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„Oskar Kokoschka – Ein Vagabund in Linz. Wild, verfemt, gefeiert.“
Nina Kirsch
Das Lentos Kunstmuseum Linz dokumentiert in seiner Ausstellung „Oskar
Kokoschka – Ein Vagabund in Linz.
Wild, verfemt, gefeiert.“ den großen österreichischen Maler als unangepassten
Künstler und legt einen Schwerpunkt auf
seine Kontakte zu Linz.
In dieser umfassenden Schau, die noch
bis 5. Oktober 2008 läuft, werden 40
Gemälde, 49 Aquarelle und Zeichnungen, 27 Druckgrafiken sowie 36 Fotografien von 20 ausländischen und 10
inländischen Museen, Galerien und Privatsammlern präsentiert.
Das Lentos Kunstmuseum und das
Stadtmuseum Nordico, die mit fünf
Gemälden, 15 Zeichnungen und über
100 Lithografien über die wichtigsten
Kokoschka-Kollektionen in Österreich
verfügen, zeigen damit erstmals ihre reichen Kokoschka-Bestände versammelt
in einer Ausstellung.
Persönliche Kontakte und Freundschaften Kokoschkas mit in Linz ansässigen Kunsthistorikern, Galeristen,
hochrangigen städtischen Beamten und
Politikern hielten die Verbindung zwischen dem aus Pöchlarn stammenden
Künstler und der Landeshauptstadt
Ober­österreichs aufrecht.
Den ersten Kontakt stellte Wolfgang Gurlitt (1888-1965) her, Berliner Kunsthändler und Gründer der Neuen Galerie
der Stadt Linz, aus der 2003 das Lentos Kunstmuseum Linz hervorging. Seine Nachfolger Walter Kasten und Peter
Baum, sowie der damalige Bürgermeister
Ernst Koref, führten über Jahre hinweg
den engen künstlerischen Austausch
mit Oskar Kokoschka durch Ankäufe,
Auftragsarbeiten und zahlreiche Ausstellungen fort. Die bedeutende kunsthistorische Vorreiterrolle der Stadt Linz wird
Oskar Kokoschka, Selbstbildnis,
1917. (Foto: Lentos)
dadurch ebenso bezeugt wie ihr besonderes Engagement in der Beziehung zu
Kokoschka.
Kokoschkas erste Werkschau nach dem
Zweiten Weltkrieg in Österreich wurde
im Sommer 1951 in der Neuen Galerie
der Stadt Linz gezeigt. Einige Gemälde
dieser sensationellen Ausstellung – Die
Freunde (1917), Vater Hirsch (1909),
Marcel von Nemes (1929) – und viele
Druckgrafiken kamen durch Ankauf
1953 in die Museumssammlung und
zählen bis heute zu den internationalen
Highlights des Lentos. Diese erfolgreiche
und äußerst medienwirksame Präsentation wird anhand von damals in den
Räumen am Linzer Hauptplatz gezeigten
Werken rekonstruiert sowie durch Presserezensionen und fotografische Dokumente ergänzt.
Ein besonderer Schwerpunkt beschäftigt sich mit der nationalsozialistischen
Kunstauffassung, die Kokoschka als
„entarteten“ Künstler brandmarkte. 417
seiner Werke wurden beschlagnahmt.
Neun davon wurden in der Ausstellung
„Entartete Kunst“ 1937 in München
und an elf weiteren Sta­tionen, darunter
in Wien und Salzburg, angeprangert.
Erstmals wird ein Teil der „entarteten“
und beschlagnahmten Werke gezeigt.
Sämtliche Provenienzen der KokoschkaBestände des Lentos werden im begleitenden Katalog publiziert. Die komplexe
Ankaufs- und Herkunfts­geschichte der
von Gurlitt bei der Versteigerung des
Auktionshauses Fischer in Luzern erstandenen Werke wird offen gelegt.
Ein eigener Bereich widmet sich der Fotografie, die im Lentos seit der Eröffnung
der Neuen Galerie im Jahr 1946 kontinuierlich gesammelt, präsentiert und
wissenschaftlich aufgearbeitet wird.
Das Lentos verfügt in seinen reichen Beständen über Fotografien von Erich Lessing, Franz Hubmann und Peter Baum,
die Oskar Kokoschka in Vitalität und
künstlerischer Passion zeigen.
Oskar Kokoschka, Linzer Landschaft,
1955.
(Foto: Lentos)
Die Kokoschka-Schau spannt einen weiten Bogen: Präsentiert werden sowohl
Arbeiten aus dem umstrittenen Frühwerk,
der Dresdner Zeit, den umtriebigen Reisejahren, als auch im britischen Exil entstandene Gemälde, Aquarelle, Farbstiftzeichnungen und Plakate. Eine reiche Auswahl
an Exponaten mit wichtigen Gemälden,
aufschlussreichen Fotodokumenten sowie
erstmals präsentiertem Audiomaterial.
Ausstellungskatalog
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog: „Oskar Kokoschka – Ein Vagabund in Linz.
Wild, verfemt, gefeiert.“, herausgegeben vom Lentos Kunstmuseum Linz, mit Beiträgen von Nina
Kirsch, Elisabeth Nowak-­Thaller,
Bernadette
Reinhold,
Stella
Rollig, Georg Wacha, Patrick
­Werkner und Heinz Widauer,
256 Seiten, zahlreichen Farbab­
bildungen. ­Bibliothek der Provinz,
Weitra, 2008. Preis: 29,– EURO.
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qujOchÖ: Ein Leben im Strafraum
Nina Kirsch
Von 7. bis 29. Juni 2008 fand die Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz
und in Österreich statt. Die Ausstellung „Leben im Strafraum“ der Linzer
KünstlerInnengruppe qujOchÖ im Lentos Kunstmuseum Linz unternahm in
diesem Zusammenhang den Versuch, in
diese riesige Fußball-Maschinerie einzugreifen. Auch wenn das Riesenspektakel
Euro 08 bis tief in den Alltag eingedrungen ist, hat sich Leben im Strafraum
auf die Essenz von Fußball konzentriert:
Spielzüge und Strategien – kurz: das,
was auf dem Spielfeld abläuft. Video­
projektionen von wichtigen Spielen
wurden mittels ästhetischer Reduktion,
minimalistischen Veranschaulichungen
von komplexen Spielverläufen und Bewegungsabläufen, Netzwerkanalysen,
statistischen Daten und Darstellungen
von Verdichtungen erzeugt.
Leben im Strafraum war während der
Euro 08 in und um das Linzer Kunstmuseum Lentos zu erfahren. Die aus
dem Bau des Lentos herausgeschnittene Vorhalle im Freien wurde als Spielfeld adaptiert und als “Strafraum“
definiert. Mit seiner Länge von 60 Metern entspricht dieser Raum der Hälfte
eines Fußballfeldes. Einerseits haben
in diesem “Strafraum“ performative
Inszenierungen stattgefunden, andererseits sahen das Nutzungskonzept und
die Raumarchitektur dieses artifiziellen
Fußballplatzes eine aktive Nutzung in
Form eines einladenden Fußballwohnzimmers für interessierte PassantInnen
und BesucherInnen vor.
An drei Tagen wurden unter der Vorhalle
des Lentos jeweils einige spielentscheidende Szenen von bereits geführten Partien nachgespielt.
In einer rund einstündigen Performance wurden dabei Markierungen
für die entscheidenden Spielzüge der
Vortagspartie von einem Vermessungsteam auf dem Spielfeld angebracht.
Mit dem Pfiff des Schiedsrichters be-
gann anschließend das Spiel. Ein von
einem Platzwart geführter Markier­
wagen, der im Normalfall zum Ziehen
der Spielfeldmarkierungen verwendet
wird, zeichnete die Bewegungen des
Balles bei spielentscheidenden Zügen
auf der ­Rasenfläche nach. Die Fahrt
des Wagens folgte räumlich und zeitlich
exakt den Spielzügen der ausgewählten
Szenen. Ein abstraktes Bild aus Linien
entstand.
Die Arbeiten des Vermessungsteams
und des Platzwartes wurden dabei
von der KünstlerInnengruppe qujOchÖ
durchgeführt.
Inhaltlich und thematisch verbunden
mit dem „Strafraum“ war die Ausstellung im Inneren des Lentos. Hier
fanden sich Dokumentationen der
performativen Inszenierungen (Visualisierungen) und Einzelarbeiten von
KünstlerInnen, Installationen und
Videoarbeiten, sowie Experimentelle
Kunst.
qujOchÖ: Martin Böhm, Johannes
Dichtinger, Magnus Hofmüller, Andreas Kurz, Thomas Philipp, Doris
Prlic, Andreas Reichl, Lydia Thanner
und Andre Zogholy.
Die KünstlerInnengruppe qujOchÖ
­gestaltete die Ausstellung „Leben im
Strafraum“ im Kunstmuseum Lentos.
(Foto: qujOchÖ)
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Ars Electronica 2008: A NEW CULTURAL ECONOMY
Christopher Ruckerbauer
Tagtäglich spazieren wir durch das Schlaraffenland des Internet. Pflücken hier einen
Song, lassen da ein Video mitgehen, verleiben uns dort einen Text ein. Frei nach dem
Motto „Erlaubt ist, was gefällt“, fischen wir
Daten aus einem nicht versiegenden Strom
von Daten, die streng genommen Eigentum
von irgend jemandem sind – und es streng
genommen auch bleiben. So unterhaltsam
wie informativ unser Herunterladen und
Austauschen dieser Daten also auch sein
mag – es stößt anderswo auf Unmut. In
der Wirtschaft zum Beispiel, die ihre Felle
davon schwimmen sieht. Wie die Musikindustrie, die nach fetten Jahren plötzlich
auf ihren CDs sitzen bleibt und deshalb
fast schon reflexartig gegen immer jüngere
Internet-Piraten gerichtlich zu Felde zieht.
Unter dem Titel „A NEW CULTURAL ECONOMY“ fragt die diesjährige Ars Electronica nach dem Wert geistigen Eigentums
und stellt eine Kernfrage unserer modernen Wissensgesellschaft: Jene nach Informationsfreiheit und Urheberrechten,
nach dem großen Geschäft und der Vision
einer offenen Wissensgesellschaft, deren
Ökonomie auf Kreativität und Innovation
aufbaut. Darüber hinaus fragt das Festival
nach brauchbaren und tragfähigen Regeln
für diese neue Realität.
Dezentralisierung des Wissens
Der Buchdruck und das Internet bilden
die Zäsuren in der Geschichte des Informationswesens. Beides technologische
Neuerungen, deren kulturelle wie sozio­
ökonomische Auswirkungen unsere Gesellschaft maßgeblich veränderten – und
es im Fall des Internet immer noch tun.
Buchdruck wie Internet katapultierten
sowohl die Verbreitung von als auch den
Zugang zu Wissen in bis dahin unbekannte Dimensionen. Doch während im
Fall des Buchdrucks die nun maschinelle
Massenproduktion und Vervielfältigung
von Inhalten noch zentralisiert blieb,
emanzipiert das Internet jeden Empfänger zum potentiellen Sender.
Am Beginn des 21. Jahrhunderts beginnen Themenführerschaft, Produktions­
hoheit, Vertriebsstrategien und Marktposition etablierter Informationsproduzenten
zu bröckeln. Immer stärker und vor allem
massenhaft wird die Konkurrenz privater
User, die bloggen, chatten und posten,
was ihre Breitbandverbindung hergibt.
Es tritt eine junge Generation von MeinungsbildnerInnen an, die sich neue
Kommunikationsstrukturen erschließen
und dabei einen völlig neuen Umgang
mit Information durchsetzen. Solange
Daten in physisch manifeste Formen wie
Schallplatten, Kassetten, CDs und DVDs
gegossen waren, konnte deren Verbreitung von zentraler Stelle aus gesteuert
und reglementiert werden. Seit all diese
Informationen auch oder überhaupt nur
noch virtuell herumschwirren, ist dies so
gut wie unmöglich.
Die globale Wissensgesellschaft
Kein technischer Kunstgriff kann heute die
chaotische Verbreitung und damit „wider­
rechtliche Aneignung“ von Informationen
wirksam und dauerhaft unterbinden.
Bliebe­ im Falle eines solchen Falles also
noch der Rechtsweg – nur allzu oft eine
„Mission Impossible“, die schon an der
Frage der Zuständigkeiten scheitert, wenn
sich KlägerInnen, Beklagte und Server auf
unterschiedliche Kontinente, Staaten und
Rechtssysteme verteilen. Selbst wenn angestammte Lobbys wie aktuell die Filmindustrie teils erbitterten Widerstand leisten und sich an Regeln klammern, die
wie die Patente auf das 15. Jahrhundert
zurückgehen, so ist ihr Kampf gegen die
veränderte technologische Realität letztlich zum Scheitern verurteilt. Konzipiert
für eine gesellschaftliche Realität, die
sich im realen Raum vollzieht, greifen unsere Konventionen in virtuellen Sphären
nicht mehr. Die technische Struktur des
Internet kennt weder Staatsgrenzen noch
Hoheitsgebiete oder Einflusszonen – sie
verbindet alles mit allem zu einem großen
Ganzen. Einer Welt aus Bits und Bytes,
in der konsequenterweise andere oder zu
wenige Spielregeln gelten und in der sich
zwar langsam, aber sicher eine neue Ökonomie breit macht. Eine Ökonomie des
Teilens, in der Information nicht länger
per Gesetz ein- und abgesperrt wird, sondern ungehindert zirkuliert.
Einfach genial – genial einfach
Freie Netze, freies Wissen – einst als Credo blauäugiger Idealisten abgetan, ist ein
Paradigmenwechsel in Politik und Wirtschaft heute unübersehbar. Vor allem
das „good old Europe“ setzt bei der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit alles auf
die Karte „Kreativität und Innovation“.
Eine Strategie, die zur Zeit leider mehr
Absichtserklärung als konkrete Politik ist.
Die aber eher früher als später zur ökonomischen Notwendigkeit wird. Damit wird
auch die Neuordnung des Schutzes geistigen Eigentums unausweichlich.
Bis es soweit ist, bleiben es wohl oder
übel ein paar wenige Kommunen, Unternehmen und KünstlerInnen, die nach
vorne preschen und zeigen, wie Information in Zukunft vertrieben, rezipiert,
gehandelt und von Dritten weiter verarbeitet werden wird. Vorstöße mit Mehrwert, weil damit das Image des Vorreiters
generiert wird, neue Vertriebswege erprobt und damit schon heute zukünftige
Einnahmequellen erschlossen werden
und das, bevor die Konkurrenz dies tut.
Hinzu kommt, dass nicht mehr nur idea­
listische VerfechterInnen einer offenen
Wissens­demokratie, sondern eine auf
Kreativität und Ideen aufbauende neue
Ökonomie flexiblere Lösungen fordert.
Freie Netze und freies Wissen sind mittlerweile aber auch zum Anliegen visionärer Kommunen und PolitikerInnen geworden. Öffentliche WLAN-Projekte und
die großangelegte Digitalisierung von
Bibliotheks- und Archivbeständen zählen mittlerweile zu den Aufgaben einer
modernen öffentlichen Verwaltung.
Die Neuordnung des Schutzes geistigen
Eigentums ist also längst zum gordischen
Knoten unserer global vernetzten Wissensgesellschaft geworden.
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Das Ars Electronica Festival 2008
Wenn der künftige Wohlstand des alten
Europa tatsächlich auf Kreativität und
Innovation gebaut sein soll, dann ist der
freie Fluss von Wissen unabdingbar. Dann
dürfen neue Geschäftsideen und Vertriebswege nicht im nationalstaatlichen
Regulations-Dschungel erstickt oder von
Monopolisten verwaltet werden.
Unter der Überschrift „A NEW CULTURAL
ECONOMY – wenn Eigentum an seine Grenzen stößt“ will das Ars Electronica Festival
2008 an den ersten Kapiteln einer neuen
Wissensgesellschaft mitschreiben. Es geht
dabei um das Spannungsverhältnis von Informationsfreiheit und Urheberrechten, es
geht um das große Geschäft und die Vision
einer offenen Wissensgesellschaft und es
geht auch um brauchbare und tragfähige
Spielregeln für diese neue Realität. Spielregeln, deren Formulierung nicht allein
JuristInnen und WirtschaftsexpertInnen
überlassen werden sollte.
Von 4. bis 9. September 2008 lädt Ars
Electronica wieder KünstlerInnen, Netzwerk-NomadInnen,
TheoretikerInnen,
TechnologInnen und Rechtsgelehrte aus
aller Welt nach Linz. Die künstlerischen
wie wissenschaftlichen Recherchen werden in Form von Symposien, Ausstellungen, Performances und Interventionen
sowie klassischen Konferenzen in die ganze Stadt getragen. Als letztem Testlauf vor
dem Kulturhauptstadtjahr 2009 kommt
dem Zusammenwirken des lokalen Netzwerks an Kultur- und Bildungseinrichtungen ganz besondere Bedeutung zu.
Ars Electronica Symposium 2008
Computer und Internet haben die Produktion und Verbreitung von Information ungeheuer beschleunigt und verbilligt. Inhalte
wurden plötzlich weltweit verfügbar. Dies
verändert nicht nur unseren Umgang mit
Information, sondern unser Wirtschaftssystem insgesamt. Wir sind gezwungen,
tradierte Vorstellungen an eine veränderte
technologische Realität anzupassen. Manche von uns tun das bereits recht erfolgreich. Andere dagegen wehren sich – und
scheitern. Das diesjährige Symposium will
AnwenderInnen, KünstlerInnen, UnternehmerInnen, WissenschafterInnen und
PolitikerInnen vernetzen und sich gemeinsam auf eine neue Welt einzustellen.
2008 wird das Ars Electronica Symposium
von Joichi Ito aus Japan kuratiert. Aktivist,
Unternehmer und Investor für Risikokapital, ist Joichi Ito Gründer und Geschäftsführer von NEOTENY, eine auf persönliche
Kommunikation und Basistechnologie
spezialisierte Risikokapitalfirma. Er gründete zahlreiche Internet-Unternehmen, zu
denen etwa PSINet Japan, Digital Garage
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und Infoseek Japan gehören. 2001 wählte ihn das World Economic Forum unter
die 100 „Global Leaders for Tomorrow“.
Als Vorstandsvorsitzender von „Creative
Commons“ sowie Vorstandsmitglied von
ICANN, WITNESS und TECHNORATI ist
Joichi Ito aktiv an brandaktuellen Web
2.0-Entwicklungen beteiligt.
Nähere Informationen über Joichi Ito
und Creative Commons: joi.ito.com/
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„Tür an Tür“ des Atelierhauses „Dörfl“ im Nordico
Birgitta Merl/Reinhard Kren
Zum 50-jährigen Bestand des Atelierhauses des Kulturringes der Wirtschaft
Oberösterreichs beschlossen die derzeit
im „Dörfl“ arbeitenden KünstlerInnen
die Organisation einer Ausstellung,
bei der alle jemals im Atelierhaus tätigen Kunstschaffenden vertreten sein
sollten. Der Kulturring, allen voran Dr.
Thomas Richter, zeigte sofort Interes­
se und sagte finanzielle Unterstützung
zu. Die Ausstellungsvorbereitung wurde
von Mag.a Birgitta Merl übernommen.
Sie zeichnet auch für die Haupttexte
des Katalogs verantwortlich, die erste
Ergebnisse eines Forschungsprojekts­
darstellen: Merl untersucht am Beispiel
­der KünstlerInnen des Egon-Hofmann­Atelierhauses die Entwicklung der Kunst
­und einzelner künstlerischer Positionen­
in Oberösterreich im internationalen­
Kontext. Die graphische Gestaltung
des ­Katalogs stammt von Mag. Thomas
Strobl. Als Ausstellungsort konnte das
Stadtmuseum Nordico gewonnen werden, das damit nach einer umfangreichen
Renovierung eine programmatische Eröffnungsausstellung präsentiert. Direktor
Dr. Willibald Katzinger und Dr.in Angelika
Gillmayer als Ausstellungsleiterin haben
das Projekt engagiert und aufmerksam
begleitet.
Seit der Eröffnung 1957 bildete das
Egon-Hofmann-Atelierhaus „Dörfl“ als
Wirkstätte von bisher insgesamt 85
KünstlerInnen ein Zentrum der Gegenwartskunst in Oberösterreich. 72 dieser
KünstlerInnen nehmen an der Ausstellung „Tür an Tür“ teil. Präsentiert wird
eine von ihnen persönlich getroffene
Werkauswahl, die nur einer Beschränkung unterlag: es sollte je ein im Atelierhaus entstandenes Werk und eine
neuere Arbeit ausgewählt werden. Kein
Thema, keine formalen oder stilistischen
Kriterien wurden darüber hinaus formuliert – und daher zeigt die Ausstellung
vielfältige Stile und Anschauungen,
mannigfaltige Inhalte, Techniken, Kon-
zepte und Ausführungen. Man begegnet Bildhauerei, Objekt- und Installationskunst, Malerei, Grafik, Keramik,
Fotografie, Medienkunst, Performances
und Textilkunst und gewinnt – auch
wenn bei „Tür an Tür“ nur ein kleines
Segment aus dem Arbeitsspektrum der
„DörflerInnen“ gezeigt werden kann –
einen Überblick über 50 Jahre Kunst in
Ober­österreich.
72 beteiligte KünstlerInnen verfügen
über unterschiedliche Biographien, unterschiedliche Karrieren, unterschiedliche Bedeutungen für und in der Kunst,
regional, national und international. In
der Ausstellung zeigt sich die Vielfalt,
die das aktuelle Kunstschaffen der „DörflerInnen“ ebenso sichtbar macht wie
Entwicklungslinien seit der Gründung
des Atelierhauses. Einige KünstlerInnen
haben einen kontinuierlich nachvollziehbaren Weg genommen, andere weisen
deutliche Brüche in ihrer künstlerischen
Entwicklung auf. Manche verharren oder
vertiefen sich in einmal gefundenen
Ausdrucksformen, wieder andere loten
die Möglichkeiten einer Richtung aus
oder bewegen sich experimentierend in
alle Richtungen. Einige KünstlerInnen
wechselten in die Bereiche Musik oder
Literatur. Die durchaus intendierten
Konfrontationen von zeitlich zum Teil
weit auseinander liegenden Arbeiten der
KünstlerInnen – manchmal kann man
schon von Früh- und Spätwerk sprechen
– halten Überraschungen bereit und werfen Fragen auf.
Deutlich wird neben dem im „Dörfl“
verorteten kreativen Potential die ausgeprägte Individualität der KünstlerInnen
und ihrer Positionen. Jeder Versuch,
eine gemeinsame Stilrichtung der „DörflerInnen“ zu konstruieren oder den individuellen Leistungen den Begriff „DörflSchule“ überzustülpen, wäre nur eine
künstliche Etikettierung. Die einzigartige
gemeinsame Lebens- und Arbeitssituation im „Dörfl“ und der äußerst rege Wechsel der KünstlerInnen haben offenbar bei
allen Verbindungen und Querbezügen
individuelle Positionierungen noch verstärkt. Der Erfolg dieser durch den Kulturring der Wirtschaft Oberösterreichs ermöglichten freien künstlerischen Arbeit
kommt im jetzt gefeierten Jubiläum zum
Ausdruck.
72 KünstlerInnen nehmen an der Ausstellung teil:
Fritz Aigner, Kurt Augustin, Josef Bauer, Heinz Baumüller, Markus Binder,
Walter Breuer, Erwin Bucheder, Peter
Dimmel, Norbert Drienko, Richard Eder,
Ed Ehmayr, Franz Fischbacher, Alfred
Flattinger, Margarete Geffke, Wolfgang
Georgsdorf, Anselm Glück, Emilie Goldmann, Ursula Grabner, Walter Gucher,
Hermann Haider, Hermann Haslin, Peter
Hauenschild, Josef Häupl, Franz Hitz,
Karl Hochgatterer, Josef Huber, Charles
Kaltenbacher, Kaul Kapil, Adolf Kloska,
Gerhard Knogler, Gerlinde Knogler-Grothe, Helmut Kolar, Rudolf Kolbitsch, Peter
Kraml, Werner Krausneker, Gabi Kreczi-
Mach, Johannes Krejci, Peter Kuba, Peter
Kubovsky, Kurt Lackner, Pepi Maier, Birgitta Merl, Veronika Merl, Kurt Moldovan,
Gerhard Müllner, Robert Oltay, Margit
Palme, Josef Perfler, Andreas Prag, Thomas Pühringer, Beate Rathmayr, Barbara
Reisinger, Heinz Ritter, Erich Ruprecht,
Johann Ruschak, Ursula Schröcksnadel,
Peter Sommerauer, Eckart Sonnleitner,
Martin Staufner, Siegfried Strasser, Thomas Strobl, Franz Süss, Elfriede Trautner,
Ulrich Waibel, Ewald Walser, Brigitte Wasmeyer, Anton Watzl, Johannes Wegerbauer, Josef Wimmer, Natascha Wöss, Alfred
Würl, Martina Zwölfer.
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Nordico in neuem Glanz
Sabine Hörschläger
Im Hinblick auf 2009 erhielt nun auch
das Nordico – Museum der Stadt Linz ein
attraktives Ambiente für die Präsentationen seines Ausstellungsprogramms. Die
im Herbst 2007 gestartete grundlegende
Renovierung erforderte rund 850.000
Euro, weitere 120.000 Euro sind in die
Neugestaltung des Vorplatzes investiert
worden. Nach der sechsmonatigen Umbauphase konnte das städtische Museum
Mitte Mai dieses Jahres mit einem „Tag
der offenen Tür“ und der Ausstellung
„Tür an Tür“ des Atelierhauses der Wirtschaft Oberösterreich wieder eröffnen.
Seiner heutigen Bestimmung als Museum mit künstlerischem, archäologischem
und naturkundlichem Schwerpunkt näherte sich das Nordico bereits 1851 mit
der ersten Ausstellung des Oberösterreichischen Kunstvereins. Zu den Hauptaufgaben des Museums zählt seit jeher
die Sammlung, Dokumentation und
Präsentation von Linzer Stadtgeschichte, Kunst und Kunsthandwerk sowie die
Organisation von Ausstellungen. Diese
drehen sich heute verstärkt um die Themen Stadtgeschichte, heimische Kunst
und Fotografie bis zu den frühesten Anfängen. Insgesamt stehen im ersten und
zweiten Obergeschoß mehr als 700 Quadratmeter Ausstellungsflächen für Präsentationen zur Verfügung.
Bewegte Geschichte
Seit seiner Errichtung blickt das Linzer
Stadtmuseum auf eine bewegte Geschichte zurück. Das Gebäude wurde von
1607 bis 1610 von dem italienischen
Baumeister Francesco Silva als Vorstadtpalais des Klosters Kremsmünster erbaut. 1673 bis 1675 wurde das Gebäude ausgebaut und teilweise umgestaltet.
Im Festsaal sind Reste von Fresken aus
der Zeit vor dem Umbau zu besichtigen.
Von 1710 bis 1786 war das Haus im Besitz der Jesuiten und wurde als Konvikt
für Schüler aus Skandinavien – daher
auch der Name „Nordico“ – benutzt. Mit
der Regentschaft Kaiser Joseph II. wurde es in ein Wohngebäude umgewandelt.
Es diente später der Liedertafel Frohsinn unter Chormeister Anton Bruckner
als Probestätte. Der Oberösterreichische
Kunstverein unter Obmann Adalbert Stifter veranstaltete hier Ausstellungen, und
auch der bekannte Mundartdichter Franz
Stelzhamer wohnte einige Zeit in diesem
Haus.
Von 1959 bis 1973 erfolgten etappenweise die Generalsanierung und der Ausbau zum städtischen Museum, das heuer
mittlerweile 35 Jahre in diesen Räumlichkeiten untergebracht ist.
Neues Foyer
Die Kassa und der Museumsshop präsentieren sich nach dem Umbau in neuer Optik. Statt des Holztors führt ein gläsernes Portal in das Foyer des Nordico.
Der bisher links vom Eingang angeordnete Kassenbereich liegt nun direkt im
Foyer. Dort, wo früher die Museumskasse
untergebracht war, ist nun mehr Platz für
den Museumsshop. Rechts vom Eingang
befinden sich zwei Räume mit 140 Quadratmetern Präsentationsfläche.
Cafe mit eigenem Eingang
Durch den Shop führt der Weg zum an der
Nordseite des Nordico gelegenen Cafe,
das durch eine gläserne Schiebewand
vom übrigen Gebäude abgetrennt ist. Das
Lokal ist nun auch über einen eigenen
Eingang vom Vorplatz her erreichbar. Insgesamt 50 Gäste finden hier Platz. Eine
neue Möblierung in Schwarz mit roter
Polsterung lädt zum Verweilen ein.
Neu sind auch der Lift und die drei WCAnlagen. Im Vortragssaal mit neuem
Teppichboden wird die Luft nun klimatisiert. Die Stiegenhäuser, Gänge und
Ausstellungsräume erhielten ebenfalls
einen frischen Anstrich. In den Ausstellungsräumen wurden flexibel einsetzbare
Beleuchtungsanlagen für die Exponate
montiert.
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Im Zuge des Umbaus erhielt das Gebäude auch eine neue Fassade. Der hellblaue Farbton wurde nach Ansichten aus
dem 18. Jahrhundert ausgewählt. Auf
der Fassade wurde der Name Nordico als
rund zweieinhalb Meter breiter und 35
Zentimeter hoher Schriftzug mit Hinterleuchtung angebracht. Auch die an drei
Ecken des Nordico aufgebrachten Ecksteine prägen das neue Erscheinungsbild
des Stadtmuseums wesentlich mit. Die
Fenster wurden ebenfalls saniert.
Größerer Vorplatz
Der rund 700 Quadratmeter große Vorplatz des Museums ist zur Dametzstraße
hin um einen zwei Meter breiten Streifen
mit Schuhplattenbelag vergrößert worden. Der Platz selbst wurde mit einem
Kleinsteinbelag gepflastert. Zwei an der
Nordseite gepflanzte Bäume werden im
Sommer auch als Schattenspender für
den Gastgarten des Cafes dienen.
Die schwere Eingangstür ist durch eine
einladende Glastür ersetzt worden.
(Foto: KOMM)
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Erfolgsbilanz C
­ rossing Europe 2008
Elisabeth Oberlik
Ein weiteres Kapitel in der Erfolgsbilanz
konnte Festivalleiterin Christine Dollhofer
nach Abschluss des Linzer Filmfestivals
Crossing Europe 2008 schreiben. Das Interesse der Festivalgäste steigerte sich in
der fünften Auflage des Festivals um zwanzig Prozent gegenüber dem Vorjahr. Knapp
16.000 BesucherInnen verzeichneten die
Festivalbeiträge, die Nightline und die
Ausstellung im OK von Artist in Residence
Lida Abdul zwischen 22. und 27. April.
Das Filmfestival 2008 präsentierte 150
Filme aus 32 Ländern, die in 132 Programmen zu sehen waren. Fast einhundert
RegisseurInnen waren in Linz und standen
dem Publikum Rede und Antwort.
Hauptpreis an Frankreich
Dank Linz09 ist der Crossing-EuropeAward European Competition mit 10.000
Euro dotiert. Die internationale Wettbewerbsjury sprach diesen Preis dem französischen Beitrag von Isild Le Besco zu,
die für Regie, Drehbuch und Schnitt des
Filmes „Charly“ verantwortlich zeichnet.
Charly ist eine junge Gelegenheitsprostituierte, die den 14-jährigen Nicolas aufliest und in ihren Wohnwagen aufnimmt.
Nicolas ist der Enge bei seinen greisen
Pflegeeltern entflohen und auf einer Reise zum Meer und zu sich selbst. Auslöser
war Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“. Als er mit Charly das Theaterstück
probt, kommt er dem Erwachsenwerden,
sich selbst und dem Meer ein wenig näher. Isild Le Besco hat schon vor drei
Jahren für ihren Film „Demi-Tarif“ den
Linzer Award gewonnen.
Eine lobende Erwähnung der Jury gab es
für den griechischen Streifen „Diorthosi /
Correction“ von Thanos Anastopoulos.
wurde. Die grellroten und gelben Linien,
die sich in ihrer Animation über die estnischen Landschaften schieben, beruhen
auf tatsächlichen Katasterplänen von
verkauften oder zum Verkauf stehenden
Gründen. Dem euphorischen „market sentiment“ der Investoren steht die melancholische Musik des bekannten estnischen
Komponisten Arvo Pärt gegenüber.
Über lobende Erwähnungen der Local Artist Jury konnten sich Ernst Spießberger
für „Brachland“ und Edith Stauber für
„Eintritt zum Paradies um 3 Euro 20“
freuen.
als ihr Stanislav, die rechte Hand ihres
Freundes, seine Liebe gesteht.
Im Kulturhauptstadtjahr gehört das Filmfestival Crossing Europe schon zum fixen
Kulturbestand und die enge Zusammenarbeit setzt sich fort. Die um einen Tag
länger als bisher dauernde Ausgabe des
nächsten Jahres findet von 20. bis 26.
April 2009 statt. Crossing Europe wird
aber auch nach 2009 FilmfreundInnen
aus aller Welt in Linz vereinen.
Barbara Musil bekam den Award Local
Artist für ihren Film „Market Sentiments“.
„Love and other crimes“
Der mit 5.000 Euro dotierte ray-­Publikums­
preis ging an die serbisch-deutsch-österreichisch-slowenische Ge­mein­schafts­pro­
duk­tion „Ljubav i drugi zlocini / Love and
other crimes“ von Stefan Arsenijevic. Protagonistin des Films ist Anica, die drauf
und dran ist, ihre Heimat, eine Neu-Belgrader Hochhaussiedlung und ihren kleinkriminellen Freund Milutin zu verlassen.
Alle ihre Pläne geraten durcheinander,
„Market Sentiments“
Über den Crossing-Europe-Award Local
Artist im Wert von 6.000 Euro konnte sich
Barbara Musil freuen, die von der Jury für
ihren österreichischen Vier-Minuten-Streifen „Market Sentiments“ ausgezeichnet
Den ray-Publikumspreis für den Film „Love and other Crimes“ erhielten Miroslav Mogorovic, Bojan Vuletic, Stefan Arsenijevic, Gabriele Kranzelbinder und Herbert Schwering
(v. l. n. r.). (Fotos: Crossing Europe)
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Magistratsmusik­– Teil eines P
­ rojektes für Linz09
Elisabeth Oberlik
Das Kulturhauptstadtjahr 2009 ist auch
für die Linzer Magistratsmusik etwas
ganz Besonderes. Nicht nur, weil sich die
25 Musiker und ihre drei Kolleginnen,
sowie die zwölf GastmusikerInnen in
einem neuen, vom Linzer Modedesigner
Gottfried entworfenen Outfit präsentieren: dezentes Grau und rote Weste.
Holz und Blech
Die Magistratsmusik Linz ist Teil des
Projektes „Holz und Blech“ des Blasmusikverbandes Linz Stadt, dem vierzehn Kapellen angehören. Thomas Doss
komponiert ein acht Minuten dauerndes
Stück für die Linzer BlasmusikerInnen,
das im April und Mai des kommenden
Jahres je zweimal und im September
viermal aufgeführt wird. Aufführungsort
für die Magistratsmusik ist der Ursulinenhof. In das Projekt sind weitere fünf
Kapellen eingebunden, die an verschiedenen Plätzen musizieren. Das Publikum kann in einer rund eineinhalbstündigen Rundfahrt alle Aufführungsorte
besuchen. Abschließend wird ein Konzert auf dem Hauptplatz mit Lichteffekten geboten.
Komponist Thomas Doss
Thomas Doss, Jahrgang 1966, geboren
in Linz, Absolvent des Musikgymnasiums
und des damaligen Brucknerkonservatoriums, wo er Posaune, Komposition,
­Dirigieren und Instrumentalpädagogik studierte, bevor er seine Studien in Wien, am
Mozarteum Salzburg, in Los Angeles und
Maastricht weiterführte, wird eine besondere Flexibilität in den Stilen nachgesagt.
Seine Kompositionen zeichnen sich durch
große Farbigkeit, Klangreichtum und intensive Aussagekraft aus. Er hat sich auch
schon mit der Magistratsmusik vertraut
gemacht und stimmt seine Komposition
auf die vorhandene Besetzung ab.
Fixtermine
Fixtermine für das nächste Jahr sind der
Magistratsball am 17. Jänner und der
Ball der Oberösterreicher in Wien am 24.
Jänner 2009.
Von der Marschmusik bis zur symphonischen Blasmusik, vom kleinen Ensemble
als Quartett oder Quintett bis zur Bigband
– die MagistratsmusikerInnen treffen immer den richtigen Ton und Rhythmus. Ein
­Höhepunkt ist alljährlich das Frühjahrskon-
zert im Brucknerhaus. Um allen musikalischen Anforderungen gewachsen zu sein,
werden allwöchentlich­ am Donnerstag von
13.30 bis 18 Uhr im Probelokal in Kleinmünchen neue Musikstücke erarbeitet.
Orchesterleitung
Wilhelm Luckeneder, Jahrgang 1957,
gehört seit 1981 der Magistratsmusik
an, zunächst als Trompeter. Er war
seit 1990 stellvertretender Kapellmeis­
ter. Im Jänner 2000 übernahm er die
Orchesterleitung. Er ist auf intensiver
Suche nach neuen Mitgliedern. MitarbeiterInnen der Stadt Linz, die ein
Blasinstrument, Orgel oder Gitarre
spielen, sind herzlich eingeladen, im
städtischen Orchester mitzuwirken.
Er selbst hat die Kapellmeisterprüfung beim Oberösterreichischen Blasmusikverband abgelegt und zusätzlich
zwei Jahre am damaligen Brucknerkonservatorium Orchesterleitung studiert. Anregungen für das Repteroire
holt er sich unter „Harmoniemusik“
auch aus dem Internet.
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linz kultur
Videokunst ist Susanne Jirkuffs Ding
Elisabeth Oberlik
Die Linzerin Susanne Jirkuff schnupperte schon als Vierzehnjährige Bühnenluft.
Mit ihrer Schwester Diana und dem Musiker Rudi Pfann war sie als Part der „Jirkuff Sisters“ ein Begriff. Doch die Musik
war nicht wirklich ihr Ding. Sie fand im
Spannungsfeld von Zeichnung und Film
„ihr Ding“. Der Weg ihrer Videoinstallationen geht vom Gefilmten zur Zeichnung,
die sie wieder in Bewegung setzt.
Von ihren Arbeiten konnte man sich in
der HYPO Video Lounge an der Landstraße ein Bild machen. Pro Jahr werden in
der Video Lounge zwei bis drei VideokünstlerInnen präsentiert. Dafür stehen
insgesamt fünf große Bildschirme zur
Verfügung. Drei im Kunden-Center und
zwei an der Fassade zur Landstraße, damit die Videos das Publikum auch außerhalb der Bankzeiten erreichen.
Susanne Jirkuff nennt ihre Videoanimationen „Choreographies“, Bankschließfächer
fungieren als Raster für die Bewegungen
des Öffnens. Zusätzlich flimmern über drei
hochformatige Monitore Zahlen – Numbers.
Susanne Jirkuff wurde 1966 in Linz geboren. Sie besuchte die Hamerlingschule
und studierte bei Prof. Gsöllpointner an der
damaligen Hochschule für Gestaltung.
Von Linz in die Welt
Dann führte sie ihr Weg über London
nach Los Angeles. 2002 erhielt sie für
vier Monate ein Stipendium der Stadt
Linz in Los Angeles. Ihre Arbeiten waren in Vilnius, Amsterdam und Frankfurt, in Wien und Bilbao, in Barcelona
und Graz, in Taiwan, London, Kairo und
Paris zu sehen. Im Vorjahr wurde sie
mit dem mit 10.000 Euro dotierten
Hilde-Goldschmidt-Preis ausgezeichnet, gleichzeitig erhielt sie ein Staatsstipendium für bildende Kunst.
Es sei ein langwieriger Weg als Videokünstlerin in den „Kunstolymp“ vorzudringen, meint die Linzerin mit Wohnsitz
in Wien. Doch Qualität spricht sich auch
in Kunstkreisen herum und mit großer
Vorlaufzeit gelingt es ihr immer wieder,
Neues zu konzipieren.
Architekturforum:
„Gleich und doch
verschieden“
Jedes Land hat seine eigenen Methoden
und Techniken, die Grundbedürfnisse
unserer menschlichen Existenz zu erfüllen.
Für ein und denselben Lebenszweck
gibt es kulturell unterschiedliche Lösungen. Trotz globalem Einfluss finden
wir nach wie vor lokale Techniken, die
mit Hilfe von Gebrauchsobjekten und
Werkzeugen, zumeist gekauft oder auch
selbst gebaut, ihre funktionelle Anwendung finden.
Die Ausstellung „GLEICH UND DOCH
VERSCHIEDEN“ bietet im Architekturforum Oberösterreich einen Einblick in
den normalen Alltag unserer Welt. Die
Gegenstände stammen nicht aus privaten Sammlungen oder Museen, sondern wurden auf Märkten, in Geschäften
und Warenhäusern gekauft, dokumentiert und gesammelt.
Innerhalb von viereinhalb Monaten
untersuchten die beiden Oberösterreicher Uli Marchsteiner als Designer
und Kurator der Ausstellung sowie
Leo Schatzl als Künstler und Fotograf
zwischen 2003 und 2004 den Alltag
Gleich und doch verschieden /
Equally different
Die Künstlerin Susanne Jirkuff stellte in der HYPO Video Lounge ihre „Choreographies“
aus. Im Bild (v.l.n.r.): Dr. Martin Hochleitner, Leiter der Landesgalerie, Susanne Jirkuff,
Generaldirektor Dr. Andreas Mitterlehner. (Foto: HYPO)
•V
eranstalter:
Architekturforum Oberösterreich
• Kurator: Uli Marchsteiner
•P
hotographien/Videodokumentation:
Leo Schatzl
• Leihgeber: FAD (Fomento de
Artes y Diseño), Barcelona
• Grafische Gestaltung:
David Torrents
• Ausstellungsgestaltung:
Uli Marchsteiner, Niall O’Flynn
• Ausstellungskoordination:
Stephanie Dörper
linz kultur
in vierzehn Ländern, verteilt auf fünf
Erdteile. Sie besuchten Städte, Dörfer und Siedlungen in Kanada, USA,
­Mexiko, Brasilien, Marokko, Senegal,
Kenia, Tansania, Indien, China, Japan,
Indonesien, in Neuseeland und auf den
Fidschi Inseln.
Die gesammelten Gegenstände wurden
in ihrer natürlichen Umgebung gefunden
und so dokumentiert, wie sie tatsächlich
benutzt werden.
Trotz der hier gezeigten über 400 Objekte handelt die Ausstellung von den
Menschen und ihrem Können, Gegenstände zu entwerfen, zu produzieren
und zu benutzen: auf verschiedene Art,
aber stets, um die uns allen gemeinsamen Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Uli Marchsteiner und Leo Schatzl sammelten in 14 Ländern Gegenstände des Alltags.
(Foto: Casanova)
Dietmar Brehms Kettenreaktion
Elisabeth Oberlik
Dietmar Brehm, bekannter und anerkannter Künstler mit Linzer Wurzeln und
Wirkungskreis, ist ein markanter Querdenker. „Es ist für mich fast unmöglich, eine
Sache mit nur einer Arbeit zu erledigen.
Das wuchert immer wieder und es kommt
zu einer Kettenreaktion. Oft ist es eine bestimmte Papierwahl, eine bestimmte Blattgröße, eine bestimmte Zeichenart oder die
Arbeit mit Filzstiften.“ So erklärt Dietmar
Brehm seine Serienbilder, beispielsweise
das 18-teilige Werk, das die „Freunde des
Lentos“ für das Museum angekauft haben.
Es handelt sich um eine Serie von Selbstbildnissen unter dem Titel „Frisuren“.
1.500 Sekundenfallen
Eine bestimmte Papierwahl, nämlich Millimeterpapier in A4-Format, ist die Grundlage für seine „Sekundenfalle“. Seit fast
dreißig Jahren entstanden 1.500 Zeichnungen, alle auf dem gleichen Bildträger,
aber mit ganz unterschiedlichen Motiven.
Mit Momentaufnahmen aus der Befindlichkeit des Schöpfers entstanden, Assoziationen zu Augenblicken, Zeichnung
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gewordene Gedanken. Ein Teil dieser Serie war im Kubin-Haus in Zwickledt zu sehen, ein kleiner Teil in der Landesgalerie,
die auch etliche großformatige Malereien
Dietmar Brehms bis 22. Juni ausstellte.
Medium Film
Doch der 1947 in Linz geborene und seiner
Heimatstadt treu gebliebene Künstler Dietmar Brehm begnügt sich nicht mit Zeichnung und Malerei. Er hat sich auch international einen Namen als Filmer gemacht.
1974 begann er sich für das Medium Film
zu interessieren und machte erste Experimente. Sein jüngstes Werk ist der Trailer
für das Linzer Filmfestival Crossing Europe
mit dem Titel „Die Fliege“, das dank der
finanziellen Unterstützung durch Linz09
zustande gekommen war. Ob Film, Zeichnung oder Malerei, die Handschrift des
Professors an der Linzer Kunstuniversität
ist unverkennbar. Er reduziert das Dargestellte bis zum Symbol, er lässt den Betrachter nicht gedankenlos konsumieren.
Nicht nur als Künstler prägt Dietmar
Brehm den Kulturbetrieb. In der Neuprä-
sentation „Aufmischen“ der Bestände
des Lentos ist er für den dritten Raum
verantwortlich, dem er einen ganz persönlichen Stempel aufdrückte.
„Aufmischen“
In der bis zum Jahresende gezeigten
Ausstellung mit Werken aus der reichhaltigen Sammlung des Lentos wurden
sechs KünstlerInnen eingeladen, ihre
Sicht der vorhandenen Dinge dem Publikum nahe zu bringen. Dietmar Brehm ist
einer von ihnen.
Dietmar Brehm, Schwarzensee, 1992.
(Foto: Landesgalerie)
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linz kultur
Clemens Koglers Film „Herr Bar“ erhielt Diesel Art Award 2007
Stephen Sokoloff
Menschliche Körperteile sammelte Clemens Kogler eifrig, um seinen prämierten
Film „Herr Bar“ zu gestalten. Einige
lichtete er selbst ab, andere entnahm
er Katalogen und Bildarchiven. Dann
begann die mühsame Arbeit des Zusammensetzens, die ihn sieben Wochen lang
auf Trab hielt.
Aus Händen mit verschiedenen Hautfarben formte er dabei Bäume, Beine
bildeten flamingoartige Vögel, Lippen
ordnete er wie Blütenblätter an, um eine
neue bizarre Pflanzenspezies zu kreieren.
Fingergelenke fügte er zu einem sich drehenden Riesenrad zusammen.
Die Gegenstände und Lebewesen platzierte er in surreale Landschaften, zum
Beispiel in eine Wiese aus Menschenhaaren, vor einen Gebirgszug, der sich
bei näherer Betrachtung als Hinteransicht einer liegenden Person entpuppt.
Als letzten Schritt legte Kogler die Folge
der Szenen fest. Beinahe alle Elemente
im dreiminütigen Animationsfilm stammen aus Gliedmaßen und anderen Körperpartien – selbst die „Schneeflocken“
bestehen eigentlich aus Zähnen.
Das fantasievolle Video wurde mit dem
internationalen Diesel Art Award 2007
ausgezeichnet. Das Preisgeld von 10.000
Euro verwendete Kogler, um eine Ausstellung in der New Yorker Diesel-DenimGalerie zu finanzieren. Dort präsentierte
er Filmmotive auf Holzplatten. So zeigte
er etwa einen Schwarm aus 400 Vögeln,
die alle einzeln mit einer Laubsäge ausgeschnitten werden mussten.
Eine neue Ästhetik
Clemens Kogler studiert Malerei und
Grafik im zehnten Semester an der Linzer Kunstuniversität. Er bezeichnet sich
selbst als Computerirren, der obszessiv
arbeitet und sein Sozialleben vernachlässigt. Als Experimentalfilmer ist er
bestrebt, innovative kinematographische
Werke statt leichter Unterhaltung zu
­produzieren.
Viel Beachtung erzielte sein gemeinsam
mit Karol Szmit produzierter Kurzfilm
„Le grand Content“. Der halbphilosophische Streifen versucht, sich satirisch
mit existenziellen Fragestellungen in
einer bewegten Power-Point-Demonstration auseinanderzusetzen. Darin
symbolisieren beispielsweise drei sich
überschneidende Kreise das Leben,
die Freiheit und die Suche nach dem
Glück. „Für diese stehen 471 Kabelfernsehkanäle zur Verfügung“, erklärt
der Sprecher auf Englisch. „Zusammen
mit Saccharin und Pop-Balladen bieten
uns diese Sender künstliche Süße ohne
Grenzen.“ Auf der Internet-Seite „YouTube“ wurde das Video 600.000 Mal
angeklickt.
Goethestraße“ zwei Kurzfilme. Dort fungiert der kranke Hase aus der Grottenbahn als Leitfigur. Er bricht aus seiner
Märchenwelt aus und zeigt uns die ober­
österreichische Landeshauptstadt aus
der Perspektive des Verlierers.
Der begabte Filmkünstler, Jahrgang
1980, hat sich bereits eine lobende
Erwähnung beim Film-Festival „Diagonale“ verdient. Eines seiner Videos
mit Szenen aus Linz ging auf Tour mit
Hubert von Goisern. Nun sorgt ein spezieller Filmverleih für die Präsentation
seiner Werke bei verschiedenen Veranstaltungen. Der Diesel Art Award 2007
ist seine bisher bedeutendste Auszeichnung.
Kurzfilm für Linz09
Für Linz09 produziert Kogler in Zusammenarbeit mit der Galerie „Kunstraum
Clemens Kogler, Szene aus dem Film
„Herr Bar“. (Foto: Sokoloff)
linz kultur
Erwin Reiters ­Wellenmenschen
Stephen Sokoloff
Sein Markenzeichen sind die großen
wellenförmigen Skulpturen aus Metall.
Erwin Reiter hat ihre Produktion nun
eingestellt. Seine ondulierenden Figuren
setzen ihr Dasein jedoch auf der Leinwand fort. Offensichtlich sind sie bestrebt, sich zu Menschen zu entwickeln.
In einer der Zeichnungen, die der emeritierte Professor in der Linzer Galerie halle zeigte, holt eine Strömungsgestalt mit
den Händen hammerartig aus, um seinem
„Kumpel“ von hinten auf den Kopf zu schlagen. Ein anderes Bild präsentiert Vater und
Sohn, die mit ausgestreckten Armen ihre
gegenseitige Zuneigung demonstrieren. Da
sie gesichtslos sind, müssen sie Gestik statt
Mimik einsetzen, um ihre Gefühle auszudrücken. Offensichtlich spielt sich diese
Szene im Freien ab, sind doch ein blauer
Himmel und eine grüne Wiese zu erkennen.
Reiter meint, dass unsere Körper eigentlich
lang gestreckte Wellen sind, denn wirkliche
Geraden kommen in der Natur nur äußerst
selten vor. Außerdem setzen sich unsere
Gedanken elektromagnetisch fort, wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit, was wohl
unsere Unsterblichkeit ausmacht.
Diebischen Spaß bereitet es dem Künstler, Bibelgeschichten neu zu deuten. So
konfrontiert er uns mit einer eigenartigen
Heiligen Familie, bestehend aus vier abstrakten Menschenfiguren vor einer Krippe. „Die Brüder Jesu müssen auch Götter gewesen sein“, spekuliert er.
Zur Schöpfungsgeschichte meint er, dass
wahrscheinlich Außerirdische im Spiel
waren. An ihrem „genetischen Versuch“
könnten mehrere Paare beteiligt gewesen
sein. Eva betrachtet er als besonders intelligente Frau, die imstande war, Tabus
zu brechen und dadurch Fortschritte eingeleitet hat. Nach der „Erbsünde“ wurde
die Stammmutter nicht aus dem Garten
Eden vertrieben, sondern das Paradies
aufgelöst. Auch der Heilige Joseph setzte
sich über die Moral seiner Zeit hinweg,
indem er seine Frau, die von einem anderen schwanger war, nicht verstieß.
Das Werk Erwin Reiters ist wesentlich vielfältiger, als gemeinhin angenommen wird.
Es lässt sich keinesfalls lediglich auf Metallwellen reduzieren.
Freilichtmuseum Julbach
Heute lebt der pensionierte Professor der
Linzer Kunstuniversität zurückgezogen in
Julbach. Dort bevölkert eine Vielzahl sei-
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ner Plastiken ein Grundstück in der Nähe
seines Wohnsitzes und bildet eine Art Freilichtmuseum. Ursprünglich wollte Reiter
sie im Ort verteilt aufstellen, die Einheimischen waren aber mit dem Vorhaben nicht
einverstanden. Es hätte zu viel Arbeit bedeutet, immer wieder Gras und Unkraut,
das um jede einzelne Figur emporschießt,
zu entfernen. In Zukunft will der Plastiker Räumlichkeiten für eine permanente
Ausstellung schaffen. Sie sollen vor allem
Werke seiner Frau Edda beherbergen.
Erwin Reiter, Mary with Gods.(Foto: Sokoloff)
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linz kultur
Kurt Philipp trifft Vincent van Gogh in Afrika
Stephen Sokoloff
Der Maler Kurt Philipp befand sich
jahrzehntelang auf der Suche nach van
Gogh, seinem großen Vorbild. Schließlich wurde er, zumindest in seiner Fanta­
sie, fündig. Es geschah ausgerechnet
auf dem Schwarzen Kontinent, wo einst
der ­Reporter Stanley dem Entdecker
­Livingtons nachspürte, vor einer üppigen ­grünen Urwaldkulisse. In einem
Gemälde, das dieses Ereignis zelebriert,
­strecken beide seelenverwandten Künstler die Arme zueinander aus, wobei die
Gliedmaßen in bunten, pyrotechnisch
sprühenden Farben verschmelzen.
Auf einem weiteren Bild in der Linzer Galerie halle liegt der große Expressionist
in einem Kornfeld. Er ist fast zu einem
Skelett abgemagert und sein Körper erscheint genauso rot wie die sengende
Sonne über seinem Kopf. Sein Leben
geht zur Neige, denn er hat sich eine
tödliche Schusswunde zugefügt. Dieses
Werk, wie auch die anderen des Zyklus,
entstand 1990, im hundertsten Todesjahr des Meisters.
Im nächsten Exponat, „Auf dem Weg
nach Tarascon“, radeln van Gogh und
sein Schatten in entgegengesetzte Richtungen. Der rot-gelbe Längsstreifen, der
die Straße symbolisiert, verliert sich in
der Unendlichkeit, während die Luft in
Form von blauen Flecken die Stämme der
Bäume am Rand der Fahrpiste umhüllt.
Die gleichnamige Schöpfung des weltberühmten Malgenies gilt als verschollen.
Anstatt Formen lediglich einzufärben, hat
Philipp diese Gemälde mit Farben gestaltet.
Dabei mischte er die Pigmente mit Leinöl
direkt auf dem künftigen Bildträger und entwickelte das fertige Werk aus dem so entstandenen Gefüge an bunten Flecken.
Kaiserin Elisabeth
Auch Sisi und Franz Joseph gehören zum
Themenrepertoire des Wiener Malers. Er
zeigt die Herrscherin vor einem Fenster,
also in einer Pose, die für Figuren des
Romantikers Caspar David Friedrich cha-
rakteristisch ist. Allerdings ist ihr Kleid
durchsichtig und wir erkennen, dass sie
innerlich verblutet. Somit ist schon das
Ende der Monarchie vorgezeichnet.
In einer weiteren, gesellschaftskritischen
Bildserie nimmt Philipp den Wiener
Opernball und die Fußball-Europameisterschaft aufs Korn. Die Akteure sind
fragmentarische Gestalten, oft ohne
Köpfe oder Beine. Bereitwillig und ungeniert stellen sie ihre Lächerlichkeit zur
Schau, ihr Benehmen ist schlechthin –
wie das Urinieren in der Öffentlichkeit
– abscheulich. Die Anregungen für diese
karikaturhaften Darstellungen holte sich
Philipp aus Boulevardzeitungen.
Motive aus der Vorstadt
Leider eignen sich solche Werke kaum
für bürgerliche Wohnzimmer. Wesentlich leichter können GaleristInnen seine
Landschaften von San Francisco, New
York, Jerusalem und Salzburg absetzen.
Begonnen hat der Künstler mit Motiven
aus der Wiener Vorstadt, wo er 1928
geboren wurde und unter ärmlichen
Verhältnissen aufwuchs. Er verstand es
meisterhaft, mit seinem Pinsel die graue
Ödnis in ein farbenfreudiges Wunderland
zu verwandeln.
In seiner Jugend arbeitete Philipp zehn
Jahre lang als Jazzmusiker in der „Elite-Band“, einer damals sehr bekannten
Gruppe. Er machte Schallplatten-Aufnahmen und trat im Rundfunk und bei
Veranstaltungen auf. Leider beendete
eine schwere Grippe seine Laufbahn als
Saxophonist.
Als bildender Künstler errang er einige
Auszeichnungen, unter anderem die Silbermedaille des Pariser Stadtrats und
den Hauptpreis des Österreichischen
Graphikwettbewerbs in Innsbruck. Ausländische Ausstellungen seiner Werke
fanden in Frankreich, Polen, der Schweiz
und der Slowakei statt.
Kurt Philipp, Auf dem Weg nach Tarascon. (Foto: Sokoloff)
linz kultur
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Ingeborg Rauss – im Spannungsfeld der Ordnung
(Fotos: Sokoloff)
Stephen Sokoloff
Ingeborg Rauss, Verzweifelte Frau.
Ingeborg Rauss, Angepasste Frau.
Ingeborg Rauss, Geordnete Welt.
Bunte Gittersysteme spannen sich über
die metergroßen Leinwände von Ingeborg
Rauss. Mitten in den rechtwinkelig angeordneten Farblinien und Diagonalen stecken Menschen. Sie muten wie Fische an,
die in einem Netz gefangen sind. In einem
der Bilder entdecken wir eine Frau, die
Zufriedenheit ausstrahlt. Sie hat sich mit
ihrem Los der Unfreiheit abgefunden. Wie
man sich geben muss, weiß sie genau. Sie
trägt in jeder Situation das passende Outfit.
Routinehaft kann sie ihre Affekte unterdrücken, um langfristige Ziele zu erreichen.
Wenn Rauss ein Gemälde konzipiert,
entwirft sie zuerst ein System von „Gitterstäben“, dann überlegt sie die Attitude, die ihre Figur in diesem abstrakten
Ordnungsgefüge einzunehmen hat. Anregungen dazu gewinnt sie häufig aus
Zeitschriften. Die Medien konfrontieren
uns mit Vorbildern, die uns unsere gesellschaftlichen Rollen vorführen.
Andere Exponate der Künstlerin befassen sich mit Verkehrssystemen. Darin wimmelt es von bunten Linien und
farbigen Flächen wie Straßen auf einer
Landkarte. Durch Übertreibung möchte
uns Rauss die Komplexität plastisch vor
Augen führen, die uns bei jeder Fahrt
mit dem Auto begegnet.
Ingeborg Rauss studierte an der Linzer
Kunstuniversität unter Professor Dietmar
Brehm.
Gleichzeitig belegte sie Kunstwissenschaft und Philosophie an der Katholisch-Theologischen
Privatuniversität.
Bei der Biennale 2005 in Florenz, an
der 800 MalerInnen teilnahmen, errang
sie den begehrten Lorenzo-il-MagnificoPreis.
Ausstellungen ihrer Werke fanden in Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweden und Tschechien statt.
Mehrmals präsentierte sie ihre Gemälde in der oberösterreichischen
Hauptstadt: im Jägermayrhof, im Kulturzentrum Hof, im AKh, in der Galerie Generali und zuletzt in der Galerie
halle. Bilder der Malerin befinden sich
im Besitz der Landesregierung und der
Landes­ga­lerie.
Von Zellen zu Sozialsystemen
Die Struktur der Gesellschaft thematisiert die Künstlerin seit vier Jahren in
ihrer Malerei. Vorher befasste sie sich
mit dem Zusammenspiel der Zellen und
der Tätigkeit des Gehirns. Um Abläufe im
Gehirn zu veranschaulichen, übermalte
sie einmal ein Bild in der Form, dass alte
und neue „Informationen“ miteinander
verknüpft sind. Damit verfolgte sie die
Absicht, uns die Mechanismen vorzuführen, bei denen angeborenes und erlerntes
Wissen miteinander verbunden werden.
84
linz kultur
Meilensteine der Stadtentwicklung 1945–1984
Bürgermeister Franz Dobusch und Vizebürgermeister Dr. Erich Watzl eröffneten
am 29. April im Brucknerhaus die neue
Ausstellung des Archivs der Stadt Linz.
Unter dem Titel „Meilensteine der Stadt­
entwicklung. Linz 1945 – 1984“ skizzierten großformatige Schautafeln die
wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Eckdaten in der jüngeren Geschichte der Stadt. Ergänzt wurde die mit interessantem historischen
Fotomaterial belegte Ausstellung mit
einem Film und Videobeiträgen aus den
verschiedenen Jahrzehnten. ORF-Beiträge aus den 70er Jahren gaben Zeugnis
vom kultur- und gesellschaftspolitischen
Geschehen in der oberösterreichischen
Landeshauptstadt. Ein von der Stadt
Linz produzierter Film eröffnete ebenfalls Einblicke in die Zeit zwischen
Kriegsende und 1984.
Die Ausstellung „Meilensteine der Stadtentwicklung. Linz 1945 – 1984“ war im Linzer
Brucknerhaus zu sehen. (Foto: Archiv)
Klassengesellschaft im Nationalsozialismus
Die Volkshochschule Linz setzte am 26.
März 2008 im Wissensturm die Veranstaltungsreihe zum Thema „Anschluss“
und NS-Staat fort, die in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Stadt Linz
durchgeführt wird.
Rassengesellschaft
„Rassen- und Klassengesellschaft im
Nationalsozialismus“ lautete der Titel
des Vortrags von Prof. Dr. Götz Aly aus
Frankfurt. Moderiert hat die Veranstaltung Dr. Walter Schuster, der Leiter des
Archivs der Stadt Linz.
Gefälligkeitsdiktatur
Götz Aly betrachtet den NS-Staat aus
einem Blickwinkel, der ihn als Gefälligkeitsdiktatur zeigt. Hitler, die Gauleiter, Minister und Staatssekretäre
agierten als klassische Stimmungspolitiker. Sie fragten sich täglich, wie sie
die Zufriedenheit der deutschen Mehr-
heitsbevölkerung sichern konnten.
Auf der Basis von Geben und Nehmen
erkauften sie sich deren Zustimmung
oder wenigstens Gleichgültigkeit durch
eine Fülle von Steuerprivilegien, mit
Millionen Tonnen geraubter Lebensmittel und mit der Umverteilung des
»arisierten« Eigentums von verfolgten
und ermordeten Juden aus ganz Eu­
ropa.
Nationaler Sozialismus
Den Deutschen ging es im Zweiten
Weltkrieg besser als je zuvor, sie sahen im nationalen Sozialismus die
Lebensform der Zukunft – begründet
auf Raub, Rassenkrieg und Mord. Die
nationalsozialistische Gesellschaft beruhte daher auf der Ausgrenzung und
Verfolgung von Minderheiten sowie
auf scheinbaren oder tatsächlichen
Zuwendungen für Angehörige der NS„Volksgemeinschaft“.
Götz Aly
Der 1947 geborene Götz Aly besuchte
die Deutsche Journalistenschule in München, studierte Geschichte und Politische Wissenschaften in Berlin. Er hat
wichtige Veröffentlichungen zur Sozialpolitik und zur Geschichte des Nationalsozialismus vorgelegt. Er war Redakteur
bei der taz, bei der Berliner Zeitung und
arbeitet heute als freier Autor. 2002 wurde Prof. Dr. Götz Aly mit dem HeinrichMann-Preis ausgezeichnet, 2003 mit
dem Marion-Samuel-Preis.
Hitlers Volksstaat
Der Buch-Tipp zum Vortrag lautet:
Götz Aly, „Hitlers Volksstaat. Raub,
Rassenkrieg und nationaler Sozialismus“, S. Fischer Verlag, ISBN
3100004205.
92
linz wirtschaft
Gutes Jahr für den Linzer Hafen
Der Linzer Hafen – ein Geschäftszweig
der zur LINZ AG zählenden LINZ SERVICE GmbH – ist einer der wichtigsten
Logistikknoten im oberösterreichischen
Zentralraum. Im Jahr 2007 konnte die
Gesamtbetriebsleistung um 4,3 Prozent
auf 3,134 Millionen Tonnen gesteigert
werden. Der Zuwachs ist in erster Linie
auf das Landgeschäft zurückzuführen.
Wegen des florierenden Kombiverkehrs
stieg der Landumschlag um 5,9 Prozent
auf 2,086 Millionen Tonnen. Beim Wasserumschlag konnte das Tonnageminus
im Handelshafen durch eine kräftige
Steigerung des Tankhafenumschlags
mehr als kompensiert werden. Es wurden 1,049 Millionen Tonnen umgeschlagen, um 1,2 Prozent mehr als 2006. Das
Betriebsergebnis war mit 3,7 Millionen
Euro um 9,8 Prozent besser als im vorangegangenen Geschäftsjahr. Der Inves­
titionsaufwand von 2,2 Millionen Euro
diente vor allem für den Ausbau des
Containerterminals.
wurden umgeschlagen. Der Lagerumschlag lag mit 39.763 Tonnen um 9,4
Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Spezialist für Lagerung
Die zur Gänze im Eigentum der LINZ AG
befindliche österreichische Donaulager
GmbH verfügt über eine gedeckte Lagerfläche von rund 95.000 Quadratmetern
die voll ausgelastet ist. Ihre Kunden sind
Industrie- und Handelsbetriebe aus Österreich und Deutschland. Das Unternehmen
zählt zu den führenden Anbietern von Gefahrgutlagerflächen. In vier Hallen­werden
derzeit 3.500 Palettenplätze ­geboten.
Eine fünfte Lagerhalle mit 3.500 Palet­ten­
plätzen ist in Bau. Sie wird eine im Jänner
2008 ohne Verschulden der Donaulagergesellschaft abgebrannte Halle mit 1.200
Palettenplätzen ersetzen. Gelagert werden
vor allem Reinigungs- und Lösungsmittel,
Chemikalien zur Entfettung von Metallen,
Sprays und Lacke. Ausbaufähig ist auch
der Bereich Tiefkühllager. Dabei gewinnt
die Lagerung von Spezialfolien sowie Flugzeugkomponenten immer mehr an Bedeutung. Ein neues Tiefkühllager mit 1.900
Palettenplätzen wurde im Juni 2008 in
Betrieb genommen.
Investitionen 2008
Heuer werden im Hafen rund 6,2 Millionen Euro investiert. Herausragende Ausgabenposten sind neben den Lagerhallenprojekten vor allem Umschlaggeräte,
Fahrzeuge und Logistikeinrichtungen
sowie die Vorbereitung der Verlandung
von Teilen der drei Hafenbecken. Die gewonnene Fläche von mehr als sechs Hektar wird für den Bau eines Logistikparks
verwendet.
(www.linzag.at)
Höherer Wasserumschlag
Der Wasserumschlag ging im Handelshafen wegen geringerer Düngemitteltransporte um 17,3 Prozent auf 469.345 Tonnen zurück. Im laufenden Geschäftsjahr
zeichnet sich jedoch wieder ein Aufwärts­
trend ab. Im Tankhafen wurden 579.201
Tonnen Mineralölprodukte umgeschlagen,
um 23,6 Prozent mehr als 2006.
Der Trend zur Containerfracht ließ den
Umschlag im Kombiverkehrszentrum um
6,2 Prozent auf 2,045 Millionen Tonnen
steigen. Mehr als 200.000 Container
Impressum:
linz aktiv
Kommunale Vierteljahresschrift
der Stadt Linz
Herausgegeben von der
Landeshauptstadt Linz
Chefredakteurin: Dr. Karin Frohner,
Leiterin der Stadtkommunikation Linz
Redaktion:
Der Linzer Hafen wird als Logistikdrehscheibe weiter an Bedeutung gewinnen.
(Foto: Stadtplanung Linz/Pertlwieser)
Mag. Christian Reiter,
Stadtkommunikation Linz,
Hauptplatz 1, 4041 Linz
Tel. +43 (0) 0732 / 7070 - 1373,
Fax: 7070 - 1313
E-Mail: [email protected]
Gestaltung:
Franz Kostak, Gregor Leutgeb
Medieninhaber, Verleger und Drucker:
Gutenberg-Werbering Ges. m. b. H.,
Anastasius-Grün-Straße 6, 4020 Linz
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Jahresabonnement: 7,25 Euro
Veröffentlichungen von Beiträgen aus
„linz aktiv“ mit Quellenangaben (auch
im Falle von auszugsweisen Wieder­
gaben) gestattet.

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