automobil produktion 4/00 - neue

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automobil produktion 4/00 - neue
Management
Component Branding
Chancen und Risiken des Component Branding
Risiken
• Höherer wahrgenommener
Produktwert und Kundennutzen
Hersteller/OEM • Differenzierung gegenüber Wettbewerb
• Image-Transfer
• Preis-Premium
• Markenidentität der eigenen Brand
leidet
• Konflikt mit Markenwerten
• Abhängigkeit von der Component Brand
Zulieferer
• Erzeugung eines Pull-Effektes
• Geringere Substitutionsgefahr/Schaffung
von Eintrittsbarrieren
• Höhere Margen
• Größere Unabhängigkeit vom Hersteller
Endkunde
• Senkung des wahrgenommenen Kaufrisikos
• Differenziertes Produkt/höherer
wahrgenommener Nutzen
• Kosten der Kommunikation mit den
Endkunden
• Potentielle Konflikte mit dem OEM
Chancen
Quelle: Roland Berger & Partner
Zulieferer inside
Automobilhersteller werden sich kräftig umstellen
müssen. Nicht nur Hersteller und Handel betreiben künftig
Endkundenkommunikation, sondern auch Zulieferer.
Offenbar scheint sich zur Zeit auch in
der Automobilindustrie das Branding
von Komponenten immer stärker
durchzusetzen. Ein klares Indiz
dafür: die zunehmende Zahl von Anzeigen, die weit über die übliche
Kommunikation des Firmennamens
und der für das B2B-Marketing relevanten Inhalte hinausgehen. Deren
Botschaften richten sich direkt an
den Endkunden.
In der überregionalen Wirtschaftspresse bewirbt beispielsweise Bosch
die Highlights seiner Produktpalette
vom ESP bis zur Diesel-Direkteinspritzung. Die Anzeigen
■ gewährleisten eine hohe Wiedererkennungsrate
■ appellieren direkt an die Kaufentscheidung des Kunden: »Fragen
Sie beim Autokauf nach ESP«
■ kommunizieren die Markenwerte:
›Bosch – sicher, sauber, sparsam‹
■ nennen das Endprodukt: »Der
neue BMW 740d fährt souverän
mit Bosch Hochdruck-Diesel-Direkteinspritzung«
Bosch betreibt somit klassische
Endkundenwerbung um eine Diffe-
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Automobil-Produktion · August 2000
renzierung unter den Komponenten
herzustellen und die Kaufentscheidung der Endkunden zu beeinflussen. Bisher beschränkte sich solche
Werbung auf den Aftermarket.
Bestärkt durch ihr neues Selbstbewusstsein bauen Zulieferer ihren Beitrag zum Endprodukt als eine eigene
Marke auf. Eine kürzlich im Manager
Magazin veröffentlichte Studie zeigt,
dass das Markenimage einiger Zulieferer sogar besser ausfällt, als das
mancher Hersteller. Bosch, Continental, Michelin, ZF und Mannesmann VDO rangieren dort etwa vor
Opel, Iveco oder Ford.
Zulieferer übernehmen als System- und Modullieferanten heute
deutlich mehr Wertschöpfung und
Verantwortung. First-Tier-Lieferanten werden zu Systemintegratoren
und übernehmen die Technologieführerschaft.
Durch die Modularisierung lassen
sich komplexe Bauteile vom Gesamtkontext des Autos trennen und werden so als Branding-Objekt verfügbar. Das Bestreben, die eigene Leistung durch das Branding sichtbar
Component Branding Strategien:
verlaufen sie erfolgreich, schaffen sie
Vorteile für Hersteller, Zulieferer und
den Endkunden.
werden zu lassen, erscheint daher
nur konsequent.
Für die Zulieferer bedeutet ein solches Component Branding in erster
Linie die Chance, dem aus der Austauschbarkeit der Wettbewerber resultierenden Kostenwettbewerb zu
entkommen. Durch Branding wird
ein Produkt mit Markenwerten belegt und ermöglicht die Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb.
Zulieferer und Hersteller müssen
künftig einen Paradigmenwechsel
vollziehen. Nicht nur Hersteller und
Handel betreiben zukünftig Endkundenkommunikation, sondern auch
Zulieferer. Dies führt zu dramatisch
steigenden Anforderungen an das
Marketing der Zulieferer.
Neben dem klassischen, auf Preis,
Qualität und Kundenbeziehung ausgelegten B2B-Marketing in Richtung
des Herstellers, müssen völlig neue
B2C-Fähigkeiten und -Funktionen
Aufbau einer Marke geht
in die Millionen
wie Brand Management und Endkunden-Kommunikation aufgebaut
und beherrscht werden.
Dabei handelt es sich um keine
einfache Aufgabe mit einigen Risiken: Bei Aufbau und Kommunikation einer Marke empfiehlt sich mit
Blick auf die Marketing-Strategie der
OEM ein sensibles Vorgehen.
Schließlich kann sich der Verlust eines Kunden für einen Zulieferer existenzgefährdend auswirken.
Nicht unterschätzt werden darf
auch das finanzielle Risiko, wie der
Vergleich mit den Kosten für den
Aufbau einer Marke im Konsumgütermarkt lehrt. Dabei können sich
leicht zweistellige Millionensummen
addieren.
Der mögliche Erfolg lohnt jedoch
die Anstrengungen. Eine geringere
Substituierbarkeit der Komponenten
und ein Pull-Effekt auf Endkundenseite erlauben höhere Margen. Zudem locken – je nach Produkt –
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Management
Component Branding
AP-Autor Carsten König: »Durch die
Modularisierung lassen sich komplexe
Bauteile vom Gesamtkontext des Autos
trennen und werden als BrandingObjekt verfügbar.«
Bild: Roland Berger & Partner
höhere Ausstattungsraten
bei meist profitableren
Optionen.
Wird beispielsweise für
ein Marken-ESP intensiv
geworben, so kann darüber hinaus eine Vergrößerung des Gesamtmarktes
erwartet werden. Die
Einführung einer Marken-Option für bisherige
Standardkomponenten
erscheint ebenfalls denkbar.
Component Brands dürfen
nicht die Marke verwässern
So könnten etwa Hersteller und Markenzulieferer gemeinsam von den
höheren Margen einer
Marken
SportgetriebeOption profitieren.
Eine als Corporate
Brand hoch angesehene
Marke
steigert
auch
gleichzeitig die Attraktivität als Arbeitgeber. Im
Wettbewerb um Talente
mit den attraktiven Fahrzeugherstellern stellt das
für Zulieferer ein wertvolles Gut dar. Natürlich
zeigt eine Marke – insbesondere für börsennotierte Unternehmen – auch
einen deutlich positiven
Effekt auf den Unternehmenswert.
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Automobil-Produktion · August 2000
Component Branding muss jedoch nicht immer im Alleingang der
Zulieferer geschehen. Ford überraschte vor wenigen Monaten mit einer mehrseitigen Anzeigenkampagne, in der die Marken bekannter
Zulieferpartner und ihr Anteil am
Gesamtprodukt vorgestellt wurden.
Die Marken der Zulieferer sollten
dort offensichtlich für die Qualität
und Zuverlässigkeit des Endproduktes bürgen.
Erstmals wurde diese Strategie jedoch nicht angewendet. Nach einem
Übereinkommen mit Mercedes-Benz
über die Lieferung von Motoren bewarb Ssangyong diese Komponente
aggressiv, um die eigene Marke aufzuwerten.
Daewoo verhält sich ähnlich, um
die Marke in puncto Zuverlässigkeit
und technologisches Know-how zu
verbessern: »In jedem Daewoo
stecken eine Menge deutsche Technik
und deutsches Know-how. Zu unseren Zulieferern zählen so renommierte Unternehmen wie Bosch, Siemens
und ZF. Eine Kooperation, die auch in
Deutschland Arbeitsplätze sichert.«
Diese Beispiele deuten die Chancen an, die der geschickte Einsatz von
Component Brands den Herstellern
bietet. Eine breite Unterstützung der
eigenen Marke durch einen Imagetransfer bietet sich allerdings nur an,
wenn eine schwache Herstellermarke
starken Zulieferermarken gegenübersteht.
Die selektive Ergänzung der Marke eines OEM durch die Markenwerte eines bestimmten Component
Brands kann dagegen eine sehr erfol-
Management
Component Branding
Erfolgsfaktoren von Component Brands
Wesentlicher
Bestandteil des
Endproduktes
Erkennbarer
Kundennutzen
Eigenschaften
erfolgreicher
Component Brands
Für den Kunden
sichtbar oder
erlebbar
Technologie im
Besitz des
Komponentenlieferanten
Verbunden mit
Technologieführerschaft
Quelle: Roland Berger & Partner
Erfolgreiche Component Brands:
Das Markenimage einiger Zulieferer
fällt positiver aus als das einiger
Fahrzeughersteller.
als bekannter DesignMarke, die sich auf Cockpit und Karosserie findet
und die mit legendären
Sportwagen in Verbindung gebracht wird.
Fiat ergänzt damit die
eigene Marke selektiv um
die für die Nischen-Positionierung
wichtigen
Markenwerte einer Component Brand – ohne die
eigene Markenidentität
zu schädigen.
Zu den Risiken, die es
bei der Verwendung von
Component Brands aus
Herstellersicht zu bedenken gilt, gehört eine mögliche Verwässerung beziehungsweise Schwächung
der eigenen Marke.
Ebenso muss natürlich
darauf geachtet werden,
dass die Markenwerte einer Component Brand
nicht in Konflikt mit denen der Herstellermarke
oder anderer Component
Brands geraten.
Einen Aufkleber ›Intel
inside‹ werden wir wohl
in der nächsten Zeit trotzdem nicht auf unseren
Autos finden. Aber vieles
spricht derzeit für ein ›Powered by Cosworth‹ oder
›Protected by Bosch‹.
AP-Autor Carsten König ist
Projektmanager des International Automotive Competence Center von Roland Berger
& Partner.
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greiche Strategie darstellen. In Zeiten
zunehmender Nischenbildung innerhalb der Fahrzeugsegmente fällt es
den Herstellern immer schwerer, die
eigene Marke mit den für jede Nische
erforderlichen Markenwerten zu belegen.
Ein Beispiel dafür: Das Fiat Coupé.
Fiat genießt eher den Ruf einer rationalen Marke, günstig und keineswegs
mit einem Top-Image ausgestattet. Eigentlich keine guten Voraussetzungen, um ein sportlich-emotionales
Coupé zu positionieren. Der OEM
rüstet daher das Turbo-Modell seines
Coupés mit den aus dem Rennsport
bekannten Brembo-Bremsen aus.
Rot lackierte Bremssättel und der
Brembo-Schriftzug machen die Component Brands sichtbar. Ähnlich
nutzt Fiat das Image von Pininfarina
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