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Rückt Tschechien nach links? Schlecht geölt Regierungsbildung in Prag droht nach Wahlen schwierig zu werden. Seite 2 Heute vor 40 Jahre begann mit der ersten Ölkrise der Umbau des Energiesektors. Seite 5 Foto: 123RF/Maksym Mzhavanadze Montag, 28. Oktober 2013 68. Jahrgang/Nr. 251 Bundesausgabe 1,60 €, Auslandspreis 1,90 € Uwe Kalbe über Signale aus den Koalitionsverhandlungen in Berlin Sind Ministerposten wirklich so verlockend, auf denen man sicher sein kann, von den USA-Geheimdiensten bevorzugt abgehört zu werden? Sei's drum. Die SPD verlangt in den Koalitionsverhandlungen angeblich sieben bis acht Ministerien, um ihre Bedeutung zu unterstreichen. Das liefe auf eine Vergrößerung der Bundesregierung hinaus und entspräche dem Trend, der schon in der Vergrößerung des Bundestagspräsidiums sichtbar wurde. Einerseits. Andererseits: In der letzten Großen Koalition bis zum Jahr 2009 besetzte die SPD auch neun Ministerposten, und die FDP mit ihren sechs Ministern in der letzten Regierung muss natürlich numerisch übertrumpft werden. Wiederum lag die SPD 2005 mit ihren 34,2 Prozent nur ein Prozent hinter der Union, jetzt ist der Abstand viel größer. Leicht zeigt sich: Virtuelles Geschacher um Posten führt zu keinem vernünftigen Gedanken, wenn nicht vernünftige inhaltliche Prämissen zugrunde liegen. Und über die Ausrichtung einer künftigen Koalition wäre auch mit einem hohen Anteil von SPDMinistern noch nicht viel gesagt. Also heißt es achtgeben, was da gerade wirklich passiert. Und hier ist zu größter Sorge Anlass. Die Erleichterung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr durch Einschränkung der Parlamentsrechte, wie sie die Union angeblich anstrebt, dürfte der durchaus zutreffenden Unterstellung entspringen, dass die SPD noch immer »zur Vernunft« gekommen ist, wenn es ernst wurde. Blockaden vorbeugen kann man auch, indem man jetzt die Besetzung von Ministerposten hinnimmt. UNTEN LINKS Das Leben steckt voller Rätsel. Warum stellen wir die Uhr um, wenn es doch keinen Sinn macht? Warum ist es 2013 Ende Oktober wärmer als es Anfang Juni war? Warum sollen wir jetzt schon Schokoweihnachtsmänner kaufen? Es heißt, ein Rätsel sei eine Aufgabe, die durch Denken gelöst werden muss. Zumindest in der Politik gilt das nicht. Vernünftiges Denken hilft nicht wirklich weiter, um die rätselhafte SPD zu entschlüsseln, die sich – den Niedergang nach der letzten Großen Koalition noch nicht gestoppt – aufs Neue in Merkels Umklammerung begeben will. Man muss auch nicht viel Geist investieren, um das Rätsel aller Geheimdienste zu lösen, die dies- und jenseits des großen Teiches ihr dreckiges Handwerk betreiben. Und es braucht mitnichten viel Grütze im Kopf, um sich zusammenzureimen, warum die bischöfliche Luxushütte in Limburg nun Suppenküche werden soll. In politischen Dingen macht Rätselraten keinen Spaß. Da kennt man die Lösung immer schon. oer Einzelpreis Tschechien 67/77 CZK ISSN 0323-3375 Iran soll zur Friedenskonferenz Horchposten für Kanzlernachrichten – die US-Vertretung in Berlin Foto: dpa/Paul Zinken der. Damals hieß der US-Präsident George W. Bush, und er zweifelte angeblich an Schröder wegen dessen Nein zum Irak-Krieg, so halbherzig dieses auch war. Als Horchposten dient den Informationen zufolge die US-Botschaft in Berlin, nur wenige hundert Meter vom Bundeskanzleramt entfernt und in unmittelbarer Nähe vom Bundestag. Profis der Spezialeinheit »Special Collection Service« (SCS) sollen dort die Informationen sammeln und direkt an das Weiße Haus weiterleiten. Dort müssen sie kurz vor dem Präsidenten gestoppt worden sein, wenn die Beteuerungen Barack Obamas zutreffen. Denn im Telefonat mit Angela Merkel hat dieser behauptet, nichts von alledem gewusst zu haben – sonst hätte er die Ausspähung unterbunden. Medienberichten zufolge hat Obama spätestens 2010 von der Sache erfahren, und zwar von NSA-Chef Keith Alexander persönlich. Vertrauen im freien Fall ... Der ehemalige Mitstreiter von Julian Assange und Mitbegründer von WikiLeaks Daniel Domscheit-Berg sieht schlechte Zeiten auch für Whistleblower angebrochen. Er kennt keine Plattform, die er für die Enthüllung brisanter Informationen empfehlen könnte, wie er im nd-Interview bekennt. nd/Agenturen Seite 6 Mediale Versuchsballons CDU und SPD bereiten den Boden für die Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen Eine Vergrößerung des Kabinetts oder nicht, weniger Steuern oder mehr? Die Koalitionäre in spe stellen sich gegenseitig öffentlich auf die Probe. Von Jörg Meyer Die neue Woche beginnt und mit ihr die zweite Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU. Erstmals soll sich die AG Finanzen unter dem Vorsitz von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und SPD-Vize Olaf Scholz treffen. Medial bereiteten beide Seiten am Wochenende den Boden für die Gespräche. Schäuble fordert laut »Focus« einen dauerhaften Verzicht auf Steuererhöhungen, während diese ein zentraler Bestandteil des SPD-Wahlprogramms waren, um beispielsweise den nötigen Infrastrukturausbau zu finanzieren. Schäuble will bei der Einkommenssteuer eine Abmilderung der kalten Progression erreichen. Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder nannte in der »Welt am Sonntag« (WamS) als Bedingungen für eine Große Koalition ebenfalls ein Nein zu Steuererhöhungen sowie »keine Sozialversicherungsbeiträge über 40 Prozent«. Zu einer kleinen Erhöhung des Pflegebeitrages sei die Union bereit, mehr aber nicht. In der SPD wird unterdessen laut »WamS« über eine Vergrößerung des Kabinetts nachgedacht. Die SPD will sieben oder acht Ressorts besetzen. Begründung sei, dass die FDP seinerzeit mit einem schlechteren Wahlergebnis fünf Ministerien bekommen habe. SPDChef Sigmar Gabriel dementierte flugs via »Facebook«: »Wir haben bislang weder über den Ressortzuschnitt, noch über die Verteilung der Ministerien oder gar konkrete Namen gesprochen«, schrieb er. Es sei in den ersten Gesprächsrunden ausschließlich um Inhalte gegangen. Dies stellte auch der Sprecher der Parlamentari- Foto: imago/Ulmer Syrien präsentierte vorfristig Plan gegen C-Waffen Dankbar für jede Botschaft Berlin. Die Deutschen werden in diesem Jahr voraussichtlich 35 Millionen Smartphones und Handys kaufen, das erwartet die Branche. Ob darunter auch ein neues für die Bundeskanzlerin sein wird, weiß man nicht. Zumindest das weiß man einigermaßen sicher: Angela Merkels Handys wurden vom amerikanischen Geheimdienst NSA abgehört. Nicht nur das unverschlüsselte Parteihandy der CDU, sondern auch das Cryptophone für die Regierungschefin. Wenn die allmählich zutage tretenden Details stimmen, gilt der Spähauftrag gegen den Regierungschef seit 2002, also auch schon für Merkels Amtsvorgänger Gerhard Schrö- Klubs lassen jene Fans alleine, die sich gegen Rassismus und Homophobie stellen. Seite 19 www.neues-deutschland.de STANDPUNKT Verlockungen Faustrecht im Fanblock schen Linken in der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann gegenüber »nd« in den Vordergrund: »Ich halte es für möglich, dass wir einen guten Koalitionsvertrag hinbekommen, der ein solides Arbeitsprogramm darstellt – nicht für 100 Prozent sicher, aber für möglich.« »Konsistente Aussagen kann man nicht treffen. Die testen einander aus.« Gero Neugebauer Es dürfte jedoch nichts darin stehen, was gegen das SPD-Programm verstoße, wie es 2005 mit der Rente mit 67 oder der Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent gewesen sei, so Rossmann. Zu Spekulationen um Posten, neue Ministerien oder eine Kabinettsvergrößerung sagte: »Wer da was spielt oder wer mit wem geredet hat, das ist derzeit alles Schall und Rauch, eine reine Spekulation.« Ähnlich sieht es der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer: »Konsistente Aussagen kann man derzeit nicht treffen. Die testen einander aus und lassen immer wieder Versuchsballons steigen«, sagte er gegenüber »nd«. Für die SPD sei allerdings eines vorgegeben: Sie müsse ein Ergebnis vorbringen, das die Mitglieder vertreten könnten und das nicht den Eindruck erwecke, die Verhandler hätten aus persönlichen Gründen gehandelt. Zur Debatte um Kabinettsvergrößerungen sagte Neugebauer: »Die FDP hat damals nur deshalb so viele Posten bekommen, weil Merkel die Koalitionsverhandlungen zügig beenden wollte.« Er traue aber der Kanzlerin so viel taktisches Geschick zu, dass sie der SPD »genug anbiete« und die Bedürfnisse der eigenen Partei nicht vernachlässige. Seite 6 Den Haag. Syrien hat die Auflistung seiner Chemiewaffen und einen Plan für deren Zerstörung vorgelegt. Das teilte die Organisation für das Verbot der Chemiewaffen (OPCW) am Sonntag in Den Haag mit. Die Unterlagen seien am 24. Oktober und damit drei Tage vor Fristablauf eingetroffen. Die Angaben der Regierung in Damaskus seien Grundlage »für eine systematische, totale und kontrollierte Vernichtung deklarierter chemischer Waffen und Produktionsstätten«, heißt es in der OPCW-Mitteilung. Details der von Syrien gemeldeten Gesamtbestände an Nervengas sowie anderen chemischen Waffen und Produktionsstätten wurden nicht bekannt. Für eine Teilnahme Irans an der geplanten Syrien-Konferenz Ende November in Genf warb am Wochenende der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi. »Der UN-Generalsekretär, die Arabische Union und ich glauben, dass Irans Teilnahme an der nächsten Syrien-Friedenskonferenz notwendig ist und dass Iran daher auch eingeladen werden sollte«, sagte er am Samstag bei einer Visite in der Hauptstadt Teheran. Am Montag wird der Sondergesandte in Damaskus erwartet. 19 islamistische Rebellengruppen erklärten ihren Boykott der für Ende November in Genf geplanten Konferenz. An der syrischen Grenze zu Irak lieferten sich verfeindete oppositionelle Formationen am Samstagmorgen schwere Gefechte. Nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mehrere Kämpfer auf beiden Seiten getötet, als kurdische Milizionäre den Grenzübergang Al-Jaarubia aus der Hand von Islamisten eroberten. Bei schweren Kämpfen um eine Waffenfabrik im Zentrum Syriens sollen in einer Woche mehr als hundert Menschen getötet worden sein. Besorgnis äußerte der deutsche Auslandsgeheimdienst BND, dass es Islamisten aus Deutschland zunehmend nach Syrien zieht. Mehr als 210 seien bereits ausgereist. 15 bis 16 Kampferfahrene seien zurückgekehrt, informierte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Agenturen/nd Seite 7 SPORT Vettel ist erneut Weltmeister Greater Noida. Sebastian Vettel ist zum vierten Mal in Folge Formel-1-Weltmeister. Der Heppenheimer gewann am Sonntag den Großen Preis von Indien und ist in den verbleibenden drei Saisonrennen in der Gesamtwertung nicht mehr einzuholen. Für den Hessen war es der sechste Grand-Prix-Sieg nacheinander. Insgesamt hat der 26-Jährige damit schon zehn von 16 Rennen in diesem Jahr für sich entscheiden können. dpa 1.FC Union setzt sich vorn fest Berlin. Allein der 1. FC Union Berlin kann in der 2. Fußball-Bundesliga noch mit Spitzenreiter 1. FC Köln Schritt halten. Die Hauptstädter besiegten am Sonntagnachmittag den FC Erzgebirge Aue mit 1:0 (0:0) und schlossen nach Punkten zu den Kölnern auf. In einer Woche steht bereits das Gipfeltreffen zwischen den beiden Spitzenteams an. dpa Spielunterbrechung in Dresden Dresden. Im zweiten Ostderby der 2. Fußball-Bundesliga zwischen Dynamo Dresden und Energie Cottbus gab es am Sonntag gleich zwei Unterbrechungen. Schiedsrichter Felix Brych, der seinen ersten Ligaeinsatz nach der Phantomtor-Partie in Hoffenheim hatte, schickte beide Teams nach dem Einsatz von Pyrotechnik im Cottbuser Block in der 75. Minute in den Spielertunnel. Bereits in der 65. Minute hatte der Unparteiische die Partie für zwei Minuten unterbrochen. Dresden gewann am Ende mit 1:0. dpa Seiten 18 und 19