Nachwuchs im Kaninchenstall

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Nachwuchs im Kaninchenstall
Nachwuchs im Kaninchenstall
Zusehen, wie junge Kaninchen geboren werden, wohl behütet heranwachsen und die
Welt erkunden, gehört sicher zum Spannendsten, was die Natur zu bieten hat. Gerade für
Kinder ist diese Erfahrung sehr wertvoll.
Der respektvolle Umgang mit dem Tier ist stets oberstes Gebot, dazu gehört auch, einige
wesentliche Punkte im Vorfeld zu klären:
- Steht genügend Platz zur Verfügung? Kaninchen brauchen einen Doppelstall zum
Werfen. Zudem können sich in einem Wurf gerne acht bis zehn Tiere tummeln. Diese sind
anfänglich niedlich, wachsen aber sehr schnell heran und brauchen mal einmal mehr
Platz.
- Was geschieht mit den Jungtieren? Nur die wenigsten Kaninchenhalter können alle
Jungtiere behalten. Für die Überzähligen muss ein Plätzchen gefunden werden. Gibt es
Abnehmer oder werden die Tiere vielleicht geschlachtet?
- Mehr Kaninchen bedeutet mehr Arbeit, denn alle Kaninchen – und insbesondere
Jungtiere – brauchen ein sauberer Zuhause und die nötige Zuwendung, z.B. für die
Fütterung. Liegt dies zeitlich drin?
Wenn alle Fragen geklärt sind, dann kann’s losgehen! Tiere für die Zucht oder
Vermehrung müssen gesund und ausgewachsen sein, sind dürfen weder unter- noch
überernährt (verfettet) sein. Zudem sollten Rammler und Zibbe etwa gleich gross sein: Ist
die Zibbe ein Zwergkaninchen und der Rammler ein Riesenkaninchen, dann sind die
Jungen zu gross für den Geburtskanal und Schwierigkeiten bei der Geburt können
auftreten.
Auch dieses Kaninchen war mal klein und niedlich, jetzt bringt es aber über 7kg auf die
Waage. Man überlegt sich besser vorher, wo man die Jungtiere unterbringt, bevor
leichtsinnig zur Paarung geschritten wird.
Nachwuchs im Kaninchenstall
Zibben sind nicht immer in Stimmung
Die Deckbereitschaft der Zibbe lässt sich an den leicht geschwollenen und geröteten
Genitalien erkennen. Solche Zibben sind oft unruhig, ja vielleicht gar etwas aggressiv. Für
den eigentlichen Deckakt bringt man die Zibbe in den Stall des Rammlers, aber nicht
umgekehrt, da die Zibbe ihr eigenes Territorium stark verteidigt. Sollte es Schwierigkeiten
wie zum Beispiel wiederholtes Jagen geben, dann wird die Zibbe wieder aus dem Stall
genommen und das Ganze später wieder probiert.
Will sich die Zibbe partout nicht mit dem Rammler paaren, kann vielleicht folgendes
weiterhelfen:
- den Stall der Zibbe mit dem des Rammlers tauschen: die Gerüche können stimulierend
sein.
- Grünfutter reichen, zum Beispiel Knollensellerie
- einige Tage vor dem Decken der Zibbe etwas mehr Futter reichen, oder zum Beispiel
Hafer zufüttern
- auf Temperatur und Tageslicht achten: im Frühling, wenn die Tage länger sind und die
Temperaturen steigen, können Zibben leichter gedeckt werden.
Im Gegensatz zu zahlreichen Säugetierarten haben Kaninchen keinen spontanen Eisprung
und somit keine Monatsblutung. Der Eisprung findet zehn bis zwölf Stunden nach dem
Deckakt statt.
28 bis 31 Tage Tragzeit
Verlief der Deckakt erfolgreich, kann die Zibbe in ihren angestammten Stall zurückgesetzt
werden. Tragende Zibben zeigen ein verändertes Verhalten und durchwühlen einige Tage
nach dem Decken die Einstreu, mit Ruhe und Ordnung ist es dann vorbei. Trächtige
Zibben werden manchmal schnippisch, knurren oder springen gegen die Hand des
Züchters – da braucht es etwas Geduld und Vorsicht im Umgang mit dem Tier. Auch
empfiehlt es sich, etwas mehr einzustreuen. Etwa 12 Tage nach dem Decken können die
jungen Föten mit einem gekonnten und gefühlvollen Griff ertastet werden, diese sind
dann etwa kirschsteingross.
Die gesamte Tragzeit dauert in der Regel 31 Tage, ein bis zwei Tage kürzer sind aber
nichts Beunruhigendes. Bei längerer Tragzeit haben sich meist nur wenige Jungtiere
entwickelt und es kommt relativ häufig zu Totgeburten. Spätestens etwa eine Woche vor
dem errechneten Wurftermin wird der Zibbe ein Doppelstall gewährt, wobei ein Abteil
abgedunkelt werden kann, sodass eine Art Höhle entsteht.
Zum Werfen werden den Zibben Doppelställe gewährt,
damit sie genug Platz haben. Einer der beiden Ställe
kann teilweise abgedeckt werden, damit höhlenähnliche
Bedingungen herrschen. Vorsicht: Den Stall nicht
vollständig abdecken, damit die Frischluft zirkulieren
kann.
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Wurfkisten haben sich bewährt: Eine Kiste mit einem seitlichen Schlupfloch, möglichst mit
einem aufklappbaren Deckel, die etwas grösser ist als die Zibbe. Diese wird ihr Nest fast
immer darin anlegen und Verluste bei den Jungtieren werden vermieden, da die Jungtiere
zum Beispiel nicht ungewollt aus dem Nest fallen können. Die Kiste sollte etwa 80% der
Grundfläche einer Transportkiste haben und wenn möglich sollte der Wasserdampf oben
entweichen können, denn in kalten Nächten kann dieser kondensieren und im Innern der
Kiste gefrieren.
Eine Wurfkiste erleichtert den Nestbau und vermindert Verluste. Die Kiste sollte etwa
80% der Grundfläche einer Transportkiste haben.
Grösse einer Wurfkiste
Gewichtskategorie
Zwerg- und Kleinrassen
Mittelrassen
Grossrassen
Ungefähre Grösse (Länge x Breite x Höhe)
30 x 30 x 30 cm
40 x 30 x 35 cm
45 x 35 x 40 cm
Einige Tage, manchmal auch nur Stunden vor dem Werfen beginnt die Zibbe mit dem
Nestbau. Sie sammelt Stroh und Heu und schichtet es zu einem Haufen; dieses Material
muss der Zibbe nun zur Verfügung gestellt werden! Dabei gibt es riesige Unterschiede:
Einige Zibben suchen die ganze Einstreu zusammen, sodass der Boden fast kahl ist, andere
dagegen machen nur einen kleinen, kaum erkennbaren Haufen.
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Das Nest wird auch mit Haaren ausgepolstert; die Zibbe zupft sich diese am Bauch und an
der Seite aus, manchmal können dabei kahle Stellen von mehreren Zentimetern
Durchmesser entstehen.
Ein gewohntes Bild kurz vor dem Werfen: Die Zibbe sucht im Stall Stroh und Heu
zusammen, um damit für die Jungen ein warmes Nest zu bauen. In dieser Zeit muss der
Züchter dafür sorgen, dass der Zibbe immer genug Einstreu zur Verfügung steht.
Kaninchen suchen für ihr Nest in der Regel eine geschützte Ecke im Stall aus. Hier ist der
Bau noch in der Anfangsphase, bis zum Werfen dauert es noch einige Tage.
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Eine Nestkontrolle ist wichtig
Das Werfen selber dauert nur wenige Minuten. Die Zibbe reinigt die Jungen von der
Nachgeburt und säugt sie kurz nach dem Werfen ein erstes Mal. Es empfiehlt sich, am Tag
des Werfens oder am nachfolgenden Tagen eine Nestkontrolle vorzunehmen. Dazu wird
die Zibbe am besten weggesperrt. Die Jungen sollten nicht direkt angefasst werden; die
Hände vorher mit einem neutralen Geruch versehen, zum Beispiel in den Futtersack
stecken oder mit etwas Fenchel einreiben. Eine andere Möglichkeit ist es, etwas Wolle von
der Oberfläche des Nestes in den Händen zu reiben. Danach wird das Nest vorsichtig
geöffnet und der Wurf unter die Lupe genommen. Dabei werden die Jungtiere gezählt
und das Nest auf allfällige tote Tiere hin untersucht. Zudem wird kontrolliert, ob alle
Jungtiere einen gefüllten Bauch haben. Wenn nicht, muss das Gesäuge der Zibbe
untersucht werden, es kann zum Beispiel sein, dass eine Zitze verstopft ist.
Bei der Nestkontrolle werden anfällige tote Tiere entfernt und der Nährzustand der
Jungtiere beachtet. Zudem werden die Jungtiere gezählt und die Anzahl notiert; es
versteht sich von selbst, dass die gleiche Anzahl Jungtiere am nächsten Tag wieder
gefunden werden muss!
Kaninchen können problemlos sechs bis acht Jungtiere aufziehen. Rassenkaninchen habe
meist nicht grössere Würfe, zumal sich die Jungtiere in kleineren Würfen besser
entwickeln. Schwächliche, schlecht genährte und zurückgebliebene Junge, die faltig und
runzlig sind, sollten aus dem Nest entfernt und getötet werden, um ihnen allfälliges Leid
zu ersparen. Das ist keine schöne Aufgabe, aber sie gehört mit zur Verantwortung eines
Tierhalters. Die winzigen Tiere werden mit dem Kopf fest auf einen Stein aufgeschlagen
und sind sofort tot.
Text und Bilder: Marco Mehr
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