchen also Finger­
ECKERMANN: In diesen Märkten ist
spitzengefühl.
viel Bewegung. Sie wachsen sehr stark,
ECKERMANN: Natürlich gehört es bei
die Länder haben die finanziellen Mittel.
ECKERMANN: Genau. Wir dürfen da
Dienstreisen dazu, sich vom Kunden mal
Dort werden beispielsweise noch in gro-
nicht ankommen mit der Haltung: Wir
eine Stadt zeigen zu lassen oder gemein-
ßen Maßstäben Flughäfen gebaut. Auf der
­zeigen euch jetzt mal, wie man es r­ ichtig
sam zu Abend zu essen. In der Regel wer-
anderen Seite fehlt es an Know-how – und
macht. Viele Nationen, die wir beraten,
den diese Auslandsaufenthalte aber sehr
da kommen dann wir ins Spiel, sei es mit
sind sehr stolz auf ihre Errungenschaften.
effizient abgehalten. Das heißt, man fliegt
unseren Systemen oder mit unseren Trai-
abends oder nachts ein, hat am nächsten
nings- und Beratungsleistungen.
Die Fragen stellte Christopher Belz
Tag Meetings und fliegt dann am Abend
und Sandra Ciupka
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Aeronautical Solutions
Aus Deutschland,
für die Welt
Flugsicherungsorganisationen aus aller Welt nutzen das
Know-how und die Systeme der DFS.
Niederlande
Bei der niederländischen Flugsicherung
LVNL ist PHOENIX als Fallbacksystem in
ihrem Contingency-Center im Einsatz.
2015 soll außerdem das von der DFS
entwickelte Anflugmanagement-System
AMAN in Betrieb gehen, das die Lotsen
am Flughafen Amsterdam Schiphol bei
der Organisation des eingehenden Flug-
London
verkehrs unterstützt.
Am Flughafen Gatwick hat die DFS-Tochter „The Tower Company“
2014 den Zuschlag für die Flugverkehrskontrolle erhalten. Gatwick
ist der zweitgrößte Flughafen des Landes und der weltweit größte
mit nur einer Start- und Landebahn.
Kanada
Mit dem Radardatenverarbeitungssystem PHOENIX
führt die kanadische Flugsicherung ein von der DFS
entwickeltes System ein. Der Multisensor-Tracker und
die Safety-Net-Funktion werden im Technikzentrum in
Ottawa in die dortige ATM-Umgebung integriert und
anschließend in allen sieben Kontrollzentralen von
NAV CANADA eingesetzt. Das Projekt steht kurz vor
dem Abschluss.
Marokko
An die marokkanische Flugsicherung hat die DFS 2007
einen Trainingssimulator geliefert. Dieser wird nun für das
Lotsentraining eingesetzt.
Brasilien
Auf die Fußball-WM 2014 hat sich das Gastgeberland
mit Technik aus Deutschland vorbereitet: Die DFS lieferte sowohl den Multisensor-Tracker ihres PHOENIXSystems als auch das Anflugmanagement-System
AMAN an die brasilianische Flugsicherung. Mit diesen
beiden Systemen konnte die Radardatendarstellung
verbessert und der zu WM-Zeiten gestiegene Luftverkehr bewältigt werden.
Katar
Von 2011 bis 2014 hat die DFS das Emirat Katar bei der Inbetriebnahme des neuen Flughafens in Doha unterstützt.
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Lettland
Die lettische Flugsicherung hat 2014 ein von der DFS entwickeltes
System eingeführt, mit dem Probleme bei der Erfassung von Flugzeug-Transpondercodes über das Sekundärradar in Echtzeit erkannt
und dargestellt werden können.
Kasachstan
Am Flughafen Almaty ist seit 2012 das von der DFS entwickelte
Radardatenverarbeitungssystem PHOENIX im Einsatz. Dort betreibt
die kasachische Flugsicherung einen Contingency-Tower, von dem
aus der Flugverkehr kontrolliert werden kann, wenn der eigentliche
Tower ausfallen sollte. Gemeinsam mit einem Partner wird die DFS
auch die Flughäfen in Taldykorgan, Astana und Aktobe mit PHOENIX
ausrüsten.
Russland
Für den Flughafen Nowosibirsk-Tolmachevo hat die DFS
ein Betriebskonzept zur gleichzeitigen Nutzung der
zwei Start- und Landebahnen entwickelt.
Aserbaidschan
Mit Schnellzeit-Simulationen für den Flughafen Baku
hat die DFS die Flugsicherung von Aserbaidschan
dabei unterstützt, den Luftraum des Landes neu zu
strukturieren.
China
Zwischen der DFS und der chinesischen Zivilluftfahrt­
behörde besteht seit Jahren eine enge Kooperation.
Die DFS unterstützt ihre chinesischen Partner mit
­Beratungsleistungen, betrieblichen und technischen
­Konzepten sowie ­Trainingsleistungen.
Indien
Saudi-Arabien
Von 2012 bis 2014 hat die DFS die saudi-arabische
Flugsicherung dabei beraten, ihren Luftraum neu zu
strukturieren. Ziel dabei war es, das wachsende Verkehrsaufkommen zu bewältigen.
Die Airports Authority of India hat sich 2014 für das Verkehrsfluss­
steuerungssystem „SkyFlow“ entschieden, das die DFS gemeinsam mit dem
brasilianischen Systemhersteller Atech vertreibt. Die Lösung soll innerhalb
der nächsten zweieinhalb Jahre implementiert werden. Die DFS bringt ihre
langjährige Erfahrung in der Verkehrsflusssteuerung in das Projekt ein.
transmission
2 – 2014
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Projekte und Produkte
Sprung ins Haifischbecken
am Persischen Golf
In einem harten Wettbewerbsumfeld mussten sich zwei DFS-Consultants bei ihrem
Einsatz im Emirat Katar behaupten. Dort verantworteten sie für die DFS ein Projekt zur
luftseitigen Inbetriebnahme des Flughafens der Hauptstadt Doha.
E
s ist noch nicht allzu lange her,
Zu den Kernpunkten des Projekts
Einhaltung des vorgegebenen Zeit- und
da waren Perlen die wichtigste
gehörte es, die geltenden internationa-
Kostenrahmens durchzusetzen. „Opera-
Einnahmequelle von Katar. Im
len Sicherheits- und Qualitätsstandards
tional Readiness muss die vollständige
vergangenen Jahrhundert jedoch ist der
für Wetterdienste, Tower- und Approach-
standardkonforme Betriebsfähigkeit und
einst arme Wüstenstaat durch Erdöl und
dienste, Flugberatung sowie die Flug-
einen reibungslosen Beginn des Flugha-
Erdgas reich geworden und gehört heute
hafenfeuerwehr am alten als auch am
fenbetriebs sicherstellen“, sagt Schulz-
zu den Ländern mit dem höchsten Pro-
neuen Flughafen zu etablieren sowie die
­Rückert. „Unser Job war es, alle dort ein­
Kopf-Einkommen der Welt. Die Einnahmen
werden von der Herrscherfamilie kräftig
in Bildung und Infrastruktur des Landes
investiert – eine dieser Investitionen ist
der Bau des Hamad International Airport,
der neuen Luftverkehrs-Drehscheibe im
Nahen Osten in Doha, der Hauptstadt von
Katar.
Elf Milliarden US-Dollar hat sich das
Emirat Katar den auf einer künstlichen
Halbinsel angelegten Flughafen kosten
lassen – für seine Errichtung setzte der
Golfstaat auch auf das fachliche Knowhow der Deutschen Flugsicherung: Im
Juli 2011 gewann die DFS den Auftrag,
die luftseitige Inbetriebnahme des neuen
Airports sicherzustellen. Nur wenig später, Anfang August 2011, reisten Detlef
Schulz-Rückert und Moritz Manzel als
Spitze eines internationalen Konsortiums
zum Kick-off-Meeting an den Persischen
Golf. Knapp zweieinhalb Jahre leiteten
beide dort für die DFS das QCAA-ORATProgramm (Qatar Civil Aviation Authority
Operational Readiness, Activation and
Transfer-Programm), Schulz-Rückert als
Programm-Direktor und zugleich Leiter
der DFS-Betriebsstätte Katar, Manzel als
Assistent und Fachmann für Verfahren und
FS-Systeme.
12
Der neue Hamad International Airport in Doha, Katar. Foto: Tim Griffith/HIA Doha
transmission
2 – 2014
ge­
bundenen Gewerke hinsichtlich der
Manzel richtete dort das Project-Office
das DFS-Team der Konkurrenz der anderen
Erfüllung internationaler Anforderungen zu
ein, das für Projektplanung und Berichts-
Anbieter erwehren. „Bei fast jedem Mee-
begutachten, deren Erfüllung zu gewähr-
wesen, die Rechnungsstellung an den
ting hatte man das Gefühl, in ein Haifisch-
leisten und die QCAA ‚fit’ für das Betreiben
Kunden, das Dokumentenmanagement
becken zu steigen“, erinnert sich Moritz
der neuen Luftseite des Hamad Internatio-
und die Pflege der Projektdokumentation
Manzel. Jeder der Beteiligten versuchte
nal Airport zu machen.“
verantwortlich zeichnete. Daneben war er
in diesen Runden, sich zu profilieren. „Es
zuständig für die Organisation sowie die
ging dort nur mit fachlich-überzeugender
Vor- und Nachbereitung der zahlreichen
Präsentation und Außendarstellung sowie
Abstimmungs-Meetings mit den Partnern
über den persönlichen Auftritt und sprach-
der DFS, zu denen neben der Firma HOCH-
liche Kompetenz“, betont Schulz-Rückert. 58 Grad im Schatten
Der gelernte Fluglotse und diplomierte
TIEF auch die Flughafen München GmbH
Informatik-Betriebswirt ist seit 34 Jahren
gehörte. „Das war eine sehr umfangrei-
Dass dies erfolgreich gelungen ist,
bei der Flugsicherung und im internationa-
che Arbeit, die Herr Manzel hervorragend
zeigt das Ergebnis: Die DFS hat das Pro-
len Projekt-Geschäft ein erfahrener Mann.
bewältigt hat. Er hat sich dabei zu einem
jekt termingerecht und ohne Beanstandun-
Die Arbeitsbedingungen am Persischen
anerkannten betrieblichen und techni-
gen seitens der Auftraggeber abgeschlos-
Golf jedoch verlangten auch ihm einiges
schen Experten entwickelt“, findet Pro-
sen. „Ein solches Projekt unter diesen
ab: Elf Stunden waren die DFS-Spezialis-
jektleiter Schulz-Rückert anerkennende
Bedingungen erfolgreich abzuschließen ist
ten jeden Tag auf der Baustelle im Einsatz,
Worte für seinen Mitstreiter.
eine Leistung, auf die wir stolz sind“, sagt
oft bei glühender Hitze und Temperaturen
der Programm-Direktor. Denn am Persi-
von bis zu 58 Grad Celsius im Schatten.
schen Golf ist so etwas keineswegs eine
„In der Sonne hätte man auf den Steinen
Harter Konkurrenzkampf
wahrscheinlich Spiegeleier braten kön-
Selbstverständlichkeit. „Lieferanten scheitern dort oft an den spezifischen Anfor-
nen“, sagt Moritz Manzel. Dazu die lange
Die DFS-Consultants mussten sich in
derungen arabischer Auftraggeber“, weiß
Trennung von Familie, Freunden und Ange-
Doha in einem harten Wettbewerbsumfeld
Schulz-Rückert. Für ihn ist Doha deshalb
hörigen, Reisen nach Deutschland waren
behaupten. „Wir standen unter permanen-
das bedeutendste Auslandsprojekt, wel-
nur selten möglich. Auch das fremde kultu-
ter Begutachtung durch Kunden und Mitbe-
ches die DFS bisher verantwortet hat:
relle Umfeld – in Katar ist der Islam Staats-
werber“, sagt der Projektleiter. Änderun-
„Wir haben bewiesen, dass wir uns unter
religion und die Scharia die Hauptquelle
gen an Terminvorgaben oder vertraglichen
internationalen Wettbewerbsbedingungen
der Gesetzgebung – war eine Herausfor-
Leistungen durch den Auftraggeber waren
behaupten können.“
derung: So gab es beispielsweise während
keine Seltenheit. Darauf galt es ebenso
des Fastenmonats Ramadan tagsüber
zu reagieren wie die geforderten Projekt­
keine Möglichkeit zum Essen und Trinken,
ergebnisse zu liefern. Zudem musste sich
Holger Matthies
da im Ramadan die Einnahme von Mahlzeiten zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang verboten ist. Dies war nur
zwischendurch in geschlossenen Räumen
möglich, wenn die Expats unbeobachtet
und unter sich waren. Um sich auf der riesigen Baustelle mit dem Auto bewegen zu
können, mussten Schulz-Rückert und Manzel zudem spezielle Qualifikationen nachweisen und einen Baustellen-­Führerschein
erwerben. „Dafür mussten wir sogar eine
richtige Führerscheinprüfung ablegen“,
sagt Manzel.
Für den 28-Jährigen war der Einsatz
in Doha das erste große Projekt nach
Abschluss seines Masterstudiums und es
war gleich ein Sprung ins kalte Wasser:
ORAT-Projekt-Team (von links nach rechts): Philip Dalmeijer, Cherry de Costa, ­Detlef
Schulz-Rückert, Franz Sammueller, Okan Byram, George Szilagyi, Moritz Manzel,
Dr. Gunther Heidelmeyer, Maria Küchler, Theo Konstantinidis, Karl-Heinz Föller und
Chryssa Plytaria. Foto: ORAT-Projekt
transmission
2 – 2014
13
Projekte und Produkte
Türöffner für den Osten
Kaum jemand in den westlichen Flugsicherungsorganisationen verfügt über so exzellente Kontakte nach Osteuropa wie Walter Linke. Davon profitiert die DFS auch bei ihrem
preisfinanzierten Geschäft.
W
enn Walter Linke dienstlich in
Russlanddeutsche wurde im sibirischen
den Ländern der ehemaligen
Kisseljowsk geboren und wuchs in der
Sowjetunion unterwegs ist,
Sowjetunion auf. Anfang der 1980er
Eurasia Coordination
Council
begegnet er oft alten Bekannten. Manch-
Jahre absolvierte er an der Akademie
mal sogar dann, wenn er es nicht erwartet.
des damaligen Leningrads, das heute
Die Eurasia ist eine seit 1999 beste-
Wie im Frühjahr 2012, als er gemeinsam
wieder St. Petersburg heißt, eine Ausbil-
mit dem heutigen EUROCONTROL-Gene-
dung zum Fluglotsen und arbeitete danach
raldirektor Frank Brenner, damals noch in
zwei Jahre als Controller im fernöstlichen
Diensten der DFS, die armenische Flug-
Magadan am Ochotskischen Meer. Als
sicherung ARMAT in Jerewan besuchte.
die Sowjetunion Anfang der 90er Jahre
Während der Gespräche mit den ARMAT-
zerbrach und aus den einstigen Teilre-
Managern bemerkte er, dass ihn der Direk-
publiken eigenständige Staaten wurden,
tor der armenischen Flugsicherung ein-
machten etliche von Linkes ehemaligen
Seit 2006 ist er bei der DFS, wo er im
dringlich und fragend musterte. Es stellte
Kommilitonen in den neuen nationalen
Bereich Unternehmensentwicklung und
sich heraus, dass der Mann ein ehemaliger
Flug­sicherungen Karriere und stiegen dort
Internationale Angelegenheiten arbeitet.
Kommilitone von Linke war.
bis in hohe und höchste Führungspositio-
Er ist die Schnittstelle zwischen potenziel-
nen auf. Für den einstigen Lotsen waren
len Kunden in Osteuropa und den Mitarbei-
hende Kooperation der Mitglieds­
staaten Aserbaidschan, Russland,
Weißrussland, Kasachstan, ­Kirgisistan,
Tadschikistan, Usbekistan und der
Ukraine. Assoziierte Partner sind Armenien und Moldawien.
Walter Linke ist ein Türöffner. Für die
dies ideale Voraussetzungen für das Knüp-
tern des Bereichs Aeronautical Solutions.
DFS öffnet er Türen nach Osten, in die
fen von Kontakten in seiner neuen Rolle:
„Ich ermittle durch meine Kontakte den
Flugsicherungswelt der einstigen GUS-
1995 war er in die Bundesrepublik über-
Bedarf und vermittle dann zwischen den
Staaten. Sein Kapital sind seine Kontakte
gesiedelt, hatte in Reutlingen Exportwirt-
Kunden, dem Bereich AS und den Fachab-
in dieser Region, die unter westeuropäi-
schaft studiert und war anschließend erst
teilungen.“
schen Flugsicherungen einmalig sein dürf-
bei Siemens und dann bei Thales als Sales
ten. Das hat seinen Grund: Der 55-jährige
Manager für Osteuropa tätig.
Mit ihren Kontakten nach Osteuropa
nimmt die DFS eine Vorreiterrolle ein. Als
einzige westeuropäische Flugsicherung
besitzt sie einen offiziellen Status als permanenter Beobachter der Eurasia-Gruppe
und nimmt regelmäßig an den Treffen des
Eurasia Coordination Council teil. Die DFS
hat mehrere PHOENIX-Systeme nach Aserbaidschan und Kasachstan geliefert und
rüstet unter anderem die kasachischen
Flughäfen in Astana, Almaty und Aktobe
mit dem System aus. Ebenso haben DFSSpezialisten ein Betriebskonzept für den
Flughafen Tolmachevo in Nowosibirsk, den
fünftgrößten Flughafen Russlands, entwickelt (siehe Beitrag auf Seite 15).
Walter Linke, Osteuropa-Experte der DFS (links), neben dem französischen ICAOVertreter Elkhan Nahmadov auf einer internationalen Konferenz in Hamburg. Foto: H. Matthies
14
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2 – 2014
Holger Matthies
Im Einsatz ­hinter
dem Ural
DFS-Spezialisten haben für den Flughafen ­Tolmachevo
von Nowosibirsk eine neue Luftraumstruktur ­ent­wickelt,
die den Koordinationsaufwand reduziert und den Flugzeugen
hilft, Sprit zu sparen.
C
und Abflugbereich.“ Die DFS-ler entwickelten eine Lösung für einen „Mischbetrieb“
von herkömmlichen und satellitengestützten An- und Abflugverfahren, dazu entzerrten sie die Ein- und Ausflugstrecken des
Approach-Luftraums, wodurch sich der
Koordinationsaufwand verringerte.
Anfang 2013 präsentierten die Deutschen ihre Ideen in Nowosibirsk und stießen auf positive Resonanz. Mit den neuen
Verfahren wird die Flugzeit reduziert, dafür
nimmt man längere Rollzeiten zum Terminal in Kauf. Den Hauptanteil am Verkehr
arsten Wiltschko ist in 22 Jah-
sicherung hatte DFS-Kontaktmann Walter
in Tolmachevo machen Flüge aus Moskau
ren bei der Flugsicherung viel
Linke hergestellt (siehe Beitrag Seite 14).
aus, die aus Richtung Norden kommen
herumgekommen. Er war Lotse
und vorher meist auf der Bahn 07/25 lan-
auf dem Tower des Regionalflughafens
Der Flughafen Tolmachevo von Nowosi-
deten. Diese Anflüge landen mit den neuen
Westerland auf Sylt, hat für die Anflug-
birsk ist der fünftgrößte Airport Russlands
Verfahren nun auf der Bahn 16. Sie haben
kontrolle Frankfurt Anfragen zum Thema
und der größte russische HUB-Flughafen
jetzt eine längere Rollzeit zum Terminal,
Fluglärm bearbeitet, gehörte zwei Jahre
östlich des Urals. Er bestand ursprünglich
dafür aber vier bis sechs Minuten weni-
lang zum Aufbaustab des neuen Bun-
nur aus der in Ost-West-Richtung angeleg-
ger Flugzeit. Die Abflüge starten nun auf
desaufsichtsamtes für Flugsicherung,
ten Start- und Landebahn 07/25, auf deren
der Bahn 07/25, sie haben dadurch eine
machte Station bei der DFS-Tochter The
Südseite sich die Terminalgebäude befin-
kürzere Rollzeit und eine um ein bis drei
Tower Company und beriet die brasiliani-
den. Eine zweite, im rechten Winkel zur
Minuten längere Flugzeit. Betrachtet man
sche Flugsicherung bei der Nutzung des
älteren Bahn in Nord-Süd-Richtung ange-
An- und Abflüge zusammen, verringert
DFS-Arrival-Managers AMAN. Seinen unge-
legte Piste 16/34, ging im September
sich die Flugzeit insgesamt. „Eine Boeing
wöhnlichsten Einsatz aber erlebte er öst-
2010 in Betrieb. „Die Bahn ist sinnvoll,
747 verbraucht für eine Minute Rollzeit am
lich des Urals in Nowosibirsk.
weil der Wind dort vorwiegend aus Süd
Boden 45 Kilogramm Sprit, pro Minute
oder Nord weht“, sagt Wiltschko. „Auf
Flugzeit dagegen 150 Kilogramm“, sagt
Als der Verfahrenssachbearbeiter des
der in Ost-West-Richtung verlaufenden
Carsten Wiltschko. „Mit unserer Lösung
Bereichs Aeronautical Solutions im Sep-
älteren Piste gab es zu viele Seitenwind­
sparen die Airlines Sprit und Kosten.“ Die
tember 2012 erstmals in der größten
landungen.“
neuen An- und Abflugstrecken sollen im
Stadt Sibiriens aus dem Flugzeug stieg,
April 2015 ans Netz gehen.
zeigte das Thermometer 42 Grad ­Celsius
Die DFS-Spezialisten prüften, ob es
unter Null an. „Unser russischer Kontakt-
möglich ist, für Tolmachevo satellitenge-
mann musste erstmal warme Jacken für
stützte An- und Abflugverfahren einzufüh-
uns besorgen, damit wir es dort aushal-
ren. „80 Prozent der Luftfahrzeuge, die
ten konnten“, erinnert sich Wiltschko.
dort verkehren, sind dazu in der Lage“,
Nach Sibirien geführt hatte ihn und seine
sagt Wiltschko, der anfangs eine ganze
Kollegen der Auftrag, für den Flughafen
Woche lang Flugpläne studierte und aus-
Tolmachevo ein Betriebskonzept mit den
wertete. „Eine Besonderheit war der
dazugehörigen An- und Abflugverfahren zu
große Koordinationsaufwand auf Grund
entwickeln. Das russische Interesse kam
des gegenläufigen Vertikalverkehrs im An-
Holger Matthies
nicht von ungefähr – das flugsicherungstechnische Know-how der DFS genießt in
der internationalen Luftfahrt einen hervorragenden Ruf. Die Kontakte zu den Flughafenmanagern und zur russischen Flug-
transmission
2 – 2014
15
Projekte und Produkte
PHOENIX besteht
WM-Test
B
ei der Fußball-WM hat sich deut-
Weltmeister-Titel. Ganz klar: Die Schuss-
DFS entwickeltes System dazu beigetra-
sche Technik auf ganzer Linie
technik von Mario Götze zum Siegtreffer
gen, den Flugverkehr ein ganzes Stück
durchgesetzt. In den Stadien
in der Verlängerung war weltmeisterlich.
sicherer zu machen.
von Porto Alegre, Belo Horizonte oder
Doch perfekte Technik „Made in Germany“
Rio de Janeiro beeindruckte das Team um
war auch jenseits des Estádio do Mara-
Bundestrainer Jogi Löw durch Kampfgeist,
canã im Einsatz. Und zwar, anders als
Tempo und Spielfreude – und sicherte
die Nationalmannschaft und ihre feiern-
Deutschland mit dem hart erkämpften
den Fans, geräuschlos im Hintergrund.
Flugzeuge spielen in dem Land, der fast
Finalsieg gegen Argentinien den vierten
Am Himmel über Brasilien hat ein von der
die Hälfte des südamerikanischen Kon-
16
transmission
2 – 2014
Flugzeug statt Auto
Für die Fußball-WM hat die brasilianische Flugsicherung ein von der DFS ­entwickeltes
System eingeführt, das den Lotsen einen besseren Überblick über die Luftlage
­verschafft. Auch anderswo auf der Welt ist „PHOENIX“ bereits im Einsatz. Eine Erfolgs­
geschichte.
tinents einnimmt, eine besondere Rolle.
verteilt lagen, waren Spieler, Trainer, Offi-
Bei der Kontrolle des riesigen Areals
Denn die Entfernungen sind riesig: Mit
zielle, Fans und Journalisten deshalb vor
– neben den 8,5 Millionen Quadratkilome-
einer Fläche von 8,5 Millionen Quadratki-
allem auf das Flugzeug als Verkehrsmit-
tern Landfläche überwacht die brasiliani-
lometern ist Brasilien fast so groß wie die
tel angewiesen. Nach Angaben der zivilen
sche Flugsicherung DECEA auch noch ein
Vereinigten Staaten von Amerika. Während
Luftfahrtbehörde des Landes waren zwi-
13,5 Millionen Quadratkilometer umfas-
das US-Straßennetz 4,3 Millionen Kilome-
schen der Eröffnungsfeier und dem WM-
sendes Seegebiet – konnten die Lotsen
ter umfasst, gibt es in Brasilien aber nur
Finale am 15. Juli insgesamt fast 18 Mil-
auf sehr viel verlässlichere Daten zugrei-
gut 200.000 Kilometer befestigte Wege.
lionen Flugpassagiere im brasilianischen
fen als zuvor. Zu verdanken ist dies dem
Da die WM-Spielorte über das ganze Land
Luftraum unterwegs.
DFS-System PHOENIX. Kernstück ist ein
transmission
2 – 2014
17
Projekte und Produkte
Multisensor-Tracker, der die Signale der
Der Multisensor-Tracker des PHOENIX-
unterschiedlichen Radaranlagen verarbei-
Systems hilft, diese Fehler zu eliminieren:
tet. Zusammen mit zwei weiteren Kompo-
Doppelt oder falsch angezeigte Radar­
nenten schafft er die Voraussetzungen
tracks werden beseitigt, die Genauigkeit
dafür, dass den Lotsen auf ihrem Monitor
wird deutlich erhöht. Nachdem sich die
ein konsistentes Bild der Luftlage ange-
Brasilianer in einem mehrmonatigen Test
zeigt wird.
von den Vorzügen von PHOENIX überzeugt
hatten, folgte Ende 2009 der Vertragsabschluss. Anschließend wurde PHOENIX
Warum PHOENIX?
von dem brasilianischen Systemanbieter
ATECH in das Flugsicherungssystem der
Die Enscheidung für PHOENIX fiel,
DECEA integriert.
weil Brasilien wegen der Größe des Landes Probleme mit der Qualität der Radar­
daten hat. Um eine Radarabdeckung wie in
PHOENIX
Das System PHOENIX ist zur Verarbeitung und Darstellung von Radardaten
in der Streckenkontrolle, in der Anflugund Towerkontrolle sowie in der Bodenlage/Rollführung einsetzbar. Kernstück
des Systems ist ein leistungsstarker
Tracker, der Sensor- und Positionsdaten von bis zu 50 Sensoren verarbeitet
und bis zu 3.000 Flugspuren gleichzeitig speichern und verarbeiten kann.
An den Arbeitsplätzen kann sowohl
Weltweit im Einsatz
Deutschland zu erreichen, hätte das Land
die Luft- als auch die Bodenlage dargestellt werden, was insbesondere in
der Towerkontrolle von Vorteil ist: Der
zu den bestehenden 80 mehr als 500
Die brasilianische Flugsicherung ist
zusätzliche Radaranlagen installieren müs-
nicht die einzige, die von den Vorteilen
sen – eine utopische Zahl. Deshalb wird
des Systems überzeugt ist: Die DFS hat
die maximale Reichweite einer Radaran-
PHOENIX bereits an zahlreiche Kunden auf
lage genutzt: Während in Deutschland eine
der ganzen Welt verkauft. Bei der nieder-
Radaranlage nur bis zu 150 nautische Mei-
ländischen Flugsicherung LVNL beispiels-
len weit reicht, muss sie in Brasilien auch
weise ist PHOENIX als Fallbacksystem
noch Ziele in 250 nautischen Meilen Ent-
in ihrem Contingency-Center im Einsatz.
fernung anzeigen. Und: Anders als hierzu-
Aktuell ist die kanadische Flugsicherung
PHOENIX wurde zunächst als Fallback-
lande werden weite Teile des Luftraums
dabei, den Multisensor-Tracker in ihre
System für die DFS-Kontrollzentralen
nicht von zwei oder mehr Radaranlagen,
Systemlandschaft zu integrieren und in
und -Tower entwickelt. In Deutschland
sondern nur von einer einzigen erfasst.
allen sieben Kontrollzentralen einzuset-
unterstützt das System Towerlotsen an
All das wirkt sich auf die Genauigkeit der
zen. Zusätzlich installiert wird hier das
allen internationalen und 14 regionalen
Daten aus. In der Vergangenheit konnte
Modul „Safety Net“, das eine Reihe von
Flughäfen bei ihrer Arbeit. Außerdem
es deshalb vorkommen, dass Flugziele
Warnfunktionen umfasst. So macht das
ist PHOENIX an 800 Arbeitsplätzen in
in bestimmten Regionen plötzlich vom
System die Lotsen beispielsweise dar-
allen DFS-Kontrollzentralen als Fallback-
Radarschirm verschwanden. Andere wur-
auf aufmerksam, wenn der vorgeschrie-
Lösung integriert. Mittlerweile hat die
den doppelt angezeigt oder machten uner-
bene Sicherheitsabstand zwischen zwei
DFS die PHOENIX-Produktfamilie kon-
klärliche Sprünge, wenn die Signale der
Luftfahrzeugen unterschritten wird, wenn
tinuierlich erweitert. So bietet sie bei-
einen Radaranlage nicht mit den Informa-
ein Flugzeug dem Boden oder einem Hin-
spielsweise eine Komplettlösung für den
tionen der nächsten übereinstimmten.
dernis zu nahe kommt oder wenn es in
Tower an, die unter anderem ein Modul
ein Flugbeschränkungsgebiet einzudrin-
mit Safety-Funktionen sowie ein Flug­
gen droht.
datenverarbeitungssystem umfasst.
Die brasilianische
Flugsicherung ist nicht
die einzige, die von den
Vorteilen des Systems
überzeugt ist.
transmission
lage zoomen und hat direkt die nötigen
Informationen von Flugzeugen im Luftraum sowie auf dem Rollfeld im Blick.
Durch seine modulare Struktur kann
PHOENIX an unterschiedliche Umgebungen angepasst werden.
PHOENIX wird aber nicht nur in Kon­
trollzentralen eingesetzt, sondern auch im
gerüstet werden. Die italienische Flugsi-
Tower. Zum Beispiel in Thailand, wo die
cherung verfolgt die Entwicklung ebenfalls
Royal Thai Air Force das System in ihren
mit Interesse: Voraussichtlich im nächsten
Kontrolltürmen nutzt. Auch Kasachstan
Jahr wird die DFS am Flughafen M
­ ailand/
setzt auf Technik aus Deutschland: Am
Malpensa ein PHOENIX-Testsystem auf-
Flughafen Almaty wird das System seit
bauen, mit dem die Bodenlage an dem
2012 im Contingency-Tower genutzt, im
Flughafen dargestellt werden kann.
kommenden Jahr soll auch der Tower am
Flughafen Taldykorgan mit PHOENIX aus-
18
Lotse kann von der Luft- in die Boden-
2 – 2014
Christopher Belz
DFS-Töchter
Klein gegen Groß
Die deutsche Flugsicherung ist nicht nur für die Streckenkontrolle im deutschen Luftraum und für die An- und Abflüge an den 16 internationalen Flughäfen zuständig:
Über ihr Tochter­unternehmen „The Tower Company“ kontrolliert sie den Verkehr an zehn
Regionalflug­häfen – und demnächst auch in London.
V
erglichen mit seinen Nachbarn in
Köln/Bonn oder Düsseldorf ist
der Airport Dortmund nicht sehr
groß. Und ein Spätstarter dazu: Erst im
Jahr 1974 wurde die Graspiste durch eine
Asphaltbahn ersetzt, fünf Jahre später die
erste Linienflugverbindung aufgenommen.
Doch Dortmund ist alles andere als ein
kleiner Flughafen. Das ist stetigem Wachstum und vor allem dem Mitte des vergangenen Jahrzehnts einsetzenden Boom
der Low-Cost-Carrier zu verdanken: Airlines wie Easyjet, Ryanair, German­wings,
­Vueling oder Wizz Air haben für starke
Zuwäsche gesorgt – und den Regionalflughafen Dortmund, gemessen an den
Verkehrszahlen, in eine höhere Liga katapultiert. Mit fast 20.000 Starts und Landungen und mehr als zwei Millionen Passagieren im Jahr 2013 liegt er fast gleichauf
mit dem internationalen Flughafen Dresden; Münster/Osnabrück, Saarbrücken
und Erfurt hat er bereits überflügelt.
Der Airport Dortmund war einer der
ersten Kunden.
Insgesamt 16 internationale Flughäfen
gibt es in Deutschland; für die Kontrolle
der rund zwei Millionen Starts und Landungen pro Jahr ist die deutsche Flugsicherung verantwortlich. Doch auch an zahlreichen Regionalflughäfen sorgt die DFS für
Flughafen London-Gatwick.
Sicherheit – und zwar durch ihre Tochter
transmission
2 – 2014
19
DFS-Töchter
„The Tower Company“ (TTC). Der Flug­ha­
zeln beliehenen Lotsen unter Fachaufsicht
fen Dortmund war einer der ersten Kun-
der DFS, sondern nur noch von zertifizier-
„„ Flughafen Dortmund
(seit 1. Mai 2006)
den. Heute kümmert sich das vor neun
ten Unternehmen angeboten werden darf.
Jahren gegründete Unternehmen an ins-
In diesem Zusammenhang entschied der
„„ Flughafen Niederrhein-Weeze
(seit 1.Juli 2006)
gesamt zehn regionalen Airports um die
Gesetzgeber in Deutschland, den Markt zu
Kontrolle des Flugverkehrs.
öffnen: Jeder zertifizierte Flugsicherungs-
Die Kunden der TTC
„„ Flughafen Leipzig-Altenburg
(seit 1.Juli 2006)
„„ Flughafen Frankfurt-Hahn
(seit 22. Juni 2007)
„„ Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden
(seit 22. Juni 2007)
Provider in Europa konnte sich nun um die
Auslöser für diesen Wechsel in der
Flugverkehrskontrolle an Regionalflughä-
Flugsicherungslandschaft war eine EU-Ver-
fen bewerben. Um den regionalen Airports
ordnung, die im Jahr 2006 in Kraft trat.
ein Produkt anbieten zu können, das auf
Sie legte fest, dass die Flugsicherung an
ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, ent-
regionalen Flughäfen nicht mehr von ein-
„„ Flughafen Magdeburg/Cochstedt
(seit 1. Juli 2010)
Ka rlsru he
Dortm und
„„ Flughafen Memmingen
(seit 22. Juni 2007)
„„ Flughafen Mönchengladbach
(seit 22. Juni 2007)
„„ Flughafen Paderborn-Lippstadt
(seit 22. Juni 2007)
„„ Flughafen Lahr
(seit Oktober 2013)
N ied err
hein
N ied err
o
Pad erb
hein
rn
Ha h n
Paderborn
20
transmission
2 – 2014
schied sich die DFS, ein eigenständiges
Unternehmen zu gründen – die TTC.
Diese stand von Anfang an im Wettbewerb: Während sich einige Flughäfen
dafür entschieden, sich in Eigenregie zertifizieren zu lassen und ihre eigene Flugsicherung zu betreiben, nahmen andere
die Dienste der österreichischen Flugsicherung Austro Control in Anspruch. Die
DFS-Tochter konnte sich gegen diese Konkurrenz behaupten: Zu den insgesamt
zehn regionalen Flughäfen, für die die TTC
derzeit verantwortlich ist, zählen kleine
Flughäfen wie Mönchengladbach oder
Lahr, aber auch die fünf größten Regional-Airports. Neben Dortmund sind dies
die Flughäfen Hahn, Niederrhein, Karlsruhe und Paderborn. Gemessen an den
Verkehrs- und Passagierzahlen ist die TTC
Marktführer in Deutschland.
Tower of London
Der Flughafen
­London-Gatwick,
der etwa 40 Kilometer südlich der
­britischen Hauptstadt gelegen, ist
mit rund 245.000
Flugbewegungen
weltweit der verkehrsreichste Flughafen mit nur einer
Start- und Landebahn. Zugleich ist er
Wechsel im Tower: Gatwick hat der DFS den Zuschlag
erteilt.
hinter dem Flughafen London/Heathrow der zweitgrößte Englands. Nach dem Willen der Betreibergesellschaft wird dort künftig eine britische Tochtergesellschaft der „The Tower
Company“ die Kontrolle des Flugverkehrs übernehmen. Bei der Ausschreibung der
Towerdienstleistungen hat die DFS-Gruppe im Spätsommer den Zuschlag erhalten.
Damit gelingt der DFS nun im zweiten Anlauf der Einstieg in den britischen Markt.
2013 war sie bei ihrem Vorhaben, Anteile der britischen Flugsicherung NATS zu
Britische Tochter startet
übernehmen, nicht zum Zuge gekommen.
NATS hat bislang die Tower- und CNS-Dienste in Gatwick bereitgestellt, unterlag
Die Erwartung der EU-Kommission, durch eine Änderung der
aber, ebenso wie die anderem Mitbewerber, dem Angebot der DFS-Gruppe. Nach
­An­gaben des Flughafenbetreibers Gatwick Airport Ltd. spielte bei der Auswahl
Spielregeln für Wettbewerb
nicht nur die Höhe des Angebots eine Rolle, sondern eine Vielzahl anderer Kriterien
zu sorgen, erfüllten sich
– darunter das Sicherheitsniveau und die Innovationsfähigkeit der Anbieter. Hier
indes nicht. Echte Konkur-
habe die DFS-Gruppe mit ihrem auf dem TTC-Modell basierenden Angebot auf gan-
renz zu den nationalen Flugsi-
zer Linie überzeugt, heißt es in einer Erklärung.
cherungsanbietern haben die
meisten Staaten bislang nicht
Ursprünglich war geplant, dass die britische TTC-Tochter die Towerdienste zum
zugelassen. Lediglich in Spanien
1. Oktober 2015 übernimmt. Dieser Termin war allerdings nicht zu halten, da die
kam es zu einer Ausschreibung
unterlegene NATS gegen das Vergabeverfahren zunächst Klage eingereicht hatte.
von Towerdiensten, um die sich die
Ende November schließlich haben sich die Parteien außergerichtlich geeinigt. Damit
TTC gemeinsam mit einem spani-
steht nun dem Einstieg der TTC-Tochter in Gatwick nichts mehr im Wege: Nachdem
schen Partner – allerdings vergeblich
– bewarb. Dafür ist die DFS-Tochter
die Unterzeichnung des Vertrags erfolgt ist, wird sie voraussichtlich im Frühjahr
2016 die Kontrolle des Flugverkehrs übernehmen.
nun am Londoner Flughafen Gatwick
zum Zuge gekommen: Die Eigentümer
haben der TTC den Zuschlag erteilt, über
ein britisches Tochterunternehmen künftig die An- und Abflüge in Gatwick zu kontrollieren. Voraussichtlich im Frühjahr 2016
wird es im Tower des zweitgrößten Londoner Airports die britische Flugsicherung
NATS ablösen.
Christopher Belz
transmission
2 – 2014
21
DFS-Töchter
Tradition mit Zukunft
Alles begann mit der ersten Luftfahrtkarte der Welt. Heute zählt die Firma Eisenschmidt fast
4.000 Produkte zum Portfolio. Seit eineinhalb Jahren gehört der älteste Luftfahrtkarten­Fachverlag zur DFS-Gruppe. Und die DFS hat Eisenschmidt rundum modernisiert.
1909
entstand die
1928 veröffentlicht die Firma Eisen-
Egelsbach, direkt am größten Flugplatz für
erste Karte
schmidt dann das erste Luftfahrthand-
die Allgemeine Luftfahrt, und ist mit 134
für
Luft-
buch Deutschlands mit Anflugkarten von
Jahren der älteste Luftfahrtkartenverlag
schiffer. Vorgestellt wurde sie auf der
Flugplätzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg
der Welt. Seit Juli 2013 ist sie im Besitz
Internationalen
Luftschifffahrt-Ausstel-
verbieten die Alliierten die Allgemeine Luft-
der DFS.
lung in Frankfurt, die immerhin 100 Tage
fahrt in Deutschland mit der Konsequenz,
dauerte. Der Erfinder, ein Oberstleutnant,
dass Eisenschmidt wieder als reiner
Luftfahrtkarten sind bis heute das
hatte bereits einen Kommissionsverlag im
Landkartenverlag in Wiesbaden geführt
wichtigste Vertriebsprodukt von Eisen-
Sinn, der die Karten weltweit vertreiben
wird. Bis zum Jahr 1961. Dann wusste
schmidt geblieben – mit dem sich aber
sollte: die Firma Rudolf Eisenschmidt.
die Bundesanstalt für Flugsicherung das
nach wie vor Geschichte schreiben lässt.
Die betrieb bereits seit 1880 ein florie-
einstmals erworbene Vertriebs- und Luft-
„Wir waren weltweit die ersten, die 2010
rendes Geschäft mit Landkarten in Berlin.
fahrt-Knowhow zu schätzen und wählte
die ICAO-Luftfahrtkarte, also die Standard-
Mit dem neuen Produkt betrat sie Neuland
Eisenschmidt zur Vertriebsfirma ihrer
karte für VFR-Piloten, als App aufs Smart-
und schrieb so Luftfahrtgeschichte.
offiziellen Veröffentlichungen für Luftfah-
phone gebracht haben“, sagt Jan-Eric
rer. Heute sitzt die Firma im hessischen
Putze, Prokurist und Leiter des operativen
Geschäfts der „R. Eisenschmidt GmbH“.
Damals verantwortete der 42-Jährige noch
als „Sales & Distribution Manager“ den
Vertrieb des Angebots für die Allgemeine
und Geschäfts-Luftfahrt bei der DFS
Deutsche Flugsicherung GmbH. In jenen
Tagen stieß er auf die eher unauffällige
Chiffre-Anzeige in der Zeitung: „LuftfahrtBedarfshandel in Egelsbach abzugeben“.
Zu der Zeit ließ die DFS ihre Luftfahrtpublikationen und -produkte vorübergehend
von einem externen Logistikdienstleister vertreiben. Die Anzeige kam gerade
recht, war die DFS doch daran interessiert, die Distribution wieder in den eigenen Konzern einzubinden. Sie versprach
sich davon eine bessere Steuerungsmöglichkeit des Geschäfts. Und so kaufte sie
Eisenschmidt und gliederte das Tradi­
tionsunternehmen in ihre Tochtergesellschaft DFS International Business Services GmbH ein. Putze leitet es gemeinsam
mit dem neuen Geschäftsführer Achim
Eckermann, langjähriger kaufmännischer
Leiter im DFS-Geschäftsbereich Aeronau-
Jan-Eric Putze leitet das operative Geschäft bei Eisenschmidt. Er ist selbst Verkehrspilot.
22
transmission
2 – 2014
tical Solutions.
besteht aus drei Bänden, 3.498 ­Seiten
und 128 Falzkarten, und auch der VFRErgänzungsband weist noch einen beeindruckenden Umfang von 1.874 Seiten für
600 Flugplätze aus. Papier ist hier noch
Trumpf und wer auf Nummer Sicher fliegen will, hat die benötigten Seiten besser zur Hand. Lediglich vier Bundesländer
erkennen die elektronische Version als
gleichwertig an. Alle vier Wochen erscheinende Nachträge, Ergänzungen und Informationsschreiben halten die AIPs aktuell,
die Anzahl gedruckter Seiten geht in die
Millionen: 2013 wurden insgesamt 1,1 Millionen IFR-Blätter gedruckt, über 4,5 Millionen Blätter gingen VFR-Piloten, Fluglehrern
Verkaufsraum in Egelsbach: Mitarbeiter helfen bei der Auswahl der Produkte.
und Flugschulen zu.
Fotos: M. Bauer
Als allzu einfach hat sich der Weg der
Webshop jedem Piloten ein umfangreiches
optimalen Vertriebssteuerung allerdings
Sortiment von Artikeln, die er zum Flie-
nicht herausgestellt. „Wir haben gewisser-
gen benötigt: Flug- und Bordbücher, Navi-
maßen am offenen Herzen operiert“, blickt
gationsgeräte, Headsets, Pilotentaschen,
Putze auf das vergangene Jahr zurück.
Taschenlampen, Trainings- und Flugpla-
Beide Produktportfolios mussten ange-
nungssoftware, Steuerhornhalterungen
passt und miteinander kombiniert, die
fürs Tablet, Rettungswesten und Feuerlö-
Logistik integriert, die Webshops beider
scher. Kurz: Alles, was dem Gesellschafts-
Unternehmen zusammengeführt und ein
zweck entsprechend „der Durchführung
Das Potenzial digitalisierter Informa-
komplettes Warenwirtschaftssystem neu
des Flugbetriebes und der Ausbildung von
tion lotet aber auch ein Traditionsunter-
aufgebaut werden – während das opera-
Luftfahrzeugführern“ dient. Das stellen
nehmen wie Eisenschmidt aus. „Luftfahrt-
tive Geschäft wie die Auslieferung und der
immerhin rund 4.000 einzelne ­Produkte
karten wird es im Cockpit irgendwann nur
Versand der Produkte weiterlaufen muss-
sicher.
noch digital geben“, ist Putze überzeugt.
ten. „Schließlich sind wir der Ansprech-
Wir werden
das Portfolio weiter
­modernisieren.
Und auch das Lizenzgeschäft eröffnet
partner für die Allgemeine Luftfahrt in
Das Brot- und Buttergeschäft macht
Chancen: Herstellern von GPS-Geräten
Deutschland“, sagt Putze. Und meint
aber nach wie vor der Vertrieb der Pro-
und Navigationssoftware stellt Eisen-
damit ein Potenzial von 35.000 Piloten mit
dukte aus, die nach den Richtlinien der
schmidt beispielsweise digitale Daten
42.000 Lizenzen, die das Führen von Pro-
International Civil Aviation Organisation
zur Verfügung, Social-Media-Kanäle bie-
peller- oder Ultraleicht-Flugzeugen, Ballons
(ICAO) gestaltet sind – wie die Sichtflug-
ten die Chance der interaktiven Kunden-
oder Segelflugzeugen erlauben.
karten für die Allgemeine Luftfahrt im
und Kontaktpflege, und auch die beiden
Maßstab 1:500.000. Oder die „Bibeln“
Bücher zum Sprechfunk werden längst als
der Luftfahrt – die Luftfahrthandbücher
realitätsnahe Lernsoftware mit moderner
„AIP IFR“ und „AIP VFR“. Beide sind zwei-
Spracherkennung angeboten. Überhaupt
Die Bibeln der Luftfahrt
sprachig, in Deutsch und in Englisch, abge-
eröffnen sich vor allem im Ausbildungsbe-
Putze ist selbst Verkehrspilot und auch
fasst und enthalten alle für die Luftfahrt
reich viele Chancen: „Wir werden das Port-
als Fluglehrer tätig und somit über die
wichtigen Bestimmungen und Informati-
folio weiter modernisieren“, sagt Putze.
Bedürfnisse seiner Kunden gut im Bilde.
onen. Wobei die Bezeichnung „Luftfahrt-
Auf der AERO 2015 sollen die Neuerun-
Mit der Übernahme von Eisenschmidt soll
handbuch“ reichlich untertrieben ist, weil
gen dann vorgestellt werden.
das preisfinanzierte Geschäft der DFS wei-
es sich dabei nicht um Handbücher han-
ter ausgebaut werden. Neben den offiziel-
delt, die „mal eben“ zur Hand genommen
len Luftfahrtinformationen bietet der neue
werden können. Allein die aktuelle AIP IFR
Rüdiger Mandry
transmission
2 – 2014
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Aus der DFS
Optimierter Anflug
spart Treibstoff
Gemeinsam mit den großen deutschen Fluggesellschaften hat die DFS an
drei Flughäfen optimierte Anflugprofile untersucht. Dabei ist es erstmals auf
einer breiten Datenbasis gelungen, die tatsächliche Treibstoffersparnis zu beziffern.
24
transmission
2 – 2014
D
urch optimierte Anflüge können
Hannover) und Langen (Flughafen Frank-
Fluggesellschaften ihren Treib-
furt) sowie Karlsruhe beteiligt, von wo aus
stoffverbrauch ohne Mehrauf-
der obere Luftraum kontrolliert wird.
wand spürbar reduzieren. Das ist das
vorläufige Ergebnis eines Probebetriebs,
den Airlines Ende 2013 gemeinsam mit
der DFS im Rahmen der Arbeitsgruppe
„Optimiertes Fliegen“ an den Flughäfen
Wieviel Treibstoff
s­paren CDO?
Die Auswertungen zur Treibstoffer-
Bislang waren CDO nur bei
wenig Verkehr möglich.
sparnis, die die DFS in Zusammenarbeit mit der TU Dresden vorgenommen
hat, sind einzigartig. Da die tatsächlichen Verbrauchswerte aus Daten-
Hannover, Frankfurt und München gestar-
Seit Beginn des Probebetriebs konnte
tet haben. Die Arbeitsgruppe war gegrün-
der Anteil der CDO-Anflüge auf ausgewähl-
dürfen, musste man bislang auf Werte
det worden, um mit den Fluggesellschaf-
ten Routen bei allen drei Flughäfen um das
aus dem Flugsimulator zurückgreifen.
ten Air Berlin, Condor, Lufthansa, TUIfly
Zwei- bis Dreifache gesteigert werden. Bis
Die Ergebnisse der DFS beruhen dage-
und Germania sowie dem Bundesverband
Ende Juni 2014 erfüllte am Flughafen Mün-
gen auf tatsächlichen Flugprofilen und
der Deutschen Fluggesellschaften über
chen bei Betriebsrichtung West im Schnitt
einer breiten Datenbasis. Dazu wurden
betriebliche Verbesserungen zu diskutie-
jeder dritte Anflug die CDO-Kriterien, bei
diejenigen Anflüge, die die CDO-Krite-
ren. Auf Wunsch der Airlines konzentrier-
Betriebsrichtung Ost lag der Anteil bei
rien erfüllen, von den übrigen Profi-
ten sich die Beteiligten im ersten Schritt
zwölf Prozent. Am Frankfurter Flughafen
len getrennt. Mit Hilfe eines von der
auf die Sinkprofile im Landeanflug.
wurde bei Anflügen über den bei Stuttgart
TU Dresden entwickelten und mittels
gelegenen Wegpunkt NELLI ein CDO-Anteil
realer Daten validierten Modells wurde
Um schnell zu Ergebnissen zu kom-
von knapp 14 Prozent erreicht. Bei einer
dann der Treibstoffverbrauch ermittelt.
men, blieben die Anflugverfahren zunächst
alternativen Route, die über den Wegpunkt
unverändert. Piloten wie Lotsen wur-
ASPAT im Schwarzwald führt, ist CDO
den für den Probebetrieb aber intensiv
bereits etabliert. Hier weisen im Schnitt
men angeboten werden. Nach den positi-
gebrieft: Sie wurden aufgerufen, so oft
44 Prozent alle Anflüge ein optimiertes
ven Erfahrungen aus München wurde die
wie möglich einen spritsparenden Anflug
Sinkprofil auf. Und am Flughafen Hanno-
Idee auch für den Frankfurter Flughafen
nachzufragen beziehungsweise diesen
ver waren es 20 Prozent CDO-Anflüge.
übernommen: Nach ersten Simulationen
anzubieten. Ziel ist es, dass die Flug-
schutzgründen nicht verwendet werden
will die DFS im Laufe des nächsten Jah-
zeuge möglichst lange in der Reiseflug-
Bei komplexem Lufträumen und hohem
höhe bleiben, wo sie am wenigsten Treib-
Verkehrsaufkommen stießen CDO bislang
stoff verbrauchen, und von dort direkt in
an ihre Grenzen. Müssen anfliegende Flug-
den kontinuierlichen Sinkflug übergehen.
zeuge dicht hintereinander gestaffelt oder
Die optimierten Profile bedeuten für die
So werden Levelflight-Segmente reduziert:
An- und Abflüge auf sich kreuzenden Rou-
Fluggesellschaften ein erhebliches Spar-
Die Leistung der Triebwerke ist optimal,
ten koordiniert werden, ist ein kontinuier-
potenzial. Durch einen möglichst späten
der Verbrauch gering. Die Internationale
liches Sinken in der Regel nicht möglich.
und dann kontinuierlichen Sinkflug kann
Zivilluftfahrtorganisation ICAO fasst dies
Wegen unterschiedlicher Sinkeigenschaf-
eine Airline über 100 Kilogramm Kerosin
unter dem Begriff „Continuous Descent
ten der verschiedenen Flugzeugtypen
pro Flug sparen. Durch die Vielzahl der
Operations“, kurz CDO, zusammen.
wäre nicht mehr gewährleistet, dass an-
Flüge kommen stattliche Mengen zusam-
und abfliegende Flugzeuge ausreichenden
men: Innerhalb nur eines Monats wurden
Sicherheitsabstand zueinander haben.
durch den CDO-Probebetrieb an den Flug-
Begonnen haben die CDO-Tests in München. Dort fand der Probebetrieb zunächst
res in einem Probebetrieb Erfahrungen mit
dem Verfahren sammeln.
häfen München, Hannover und Frankfurt
in Kooperation zwischen der Deutschen
Um CDO häufiger anbieten zu können,
Lufthansa (LH) und der dortigen DFS-Nie-
hat die DFS – zunächst in München – einen
mehr als 20 Tonnen Treibstoff eingespart.
derlassung statt: Zu Beginn war nur die
neuen Ansatz erprobt. Entlang der Anflug-
Aufgrund der positiven Ergebnisse
A320-Familie einbezogen, später kamen
routen wurden Höhenfenster eingerichtet,
wurde der Probebetrieb in Frankfurt und
die LH-Langstrecke, die LH-CityLine sowie
zwischen denen das Flugzeug seine Höhe
München bis auf weiteres verlängert.
die Flotte von Air Berlin hinzu. Anschlie-
frei wählen kann. Diese seitliche Begren-
Am Flughafen Hannover wurde der Test
ßend wurde der Probebetrieb auf alle vier
zung macht den CDO für den Lotsen plan-
bereits abgeschlossen und das Verfahren
Kontrollzentralen der DFS und weitere Air-
bar. Durch das neue Verfahren können
in die betriebliche Praxis überführt.
lines ausgeweitet. Neben München waren
CDO nicht mehr nur bei niedrigem, son-
die Niederlassungen Bremen (Flughafen
dern auch bei mittlerem Verkehrsaufkom-
Christopher Belz
transmission
2 – 2014
25
Aus der DFS
Tage des Donners
Die häufigen Gewitter in diesem Sommer stellten an Controller und technisches
­Personal besondere Anforderungen. Beim Kampf an der Wetterfront war vor allem
­taktisches Gespür gefragt.
Blitzeinschlag neben dem Mast des Gleitweg­s enders am Flughafen Frankfurt/Main. Foto: Fraport AG
W
as das Sommerwetter in
musste der DWD im Verlauf der drei Som-
können dann nicht mehr agieren, sondern
diesem Jahr angeht, steht
mermonate amtliche Unwetterwarnungen
nur noch auf die Wünsche der Piloten
für Martin Thomys fest: „So
herausgeben.
reagieren“, sagt Martin ­Thomys.
schlimm wie in diesem Sommer war es
schon lange nicht mehr“, sagt der Flug-
Die Arbeit des operativen Personals
Die Piloten im Cockpit sehen auf ihrem
lotse, der zugleich Supervisor im Lan-
wurde vor allem durch die häufigen Gewit-
Wetterradar eine etwas andere Darstel-
gener Südkreis ist. Seine Einschätzung
terlagen im Juli und August erschwert.
lung der Gewitterfront als die Controller
wird von den Fakten gedeckt: „Häufige
Das zeigt sich im Anstieg des durch Wet-
auf ihren Monitoren. Entsprechend dieser
Tiefdruckgebiete, die Regen, zahlreiche
ter verursachten Delays in der Nieder-
Anzeige treffen die Piloten eine Entschei-
schwere Gewitter und häufig ungewöhn-
lassung Mitte im Vergleich zum Juli und
dung, ob und wie sie die Front umfliegen
lich heftige Starkniederschläge brachten“
August des Vorjahres (siehe Grafik). Zieht
oder ob sie eher versuchen, durch eine
bilanzierte der Deutsche Wetterdienst
eine Gewitterfront durch einen kontrollier-
Lücke zu schlüpfen. Ihre Wünsche teilen
(DWD) für die Monate Juni, Juli und August
ten Luftraum, ist es für die Lotsen nicht
sie über Sprechfunk den Controllern mit.
nach Auswertung der Ergebnisse seiner
mehr möglich, im Voraus zu planen und
Deren Anspruch formuliert Thomys‘ Kol-
rund 2000 Messstationen. An 43 Tagen
den Verkehr geordnet abzuarbeiten. „Wir
lege Martin Reichert, Supervisor im Lange-
26
transmission
2 – 2014
ner Südkreis: „Wir machen alles möglich,
was der Pilot will.“ Die Kommunikation zwi-
Vergleich Wetter-Delay Sommer 2013 und 2014
schen Lotsen und Piloten verläuft in einer
malen Umständen. Weil der Lotse mehr
Juli 2014
107.232 Minuten
Zeit für jeden einzelnen Flieger aufwendet,
sinkt die Zahl der Flugzeuge, die er innerhalb einer bestimmten Zeitspanne kontrollieren kann, und damit auch die Kapazität
des Sektors.
August 2013
16.320 Minuten
August 2014
50.258 Minuten
Besonders gravierend auf den Verkehrsfluss wirken sich Gewitterfronten
Quelle: NETWORK MANAGEMENT/BRÜSSEL
Juli 2013
28.275 Minuten
solchen Situation intensiver als unter nor-
im dicht beflogenen Luftraum der An- und
Abflugkontrolle aus. Will man an Flughäfen
ger starr und lässt uns mehrere Optionen
schlag ausgefallen“, sagt Hallein, Team-
wie Frankfurt, Düsseldorf oder Stuttgart
offen, erfordert aber einen größeren Auf-
leiter Navigation der Niederlassung Mitte.
angesichts zu erwartender Gewitter Staus
wand in der operativen Arbeit“, ergänzt
Insgesamt betreut sein Team Strecken­
am Himmel vermeiden, kann man bereits
Martin Reichert.
navigationsanlagen an 27 Standorten,
im Voraus durch Verkehrsflussregelung
hinzu kommen die ILS-Anlagen der Flug-
die Kapazität der Sektoren von der CFMU
häfen Frankfurt und Saarbrücken sowie
in Brüssel begrenzen lassen. Das schafft
Blitz schlägt häufiger ein
Planungssicherheit, kostet aber Kapa-
unterstützend in Frankfurt Hahn und Karlsruhe-Baden.
zität. Die Niederlassung Mitte hat sich
Wie umsichtig die Langener Cont-
für folgenden Weg entschieden: „Wir ent-
roller trotz schwieriger Bedingungen
Trifft die Meldung ein, dass eine Navi-
scheiden bei Gewitter nicht prätaktisch,
agiert haben, belegt die E-Mail, mit der
gationsanlage ausgefallen ist, fährt ein
sondern sehr stark
sich Susanne Louis bei den „DFS-Kolle-
Kollege aus dem Team schnellstmöglich
taktisch
und
gen“ für deren „herausragende Leistung“
zu der betroffenen Anlage, checkt, was
in enger und
bedankte. Die Lufthansa-Pilotin geriet am
dort defekt ist, baut die defekten Baugrup-
­permanenter
3. August mit ihrer MD-11 beim Anflug
pen aus, beschafft im Zentrallager Ersatz-
­A bstimmung
auf Frankfurt in ein Gebiet mit mehre-
teile und montiert sie.
mit dem DWD“,
ren Gewitterzellen, durch die sie von den
sagt Thomys.
Approach-Lotsen sicher hindurchgeführt
Welche Folgen ein Blitzeinschlag hat,
­„Tak tisches
wurde. „Speziell vor dem Vectoring des
zeigt Norbert Hallein am Teilstück eines
Agieren ist
Lotsen auf der Director-Frequenz ziehe ich
Hochfrequenzkabels, das aus einer DFS-
den Hut“, heißt es in ihrer Mail.
Anlage bei Köln stammt. Er zeigt ein Loch
weni-
in der Ummantelung, kaum größer als ein
Nicht weniger engagiert hat das Team
Stecknadelkopf, doch als er den Kabel-
von Norbert Hallein, das für die War-
mantel zurückklappt, ist dahinter alles
tung und Reparatur der Navigati-
verschmort und deformiert. Trotz solcher
onsanlagen zuständig ist, den
und ähnlicher Schäden konnte das Navi-
schwierigen Wetterbedingun-
gations-Team durch sein schnelles Ein-
gen getrotzt: Die vermehrten
greifen langwierige Ausfälle der Anlagen
Blitzeinschläge durch die häu-
vermeiden. Als im August das DVOR-Funk-
figen Gewitter blieben ohne
feuer RIED durch einen Blitzschlag ausfiel,
größere Auswirkungen auf
musste dank des Einsatzes der Naviga-
den operativen Betrieb: „Im ver-
tions-Spezialisten kein einziger Flieger in
gangenen Jahr hatten wir kaum
Frankfurt am Boden bleiben.
Ausfälle, in diesem Jahr aber sind
häufiger Anlagen aufgrund von Blitz-
Norbert Hallein, Teamleiter Navigation der
Niederlassung Mitte. Foto: H. Matthies
Holger Matthies
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2 – 2014
27
Partner im Portrait
Die Wetterberater
Schnee, Nebel oder Sturm: Piloten müssen wissen, welches Wetter sie erwartet. Die Luftfahrtberatungszentralen des Deutschen Wetterdienstes sind wichtige Partner für die Flug­
sicherung, Airlines und Flughäfen. Ein Besuch bei den Meteorologen am Flughafen Frankfurt.
Besprechung der Wetterlage: Die Wetterberater Patrick Quente (links) und Markus Winkler mit ihrer Chefin Sabine Bork.
H
eute ist kein gutes Wetter zum
Markus Winkler ist einer von 19
hersage am Flughafen Frankfurt zustän-
Fliegen. Markus Winkler blickt
Wetter­beratern, die in der Luftfahrtbera-
dig, sondern auch für die Airports Saar-
auf die Wetterkarte auf seinem
tungszentrale Mitte des Deutschen Wet-
brücken und Stuttgart sowie mehrere
Bildschirm. Ein großes Gebiet im deutsch-
terdienstes (DWD) arbeiten. Ihre Büros
Regionalflugplätze, darunter Hahn und
französischen Grenzgebiet ist rot einge-
liegen im Frankfurter Airport Center 2.
Karlsruhe-Baden. Außerdem ist Frankfurt
färbt, weil dort Turbulenzen drohen. Über
Wenn die Berater von ihren Bildschirmen
ein Meteorological Watch Office mit über-
dem süddeutschen Raum erstreckt sich
im Betriebsraum aufblicken, schauen sie
geordneten Aufgaben. Das heißt, von hier
ein großes rotes Rechteck, das vor Ver-
direkt auf die Süd- und die Centerbahn
werden auch Vorhersagen und Warnungen
eisung warnt. Gerade hat ein Supervi-
des Flughafens. Die Luftfahrtberatungs-
für den Luftraum herausgegeben. Weitere
sor der DFS-Niederlassung Karlsruhe bei
zentrale ist an sieben Tagen der Woche
Meteorological Watch Offices sind in Mün-
dem Diplom-Meteorologen angerufen und
24 Stunden besetzt. Drei Hauptaufgaben
chen und Hamburg. In Berlin und Essen
berichtet, dass Piloten Turbulenzen in der
werden von dort erledigt: Die Mitarbeiter
dagegen kümmern sich die Luftfahrtbe-
Umgebung von Magdeburg melden. Mar-
des Deutschen Wetter­dienstes erstellen
ratungszentralen allein um das Wetter an
kus Winkler schreibt ein weiteres SIGMET,
Wettervorhersagen, warnen vor signifi-
den umliegenden Flughäfen.
eine Warnung über signifikante meteorolo-
kanten Wettererscheinungen und beraten
gische Erscheinungen. Jetzt wird auf dem
die DFS, Flug­häfen, Airlines, Polizei- und
Bildschirm auch das Gebiet in ­Sachsen-­
­Rettungsdienste sowie Privatpiloten.
Problemfall Nordwind
Anhalt rot. Und die Piloten wissen, dass
sie dort besser die Anschnall­
zeichen
anschalten.
28
transmission
2 – 2014
Geleitet wird die Zentrale in Frankfurt
Markus Winkler muss sich konzentrie-
von Sabine Bork. Die Wetterberaterin und
ren. Eine große Schlechtwetterfront mit
ihr Team sind nicht nur für die Wettervor-
Starkregen und Gewittern kommt auf
Frankfurt zu. „Den Rhein-Main-Airport wird
windkomponente der Startbahn legen.
– Trendvorhersagen für die folgenden
es heute Nachmittag zur Hauptverkehrs-
Weht der Wind aus Norden zu heftig, kann
zwei Stunden. Generelle Vorhersagen
zeit treffen“, sagt Markus Winkler. Für ihn
dort kein Flugzeug abheben.
gelten 30 Stunden im Voraus. „Wenn ein
und seine Kollegen wird das stressig werden. „Bei solchen Wetterlagen häufen sich
natürlich die Kundenanrufe“, sagt Sabine
Pilot in Singapur wegfliegt, weiß er also
Neueste Rechenmodelle
Bork. Alle wollen wissen, was sie zu erwarten haben. Ob sie fliegen werden können
oder nicht.
schon, welches Wetter ihn zwölf Stunden
später in Frankfurt erwarten wird“, sagt
Sabine Bork. Für das exakte Wetter am
Den Wetterberatern am Frankfurter
Zielort nutzen die Piloten die METARs, die
Flughafen steht für ihre Arbeit modernste
die Flugwetterberatung der DFS zur Ver­
Technologie zur Verfügung. „Wir nutzen
fügung stellt und die von der Flugsiche-
Im Sommer sind es hauptsächlich
Wettersatelliten, ausgeklügelte Rechenmo-
rung ausgesendet werden. Diese Informa-
Gewitter, die Probleme machen. Beson-
delle und sehr schnelle Computer“, sagt
tionen holen die Flugzeugführer vor der
ders schwierig wird es, wenn die Gewitter-
Sabine Bork. „Damit können viele unter-
Landung ein.
zellen in eine allgemeine starke Bewölkung
schiedliche Ausgangssituationen in eine
eingebettet sind und die Piloten auf ihrem
Wahrscheinlichkeitsrechnung einfließen.“
Wetterradar an Bord deshalb nicht mehr
Als die Leiterin der Beratungszentrale vor
erkennen, welche Wolke sie durchfliegen
rund 30 Jahren diesen Beruf ergriff, war
können und welche nicht. Embedded Thun-
alles noch anders. „Damals haben wir mit
derstorms nennen die Luftfahrtmeteorolo-
unserem meteorologischen Fachwissen
gen dieses Phänomen. „Einzelne Gewitter-
die Daten der Messstationen gedeutet
zellen sind dagegen harmlos, die können
und anhand dessen Vorhersagen und Pro-
die Piloten leicht selbst entdecken und
gnosen erstellt – ganz ohne Computer.“
ihnen nach Rücksprache mit der DFS ausweichen“, sagt Sabine Bork.
Im Winter ist es hauptsächlich gefrierender Regen oder viel matschiger
Schnee, der Probleme verursacht. „In
Nordeuropa gibt es zwar viel mehr Schnee
als bei uns, doch dort ist er wegen der
Kälte meist sehr trocken und damit leichter zu räumen. Bei uns ist Schneefall bei
Temperaturen um die null Grad ein besonderes Problem“, sagt Sabine Bork. Wenn
Wenn ein Pilot in
Singapur wegfliegt, weiß
er, welches Wetter ihn
Wetterberaterin Sabine Bork.
Fotos: Melanie Bauer
zwölf Stunden später in
Frankfurt erwarten wird
Markus Winkler kümmert sich jetzt erst
einmal um seine SIGMETs. Er muss alle
das Winterwetter verrückt spielt, zieht ein
auf Aktualität überprüfen. Die Turbulen-
Wetterdienst-Mitarbeiter auf den Tower
zen über Magdeburg werden die Piloten
der Vorfeldlotsen, um direkt am Ort des
Die Wetterstationen an den Flughä-
wohl über seine Schicht hinaus begleiten.
Geschehens beratend für die Winterdienst­
fen sind auch heute noch eine wichtige
Er informiert seine Ablösung über deren
einsatzleitung tätig zu sein.
Informationsquelle für die Meteorolo-
Zeitablauf. Inzwischen sind die Wolken am
gen. Besonders relevant sind Luftdruck,
Flughafen bedrohlich dunkel geworden.
Kein gutes Wetter zum Fliegen.
Obwohl Frankfurt ansonsten von größe-
Windstärke und -richtung sowie Sichtwei-
ren meteorologischen Herausforderungen
ten. Dazu gibt es neben den technischen
verschont wird, wie diese beispielsweise
Messstationen auch noch einen Wetter-
an Flughäfen im Gebirge oder an Steilküs-
beobachter. Diese Mitarbeiter des Deut-
ten vorkommen, gibt es doch eine Beson-
schen Wetterdienstes haben ihr Büro in
derheit: die Startbahn West – die einzige
einem Gebäude unmittelbar an der Cen-
Bahn am Airport, deren Betriebsrichtung
terbahn. Anhand ihrer Beobachtungen und
nicht geändert werden kann. Die Luftfahrt-
der Messwerte sowie den Vorhersagen
beratungszentrale Mitte muss deshalb ein
der DWD-Zentrale in Offenbach erstellen
besonderes Augenmerk auf die Rücken-
die Mitarbeiter für den Flughafen METARs
Sandra Ciupka
transmission
2 – 2014
29
DFS intern
Indien kauft DFS-System
Ende Juli hat der brasilianische Systemhersteller Atech die Ausschreibung der Airports Authority
of India (AAI) für ein Verkehrsflusssteuerungssystem gewonnen. Atech vertreibt das ­System
„SkyFlow“ gemeinsam mit der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH weltweit.
Das System soll innerhalb der nächsten
zweieinhalb Jahre implementiert werden.
dem indischen Systemhersteller Three D
fristige strategische Planung der Verkehrs-
Integrated Solutions zusammen.
flüsse für Linienflüge sowie die kurzfristige
Die DFS bringt ihre langjährige Erfahrung
Steuerung des tagesaktuellen Verkehrs.
in der Verkehrsflusssteuerung in das Pro-
SkyFlow ist ein System zur Verkehrs-
So erhalten die unterschiedlichen Interes-
jekt ein und wird Atech bei der Erstellung
flusssteuerung und integriert Flugplan-
sensgruppen ein einheitliches Bild der Ver-
des Sicherheitsnachweises, der operati-
informationen von Fluggesellschaften,
kehrssituation, was zu einem verminderten
ven Trainingspläne und der Zertifizierung
Flughäfen und Flugsicherungen sowie Wet-
Treibstoffverbrauch und pünktlichen Flug-
des Systems unterstützen. Für die Imple-
terinformationen in einer Datenbank. Das
verlauf beiträgt.
mentierung arbeitet Atech außerdem mit
System erlaubt insbesondere die längerred
DFS passt Gebühren an
Trotz deutlich gestiegener Finanzierungskosten für die betriebliche Altersversorgung wird die
DFS die Flugsicherungsgebühr 2015 erheblich geringer anheben als zunächst geplant.
Die DFS wird die An- und Abfluggebühr
Ursprünglich war die DFS davon aus-
samt 500 Millionen Euro aufzustocken.
im nächsten Jahr um mehr als fünf Prozent
gegangen, die Gebühren sowohl auf der
Dieses Geld wird in Form niedriger Gebüh-
senken; die Streckengebühr steigt um gut
Strecke als auch für den An- und Abflug
ren direkt an die Airlines weitergereicht.
14 Prozent. In dieser Erhöhung schlägt
deutlich stärker anheben zu müssen. Hin-
2015 wird der Bund der DFS 50 Millionen
sich vor allem das gesunkene Verkehrs-
tergrund ist die derzeitige Niedrigzins-
Euro überweisen, in den vier Folgejahren
aufkommen nieder. In der ersten Regulie-
phase. Wie viele andere Unternehmen
liegt der Zuschuss bei jährlich 112,5 Milli-
rungsperiode (2012 bis 2014) hatten die
auch ist die DFS wegen der historisch
onen Euro. Dadurch sparen die Fluggesell-
Airlines noch von einer viel zu optimisti-
niedrigen Zinsen gezwungen, mehr Geld
schaften also durchschnittlich 100 Millio-
schen Verkehrsprognose profitiert, die in
für die betriebliche Altersversorgung
nen Euro im Jahr.
zu niedrigen Gebührensätzen resultierte.
ihrer Mitarbeiter zurückzulegen, um die
Die Prognose für die zweite Regulierungs-
zugesagten Leistungen später erbringen
Im Gegenzug hält die Bundesregierung
periode (2015 bis 2019) wurde nun der
zu können. Zwar hat die DFS 2013 ein
trotz heftiger Kritik an der 2011 eingeführ-
Realität angepasst; das macht sich in
umfangreiches Effizienzprogramm gestar-
ten Luftverkehrsabgabe fest. Sie bringt
einer höheren Streckengebühr bemerk-
tet, um ihre Kostenbasis bis zum Ende der
dem Bund Einnahmen von rund einer Milli-
bar. Hintergrund sind Vorgaben der EU-
zweiten Regulierungsperiode um 100 Milli-
arde Euro pro Jahr.
Kommission, wonach seit 2012 die Flug-
onen Euro zu reduzieren. Dies reicht aller-
sicherungsgebühren nicht mehr von den
dings nicht aus, um die zusätzlichen Las-
Flugsicherungsorganisationen
ten bei der betrieblichen Altersversorgung
selbst,
sondern von den jeweiligen nationalen
auszugleichen.
Aufsichtsbehörden festgelegt werden.
Grundlage dafür sind Verkehrsprognosen,
Nun verhindert die Bundesregierung,
die jeweils zu Beginn der Regulierungspe-
dass die Fluggesellschaften durch hohe
rioden erstellt werden.
Gebühren belastet werden. Sie hat sich
bereiterklärt, das Eigenkapital der DFS
in den kommenden fünf Jahren um insge-
30
transmission
2 – 2014
red
DFS intern
Vierter DFS-Pilotentag
Der DFS-Pilotentag auf dem Campus Langen erlebte Anfang
November seine vierte Auflage: Mehr als 500 Sportflieger und
Privatpiloten waren der Einladung des Unternehmens gefolgt
und nutzten die Gelegenheit, sich einen Tag lang über die
Arbeit und die Angebote der DFS zu informieren.
Impressum
transmission
Das Magazin der DFS
Herausgeber:
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Michael Kraft, Leiter
Organisiert hatte die Veranstaltung wie
die Anzahl der Sitzplätze nicht ausreichte.
schon in den vergangenen Jahren die DFS-
Auch die in den Konferenzräumen der
Unternehmenskommunikation
Abteilung Kundenbeziehungen. „Wir regis-
Unternehmenszentrale angebotenen Vor-
trieren bei den Privatpiloten ein großes
träge waren ausnahmslos gut besucht. Dort
Redaktion:
Informationsbedürfnis zum Thema Flug-
informierten zahlreiche Experten der einzel-
sicherheit, deshalb freuen wir uns, dass
nen Bereiche in Vorträgen und mit Präsen-
der Tag als Plattform für den Austausch
tationen über ihre Arbeit und speziell über
genutzt wird und von den Privatfliegern
den Sichtflugverkehr betreffende Fragen.
Tel.: +49 (0)6103 707-4122
E-Mail: [email protected]
Christopher Belz
Tel.: +49 (0)6103 707-4121
so hervorragend angenommen wird“, sagt
Abteilungsleiter Ralf Diedrich.
Sandra Ciupka (verantwortlich)
Themen der Vorträge waren unter anderem militärische Zuständigkeitsbereiche
E-Mail: [email protected]
Holger Matthies
Die Organisatoren hatten auch diesmal
und Aufgaben der Flugsicherung der Luft-
wieder neben der Unternehmenszentrale
waffe, das aeronautische Datenmanage-
die Flugsicherungsakademie als Veran-
ment, die Flugberatung im Internet unter
staltungsort für den Pilotentag mit ein-
„AIS@Internet – AIS-C-Dienstleistungen
Rüdiger Mandry ­(Schlussredaktion)
bezogen. Mit dieser Entscheidung lagen
via AIS-Portal“, „VFR-Fliegen im EU- und
Tel.: +49 (0)6103 707-4195
sie richtig: Vor dem großen Hörsaal hatte
Schengen-Raum“, die Entwicklung von
E-Mail: [email protected]
der Fluginformationsdienst der DFS (FIS)
Luftfahrtkarten, die Änderungen der Luft-
seinen Simulator aufgebaut, der durchge-
raumstruktur durch SERA, die meteorolo-
hend dicht umlagert war. Besonders stark
gische Rückflugplanung des DWD sowie
frequentiert war der Vortrag „Awareness
Sprechfunkverfahren und freigabepflich-
– Erkenntnisse aus 2014“ sowie der Vor-
tige Lufträume in Deutschland.
trag zur „Änderung der Luftraumstruktur
mit SERA“. Dort mussten etliche Besucher
Tel.: +49 (0)6103 707-4124
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Layout und Umsetzung:
bsmediengestaltung, Egelsbach
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Titelbild
Idee und Umsetzung –
Holger Matthies
stehen oder auf dem Boden sitzen, weil
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Bildnachweis
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Anschrift der Redaktion:
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Redaktion ­transmission
Am DFS-Campus 10
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Nachdruck nur mit Genehmigung.
Großes Informationsbedürfnis der Besucher: Astrid Kleinwächter vom Bereich Aeronautical Solutions an einem Stand am Pilotentag.
transmission
2 – 2014
31
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