Entwicklung des Spanischen ausserhalb der Iberischen Halbinsel

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Entwicklung des Spanischen ausserhalb der Iberischen Halbinsel
Die Entwicklung der spanischen Sprache ausserhalb der Iberischen Halbinsel unter
Betrachtung der
historischen, politischen, demographischen und sozioökonomischen
Gegebenheiten
Die Ausbreitung des Spanischen begann mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph
Kolumbus 1492 und mit der darauf folgenden Besiedlung der Karibik. In diesem Raum
bauten sich die Spanier eine gute Position zur Erkundung der nord- und südamerikanischen
Küsten auf. Diese wurde gefestigt als Hernán Cortés vor der mexikanischen Ostküste (1519)
eintraf. Die Nachricht der Auffindung von Reichtümern in Mexiko und Peru hatte nach 1540
zu einer starken Zunahme der Zahl der Einwanderer geführt, von denen sich viele in den
Handelstützpunkten an der Festlandküste niederliessen. Damit begann die Expansion der
spanischen Sprache im amerikanischen Kontinent.
Zwei klare Strömungen zur Ausbreitung dieser Sprache lassen sich erkennen:
a) zum einen von Mexiko aus nach Süden bis Feuerland
b) zum zweiten nach Norden.
a) Nach der Niederwerfung der Azteken durch Hernán Cortés 1521 und der Inka durch
Francisco Pizarro 1532 sah die Sprachpolitik der Kirche zunächst eine Missionierung in
indigenen Sprachen vor. Provinzialkonzile von Lima und Mexiko machten Kenntnisse der
jeweiligen indigenen Sprache (lenguas generales) sogar zur Pflicht für die Geistlichen.
Der Beschluss des Konzils von Trient zur Missionierung in den indigenen Sprachen wurde
von der spanischen Krone respektiert. Gleichzeitig versuchte die damalige Weltmacht
Spanischunterricht für die indianische Bevölkerung durchzusetzen.
Am Anfang war dies nicht sehr effektiv. Man vermutet, dass zu wenig Geld investiert wurde,
um Schulen einzurichten und den Sprachgebrauch zu überwachen. Die indianische
Bevölkerung wollte verständlicherweise nicht Spanisch lernen.
Noch 1682 verstand man in Peru, ausser in Lima, kein Spanisch, das Quechua war genauso
lebendig wie in der Zeit der Eroberung.
Gegen Ende des 18. Jahrhundert änderten sich die Ziele der Sprachpolitik. Es wurde nicht nur
die religiöse sondern auch die sprachliche Assimilierung angestrebt. Die Missionare sollten
keine Lengua general mehr lernen. Das politische Ziel war also das Spanisch maximal zu
verbreiten und auf diese Weise die indigenen Sprachen zu eliminieren.
Die Ausbreitung des Spanischen war im Endeffekt nicht homogen. Faktoren wie die damalige
Bedeutung einer Region, ihre Siedlungsform, geografische Lage, Transportbedingungen
sowie kulturelles Niveau der indianischen Bevölkerung bedingten eine erfolgreiche
Expansion dieser Sprache.
Die Generalisierung der Sprache erfolgte erst im 19. – 20. Jahrhundert durch Schulpflicht,
Wehrpflicht, Medien und spanische Migrationströmungen nach Hispanoamerika.
b) Die Spanier stiessen von den karibischen Inseln aus nach Florida und in die Regionen
beidseits des Mississipis vor. Auf der Suche nach den Jungbrunnen entdeckte Juan Ponce de
León Florida 1513. 1528 setzte Cabeza deVaca das Untenehmen von Juan Ponce de León fort
und kam zum heutigen Galveston im Bundesstaat Texas. Landeinwärts stiess er bis zu den
Flüssen Pecos River und Rio Grande vor und erreichte die Gegend von El Paso. Nachdem er
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die trockene Einöde der nordmexikanischen Hochebene durchquert hatte, stieg er sie zum Rio
Yaqui hinab und folgte der Westabdeckung der Sierra Madre Occidental bis nach Culiacán.
Der Schlussbericht von Cabeza de Vaca war: „ Ich glaube, dass diese Völker besser hören
und sehen und über empfindlichere Sinne verfügen als andere auf der Welt. Es scheint, als
seien sie mehr als andere Menschen geschaffen, Hunger, Durst und Kälte zu ertragen“.
Cabeza de Vaca berichtete auch von riesigen Büffelherden.
Die Gerüchte von den „Sieben Städten von Cibola“ wirkten genug, um weitere Expeditionen
in de Norden des Golfs von Mexiko zu senden.
1539 wurde Hernando de Soto anvertraut, die Entdeckung der „Sieben Städten“ und einen
neuen Zugang zum Pazifik zu finden. Die Unternehmung begann durch den Vormarsch durch
Florida, die Apalachee Bay, Alabama River, Mobile Bay. 1541 erreichte de Soto den riesigen
Strom des Mississipi und überquerte ihn. In Sommer 1541 erkundete er den Arkansas River.
Luis de Moscoso setzte den Marsch westwärts über die Prärie bis zum Oberlauf des Brazos
River fort.
Im Februar 1540 wurde in Compostela, an der mexikanischen Pazifikküste, eine neue
Expedition unter Francisco Vásquez de Coronado entsandt. Er kam nördlich von Albuquerque
an und gelangte an den Oberlauf des Río Grande. Unter der Führung von García López de
Cárdenas drang ein Erkundungstrupp in nordwestlicher Richtung zum Colorado River vor.
Cardenas war der erste Weisse, der in die Abgründe des Gran Canyon (Gran Cañon)
hineinblickte. Coronado war der erste Europäer der mit der Pueblo- Bevölkerung in engere
Berührung kam und auf ihre Ackerbaukultur, ihre gesellschaftliche Organisation und ihre
Leistungen vor allem auf dem Gebiet der Architektur und der Töpferei aufmerksam wurde.
1598 führte Juan de Oñate das erste kolonisatorische Unternehmen durch. Mit ihm reisten
vierhundert Männer mit ihren Familien sowie eine grosse Zahl von Geistlichen. Er verliess
Santa Barbara und erreichte danach El Paso. Hier nahm der Anführer als Gouverneur „alle
Königreiche und Provinzen von Neu Mexiko“ in Besitz. Nördlich des heutigen Albuquerque
wurde die erste Hauptstadt, San Juan de los Caballeros, gegründet.
Im Jahre 1609, zwei Jahre nach der Anlegung der ersten englischen Niederlassung Jamestown
an der Küste von Virginia, gründete Pedro de Peralta die spätere Hauptstadt des künftigen
amerikanischen Bundesstaates Neu Mexiko, Santa Fe. Die Bevölkerung des heutigen Santa Fe
spricht Spanisch und Englisch.
Die Missionare übernahmen die Aufgabe zur Erkundung der Gegenden im 17. Jahrhundert.
Franziskanermönche errichteten ihr Hauptquartier südwestlich von Santa Fe, in Santo
Domingo, um sich von hier aus in die Siedlungen der Pueblo-Indianer zu begeben.
Der spätere amerikanische Bundesstaat Texas wurde im Jahre 1675 von Pater Larios als erste
grössere Missionsunternehmung gegründet.
Die spanische Bevölkerung wuchs durch Einwanderung und Vermischung nur langsam, aber
doch stetig. In dem Bericht einer Inspektionsreise im Jahre 1766-1768 schätzte man die
spanische Gesamtbevölkerung in der Provinz auf knapp zehntausend Menschen; in Santa Fe
zweitausend Spanier. Sie widmeten sich mit gutem Erfolg der Landwirtschaft und Viehzucht
und betrieben nebenher Handel mit den Indianern, die ihre gewobenen Tücher und Büffelfelle
auf die lokalen Märkte brachten.
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Eine neue Nation: „Die Chicanos“ und „Die Latinos“
Die lang anhaltenden Kämpfe zwischen lokalen Indianerstämmen, Mexikanern und
Anglotexanern mündeten in den mexikanisch-amerikanischen Krieg von 1846-1848, den
Mexiko verlor. Das gesamte Territorium nördlich des Río Grande mit den neuen Gliedstaaten
Arizona, Kalifornien, Neu-Mexiko und Texas ging an die USA. In diesem Neuland blieben
etwa 120 000 alteingesessene Familien. Ihre Geschichte blieb lange Zeit eine Geschichte der
Ausschliessung. Die Mexikaner waren die Verlierer und wurden zum Kontrastpersonal für
den heroischen Frontier-Mythos der Anglotexaner.
Dem amerikanischen Historiker W.P. Webb gelang es mit seiner Dissertation „The Texas
Rangers“ (1935), ein Bild der „Mexikaner“ als Unterlegene und Verachtete zu propagieren.
Im Jahr 1958 publizierte der mexikanisch-amerikanische Kulturhistoriker Américo Paredes
seine Dissertation „With His Pistol in His Hand“. Er erforschte die verbreitete Ballade „El
Corrido de Gregorio Cortez“, eine mündliche Überlieferung im Rio Grande Grenzland. So
entstand Gregorio Cortez als Symbol des Widerstands gegen die Texas Rangers. Gleichzeitig positionierte sich Paredes als Identifikationsfigur der „Chicano Writers“.
Diese Gegensätze wurden durch die Zahl der Arbeitsmigranten (Braceros) noch verschärft.
Durch das Bracero-Programm der US-Regierung 1942-1964 kamen Hunderttausende
mexikanische Arbeitskräfte vor allem auf den Feldern der Riesenfarmen in Kalifornien zum
Einsatz.
Mit der Eingliederung von Puerto Rico als assoziiertes Territorium der USA (1952) und dem
Beginn der kubanischen Revolution (1959) begann eine neue Migrationsströmung in die
Vereinigten Staaten. Die Migranten etablierten sich in New York und Florida. Hinzu kommt
eine andere Strömung von Einwanderern aus anderen hispanoamerikanischen Ländern.
In den heutigen Vereinigten Staaten leben ca. 40 Millionen Spanisch sprechende Menschen.
Dies macht etwa 14% der gesamten US-Bevölkerung aus.
Das Sprachzentrum für Spanisch „J. Ramírez“ hat sich im Rahmen seines 2. Jubiläum am
12. Oktober 2007 (Tag der Hispanität) vorgenommen, diese Tatsache zu analysieren. Es
werden folgende Fragen gestellt:
a) Ist die Ausbreitung des Spanischen nördlich von Mexiko noch nicht abgeschlossen?
b) Stellt diese Sprache eine Gefahr für das Englische dar?
c) Stellt diese Tatsache den geeigneten Nährboden zur Entstehung einer neuen Sprache
dar: dem „Spanglish“?
d) Wie verträglich ist Spanisch für die Kultur in den USA?
Die Beantwortung dieser Fragen ist das Ziel dieser Veranstaltung.
Sprachzentrum für Spanisch „J. Ramírez“ Davos
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