Gewalthaltige Computerspiele und ihre Wirkung

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Gewalthaltige Computerspiele und ihre Wirkung
Digitale Medien/ Online Medien
SS 2010
Bachelorthesis
Jasmin Bork
(Martrikelnummer 228140)
Gewalthaltige Computerspiele und ihre Wirkung
In wie weit sind Erklärungsansätze und Wirkungstheorien für gewalthaltige Singleplayer Computerspiele auf Multiplayer Computerspiele übertragbar
oder bedürfen einer theoretischen Erweiterung?
Professor Dr. Ullrich Dittler
Professor Michael Hoyer
Abstract
Diese Arbeit beschäftigt sich nicht nur mit der Medienpsychologie, sprich mit der
Medienwirkung allgemein, sondern gezielt mit der Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen. Allerdings soll sich diese Arbeit nicht in viele vorangegangene Arbeiten einreihen. Die Arbeit soll zeigen, dass die Medien und die Spiele einen
Menschen nur in so weit beeinflussen können, wie die menschliche Psyche es
zulässt.
Die Idee zu einem Thema dieser Art kam durch die Medien selbst auf, genauer
durch die öffentlichen Diskussionen über die Wirkung gewalthaltiger Computerspiele. Obwohl sich auch die Politiker zu diesem Thema äußern und es auch sonst
viele Theorien darüber gibt, kann es wohl nie zu einem endgültigen Ergebnis kommen, da viele unterschiedliche Faktoren Einfluss auf die Wirkung nehmen.
In dieser Arbeit sollen nun mehr Singleplayer und Multiplayer Computerspiele direkt
miteinander verglichen werden. Sie soll also die wesentlichen Unterschiede aufzeigen, falls vorhanden, aber auch die eventuellen Gemeinsamkeiten. Die Arbeit soll
zeigen,welche Faktoren zum Spielen führen, insbesonders natürlich weshalb ein
Singleplayer-Spiel einem Multiplayer-Spiel (oder umgekehrt) vorgezogen wird.
Ziel der Arbeit ist jedoch nicht zu beweisen, dass Medien keine Aggressionen fördern. Sie soll lediglich zeigen, dass nicht nur die Medien insbesondere Computerspiele eine Rolle spielen, sondern auch die Persönlichkeit und die Umwelt.
I
Inhaltsverzeichnis
Abstract
I
Inhaltsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis
VII
1 Einführung
1.1 Medienwirkungsmodelle . . . . . . . . . .
1.2 Mediennutzung/ Medienumgang allgemein
1.3 Wirkung von Gewalt in den Medien . . . . .
1.4 Medienpsychologie und Computerspiele . .
1.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . .
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2 Computerspiele
2.1 Geschichte der gewalthaltigen Computerspiele
2.2 Die Spielertypen und ihr bevorzugtes Genre . .
2.3 Der Intensivspieler in näherer Betrachtung . . .
2.4 Computerspiele und Politik . . . . . . . . . . .
2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . .
3 Wirkungstheorien
3.1 Kartharsistheorie . . . . . . . . . . .
3.2 Inhibitionsthese und Umkehrthese . .
3.3 Habitualisierungstheorie . . . . . . .
3.4 Kultivierungstheorie . . . . . . . . . .
3.5 Suggestionsthese . . . . . . . . . . .
3.6 Excitation-Transfer-These . . . . . . .
3.7 Stimulationsthese . . . . . . . . . . .
3.8 Priming Ansätze und die Skripttheorie
3.9 Theorie des Beobachtungslernens . .
3.10 Zusammenfassung . . . . . . . . . .
II
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4 Wirkungs- und Erklärungsansätze für Computerspiele
4.1 Kurzfristige Effekte gewalthaltiger Computerspiele .
4.2 Langfristige Effekte gewalthaltiger Computerspiele .
4.3 Developmental Contextualism . . . . . . . . . . . .
4.4 Modell der Abwärtsspirale . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Faszination gewalthaltiger Computerspiele
5.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Faszination Gewalt . . . . . . . . . . . .
5.3 Motivation der Gewaltanwendung . . . .
5.4 Faszination als Problem . . . . . . . . .
5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .
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52
6 Nähere Betrachtung gewalthaltiger Computerspiele
53
6.1 Singleplayer vs. Multiplayer Computerspiele . . . . . . . . . . . . . . 53
6.2 Pro und Contra: Verbot von Killerspielen . . . . . . . . . . . . . . . . 57
7 Resümee
63
Danksagung
b
Eidesstattliche Erklärung
c
Literaturverzeichnis
e
Online Ressourcen
g
III
Abbildungsverzeichnis
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
Phasen der Medienwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stimulus-Response-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stimulus-Organism-Response-Modell . . . . . . . . . . . . . . . .
Bedürfnisspyramide nach Maslow . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fehlverhalten der Fahrzeugführer bei Unfällen mit Personenschaden
im Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Bei Straßenverkehrsunfällen verunglückte 18- bis 24-Jährige 2008
1.7 Alter der Befürworter und Gegner von Schusswaffen . . . . . . . .
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2.1 Typologie der Computerspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2 Die Altersstruktur der Intensivspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.3 Prozentuale Verteilung der Altersstruktur . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.1 Das General Affective Aggression Modell - Kurzfristige Effekte . . . . 34
4.2 Das General Affective Aggression Modell - Langfristige Effekte . . . 35
4.3 Ein dynamisch-interaktionistisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.1 Motivationsprozesse beim Computerspielen . . . . . . . . . . . . . . 42
6.1 Bedürfnisspyramide nach Maslow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
6.2 Anerkennungssuche durch Hilfestellung bei Computerspielen . . . . 54
6.3 Forumsbeitrag über verbotenes Killerspiel (Manhunt) . . . . . . . . 61
V
Tabellenverzeichnis
1.1
1.2
1.3
1.4
Kritik am Uses-and-Gratifications-Ansatz . . .
Theoretische Ansätze zur Mediennutzung . . .
Kontextbezogene Ansätze zur Mediennutzung
Was verstehst du persönlich unter Gewalt? . .
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. 4
. 7
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. 10
VII
1 Einführung
1.1 Medienwirkungsmodelle
Nachdem nun also festgestellt wurde, dass wir Medien oft unbewusst nutzen, stellt
sich als nächstes die Frage ob die Wirkung der Medien immer gleich ist und wie
genau die Medienwirkung funktioniert. Die Medienwirkung hat sich mit der Zeit und
mit dem Zuwachs an Medien mehr und mehr verändert, das zeigt auch die Grafik
nach Donsbach.
Abbildung 1.1: Phasen der Medienwirkung; Quelle: „Heinz Bonfadelli 2004 “
Die I. Phase wurde geprägt von dem „Stimulus-Responses-Modell“, welche eine direkte Wirkung auf den Rezipienten hatte, d.h. es gab hier keinen „Zwischen Stop“,
da es eine direkte Kommunikation zwischen dem Stimulus und dem Rezipienten
gab.
Abbildung 1.2: Stimulus-Response-Model; Quelle: „Heinz Bonfadelli 2004 “
1
Medien wurden als geplante und massenhaft verbreitete Botschaften angesehen,
die für jeden Rezipienten die gleiche Reaktion hervorrief. Von einer individuellen
Reaktion wurde hier nicht ausgegangen. Als Beispiel hierfür wird oft das Radiohörspiel „Invasion from Mars“ von H.G. Wells von 1938 genommen, da das Massenmedium für die Veröffentlichung genutzt wurde. Fälschlicherweise wurde das Hörspiel von vielen Menschen als Nachrichtensendung missverstanden, da zu dieser Zeit Radiosendungen aus Nachrichten oder Musik bestanden, jedoch nicht
üblicherweise aus Radiohörspielen. Dieses Missverständnis führte zu einer Massenpanik, da auch Menschen, die die Radiosendung nicht hörten von Freunden
und Familie informiert wurden. Hält man sich dieses Beispiel vor Augen wird die
Medienallmacht noch deutlicher, zwar haben die die Menschen weiterentwickelt,
so dass eine Radiosendung wahrscheinlich nicht mehr als Nachrichtensendung
missverstanden werden könnte, jedoch gilt die Weiterentwicklung auch für die Medien.(Vgl. [Bonfadelli, 2004])
Dies verdeutlicht das sogenannte S-O-R-Modell der II. Phase der wirkungsstarken
Medien.
Abbildung 1.3: Stimulus-Organism-Response-Modell; Quelle: „Heinz Bonfadelli 2004 “
Im Gegensatz zum vorhergehenden S-R-Modell spielt hier der mediatisierende
Organismus die entscheidende Rolle, da er als Verbindung zwischen Stimulus
und Reaktion dient. Als Organismus bezeichnet man hier die intervenierenden Variablen, d.h. die Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen oder auch Bewusstseinsinhalte. Es wird also davon ausgegangen, dass diese Instanzen die Wirkung
der Massenmedien bestärken und so die Rezipienten beeinflussen, im Gegensatz
zum S-R-Modell gibt es also keine direkte Reaktion auf die Medienaussage. Obwohl sich diese Modelle in einem wichtigen Ansatz unterscheiden, unterstützen
beide die Frage „Was bewirken Medien bei den Rezipienten?“. Erst in den 70er
Jahren kam durch den Nutzenansatz die Frage auf, was die Rezipienten bei den
Medien bewirken. Es werden nun auch die Bedürfnisse und Motive beachtet, die
hinter der Medienzuwendung stehen. Dieser Ansatz führt nun auch zum nachfolgenden Kapitel „Mediennutzung“. (Vgl.[Bonfadelli, 2004])
2
1.2 Mediennutzung/ Medienumgang allgemein
Nachdem in den letzten Jahren immer mehr Jugendliche zu extremen Gewalttaten neigten, wurde das Thema der Mediennutzung und den damit verbundenen
Einfluss zur öffentlichen Diskussion. Leider werden bei diesen Diskussionen die
Ursachen nur oberflächlich gesucht, d.h. der eigentliche Ursprung, die Mediennutzung wird dabei selten berücksichtigt. Im folgenden Kapitel wird nun näher auf den
Ursprung der Mediennutzung, die Medienwirkungsmodelle und die Wirkung von
Gewalt in den Medien eingegangen.
In der Mediennutzung geht es nun vor allem darum den Grund für die Nutzung herauszufinden, hierbei gilt es zwischen den motivationalen Ansätzen und den kontextbezogenen Ansätzen zu unterscheiden.
Bei dem motivationalen Ansatz sind der Uses-and-Gratification-Approach, die Unterscheidung der Grundbegriffe wie z.B. Bedürfnis und Motiv oder Handeln und
Verhalten, sowie die Motive für die Nutzung von Medienangeboten näher zu betrachten.
Der Uses-and-Gratification Ansatz bietet folgende Grundannahmen, die helfen den
Grundgedanken dieses Ansatzes besser zu verstehen:
• „Mediennutzung kann über Bedürfnisse und Motive der Rezipienten erklärt werden
• Das Publikum ist aktiv, kennt seine Bedürfnisse und handelt zielgerichtet
• Medien konkurrieren nicht nur untereinander um Zeit und Aufmerksamkeit der Menschen, sondern auch mit anderen Quellen der Bedürfnisbefriedigung
• Massenmedien können ein ganze Reihe von Bedürfnissen befriedigen, wobei ein
und dasselbe Angebot zu ganz verschiedenen Zwecken genutzt werden kann
• Die Menschen sind in der Lage, über ihre Bedürfnisse Auskunft zu geben“[Meyen, 2004,
16ff]
Beachtet man hier die letzte Annahme genauer kann man erkennen, dass dies
Anlass zur Kritik am Ansatz geben kann, denn bei Befragungen auf der Straße
sagen die Rezipienten meist das was der Frager hören möchte und was er für
3
die beste Antwort hält. Meist wissen die Menschen nicht genau weshalb sie eine
bestimmte Nachrichten-Sendung bevorzugen oder falls sie es wissen, würde niemand zugeben, dass es an der Sympathie dem Nachrichtensprecher gegenüber
ist, die häufigste Antwort würde hierbei wohl lauten „der Informationsgehalt ist besser“. Weitere Kritik zeigt die folgende Abbildung aus dem Buch zur Mediennutzung
von Michael Meyen.
K RITIK
AM
U SES - AND -G RATIFICATIONS -A NSATZ
1.
Theorieschwäche
Da es keine Theorie gibt, die menschliche
Bedürfnisse mit sozialen und psychologischen
Ursprüngen verbindet, besteht die Gefahr der
Beliebigkeit.
2.
Methodisches
Herangehen
Es wird fast nur mit Befragungen gearbeitet. Die
Ergebnisse werden von Auskunftsfähigkeit und
-bereitschaft der Menschen sowie von den
Vorgaben der Forscher verzerrt und sind deshalb
Artefakte.
3.
Handlungskonzept
Mediennutzung wird von Gelegen- und
Gewohnheiten bestimmt. Menschen entscheiden
keineswegs immer rational, sondern oft impulsiv,
vereinfacht und habituell.
4.
Einseitigkeit
Die Beschränkung auf den Rezipienten führt dazu,
dass Medieninhalte genauso vernachlässigt
werden wie das gesellschaftliche Umfeld.
5.
Instrumentelle
Perspektive
Als Sinn einer Handlung werden nur Ziele
akzeptiert, die außerhalb der Handlung liegen.
Gerade kulturelle Handlungen können ihren Sinn
auch in sich selbst haben.
6.
Medienpolitische
Bedenken
Wenn Mediennutzung grundsätzlich vorhandene
Bedürfnisse befriedigt, lässt sich jeder Inhalt als
sinnvoll rechtfertigen. Programmkritik scheidet
aus, da angeblich nur gesendet werde, was die
Zuschauer wünschten.
Tabelle 1.1: Quelle: Mediennutzung: Mediaforschung, Medienfunktionen, Nutzungsmuster [Michael Meyen 2004]
4
Der Mensch ist was seine Entscheidung für ein bestimmtes Medium angeht eher
komplex zu betrachten, hier müssen Begriffe die allgemein gesehen in ihrer Bedeutung ähnlich sind genau differenziert werden, so auch die Grundbegriffe in der
Mediennutzung:
Bedürfnis und Motiv, Handeln und Verhalten und Aktivität
Wie bereits erwähnt liegen die Definitionen der Begriffe äußerst dicht beieinander,
Bedürfnis und Motiv differenzieren sich lediglich in der Genauigkeit. Während es
bei einem Bedürfnis eher ein allgemeines Gefühl ist, möchte man bei einem Motiv
auf ein bestimmtes Ziel hinaus. Meyen zitiert hier in seinem Buch treffend „Wenn
Gratifikationen befriedigte Bedürfnisse sind, dann sind Motive gesuchte Gratifikationen“ (Huber 2004, S. 45f). Motive brauchen also ein genaues Ziel vor Augen,
wobei dieses Ziel in der Sache selbst oder außerhalb der Sache liegen kann. Diese Art von Differenzierung der Motive ist eine von vielen, die bekannteste Ordnung
ist jedoch die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow (1954):
Abbildung 1.4: Bedürfnisspyramide nach Maslow
Quelle: „http://www.dombergen.de “
Nach Maslow gilt es erst eine Stufe abzuarbeiten bevor man die nächste Stufe
in Angriff nimmt, somit ist die Selbstverwirklichung das höchste zu erreichende
Ziel. Jedoch ist hier auch zu beachten, dass es sich sowohl um angeborene als
auch um erlernte Ziele handelt, so muss ein Beweggrund nicht bewusst und auch
5
nicht von außen erkennbar sein. Gerade in Bezug auf die Mediennutzung sind die
Beweggründe unbewusst, da das Radio z.B. meist nur nebenbei läuft und einfach
aus Routine morgens in der Küche läuft. So schlug der Medienpsychologe Peter
Vorderer vor den Umgang mit Medien einmal als Verhalten und einmal als Handeln
zu betrachten. Das Verhalten gilt demnach als Regung eines Organismus, während
das Handeln auf einen Spezialfall zielt. (Vgl.[Meyen, 2004, 19f])
Obwohl durch diese knappen Begriffserklärungen und noch anderen vorhandenen
Theorien über die Entscheidung für die Mediennutzung gibt läuft es meist auf eines
hinaus, dass der Mensch nach Abwägung aller Alternativen sich rational für eine
Sache entscheidet.
In der Realität allerdings gilt dieses Prinzip meist nicht, da der Mensch auch eher
einfach als zu komplex gestrickt sein kann, so endscheidet er sich für ein Angebot
meist aus vier unterschiedlichen Gründen:
• „Impulsiv (aus dem Bauch heraus),
• Vereinfacht (wer hat schon die Zeit, alle Möglichkeiten zu prüfen) und
• Habituell (wir machen das, was wir schon immer gemacht haben),
• Wir lassen uns von Vorurteilen und Gefühlen leiten.“ [Meyen, 2004, 21]
Neben den vier genannten emotionalen Gründen, können die Ansätze zur Mediennutzung nach Meyen auch in kontextbeszogene und theoretische Ansätze unterteilt
werden, dies zeigen die beiden Tabellen auf den nachfolgenden Seiten.
6
Die folgende Tabelle von Michael Meyen zeigt die verschiedenen Theoretischen
Ansätze zur Mediennutzung:
T HEORETISCHE A NSÄTZE
T HEORETISCHER A NSATZ
1.
Erregungstheorien
Mood Management
Sensation Seeking
Neugier
Erlebnisthese
Glücksforschung
2.
Identitätstheorien
Soziales Vergleichen
Parasoziale Interaktion
Z IEL
ZUR
DER
M EDIENNUTZUNG
M EDIENNUTZUNG
Angenehmer Erregungszustand (mittleres Niveau)
Stimmung positiv beeinflussen
Starke Reize
Genuss durch den Abbau von Unsicherheit,
die das Angebot ausgelöst hat
Intensive körperliche und seelische Erfahrungen
Flow
Auseinandersetzung mit den Lebensumständen und der eigenen Identität
Bewertung der eigenen Person
Verhaltensmodelle, Menschenkenntnis, Vorbildsuche
3.
Einstellungstheorien
(kognitive Dissonanz)
Vermeiden von Dissonanzen mit eigenem
Wissen, eigenen Überzeugungen und Einstellungen
4.
Eskapismustheorie
Flucht aus der Realität (begründet mit den Lebensbedingung oder mit einem anthropologischen Bedürfnis)
5.
Spieltheorie
Kommunikatives Vergnügen
6.
Tronc Commun
Beschäftigung mit archetypischen Themen
des Lebens
Tabelle 1.2: Quelle: Mediennutzung: Mediaforschung, Medienfunktionen, Nutzungsmuster [Michael Meyen 2004]
Neben dem motivationalen Ansatz sollte jedoch auch der Kontextbezogene Ansatz
berücksichtigt werden, genauso wie die Determinanten der Mediennutzung, auch
diese können besonders gut anhand von Tabellen erklärt werden.
7
KONTEXTBEZOGENE A NSÄTZE
ZUR
M EDIENNUTZUNG
T HEORETISCHER A NSATZ
U NTERSUCHUNGSGEGENSTÄNDE
Lebensstil-Konzept
(Rosengren)
Spielraum des Individuums bei der Gestaltung
seines Lebens: strukturelle, positionelle und individuelle Merkmale und Bedingungen, die Mediennutzung bestimmen
Cultural Studies
Einbettung des Fernsehens in den Alltag: Lebenswelt der Rezipienten, Rezeptionskontext
(medienkritische Perspektive)
Sozialisation
Prägung der Mediennutzung in der Kindheit und
Jugend
Medienbiographischer
Ansatz
Subjektive Bedeutung von Medien im Lebenslauf
Strukturanalytische
Rezeptionsforschung
Auswahl und Verarbeitung von Medienangeboten;
sozialer Kontext; Medien und Lebensbewältigung
Praktischer Sinn des
Mediengebrauchs
(Ralph Weiß)
Transformation sozialer Strukturen in den subjektiven Sinn, den sich Zuschauer bei der Rezeption aneignen: Alltagsweltliche Orientierungen, Rezeptionsprozess
Tabelle 1.3: Quelle: Mediennutzung: Mediaforschung, Medienfunktionen, Nutzungsmuster [Michael Meyen 2004]
Obwohl vieles am Uses-and-Gratification-Approach kritisiert werden kann so ist
doch klar, dass die Mediennutzung auf irgendeine Art und Weise einen Nutzen haben muss, egal ob unbewusst oder nicht. Abschließend kann also gesagt werden,
dass sich die Gründe für die Mediennutzung aus verschiedenen Einflussfaktoren
bilden, die hier kurz aufgeführt werden.
8
„Strukturelle Merkmale:
Industrialisierung, Urbanisierung, Religion; Arbeits- und Lebensbedingungen; Traditionen (auch überlieferte Nutzungsmuster); Medienangebot; Freizeitalternativen;
Klima; Politisches System (Rechtsnormen)
Positionelle Merkmale:
Einkommen; Zeitbudget; Tagesablauf; Stellung im Beruf; Bildung; Alter; Geschlecht
Individuelle/soziale Merkmale:
Menschliche Grundbedürfnisse; Psychologische Struktur; Persönliche Lebensgeschichte; Medienerfahrungen; Familie, Freunde, Netzwerke; Rezeptionssituation; Einstellungen, Werte, Überzeugungen“ (Vgl.[Meyen, 2004, 47])
9
1.3 Wirkung von Gewalt in den Medien
In diesem Kapitel wird zunächst geklärt ob es einen Unterschied zwischen der
realen und die medialen Gewalt gibt und worin dieser bestehen könnte. Vorab allerdings die allgemeine Begriffsdefinition der Gewalt.
„Gewalt, die Anwendung von physischem oder psychischem Zwang gegenüber Menschen. Gewalt umfasst 1) die rohe, gegen Sitte und Recht verstoßende Einwirkung
auf Personen (lateinisch violentia), 2) das Durchsetzungsvermögen in Macht- und
Herrschaftsbeziehungen (lateinisch potestas) [. . . ]“(Brockhaus Multimedial 2003)
Die Definition zeigt, dass gerade reale Gewalt oft mit körperlicher Misshandlung
gleichgestellt wird, jedoch selten mit psychischen Misshandlungen, zu denen auch
Mobbing zählt. Im Herbst 1993 wurde in Magdeburg eine Studie bei Jugendlichen
durchgeführt in der es um die Fragestellung „Was verstehst du persönlich unter
Gewalt?“ ging. Um die Meinungen von Erwachsenen und Jugendlichen vergleichen
zu können, wurde 2001 dieselbe Umfrage bei Studenten durchgeführt.
R ANG
1
2
3
4
5
6
7
8
G EWALTFORM
Jemanden mit einer Waffe oder
einem waffenähnlichen Gegenstand
zu töten oder zu verletzen
Jemandem mit körpereigenen
Mitteln Schmerzen zufügen
Jemanden zu sexuellen Handlungen
zu zwingen
Jemandem sein Eigentum
wegzunehmen
Jemandem die Existenzgrundlage
zu entziehen, z.B. den Arbeitsplatz
wegzunehmen
Gefühle anderer Menschen zu
verletzen oder zu missbrauchen
Jemandem mit Werten, Gesten oder
Gebärden zu beschimpfen oder
beleidigen
Jemanden durch Lärm,
Gestikulieren o.ä. zu beleidigen oder
zu behindern
J UGENDLICHE
E RWACHSENE
98,3%
100%
97,9%
100%
97,4%
100%
54,7%
78,3%
41,1%
69,6%
40,6%
91,3%
23,0%
82,6%
22,1%
82,9%
Tabelle 1.4: Was verstehst du persönlich unter Gewalt?l; Quelle: Studie aus Magdeburg 1993/2001
10
Durch die Gegenüberstellung dieser Meinungen wird verdeutlicht, dass Jugendliche fast nur Körperverletzung als Gewalt betrachten, während Erwachsene auch
psychische Misshandlung als eine Art Gewalt sehen.
Was diese Erkenntnis über Gewalt an sich angeht, ist die virtuelle Gewalt gleich
der realen Gewalt, es geht in erster Linie darum Macht und Herrschaft über seinen
Gegner zu haben, egal ob nun durch physische oder psychische Gewalt. Da es in
der virtuellen Welt schwer ist psychische Gewalt auszuüben, steht hier die körperliche im Vordergrund. In der medialen Gewalt muss diese Macht durch Taktik und
Raffinesse erreicht werden, somit reicht es nicht den Gegner zu verprügeln. Das
Ziel der Macht über den Gegner kann erst mit Vollendung einer Mission erreicht
werden, sollte dies nicht der Fall sein, kann das Gefühl der Machtlosigkeit schnell
in aggressives und feindseliges Verhalten in der realen Welt umschlagen.
(Vgl.[Dietz et al., 2004])
11
1.4 Medienpsychologie und Computerspiele
Nachdem die geringen Unterschiede zwischen realer und virtueller Gewalt dargestellt wurden, muss nun der Zusammenhang zwischen den virtuellen Handlungsschemata und den realen aufgestellt werden. Bevor Spieler jedoch zugeben, dass
sie ihr Verhalten von der Spielwelt in die reale Welt übertragen, gestehen sie sich
erst einmal ein, dass sie Verhalten von einem Spiel in ein anderes, das eine ähnliche Handlung hat, übertragen. Wenn Spieler allerdings in der Lage sind Handlungen von Spiel zu Spiel zu transferieren, dann sind sie genauso in der Lage Handlungsmuster in eine andere Welt zu übertragen, so z.B. in die reale oder mentale
Welt.
Da gerade Ego-Shooter wie „Counter-Strike“ das Schießen mit Waffen voraussetzt,
ist es meist unwahrscheinlich, dass das Verhalten von diesen „Kampfspielen“ in die
reale Welt kommt. Stattdessen werden teils gefährliche Bewegungsabläufe wie das
Springen von hohen Mauern nachgeahmt. Um eine reale Nachahmung der Spiele schaffen zu könne, besuchen viele Spieler Laserdroms oder Paintball-Gelände,
da sie dort wie im Spiel ihr „Können“ unter Beweis stellen können. Sollte diese
Möglichkeit der realen Darstellung nicht möglich sein, bleibt es bei Gedanken oder
Fantasien darüber, jedoch ist schon die gedankliche Auseinandersetzung mit diesen kriegerischen Handlungen gefährlich. Bisher wurde bei den meisten Spielern
das Übertragen der Handlungen durch Rahmenbedingungen wie Regeln und die
dazugehörigen Konsequenzen verhindert, da diese helfen die virtuelle Welt von
der realen Welt zu unterscheiden und die Spieler daran erinnern wie sie sich in der
realen Welt verhalten sollten. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2010, 211])
Da nur wenige Zugang zu einer oder vielleicht sogar mehreren Waffen haben,
werden bisher eher „Racing-Games, sprich Autorennen oder auch Sport-Spiele
kopiert. Durch die immer realer werdenden Spielkulissen, fühlt man sich in einem
virtuellen Auto fast wie in einem realen, da es mittlerweile möglich ist Zusatzgeräte für den Computer, wie Lenkrad oder Pedale zu kaufen. Dies führt jedoch oft
dazu, dass Spieler nach einer langen Spieldauer den gefährlichen und teilweise
rücksichtslosen Fahrstil vom Spiel in die reale Welt mitnehmen. Vielleicht erklärt
gerade diese Erkenntnis, die sogar Spieler selbst feststellen, die teils schweren
Unfälle, die gerade junge Erwachsene oft erleiden.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2010, 211])
12
Wenn man sich die Grafik ansieht, stellt man fest, dass
viele Unfälle durch falsches
Fahrverhalten zustande kamen, zwar kann im Nachhinein nicht bewiesen werden
ob es durch exzessives Spielen bei jungen Autofahren dazu kam, jedoch liegt diese
Vermutung nahe, besonders
Abbildung 1.5: Quelle: „Statistisches Bundesamt
Wiesbaden 2009 “
wenn man sich die nachfolgende Grafik über verunglückte oder getötet 18-24 Jährige ansieht.
Abbildung 1.6: Quelle: „Statistisches Bundesamt
Wiesbaden 2009 “
Eine weniger gefährliche Übertragung findet durch Sportsimulationen statt, hier
vergessen viele Spiele ihre Sportlichkeit zu berücksichtigen, denn ein Fallrückzieher funktioniert im Spiel natürlich viel einfacher als im realen Leben, das bedarf
hartem Training, ansonsten kann es schwere Folgen haben, wenn der Nachahmer
falsch mit dem Rücken aufkommt. Besonders nach langem, exzessivem Spielen
müssen sich die Spieler erst wieder an die Wahrnehmung der Realität gewöhnen,
so kann es oft zur Verwechslung der beiden Welten und somit zu einer Übertragung der Handlungsschemata kommen. Diesen Wahrnehmungswechsel gibt es
häufig in Zusammenhang mit „Shooter-Games“, da hier meist die Ich-Perspektive
verwendet wird.
13
Die Farbe Rot wird in den Spielen in Form von Blutspritzern auf dem Bildschirm
dargestellt, so dass der Spieler weiß, dass er oder andere verletzt oder in Gefahr
sind. So ist es man längerem Spielen darauf trainiert Rot mit Verletzung, Gefahr
und Selbstverteidigung zu assoziieren. Diese Assoziation wird dann meist in die
Realität übertragen, so dass gerade rote Gegenstände schneller erkannt werden
und dann als Gefahr eingestuft werden. Genauso wird der Spieler oder besser das
virtuelle Gegenstück nur mit Waffe gezeigt, d.h. man kann auf sich selbst runter
und immer eine Waffe in der Hand sehen. Es gibt Berichte von Spielern, die zugeben, dass sie sich gerade nach einer langen Spielzeit oft fragen wo ihre Waffe
geblieben ist und sich ohne diese erst einmal unsicher fühlen. Zwar wird ihnen
schnell bewusst, dass sie sich in der Realität befinden und keine Waffe benötigen,
jedoch kann gerade die kurze Zeit der Wahrnehmungsänderung eine Gefahr darstellen, nicht nur für den Spieler selbst, sondern auch für die Mitmenschen. Diese
Unberechenbarkeit der Langzeit- bzw. Intensivspieler kann sie selbst zur Waffe
werden lassen, denn wenn der Spieler überall um sich herum Gefahr verspürt,
möchte er sich in der realen Welt genauso verteidigen wie in der virtuellen Welt.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2010, 211])
Abbildung 1.7: Quelle: „www.gamers-survey.de/studie/Kapitel4.html “
Die Grafik zeigt, dass gerade bei Minderjährigen oder jungen Erwachsenen eine
Befürwortung von Waffen herrscht, zwar kann Schlussfolgernd nicht bestätigt werden, dass dies mit den Spielen zusammenhängt, jedoch kann die Vermutung auch
nicht widerlegt werden.
14
1.5 Zusammenfassung
Die allgemeine Medienwirkung wird besonders durch zwei Modelle geprägt, durch
das Stimulus-Response-Modell und dessen Nachfolger Stimulus-Organism-ResponseModell. Obwohl sich die beiden Modelle eigentlich in der Art wie Medien auf die
Menschen wirken unterscheiden, beschäftigen sie sich beide mit der Frage „Was
bewirken Medien bei den Rezipienten?“.
Die Weiterführung durch die Mediennutzung, sprich der Frage „Was bewirken die
Rezipienten bei den Medien?“ wird erst in den 70er Jahren geklärt. Im Vordergrund
stehen hierbei nicht nur die eigentlichen Gründe für die Mediennutzung, sondern
die Motive und Kontextbezogenen Ansätze für diese Nutzung. Ausgeführt werden
diese Ansätze durch den Uses-and-Gratification-Ansatz, die Maslow’sche Bedürfnispyramide und anderen Einflussfaktoren der Mediennutzung.
Dass die Gründe für die Nutzung und die darauffolgende Wirkung der Medien
durchaus vorhanden ist, zeigt die Kombination von Medienpsychologie und Computerspielen. Hier wird belegt, dass Spieler das gesehene Verhalten durchaus in
die reale Welt übertragen. Betrachtet man also die Ego-Shooter näher, kann dies
zu gefährlichen Situationen führen, auch weil gerade Jugendliche Schusswaffen
bevorzugen.
15
2 Computerspiele
2.1 Geschichte der gewalthaltigen Computerspiele
Im nachfolgenden Kapitel wird nun näher auf die Computerspiele an sich eingegangen um jedoch nicht zu weit auszuholen, werden lediglich die gewalthaltigen Computerspiele berücksichtigt. In Deutschland werden Computerspiele als gewalthaltig
bezeichnet, wenn es grundsätzlich darum geht den menschenähnlichen Spielfiguren gegenüber gewalttätig zu werden, sprich, sie zu töten, zu verprügeln oder
ähnliches.
Als erstes Computerspiel, dieser Art gilt „Gun Fight“ aus dem Jahr 1975. Da es sich
hierbei um einen Videospielautomaten handelt ist es im Vergleich zu den heutigen
Spielen eher als eine Art „Räuber und Gendarm“ – Spiel zwischen zwei Jungs zu
sehen. Da das Ziel des Spiels ist den Gegner (seinen Mitspieler) zu erschießen ist
es eindeutig als gewalthaltig zu bezeichnen. Natürlich sind die Strategien, Hintergründe und Umgebungen heute weitaus durchdachter und besser umgesetzt jedoch blieb das Prinzip über die Jahre hinweg immer gleich. (Vgl.[Lederer, 2007])
Als wohl bekannteste Form der gewalthaltigen Computerspiele gelten bis heute
die Ego-Shooter (First Person Shooter), deren Werdegang mit Spielen wie „MazeWar“, „Spasim“ (1973) und „Battlezone“ (1980) begann. Das erste vollwertige
First-Person-Shooter-Spiel ist „Midi Maze“ für Atari ST aus dem Jahr 1987, obwohl
das Spiel auf jegliche Gewaltdarstellung verzichtete. Der eigentliche Durchbruch
der Branche kam erst 1993 mit „Doom“, das bis heute als Standard setzendes
Spiel. Gerade in Bezug auf die Grundelemente, wie die verschiedenen Munitionstypen für jede Waffe, bisher gab es lediglich Einheitsmunition, setzte dieses Spiel
den Maßstab für alle nachfolgende besonders hoch an. (Vgl.[Lederer, 2007])
17
Seit dem Durchbruch gab es eine Vielzahl verschiedener Ego-Shooter, die sich
zwar in der jeweiligen Vorgeschichte unterscheiden, jedoch nicht unbedingt im Ziel.
Aus diesem Grund werden nur die Meilensteine der Branche erwähnt. In Bezug
darauf war das Spiel „Duke Nukem 3D“ maßgeblich an der Weiterentwicklung beteiligt. Das Spiel kam 1996 auf den Markt und war damals das erste Computerspiel,
das keinen namenlosen Spielercharakter hatte, im Gegenteil erstmals handelte es
sich um einen eigenständigen Charakter, der sich durch von ihm selbst gesprochene Kommentare immer mal wieder ins Szene setzte. Ein weiterer Meilenstein im
selben Jahr war „Quake“ das durch die zusätzliche 3D-Darstellung von Spielfiguren, Gegenständen und Waffen überzeugte, denn gerade zu dieser Zeit wurde nur
die Level-Architektur in 3D dargestellt. Wie zuvor „Doom“ wurde „Quake“ so zum
Vorbild von ca. 30% der darauffolgenden Ego-Shootern. (Vgl.[Lederer, 2007])
Die heute bekannte Kinofilm Atmosphäre entstand durch Spiele wie „Unreal“, das
von den Horror- und Science-Fiction-Szenarien abwich und auch „Half-life“, das
die Entfaltung der Spielhandlung durch einbinden von handelnden Charakteren
ermöglichte. Beide Spiele entstanden im Jahr 1998, genau in dieser Zeit gewannen auch die sogenannten Mehrspielerfunktionen mehr und mehr an Bedeutung.
In diesen Mehrspielerfunktionen (Multiplayer) hat der Spieler die Möglichkeit mit
anderen Spielern zusammen oder aber gegen sie zu kämpfen. Als das zurzeit bekannteste Spiel dieser Art gilt „Counter Strike“, das durch den hohen Gewaltanteil
immer wieder zu Diskussionen führt und oft verurteilt wird. (Vgl.[Lederer, 2007])
18
2.2 Die Spielertypen und ihr bevorzugtes Genre
Nachdem nun die wichtigsten Meilensteine für gewalthaltige Computerspiele erwähnt wurden, stellt sich im Folgenden die Frage wer spielen soll oder besser in
welche Kategorien man die Spiele unterteilen kann.
Da in den hier genannten Spielen ein großes Maß an Gewalt vorkommt und das
Hauptziel der meisten Spiele der Tot oder vielmehr die Ermordung des Gegners
ist, bestimmen nicht die Hersteller selbst wer oder besser welche Altersgruppe
spielt, sondern die Prüfstelle USK. Ein neues Spiel wird vor der Veröffentlichung
von dieser geprüft und erhält dann erst die Altersfreigabe. Durch die große Menge
an Blut in den jeweiligen Spielen und das eventuelle Vorkommen von Zombies
und anderen Gestalten werden die meisten Spiele dieser Art „USK 16“ oder „USK
18“ gewertet, sofern sie nicht sogar verboten werden. Da Spiele jedoch auch zum
Großteil von den Eltern selbst gekauft werden und die Prüfstelle auch weniger auf
die Gewalt und mehr darauf eingeht gegen wen die Gewalt gerichtet wird oder wie
viel Blut vergossen wird, stellt sich die Frage inwiefern die Prüfstelle von Nutzen
ist. (Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
Da durch diese Beschränkung jedoch nur klar wird wo die Altersgruppe für Spiele
beginnen sollte, wird schnell klar dass es keine Obergrenze gibt, d.h. die Zielgruppe der gewalthaltigen Computerspiele reicht von 16 bis womöglich 40 Jahre, wobei Statistiken zeigen, dass die untere Altersgrenze bereits unter 16 Jahren
beginnt. Eine genaue Zielgruppe oder Altersgruppe kann also nicht genau definiert bzw. festgelegt werden, da lediglich das Mindestalter bestimmt werden kann.
(Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
In der Studie „Spielplatz Deutschland“ von 2006 werden die Spieler in Fünf Gruppen unterteilt. Zum einen wurde das Alter, sowie der soziale Status berücksichtigt,
zum Anderen die Hauptkriterien, wie die Spielzeit und das jeweilig bevorzugte Genre der Spieler. Wie genau die Spieler unterteilt werden und wie groß die jeweiligen
Gruppen sind, zeigt Abbildung 2.1 "Typologie der Computerspieler". Den größten
Anteil der Gruppen wird vom sogenannten „Freizeitspieler“ eingenommen, der mit
einem Durchschnittsalter von 44 Jahren auch zugleich die älteste Gruppe darstellt.
Da das Computer spielen vom „Freizeitspieler“ als Alternative zum Buch lesen oder
anderen Freizeitaktivitäten gewertet wird, ist das bevorzugte Genre auch eher die
19
Sport- oder auch die Geschicklichkeitsspiele. Die zweitgrößte Gruppe bilden die
„Gewohnheitsspieler“ mit 24%, sie haben den Wandel vom Videospielautomaten
zu den heutigen PCs und Spielekonsolen miterlebt und genutzt, deshalb gehören
zu seinen Favoriten Fun- und Sportspiele. (Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
Nur unwesentlich jünger als der „Freizeitspieler“ ist der
„Denkspieler“ mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren.
Hier geht es weniger um das Spielvergnügen an sich, sondern vielmehr darum
gefordert zu werden.
So werden auch die
Abbildung 2.1: Typologie der Computerspieler
Quelle: „Spielplatz Deutschland 2006“
Spiele ausgesucht, der „Denkspieler“ möchte von dem Computerspiel in Form von
Taktiker-Spielen herausgefordert werden. Mit 11% liegt diese Gruppe genau in der
Mitte und ist somit etwas größer als die Gruppe der „Fantasiespieler“ mit 6%. Der
„Fantasiespieler“ legt Wert darauf dem Alltag durch das Computerspiel entfliehen
zu können, ihm geht es darum seine eigene Rolle im realen Leben gegen eine
andere in der virtuellen Welt eintauschen zu können. Die kleinste Gruppe macht
die der „Intensivspieler“ aus, sie nehmen lediglich 5% ein. Dieser Spieler ist besonders interessant wenn es um gewalthaltige Computerspiele geht, da sich diese
Spieler vor allem für die sogenannten Ego-Shooter interessieren, also vorrangig
für die gewalthaltigen Computerspiele. (Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
Somit lässt sich kurz zusammenfassen, dass es in der virtuellen Spielwelt fünf
Spielertypen gibt und somit auch fünf Gründe um zu spielen. Hier gilt es zwischen
„Zeitvertreib“, „Geselligkeit“, „Ausgleich“, „Neue Rollen“ und „Herausforderung“ zu
unterscheiden. Der Unterschied liegt darin ob man alleine spielt oder mit Freunden,
ob man die Herausforderung in Denkspielen sucht oder der realen Welt durch neue
Rollen entfliehen möchte. (Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
20
2.3 Der Intensivspieler in näherer Betrachtung
Die im vorangegangen Kapitel erwähnten Spielertypen nutzen das Medium Computer meist in gesundem Maß, zum Zeitvertreib mit Freunden, aber auch zur Ablenkung von einem anstrengenden Tag. Lediglich der „Intensivspieler“ nutzt den
Computer überdurchschnittlich häufig. Da diese Gruppe also den höchsten Konsum hat, zugleich aber auch die jüngste Gruppe darstellt und sich am meisten für
gewalthaltige Computerspiele wie „Counter Strike“ interessiert, wird diese Gruppe
was Umgang und Nutzung angeht im Folgenden näher betrachtet.
(Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
Die „Intensivspieler“ sind prinzipiell in allen Altersgruppen vertreten, besonders jedoch im Teenageralter. Beginnen sie mit dem Berufsleben schwächt das Spielbedürfnis meist ein wenig ab. Dies zeigt die Grafik aus der „Spielplatz Deutschland“
Studie mit der Altersstruktur besonders gut. (Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
Die Grafik bekräftigt die These, dass die meisten Spieler, die
Computerspiele exzessiv nutzen, noch Schulpflichtig sind.
Das Spiel wird also nicht nur als
Zeitvertreib betrachtet sondern
zur Ablenkung von der Schule.
Es kann somit nicht mehr nur
als Hobby betrachtet werden,
denn der Spieler hat mittlerweile eine Art Sucht entwickelt und
agiert somit auch als Süchti-
Abbildung 2.2: Die Alterstruktur der Intensivspieler
Quelle: „Spielplatz Deutschland 2006“
ger. Für ein wichtiges Spiel kann
demnach auch die Schule geschwänzt werden, da man die Kameraden/ Mitspieler nicht enttäuschen will. Aus dem vorangegangen Kapitel wurde ersichtlich, dass es sich zwar um gewalthaltige Computerspiele handelt, jedoch nicht
nur um Ego-Shooter. Im Gegenteil viele „Intensivspieler“ interessieren sich
mehr für Multiplayer-Spiele und sind nicht nur für sich verantwortlich, sondern auch für Andere, auch müssen sie sich auf ihre Kameraden verlassen
können.(Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
21
In der bereits erwähnten Studie (Spielplatz Deutschland) werden hierfür die Lebensarten von zwei Intensivspielern gegenübergestellt, die unterschiedlicher nicht
sein könnten. Während einer der Beiden nicht für das Spiel lebt, sondern sich
auch auf die Schule konzentriert und sich auch in körperlichen Sportarten wie
Basketball, Tischtennis oder Karate engagiert, zählt für sein Gegenüber fast nur
das Spielen. Der zweite Befragte der Studie kommt von der Arbeit bzw. der Ausbildung nach Hause und konzentriert sich dann nur noch auf das Spiel. Da meist
auch Freunde zum Spielen vorbeikommen oder man sich online zum Spielen trifft,
wird das übliche Klischee über die sogenannten Zocker widerlegt. Man kann zwar
nicht behaupten, dass durch das Spielen am Computer oder mit Konsolen eine gesunde Art von sozialem Kontakt zu Stande kommt, jedoch ist es so auch schwerer
vorstellbar, dass sich die Spieler im Keller im Dunkeln verkriechen.
(Vgl.[Jung von Matt AG et al., 2006])
22
2.4 Computerspiele und Politik
Durch die hohe Anzahl von Jugendlichen ab 14 Jahren in der Gruppe der Intensivspieler, gerade im Vergleich zu den anderen vier Spielertypen, sind die Computerspiele und somit auch besonders die gewalthaltigen, Anlass zur Diskussion
unter Politikern.
Die hierbei meist gestellte Frage ist,
ob man die „Killerspiele“, Spiele mit
einem gewalttätigen Inhalt oder Ziel,
verbieten soll.Bisher kam es zwar
noch zu keiner Antwort, aber die Diskussionen bleiben. Denn betrachten
wir die bisherigen Entwicklungen in
Bezug auf den Jugendschutz, wurde noch nicht viel getan um die Jugend vor dieser Art von Gewalt zu
schützen. Zwar könnnen das Jugendschutzgesetz und die Prüfkommission
Abbildung 2.3: Verteilung der Altersstruktur in
Prozent
Quelle: „Spielplatz Deutschland 2006 “
der USK die Spiele verbieten oder die
Altersbegrenzung hochsetzten, jedoch kann nicht verhindert werden, dass Eltern
das Spiel trotzdem für das Kind kaufen. Viele dieser Diskussionen kamen durch
Amokläufe an Schulen auf und da ist es verständlich, dass sich die Politiker dazu
äußern müssen, jedoch ist auch klar dass man nicht alles verbieten kann. Was
würde passieren wenn „Killerspiele“ in Deutschland verboten werden?
Die Antwort liegt auf der Hand, denn in der Zeit des Online Handels werden die
Spiele einfach online in den USA oder einem anderen Land gekauft oder einfach im
Internet heruntergeladen. Betrachtet man das allgemeine Verhalten von Jugendlichen, sprich von 14-18 Jährigen, werden die Jugendlichen einen Weg finden um
ein verbotenes Spiel zu bekommen, denn etwas Verbotenes immer noch am Interessantesten. Zusätzlich sollte beachtet werden, wie hoch der Marktanteil der
gewalthaltigen Computerspiele in Deutschland ist und ob dieser durch ein Verbot
merklich negativ beeinflusst werden könnte. Sollte dies der Fall sein, werden die
Spiele wohl nicht verboten werden, im Gegenzug jedoch noch stärker kontrolliert,
was jedoch zu diesem Zeitpunkt lediglich Spekulation ist.
23
2.5 Zusammenfassung
Im Jahr 1975 kam mit dem Cowboy-Spiel „Gun Fight“ die erste Art von gewalthaltigem Computerspiel auf den Markt. Die Spiele wurden seit dem nicht nur qualitativ
besser, sondern auch gefährlicher. Die Computerspiele wurden blutiger und hatte
mehr Auswahl an Waffen, trotzdem kam der endgültige Durchbruch für die Branche
erst 1993 mit „Doom“, einem Spiel mit unterschiedlichen Munitionstypen passend
zur jeweiligen Waffe. Mittlerweile sind die Spiele so weit entwickelt, dass sie mehr
an einen Kinofilm als an ein Computerspiel erinnern.
Mit der Weiterentwicklung und der Differenzierung der Computerspiele kam es
auch zur einer Spezifizierung der Spielertypen, so können die Spieler je nach Genre Vorlieben in fünf Typen unterteilt werden Die hier wichtigste Gruppe ist die der
Intensivspieler, sie verbringen nicht nur die meiste Zeit beim Spielen am Computer, sondern bevorzugen auch das Genre der gewalthaltigen Computerspiele. Die
Spiele werden auch oft als „Killerspiele“ bezeichnet, da die Hauptziele meist das
Kämpfen an sich oder auch das Töten sind, wichtig und auch ein Muss bei den
gewalthaltigen Spielen sind die Waffen, das Blut, Krieg und je nach Spiel auch das
Töten von fremdartigen Kreaturen.
Durch die immer wieder aufkeimende öffentliche Diskussion über den Zusammenhang von gewalthaltigen Computerspielen und die tatsächliche reale Anwendung
von Gewalt durch Jugendliche ist die Einmischung durch die Politiker nachvollziehbar. Jedoch müssen vor einem Verbot der Spiele viele Gesichtspunkte berücksichtigt werden. So bleibt also abzuwarten ob die Politik endlich härter durchgreift in
Bezug auf die Altersbeschränkung oder ob sie sich entschließt die gewalthaltigen
Computerspiele wirklich komplett zu verbieten. Im Falle des letzeren bleibt jedoch
die Frage offen wie sich dies auf den Markt für Computerspiele auswirkt und ob es
dadurch zur Förderung der illegalen Einführung kommt.
24
3 Wirkungstheorien
3.1 Kartharsistheorie
Obwohl die These inzwischen empirisch widerlegt wurde, bleibt sie Bestandteil
der Diskussion, da sie auch weiterhin einige Vertreter hat. Diese gehen davon
aus, dass die Gewaltbereitschaft bei den Rezipienten mit dem beobachten von
Gewalttaten in der Fantasie sinkt und sie so kein aggressives Verhalten zeigen.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 165])
Des Weiteren wird in der Meta-Studie untersucht inwiefern der Glaube an diese
These das Gewaltverhalten beeinflusst. Diese Studien zeigen jedoch auch, dass
das Gewaltverhalten durch den Glauben an die These verstärkt werden kann.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 165])
Eine weitere bereits widerlegte Variante der Katharsisthese besagt, dass man
Menschen mit niedriger Intelligenz und somit geringer Fantasie mit phantasieanregendem Material versorgen müssen. So würden sie die Fähigkeit erlangen aggressive Impulse zu kontrollieren, diese Variante ist bekannt als „kognitive Unterstützung“. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 166])
25
3.2 Inhibitionsthese und Umkehrthese
Während die Inhibitionsthese besagt, dass mediale Gewalt mehr zu Angst als zu
Aggression führt, besagt die Umkehrthese, dass medial Gewalt ins Gegenteil umgewandelt wird. Bei der Umkehrthese wird die Aggression also in Mitleid für das
Opfer oder eventuell auch stark ausgeprägt sozialem Verhalten umgewandelt. Die
Umkehrthese wird auch Reaktanzeffekt genannt, wurde bisher jedoch nur bei Mädchen in nennenswertem Ausmaß festgestellt. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 166])
Grimm konnte in seinen Untersuchungen sogenanntes „negatives Lernen“ nachweisen, d.h. die Gewalttätigkeit von Menschen nicht nach dem Einfluss von medialer Gewalt eher ab als zu. Allerdings zeigt es auch, dass der Umkehreffekt noch
einmal umgekehrt werden kann, so wandelt er das Mitleid gegenüber dem Opfer
in Aggression gegen den Täter um. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 166])
3.3 Habitualisierungstheorie
Die Habitiualisierungsthese ist auch unter dem Namen „Abstumpfungsthese“ bekannt und wie dieser Name schon vermuten lässt, besagt die These, dass die
Sensibilität gegenüber Gewalt durch hohen Konsum von medialer Gewalt abnimmt.
Gewalt wird somit mehr und mehr als normales Verhalten interpretiert.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 167])
Neue Forschungen durch Michael Myrtek und Christian Scharff (2000) haben ergeben, dass die emotionale Beanspruchung bei Vielsehern niedrig ist als bei Menschen die nur wenig fernsehen. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 167])
Die neuesten Diskussionen widmen sich nun der Abstumpfung durch gewalthaltige Computerspiele. Dies wurde durch Forschung nahezu bestätigt, da festgestellt
wurde, dass mit einem Konsum dieser Computerspiele ein physiologischer Rückgang gegenüber realer Gewalt entsteht. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 167])
26
3.4 Kultivierungstheorie
Die Kultivierungstheorie nimmt an, dass sich durch den hohen Fernsehkonsum das
Weltbild der Vielseher dem der medialen Realität anpasst und so von der realen
abweicht. Obwohl diese These insgesamt durch Studien und Forschungen bestätigt wurde, fehlt zu einer 100%-igen Bestätigungen die Erforschung der Drittvariablen. Diese Variablen sind wichtig um die Kultivierungseffekte prüfen zu können.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 167])
Eine weitere wichtige Rolle spielt auch der Kanalzusammenhang, z.B. die Gründe
warum ein Mensch so viel fernsieht. So besteht die Möglichkeit, dass das Fernsehen keine Angst vermittelt, sondern einem ängstlichen Menschen hilft der Realität
zu entfliehen. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 167])
3.5 Suggestionsthese
Die Suggestionsthese wird sowohl als Ansteckung als auch als Nachahmung bezeichnet, da jedoch die Medien nicht zwangsläufig Nachahmungstaten auslösen,
sondern einer vorbelasteten Gruppen Handlungsweisen zeigen, die zu Erfolg führen können. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 168])
Bisherige Untersuchungen der These beziehen sich überwiegend auf Morden,
Amokläufe, Selbstmorde oder fremdenfeindliche Straftaten, jedoch wurde die generelle Annahme von Nachahmungstaten durch Medien widerlegt.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 168])
Zwar kann man sagen, dass die Medien als Auslöser dienen, gerade was fremdenfeindliche Straftaten angeht, nicht jedoch als Verursacher. Medieneffekte können
nur wirken, wo bereits eine Nährboden existiert, somit fühlen sich Menschen mit einem generellen „Ausländerproblem“ in ihrer Annahme nur noch bestätigt, es wurde
nicht erst festgestellt. Es wird davon ausgegangen, dass die Medien nur durch eine Wechselwirkung von verschiedenen Faktoren einen Ansteckungseffekt zu Folge
haben. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 168])
27
3.6 Excitation-Transfer-These
Die Vertreter dieser These gehen davon aus, dass Medieninhalte unterschiedliche
Reaktionen auslösen können, die ein "Triebpotenzial"bilden. Welches Verhalten
nach dem Medienkonsum sichtbar wird, hängt allerdings von der Situation ab und
nicht unbedingt von dem gesehenen. (Vgl.[Kunczik and Zipfel, 2002])
So besagt die These lediglich, dass Erregung in Situationen, die in keiner Beziehung zueinander stehen, zu intensiverem Verhalten führen kann. D.h. dass erotische Medieninhalte genauso zu aggressiven Reaktionen führen kann, wie aggressive Medieninhalte selbst. (Vgl.[Kunczik and Zipfel, 2002])
3.7 Stimulationsthese
Auch in der Stimulationsthese spielen der Erregungszustand und die Situationsfaktoren eine Rolle. Es wird desweiteren angenommen, dass das Ansehen von
bestimmter Gewalt unter gewissen Bedingungen zu einer Erhöhung der Gewaltbereitschaft führt. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 169])
Ein persönlicher Faktor, der eine andere wichtige Rolle spielt, ist die Frustration, die
man selbst verspürt. Eine situationsbezogene Bedingung kommt dann durch die
Assoziation mit Vergangenem oder der gegenwärtigen Verärgerung zu Stande. So
schafft es eine Gewaltdarstellung in den Medien, wenn sie Gemeinsamkeiten mit
der realen Welt aufweist, aggressives Verhalten auszulösen. Allerdings muss hier
erwähnt werden, dass ein Nachweis für diesen Stimulationsmechanismus noch
nicht erbracht wurde und die These so noch nicht bestätigt ist.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 170])
28
3.8 Priming Ansätze und die Skripttheorie
Priming Ansatz
Die Priming Ansätze und Skripttheorien beziehen sich hauptsächlich auf die Bedeutung aggressiver Reize in den Medien. Sie besagen auch, dass Eigenschaften
wie Gefühle und Verhaltenstendenzen in Beziehung zu einander stehen. Wird nun
durch einen bestimmten Reiz ein Teil dieses Netzes angesprochen, kommt es zu
einem „Ausstrahlungseffekt“, durch den die Eigenschaften, die mit dem Netz in Verbindung stehen auch angeregt werden. Dieser Vorgang kann durch die spontanen
Reaktionen die Möglichkeit für ein aggressives Verhalten erhöhen. Diese Reaktionen können im Gehirn abgespeichert werden, so dass sie zu langfristigen Effekten
führen können. Dieser Primin-Effekt durch Mediengewalt konnte durch Forschungen auch bereits bestätigt werden, allerdings können diese Ergebnisse „[. . . ]noch
keine überzeugenden Aussagen zum Beitrag von Priming zu gewalttätigem Verhalten treffen.“ (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 170])
Skripttheorie
Wenn man vom Priming Ansatz spricht, wird auch immer die Skripttheorie erwähnt,
diese stützt sich jedoch auf die Rezipienten Aussagen, die diese selbst über die
Informationsverarbeitung treffen. So spricht man bei Skripts nicht von einer Art Zusammenfassung, sondern viel mehr von mentalen Routinen, die im menschlichen
Gedächtnis abgespeichert sind. Diese Routinen und Zusammenhänge werden immer dann aufgerufen, wenn man Probleme lösen muss und dafür bestimmte Abläufe oder Verhaltensweisen benötigt. So wird angenommen, dass gerade bei Kindern
mediale Gewalt den falschen Einfluss ausübt. Kinder speichern diese Gewalt als
mögliche Problemlösung ab und greifen in der realen Welt auf diese Erinnerung ab,
fast so als ob es ein reales Ereignis gegeben hätte. Dieser Zusammenhang zwischen aktuellen Situationen und abgespeicherten Lösungen kann nur durch den
richtigen Anreiz ausgelöst werden, z.B. wenn eine reale Situation der eines Films
oder Spiels ähnelt. Ob dieses Skript dann verwendet wird liegt im eigenen Ermessen, d.h. es wird im Gehirn abgeschätzt wie die Erfolgschancen durch dieses
Handeln wären. Obwohl diese Theorie auch durch Studien bestätigt wurde, konnten Annahmen über die Ereignisse, die sich im Gehirn der Rezipienten abspielen,
letztlich nicht nachgewiesen werden. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 170])
29
3.9 Theorie des Beobachtungslernens
Auch lerntheoretische Überlegungen finden ihre Stellung in der Wirkung von Mediengewalt, da bereits mehrfach festgestellt wurde, dass immer mehr als ein Faktor eine Rolle bei einer Verhaltensänderung spielt. Hier muss man besonders die
Wechselwirkung von Persönlichkeits- und Umweltfaktoren berücksichtigen. So geht
Albert Bandura in seiner Theorie des Beobachtungslernens davon aus, dass Verhalten durch Beobachtung erlernt wird. Allerdings ist das Beobachten dieses Verhaltens noch kein Ausführen, der Mensch entscheidet selbst ob die Handlung
durch eine bestimmte Situation gerechtfertigt ist und ob man die Konsequenzen
für dieses handeln tragen möchte.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 171])
Bei den meisten Menschen verhindern die Hemmungen, z.B. Schuldgefühle oder
Angst, dass sie ihre Aggressionen ausleben, d.h. die Hemmungen unterdrückt das
„Verlangen“ nach gewalttätigem Verhalten. Ob der Mensch diese Hemmungen fallen lässt hängt dann von den Umweltfaktoren wie der Ähnlichkeit der Situation, den
Konsequenzen für das Opfer und den Beobachter, sowie den Mitteln für eine Imitation ab. So lässt sich zusammenfassend für diese Theorie sagen, dass nicht nur
die Medien ein Faktor für das Endverhalten des Beobachters darstellen, sondern
auch die Eigenschaften des Beobachters, sowie die Situation selbst. Das Handeln
wird durch die Gedanken des Beobachters kontrolliert und jeder Mensch reagiert
unterschiedlich in bestimmten Situationen. (Vgl.[Dittler and Hoyer, 2008, 171f])
30
3.10 Zusammenfassung
„Bei der Suche nach Gründen für solche Gewaltausbrüche sind Video- und Computerspiele ein immer wieder gern genommenes Argument: Der Öffentlichkeit wird
schnell ein Schuldiger präsentiert. Unliebsame Details, die differenziertere Erklärungen nötig machen, stören da nur“ [Gieselmann, 2000]
Nach diesem Zitat von Gieselmann bleibt nur die Frage offen, ob Computerspiele
wirklich so wirkungsvoll sind wie immer behauptet wird. Zwar gibt dieses Kapitel keine direkte Antwort auf diese Frage, jedoch zeigt es durch die Aufführung
der Wirkungstheorien wie Katharsis, Stimulation, Suggestion usw. eine bestimmte
Richtung auf. So kann durch die unterschiedlichsten Theorien aufgezeigt werden,
inwiefern Medien auf uns wirken, das kann positiv oder negativ sein. Da es sich
hier um die Wirkung von Gewalt in Computerspielen (Medien) handelt, ist die Wirkung hier meist negativ.
So zeigen die Theorien verschiedene Möglichkeiten der Medienwirkung auf. Hier
kann es auch vorkommen, dass eine Theorie die Andere widerlegt, sofern dies
nicht schon durch empirische Studien passiert ist. Kurz zusammengefasst bedeutet es, dass eine These die Reduktion von Aggression durch das Ansehen von
Gewalt belegt, während eine Andere behauptet, dass das Beobachten von Gewalt
zu einer verringerten Sensibilität von Gewalt führt.
Welche Theorie Gewalt in den Medien fast schon befürwortet und welche dagegen ist, bzw. welche der Theorien bereits widerlegt wurde, können Sie auf den
vorangegangen Seiten noch einmal genau nachlesen.
31
4 Wirkungs- und Erklärungsansätze
für Computerspiele
4.1 Kurzfristige Effekte gewalthaltiger
Computerspiele
Die einzelnen Theorien über die Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen lassen sich separieren in Theorien zu Langzeiteffekten (Persönlichkeitsveränderungen) und zu Kurzzeiteffekten (Stimmungsänderung). Eine Theorie zu Kurzzeiteffekten ist eine Verbindung der Stimulations- und der Erregungstheorie, das „General Affective Aggression Modell“ (GAAM) von Anderson und Dill. Die Abbildung 4.1
(nachfolgende Seite) zeigt genau wie die gewalthaltigen Computerspiele, hier die
Situations-Variablen, mit den Personen- Variablen, also der eigenen Persönlichkeit,
den Zustand kurzfristig beeinflussen.(Vgl.[Salisch et al., 2007])
Da bei diesem Modell die Persönlichkeit des Spielers eine wichtige Rolle einnimmt, gelten Menschen, die schon zuvor durch Aggressivität aufgefallen sind als
gefährdeter, da sie öfter aggressive Gedanken hegen. Da neben der Persönlichkeit auch die Situation selbst eine Rolle spielt, kann das Spielen von gewalthaltigen Computerspielen (als Situation) zu einer Verstärkung der Aggressivität, einer
schnelleren Herzrate und zur Feindseligkeit führen, Diese Zustände sorgen dafür, dass sich die Spieler bedroht fühlen, was wiederum mit anderen Neubewertungen (z.B. der Vergeltung) zu aggressivem Verhalten in der realen Welt führt.
Somit lässt sich schlussfolgern, dass Aggressivität eine Folge von gewalthaltigen
Computerspielen ist, wenn die „richtigen“ Verhaltensskripte durch die Input Variablen aktiviert wurden, sprich welche Gefühle ausgelöst wurden und ob die Person generell zu aggressivem Verhalten neigt, da diese Personen durch häufigere
33
gewalthaltige Gedanken schon ausgeprägte Verhaltensskripte besitzen. Sie haben deshalb ausgeprägte Verhaltensskripte, da wir Menschen auf häufig abgerufene Informationen im Gehirn schneller zugreifen können. Zudem muss noch gesagt werden, dass das GAAM bisher nur an Erwachsenen getestet wurde, nicht
an Kindern und Jugendlichen, da die Rezeption von Medienbotschaften jedoch
stark mit dem kognitiven und emotionalen Entwicklungsstand zusammenhängt,
können die Ergebnisse bei Jugendlichen und Kindern anders ausfallen als hier
aufgezeigt.(Vgl.[Salisch et al., 2007])
Abbildung 4.1: Das General Affective Aggression Modell (Kurzfristige Effekte) nach Anderson
und Dill (2000);Quelle: „Computerspiele mit und ohne Gewalt: Auswahl und Wirkung bei Kindern (2007) “
34
4.2 Langfristige Effekte gewalthaltiger
Computerspiele
Das bereits erwähnte General Affective Aggression Modell hat zusätzlich zu der
kurzfristigen Variante auch langfristige Effekte. Diese langfristigen Effekte können
nach diesem Modell durch eine dauerhafte Beschäftigung, d.h. das Spielen gewalthaltiger Computerspiele rund um die Uhr, entstehen. Da hier davon ausgegangen
wird, dass die Spieler und Spielerinnen bei wiederholtem Spielen das aggressive
Verhalten erlernen, in der virtuellen Welt sogar ausüben und sie teilweise in ihrem
bereits bestehenden aggressiven Verhalten bekräftigt. (Vgl.[Salisch et al., 2007])
Abbildung 4.2: Das General Affective Aggression Modell (Langfristige Effekte) nach
Anderson und Dill (2000);
Quelle: „Computerspiele mit und ohne Gewalt: Auswahl und Wirkung
bei Kindern (2007) “
35
Das Modell sagt aus, dass die Spieler für die aggressiven Wirkungen zugänglicher
werden, je öfter sie spielen, deshalb wird vermutet, dass sich dies in die reale Welt
überträgt. Wird ein Spieler über einen längeren Zeitraum hinweg durch die gewalthaltigen Computerspiele beeinflusst, so wird der Spieler in seiner Aggression und
Gewaltbereitschaft mehr und mehr bestärkt. Gewalt wird so als passendes Mittel
zur Problemlösung angesehen, da der Spieler die Sensibilität gegenüber Gewalt
verloren hat. Zusätzlich zu der verstärkten Gewaltbereitschaft wird das Mitleid mit
dem Opfer vermindert. Die vorangegeangen Abbildung 4.2 zeigt, dass der Einfluss
all dieser Faktoren zu einer Manifestierung der aggressiven Persönlichkeit führen
kann. (Vgl.[Salisch et al., 2007])
Wie schon bei der kurzfristigen Variante des GAAM wurde es bisher nur an einigen Erwachsenen getestet, nicht jedoch an Kindern und Jugendlichen, der eigentlichen Zielgruppe der gewalthaltigen Computerspiele. Es wurde bisher unter
anderen noch nicht geklärt welche Rolle die Erziehung zur selbstständigen Persönlichkeit oder die Entwicklung der Persönlichkeit allgemein spielt, jedoch deuten die
bisherigen Forschungsergebnisse darauf hin, dass ein langfristiger Gebrauch von
gewalthaltigen Computerspielen negative Effekte nach sich zieht. Somit schließen
sich die aggressive Persönlichkeit und die Nutzung gewalthaltiger Computerspiele
(Medien) nicht aus, sondern fördern eventuell die Nutzung anderer gewalthaltigen
Medienangebote. (Vgl.[Bundesprüfstelle Jugendmedienschutz, 2010])
36
4.3 Developmental Contextualism
Wie im ersten Kapitel aufgezeigt, ist es prinzipiell von Vorteil die Medienwirkung
und Mediennutzung getrennt zu beachten, da sie beide sehr komplexe und ausführliche Themen sind, trotzdem sind sie nicht immer klar zu trennen und weisen
einige Parallelen auf. So kann deutlich gesagt werden, dass die Medienwirkung
mit der Nutzung zusammenhängt, da sie davon abhängt wer die Medien nutzt und
wie dessen Persönlichkeit ist. Deshalb berücksichtigt das Developmental Contextualism Modell die Mediennutzung und die Medienwirkung. Dieses Modell basiert
auf dem dynamischen Interaktionismus, der von einem Individuum-Umwelt System ausgeht, d.h. dass das Verhalten eines Individuums durch die geerbten Eigenschaften und der Umwelteinflüsse geformt wird. Das Modell sagt also aus, dass
jeder Mensch Produkt und Produzent der Entwicklung ist. Dieser wechselseitige
Prozess der Nutzung und Wirkung gilt auch bei Computerspielen, allerdings muss
beachtet werden, dass sich der Mensch die Medien aussucht, die seiner Persönlichkeit entsprechen. Während sich jemand also im Kindsalter für ein einfaches
Spiel wie Memory entscheiden würden, so entscheiden sich Jugendliche für gewalthaltige Computerspiele. Es lässt sich somit sagen, dass sich Menschen weiterentwickeln auch was die Mediennutzung angeht. Wie genau sich das Verhalten
dem Computerspiel anpasst hängt von verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften, wie Emotionen ab. Das resultierende Verhalten hängt also nicht nur von den
Medien selbst ab, da diese eher als eine Art Filter dienen, sondern in erster Linie
von der Persönlichkeit des Menschen. Bisher konnte dieser Prozess noch nicht
empirisch überprüft werden, da es nicht ratsam ist das Verhalten von Kindern nach
der Nutzung von Computerspielen ohne weitere Betrachtung der Persönlichkeit zu
untersuchen.(Vgl.[Oppl, 2006, 16ff])
Die folgende Abbildung ist ein vereinfachtes Modell, bei dem das aggressive Verhalten und das spielen von gewalthaltigen Computerspielen als Variablen dienen.
Zusätzlich gibt es noch eine weitere Einflussgröße, die für die Persönlichkeit steht,
durch sie lässt sich feststellen, ob andere Variablen die Beziehung zwischen den
beiden Variablen beeinflussen. (Vgl.[Oppl, 2006, 16ff])
37
Abbildung 4.3: Ein dynamisch-interaktionistisches Modell
Quelle: „Caroline Oppl 2006 “
38
4.4 Modell der Abwärtsspirale
Wie schon das vorangegangene Modell weist dieses Modell auch auf die die zusammenhängende Wirkung von Selektions- und Wirkungsaspekten hin. Bei dieser
Theorie der Abwärtsspirale können die einzelnen Effekte verstärkend, richtungsweisend oder zunehmend, d.h. die Effekte können durch die ständige Nutzung und
sich verstärkenden Einfluss anhäufen, sein. In Bezug auf Computerspiele heißt
dies, dass die Aggressivität zur Entscheidung für gewalthaltige Computerspiele
führt und die Entscheidung für gewalthaltige Computerspiele wiederum zu Aggressivität. In diesem Zusammenhang bedeutet richtungsweisend, dass sich nicht nur
die Aggressivität sondern auch die Entscheidung für gewalthaltige Computerspiele
steigert. Das Modell zeigt auch, dass sich Menschen besonders durch ihre Persönlichkeit zu gewalthaltigen Computerspielen hingezogen fühlen und dadurch auch
oft verletzlich und anfällig für die Wirkung dieser Inhalte sind. Wie schon in dem
Developmental Contextualism Modell wird davon ausgegangen, dass sich Menschen die Medien aussuchen, die zu ihren Bedürfnissen und ihrer Persönlichkeit
passen, deshalb wird auch hier nicht die Auswirkung auf das Verhalten in Frage
gestellt. Das Modell der Abwärtsspirale ist jedoch nicht nur auf die Effekte der Medien beschränkt, sondern auch andere Prozesse miteinschließen lässt, z. B. der
Konsum von Alkohol.(Vgl.[Oppl, 2006, 16ff])
Besonders problematisch ist die Abwärtsspirale bei Jugendlichen, denn gerade
bei Jugendlichen kommen viele unterschiedliche Probleme zusammen, wie z.B.
Konflikte mit Verwandten, gewalttätige Eltern oder Probleme in der Schule. Wirken
all diese Probleme zusammen, können gewalthaltige Computerspiele Aggressionen fördern und so zu der Abwärtsspirale führen. Durch die familiären Probleme
sind die Jugendlichen beim Spielen oft unbeaufsichtigt, so können schon Kinder
mit 12 Jahren Spiele ab 16 oder ab 18 spielen, problematisch ist das, weil Kinder
mit 12 noch beeinflussbarer sind als mit 18. Ein Jugendlicher ab 18 Jahren ist in
seiner Persönlichkeitsentwicklung weiter fortgeschritten, er lässt sich durch Spiele
nicht mehr so leicht von seinen eigenen Vorstellungen abbringen, während ein 12jähriges Kind noch nach Vorbildern sucht um seine Persönlichkeit formen zu können, Da dies bei den Eltern nicht gegeben ist, flüchten sie sich in die virtuelle Welt,
wodurch sie die Sensibilität gegenüber Gewalt verlieren. (Vgl.[Mäder, 2009])
39
4.5 Zusammenfassung
Alle in diesem Kapitel beschriebenen Modelle zeigen, dass das Zusammenwirken
von der Persönlichkeit, der Auswahl der Spiele und den gewalthaltigen Computerspielen selbst zu einem aggressivem Verhalten führen kann. Zentrales Modell
hier ist jedoch das General Affective Aggression Modell, denn dieses Modell ist
Grundlage des Developmental Contextualtism und dem Modell der Abwärtsspirale. In diesem GAAM wird davon ausgegangen, dass höhere Aggressionsbereitschaft zusammen mit den gewalthaltigen Computerspielen zu eben diesem aggressiven Verhalten in der Wirklichkeit führt. Zu diesen Untersuchungen gibt es
bisher allerdings nur bei Erwachsenen eine Bestätigung, nicht jedoch bei Kindern
und Jugendlichen, da sich die Persönlichkeit und somit auch die Präferenzen in der
Kindheit entwickeln, wären hier Studien mit dieser Bezugsgruppe zu wünschen. So
lässt sich zusammenfassend sagen, dass bei einer Forschung nicht nur die Nutzungsmuster und Präferenzen von Kindern und Jugendlichen betrachtet werden
sollten, sondern auch der jeweilige Entwicklungsstand, da Kinder im Alter von 10
Jahren anders reagieren als Jugendliche im Alter von 16 Jahren. Dazu kann dann
gesagt werden, dass das Modell der Abwärtsspirale oder das Developmental Contextualism bei der Persönlichkeitsentwicklung eine wichtige Rolle einnehmen kann.
(Vgl.[Oppl, 2006, 24f])
40
5 Faszination gewalthaltiger
Computerspiele
5.1 Motivation
Die Abbildung 5.1, auf der nachfolgenden Seite, über Motivationsprozesse zeigt
deutlich, dass das Spielen von Computerspielen zu positiven Gefühlen führen soll,
hauptsächlich zielen die Spiele jedoch nicht auf die positive Gefühle an sich ab,
sondern vielmehr auf das vertreiben der negative Gefühle, wie Wut oder Langeweile. Zusätzlich ist es möglich dass sich Flow-Erlebnisse einstellen, d.h. dass im
Spiel eine Handlung auf die nächste, der Spieler handelt fast instinktiv und erlebt
so das Spiel fließend, diese Flow-Erlebnisse können unter anderem auch beim
Bergsteigen entstehen. (Vgl. [Dittler and Hoyer, 2006, 138])
Die primären Motivationsquellen oder auch Spielanlässe sind hier die Bekämpfung
der Langeweile, das Abreagieren, Ablenkung, aber auch der Wunsch nach Erfolg,
dieser Wunsch wird meist erst durch die Reaktion bei Misserfolg bewusst. Befindet sich ein Spieler nun in einem Stadium dieser Gefühle, so greift er zu einem
verfügbaren Computerspiel. Allerdings wird auch hier überlegt was das Spiel bieten soll, d.h. die primären Aufforderungsreize sind der entscheidende Faktor. Das
Spiel wird also nach Kriterien, wie Spieltätigkeit, medialer Anbindung, aber auch
Gestaltung und Grafik des Spiels ausgewählt. Dies gilt sowohl für Kinder, als auch
für Jugendliche, wobei die Auswahl des Spiels hier Unterschiede aufweist, da ein
Kind sich mehr für Tätigkeiten wie klettern interessiert und ein Jugendlicher gerne
Autorennen nachstellt. (Vgl. [Dittler and Hoyer, 2006, 138])
Wenn ein Spiel ausgesucht wurde, kommt es zur Spielhandlung, aber auch hier
ist die Entscheidung für ein Spiel noch nicht 100%ig, denn das Spiel muss erst
41
getestet werden, d.h. der Spieler probiert das Spiel erst einmal aus, um zu sehen ob es seinen Ansprüchen und Wünschen entspricht. Der Spieler überprüft,
ob er die Figur lenken kann ohne dabei das Handbuch zu Rate zu ziehen, sollte
er das Handbuch benötigen und es ist nicht klar geschrieben und nur begrenzt
hilfreich kann es zu Spielabbrüchen durch Langeweile und Misserfolg führen. Ist
der Test für den Spieler abgeschlossen, so beginnt er nun sich konzentrieren und
setzt alles daran erfolgreich zu sein, indem er das Spiel selbst kontrolliert. So entsteht in dem Spiel eine Dynamik, die den Spieler fasziniert. Neben diesem zentralen Motiv, Erfolg zu haben, gibt es für den Spieler weitere emotionale Motive,
wie z.B. eine Gemeinschaft mit anderen Spielern, um zusammen zu lachen, sowie das Spiel gemeinsam genießen und erfolgreich abschließen zu können. (Vgl.
[Dittler and Hoyer, 2006, 139f])
Abbildung 5.1: Motivationsprozesse beim Computerspielen;
Quelle: „Zur Faszinationskraft virtueller Spiewelten“ (2006)
von Jürgen Fritz
Sollte der Spieler trotz zahlreichen Versuchen am Spiel scheitern, kann es zu negativen Gefühlen, wie Versagen, Wut und Frustration kommen, was dann zum Spie-
42
labbruch führt. Diese negativen Gefühle führen auch zu Störungen des Spielablaufs, wobei es so auch zu einem Anreiz für den Spieler wird, den Spielerfolg doch
noch zu erreichen. Der Spieler muss dann sein bisheriges Vorgehen ändern und
sich mehr an das Spiel selbst anpassen. Da der Spieler bisher keine Erinnerung
an ähnliche Situationen wie im Spiel hat, muss er auf andere Vorgaben zurückgreifen und über die notwendigen Verhaltensweisen nachdenken. Um das Spiel also
erfolgreich abschließen zu können, muss der Spieler die Spielabläufe langfristig
planen können und dazu verschiedene Erfahrungen und Gesichtspunkte vereinen.
Schafft der Spieler dies, kommen die positiven Gefühle, insbesondere Erfolg und
Kompetenz, zu ihm zurück, was dazu führt, dass der Spielreiz weiter ansteigt,
sofern der Spieler durch das Spiel weiter herausgefordert wird. Ist dies der Fall,
verbindet sich der Spieler mehr und mehr mit dem Computerspiel und es kommt
zum Flow, d.h. der Spieler vergisst seine Umgebung und hat Probleme das Spiel
zu beenden und in die Realität zurück zu kommen. (Vgl. [Dittler and Hoyer, 2006,
140f])
Das Spiel kann auf zwei Arten zu einer Sucht für den Spieler werden, zum einen
durch die „Flow-Spirale“ und zum anderen durch die „Frustrations-Spirale“. Frustration kann zwar zu einem Abbruch des Spiels führen, aber auch zu einer Intensivierung, da der Spieler die Ziele, die er sich gesteckt hat, auch erreichen möchte,
so beginnt der Spieler sich noch mehr zu konzentrieren und noch mehr Zeit in
das Spiel zu investieren, da der Erfolg des Spiels zu einem begehrten Ziel geworden ist. Die „Flow-Spirale“ wirkt ganz ähnlich, hier geht es dem Spieler allerdings mehr darum die gewonnen positiven Gefühle nicht zu verlieren, er möchte noch mehr Levels schaffen und das Spiel weiter unter Kontrolle behalten um
den „Flow“, also den flüssigen Spielverlauf, nicht zu unterbrechen. Während des
eigentlichen Spielens befindet sich der Spieler abwechselnd in der „FrustrationsSpirale“ und der „Flow-Spirale“, da man automatisch in die „Flow-Spirale“ übergeht, wenn man die Frustration überstanden hat, umgekehrt allerdings genauso,
d.h. wenn man ein Level mit Bravour meistert, am darauffolgenden jedoch scheitert. Dieser „Zwei-Wege-Generator“ sorgt für die Motivation für ein Computerspiel
und die daraus resultierende Wirkung, denn erst wenn ein Spieler sich voll auf ein
Spiel konzentriert und sich komplett darauf einlässt, wird das Spiel und die darin
vorkommenden Handlungen im emotionalen Gedächtnis des Spielers gespeichert.
(Vgl.[Dittler and Hoyer, 2006, 141])
43
5.2 Faszination Gewalt
Gewalt und die Faszination der Gewalt gibt es nicht erst seit dem es gewalthaltige
Computerspiele gibt oder seit dem die Menschen von jeder Art von Medium beeinflusst werden, sondern hat schon immer existiert, die Gewalt ist in jeder Zeit und in
jeder Kultur eine Konstante, die sich durch die gesamte Geschichte zieht. Trotzdem
stellt sich die Frage warum so viele Menschen nicht auf Gewalt in Computerspielen
verzichten können und warum gerade diese Spiele eine so große Macht ausüben.
Eine befriedigende Antwort wird es zu dieser Frage wohl nie geben, jedoch lässt
sich viel spekulieren, z.B. kann gesagt werden, dass es bei den Spielen nicht um
den eigentlichen Inhalt geht, sondern vielmehr darum wie die Idee dahinter ist, d.h.
den Spielern ist die Geschwindigkeit im Spiel und das Reaktionsmuster wichtig, zumindest wichtiger als der eigentliche Inhalt. Wenig Spieler können hinterher sagen
worum es bei dem Spiel an sich ging, aber sie können sagen was sie für Tricks
machen konnten und wie die Grafik war. Bei dem Spiel selbst geht es darum den
Spieler in seinem strategischen Denken herauszufordern, so bekommt der Spieler
Aufträge in denen er Macht ausüben kann, den Gegner kontrollieren kann und so
die Herrschaft übernimmt. Jedes Mal wenn der Spieler nun einen Auftrag erfüllt,
erhält er Belobigungen und kann sich an noch schwierigere Aufträge heranwagen.
Auf diese Weise wird der Spieler an das Spiel gefesselt, da er sich immer wieder beweisen möchte und noch mehr Macht haben möchte. Zusätzlich nutzen die
Spielhersteller die Grafik um einen Wiedererkennungswert für die Spieler darzustellen, damit diese einen leichteren und schnelleren Bezug zu den Spielen finden
können. (Vgl. [Dietz et al., 2004, 10])
So gibt es für die Faszination von Gewalt im Wesentlichen drei Gründe:
• Gewalt ist spannend, da sie den Spieler durch die ständig neuen Aufträge und somit
entstandenen Action an das Spiel fesselt.
• Gewalt bringt Kontrolle, denn in dem man Gewalt ausübt, hat man Macht über den
Gegenspieler, gerade bei Jugendlichen gibt es in der Realität oft einen Verlust der
Kontrolle, wodurch ein Überlegenheit im Spiel den Reiz ausmacht.
• Virtuelle Gewalt birgt keine Konsequenzen, während reale Gewalt bestraft wird, fährt
man in der virtuellen Welt einfach mit dem Spiel fort ohne über das Geschehenen
nachzudenken. (Vgl. [Dietz et al., 2004, 11])
44
5.3 Motivation der Gewaltanwendung
Nachdem die Faszination für Gewalt klar ist, bleibt nun zu klären was die Spieler
zur Gewalt motiviert und warum Spieler Gewalt als legitimes und gerechtfertigtes Mittel halten um sich selbst (im Spiel) zu bereichern. Denn generell können
Menschen zwischen Spielwelt, Filmwelt und realer Welt klar unterscheiden, trotzdem bleibt die virtuelle Gewalt nicht ungefährlich. Wie bereits erwähnt wird ein
bestimmtes Verhalten durch häufiges Spielen gefestigt und somit für den Spieler als selbstverständlich. Da der Spieler dann auf diese Handlungen auch in der
realen Welt leicht zurückgreifen kann, können Hemmungen leichter überwunden
werden. Um Gewalt in der Realität jedoch wirklich auszuführen benötigt der Spieler ein bestimmtes Motiv, wie Selbstverteidigung, was im Gegensatz zu Selbstjustiz
nicht strafbar ist. Betrachtet man also den Hintergrund von gewalthaltigen Spielen,
wird klar, dass Jugendliche hier falsche Handlungsmuster lernen, da man im Spiel
für kriminelle Handlungen belohnt wird. So wird die Belohnung von töten oder verletzten im Spiel erlernt, weshalb die Computerspiele nicht ungefährlich sind. (Vgl.
[Hilpert, 2008, 8])
Es gibt verschiedene Gründe um im Computerspiel Gewalt anzuwenden:
Gewalt wird zur Bereicherung genutzt
In den meisten gewalthaltigen Computerspielen benötigt man zur Erweiterung der
Ausrüstung Punkte oder Geld, beides kann im Spielverlauf angehäuft werden, d.h.
je weiter ein Spieler kommt, desto mehr Punkte kann er ansammeln. Geld jedoch
kann in verschiedenen Spielen nur durch Gewalt verdient werden, z.B. durch Diebstahl, Einbruch oder Raubüberfälle, hier gibt es sogar noch mehr Geld, wenn die
Figur getötet wird. Spieler werden demnach sogar angehalten Raubmord als völlig legitime Möglichkeit der Geldbeschaffung zu betrachten. In anderen Spielen
kommt es dabei sogar auf die Art des Tötens an, d.h. wer die Figur sogar mit einem
Kopfschuss eliminiert erhält mehr Geld, als wenn es „nur“ durch einen Herzschuss
geschieht.(Vgl. [Hilpert, 2008, 8])
45
Gewalt wird belohnt
Im Spiel wird man für kriminelle Handlungen mit Punkten und Geld belohnt, da
man diese ansammeln muss um höhere Level zu erreichen. Dies kann durch Zustimmung geschehen, wodurch die Gewalt als harmlos oder gar belanglos dargestellt wird. Diese Verharmlosung wird ganz besonders im Computerspiel „Shellhock Nam“ deutlich, da man hier für eine Belohnung (den „Silver Star") in einer
bestimmten Zeit, eine gewisse Anzahl von Gegner erledigen muss. Diese Gegner muss der Spieler jedoch nicht einfach „nur“ töten, sondern zusätzlich noch zu
einem bestimmten Prozentsatz mit Kopfschuss. (Vgl. [Hilpert, 2008, 9])
In den modernen Spielen folgt der Spieler jedoch nicht mehr einer bestimmten,
vorgefassten Handlung, das Spielende kommt durch das handeln des Spielers zustande, so hängt es von ihm ab wie der Spielverlauf letztendlich ist. Da der Spielablauf durch den Spieler entsteht, stellt man sich die Frage wie die Spiele trotzdem
unter Jugendschutzgesichtspunkten als problematisch gelten. Diese Frage kann
jedoch schnell beantwortet werden, denn durch die Belohnung für Straftaten in der
virtuellen Welt werden Verhaltensweisen gestärkt, die man eindeutig als jugendgefährdend einschätzen kann. (Vgl. [Hilpert, 2008, 9])
Gewalt als Lustgewinn
Bisher wurde erklärt, dass Gewalt zur Erreichung eines Ziels, wie eine Belohnung,
genutzt werden kann, aber Gewalt muss nicht unbedingt zur Erreichung einer Belohnung genutzt werden, sie kann auch genutzt werden um Lust hervorzurufen,
dann ist die Gewalt selbstzweckhaft. Obwohl Gewalt nie die richtige Lösung sein
kann, kommt es in manchen Spielen vor, dass sie noch unnötiger wird als ursprünglich, nämlich wenn sie zum Selbstzweck dient. Zum Selbstzweck wird Gewalt dann,
wenn die zu nutzende Gewalt, um Aufgaben zu erfüllen, in keinem Zusammenhang
steht, d.h. wenn sie unnötig hart und brutal wird. (Vgl. [Hilpert, 2008, 9])
Dies lässt sich am Beispiel des verbotenen Computerspiels „Manhunt“ beschreiben, dieses Spiel nutzt Gewalt nur zum Lustgewinn und vereint im Wesentlichen
alle Elemente in sich, die typisch sind für selbstzweckhafte Gewaltdarstellungen.
46
Die wesentlichen Elemente lauten wie folgt:
• Besonders brutale Gewalttaten werden extra belohnt
• Brutalität wird detailliert dargestellt
• Gewaltdarstellung wird als etwas Positives angesehen (Vgl. [Hilpert, 2008,
10])
Gefährlich für die reale Welt ist jedoch neben „Manhunt“ auch das Spiel „The Warrior“, jedoch nicht nur wegen der übertriebenen Gewalt, sondern wegen dem direkten Bezug zu unserer Gesellschaft und den dort vorkommenden Ereignissen.
Hier werden Obdachlose nur aus Spaß, grundlos verprügelt, wie man es auch des
Öfteren in den Nachrichten sehen konnte. Ob dieses oder andere Spiele hierbei
eine Rolle spielen ist unklar, allerdings lässt es sich vermuten und so gilt dieses
Spiel zu Recht als jugendgefährdend.(Vgl.[Hilpert, 2008, 10])
Gewalt als Mittel zur Selbstjustiz
Abgesehen von der Gewalt als Lustgewinn oder als Mittel zur Aneignung von Geld
gibt es Bedingungen, unter denen Gewalt nicht als Verbrechen angesehen wird:
• „wenn staatliche Organe sie ausüben (staatliches Gewaltmonopol)
• wenn eine gesetzliche Handlungsermächtigung vorhanden ist
• und Gewalt in ganz engen und gesetzlich definierten Grenzen nach dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit ausgeübt wird“[Hilpert, 2008, 10]
Alle weiteren Gewaltakte gelten als rechtswidrig, auch wenn sie zur Verbrecherbekämpfung dient. Betrachtet man nun die Computerspiele die Selbstjustiz, welches
nicht zu den genannten Ausnahmen für Gewaltanwendung zählt, als rechtsmäßiges Mittel für Gewalt ansehen, so wirken sich diese genauso gefährdend aus, wie
die zuvor genannten Arten der Gewaltdarstellung. Hier besteht die Gefahr durch
das verwischen der Grenzen zwischen legitimer und nicht-legitimer Gewalt. In diesem Zusammenhang kann man das Spiel „Max Payne“ als Beispiel aufführen, da
die Hauptfigur hier ein Polizist ist, der den Tod seiner Familie rächen will und gegen
47
eine neue Art von Droge kämpft, so sind hier „gute“ Beweggründe der Grund für
Gewalt. Die brutale Art wie die „Max Payne“ jeden tötet der sich ihm in den Weg
stellt scheint somit eine gute Sache zu sein, jedoch ist diese Art der Gewaltanwendung in der Realität gegen jedes Recht und gibt den Jugendlichen ein falsches Bild
für Gerechtigkeit. (Vgl. [Hilpert, 2008, 11])
Rassismus als Grund Gewalt anzuwenden
Zu den weitaus schwerwiegenderen Motiven Gewalt anzuwenden gehört das Motiv
des Rassismus, auch zur Unterstützung dieses Motivs gibt es ein Computerspiel
aus dem Jahr 2007. In diesem Spiel wurden die zu ermordenden Gegner nicht nur
als „Nigger“ und „Jude“ bezeichnet, sondern das Spiel wurde auch unterbrochen
um Filmausschnitte von nationalsozialistischer Führerpersonen zu zeigen, welches
wohl den Spieler noch mehr motivieren sollte. Diese Motive finden sich z.B. auch
in „Postal 2- Apocalypse Weekend“ wieder, hier werden fremdenfeindliche Motive
als Rechtfertigung für Mord (im Spiel) genannt. In Anbetracht des Alters der Spieler sind diese Art der Spiele für die Jugend am gefährlichsten, da diese leicht zu
beeinflussenden Jugendlichen hier lernen, dass Mord gegen eine andere Rasse
oder Religion gerechtfertigt ist. (Vgl. [Hilpert, 2008, 11f])
48
5.4 Faszination als Problem
Gerade Spieler kennen das Gefühl, Schwierigkeiten beim Aufhören oder Pausieren
eines Spiels zu haben, die meisten Spieler vergessen die Zeit beim Spielen, so
dass es mehr als einmal vorkommt, dass die Nacht plötzlich vorbei ist oder das
Essen schon kalt ist. Da man gerade so erfolgreich im Spiel ist, möchte man es
nicht unterbrechen, dieses Gefühl kommt durch die erwähnt „Frust-Flow-Spirale“.
Durch den Flow des Erfolgs oder den Frust Erfolg endlich zu erreichen vergehen
für viele Spieler ganze Wochenenden, an denen sie am Computer spielen und so
oft Streit mit der Familie riskieren. (Vgl.[Hilpert, 2006, 6])
Sollte sich ein Spieler nur selten auf dieses exzessive Spielen einlassen, sprich
nur einmal im Monat, zeigt dies lediglich, dass sich der Spieler komplett fasziniert wurde von diesem Spiel. Kommt es jedoch jedes Wochenende vor, stellt sich
die Frage ob das Computerspiel als Ersatz für die Realität gespielt wird. Auch
lässt sich hier schwer beurteilen ob diese Exzision nur kurz anhält oder ob sie
sich über eine langfristige Verhaltensänderung festigt. Feststellen können Familienmitglieder dies durch andere Elemente, z.B. dadurch ob etwas anderes vernachlässigt wird. Sollte der Spieler also keine anderen Hobbys mehr haben, seine
Freundschaften vernachlässigen oder seine Schulischen Leistungen bzw. seine
Arbeit vernachlässigen, kann gesagt werden, dass es sich hier um ein längerfristiges Problem handeln kann, denn das Spielen dient hier dann nicht mehr nur zur
Unterhaltung.(Vgl.[Hilpert, 2006, 6f])
Bei den regulären Computerspielen gibt es zum Glück irgendwann ein Ende, irgendwann kann man kein höheres Level mehr erreichen, das Spieler muss seinen Endgegner bekämpfen und mit dem Spiel aufhören, deshalb sind OnlineComputerspiele weitaus problematischer. In den Online-Spielen flüchtet sich der
Spieler komplett in eine zweite Welt, hier gibt es endgültiges Spielziel, das der
Spieler erreichen könnte, es läuft immer weiter. Da in Online-Spielen reale Menschen hinter den virtuellen Figuren stehen und nicht wie sonst ein Computer, wird
eine soziale Realität im Spiel geschaffen. So erreichen die Online-Spiele eine hohe Anziehungskraft, die man nicht so leicht auslöschen kann. (Vgl.[Hilpert, 2006,
7])
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Auch wenn Spieler offline gehen, bleiben sie in Gedanken beim Spiel, sie beschäftigen sich weiter mit einer Aufgabe, überlegen weiter wie sie diese Aufgabe lösen
könnten und so verbrauchen die Spieler online und offline viel Lebenszeit darauf sich in einer anderen, neuen Welt zu bewegen. Wie oft und wie lange eine
Spieler oder eine Spielerin spielen hängt von der individuellen Person selbst ab,
allerdingst kann gesagt werden, dass wenn die Spielerfahrung dauerhaft genutzt
wird und nicht nur im für das Spiel, so kann es in der Realität passieren, dass der
Spieler seine Pflichten nicht mehr beachtet und so mit Konsequenzen, wie auch
Arbeitsverlust, rechnen muss. (Vgl.[Hilpert, 2006, 7])
Auf verschiedenen Webseiten berichten Spieler und auch Angehörige wie diese
Spielsucht Existenzen vernichten kann. Es lässt sich nachweisen, dass Computerspielsucht naturwissenschaftlich belegt werden kann, so reagieren Spieler auf
Computerspielszenen wie Alkoholiker auf Bilder von Alkoholika. Die Computerspielsucht ist mehr ein psychologisches Problem, das sich durch den Verlust der
Handlungsfähigkeit äußert, so steht das Verlangen nach einem bestimmten Zustand für den Spieler im Mittelpunkt seines Lebens. Die eigentlichen Ursachen
für eine Verhaltensdisposition liegen wie bereits erwähnt in der einzelnen Person
selbst, so wie auch Glückspielsucht, Putzsucht oder auch Sportsucht. All diese
Suchtverhalten zeigen die selben Verhaltensweisen auf, wie auch die Computerspielsucht, so dass unter dem Ausdruck Internetsucht, nicht unbedingt nur vom
Online spielen gesprochen werden kann, sondern allgemein auch vom exzessiven
Internetsurfen oder Chatten. (Vgl.[Hilpert, 2006, 7f])
In einem Haushalt in dem Kinder also auch ohne Aufsicht am Computer oder Online spielen dürfen, sollte eine technische Spielbeschränkung eingebaut werden,
die die Spielzeit begrenzen kann. Denn da die Lebensumstände bei Computerspielsüchtigen eine große Rolle spielen, kann die Medienpädagogik allein die Probleme nicht lösen. Den Umgang mit Medien, d.h. der gesunde Umgang mit Medien
sollten auch die Eltern vermitteln. Eltern sollten den Kindern den Umgang mit Medien nicht völlig verbieten um sie von den Risiken zu bewahren, sie sollen ihnen
lediglich einen guten Umgang beibringen und Grenzen in der Nutzung setzten.
Vor Spielbeginn sollte also eine Spieldauer vereinbart werden, so dass Kinder im
Spiel nicht immer neue Aufgaben beginnen, sondern nach z.B. einer Quest das
Spiel beenden. Denkt ein Kind oder ein Jugendlicher von sich aus an diese Regelung und unterbricht das Spiel sollten die Eltern das Kind loben oder sogar belohnen. Einen Spieler nach Beendigung einer Quest vom Spiel abzulenken ist die
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beste Möglichkeit ihn auch an die realen Aufgaben zu erinnern. So lernen Kinder
früh, wie wichtig und gesund pausen beim Spielen sind, da sich der Körper auch
während einem Computerspiel anspannt und Pausen braucht um sich zu erholen.
(Vgl.[Hilpert, 2006, 8f])
Gerade in Bezug auf die gewalthaltigen Computerspiele müssen Eltern beurteilen
können ob es für ihr Kind geeignet ist, dabei müssen sie besonders zwei Dinge
beachten:
• „Ist die/der Spielende für negative Einflüsse durch gewalthaltige Computerspiele besonders anfällig und
• ist ein Spiel mit Blick auf die in ihm enthaltene Gewalt als problematisch zu bewerten?“ [Hilpert, 2006, 15f]
Bewiesen ist auch, dass Heranwachsende unter folgenden Bedingungen einem
hohen Risiko der Sucht ausgesetzt sind:
• "Geringes Alter (unter 12): Die in problematischen Computerspielen enthaltene
Botschaft, dass Gewalt gerechtfertigt ist, belohnt wird und keine negativen Konsequenzen nach sich zieht, wird von jüngeren Kindern leicht aufgegriffen. Sie verfügen
noch nicht über ein stabiles Wertesystem und haben moralische Grundsätze noch
tnicht verinnerlicht.
• Exzessiver Computerspielkonsum und/oder
• Starke Vorliebe für gewalthaltige Spiele: Kinder, die besonders viel und/ oder
intensiv gewalthaltige Spiele spielen, müssen als besonders gefährdet gelten.
• Geringe soziale Problemlösungsfähigkeit,
• Probleme bei der Gefühlsregulierung und
• Erhöhte Reizbarkeit/ verringerte Frustrationstoleranz können dazu führen, dass
dem Computerspiel als Vorbild, Fluchtort oder als emotionale Stimulans eine problematische Bedeutung zukommt.
• Gewalttätige Umgebung: Kinder, die bereits in einer „Gewaltkultur“ aufwachsen,
sind besonders gefährdet."[Hilpert, 2006, 16]
51
5.5 Zusammenfassung
Die Motivation für Computerspiele jeder Art liegt meist an den positiven Gefühlen, die diese vermitteln oder auch an dem Verdrängen der negativen Gefühle,
wie Langeweile. Positiv ist das Flow-Erlebnis, das dem Spieler durch Erfolge in
dem Spiel eine Art Hochgefühl verschafft und sich der Spieler von Handlung zu
Handlung schwingt ohne unterbrechen zu müssen, er erlebt das Spiel ohne Pausen und kann sich voll und ganz darauf konzentrieren. Wie genau es zu diesem
Flow-Erlebnis oder eventuell auch zu einer Frustration kommen kann beschreibt
die Abbildung 5.1 der Motivationsprozesse von Jürgen Fritz und wird in Kapitel 5.1
genauer erläutert. Wichtig für gewalthaltige Spiele ist jedoch nicht nur die Motivation für ein Spiel an sich, sondern auch die Faszination für Gewalt und die genauere
Motivation Gewalt in Spielen anwenden zu wollen. Da in den Spielen Gewalt und
Brutalität belohnt werden, sind die gewalthaltigen Spiele jugendgefährdend, da sie
den Kindern und Jugendlichen ein falsches Bild vermitteln und zeigen, dass Gewalt
keine Konsequenzen nach sich zieht.
Unter bestimmten Bedingungen kommt es sogar vor, dass Spieler nicht mehr vom
Computer weg kommen, sie werden süchtig nach dem Spiel und dem durch das
Lösen von Aufgaben entstandenen Rausch, dem Flow-Gefühl. Um diese Sucht zu
verhindern, sollten Eltern den Heranwachsenden den Umgang mit Medien beibringen und gerade bei Jüngeren nicht nur den Inhalt des Spiels kontrollieren, sondern
auch die Spielzeit.
52
6 Nähere Betrachtung
gewalthaltiger Computerspiele
6.1 Singleplayer vs. Multiplayer Computerspiele
Wie bereits im ersten Kapitel erklärt, spielt die Maslow’sche Bedürfnispyramide eine wichtige Rolle in der Medienpsychologie, so
auch in Bezug auf Computerspiele.
Die Maslow’sche Pyramide kann
unterteilt werden in Defizitbedürfnisse und Wachstumsbedürfnisse,
wobei erstere für den Menschen
und seine Entwicklung, sowie seine Zufriedenheit besonders wichtig sind. Hier ist nicht die Selbstverwirklichung das Ziel, sondern
Abbildung 6.1: Bedürfnisspyramide nach Maslow
Quelle: „www.dombergen.de “
lediglich die Zufriedenstellung von
Grund-, Sicherheits- und sozialen Bedürfnissen. Erst wenn diese Defizitbedürfnisse abgearbeitet sind, kann man sich den ICH-Bedürfnissen wie Anerkennung mit
dem Ziel der Selbstverwirklichung widmen. Wichtig ist diese Erklärung, da sich
Aufschluss darüber gibt, aus welchen Gründen sich ein Spieler für ein Singleplayer
oder ein Multiplayer Computerspiel entscheidet.
Betrachtet man den Spieler der Multiplayer Spiele näher, fällt auf, dass er sich noch
auf der Ebene der sozialen Bedürfnisse, also bei den Defizitbedürfnissen, befindet.
Der Multiplayer erhofft sich durch das Spielen auf sogenannten LAN-Parties bzw.
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dem Online-Spielen neue Freunde zu finden und das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit kennenzulernen. Gerade bei einer LAN-Party hat der Spieler die Möglichkeit
einem Team anzugehören, da sich hier mehrere Multiplayer treffen um sich einem
gemeinsamen Hobby zu widmen. Die Spieler bekämpfen die Gegner zusammen
und so wie es ist wenn man sich auf jemand verlassen kann oder wenn sich Andere
auf einen selbst verlassen. (Vgl. [Seif, 2009, 75f])
Gefährlich kann dieses neue Gefühl bei Online Spielen werden, da sich die Spieler vollkommen auf das Online-Spiel konzentrieren. Der Spieler möchte die neuen
Freunde und das entgegengebrachte Vertrauen nicht verlieren, so beginnt sich das
Leben nur noch um das Spiel zu drehen. Das reale Leben rückt in den Hintergrund,
da der Multiplayer beginnt seinen Tagesablauf nach dem Online-Termin zu richten
und die Termine in der realen Welt unwichtiger werden. So können gerade Online Spiele eine besondere Gefahr bergen, der Singleplayer nicht ausgeliefert sind.
(Vgl. [Seif, 2009, 75f])
Denn während sich der Multiplayer noch auf der Ebene der sozialen Bedürfnisse befindet, hat der Singleplayer diese schon abgeschlossen und versucht nun
seine „Wachstumsbedürfnisse“ zu befriedigen. Beim Spielen von Computerspielen
sucht der Singleplayer also nicht nach sozialen Kontakten, sondern nach Anerkennung und Geltung, um die es vorrangig bei den ICH-Bedürfnissen geht. Der Weg
zu dieser Anerkennung ist bei Computerspielen schnell erklärt, der Spieler muss
nicht nur die Gegner besiegen, sondern auch seine neuen Errungenschaften online stellen, so dass andere Spieler seine Ergebnisse sehen können und ihn so
eventuell bewundern. (Vgl. [Seif, 2009, 75])
Eine andere Art der Anerkennung
suchen die Spieler, wenn sie anderen Tipps geben, sie versuchen
anderen Spielern Hilfestellungen
mitzuteilen, damit diese das Spiel
leichter bewältigen können. Ein gutes Beispiel hierfür zeigt die nebenstehende Abbildung eines Forums
für Spieler an. Der Spieler zeigt
Abbildung 6.2: Anerkennungssuche durch Hilfestellung (Manhunt)
Quelle: „www.spieletipps.de“
hierbei nicht nur, dass er sich für das Spiel interessiert, sondern vor allem dass
er das Spiel beherrscht und Lösungen hat, die anderen Spieler noch nicht gefun-
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den haben oder sogar generelle Schwierigkeiten mit dem Spiel haben. Somit sind
ihm andere Spieler dankbar, da sie ohne seine Hilfe das Spiel womöglich nicht
hätten lösen können und der Singleplayer erhält die Anerkennung die er erreichen
wollte um seine ICH-Bedürfnisse zu befriedigen.
Aber aus welchen Gründen benötigen die Multiplayer und Singleplayer die Computerwelt oder die virtuelle Welt allgemein um ihre Defizit- und Wachstumsbedürfnisse erreichen zu können, wenn sie soziale Kontakte und Anerkennung doch normalerweise in der realen Welt suchen sollten? Und warum sollten sie nicht in der
virtuellen Welt weiter suchen, nachdem es ihnen dort so viel leichter fällt die Anerkennung zu bekommen, die sie möchten?
Unter normalen Umständen arbeitet jemand die Bedürfnispyramide im realen Leben ab, nicht in der virtuellen Welt, so finden wir Lob und Anerkennung eigentlich
durch die Familie oder Freunde. Scheitert jetzt jemand in dieser Welt, d.h. jemand
findet keine Freunde oder lebt in gestörten Familienverhältnissen, flüchtet sich dieser in die virtuelle Welt und schafft es so seine Defizitbedürfnisse und Wachstumsbedürfnisse abzuarbeiten und so endlich die Endstufe der Selbstverwirklichung
zu erreichen. Dies gilt jedoch für beide Spieler gleich, allerdings in unterschiedlichen Varianten und nicht gleich ausgeprägt. Ein Singleplayer hat in der realen Welt
Freunde und andere Arten von sozialen Kontakten, die ihm das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit geben können, so kann er auch im realen Leben Anerkennung
bekommen. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass ihm die Belohnung durch die
Familie fehlt, so dass er dieses Defizit im Spiel suchen möchte, was jedoch nicht
zwangsläufig der Fall sein muss. Ein Multiplayer hingegen hat im realen Leben
nicht nur das Defizit der Anerkennung, sondern auch das der sozialen Kontakte,
wie zu Beginn des Kapitels bereits erklärt. Da ihm also von vornherein diese sozialen Kontakte fehlen, hat er keine Chance auf Anerkennung, so ist es für ihn die
Flucht aus der Realität, weil er keine andere Möglichkeit zu sehen scheint, also
Freunde in der Spielwelt zu finden. In diesem Fall ist klar, dass der Multiplayer
auch die ICH-Bedürfnisse nur in der virtuellen Welt stillen kann, da er nur dort
seine Freunde und Gruppen hat, die sie ihm geben könnten.
Liegt der Unterschied bei Singleplayer und Multiplayer Computerspielen also wirklich nur in den Gründen, warum jemand sich für eine Art entscheidet? Nein, denn
obwohl die Spiele im Aufbau gleich sind und der einzige Unterscheid auf den ersten Blick lediglich darin zu liegen scheint, dass eines allein und das andere in der
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Gruppe gespielt wird, spielt die Zeit, also die Spieldauer eine wichtige Rolle. Es
kann gesagt werden, dass Singleplayer Computerspiele wesentlich weniger Zeit
beanspruchen als ein Multiplayer Computerspiel. Der Unterschied liegt darin, dass
ein Multiplayer Spiel unendlich werden kann, gerade wenn es online gespielt wird.
Bei einem Singleplayer Spiel geht es darum ein bestimmtes Ziel zu erreichen und
das am besten so schnell wie möglich, d.h. der Spieler soll wenn möglich die vorgegebene Zeit noch unterbieten, so weiß man schon beim Kauf, dass das Spielende
in absehbarer Zeit zu erreichen ist. Ein Multiplayer Spiel hingegen kann sich selbst
bei einer täglichen Spieldauer von mehr als fünf Stunden über Monate hinweg
ziehen, betrachtet man das Online-Multiplayer-Spiel "World of Warcraft", kann es
sich sogar über Jahre hinweg ziehen. Bei vielen Online-Spielen gibt es kein Ende,
man nimmt online ein neues Leben an und spielt in jeder freien Minute ohne ein
bestimmtes Ziel vor Augen zu haben.
So lässt sich abschließend sagen, dass nicht die Wirkung der entscheidende Unterschied zwischen Singleplayer und Multiplayer Computerspielen ist, sondern vielmehr die Spieldauer und die zu befriedigenden Bedürfnisse der Einzelnen. Da beide Varianten meist dieselben Inhalte haben oder ein Spiel sogar beide Varianten in
sich vereint, spielt es keine große Rolle ob man es allein oder mit Freunden spielt.
Da ein Multiplayer jedoch im realen Leben keinen oder nur wenig sozialen Kontakt
hat, ist er besonders anfällig für die Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen.
Dem Multiplayer wurden die Auswirkungen von realer Gewalt nicht erklärt, da er
sich schon für die Befriedigung seiner Defizitbedürfnisse in die virtuelle Welt zurück ziehen musste, wodurch der Multiplayer eine falsche Vorstellung von Gewalttaten und ihren Konsequenzen bekommen hat und somit für eine größere Gefahr
für seine Mitmenschen darstellen kann.
56
6.2 Pro und Contra: Verbot von Killerspielen
Es wurde in den vorangegangen Kapitels ausführlich erklärt, dass gewalthaltige
Computerspiele unter bestimmten Bedingungen durch aus zu realer Gewalt führen können, aber ist es deshalb nötig die gewalthaltigen Computerspiele komplett
zu verbieten? Sollte nun keiner mehr die Möglichkeit bekommen, seine eventuell
vorhandene Wut in der virtuellen Welt abzureagieren, weil die Spiele auf ein paar
Menschen eine negative Auswirkung hat? Auf diese Fragen soll dieses Kapitel Antworten liefern, jedoch nicht indem gesagt wird, dass sie verboten werden müssen
oder nicht, sondern vielmehr durch das gegenüberstellen der beiden Varianten,
d.h. es wird einmal erklärt weshalb die Spiele verboten werden sollten und einmal
warum ein generelles Verbot nicht sinnvoll wäre.
„Killerspiele müssen verboten werden!“ Das ist der Leitsatz vieler Politiker, aber
vor allem auch vieler Psychologen, denn dass gewalthaltige Computerspiele nicht
wirkungslos sind, wurde durch verschiedene Studien bereits mehrfach bewiesen.
Aber die gewalthaltigen Computerspiele stumpfen laut Psychologen nicht nur die
Gewaltbereitschaft ab, sondern durch ihr teilweise banales Spielprinzip auch die
Geduld der Kinder, sowie deren Fähigkeit einem eventuell komplexeren Spielprinzip zu folgen. Allerdings kann man auch gewalthaltige Computerspiele differenzieren, so sind hier vor allem die Killerspiele oder besser Ego-Shooter gemeint, nicht
die konstruktiveren Spiele wie Age of Empire, wo es darum geht einen Staat zu
errichten und diesen zu verteidigen. Zwar ist dies auch eine Art der Gewalt, dient
jedoch zur Verteidigung und wird nicht wie in Ego-Shootern grundlos ausgeübt nur
um Gewalt auszuüben, wie es in Manhunt der Fall ist. (Vgl. [Pilzweger, 2006])
Dieses Spielprinzip gilt nun schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert, es gilt
fressen oder gefressen werden, so war es sogar schon bei dem Spiel „Pac man“,
bei dem man Geister fressen musste um nicht selbst gefressen zu werden. Da sich
die Spielentwickler mehr darum sorgen, dass die Darstellung immer realistischer
werden, kommt die Spielidee an sich zu kurz, so geht es in den Spielen nur darum
seine Gegner zu erstechen, verbrennen, mit Granaten zu sprengen, zu erdrosseln,
vergiften, mit Motorsägen zu zerhacken oder einfach nur zu Tode zu prügeln. So
wird der Tod in den Spielen als netten Zeitvertreib verharmlost und regelrecht gefeiert, allerdings nur dann wenn es sich um einen schnellen Kopfschuss Tod handelt,
Schüsse auf Bein oder Arm bringen dem Spieler keine Punkte ein, in einem „Killer-
57
spiel“ werden keine Gefangenen gemacht, wie der Name schon verlauten lässt ist
der Tod das Ziel. Zwar wird von den Anhängern der Killerspiele oft der Vergleich mit
gewalthaltigen Spielfilmen gezeigt, da Spiele im Prinzip nichts anderes sind, aber
sieht man sich die Spiele genauer an, fällt auf, dass viele Spiele nicht einmal eine
spannende Geschichte erzählen. Während es also die Filmbranche geschafft hat
eine plausible Erklärung für Gewalt in Filmen zu zeigen, gerade durch die vordergründige Handlung, hat es sie Spielbranche noch lange nicht geschafft, hier wird
sich weiterhin auf die Grafik konzentriert.(Vgl. [Lübberstedt, 2006])
Die Diskussion darüber, dass Killerspiele verboten werden sollten, gibt es schon
über einen längeren Zeitraum, keimt jedoch gerade bei Gewalttaten durch Jugendliche immer wieder neu auf. Da jedoch die Spiele immer realistischer werden und
somit mehr mit der realen Welt verschwimmen, werden auch die Diskussionen immer lauter. Der Staat ist sich bewusst, dass die Altersangaben auf den Spielen
selbst nicht ausreichen, da sie entweder von den Geschäften oder von den Eltern
selbst ignoriert werden, so bleibt dem Staat nur die Kontrolle durch ein allgemeines
Verbot. Ob sich dies vom Staat jedoch durchsetzen lässt bleibt offen, denn dafür
müsste nicht nur der Zoll stärker kontrollieren, sondern auch das Internet müsste
kontrolliert werden, ansonsten bestellen sich Jugendliche die Spiele online. Somit wäre ein generelles Verbot fast nur für Kinder unter 14 Jahren sinnvoll, da die
Eltern so mehr aufpassen müssten was ihr Kind im Internet bestellt und selbst
gegebenenfalls ein Verbot aussprechen müssten.
Gegner eines Verbotes von Killerspielen sprechen sich allerdings nicht unbedingt
für die Killerspiele selbst aus, sondern eher gegen die hohen Kosten, die der Staat
für ein Verbot aufbringen müsste. Es geht hierbei nicht nur um den zusätzlichen Arbeitsaufwand und die stärkeren Kontrollen am Zoll sondern auch um die Frage ob
eine Zensur im Internet in einer Demokratie überhaupt durchsetzbar ist. Erklären
sich die Politiker also zu Gegnern der Killerspiele, weil es tatsächlich ein sinnvolles Verbot wäre oder weil es für den Wahlkampf förderlich ist? Diese Frage wird
wohl nicht beantwortet werden können, Fakt ist jedoch, dass in der Politik diese
Diskussion nach einer Wahl nicht mehr Priorität zu sein scheint.
Ein Verbot von Killerspielen soll vor allem die Kinder und Jugendlichen schützen,
die durch die Spiele noch beeinflusst werden können, aber dieses Verbot würde
auch Erwachsene treffen, die diese Spiele tatsächlich als Abwechslung zu einem
stressigen Alltag sehen und genau wissen, dass die Spiele nicht der Realität ent-
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sprechen und Gewalt in der realen Welt keine Lösung ist. Soll jetzt also der Staat
auch über Erwachsene bestimmen können? Bevor es zu einem komplett Verbot
kommt, sollte in Erwägung gezogen werden, dass den Eltern der Umgang mit Medien erklärt wird, dass ihnen gezeigt wird mit was ihre Kinder spielen und wie
gefährlich das unter Umständen sein kann, denn viele Eltern wissen gar nicht was
ihr Kind genau spielt, sie kaufen es einfach ohne auf die Altersbeschränkung zu
achten und sich genauer damit auseinander zu setzen.
Die Diskussion für oder gegen Killerspiele entsteht immer wieder neu, hauptsächlich weil man bei Jugendlichen, die gewalttätig werden schnell einen Schuldigen
möchte, aber wäre es nicht besser statt nach einer schnellen Lösung, die richtige
Lösung zu suchen. Zwar kann in einem zerrütteten sozialen Umfeld das Spielen
dieser Computerspiele zu Problemen, wie dem Abstumpfen gegenüber Gewalttaten führen, aber es ist nicht der Alleinschuldige. Das Betätigen der Maus oder der
Tastatur zeigt dem Spieler nicht den realen Umgang mit einer Waffe, der Spieler
kann sich in der Realität nicht einfach im Geschäft eine Waffe kaufen. Also sollte die Frage nicht lauten „Wieso werden die Killerspiele nicht verboten?“ sondern
eher „Warum können Jugendliche das Schießen lernen und sich Waffen mit scharfer Munition kaufen?“.
Betrachtet man nun das Argument der Gegenseite, dass die gewalthaltigen Spiele
im Gegensatz zu den Filmen keine Handlung haben, fragt man sich wo genau die
Handlung in vielen gewalthaltigen Filmen ist. Denn gerade bei Fortsetzungen fehlt
es den Filmen nicht nur an Realität sondern auch an Handlung. Denn wo es in
„Saw“ zu Beginn noch eine durchdachte, überraschende Handlung gab, geht es
in den Fortsetzungen, in erster Linie nur noch um Grausamkeit, nicht anders also
als bei den Computerspielen. Aber diese Parallelen werden oft ignoriert, denn das
Herstellen und Verbreiten von Filmen kann noch schwieriger verboten werden, als
bei Computerspielen.
Ein anderer Aspekt, der gegen ein Verbot spricht ist die Wirtschaft, denn auch
wenn die Spiele in Deutschland verboten werden, so können sie nicht auf der ganzen Welt verboten werden. Die Spieler werden also nicht plötzlich ihre Einkaufsgewohnheiten ändern, sondern vielmehr die weltweiten Einkaufsmöglichkeiten ausnutzen. Das Problem durch die Zollkontrollen wurden bisher oft genug gelöst, indem Spiele im Ausland gekauft wurden, die in Deutschland verboten sind.
59
So kann hier gesagt werden, dass beide Parteien gute Argumente haben, jedoch
ist auch klar, dass sich so schnell nichts ändern wird, weder wird die Herstellung
bald verboten noch die Verbreitung. So bleibt die Frage „Was kann man gegen
die Killerspiele unternehmen?“ weiterhin ungeklärt. Der Staat weiß, dass er ein
komplettes Verbot nicht durchsetzen kann, da die erforderlichen Mittel hierfür nicht
vorhanden sind, aber sollen sich Kinder und Jugendliche deshalb weiter mit nicht
altersgemäßen gewalthaltigen Computerspielen die Zeit vertreiben? Nein!
Zwar kann der Staat die Computerspiele nicht komplett verbieten, aber er kann
stärker kontrollieren an wen die Spiele verkauft werden. Den Eltern muss erklärt
werden, dass die Spiele gerade in der Entwicklungsphase, wenn die Kinder besonders leicht zu beeinflussen sind gefährlich sind, aber zusätzlich muss man
den Eltern auch die Gefahren des Internets näher bringen. Letztendlich müssen
die Eltern darauf achten, was ihre Kinder im Internet bestellen und gegebenenfalls zurücksenden, allerdings nicht ohne dem Kind zu erklären, warum das Spiel
ungeeignet ist. Wenn dem Kind erklärt wird, warum grundlose Gewalt falsch ist
und die Spiele nicht der Realität entsprechen, können auch Killerspiele ein wenig
entschärft werden, trotzdem bleiben die Spiele nicht wirkungslos. Sogar Medienwissenschaftler wissen, dass diese Spiele zwar nicht zwangsläufig zu Gewalttaten
führen, jedoch die Einstellung zu Gewalt negativ beeinflussen kann.
Abschließend muss noch einmal darauf eingegangen werden, dass Spiele die Gewalt beinhalten nicht unbedingt schlechten Einfluss ausüben, so können Strategiespiele, in denen Spieler ihr Land gewalttätig verteidigen müssen durchaus das taktische Geschick der Kinder fördern. Online-Spiele wie „World of Warcraft“ schaffen
eine virtuelle Spielgemeinschaft, wodurch die Spieler Hilfsbereitschaft, Spieldisziplin und Verlässlichkeit lernen, in dem sie gemeinsam „kämpfen“. Gefahr für Kinder
und Jugendlich geht also fast nur von den sinnlosen Ego-Shootern wie „Manhunt“
aus. Dass Jugendliche das Spiel besitzen zeigt jedoch, dass ein Verbot die Spieler
nur dazu bringt es im Ausland zu kaufen, da „Manhunt“ nicht auf dem deutschen
Markt erhältlich ist und der Beweis, dass sie es trotz Verbot spielen zeigt der nachfolgende Beitrag in einem Spielerforum.
60
Abbildung 6.3: Forumsbeitrag über verbotenes Killerspiel (Manhunt)
Quelle: „www.wer-weiss-was.de/theme110/article3524620.html “
61
7 Resümee
Im Verlauf dieser Arbeit wurde nicht nur geklärt, dass Medien Einfluss auf uns
ausüben, sondern auch inwiefern sich das äußern kann. So spielen hierbei die berühmtesten Modelle der Medienwirkung, das Stimulus-Response-Modell und das
Stimulus-Organism-Response-Modell wieder eine große Rolle. Computer und Internet zählen wie Fernseher, Radio oder Zeitung zu den wichtigsten Medien in
der heutigen Zeit, sind also aus keinem Haushalt wegzudenken und auch in fast
jedem Kinderzimmer zu finden. Da schon seit Beginn der Medien klar ist, dass
sie die Menschen beeinflussen, können diese älteren Modelle auch auf die neuen
Medien angewandt werden. Denn gerade bei den gewalthaltigen Computerspielen
bleibt die Frage „Was bewirken Medien bei den Rezipienten?“ bestehen, wird in
Bezug auf Kinder und Jugendliche, die gewalthaltige Computerspiele bevorzugen
sogar noch wichtiger.
Ebenso wichtig wie die Frage nach der Wirkung ist die Frage nach den Gründen
für die Mediennutzung, so kommt auch die Maslow’sche Bedürfnisspyramide wieder zum Einsatz, aber wie im vorangegangen Kapitel gezeigt wurde, müssen sich
Spieler nicht auf derselben Ebene befinden. Es wurde aufgezeigt, dass gerade die
Gründe für die Nutzung der gewalthaltigen Computerspiele unterschiedlich sind,
wenn es darum geht ob man allein spielt oder mit Freunden oder sich erst durch
das Spiel online Freunde suchen kann. So zeigt die Unterscheidung der Singleplayer und Multiplayer-Spieler, dass das soziale Umfeld eine besondere Bedeutung
bei der Entscheidung für oder gegen ein Spiel hat. Aber auch die Multiplayer selbst
müssen noch einmal unterteilt werden, denn vor allem sind die gefährdet, die von
Anfang an Freunde durch das Spiel selbst suchen und in der Realität daran gescheitert sind. So kann es durchaus vorkommen, dass sich einzelne Singleplayer
mit Freunden treffen und gemeinsam ein Multiplayer-Computerspiel spielen, aber
nicht um dem Bedürfnis nach Freundschaft zu folgen, denn dieses Ziel haben sie ja
bereits erreicht, sie möchten den Freunden ihr Können demonstrieren und dadurch
63
Anerkennung erzielen. Anders jedoch Spieler, die schon zu Beginn nur OnlineMultiplayer-Computerspiele bevorzugen, sie suchen so den sozialen Kontakt und
sind komplett auf das Spiel konzentriert, sind somit auch stark Sucht gefährdet,
da sie ihr komplettes Leben um das Spiel aufbauen. Diese Sucht kann bei wenigen Spielern zu einer solchen Intensivität führen, dass sie sogar ihre schulischen
oder beruflichen Pflichten vernachlässigen und nur noch für das Spiel selbst leben.
Allen Berichten in den übrigen Medien zum Trotz machen diese Intensivspieler jedoch nur einen sehr geringen Teil der Spieler aus, insgesamt nur ca. 5%. Jedoch
ist die Gefahr dahinter, dass sich genau diese sozial abgekapselten Spieler am
liebsten mit den gewalthaltigen Spielen beschäftigen. Da dieser Spieler jedoch mit
niemandem über die Wirkung der Spiele sprechen können, lernen sie, dass Gewalt zu nutzen keine Konsequenzen haben muss und sehen Gewalt nicht mehr nur
als Mittel der Selbstverteidigung an, sondern vielmehr als Antwort auf alle Probleme.
Es gibt viele Möglichkeiten wie gewalthaltige Computerspiele oder Medien im Allgemeinen auf die Rezipienten wirken können, so kann es zu einer Abstumpfungen
gegenüber der Gewaltbereitschaft kommen oder auch zu einer gesteigerten Aggression gegenüber Tätern. In dieser Arbeit wurden insgesamt neun dieser Wirkungstheorien aufgegriffen, von denen einige sogar schon widerlegt werden konnten, doch in keiner Theorie gab es eine Differenzierung von Singleplayer oder Multiplayer Spielern. Die Theorien beziehen sich auf Computerspiele allgemein, für die
Theorien besteht kein Unterschied ob man allein spielt oder in Gesellschaft, die
Gewalt findet statt und wirkt sich auf alle Mitspieler aus. Der einzige Unterschied
der bei den Wirkungstheorien gemacht werden kann, ist der dass sich nicht jeder
Spieler gleich beeinflussen lässt.
Aber gilt dies dann auch für andere Wirkungs- und Erklärungsansätze? So gilt es
erst die Langzeiteffekte von den Kurzzeiteffekten zu trennen, denn während die
Langzeiteffekte auf die komplette Persönlichkeit zugreifen, verändern die Kurzzeiteffekte lediglich die Stimmung des Spielers. Wie genau dies passiert wird in beiden
Fällen durch das GAAM Diagramm gezeigt (Abbildung 4.1 und 4.2), welches als
Grundlage für das Modell „Developmental Contextualtism“ und dem Modell der Abwärtsspirale dienen. Die Untersuchungen, dem das GAAM zugrunde liegt, wurden
bisher jedoch nur bei Erwachsenen vollzogen, die Ergebnisse zeigen jedoch, dass
eine hohe Aggressionsbereitschaft in Zusammenhang mit gewalthaltigen Computerspielen zu einem aggressiverem Verhalten in der realen Welt führen kann. Be-
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denkt man nun dass Erwachsene durch ihre Lebenserfahrung und ihre Kenntnisse
über die Auswirkungen von Gewalt in der Realität schwieriger zu beeinflussen sind
als Kinder und Jugendliche, die noch mitten in der Persönlichkeitsentwicklung stecken, ist klar was diese Kombination von Aggressionsbereitschaft und „Killerspielen“ zur Folge hätte. Aber auch hier gibt es keine Differenzierung von Singleplayer
und Multiplayer Computerspielen, da die Gewaltdarstellung in beiden Varianten
gleich ist, macht die Anzahl der Mitspieler keinen Unterschied. Die Wirkung und
die Beeinflussung durch die Gewalt in den Spielen bleiben gleich, kann jedoch
durch die Anwesenheit von anderen, die die Gewalt befürworten, noch verstärkt
werden. Wodurch die Wichtigkeit der sozialen Kontakte und deren Überzeugungskraft jedoch wieder zum Vorschein kommen.
Somit kann deutlich gesagt werden, dass Erklärungsansätze und Wirkungstheorien von Singleplayer Computerspielen auf Multiplayer Computerspiele übertragbar
sind. Die Spiele zeigen keinen Unterschied im Umgang mit Gewalt, haben also dieselben Wirkungen auf die Spieler, jedoch wurde bei keiner Theorie die Macht der
Überredung in Betracht gezogen. Beim Recherchieren für diese Arbeit und dem
Zusammentragen der verschiedenen Theorien und Ansätze fiel mir auf, dass es
dabei meist nur um die Wirkung durch das Spiel selbst geht. Kinder und Jugendliche lassen sich allerdings auch oft durch ihre Freunde beeinflussen. Es kann also
durchaus vorkommen, dass ein Spieler der ursprünglich genau weiß, dass Gewalt
keine Lösung ist von seinen Mitspielern vom Gegenteil überzeugt werden kann. Es
ist auch durchaus möglich, dass der Spieler durch seine Freunde ermuntert wird
Gewalt in der realen Welt anzuwenden, um seinen Mut unter Beweis zu stellen. Da
die Überzeugungskraft von Freunden auch umgekehrt funktionieren kann, also ein
aggressiver Heranwachsender durch den positiven Einfluss von seinen Freunden
lernt, dass Gewalt keine Lösung ist, sollte dieser Faktor bei den Wirkungstheorien von gewalthaltigen Computerspielen mit einbezogen werden. Denn das soziale
Umfeld spielt mittlerweile eine genauso wichtige Rolle wie das Spielen selbst.
65
Abschließend soll noch erwähnt werden, dass die bisherigen Untersuchungen und
Forschungen in Bezug auf die Wirkung von gewalthaltigen Computerspielen noch
nicht beendet sind und das Thema ständig neu behandelt wird. Unter der Beachtung wie schnell sich die Spiele und die Medien selbst weiterentwickeln, müssen
auch Studien weiterentwickelt werden, damit sie besorgten Eltern in Zukunft weiterhelfen können. Da die Weiterentwicklung der Spiele und der realistischer wirkenden Effekte auch bedeutet, dass die Grenze zwischen virtueller und realer Welt
verschwindend gering wird, muss noch erwähnt werden, dass die Spiele so auch
gefährlicher werden können. So werden „Killerspiele “ immer einen negativen Effekt auf die Rezipienten haben, wie sich dieser jedoch äußert, hängt von der Medienaufklärung durch Eltern oder auch die Medien selbst ab.
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Danksagung
Ich möchte mich ganz besonders bei meinem Erstbetreuer Herrn Prof. Dr. Ullrich
Dittler für die äußerst hilfsbereite Betreuung meiner Bachelorarbeit bedanken. Die
konstruktiven Kritiken von Herrn Prof. Dr. Ullrich Dittler, waren für mich stets sehr
lehrreich und haben mich um viele Erfahrungen bereichert. Dies weiß ich sehr zu
schätzen und bedanke mich herzlich dafür.
Auch bei meinem Zweitbetreuer Herrn Prof. Michael Hoyer möchte ich mich für die
Betreuung meiner Thesis bedanken.
b
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Thesis selbständig und
ohne unzulässige fremde Hilfe angefertigt habe. Alle verwendeten Quellen und
Hilfsmittel sind angegeben.
Ich bin damit einverstanden, dass ein Exemplar meiner Bachelor-Thesis zur Einsicht ausgelegt wird.
Furtwangen, den 30. August 2010
c
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