Jahresbericht Selbsthilfe-Kontaktstelle Essen

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Jahresbericht Selbsthilfe-Kontaktstelle Essen
UNSERE SPENDER UND SPONSOREN FÜR DEN 4. ESSENER SELBSTHILFEPREIS
Landwirtschaftliche
Krankenkasse
WIESE e.V. ist Mitglied der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (DAG SHG) und im
Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Impressum:
WIESE e.V.
Selbsthilfe-Beratungsstelle Essen
Pferdemarkt 5
45127 Essen
Telefon: 0201 / 20 76 76
Fax: 0201 / 20 74 08
E-Mail: [email protected]
Internet: www.wiesenetz.de
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4
V
ORWORT
Liebe Leserin, lieber Leser!
Drei Schwerpunkte
markierten den Verlauf unseres Arbeitsjahres 2010:
Zu allererst
die Auseinandersetzung mit einem dramatisch nach vorne drängenden Thema: psychische, respektive depressive Erkrankungen. Die Auswertung unserer Statistik zeigt dies drastisch im Vergleich von zehn Jahren: Die Anfragen zu psychischen Erkrankungen haben sich verdreifacht, zu depressiven Erkrankungen sogar verfünffacht. Depression, wir
reden darüber lautete, dies nachvollziehend, eine Folge von drei niederschwelligen Veranstaltungen, die im Rhythmus
einer Woche stattfanden - mit jeweils ca. 100 Personen.
Ein zweiter Schwerpunkt:
die Herausgabe der 7. Auflage des Essener Selbsthilfewegweisers – korrigiert, verändert, erweitert –
mit 38 Selbsthilfegruppen zu psychischen Erkrankungen, davon 20 zu Depressionen!
Und, drittens:
die Moderation des 4. Essener Selbsthilfepreises, einschließlich des Festes der Selbsthilfe und, nicht ganz nebenbei,
des Jubiläums 20 Jahre WIESE e.V.
Durchgängig begleitete unsere Arbeit
die Fragestellung: Selbsthilfe modern denken – wo ansetzen?
Die Themen Selbsthilfe und Migration, Selbsthilfe und betriebliches Gesundheitsmanagement bearbeiteten wir in diesem Kontext. Und das Setting unserer Veranstaltungsreihe „Depression – wir reden darüber“ orientierte sich an dieser
Fragestellung.
Wenn auch nur ein Aspekt dieses Berichts auf Ihr Interesse stößt, sind wir zufrieden.
Wenn der Bericht unsere Arbeit transparent macht, vielleicht auch überzeugend,
dann hoffen wir, auf Interesse und Zusammenarbeit mit Ihnen auch im Jahr 2011 bauen zu können.
Ihr
WIESE-Team
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I
NHALT
SACHBERICHT DER WIESE E.V. 2010
VORWORT ............................................................................................................................ 5
WIR ÜBER UNS ................................................................................................................ 9-10
AUF EINEN BLICK ............................................................................................................... 11
STATISTISCHE DATEN .................................................................................................... 12-14
SELBSTHILFE MODERN DENKEN ..................................................................................... 15-17
SELBSTHILFE IM KRANKENHAUS ..................................................................................... 18-22
SELBSTHILFE IM BETRIEB.................................................................................................... 23
SELBSTHILFENETZE ............................................................................................................ 24
GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG UND FORTBILDUNG ...................................................... 22-30
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND PRESSEARBEIT ................................................................ 31-32
GREMIENARBEIT UND KOOPERATIONEN ................................................................................ 33
DAS FEST DER SELBSTHILFE ......................................................................................... 34-41
AUSBLICK AUF 2011 ........................................................................................................... 42
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8
W
IR
ÜBER
UNS
UNSER PROFIL
WIESE e.V. – Selbsthilfeberatung Essen ist die zentrale Plattform für Selbsthilfearbeit in Essen. Sie ist eine professionelle Einrichtung mit den Schwerpunkten Information und Beratung – Vernetzung – Fortbildung für alle Aspekte der
Selbsthilfearbeit. Und sie ist der Partnerverband für alle (ca. 600) Selbsthilfegruppen in Essen.
Die WIESE e.V. besteht seit 1990. Sie hieß ursprünglich „WERKSTATT e.V. - Informationsstelle für Essener Selbsthilfegruppen“. Sie wird finanziell getragen von der Stadt Essen, vom Land Nordrhein Westfalen, von den Landesverbänden der Krankenkassen und durch Stiftungsmittel. In der Einrichtung arbeiten drei Personen hauptamtlich für diese drei
ineinander greifenden Arbeitsgebiete.
Zur Information gehören
die Recherche, Pflege und Veröffentlichung der Zugangsdaten zu Selbsthilfegruppen,
die Organisation und Betreuung der Selbsthilfe-Auftritte bei gesundheitsbezogenen Veranstaltungen und bei
Verbrauchermessen,
die Gestaltung und Betreuung der Medienpräsenz der Selbsthilfegruppen und der WIESE.
Zur Beratung gehören
die Beratung von Bürgerinnen und Bürgern in Essen zu allen Fragen der Selbsthilfe, d.h.:
- Auskunft über die existierenden Selbsthilfegruppen in Essen,
- Klärung der adäquaten Unterstützung für das Problem / Thema,
- Motivation zur Gründung und die Unterstützung bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe;
die Beratung der Selbsthilfegruppen
- bei organisatorischen Problemen,
- bei finanziellen Problemen,
- bei gruppendynamischen Problemen und Konflikten,
- bei Fragen der Öffentlichkeitsarbeit;
die Beratung des professionellen Gesundheits- und Sozialsystems
- zu Fragen der Arbeitsweisen der Selbsthilfegruppen,
- zu Fragen nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit,
- zu Fragen nach der „Qualität― von Selbsthilfegruppen.
Zur Vernetzung gehören
die Organisierung des Erfahrungsaustausches der Selbsthilfegruppen untereinander,
die Vernetzung der Selbsthilfegruppenarbeit innerhalb eines bestimmten Themenspektrums (zum Beispiel Suchtselbsthilfe),
die Organisierung der Zusammenarbeit mit den professionellen Vertretern des Gesundheitssystems,
die Mitarbeit in kommunalen Gremien der Gesundheitspolitik.
Zur Fortbildung gehören
die Entwicklung und Durchführung von Fortbildungsangeboten für Selbsthilfegruppen,
die Entwicklung und Durchführung von Fortbildungsangeboten für professionelle Dienstleister des Gesundheitssystems,
die Einbringung der Selbsthilfegruppenarbeit in die Ausbildungsgänge von Pflegepersonal, von Sozialarbeitern und
Sozialpädagogen, von Arzthelferinnen.
Wir unterstützen die Prinzipien der Selbsthilfe
Freiwilligkeit: Nur der eigene Wille zur Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe ist entscheidend.
Anonymität: Persönliche Daten werden nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen weitergegeben.
Autonomie: Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Selbsthilfegruppen dürfen nicht in Frage gestellt werden.
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W
IR
ÜBER
UNS
P ERSONAL
Die Kernbesetzung der WIESE blieb gegenüber dem Vorjahr unverändert. Die WIESE beschäftigte
eine Fachkraft mit 32,75 Wochenstunden
eine Fachkraft mit 30 Wochenstunden
eine Fachkraft mit 25 Wochenstunden
für den Zeitraum von 2 Jahren eine Fachkraft für Neue Medien mit 39 Wochenstunden.
Spezifikum dieses Arbeitsplatzes ist, dass er zu 100% nach § 16e in Verbindung mit 16f SGB II vom JobCenter
Essen bis Dezember 2011 gefördert wird. Besonderheit dieses Arbeitsplatzes ist, dass wir die Qualifikation dieser Fachkraft zu 50 % der „Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen― in Essen im Zuge eines Untervertrages zur Verfügung stellen. Darin sehen wir sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch gesundheitspolitisch
eine sinnvolle Nutzung von Ressourcen für alle Beteiligten.
eine Hilfskraft mit zwei Wochenstunden für Reinigungsarbeiten und leichte Bürotätigkeit.
Außerdem stellten wir im Berichtszeitraum
zwölf Praktikumsplätze im Rahmen eines „Felderkundungspraktikums― des Fachbereichs Bildungswissenschaften der Universität Essen-Duisburg und
einen Einzelpraktikumsplatz für einen Schüler des Erich Brost Berufskollegs zur Verfügung.
und Arbeitsplätze für Jugendlicher im Rahmen von Gerichtsverfügungen „Ableistung von Sozialstunden―.
F INANZEN
Die finanzielle Lage der WIESE e.V. ist unverändert. In unserem Haushalt sind keine Mittel für Reparaturen unseres
technischen Equipments eingestellt, ebenso wenig für – eigentlich notwendige – Supervision unserer Beratungstätigkeit oder für tarifliche Angleichung der Gehälter. Durch Verdichtung unserer Arbeit versuchen wir den gestiegenen Anforderungen an unsere Beratungsstelle weiterhin gerecht werden.
Unser Haushalt setzt sich zusammen aus Einnahmen durch
Institutionelle Förderung
der Stadt Essen in Höhe von
des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von
der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von
50.000 €
10.000 €
49.520 €
Förderung nach § 16e und 16f SGBII
Aus diesen Mitteln förderte das Job-Center Essen unsere „Fachkraft für Neue Medien―
31.700 €
Stiftungsmittel
für die Durchführung von besonderen Projekten in Höhe von
40.060 €
Spender und Sponsoren
haben uns ermöglicht, Öffentlichkeitsmaterialien für unsere Messepräsentationen, Flyer für Veranstaltungen u. ä. anzuschaffen. Dafür bedanken wir uns insbesondere bei
Der AOK Rheinland-Hamburg / Regionaldirektion Essen, der Bundesknappschaft, der Novitas BKK, der Messe
Essen und der SPARDA Bank West gGmbH
Die Ausrichtung des 4. Essener Selbsthilfepreises wurde ausschließlich durch das finazielle und sächliche Engagement von Spendern und Sponsoren aus unserer Stadt ermöglicht.
Danken möchten wir auch all Jenen, die ehrenamtlich ihre Zeit und ihr Wissen in den Dienst unseres Veranstaltungsangebotes für Selbsthilfegruppen gestellt und auf ein Honorar verzichtet haben.
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A
U NSERE B ÜRGERKONTAKT E , DIE Z USAMM ENARBEIT
E INRICHTUNGEN UND MIT S EL BST HILFEGRUPPEN
M IT
UF
EINEN
B
LICK
PROFESSIONELLEN
4515 Anfragen hatte die WIESE e.V. insgesamt im Berichtsjahr; 2513 davon wandten sich als Betroffene, betroffene
Angehörige oder Freunde an die Beratungsstelle. 942 Selbsthilfegruppen-Teilnehmer suchten Unterstützung bei der
WIESE e.V. 1063 Anfragen kamen aus dem professionellen Bereich. 2117 Anfragen betrafen die Suche nach einer
Selbsthilfegruppe.
Mehr als Statistik – die dramatische Zunahme depressiver Erkrankungen
Im Rahmen unserer Beratungs- und Vermittlungstätigkeit erfassen wir als Beratungsstelle auch statistisch, wer warum
bei uns Rat und Hilfe sucht. Die am meisten nachgefragten Themen sind in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit:
Depressionen (526), Angst (196), Borderline (129), Krebs (93), Allergien (80), Essstörungen (75), Beziehungsprobleme
(74), Mobbing (69), Trennung (67), unpräzise benannte psychische Probleme (58).
Ersichtlich wird: psychische Erkrankungen stehen an erster Stelle! In der Relation zu allen Anfragen im Jahr 2010
betreffen ca. ein Drittel psychische Probleme. Nehmen wir als Vergleichszahlen die Nennungen aus dem Jahr 2000,
gewinnt das Ausmaß noch deutlicher an Kontur: Vor zehn Jahren gab es 91 Anfragen zum Krankheitsbild Depression,
2010 waren es 526, also mehr als das Fünffache. Dies ist ein Grund, warum die Auseinandersetzung mit psychischen
Erkrankungen und Belastungen wieder ein Schwerpunkt unserer Arbeit in diesem Jahr ist.
Entwicklung bei der Initiierung von Selbsthilfegruppen
17 neue Selbsthilfegruppen haben sich im Berichtszeitraum zum größten Teil mit unserer Unterstützung, aber auch in
Kooperation mit anderen professionellen Partnern, gegründet.
Allein 38 Selbsthilfegruppen zu psychischen Erkrankungen und Belastungen verzeichnen wir zurzeit.
Die Gruppengründungen zeigen den Wunsch nach Spezialisierung. Diese Differenzierung war 2010 ausgeprägter als
in den vergangenen Jahren.
Selbsthilfe modern denken
Durchgängig begleitete unsere Arbeit die Fragestellung: Selbsthilfe modern denken – wo ansetzen? Dazu nutzten wir
unterschiedliche Veranstaltungs-settings, aber auch thematische Weiterungen wie „Selbsthilfe im Betrieb― und
„Selbsthilfe und Migration“.
Ein High-Light: Zwanzig Jahre Selbsthilfe auf der Mode.Heim.Handwerk
Selbsthilfegruppen sind Schatzinseln unserer Stadt. Dass sie das geworden sind, verdanken wir auch dem Engagement der Messe Essen. Zum zwanzigsten Mal konnten sich die WIESE und die Essener Selbsthilfegruppen bei der
Mode.Heim.Handwerk, der größten Verbrauchermesse in NRW, präsentieren. 20 Jahre stehen für Kontinuität, für Stabilität, für Entwicklung, für Erfahrung. Menschen in Gruppen haben darüber Selbstbewusstsein erlangt. In der Urkunde,
die uns aus diesem Anlass der Geschäftsführer der Messe Essen, Egon Galinnis, überreichte, heißt es u.a.:
„Herzlichen Dank für Ihr Engagement und Ihre Treue“. Für Engagement und Treue hat sich die Essener Selbsthilfe
ausdrücklich zu bedanken.
Ca. 14.180 gezählte Besucherkontakte auf dieser Messe drücken schon aus, dass die Informations- und Beratungsangebote der Selbsthilfegruppen einer großen Öffentlichkeit nahegebracht werden konnten.
Die 7. Auflage des Selbsthilfewegweisers Essen
Zum 7. Mal erschien 2010 – ergänzt, erweitert, korrigiert – der Selbsthilfe Wegweiser Essen. Ein starkes soziales Netz
wird dokumentiert: Ein starkes Selbsthilfenetz mit mehr als 350 Selbsthilfeadressen, aber auch 209 professionellen
Beratungsstellen verzeichnet diese Broschüre.
Das Fest der Selbsthilfe
Ca. 450 Gäste konnten wir zur Verleihung des 4. Essener Selbsthilfepreises, 20 Jahre WIESE und 20 Jahre Selbsthilfe
auf der Mode. Heim. Handwerk begrüßen. Unser Dank gilt allen, die mit Ideen, mit Spenden, mit aktiver Hilfe zum Gelingen des Feste beigetragen haben.
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S
TATISTISCHE
D
ATEN
S TATISTISCHE D ATEN
Unsere Bürgerkontakte, die Zusammenarbeit mit professionellen Einrichtungen und mit Selbsthilfegruppen in
tabellarischer Übersicht
4515
2513
942
1063
2117
Anfragen hatte die WIESE e.V. insgesamt im Berichtsjahr.
davon wandten sich als Betroffene, betroffene Angehörige oder Freunde an die Beratungsstelle.
Selbsthilfegruppen-Teilnehmer suchten Unterstützung bei der WIESE e.V.
Kontakte kamen aus dem professionellen Bereich.
Anfragen betrafen die Suche nach einer Selbsthilfegruppe.
Übersicht der Nachfragen zu Erkrankungen und sozialen Problemen
Angeborene Fehlbildungen / Deformitäten / Chromosomenanomalien
Hör,- Seh- und Sprachbehinderungen (auch Krankheiten der Sinnesorgane)
Sonstige Behinderung
Insgesamt
Allergische und asthmatische Erkrankungen / Krankheiten des Atmungssystem
Bösartige Neubildungen / Tumorbildungen
Chronische Schmerzen
Endokrine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten
Infektiöse Krankheiten
Krankheiten der Verdauungsorgane und des Urogenitaltraktes
Krankheiten des Blutes, des Immunsystems / Immundefekte
Krankheiten des Kreislaufsystem / Herz-Kreislauferkrankungen
Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, der Gelenke,
der Muskeln und des Bindegewebes
Krankheiten des Nervensystems
Sonstiges Erkrankungen
Insgesamt
Psychische und Verhaltensstörungen / Psychische Erkrankungen
Suchterkrankungen
Insgesamt
Soziale Themen / Lebensbewältigung
Gesamtergebnis
Herausragend: 44,5% aller Nachfragen bezogen sich auf psychische Erkrankungen.
12
38
31
27
96
80
93
35
68
23
48
14
61
86
133
55
696
1066
294
1360
458
458
2610
S
TATISTISCHE
D
ATEN
Die TopTen in der Übersicht
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Depression
Angst
Borderline
Krebs
Allergische und asthmatische Erkrankungen
Essstörung
Beziehungsprobleme/ -sucht
Mobbing
Psychische Probleme
Alkohol / Medikamente
2010
526
196
129
93
80
75
74
69
58
53
2009
402
188
95
104
2010
93
80
45
43
41
41
36
35
26
18
2009
104
47
44
13
66
43
25
29
7
29
66
66
44
178
83
Die häufigsten Anfragen bei akuten und chronischen Erkrankungen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Krebs
Allergische und asthmatische Erkrankungen
Alzheimer und Demenz
Diabetes
Darmerkrankung, Stoma
Rheumatische Erkrankungen
Herz-Kreislauferkrankungen
Schmerzen / Migräne
Pflegenden Angehörigen
Epilepsie
Nachfrage zu psychischen Themen in den letzten 10 Jahren
Depressionen
Angst
Borderline
Psych. Prob.
Burn out
2010
526
196
129
58
49
2009
402
188
95
178
7
2008
327
189
105
78
3
2007
290
230
77
101
2006
207
176
159
73
2005
250
159
121
68
2004
204
154
141
53
2003
256
210
74
36
2002
223
205
54
35
2001
111
177
50
34
2000
91
206
31
Nachfrage zum Thema Depressionen der letzten 10 Jahren prozentual
700
600
500
400
300
200
100
0
Depressionen in Prozent
100
122
2000
2001
245
281
224
275
227
2002
2003
2004
2005
2006
319
359
2007
2008
442
2009
578
2010
13
S
TATISTISCHE
D
ATEN
Differenzierte Übersicht unserer Kontakte:
Art des Kontakts:
Telefonisch
Persönlich
schriftlich (Email, Post)
Kontakt mit:
Betroffene/r
als Angehörige(r) Betroffene/r
in Vertretung für Betroffene 207
SelbsthilfegruppenteilnehmerInnen
Professionelle
davon Krankenkassen
Einzugsbereich:
Regional
Überregional
Geschlecht:
Frau
Mann
Kontakt über / Info-Quelle:
Selbsthilfe-Zeitung / Wegweiser / Flyer etc.
Medien
Internet
Professionelle
Veranstaltungen
Selbsthilfeunterstützungsstellen
Selbsthilfegruppen
Freundinnen, Freunde / Angehörige / Kolleg/inn/en
sonstige / unbekannt
Anliegen von SH- Interessierten / Professionellen:
Allgemeine Selbsthilfeinfos
Austausch Infos
Suche nach SHG
Gruppengründung
Suche nach Profis
Öffentlichkeitsarbeit
Gremienarbeit / Kooperationen
Finanzen
Anliegen von Selbsthilfegruppen:
Organisatorische Unterstützung
Öffentlichkeitsarbeit
Starthilfe / Anleitung
Gruppendynamik
Fort- und Weiterbildung
Vermittlung von Profis
Finanzen, KK-Förderung
Austausch aktueller Infos
Gremienarbeit / Kooperation / Netzwerk
ausgehende Kontakte zu Gruppen
14
Summe
2678
531
1306
1992
314
942
1004
62
3025
300
2102
732
362
477
381
933
225
36
110
21
262
277
106
2117
109
390
172
657
98
258
256
35
39
38
2
10
82
71
651
S
ELBSTHILFE
MODERN
DENKEN
Durchgängig begleitete unsere Arbeit die Fragestellung: Selbsthilfe modern denken – wo ansetzen? Die Themen Selbsthilfe und Migration, Selbsthilfe und betriebliches Gesundheitsmanagement bearbeiteten wir thematisch in diesem Kontext. Und das Setting unserer Veranstaltungsreihe „Depression – wir reden darüber“ orientierte sich an dieser Fragestellung ebenso wie Veranstaltungsformate, die versuchen, das Interesse und die
Unterstützung von Selbsthilfe mit anderen Ansätzen zu moderieren.
In zahlreichen Gesprächen haben wir diese Problematik mit Partnern aus der Selbsthilfe erörtert:
Ein Erfahrungsaustausch mit der KOSKON, Koordination für Selbsthilfe in NRW
Veränderungsprozesse in der Selbsthilfe: Gespräch mit der SHG Peritoneal – Dialyse
Veränderungsprozesse in der Selbsthilfe: Leitung eines Workshop der SHG Sklerodermie in Dinslaken
Selbsthilfe im Krankenhaus: Erfahrungsaustausch mit mehreren ausgewählten Selbsthilfegruppen
Selbsthilfe im Krankenhaus: Gespräch mit dem Schwerhörigen-Verband
Selbsthilfe und Migration: Gespräch mit dem Katernberger Frauenverein Ana-Tolia,
Selbsthilfe und Migration: Gespräch mit der Gruppe Iranischen Frauen und Psychosomatik
Selbsthilfe und Migration: Gespräch mit dem ViBB Essen
Veränderungsprozesse in der Selbsthilfe: Entwicklungsmöglichkeiten des „Lädchens―
Themen der Sucht Selbsthilfe: Erfahrungsaustausch mit einer polnische Delegation aus Zabrze.
Neue Selbsthilfegruppen in Essen
Im Berichtsjahr haben sich zum größten Teil mit Unterstützung der WIESE Selbsthilfegruppen zu folgenden Problemlagen und Erkrankungen gegründet. Einige Gruppengründungen sind in Zusammenarbeit, zum Teil auch auf Anregung
von Klinikmitarbeitern erfolgt.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
Selbsthilfegruppe Plasmozytom / Multiples Myelom
Selbsthilfegruppe für Leukämien und Lymphome / Essen-Werden
Selbsthilfe Lungenkrebs, Regionalgruppe Essen
Selbsthilfegruppe für Menschen mit Harnblasenkrebs
Selbsthilfegruppe für Herztransplantierte und Angehörige, im Westdeutschen Herzzentrum Essen
Selbsthilfegruppe Morbus Crohn - Colitis Ulcerosa / Steele
Selbsthilfegruppe für Jugendliche mit Skoliose und ihre Eltern
„Moritz“ - FAS (Fetale Alkoholspektrum-Störungen) Selbsthilfegruppe Essen
Selbsthilfegruppe Angehörige zugleich von Täter und Opfer bei sexuellem Kindesmissbrauch in der Familie
Selbsthilfegruppe für Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden
Selbsthilfegruppe Angst (Werden)
Borderline Selbsthilfegruppe für Angehörige
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Depressionen (Neustart der Selbsthilfegruppe, Rüttenscheid)
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Depressionen (Rüttenscheid)
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Depressionen (Rüttenscheid)
Selbsthilfegruppe Angehörige von Menschen mit einer Krebserkrankung
Selbsthilfegruppe Morbus Sudeck
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S
ELBSTHILFE
MODERN
DENKEN
BESONDERHEITEN: WUNSCH
NACH
SPEZIALISIERUNG
Die Themen für die Gründungen spiegeln zum einen jene Trends wider, die aus unserer Statistik „Krankheitsbilder―
ersichtlich sind. Dazu gehört insbesondere das Krankheitsbild Depression.
Zum anderen zeigen die Gruppengründungen den Wunsch nach Spezialisierung. Diese Differenzierung war 2010 ausgeprägter als in den vergangenen Jahren: Gruppengründung zu einer bestimmten Krebserkrankung anstatt Krebserkrankungen im Allgemeinen, „Borderline und Angehörige― anstatt „Angehörige psychisch Kranker‘―, „Selbsthilfegruppe
FAS für Adoptiv- und Pflegeeltern― anstatt „Selbsthilfegruppe für Adoptiv- und Pflegeeltern―.
Eine besondere Art der Spezialisierung lässt sich bei psychischen Erkrankungen erkennen:
Geschlechtsspezifische Ansätze in Depressions-Selbsthilfegruppen
17 Selbsthilfegruppen für Menschen mit Depressionen existieren in Essen. Hinzu kommt eine Selbsthilfegruppe für
Menschen mit bipolaren und affektiven Störungen und drei Selbsthilfegruppen, die mehrere psychische Erkrankungen
bündeln – darunter natürlich auch Depressionen.
Fünf Depressions-Selbsthilfegruppen sind Frauengruppen, eine Depressionsgruppe hat nur männliche Mitglieder.
Warum ist einigen Gruppen die Unterscheidung nach Geschlechtern wichtig und anderen wiederum nicht? Wir versuchten in Gesprächen mit Gruppenteilnehmern die Motive für diese geschlechtsspezifische Differenzierung nachzuvollziehen:
Die Frauengruppe
So sagt eine Dame aus einer Frauengruppe, sie könne sich nicht richtig öffnen, wenn Männer anwesend seien. Zumal
Depressionen oft auch ihre Ursache in schlimmen Erlebenissen mit Männern hätten, darüber möchte sie nur mit anderen Frauen sprechen. Und die würden sie auch besser verstehen, wenn sie erzählt „sie habe sich schon wieder Schuhe gekauft.―
Eine Frau aus einer anderen Frauengruppe hat erlebt, dass Männer „erotische― Unruhe in die Gemeinschaft bringen.
Außerdem seien Anbandelungen zwischen den Geschlechtern für viele Erkrankte nicht gut während des Genesungsprozesses.
Die Männergruppe
Auch die Männergruppe fühlt sich ohne die Anwesenheit von Frauen wohler. Ebenso wie die Frauen können Männer
spezifische Themen wie beispielsweise Sexualität und Psychopharmaka besser unter sich besprechen. Auch können
sie sich über Beziehungsprobleme mit Frauen besser untereinander verständigen: Paare, bei denen der Mann an einer
Depression erkrankt, erfahren oft eine Veränderung im Rollenverhalten. Der Mann wird durch die Erkrankung zunehmend entscheidungsunfähiger und antriebslos, also entspricht dadurch immer weniger dem typischen Männerbild. Von
seiner Partnerin dagegen wird immer mehr verlangt, dass sie seine typisch männlichen Rollen einnimmt: Den Lebensunterhalt verdienen, Entscheidungen fällen und Verantwortung übernehmen.
Der Mix
Teilnehmer in Selbsthilfegruppen für Männer und Frauen sehen dagegen im Dialog der Geschlechter eine Chance,
indem sie von der Sichtweise des anderen Geschlechts profitieren, um sich selbst besser hinterfragen zu können. Außerdem könne man/frau viel über partnerschaftliche Beziehungen lernen. Wenn ein Mann einer Frau in der Gruppe
sagt, er könne ihren Mann schon gut oder überhaupt nicht verstehen, kann das für die Frau ein wichtiger Impuls sein,
den eigenen Blick zu weiten.
16
S
ELBSTHILFE
MODERN
DENKEN
SELBSTHILFE AKTIVIERENDE SETTINGS
Die Erfahrungen der letzten Jahre lehren uns, dass ein zunehmender Teil von Betroffenen nur den kurzzeitigen Kontakt zu Selbsthilfegruppen sucht, um sich Informationen abzuholen, aber ohne die Bereitschaft, sich auf Gruppenprozesse einzulassen. Nur dort, wo therapeutische Gruppenerfahrungen vorliegen, können wir auf die Bereitschaft bauen,
auch die Effekte von Selbsthilfegruppen zu nutzen.
Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren versucht, über neue Veranstaltungsformen Erfahrungen mit der Idee
der Selbsthilfe zu vermitteln. Wir wollten über zeitlich begrenzte Gruppenprozesse positive Effekte vorstellen und erfahrbar und so den Weg zur längerfristigen Beteiligung an einer Selbsthilfegruppe öffnen.
Erfahrungsaustausch – Selbsthilfe im Gespräch
ist eine öffentlich beworbene Veranstaltung im Alfried-Krupp-Krankenhaus jeweils zu einem bestimmten Krankheitsbild.
Es geht dabei nicht um die Vermittlung von medizinischem Fachwissen durch Krankenhausmitarbeiter sondern um den
Austausch von Erfahrungswissen durch Betroffene und ihre Angehörigen. Aufschlag machen Mitglieder der entsprechenden Selbsthilfegruppe, in dem sie kurz ihre Gruppe vorstellen. Anschließend folgt eine knappe Vorstellungsrunde,
in der jeder Teilnehmer angibt, was er von den anderen Teilnehmenden an Erfahrungswerten über die Erkrankung und
den Umgang mit ihr wissen möchte. Diese Punkte werden gesammelt und abgearbeitet in der Form einer „Als-obSelbsthilfegruppe―, wobei den anwesenden Selbsthilfegruppen -Mitgliedern eine zentrale Rolle zukommt. Diese Runde
bildet den Erfahrungsschatz der jeweiligen Gruppe ab, nutzt ihre Beratungskompetenz, bedient also einerseits Konsumhaltung, propagiert andererseits die Selbsthilfeidee und lädt zur Teilnahme an der Selbsthilfegruppe ein.
Depression – wir reden darüber
ist eine öffentlich beworbene und moderierte Veranstaltungsreihe zu unterschiedlichen Aspekten der Depression
(Angehörige und Depression, Depressiv oder schlecht ´drauf?, Wege aus dem Tief). Einen kurzen Aufschlag (max. 3
Min.) macht zum jeweiligen Thema eine Fachkraft (Psychologin vom Bündnis gegen Depression) und danach ebenfalls
kurz (max. 3 Min.) ein Mitglied einer Depressions-Selbsthilfegruppe, das von eigenen Erfahrungen im Umgang mit der
Erkrankung berichtet. Letzterer Beitrag steht für die Teilnehmer quasi als „Türöffner―, auch von sich und den eigenen
Erfahrungen zu berichten. Ziel ist nicht nur der Austausch von Erfahrungen sondern: Ein sich Vergewissern über die
eigenen Erfahrungen und Gefühle, das Gefühl nicht allein mit einer seelischen und damit gesellschaftlich weitestgehend tabuisierten Erkrankung zu sein, und die Möglichkeit in einem geschützten Rahmen darüber sprechen zu können. Diese Runde bildet als Großgruppe das gesamte Spektrum von Selbethilfe-Potentialen ab und funktioniert als
Selbsthilfegruppe, sozusagen als Kurzzeitmodell.
„Guten Morgen, Ihr Schönen“ - Gesprächskreis für Frauen ab Vierzig auf der Suche
ist ein fachlich geleiteter Gesprächskreis zu dem die WIESE e.V. für sechs auf einander folgende, vorstrukturierte Sitzungen einlädt. Im Mittelpunkt stehen Übungen und Gespräche über allgemeine Lebensprobleme und Aspekte der
Selbsterfahrung. Durch die Leitung werden Regeln und Methoden der Gruppenarbeit eingeführt und das Erleben von
Erfahrung, Verständnis und Solidarität organisiert. Auf dieser Grundlage wird die Gruppe angeregt zu überlegen, ob
und in welcher Form sie ohne Leitung weiterarbeiten möchte.
Trennung, Scheidung, Neuanfang – Workshop über Erfahrungen, Gefühle und neue Lebenskonzepte
ist eine einmalige, öffentlich beworbene Veranstaltung, die auf Kooperation baut. Der fachliche Teil wird von der katholischen Ehe-, Lebens- und Familienberatungsstelle eingebracht, der Selbsthilfe-Aspekt (Gruppendynamik) von der
WIESE e.V. Der Workshop richtet sich an Menschen, die in Trennung von ihrem Partner leben. Die Teilnehmer kommen immer wieder in Kleingruppen zu unterschiedlichen Aspekten der Trennung ins Gespräch, deshalb verfügt die
Veranstaltung über einen hohen Selbsthilfegruppen-Ansatz. Der Workshop hält ein doppeltes Angebot vor: Er bietet
zum einen die Möglichkeit der begrenzten Beschäftigung mit einem virulenten Lebensproblem, andererseits lädt er ein,
diesen Erfahrungsschatz als Selbsthilfegruppe zu kontinuieren, denn im Anschluss der Veranstaltung wir zur Gründung
einer Selbsthilfegruppe eingeladen.
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Aus dem Projekt „Selbsthilfe im Krankenhaus“, das einen Paradigmenwechsel im Verständnis von der Bedeutung der Selbsthilfe bei Klinikärzten einleitete, ist ein fester Bestandteil unserer Arbeit geworden. Unser Ziel,
zu einer Vereinbarung zwischen dem Essener Krankenhausverbund und der Selbsthilfe zu kommen, die der
Kooperation zwischen Klinik und Selbsthilfe einen verbildlichen Rahmen gibt, haben wir noch nicht erreicht.
Herausgebildet haben sich Schwerpunktthemen in der Zusammenarbeit zwischen WIESE e.V., Selbsthilfegruppen und Klinikbetrieb, im Wesentlichen sind das zur Zeit:
Selbsthilfe und Migration in Kooperation mit den Katholischen Kliniken Essen-Nord-West,
Selbsthilfe und psychische Erkrankungen, in Kooperation mit den Kliniken Essen-Mitte,
Selbsthilfe und Frauengesundheit in Kooperation mit den Krankenhäusern der Contilia-Gruppe,
Selbsthilfe in der Pflege in Kooperation mit den Pflegeschulen der Essener Krankenhäuser,
Erfahrungswissen der Selbsthilfe, praktisch angewandt in Kooperation mit dem Alfried-Krupp-Krankenhaus.
In einem Workshop „Selbsthilfe für’s Krankenhaus― haben wir Erfahrungen, Wünsche und Perspektiven im Gespräch
mit Selbsthilfegruppen eruiert. Wir fragten u.a.:
Was können die Selbsthilfegruppen den Kliniken bieten?
Was können die Kliniken den Selbsthilfegruppen bieten?
Welche Ansatzpunkte der inhaltlichen Zusammenarbeit gibt es?
Welche Präsentationsmöglichkeiten im Krankenhaus gibt es für Selbsthilfegruppen?
Wer ist in der Regel Ansprechpartner im Krankenhaus?
Gibt es Spezifika hinsichtlich bestimmter Kliniken, hinsichtlich bestimmter Erkrankungen?
Was hat der Patient von der Kooperation Krankenhaus – Selbsthilfegruppe?
Wie und von wem wird das Gespräch Selbsthilfegruppe - Patient organisiert?
Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Haben Sie Ideen für Möglichkeiten der Zusammenarbeit?
Ein immer wieder und sehr präzise und drängend vorgetragener Wunsch lautete: Das Krankenhaus soll einen festen
(verantwortlichen) Gesprächspartner für Selbsthilfegruppen benennen. Der Workshop wird 2011 fortgesetzt.
Ein Vorschlag: Gemeinsame Eckpunkte der Essener Kliniken und WIESE e.V. für eine Selbsthilfe freundliche
Krankenhauslandschaft in Essen.
Ziel dieser Vereinbarung ist eine nachhaltige und systematische Zusammenarbeit von Krankenhaus und Selbsthilfe,
von der beide Seiten profitieren und deren Anliegen ist, den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen zu
nutzen. Ziel dieser Vereinbarung ist eine Zusammenarbeit, die die Selbsthilfegruppen nicht der Konkurrenz der Krankenhäuser unterwirft, aber die einrichtungsspezifischen Ressourcen und Interessen berücksichtigt und respektiert.
Dazu sollen nachfolgende Eckpunkte beitragen:
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Die Essener Kliniken bieten im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Selbsthilfegruppen an, Räume und Präsentationsmöglichkeiten kostenfrei zu nutzen, um den Patientinnen und Patienten bzw. deren Angehörigen die Möglichkeit zu geben, sich vor Ort über die Angebote von Selbsthilfegruppen zu informieren; und sie bieten Selbsthilfegruppen die Möglichkeit, das Krankenhaus als Treffpunkt zu nutzen.
Die Essener Kliniken bieten bei Arzt-Patienten-Seminaren den Selbsthilfegruppen und WIESE e.V. die Möglichkeit, sich themenbezogen und veranstaltungsbezogen zu präsentieren.
Die Essener Kliniken und WIESE e.V. entwickeln gemeinsam Handreichungen, die Patienten Patientinnen und
deren Angehörige über die Arbeit und die Effekte von Selbsthilfegruppen informieren und zur Teilnahme motivieren.
Zwischen den Essener Krankenhäusern und WIESE e.V. findet ein regelmäßiger Informations- und Erfahrungsaustausch statt. Die Internet-Auftritte der Essener Krankenhäuser und WIESE e.V. werden verlinkt.
Selbsthilfe-Beratung WIESE e.V. und Selbsthilfegruppen werden – soweit es Selbsthilfe relevante Themen betrifft – in die Fort- und Weiterbildung der Krankenhaus-Mitarbeiter und –Mitarbeiterinnen einbezogen.
Jedes Essener Krankenhaus benennt eine Kontaktperson als Ansprechpartner für WIESE e.V. und die Essener
Selbsthilfegruppen.
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K O O P E R AT I O N E N
MIT
ELBSTHILFE
ESSENER KLINIKEN
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EINZELNEN:
Alfried Krupp Krankenhaus:
Organisation und Durchführung der Reihe "Zeit für Ihre Gesundheit" mit folgenden Themen: Blasenkrebs,
Sarkoidose, Morbus Menière, Hepatitis, Lebererkrankungen
Organisation und Moderation der Veranstaltungsreihe "Erfahrungsaustausch: Selbsthilfe im Gespräch" mit
Selbsthilfegruppen zu folgenden Themen: Borreliose, Migräne, Multiple Sklerose, Asthma, Pflegende Angehörige an Demenz erkrankter Menschen, Morbus Bechterew
Elisabeth-Krankenhaus:
Gesundheitstag für Frauen in der Lebensmitte „Brot und Rosen― im Kloster der Barmherzigen Schwestern
von der Heiligen Elisabeth
Konzeption und Durchführung des Workshops "Ich und die Anderen― über Selbstwert und Nächstenliebe,
Gruppenzwang und Ichstärke, Egotrip und Solidarität
Fachklinik Rhein-Ruhr:
Vorträge über "Möglichkeiten und Grenzen von Selbsthilfegruppen"
Kliniken Essen-Mitte:
Informationsveranstaltung „Von der Weisheit der Natur lernen: Traditionelle östliche und europäische Medizinsysteme
Beteiligung am 2. Essener Krebstag, Organisation der Teilnahme der Essener Krebs-Selbsthilfegruppen
Organisation und Durchführung der Veranstaltungsreihe "Wenn die Seele anklopft:…"
Kliniken Essen-Nord-West:
Das türkischsprachige Arzt-Patienten-Seminar „Das Reizdarm-Syndrom – Darmerkrankungen sinnvoll
vorbeugen und behandeln― mit Hinweisen zur Arbeitsweisen von Selbsthilfegruppen, gemeinsam vorbereitet mit dem Arbeitskreis Selbsthilfe und Migration
Organisation und Durchführung der Veranstaltung „Wenn die Angst über Dein Leben bestimmt―
Kliniken Essen-Süd:
Vorbereitung und Moderation des 1. Werdener Patienten-Informationstages „Leukämie und Lymphome―
Kliniken Ruhrhalbinsel:
in Kooperation mit der Klinik Planung und Durchführung der Veranstaltung „Angst und Depression als Lebensproblem – Zuhören, miteinander reden, Erfahrungen sammeln―
Teilnahme am Darmtag
LVR-Klinikum:
Informationsveranstaltung: „Macht Stress krank? Zur Entstehung psychosomatischer Erkrankungen―
Suchthilfeeinrichtung „Die Fähre“:
Gespräch über die Kooperation der Klinik mit Selbsthilfegruppen
Suchtklinik Kamillushaus:
Kunst und Seele. Veranstaltungen über die emotionalen Wirkungen von Kunst
Universitätsklinikum Essen:
Vortrag und Teilnahme am „13. QM-Forum des VUD am Universitätsklinikum Essen―
Gründungen von Selbsthilfegruppen zu Herztransplantation, Leukämie und Lymphomen und Angehörigen
bei Krebs in Kooperation mit dem Universitätsklinikum, Kliniken Essen-Mitte und den Kliniken Essen-Süd.
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K RANKENHAUS - P AT IENT - S EL BSTHILFE
Erwartungen an Qualitätsmanagement und Realität aus der Sicht des Patienten.
Ein Beitrag beim 13. QM-Forum des VUD
„Aus der Sicht des Patienten“ solle ich, so lautete der Auftrag der Veranstalter an mich, etwas zu dieser Tagung beitragen – „zur Sicherung der Qualität der medizinischen Leistungserbringung, zur Weiterentwicklung von Qualitätsparametern und Sicherstellung der Transparenz des Leistungsgeschehens, zur Steigerung der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit.― Ohgottohgott.
Wenn ich ab sofort von Selbsthilfegruppen spreche, dann habe ich das Thema nicht verfehlt, dann spreche sehr exakt
von Patienten. Ich weiß, vor fünfzehn, zwanzig Jahren hätte man gesagt: von Patientenhorden, die man auf die arme
Ärzteschaft loslässt. Sie sehen, meine Damen und Herren, nein, Sie wissen natürlich, es hat sich bereits viel geändert.
Also: Vor einigen Jahren veranstalteten wir zusammen mit einem Krankenhaus eine Veranstaltungsreihe „Selbsthilfe
im Krankenhaus― Durchaus wertschätzend eröffnete ein Chefarzt die Veranstaltung mit den Worten: „Wenn ein Patient
zu uns ins Krankenhaus kommt, dann gibt er an der Rezeption sein Selbstbewusstsein ab, wenn wir ihn entlassen,
schicken wir ihn in die Selbsthilfegruppe, damit er es wieder erlangt“.
Wie gesagt, das war sehr wertschätzend gedacht. Und das Körnchen Wahrheit, das in diesem Satz steckt, haben wir
in Essen in einer Umfrage unter ca. 1000 Selbsthilfegruppenmitgliedern eruiert. Wir stellten ihnen die Frage: Was hat
Ihnen, rückblickend betrachtet, die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe gebracht: ca. 90 Prozent haben unter einer
Auswahl möglicher Antworten angegeben: „Sie hat mir den Lebensmut zurückgegeben―. Sie hätten auch antworten
können: Erfahrung, Wissen, Information. Nein, Lebensmut haben sie gesagt.
In Selbsthilfegruppen sind vor allem Patienten mit chronischen, mit unheilbaren, mit seltenen Erkrankungen – nicht mit
der Simplizität von Schnupfen und Heiserkeit. Ich will sagen, Menschen mit Krankenhaus-Erfahrung, auch mit Krankenhaus-Irrfahrten, mit langen Wegen zurück zu Selbstbewusstsein und zum schwierigen Prozess des Erlernens mit
einer Erkrankung oder einer Behinderung zu leben. Mehr als 1 Million Menschen haben sich in ca. 90.000 Selbsthilfegruppen organisiert. Das ist der Erfahrungsschatz, den ich Ihnen anbiete zur Sicherung von Qualität, von Transparenz
und Patientenzufriedenheit. Warum diese Kraft, diese Chance nicht bereits im Krankenhaus nutzen! Sie stärkt die
Compliance.
Ich möchte Erfahrungen von Essener Selbsthilfegruppen referieren, ich vermute, sie lassen sich verallgemeinern. Im
Gespräch mit der WIESE haben sie von ihren Erfahrungen berichtet und Vorschläge gemacht: eine Vertreterin der
Selbsthilfegruppe für Schwerhörige, ein Vertreter der ILC0, ein Vertreter der Gruppe der Kehlkopflosen, eine Vertreterin der Frauenselbsthilfe nach Krebs.
Die Jasager
Ich möchte mit den Erfahrungen von Frau Stephan beginnen:
Sie sagt, Schwerhörige sind Ja - Sager. Schwerhörige Patienten sind nicht selbstbewusst, und das im doppelten Sinn:
wegen der Erkrankung, unter der sie leiden und wegen der Behinderung, die sie als handicap wahrnehmen. Ich will es
Ihnen an einem Beispiel erläutern. Ingelore Stephan war fast taub. Sie gesteht es sich nicht ein, sie hält es geheim.
Wenn es geht, antwortet sie einfach mit Ja, jaja. So war das auch bei einer Freundin. Bis der es zu bunt wurde und
fragte, sag mal, Ingelore, bist du doof? – Jaja, sagte Ingelore, die mit ihrem „Ja― glaubte, ihrer Schwerhörigkeit entkommen zu können und sich nun selbst ein Bein stellte. In der Klinik, meine Damen und Herren, kann das fatale Folgen
haben.
Wie geht man mit solchen Patienten um? Woher nehmen Sie die Erfahrung, das Wissen für den Umgang mit solchen
Patienten? Zuerst: Es sind Patienten, die Zeit beanspruchen, wenn man sich mit ihnen unterhält. Es gibt einfache Regeln: Achten Sie auf Ihr klares Mundbild, auf eine deutliche Aussprache, nicht auf die Lautstärke. Achten Sie auf die
Lichtverhältnisse, Schwerhörige lesen von den Lippen ab. Ein Gespräch mit Mundschutz ist sinnlos. Eine Ansage über
Lautsprecher ist praktisch, aber nicht hilfreich. Der Satz „Die Patientin ist taub, die Patientin ist schwerhörig― steht in
der Krankenakte, das ist wichtig. Er gehört auch ans Bett der Patientin, das ist – sozusagen – nahe am Patienten gedacht und gehandelt. Ärzte und Krankenschwestern sprechen gerne (lieber?) mit den Angehörigen statt mit den Patienten. Gewiss, es ist einfacher. Aber es entmündigt den Patienten. Zumindest, es fördert nicht die Zusammenarbeit mit
ihm. Es mindert sein Selbstbewusstsein. Sie sollten wissen, es gibt wenige, klare Gebärden, die ihnen helfen können,
sich mit dem Patienten zu verständigen. Die kann man lernen. Der Schwerhörigenbund bietet Fortbildungen zum Umgang mit Schwerhörigen und Spätertaubten an. Allerdings, so die Erfahrung des Schwerhörigenbundes, das Pflegepersonal kann diese Angebote zwar freiwillig wahrnehmen, freigestellt wird es dafür nicht. ich kenne Kliniken, die finden
ein solches Angebot überflüssig. By the way, ich weiß, dass andererseits Feuerwehr und Polizei zumindest in Essen
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an solchen Fortbildungen sehr interessiert sind. Vieles ist mit gutem Willen zu bewerkstelligen, wenn man es nicht dem
Zufall überlässt. Also: Nehmen Sie Kontakt zum Schwerhörigenbund auf. Sie helfen sich und dem Patienten. Denn,
Jasager entlassen Sie nicht aus Ihrer Verantwortung als Ärzte, als Klinikchefs, als Krankenschwester. Aber selbstbewusste Patienten schärfen auch Ihren Blick für das, was Patienten gut tut.
Alles Gute, das war’s
Ich erkläre nichts Neues, wenn ich sage, der Krebs ist nach der OP nicht zu Ende. Ein Erfahrungssatz aus dem Krankenhaus, den die ILCO, Selbsthilfegruppe für Darmkrebs und künstlichen Darmausgang, gern kolportiert, lautet allerdings: Alles Gute, das war’s. So spricht der Zahnarzt oder der Doktor nach der Tetanusimpfung. Nein, so entlässt man,
Erfahrungswissen der ILCO, auch Patienten mit Darmkrebs. Herr Temmler erklärt uns dazu: „Zu Hause geht die Hölle
erst richtig los.“ Manchmal (eher: oft) beginnt die Hölle im Krankenbett: „Ich bekomm ein Stoma“, hört man den Aufschrei. Ich formuliere bewusst fäkalisch: eine beschissene Aussicht. Ein Tabu, ein Stigma. Eine Kloake am Körper! Das
war’s. Nein, das war’s nicht. In Essen hatten wir bereits vor vielen Jahren eine aktive ILCO-Gruppe und gute Kontakte
zu dem ein oder anderen Krankenhaus. Wenn das Krankenhaus anrief, und weil der Patient es wünschte, schickten wir
Herrn L. ans Krankenbett. Ich erzähle Ihnen die Geschichte, die dann immergleich folgendermaßen ablief: „Ja, vor
zwanzig Jahren bekam ich auch ein Stoma, ich der Mann mit dem Freischwimmer, sommers wie winters im Schwimmbecken. Ja, ich hatte auch Angst, dass sich das Wasser um mich herum braun färbt, dass das Stoma nicht dicht hält.
Ich ging in die Bandewanne, alles blieb glasklar, ich fuhr an die Nordsee, ich dachte, da verläuft es sich, wenn was
passiert. Es passierte nichts. Jetzt traute ich mich ins Hallenbad. Alles war gut. Ich hatte mir Lebensqualität zurückerobert“. Es ist eine Anekdote, aber eine Geschichte, die überzeugt, weil sie gelebt wurde, keine Beschwichtigungsrhetorik
der Krankenschwester oder der Chirurgin. Worum geht es in Selbsthilfegruppen? Darum, die Angst zu nehmen durch
das selbst Erlebte. Ja, ich lebe noch, ja mir geht es gut. Weniger emotional formuliert: Es geht um die psychosoziale
Betreuung des Patienten, um Vertrauen, um das vertrauliche Gespräch von Patient zu Patient. Es geht um Vermittlung
von Wissen durch eigene Erfahrung. Und es geht um das Leben danach. Das beginnt in der Klinik. Sehen Sie es so:
Selbsthilfegruppen können im Krankenhaus bereits die Krücken sein, die dem Patienten helfen, wieder aufrecht zu
gehen. Da kommt die Ressource Zeit ins Spiel. Selbsthilfegruppen nehmen sich die Zeit für das Gespräch mit dem
Patienten, die der Doktor, der Pfleger, der Stoma – Therapeut, selbst beim besten Willen, nicht haben. Aber, es sind
keine individuellen Hilfen, die zu Buche schlagen, sondern geplante, strukturierte. „Erst dann“, erklärt uns Herr Temmler von der Essener ILCO, „ist Selbsthilfe im Krankenhaus sinnvoll eingebunden.“ Für den Qualitätsmanager würde ich
gerne formulieren: Es geht um die Nachhaltigkeit des subjektiven Faktors. Dazu gehört zum Beispiel der Entlassungsordner der Klinik für den Patienten: mit Kontaktadressen der ILCO oder des DCCV (ist gleich Deutsche Morbus Crohn
und Colitis Ulcerosa Vereinigung). Das wäre ein Beitrag zur Nachsorge, ich könnte auch formulieren: Die Klinik lässt
mich nicht im Stich, wenn ich zuhause bin! Ich könnte auch sagen, das ist durchaus positive Kundenbindung. Ein Angebot, das die ILCO den Krankenhäusern macht, heißt: „Qualifizierter ILCO - Besucherdienst―. Zitat aus der Selbstbeschreibung: „Besucherdienst - Mitarbeiter müssen selbst betroffen sein. Dies reicht jedoch nicht aus. Für eine bestmögliche Unterstützung müssen sie gut zuhören können, eine positive Einstellung zu ihrer Erkrankung und gegebenenfalls
zum Stoma haben, psychisch belastbar und verlässlich sowie sympathisch und gepflegt sein.“ Zitat-Ende. Dazu gehört:
Der Besucherdienst stellt sich im Krankenhaus vor, das heißt, er macht seine Arbeit transparent, seine Mitarbeiter bekannt. Dazu gehört auch: Jeder Besuch wird dokumentiert. Das ist Qualitätssicherung und Dienstleistung zugleich.
Allerdings, um beides sicher zu stellen: Dazu gehören Kooperationsverträge, Vereinbarungen darüber, wie die Zusammenarbeit zwischen Klinik und Selbsthilfe vonstatten geht. „Wenn etwas nicht klappt, sprechen wir den Qualitätsmanager an“, erklärt Herr Temmler, „das gehört zu den Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit.“ Diese Zusammenarbeit ersetzt
den psychosozialen Dienst im Krankenhaus nicht, auch nicht das Arztgespräch, auch nicht den Therapeuten. Aber sie
stärkt den Patienten. Muss ich noch erklären, warum? Sie wollen doch starke Patientinnen und Patienten.
Dolmetscher-Tätigkeit
Selbsthilfegruppen können Dolmetscher sein. Das ist die Erkenntnis von Herrn Feller aus der Gruppe der Kehlkopflosen in Essen. Wer etwas vom Übersetzen versteht, der weiß, dass Übersetzen eine Kunst ist, eine Kunst, die Sensibilität und Wissen erfordert. Und Erfahrung. Und Vertrauen. Und Zeit. Das möchte die Selbsthilfegruppe der Kehlkopflosen einbringen. Die Eröffnung der Diagnose ist ähnlich zerstörerisch wie die Aussicht auf ein Stoma. Es ist die Erwartung eines Eingriffs, der Zuversicht lähmt. Deshalb bemühen sich die Selbsthilfegruppen der Kehlkopflosen um regelmäßige Kontakte zu Kliniken bzw. um Patientenbesuche. Ihr Ziel ist, das Wissen der Ärzte und die Ängste der Patienten in der Erfahrung der Mitglieder der Selbsthilfegruppe aufzuheben. Beinahe im wörtlichen Sinne geht es darum, die
Patienten und Patientinnen wieder zum Sprechen zu bringen. Es geht darum, Lebensperspektive aufzuzeigen. Das
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sollte eine gute Voraussetzung für compliance sein. Dieses Gespräch bettet die subjektive Erfahrung des Patienten,
seine nachvollziehbare Angst, ein in die Erfahrung einer ganzen Gruppe. Sie kann so Vermittler sein zwischen Patient
und Klinik. Auch das ist Dolmetscher-Tätigkeit. Eine Erfahrung, die Herr Feller in solchen Kontexten macht, ist die
Wahrnehmung von Konkurrenz bei Logopäden, die doch bei dieser Erkrankung unumgänglich sind. Er sagt, „das kann
doch nicht sein!“ Im Gegenteil, darum muss es gehen: Um eine Synergie der Kompetenzen, nicht um Konkurrenzen.
Wenn ich’s recht besehe: Auch dies wäre eine Beitrag zum Management von Qualität!
Selbsthilfe verstehen
Frau Poensgen ist die Leiterin der Frauenselbsthilfe nach Krebs in Essen. Worum es ihr unter anderem geht, ist die
psychoonkologische Versorgung nach der stationären Therapie. Haben Sie noch den Satz von Herrn Temmler im Ohr:
„Zuhause geht die Hölle erst los!“ Die Essener Frauenselbsthilfe nach Krebs hat gute Kontakte unter anderem zu den
Essener Brustkrebszentren. Es gibt Kooperationsverträge. Aber die sind zu oft Papier, sie werden nicht ausreichend
praktiziert. Dabei geht es nicht um die Eitelkeit der Selbsthilfegruppe, es geht um die strukturierte, verantwortliche, verbindliche Betreuung der Patientinnen. Es gibt keinen regelmäßigen Besucherdienst, es gibt keine regelmäßigen Konsultationen. „Wohlwollen gibt es schon“, sagt Frau Poensgen. Es ist ein spannender Aspekt, den Frau Poensgen einbringt. Sie sagt, „Ärzte müssen Selbsthilfe verstehen. Das Krankenhaus muss Selbsthilfe verstehen“. Verstehen. Nicht:
Verständnis haben, sozusagen, eine karitative Zuneigung pflegen. Selbsthilfe verstehen, heißt: begreifen, was Patientinnen über die medizinische Versorgung hinaus brauchen. Das liegt in der Verantwortung der Klinik. „Deshalb“, sagt
Frau Poensgen, „kann nicht die Selbsthilfe das Krankenhaus betreuen, sondern das Krankenhaus muss die Selbsthilfe
betreuen.“ Das ist ein interessanter Ansatz, dem Sie vermutlich nicht zustimmen werden. Ich auch nicht ohne weiteres.
Institution Krankenhaus und Institution Selbsthilfe sind zwei ungleiche Partner. Partner auf Augenhöhe sollen sie sein.
Aber Selbsthilfe ist trotz alledem zuerst ein Störfaktor im inner circle des Großbetriebs Krankenhaus. Deshalb ist die
Klärung der Kommunikationswege wichtig. Deshalb ist die Klärung von Verantwortung wichtig. Nicht zum Wohle der
Selbsthilfegruppen, sondern zum Wohle der Patientinnen, die in die Lage versetzt werden sollen, die Ressourcen von
Selbsthilfegruppen für die eigene Gesundung zu nutzen.
Frau Poensgen und Herr Temmler bringen an dieser Stelle einen „Selbsthilfebeauftragten― ins Spiel. Durchweg und
gemeinschaftlich entwerfen sie dafür ein Profil, das unter anderem folgende Aspekte enthält:
Die Steuerung der Kommunikation zwischen Selbsthilfe und Krankenhaus,
Das Zur Verfügung stellen von Infrastruktur für Selbsthilfegruppen,
Die Organisation von Patientenbetreuung im Krankenhaus,
Die Berücksichtigung der Selbsthilfeangebote im Entlassungsmanagement für die Patientinnen und Patienten.
Also: bieten Sie und nutzen Sie die in Selbsthilfegruppen kumulierte Erfahrung. Begreifen Sie: Es ist kein karitativer
Akt, auch kein raus geschmissenes Geld, wenn Krankenkassen Selbsthilfegruppen unterstützen, wenn der Gesetzgeber vom Gesundheitswesen die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen einfordert. Ich weiß, das wissen Sie. Aber Ihr
Wissen wird noch kaum strukturiert und langfristig in den Krankenhäusern umgesetzt. Ich weiß auch, Sie haben – bei
aller Beachtung der Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens – das Wohl der Patienten und Patientinnen im Blick, seine
Gesundung und seine Stärkung. Prüfen Sie deshalb doch bitte auch diesen Gedanken: Auch ein Patient weiß, was gut
für ihn ist. Selbsthilfegruppen sind ein Sprachrohr dafür. Sie können produktive und kritische Begleiter bei der Entwicklung von Patientenorientierung im Krankenhaus sein. Noch ist die Zusammenarbeit oft punktuell und auf das besondere Engagement eines Arztes oder einer Abteilung oder einer Selbsthilfeeinrichtung zurückzuführen. Wechselt der Arzt
das Krankenhaus oder kann eine Selbsthilfegruppe ihren Einsatz nicht mehr aufrechterhalten, brechen gute Kontakte
häufig wieder zusammen, da es weder formale Vereinbarungen noch eine strukturelle Verankerung für die Zusammenarbeit gibt.
Unser Ziel ist eine Zusammenarbeit, die die Selbsthilfegruppen nicht der Konkurrenz der Krankenhäuser unterwirft,
aber die einrichtungsspezifischen Ressourcen und Interessen berücksichtigt und respektiert.
Unser Ziel ist eine nachhaltige und systematische Zusammenarbeit von Krankenhaus und Selbsthilfe, von der beide
Seiten profitieren und deren Anliegen ist, den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen zu nutzen.
Auf Bundesebene haben der Paritätische Wohlfahrtsverband und die BKK einen Zehn - Punkte - Katalog erarbeitet,
der ein selbsthilfefreundliches Krankenhaus charakterisieren soll.
Gekürzte Fassung des Referats von Karl Deiritz beim 13. QM-Forum des VUD am Universitätsklinikum Essen am 18. und 19. Juni 2010
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B ETRIEBLICHE G ESUNDHEITSF ÖRDERUNG
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B
ETRIEB
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Unter dem Motto „Von der Selbsthilfe lernen― möchten wir den Informationspool über Selbsthilfegruppen und Methoden
der Selbsthilfearbeit im Kontext der betrieblichen Gesundheitsförderung an ausgewählten Betrieben verankern und in
einem Zeitrahmen von zwei bis drei Jahren diese als Leuchtturmprojekte für Essen profilieren. Dafür soll mit diesem
Kooperationsangebot ein Anfang gemacht werden.
Unser Grundgedanke: Stärkung der Gesundheitsressourcen
Maßnahmen der Sekundär- und Tertiärprävention verändern langfristig das Gesundheitsverhalten, sie aktivieren Gesundheitsressourcen und verbessern medizinische Parameter. Die Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen könnten dabei
durchaus von Bedeutung sein.
Enttabuisierung von Krankheiten, emotionale und soziale Kompetenz im Umgang mit Erkrankung und Erkrankten, Erarbeiten und Bereitstellen von Wissen über Krankheiten, das ist der wesentliche Fundus, aus dem Selbsthilfegruppen
schöpfen - und darüber wieder Lebensperspektive und Sicherheit im Berufs- und Alltagsleben erlangen.
In Essen gibt es insgesamt ca. 600 Selbsthilfegruppen, ca. 250 die einen direkten Krankheitsbezug haben. Eine vorsichtige Schätzung ergibt, dass ca. 15.000 Menschen in Essener Selbsthilfegruppen aktiv sind. 60 Prozent der Essener Selbsthilfegruppen arbeiten bereits länger als fünf Jahre.
Dies lässt nicht nur den Schluss zu, dass Selbsthilfegruppen eine insgesamt äusserst hohe Stabilität besitzen. Dies
beweist vor allem auch, dass die in Selbsthilfegruppen gebündelte Erfahrung ohne weiteres als Erfahrungswissen mit
hoher Kontinuität und Langzeitwirkung existiert – eine Ressource, die – unseres Erachtens - auch in der betrieblichen
Gesundheitsförderung von Nutzen ist.
Die Rolle der Selbsthilfegruppen
Besondere Wirkungen (auch abgeleitet aus unseren Erfahrungen mit dem „Patenmodell― des Essener Selbsthilfepreises) könnten erzielt werden bei
der Überwindung von Berührungsängsten zu (tabuisierten) Krankheiten,
schnellen Kontakten zu Betroffenen,
dem Erlernen emotionaler und sozialer Kompetenz,
bei der Auseinandersetzung mit dem Thema „Ich und Gruppe― = Teamarbeit und Individualität.
Mit Blick auf den gesundheitswissenschaftlichen Diskurs setzen wir dabei auf die Effekte der Salutogenese: Die Wechselwirkung von körperlichen, sozialen, kognitiven und mentalen Komponenten beeinflusst Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Diese Effekte der Selbsthilfearbeit wären so als ein Aspekt von Gesundheitsförderung im Betrieb und als ein
Teil von Unternehmenskultur begreifbar – mit dem Ziel einer Stärkung des Gesundheitsbewusstseins, der individuellen
Leistungsfähigkeit und der Minimierung des Krankenstandes und mit positiven Folgen für das Betriebsklima und den
betriebswirtschaftlichen Nutzen.
In unserem Arbeitskreis „Betriebliches Eingliederungsmanagement― organisieren wir dazu einen kontinuierlichen Diskussionsprozess. Zwei Veranstaltungen mit Partnern aus Betrieben, die mit dieser Thematik befasst sind, machten den
Anfang:
Psychische Belastungen im Betrieb
Eine Veranstaltung der Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH mit Personalverantwortlichen,
Gesundheitsbeauftragten und betriebsärztlichen Diensten der Stadtwerke, EVAG und Allbau.
Thema: Depression und ihre Behandlungsmöglichkeiten
Frühstück vor Ort
Eine Veranstaltung in Kooperation mit Pro Ruhrgebiet
Thema: Betriebliches Eingliederungsmanagement – Pflicht und Gewinn. Eine Darstellung des Nutzens am Beispiel Psychische Störungen.
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ELBSTHILFENETZE
Auch 2010 förderten wir die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen, die die gleiche Thematik verbindet, moderierten den Erfahrungsaustausch und organisierten gemeinsame Aktivitäten.
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M IGRATION
Zum Teilnehmerkreis gehören inzwischen: Der Paritätische / Kreisgruppe Essen, Das Büro für interkulturelle Arbeit /
RAA, Die Neue Arbeit der Diakonie / MIMI- Projekt, die Deutsche ILCO, Die Frauenselbsthilfe nach Krebs, Der Essener
Immigrantenverbund, Die Katholischen Kliniken Essen-Nord-West, Die Selbsthilfeberatung WIESE e.V., Der ViBB Essen e.V. - Verein zur interkulturellen Beratung und Betreuung im Gesundheitsbereich von Essen und dem Ruhrgebiet
e.V., Der Wohn- und Betreuungsverbund Markus-Haus Essen / Zentrum Psychose und Sucht, Der Deutsche Diabetikerbund NRW, NOVITAS BKK.
Zu unseren Zielen gehört nicht nur Informationen über eine Erkrankung zu vermitteln, sondern zum teilnehmenden
Gespräch einzuladen.
Die Veranstaltungsorte variierten: sowohl das Marienhospitasl in Altenessen wurde genutzt als auch Räume der islamischen DITIP-Gemeinde an der Heßlerstr.
Unser Schwerpunkt liegt zurzeit bei Veranstaltungen für Migrantinnen und Migranten mit türkischem Hintergrund.
Themen der Veranstaltungen bezogen sich im Berichtsjahr auf Krebserkrankungen und Darmerkrankungen. Die Veranstaltungen wurden meist in türkischer Sprache durchgeführt, zumindest ins Türkische übersetzt.
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UND
S UCHT
Ein wesentliches Element dieses Vernetzungskreises ist nachwievor die Zusammenarbeit der Suchtselbsthilfeverbände, und die Diskussion aktueller Probleme. Dazu gehörten die Gefährdung Jugendlicher durch Rauschmittel,
die Rolle von Eltern und Schule, die Problematik der Nachsorge und die Möglichkeiten der Selbsthilfeverbände mit diesen Problematiken umzugehen.
Ein Ergebnis der vergangenen Jahres war die Durchführung einer Tagung mit dem Thema „Was Eltern
schon immer über Sucht wissen wollten―.
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D EPRESSION
Das Netzwerk setzt sich aus Mitgliedern unterschiedlicher Depressions-Selbsthilfegruppen zusammen. Die
gemeinsamen Aktivitäten sind in aller Regel nach außen gerichtet, um mitzuhelfen, das Thema Depressionen aus dem Tabu zu holen und um für die Idee der Depressions-Selbsthilfe zu werben. Die Mitglieder sind
Menschen, die über die Mitarbeit in der Selbsthilfegruppe gelernt haben, über ihre Erkrankung zu sprechen
und zu ihr stehen. Die Öffentlichkeitsarbeit im Netzwerk fördert diesen Prozess und hat zu vielen Kontakten
über die eigene Selbsthilfegruppe hinaus geführt.
Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten waren u.a. die Beteiligung an der Reihe „Depression – wir reden darüber―
und die Betreuung eines Informationsstandenes im Rahmen der Selbsthilfepräsentaton bei der Verbrauchermesse „Mode.Heim.Handwerk―. Für ihre Aktivitäten erhielt das Netzwerk bei der Verleihung des 4. Essener
Selbsthilfepreises den zweiten Preis in der Kategorie― Mutiges Handeln―.
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ESUNDHEITLICHE
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UFKLÄRUNG
UND
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ORTBILDUNG
Unter diese Überschrift setzen wir die Auseinandersetzung mit der Idee und den Strukturen der Selbsthilfegruppen im Kontext des professionellen Medizinsystems. Das Fortbildungsangebot für Heil- und Hilfsberufe
dient diesem Ziel ebenso wie die Betreuung von Studenten im Praktikum. Aber auch die Werbung für die
Selbsthilfe bei der Auseinandersetzung mit Erkrankungen bei Arzt-Patienten-Seminaren zählen wir dazu. Fortbildungsaspekte und Öffentlichkeitsarbeit korrelieren.
FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN FÜR HEIL- UND HILFSBERUFE
Im Berichtszeitraum organisierten und leiteten wir Informations- und Beratungsmodule für professionelle Anbieter im
Gesundheits-, Sozial- und Ausbildungsbereich: für Arzthelferinnen in der Ausbildung, für Pflegeschüler und Pflegeschülerinnen, für Krankenhausmitarbeiter und für Studierende im Fachbereich Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg Essen; u. a. bei folgende Einrichtungen:
Katholische Schule für Pflegeberufe
Krankenpflegeschule am Alfried Krupp Krankenhaus
Krankenpflegschule der Kliniken Essen-Mitte
Pflegeschule am Klinikum
Robert Schmidt Berufskolleg Essen
Stationsleiterkonferenz der Klinken Essen Mitte
Stationsleiterkonferenz des Alfried-Krupp-Krankenhauses
Universität Duisburg-Essen Workshop, Fachbereich Bildungswissenschaften, Studiengang Soziale Arbeit
S TUDIERENDE
IM
P RAKT IKUM
Die Bedeutung und Effizienz von Strukturen in der Selbsthilfeszene
Ein Felderkundungsprojekt von Studierenden des Fachbereichs Bildungswissenschaften an der Universität DuisburgEssen vom Juni bis Dezember 2010, betreut von der WIESE e.V. und auf Universitätsseite von Prof. Dr. Gerhard Metzger-Pregizer und Heinrich Bohrenkämper.
Ein intensives Praktikum absolvierte im Berichtszeitraum ein Schüler des Erich Brost Berufskollegs, dessen Eindrücke
er für seine Schule zusammenfasste und die wir hier wiedergeben.
Projekt Felderkundung
„Felderkundung“ wird an der Universität Duisburg-Essen ein Praktikum genannt, das am Anfang des BA Studiengangs
„Soziale Arbeit“ im Fachbereich Bildungswissenschaften steht. Zum fünften Mal bot die Selbsthilfeberatungsstelle WIESE e.V. Praktikumsplätze in diesem Kontext an.
Zwölf Praktikumsplätze stellten wir im Jahr 2010 zur Verfügung. Die spezifische Aufgabenstellung für diesen Jahrgang
lautete: „Strukturierte Befragung von Selbsthilfegruppen über Spezifika von Strukturen in der Arbeit von Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und –Beratungsstellen.― Befragt wurden u.a. Essener Selbsthilfegruppen zu sozialen, psychosomatischen und somatischen Belangen, kleine Gruppen und große Selbsthilfeverbände, die
„Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen“, der „Wittener Kreis“, der Paritätische Wohlfahrtsverband, eine Essener Klinik und die WIESE e.V.
Ablauf des Praktikums:
Einführung in die Selbsthilfearbeit der WIESE e.V.,
Darstellung der Funktion und Arbeitsweisen von Selbsthilfegruppen, unter Beteiligung von Selbsthilfegruppen
(somatische und psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen, A-Gruppen),
Einführung in die Techniken der Interviewführung,
Moderation der Kontaktaufnahme zu den o. g. Selbsthilfegruppen durch die WIESE e.V.,
Interviews mit Vertretern der o.g. Selbsthilfezusammenhänge,
kollegiale Begleitung und Reflexion zu Erfahrungen mit Befragung und Befragungssituation, Abschlussbericht.
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ORTBILDUNG
Die Abschlussberichte geben uns wertvolle Aufschlüsse über die Arbeit und Problemstellungen der Selbsthilfepartner
und bieten den Studierenden authentische Erfahrungen mit der Selbsthilfeszene. Wir dokumentieren nachfolgend zwei
Ausschnitte:
Bericht 1: Beschreibung einer Gruppensitzung
von Stephanie Born und Denise Sperling
Der Raum, in dem das Treffen stattfand, war hell und freundlich. Es war ein Stuhlkreis aufgebaut, in dessen Mitte ein
Seidentuch drapiert war, auf dem eine Glasvase mit einem Bund Sonnenblumen stand. Neben dem Eingang stand ein
Tisch, auf dem eine Anwesenheitsliste lag, in die sich jeder Teilnehmer eintragen musste. Daneben lagen bunte Zettel,
die mit dem eigenen Namen beschriftet werden sollten, um diese dann sichtbar am Pullover zu tragen. Desweiteren
war noch eine Auswahl an aktuellen Broschüren ausgelegt. Als sich alle Teilnehmer eingefunden hatten, wurden überflüssige Stühle zur Seite gestellt, so dass jeder einen direkten Sitznachbarn hatte. Zu Beginn wurden alle von der
Gruppenleiterin begrüßt und auf uns zwei Studentinnen aufmerksam gemacht. Wir durften uns und unser Anliegen
dann kurz vorstellen. Es folgte eine kleine Aufwärmübung. An diesem Tag mussten wir uns einmal der Größe und einmal der Farbe unserer Kleindung nach sortieren und in einer Reihe aufstellen. Im Anschlussdaran wurde eine „WürfelSpiel― mit einem sogenannten Mimik-Würfel gemacht. Dieser Würfel hat die Größe eines Fußballs und zeigt statt Augen verschiedene Gesichtsausdrücke (lachend, traurig, neutral, zornig usw.). Das Gesicht, welches ein Teilnehmer
würfelte, konnte er dann auf sich bezogen kommentieren, wobei es nicht zwingend um die Krankheit, sondern auch um
alltägliches Geschehen gehen konnte. Die Gruppenleitung achtete immer darauf, dass niemand zu ausschweifend
wurde. Wenn jemand nicht mitspielen wollte, hatte er die Möglichkeit, den Würfel einfach weiterzugeben. Bis hierher
nahm das Ganze (bei rund 20 Personen) schon 45 Minuten in Anspruch. Im Anschluss stellte die Leiterin Themen heraus, die im Würfelspiel angesprochen wurden, und fragte, ob dies Anliegen wären, die noch einmal angesprochen werden sollten oder ob jemand noch weitere Themen einbringen möchte. Es folgte eine Gesprächsrunde, die die Leiterin
moderierte.
Im nächsten Teil der Sitzung wurden Informationen weitergegeben wie aktuelle Veranstaltungen o.ä. Zum Ende des
Treffens findet noch einmal Bewegung statt, ähnlich wie zu Beginn.
Wir haben an diesem Tag einen griechischen Gruppentanz gemacht. Wer nicht mitmachen konnte oder wollte, durfte
natürlich sitzenbleiben. Zum Abschluss wurde dann noch einmal eine kurze Runde gemacht, bei der jeder sagen konnte, wie er sich jetzt fühlt, wie ihm das Treffen gefallen hat und was er an Anregungen von der heutigen Sitzung mitnimmt.
Diesen Ablauf hat uns auch unsere Interviewpartnerin bestätigt. Variationen gäbe es bei den Aufwärmübungen zu Beginn, bei dem Inhalt und bei der körperlichen Aktivität am Ende. Die Struktur, nach der vorgegangen wird, sei aber immer dieselbe. Ergänzend erzählt uns die Gesprächspartnerin, die Struktur betreffend, dass in der Gruppe zwar nicht
die Hierarchie eines Unternehmens herrscht, aber es jemanden gibt, der die Fäden zusammenhält. Das ist neben der
Leiterin noch das Leitungsteam, welches aus der Stellvertreterin und der Kassiererin besteht. Diese Drei organisieren
die Treffen und leiten viel Weiteres in die Wege, wie Workshops, die im Anschluss meist von Gruppenmitgliedern weitergeführt werden.
Einmal im Jahr findet eine große Weihnachtsfeier statt, zu der die Gruppenteilnehmer der „jungen― und der „älteren―
Frauen kommen sowie Mitarbeiter von Sozialdiensten und Ärzte.
Es wird betont, dass die Gruppe der „Jungen― und der „Alten― schon immer eine Verbindung zueinander haben, also
auch über die Weihnachtsfeier hinaus gemeinsame Aktivitäten gibt.
Zum Inhalt der Treffen wurde uns gesagt, dass jeweils zu Beginn des Jahres Wünsche der Gruppenteilnehmer erfragt
werden; diese werden dann im Verlaufe des Jahres versucht zu erfüllen. Ein Wunsch kann zum Beispiel ein Buchabend sein, bei dem jeder ein Buch mitbringt, welches er für besonders wertvoll hält. Dies kann Fachliteratur, aber
auch ein Roman sein. Die Entscheidungen über den Ablauf der Treffen werden durch die Leiterin in Abstimmung mit
dem gesamten Leitungsteam und der Gruppe bestimmt.
Auf die Frage, ob es bestimmte Regeln in der Gruppe gibt, wurde uns erzählt, dass auf die Verschwiegenheit der Teilnehmer besonders viel Wert gelegt wird. Besprochene Dinge bleiben in der Gruppe und werden nicht weitergetragen,
da es oft zu sehr vertrauensvollen und intimen Gesprächen kommt. Diese „Schweigepflicht― wird den Teilnehmern zu
Beginn der Treffen noch einmal ins Gedächtnis gerufen.
Desweiteren wird betont, dass in der Gruppe keine Fachberatung, sondern lediglich ein Erfahrungsaustausch stattfindet. Gewünscht ist ein respektvoller und wertschätzender Umgang miteinander. Wenn ein „Neuer― an den Gruppentref-
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fen teilnimmt, wird darauf geachtet, dass er einen direkten Ansprechpartner in der Gruppe hat.
Im Folgenden möchten wir noch anhand eines längeren Zitats unserer Gesprächspartnerin aufzeigen, welchen Effekt
der erste Besuch eines Treffens haben kann: „Anfangs war es komisch, aber ich habe gesagt, wenn ich zu so einer
Gruppe gehe, dann gebe ich dieser drei Chancen. Es war Allerheiligen vorbei und bei diesem Treffen wurden Kerzen
angezündet und der verstorbenen Mitglieder gedacht. Das war erst mal abschreckend, obwohl es nur einen kleinen
Teil der Sitzung ausmachte. Von drei Neuen an diesem Tag war ich die Einzige, die wieder gekommen ist. Die anderen
konnten wohl damit einfach nicht umgehen, es war für diese frisch Erkrankten einfach zu erdrückend. Ich bin jetzt der
Meinung, es gehört dazu. Wenn diese Frauen jahrelang in der Gruppe waren, sollte man sich auch ordentlich verabschieden können. Ansonsten wurde ich sehr positiv aufgenommen. Dann können das zweite und dritte Treffen, und es
wurde immer persönlicher und immer herzlicher. Es wird darauf geachtet, dass jede Neue eine Ansprechpartnerin findet, um die persönliche Situation zu spüren. Der persönliche Kontakt steht im Vordergrund. Es passiert nicht, dass
jemand kommt und geht, ohne mit jemandem gesprochen zu haben, außer diejenige wünscht es so.“
Bericht 2: Über die Sorgfalt in der Gruppe
Aus dem Bericht von Ann-Christin Vitzthum und Miriam Schülling
… So sprechen sie auch im Kontext der Gruppe von einer Sorgepflicht, die sie gegenüber den Leuten, die sich ihnen
anvertrauen haben. Sie wissen vor dem Treffen bereits, wer kommt, da man sich bei ihnen abmelden soll, wenn man
beim Gruppentreffen verhindert ist. Wenn jemand ohne Abmeldung fehlt, wird anschließend auch gefragt, was los war.
Bei einem Treffen wird darauf geachtet, dass nie zwei neue Mitglieder zum ersten Mal dabei sind, weil es eine so starke emotionale Belastung für die Neuen ist, dass es die Gruppe sonst nicht auffangen könnte. Des Weiteren ist ihnen
freigestellt, ob sie am ersten Abend von sich berichten wollen oder nicht, da manche Menschen damit überfordert sind
und zusammenbrechen.
Man kann solange in der Gruppe bleiben, wie man möchte. Im Laufe der Zeit verändert sich der Anspruch an die Gruppe, und es findet eine Rollenverteilung statt. Die, die lange dabei sind, kommen dann um andere Menschen aufzufangen und nicht mehr, damit ihnen geholfen wird: „Sie wissen, wie entsetzlich es einem geht und man weiß, was einem
selber damals geholfen hat―, formuliert ein Gruppenmitglied.
So sagen sie auch, dass die Gruppe keine Dauermedikation sein soll, sondern dass man daran gesunden und lernen
soll, mit dem Schicksal umzugehen, wieder rauszugehen und ohne die Gruppe leben zu können …
Bericht 3: Netzwerk für Halt und Orientierung
Ein Erfahrungsbericht über ein dreiwöchiges Praktikum bei der WIESE e.V.
Von Maurice Wiluda, Schüler des Erich Brost Berufskollegs
Direkt zu Beginn der ersten Praktikumsphase wurden mir die Arbeitsschwerpunkte der WIESE e.V. aufgezeigt: Beratung, Verwaltung und Organisation der einzelnen Selbsthilfegruppen in Essen und Informationen über Krankenkassen,
Krankenhäuser und deren Selbsthilfebezug, sowie anderen Selbsthilfeberatungsstellen und weiteren Netzwerken der
Gesundheitsförderung.
Sehr interessant war für mich vor allem der Aufbau der WIESE-Datenbank, die eine schnelle Verfügbarkeit der Selbsthilfegruppen sichert. Dies ist natürlich in der Zeit der „neuen Medien― äußerst wichtig und wird von allen Unternehmungen genutzt. Vor allem haben mir die Unterrichtsstunden bei der praxisnahen Arbeit geholfen, da ich über die Wichtigkeit dieses Verfahrens gut informiert war Da ich von Anfang an am Korrekturlesen der Neuauflage des
„Selbsthilfewegweisers Essen“ beteiligt wurde, war ich auch sofort in die Arbeit der Beratungsstelle einbezogen.
Da die WIESE e.V. nicht nur solche Büroarbeiten verrichtet, sondern auch Beratungsgespräche, Auswärts-Besuche
einzelner Selbsthilfegruppen tätigt und Workshops veranstaltet, wurde ich natürlich auch dort mit eingebunden. Mit
dem Einverständnis von den Gruppenmitgliedern durfte ich bei einigen Beratungsgesprächen teilnehmen und mir die
Strukturen genau ansehen. Dabei stellten sich sehr interessante Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern
heraus. Dies konnte ich vor allem an der Gruppe „Sklerodermie― studieren, für die die WIESE in Dinslaken einen landesweiten Workshop moderierte. Ich unterstützte meine Betreuerin Frau Becker, indem ich die Erarbeitungen der
Gruppe auf einer Flipchart erfasste und bei Fragen zu einzelnen Fragestellungen bereit stand. Die Gruppe bestand aus
fünfzehn Mitgliedern und drei „Nicht-Betroffenen―. Angehörige haben bei diesem Treffen ebenfalls teilgenommen,
denn auch sie sind indirekt von dieser, bei Ärzten oft unbekannten, Erkrankung betroffen. Den Gruppenmitgliedern ist
vor allem das „Wir-Gefühl― sehr wichtig. Das merkt man bei allen Selbsthilfegruppen, da sie nie von „Profis― geleitet
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werden, sondern sich selbst durch ihre Erfahrungen und Hilfestellungen austauschen. Herzenswärme, das Beisammensein und sich durch die anderen aus der Gruppe geborgen fühlen, das waren die wichtigsten Punkte für die einzelnen Personen. Mich hat vor allem die Offenheit der Gruppe zu einem „jungen Praktikanten― erfreut.
Andere Beratungsgespräche handelten von der Planung mehrerer Stände für Selbsthilfegruppen auf der Mode, Heim
und Handwerksmesse. Ich habe die Protokollführung übernommen und der Text wurde im Anschluss in einem Textverarbeitungsprogramm von mir erfasst.
Die WIESE e.V. ist vor allem ein Partnerverband und bietet Dienstleistungen an. Viele Aktivitäten erkennt man erst,
wenn man eine längere Zeit im Team der Wiese verbracht hat.
Das Gemeinschaftsgefühl hat sich in unserer Gesellschaft leider sehr rückläufig entwickelt. Egoismus und die Bewältigung sowie Verarbeitung der eigenen alltäglichen Herausforderungen, lassen die Sorgen und Nöte anderer Menschen,
manchmal sogar von Freunden oder Familien-Mitgliedern in den Hintergrund treten. Besondere Ereignisse wie beispielsweise der Selbstmord eines bekannten Fußballspielers oder die Spendenaufrufe zur Weihnachtszeit sorgen kurzzeitig für ein gesellschaftliches Engagement. Nachhaltiger tritt eine Änderung der Sichtweise ein, wenn man selbst
einen Schicksalsschlag verkraften muss. Dann erkennt man, wie wichtig ein Netzwerk ist, insbesondere das Gespräch,
was einem Halt und Orientierung geben kann.
Durch mein Praktikum bei der Wiese e.V. habe ich nicht nur erleben können, wie viel Engagement und Kampfeswillen
notwendig ist, um das Selbsthilfegruppennetzwerk aufrecht zu erhalten, ich habe vor allem erfahren dürfen, wie sinnvoll diese Arbeit ist und wie dankbar Menschen ein ehrliches und damit hilfreiches Angebot annehmen. Mir ist die Vielfältigkeit dieses Sozialmanagements nicht bewusst gewesen. Vor allem vor dem Hintergrund der immer weiter wachsenden sozialen Not, haben Selbsthilfegruppen nicht nur ihre Berechtigung, sie sind ein unverzichtbarer Teil unserer
Gesellschaft. Neben den vielen einfühlsamen Gesprächen und Aktivitäten, die die Mitarbeiter der Wiese e.V. täglich
bewältigen, stellen auch die administrativen Aufgaben sowie das Marketing und die Verwaltung Herausforderungen
dar. Erst eine koordinierte und strukturierte Arbeitsweise ermöglicht ein gutes Zusammenspiel zwischen Betroffenen,
Angehörigen, Ärzten, Krankenkassen, Institutionen und engagierten Menschen. Die Wiese e.V. feiert in diesem Jahr
ein besonderes Jubiläum - 20 Jahre ist dieser Verein aktiv und hat sehr viel bewegt.
Mich hat die Zeit dort sehr beeindruckt, ich habe viele nette Menschen kennen gelernt, es hat mich gefreut, dass die
Mitarbeiter der Wiese e.V. sich sehr nachhaltig und äußerst freundlich um mich gekümmert haben.
Durch dieses Praktikum habe ich meinen persönlichen „Lebensblick― erweitert, ich gehe bewusster mit Inhalten um und
gerade weil ich auf einem Wirtschaftsgymnasium bin, werde ich versuchen, den Bereich des Sozialmanagements in
der einen oder anderen Unterrichtsstunde zu platzieren.
Die Arbeit der Wiese e.V. und der vielen Selbsthilfegruppen geht uns alle etwas an, denn letztlich kann jeder von uns in
eine Schieflage geraten und ist dann dankbar, für ein Netzwerk, das von Menschen getragen wird, die das Prinzip Hilfe
zur Selbsthilfe nicht nur verstanden haben, sondern aktiv umsetzen und leben. Ich werde auch in Zukunft die Arbeit der
Wiese e.V. unterstützen.
V ERANSTALT UNGEN
Z UR EIGENEN
F ORTBILDUNG
Armut in NRW: Eine Tagung des Paritätischen, Kreisverband Essen
Fachtagung Kinder in Trennungs- und Scheidungssituationen: Eine Fachtagung der Stadt Essen
Pflegestützpunkte in Essen: Informationsgespräche mit Essener Krankenkassen
Selbsthilfe modern denken: Teilnahme an einem Interdisziplinären Projekt an der Uni Duisburg Essen unter
Leitung von Prof. W. Stark und Klaus Bremen Design-Thinking und Nutzerinnen-Orientierung
Selbsthilfe modern denken: Ein Erfahrungsaustausch mit der KOSKON
Qualitätsmanagement im Krankenhaus: 13. QM-Forum des VUD am Universitätsklinikum Essen
Zehn Jahre Kooperation mit der Selbsthilfe: Fachtagung der GKV Nordrhein Westfalen
Altern als verantwortungsethische Herausforderung: Eine Veranstaltung des KWI
Selbsthilfe im Wandel- Herausforderungen annehmen : BKK Selbsthilfetag bei der Reha Care
20 Jahre Selbsthilfe-Entwicklung in NRW: Fachtagung der KOSKON, Koordination für Selbsthilfe in NRW
Selbsthilfe über kulturelle Grenzen hinweg: Eine Tagung des Paritätischen NRW.
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U NSERE F ORT BIL DUNGSANGEBOT E
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S ELBSTHILFEGRUPPEN
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UND I NTERESSIERTE
Weil unsere Referentinnen und Referenten aus ehrenamtlichem Engagement zur Verfügung standen, konnten wir diese Veranstaltungen ohne Gebühr anbieten. Und weil wir auf Kooperation bauen. Denn einige Veranstaltungen führen
wir in enger Zusammenarbeit mit Essener Klinken durch, das sichert Qualität und stärkt die Selbsthilfe.
Themen zu gesundheitlicher Aufklärung und zur Förderung des Wohlbefindens, zu Aspekten der Selbsthilfearbeit - das
sind die Angebote. Ein Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit psychischen Belastungen und Erkrankungen;
auch hier ist uns Kooperation wichtig: mit den Essener Psychiatrien, mit dem Essener Bündnis gegen Depression –
und vor allem mit den Essener Selbsthilfegruppen.
Unsere Veranstaltungsangebote beginnen im Februar und enden im Dezember.
FEBRUAR
Wenn die Angst über dein Leben bestimmt. Diagnose, Therapie, Selbsthilfe bei Angst und Panikattacken in Zusammenarbeit mit den Katholische Kliniken Essen-Nord-West
Gruppenprozesse .Gesprächskreis für Selbsthilfegruppen in sechs Sitzungen von Februar bis Dezember
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Borreliose; . In Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus
Wenn der Pflegefall eintritt…Juristische Auskünfte von RA Gislinde Spiller zu den Themen Pflegeanspruch, Pflegeversorgung, Behindertentestament. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen.
Wenn die Seele anklopft: Praktische Tipps und Hilfsangebote für Angehörige psychisch erkrankter Menschen
Eine Veranstaltungsreihe der Kliniken Essen-Mitte / Evang. Huyssens-Stiftung und WIESE e.V.
MÄRZ
Das Reizdarmsyndrom - Darmerkrankungen wirksam vorbeugen und behandeln. Vortrag in türkischer Sprache.
Eine Veranstaltung des Philippusstift / Katholische Kliniken Essen Nord-West in Zusammenarbeit mit dem Essener
Migrations-Selbsthilfenetzwerk
Prägnant schreiben . Ein Textworkshop für Selbsthilfegruppen
Depression – wir reden darüber: Eine Veranstaltungsreihe in drei Folgen von WIESE e.V., Selbsthilfegruppen und
dem Essener Bündnis gegen Depression e.V.
Darmtag. Eine Informationsveranstaltung des St. Josef-Krankenhauses Kupferdreh zur Darmkrebsvorsorge mit Beteiligung der Essener Darm-Selbsthilfe und der WIESE e.V.
APRIL
Ich und die Anderen. Ein Workshop für Selbsthilfegruppen über Selbstwert und Nächstenliebe, Gruppenzwang und
Ichstärke, Egotrip und Solidarität
Leukämie und Lymphome. 1. Werdener Patienten-Informationstag der Kliniken Essen-Süd und WIESE e.V.
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Migräne.. In Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus
MAI
Medizin im Rathaus: Depressionen. Vorträge – Beratung – Diskussion. Mit Beteiligung des Essener Bündnisses
gegen Depression und der WIESE e.V.
Macht Stress krank? Zur Entstehung psychosomatischer Erkrankungen. In Zusammenarbeit mit dem LVR-Klinikum
In der Krise die eigene Kraft nutzen. Ein Workshop für Selbsthilfegruppen
JUNI
Wenn die Seele anklopft: Bipolare Störungen erkennen und behandeln.
Mit allen Sinnen! Die menschliche Wahrnehmung – über Wunder und Irritationen. Über den Zusammenhang von
sinnlicher Erfahrung, Krankheitsbewusstsein und Gesundheit. In Zusammenarbeit mit dem Erfahrungsfeld der Sinne.
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Multiple Sklerose. In Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus.
Was Eltern schon immer über Sucht wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten. Eine
Informationsveranstaltung des Essener Suchtselbsthilfe-Netzwerks zum Suchtmittelkonsum von Jugendlichen
JULI
Dann bin ich um den Schlaf gebracht… Über Ursachen von Schlafstörungen und Möglichkeiten, sie zu bezwingen
Angst und Depression als Lebensproblem. Zuhören, miteinander reden, Erfahrungen sammeln Eine Veranstaltung
für Patienten und Angehörige in Zusammenarbeit der Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel und der WIESE e.V.
Den Blick weiten, den Blick schärfen. Aspekte zur Optimierung der Selbsthilfegruppe: Gruppenabläufe, Strukturen,
Kommunikation. Ein Workshop in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen.
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AUGUST
Vertrauen, Wertschätzung, Widerspruch. Ein Seminar für Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Asthma. In Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus
SEPTEMBER
Brot und Rosen. Frauengesundheitstag. Veranstalter: Elisabeth-Krankenhaus, Ehrenamt-Agentur, VGSU, WIESE e.V.
Wenn die Kunst die Seele berührt…Eine Entdeckungsreise durch das neue Folkwang Museum mit Kunstliebhaber
Dr. Bernd Wessel und anschließendem Kunst-Kaffee-Klatsch
OKTOBER
Wenn die Seele anklopft: Depressionen und Burn Out sinnvol vorbeugen
Vorbereitungstreffen der Selbsthilfegruppen. für die Präsentation auf den Messen „Mode. Heim. Handwerk― und
„PATIENTA“
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Pflegende Angehörige von Demenz erkrankten Menschen. In Kooperation mit
dem Alfried Krupp Krankenhaus
Von der Weisheit der Natur lernen: Traditionelle östliche und europäische Medizinsysteme.
Eine Informationsveranstaltung der Naturheilklinik der Kliniken Essen-Mitte in Zusammenarbeit mit der WIESE e.V..
NOVEMBER
Mandalas und meditative Musik. Ein besinnlicher Nachmittag zum 1. Advent in Zusammenarbeit mit der Kreuzeskirche und der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen
DEZEMBER
Selbsthilfe für’s Krankenhaus. Erfahrungen – Wünsche – Perspektiven. Ein moderierter Erfahrungsaustausch unter
Selbsthilfegruppen darüber, was ihnen das Krankenhaus bietet und was sie dem Krankenhaus bieten können.
Selbsthilfegruppen im Gespräch: Morbus Bechterew. In Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus
Unsere Referentinnen und Referenten:
Gabriele Becker, Diplom-Pädagogin, WIESE e.V. *** Dr. Karl Deiritz, Journalist, WIESE e.V. *** Christel Dickgreber,
Verwaltungskauffrau, WIESE e.V. *** Bernd Dießelmann, Sozialarbeiter und Suchttherapeut *** Sigrid Gonsowski,
EDV-Trainerin und Radiojournalistin *** Lutger Grotkamp, Oberarzt bei der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
am Philippusstift der Kliniken Essen-Nord-West *** Klaus Hausmann, Mitarbeiter der Neuen Essener Welle *** Steffen
Hunder, Pfarrer und Krimiautor *** Walter Jankowski, Diplom-Sozialarbeiter, Sozialtherapeut Sucht, Psychotherapeut,
Präventionsnetz Ruhr, Zentrum für erholsames Schlafen *** Daniel Jarackas, Leiter von Phänomania. Erfahrungsfeld
der Sinne *** Dr. Ahmed Kocaoglu, Gastroenterologe, Oberarzt am Philippusstift der Kliniken Essen-Nord-West *** Dr.
med. Birgit Meier-Schwickerath, Psychotherapeutin *** Prof. Dr. Hans Georg Nehen, Arzt für Innere Medizin, Geriatrie und Psychotherapie, Direktor des Geriatriezentrums Haus Berge *** PD Dr. Peter Reimer, ltd. Arzt der Klinik für
Hämatologie, internistische Onkologie und Stammzelltransplantation bei den Kliniken Essen-Süd *** PD Dr. Martin
Schäfer, Chefarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Suchtmedizin bei den Kliniken Essen-Mitte ***
Regine Schmelzer, Diplompsychologin, psychologische Psychotherapeutin i. A., Koordinatorin des Essener Bündnisses gegen Depression *** Dipl. Psych. Hans Joachim Schmitz, Leiter der psychiatrischen Tagesklinik bei den Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel *** Prof. Dr. Wolfgang Senf, Direktor der Klinik für psychosomatische Medizin und
Psychotherapie am LVR-Klinikum Essen *** Gislinde Spiller, Rechtsanwältin *** Angela Stroeter, Vorstandsmitglied
der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen e.V. *** Dr. Bernd Wessel, Facharzt für Psychiatrie, Forensische Psychiatrie, Chefarzt der Fachklinik Kamillushaus*** Gerhard Wurster, Diplompsychologe und psychologischer
Psychotherapeut ***
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RESSEARBEIT
V ERÖFFENTL ICHUNGEN
Erweiterte und korrigierte Herausgabe der 7. Auflage des Selbsthilfe Wegweisers Essen
Redaktion des Verzeichnisses der Selbsthilfegruppen in den Gelben Seiten―
Mitarbeit am Gesundheitsbericht der Stadt Essen „Migration und Gesundheit―
Herausgabe von Flyern zu neuen Selbsthilfegruppen
Herausgabe des Sachberichts 2009
Herausgabe des Veranstaltungskalenders 2010
Grußwort bei der Planung und Vorständekonferenz vom Blauen Kreuz in der ev. Kirche, NRW
Selbsthilfe an der Sorgentheke, Artikel für die Apothekerzeitung Essen
S ELBSTHILFEPRÄSENTATION
beim Tag der Seltenen Erkrankungen im Limbecker Einkaufs-Center
beim Darmtag der Kliniken Ruhrhalbinseln
bei der Veranstaltung „Medizin im Rathaus― zum Thema Organspende
bei der Veranstaltung „Medizin im Rathaus― zum Thema Depression
beim Tag der Begegnung im GRUGA - Park, in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
behinderter Menschen
bei der Aktionswoche des Essener „Bündnis gegen Depression―
Information und Beratung für Senioren im Friedrich-Ebert-Senioren-Zentrum
S ELBSTHILFETAGE
BEI DER
M ESSE E SSEN
Die Messe Essen ist nun im 20. Jahr publikumswirksamer Dreh- und Angelpunkt für eine bürgernahe Darstellung der
Arbeit der Essener Selbsthilfegruppen – damit gleichzeitig für gesundheitliche Aufklärung und bürgerschaftliches Engagement.
Zum 20sten Mal präsentierten sich an zehn Tagen die WIESE e.V. und ca. 80 Selbsthilfegruppen. Der Auftritt
bei der Verbrauchermesse Mode.Heim und Handwerk und der Gesundheitsmesse PATIENTA war die zentrale Aktivität der Essener Selbsthilfe. Allein die Anzahl der Kontakte belegen dies:
Beratung:
Einzelstände
Gemeinschaftsstand
Mode.Heim.Handwerk
Patienta
MHH + Patienta
bis 5 Min.
mehr als 5 Min
Nur Info-Material.
Summe
5.187
452
5.639
564
6.203
2.411
191
2.602
450
3.052
3.814
424
4.238
687
4.925
11.412
1.067
12.479
1.701
14.180
P RESSEKONTAKTE
Teilnahme an der Pressekonferenz zum Gesundheitstag „Brot und Rosen
Teilnahme an der Pressekonferenz zur Gesundheitsmesse Patienta,
Teilnahme an der Pressekonferenz zur Messe Mode Heim Handwerk,
Pressemitteilungen zu Gruppengründungen
Pressemitteilungen zum Sachbericht der WIESE 2009
Pressemitteilungen zu Veranstaltungen der WIESE
Pressegespräche mit Vertretern der WAZ und NRZ zu Trends, Neuigkeiten
Pressemitteilungen für das Informationsheft des Sozialpsychiatrischen Zentrums Essen Borbeck
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FFENTLICHKEITSARBEIT
ARBEIT
IM
UND
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RESSEARBEIT
NETZ
Durch die Zusammenarbeit mit dem GEP Essen, aber vor allem durch unsere Fachkraft für Neue Medien (seit Dezember 2009 für zwei Jahre zu 100 % gefördert vom Jobcenter Essen nach § 16e in Verbindung mit 16f SGB II) konnten
wir unseren Web-Auftritt grundlegend neu gestalten.
Dadurch hat sich die Zahl der Besucher auf unseren Seiten gegenüber den Vorjahren fast verdoppelt.
Insgesamt registrierten wir 52439 Besucher auf unserer Web Site.
Wiesenetz Besucherstatistik 2010
Gesamt: 52.439
7.000
6.000
5.639
4.921
5.000
3.962
4.000
3.329
3.631
4.619
4.726
4.662
August
September
Oktober
5.940
4.221
3.552
3.237
3.000
2.000
1.000
0
Januar
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Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
November
Dezember
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REMIENARBEIT
UND
K
OOPERATIONEN
Mitarbeit in Gremien des Essener Sozial- und Gesundheitswesens
Gesundheitskonferenz
Arbeitsgemeinschaft zur Planung und Koordinierung psychosozialer Einrichtungen in Essen
Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft Beratung, PSAG 5
Projekt Gesunde Stadt Essen
Essen forscht und heilt
Essener Bündnis gegen Depressionen
Mitarbeit in regionalen Gremien und Arbeitskreisen
Landesarbeitskreis des Selbsthilfekontaktstellen in NRW (LAK NRW)
Landesarbeitskreis zur Erstellung einer landesweiten Statistik für die Selbsthilfekontaktstellen in NRW
Arbeitskreis kollegiale Beratung mit Selbsthilfekontaktstellen in NRW
Forum Psychosoziale Onkologie Essen, Mülheim
Mitarbeit in kommunalen Arbeitskreisen
Mitarbeit in der Arbeitsgruppe „Präventionsnetz und Gesundheitsberatung im Stadtteil―
Mitarbeit im Arbeitskreises Migration und Gesundheit
Mitarbeit als Vertreter des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes im Beirat der gesetzlichen Krankenkassen zur
finanziellen Förderung der Selbsthilfegruppen nach § 20c SGB V
Teilnahme an Gremien und Veranstaltungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes
Zusammenarbeit mit Essener Selbsthilfegruppen und -verbänden
Moderation des Arbeitskreises aller Suchtselbsthilfeverbände in Essen
Moderation des Netzwerkes Depressionsselbsthilfe
Moderation des Arbeitskreises Selbsthilfegruppen und Migration
Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen
WIESE e.V. und ARGE organisierten gemeinsam drei Workshops für Selbsthilfegruppen.
Die ARGE beteiligte sich an der Messe „Mode.Heim.Handwerk―,
Die WIESE e.V. beteiligte sich an dem Projekt „Schulung im Bereich Selbsthilfe, Vernetzung und BeratungsStrukturen für behinderte Menschen in Zabrze―.
WIESE e.V. beteiligte sich am Stand der ARGE beim Tag der Begegnung in der GRUGA
Als Job-Sharing-Modell stellte die WIESE e.V. ihre „Fachkraft für Neue Medien― in einem Untervertrag zur Verfügung.
Zusammenarbeit mit den Essener Krankenkassen (GKV)
Die WIESE e.V. begleitet im Auftrag und als Mitglied des PARITÄTISCHEN den Vergabeprozess der gesetzlichen
Krankenkassen bei der Selbsthilfeförderung und berät diese bei der Vergabe der finanziellen Mittel zur Förderung der
Essener Selbsthilfegruppen nach § 20c SGB V.
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EST
DER
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ELBSTHILFE
20 JAHRE WIESE E.V., 20 JAHRE SELBSTHILFE AUF DER MODE.HEIM.HANDWERK.,
DER 4. ESSENER SELBSTHILFEPREIS
Und ein bisschen Erkenntnis! - sollte der Abend im CCE der Messe Essen bringen. Zumindest die, dass „Über Selbsthilfe reden― eine fröhliche Angelegenheit sein kann. Und vielleicht die, dass Selbsthilfegruppen ein großes WertePotential in sich bergen. Dass sie unsere ganze Diskussion um gesellschaftliche Werte und Werteverlust bereichern
können: Solidarität und Gemeinschaft, Vertrauen, Verständnis, Verbundenheit, sich um den anderen kümmern – dies
alles gehört zur Kultur von Selbsthilfegruppen.
Oftmals sind Selbsthilfegruppen Ersatz für Freundschaften, für Familienzusammenhalt. Das ist alles nicht spektakulär,
nicht ideologisch, nicht religiös. Sondern oft aus menschlichem Leid und aus Belastung begründet – und daher zutiefst
menschlich. Aber es ist mehr als „Erfahrungswissen―, es ist manchmal ein neues Fundament für Leben. Das wollten
wir an diesem Abend vermitteln, vielleicht ist es uns gelungen.
Die Ausschreibung des 4. Essener Selbsthilfepreises
Selbsthilfe-Biennale Essen — Der Vierte Essener Selbsthilfepreis
Preis für Aufklärung und beispielhafte Hilfe
Preis für Kreativität und Innovation
Preis für mutiges Handeln
Selbsthilfegruppen sind ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft in Essen. Sie sind ein gewichtiger Faktor des
Gesundheitsstandortes Essen geworden.
In Selbsthilfegruppen tun Menschen in erster Linie etwas für sich selbst. Aber sie tun es gemeinsam und laden Andere
ein, von Ihnen zu lernen. Durch das Vorgelebte erhalten Andere Anstöße, ihr Leben zu meistern. Das stärkt ihr Wohlbefinden und hat Auswirkungen auf die Gemeinschaft. Selbsthilfegruppen geben der Stadt ein Stück Lebensqualität
und fördern vor allem auch das gesundheitliche Bewusstsein. Das lehren Sie uns durch Ihr Engagement.
Deshalb möchten wir mit dem "Essener Selbsthilfepreis" den Selbsthilfegruppen in Essen eine öffentliche Würdigung
zuteilwerden lassen. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen. Er wird in diesem Jahr zum vierten Mal ausgeschrieben.
Die Stadt will mit diesem Preis herausragende Leistungen, besonderes Engagement und neue Ideen von Selbsthilfegruppen öffentlich würdigen.
Unsere Ziele:
Ziel dieser Ehrung ist die Würdigung der öffentlichen Arbeit von Selbsthilfegruppen in und für diese Stadt. Damit verbunden ist aber auch die Stärkung der Selbsthilfegruppen im Bewusstsein der Essener Bürgerinnen und Bürger. Hervorheben wollen wir das den Selbsthilfegruppen innewohnende Prinzip der Solidarität, der gegenseitigen Unterstützung, die Bedeutung der Gruppe und das damit verbundene ehrenamtliche Engagement.
Ziel der Auszeichnung ist deshalb auch das Werben um Mitarbeit in Selbsthilfegruppen, die Stärkung der Selbsthilfe
insgesamt. Denn gerade in der heutigen Zeit brauchen wir die Selbsthilfegruppen mehr denn je. Deshalb kennt die
Verleihung dieses Preises auch keine Verlierer.
Unsere Preise:
Verbunden mit einer Urkunde der Stadt Essen, verliehen durch den Oberbürgermeister, sind Geldpreise, die aus der
Mitte der Essener Wirtschaft gespendet werden. Die Preisträger werden aus den Bewerbungen von einer Jury aus
anerkannten Persönlichkeiten der Essener Gesellschaft ausgewählt.
In jeder Rubrik werden drei Preise vergeben in Höhe von 1000 €, 600 € und 400 €.
Bewerben können sich Selbsthilfegruppen, die sich der Stärkung der körperlichen und seelischen Gesundheit und der
gesundheitlichen Aufklärung widmen.
Was ist zu tun? Wie kann sich eine Selbsthilfegruppe bewerben?
Sie bewirbt sich mit einer Aktion oder einem Projekt ihrer Gruppe aus dem Jahr 2009 oder 2010, die beispielhaft sind.
Sie bewirbt sich mit einer innovativen Idee, einem innovativen Ansatz, die im vergangenen oder in diesem Jahr die
Gruppe oder den Umgang mit einer Erkrankung in der Öffentlichkeit voran gebracht haben.
Sie bewirbt sich mit dem Beispiel eines besonders außergewöhnlichen, besonders beeindruckenden Engagements.
Die Urkunden und die Geldpreise wurden am 18. November beim „Fest der Selbsthilfe" im Congress Centrum Ost der
Messe Essen übergeben.
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Die Patinnen und Paten des 4. Essener Selbsthilfepreises
Aldick , Annette, Pflegedirektorin bei den Kliniken-Essen-Mitte
Berg-Sakowitz, Elvira, Universitätsklinikum, Soziale Dienste
Birkholz, Carmen, Institut für Lebensbegleitung
Breuing, Linda, Stadt Essen, Sozialamt, Pflege
Camman-Karpa, Rita, Katholisches Stadthaus, Ehe-,Familien- und Lebensberatung
Clewemann, Jörg, Private Pflegedienste, Hilfe Zu Hause TMS GmbH
Eiben, Brigitte, Krebsberatungsstelle Essen beim PARITÄTISCHEN
Fischer, Hildegard. Der PARITÄTISCHE Essen, Offene Seniorenarbeit
Freudenberg, Karlheinz, Arbeiterwohlfahrt Essen, Leiter des Seniorenreferat
Gmerek, Werner, Elisabeth Krankenhaus, stellvertr. Pflegedirektor
Haase, Irene, Katholische Krankenpflegeschule
Hartmann, Claudia, Diakoniewerk Essen, Leiterin des Seniorenreferats,
Hartmann, Elisabeth, Katholisches Stadthaus, katholische Telefonseelsorge
Hirschl, Isabel, Knappschaft, Geschäftsstelle Essen
Hömberg, Dr. Eckhard, Jugendpsychologisches Institut
Kader, Yasemin, Neue Arbeit der Diakonie, Migranten für Migranten
Kasper, Björn, Leiter der Abt. Marketing und Kommunikation bei den Kliniken Essen Mitte
Liebelt, Tanja, Kliniken Ruhrhalbinsel, Unternehmensbeauftragte für Öffentlichkeitsarbeit
Macher, Andrea, Stadt Essen, Sozialamt
Paust; Rainer, Contilia-Management GmbH, Diplom Pädagoge mit Schwerpunkt Psychoonkologie und Gesundheitscoaching
Probst, Ulrike und Tur, Ilona, AOK, Regionaldirektion Rheinland / Hamburg
Russ, Holger, Novitas BKK, Strategisches Versorgungsmanagement
Schäfer, Dirk, Essenz Magazin
Schäfer, Oskar, GEP (Gemeinnützige internationale Entwicklungs-Partnerschaft Essen), Betriebsleitung
Höhn, Hanno, Apotheker, Nordstern Apotheke;
Stein, Norbert, Leiter der Pflegeschule am Universitätsklinikum
Sürücü, Oktay, Immigrantenverbund Essen, Vorsitzender
Thielen, Regina, Direktorin der Krankenpflegeschule am Alfried Krupp Krankenhaus
Weißmann, Wiebke, Klinikdirektorin der MediClin Fachklinik Rhein Ruhr
Wolf, Angelika, Katholische Krankenpflegeschule
Thamm, Miriam, Service-Stellen-Leiterin der DAK Essen;
Vosshagen, Dr. Arnulf, Psychologischer Psychotherapeut, Leitender Psychologe am Kamillushaus
Die Jury des 4. Essener Selbsthilfepreises
Buchwitz , Rolf, Regionaldirektor der AOK Hamburg / Rheinland,
Eich, Wilfried, Regionalgeschäftsführer der Barmer / GEK,
Frank , Hans Gerd, stellv. Regionaldirektor der IKK Rheinland,
Galinnis, Egon, Geschäftsführer der Messe Essen, (in Vertretung: Julia Jacob, Projekt-Referentin)
Geisler, Reiner, Vorstand der Novitas BKK,
Pokojski, Hans, Verwaltungsleiter, Gesundheitsamt Essen
Schmitz, Ulrich, Center Manager Limbecker Platz
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Die Preisträger 2010
Von 32 Patinnen und Paten aus der Mitte der Gesellschaft wurden die Bewerbungen der Selbsthilfegruppen vertreten.
In einer zweieinhalbstündigen Sitzung konnte sich die Jury ein Bild machen. Und das ist ihr Ergebnis:
Der erste Preis
in der Kategorie Aufklärung und beispielhafte Hilfe geht an die „Selbsthilfegruppe Trauernde nach Suizid“.
Zwischen 60.000 bis 80.000 Menschen in Deutschland erleben jedes Jahr, dass sich ein nahe stehender Mensch das
Leben nimmt. Das ist Statistik. Ein persönliches Kümmern, ein Krisenplan für jedes Mitglied, ein Ort, an dem man –
wenn nötig - immer wieder von dem schrecklichen Geschehen sprechen darf - das ist Selbsthilfe. Dafür erhält die
„Selbsthilfegruppe Trauernde nach Suizid“ den 1 Preis in der Kategorie Aufklärung und beispielhafte Hilfe.
in der Kategorie Mutiges Handeln geht an die „Selbsthilfegruppe Jugendliche mit Skoliose und deren Eltern“.
Jugendliche mit einem verkrümmten Rückgrat müssen ein Korsett tragen. Das ist unbequem, das tut weh, das ist nicht
modisch. Das erfordert Disziplin, Durchhaltevermögen und Selbstbewusstsein. Skoliose macht krumm, aber nicht
klein. Die „Selbsthilfegruppe von Jugendlichen mit Skoliose und deren Eltern― macht Mut und stärkt den Rücken. Und
genau dafür bekommt sie von der Jury den 1. Preis in der Kategorie Mutiges Handeln.
in der Kategorie Kreativität und Innovation geht an die „Selbsthilfegruppe für Schilddrüsenkranke“
Europaweite Vernetzung und der Einsatz für Menschen mit seltenen Erkrankungen, auch über das eigene Krankheitsbild hinaus, dafür steht diese Gruppe. Ihr Engagement Anfang des Jahres am Limbecker Platz für den Tag der Seltenen Erkrankungen war einfach toll. So sah das der Pate, so sah das auch die Jury. Die „Selbsthilfegruppe für Schilddrüsenkranke― erhält dafür den 1. Preis in der Kategorie Kreativität und Innovation. Frau Wosniak, die auch als Person
für dieses Engagement steht, liegt im Krankenhaus. An ihrer Stelle nimmt Frau Hautkappe den Preis entgegen.
Der zweite Preis
in der Kategorie Aufklärung und beispielhafte Hilfe geht an die Selbsthilfegruppe Heredo Ataxie
Kaum einem Tier werden so viele positive Eigenschaften und Symbolwerte zugedacht wie der Schildkröte. Die Selbsthilfegruppe Heredo Ataxie hat sie zum Symbol gewählt und auch ihr hat sie Glück beschert. Für Aufklärungsarbeit,
Kinästhetische Kurse und den Einsatz für Einzelpersonen in der Pflege bekommt die Selbsthilfegruppe Heredo Ataxie
den zweiten Preis in der Kategorie Aufklärung und beispielhafte Hilfe zugesprochen
in der Kategorie Mutiges Handeln geht an das Netzwerk der Depressions-Selbsthilfegruppen
Damit eine stille Erkrankung ein Gesicht bekommt, dafür zeigen die Mitglieder eines Netzwerks ihr Gesicht in der Öffentlichkeit: auf der Messe Mode Heim Handwerk, in Depressions-Gottesdiensten, bei der Veranstaltungsreihe
„Depression – wir reden darüber“. Dafür erhält das Netzwerk der Depressions-Selbsthilfegruppen von der Jury den 2.
Preis in der Kategorie Mutiges Handeln zugesprochen
in der Kategorie Kreativität und Innovation geht an die „Selbsthilfegruppe Parkinsonline“
James hat in mir eine Heimat gefunden
Er ist mit mir symbiotisch verbunden
Er teilt mit mir jeden Schritt und Tritt
Er geht - wohin ich auch gehe - mit.
Mein James, der heißt Parkinson.
Er hält niemals still,
statt dessen macht er mit mir
tagein, tagaus, was er will.
So geh ich durchs Leben von James begleitet
Mein Wissen und Fühlen durch James geweitet.
Doch attackiert er mich einmal zu sehr
So halte ich meine Stirn ihm her.
Diese Auszüge aus einem Gedicht findet man in einem Vereinsheim, das 24 Stunden geöffnet hat, es ist das virtuelle
Haus von Parkinson-Betroffenen. Für die kreative Gestaltung ihrer Homepage erhält die „Selbsthilfegruppe Parkinsonline― den 2. Platz in der Kategorie Kreativität und Innovation.
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Der dritte Preis
in der Kategorie Aufklärung und beispielhafte Hilfe geht an die „Elternselbsthilfegruppe von Kindern mit
Diabetes 1“
Der sichere Umgang mit kranken Kindern erfordert Wissen über die jeweilige Erkrankung. Für ihre Beratung in Kitas
und Sportvereinen erhält die „Elternselbsthilfegruppe von Kindern mit Diabetes 1― den 3. Preis für Aufklärung und beispielhafte Hilfe.
in der Kategorie Mutiges Handeln geht an die „Selbsthilfegruppe Iranische Frauen und psychosomatische
Erkrankungen“
Das Leben in einer fremden Kultur in einer anderen Sprache bringt viele Anforderungen mit sich, die oft krank machen.
In einer Selbsthilfegruppe darüber zu sprechen, ist für viele Migranten unüblich. Starke, mutige Frauen haben diesen
Schritt erprobt und sich gestärkt. Die Jury meinte, dafür gebührt der 3. Preis in der Kategorie Mut der
„Selbsthilfegruppe Iranische Frauen und psychosomatische Erkrankungen“.
in der Kategorie Kreativität und Innovation geht an den „Verein Schlaganfall Geschädigter Essen e.V.“
Eine Selbsthilfegruppe, die das WIR in der Gruppe großschreibt, in der Herzlichkeit Vorfahrt hat, in der gezielte Schulung Wirkung zeigt: Sie stärkt Selbstbewusstsein und schafft Verständnis. Dafür bekommt „der Verein Schlaganfall
Geschädigter Essen e.V.― den 3. Platz in der Kategorie Kreativität und Innovation.
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Von Ihrem Engagement lebt unsere Stadt
Festrede zum 4. Essener Selbsthilfepreis
Von Bürgermeister Rudolf Jelinek
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Renzel,
sehr geehrter Herr Galinnis,
sehr geehrter Herr Dr. Deiritz,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie zur Verleihung des 4. Essener Selbsthilfepreises und freue mich, dass ich heute als Festredner bei
Ihnen sein kann.
In einer relativ unbeschwerten Zeit machen sich nur wenige Menschen Gedanken über mangelnde oder fehlende Gesundheit. Solange wir den Alltag routiniert und ohne Beschwerden bewältigen, haben wir auch keinen
Grund dazu. Was aber, wenn dieser Alltag unerwartet durch einen Schicksalsschlag für immer verändert wird?
Wenn Krankheit, Ängste und Unsicherheit unser Leben beherrschen?
Dann ist es gut, wenn wir mit diesen Problemen nicht alleine sind, wenn wir Menschen finden, denen wir vertrauen können, weil sie genauso betroffen sind wie wir. Menschen, die uns zuhören, uns helfen und so unsere Probleme ein wenig erträglicher machen. Es hilft, zu wissen, dass man nicht allein ist.
Meine Damen und Herren,
Selbsthilfegruppen erfüllen viele Aufgaben: sie beraten, unterstützen, informieren, sie vertreten Interessen und Forderungen in Gremien und in der Öffentlichkeit, sie geben Tipps und Anregungen. In unserem Gesundheitssystem
sind sie durch ihre spezifische und ausgesprochen hohe Qualifikation oft anerkannte Gesprächspartner von Ärzten und
öffentlichem Gesundheitsdienst.
Aber sie tun noch mehr. Sie sind für viele Menschen ein fester Halt im oft schweren neuen Alltag, sozusagen Trainer
für neuen Lebensmut. In einer Selbsthilfegruppe finden viele Unterstützung, neue Kontakte und Zuversicht. Wenn
Menschen, die die gleichen Ängste, Sorgen und Krankheiten durchleben sich zusammenschließen, können sie sich
gegenseitig stärken und stützen und so ein starkes soziales Netzwerk bilden. Man lernt voneinander, seine Krankheit anzunehmen und damit umzugehen. Und was für mich besonders wichtig ist:
In einer solchen Gemeinschaft rückt der Mensch wieder in den Vordergrund und die Krankheit in den Hintergrund. Selbsthilfegruppen geben dem Einzelnen ein Stück Lebensqualität zurück und stärken als wichtige soziale Säule auch die Lebensqualität in der Stadt.
Meine Damen und Herren,
in unserer Stadt gibt es fast 15.000 Menschen, die in über 600 Selbsthilfegruppen organisiert sind. Jeder
Zehnte in Deutschland ist Mitglied in einer solchen Gruppe - eine beeindruckende Zahl.
Der überwiegende Teil der ehrenamtlichen Selbsthilfe findet nach wie vor in bewährten und zuverlässigen Strukturen und Organisationen statt. Dabei bilden Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Sportvereine und natürlich die Selbsthilfegruppen das Netz, das unsere Gesellschaft zusammenhält. Auch die Stadt Essen ist zum Beispiel mit
ihrer Ehrenamt-Agentur und Aktionen wie „Essens Beste“ oder den „Spielplatz-Paten“ Teil dieses Netzwerkes.
In unserer immer stärker individualisierten Gesellschaft ist das persönliche Gespräch, der Austausch von Erfahrungen mit anderen Betroffenen unersetzlich. Reale Probleme, die uns alle treffen können, müssen enttabuisiert und
entstigmatisiert werden. Deshalb bin ich froh, dass gerade in Essen die Selbsthilfe-Idee so lebendig ist und dass wir
mit der „WIESE“ eine so qualifizierte Informations- und Kontaktstelle haben. Seit 20 Jahren gestaltet „WIESE“ nun
schon den „Gesundheitsstandort Essen“ mit. Ihrer kontinuierlichen Arbeit verdanken wir eine stabile und qualitätvolle Selbsthilfelandschaft. Die Beratungsstelle ist ein starker Motor für die Durchsetzung und Vermittlung des
Selbsthilfe-Gedankens.
Die Selbsthilfe ist für unsere Gesellschaft unersetzlich. Allen, die sich dafür einsetzen, gelten meine besten Wünsche, ihren Weg fortzusetzen.
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Dazu gehören die vielen Freiwilligen in unserer Stadt, die hoch motiviert und mit großem Engagement in lokalen Gemeinschaften und Gruppen arbeiten. Sie haben erkannt, dass der Staat nicht alle Aufgaben selbst übernehmen kann. Es geht gerade im Bereich der Gesundheit um eine vernünftige Balance zwischen staatlichen
Pflichten, Eigeninitiative und gesellschaftlichem Engagement. Es gibt Dienste, die man weder kaufen noch bezahlen
kann und die trotzdem geleistet werden müssen. Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und Solidarität sind solche
unbezahlbaren Dienste. Wir hören immer wieder, dass in unserer Gesellschaft Werte wie diese verloren gehen.
Aber gerade Ihr Engagement zeigt mir, dass es eine gegenläufige Bewegung gibt, dass diese Werte nicht verloren gehen, sondern dass sie gelebt werden, auch wenn die Arbeit, die Sie tun, nicht immer im Zentrum der Öffentlichkeit steht wie es ihr gebühren würde.
Danke, dass Sie alle hier diese Werte leben und Ihre Zeit dafür geben.
Ich bin stolz darauf, dass die Stadt Essen in diesem Jahr schon zum 4. Mal den Selbsthilfepreis vergibt, um das
Engagement der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu würdigen. Dieser bundesweit einmalige Preis
führt viele Menschen zusammen, die aktiv daran arbeiten, dass Essen auch eine „soziale Großstadt“ ist. Der Preis ist
beispielhaft für unser Ziel, in dieser Stadt eine Zeit der Anerkennungskultur zu etablieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich danke allen Gruppen, die am diesjährigen Wettbewerb teilgenommen haben, und gratuliere den Gewinnern
des 4. Essener Selbsthilfepreises ganz herzlich.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es uns gelingt, die Selbsthilfe in dieser Stadt weiter zu stärken und sie noch
stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu holen. Ich hoffe, dass es uns so gelingt, bei noch mehr Menschen die
Neugier zu wecken, ehrenamtliche Arbeit zu unterstützen und selber etwas zu tun.
Allen Selbsthilfegruppen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wünsche ich weiterhin viel Erfolg bei ihrer
wichtigen Arbeit. Von Ihrem Engagement lebt unsere Stadt.
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Zwanzig Jahre WIESE e.V.
Früher war die Zukunft auch nicht besser – ein kurzer Blick zurück!
Zwanzig Jahre sind eine kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass manche Selbsthilfeverbände 80, 90, 100 Jahre alt sind.
Ohne das Engagement dieser Gruppen und Verbände bräuchte es die strukturierende, moderierende, initiierende und
vermittelnde Arbeit der WIESE nicht. Und ohne die ideelle und materielle und professionell-fachliche Unterstützung
unserer großen Partner hätten wir uns nicht zu dem entwickeln können, was wir heute sind.
Die Agentur für Arbeit, die mit AB-Maßnahmen die Anfänge gestützt hat, möchten wir nennen. Denn die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt war immer von Nachhaltigkeit geprägt, sie hat uns voran gebracht. Es freut mich deshalb sehr,
dass ein alter Arbeitsamtschef hier ist: Guten Abend Herr Dohle!
Wir wollen die großen Kassenverbände in der GKV nennen, die Barmer GEK, die IKK, die Novitas BKK, die Knappschaft und die AOK, die uns unterstützt haben, lange bevor der Gesetzgeber das finanzielle Engagement für die
Selbsthilfe verankert hat.
Und die Verantwortlichen der Stadt Essen, gottseidank parteiübergreifend die Politik. Und das Gesundheitsamt. Und
das Land Nordrhein Westfalen, das Gesundheitsministerium – einen, der die Selbsthilfe dort immer hoch hält: Helmut
Breitkopf.
Sie alle haben dazu beigetragen, dass wir heute sagen können, die Selbsthilfe ist ein stabiler Faktor und ein verlässliches Netzwerk in dieser Stadt. Und sie hat gute Partner, wirklich gute Partner. Ich will – nicht zufällig – aber quer Beet
einige Namen herausstellen:
Zuallererst, Helmut Kiedrowicz von der AOK, dem würde ich am liebsten eine Selbsthilfegruppe Morbus Schalke
schenken, als Dank für sein Engagement. Der Arme. Vielleicht spielt Schalke ja demnächst gegen Rot Weiß Essen,
dann lad ich Dich ins Stadion ein, mein lieber Helmut.
Heinz Diste, in verschiedenen Funktionen. Schade, dass er nicht hier sein kann. Aber er hat seinem Töchterchen einen
Konzertbesuch versprochen. Übrigens, dem Engagement von Heinz Diste als Geschäftsführer der Contilia haben wir
auch den Start des Essener Selbsthilfepreises zu verdanken.
Ich weiss, dass er es nicht hören mag: Hans Pokojski, war uns immer ein guter Ratgeber und ein verlässlicher Partner
und hervorragender Wegweiser. Dafür möchte ich auch ganz persönlich danke sagen.
Petra Gerling aus der Marketing Abteilung der Kliniken Essen Mitte hat sich bei den Anfängen unseres Projekts
„Selbsthilfe im Krankenhaus“ auch sehr persönlich engagiert. Mit ihr zusammen haben wir – zum Beispiel und sozusagen als Premiere - auch die landesweite Ausstellung „Selbsthilfe macht Selbstbewusst― nach Essen ins Huyssensstift
gebracht.
Bei der Akzeptanz der Selbsthilfe im Krankenhaus haben wir in den zwanzig Jahren einen Paradigmenwechsel erlebt.
Diese Veränderung konnten wir nun wirklich strukturell und hautnah in der Zusammenarbeit mit Anette Ehrke-Schön
vom Lutherkrankenhaus erleben. Sie hat viel dazu beigetragen. Die Zusammenarbeit mit ihr hat sich nicht geändert,
als sie plötzlich Anette Krupp geworden ist. Wie sollte es auch: Herr Professor Betzler war einer der ersten ärztlichen
Direktoren, die persönlich mit uns gemeinsam Veranstaltungen entwickelt haben. Mit dem Verwaltungschef der
KKENW, Herrn Sunderhaus, haben wir später den ersten Schritt für eine gemeinsame Agenda „Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus― diskutiert. Naja, und ein altes Haus, der Chefarzt vom Bethesda Krankenhaus, Dr. Förster, hat uns bereits 1995 in unseren Gesundheitsbericht geschrieben, warum Selbsthilfe und Klinik zusammengehören.
Meine Damen und Herren, die seelischen Erkrankungen sind inzwischen zu Volkskrankheiten geworden. Das hat uns
zur Reihe „Wenn uns die Seele im Stich lässt― veranlasst. Zwei Partner haben wesentlich zur großen Resonanz dieser
Reihe beigetragen: Das Engagement von Chefarzt Dr. Martin Schäfer und der unermüdliche Einsatz von Mitgliedern
der Essener Depressions-Selbsthilfe.
Meine Damen und Herren, ich habe noch mehr auf Lager. Frau Semme, Frau Stonjek, Frau Schmidt, sie waren als
Sekretärinnen im Gesundheitsamt immer aufgeschlossen und zuverlässig, aber auch verschwiegen, wenn ich mal gelästert habe. Frau Holtkamp möchte ich nennen im Sekretariat von Professor Nehen.
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Herrn Kipp und Tanris Breitkopf und Herrn Sürüzü und Frau Ezel und Frau Giordano und Herrn Temmler und Frau
Anuebunwa haben wir es zu verdanken, dass wir beim Thema Selbsthilfe und Migration vorangekommen sind.
Meine Damen und Herren spüren Sie: Vertrauen wollte ich zu einem wichtigen Wort unserer Arbeit machen.
Deshalb zuallerletzt: Für das Vertrauen, das Sie immer in uns gesetzt haben, danken wir, Gabriele Becker, Christel
Dickgreber und ich, unserem Verein Wiese e.V. und dem Vereins-Vorstand. Danke, dass ihr uns habt machen lassen.
Immerhin, ihr habt auch für uns gesorgt. Einer von euch, Dr. Pape, hat ein Buch geschrieben, damit wir nicht zu fett
werden: „Schlank im Schlaf― hat er es genannt.
Vertraute Orte:
Die Messe Essen ist inzwischen schon fast so etwas wie unsere Großfamilie, mit viel Sensibilität im Umgang mit dem
Thema Selbsthilfe. Herr Galinnis, an Sie persönlich und an Ihre Mannschaft, obwohl, wir haben‘s vorwiegend mit Frauen zu tun, herzlichen Dank.
Und, Herr Freudenberg, bitte geben Sie es weiter: Ohne Herrn Leppek, dem Hausmeister der AWO, würde auch bei
uns zu Hause am Pferdemarkt nicht alles so glatt laufen. Herzlichen Dank für seine Hilfe.
Mein letzter Gedanke zum Stichwort Vertrauen: Glück Auf.
Glück auf – das ist eine Metapher des Ruhrgebiets. Wir verbinden den Ruf mit Kohle-Kumpels, mit Vergangenem, mit
dem Weltkulturerbe „Zeche Zollverein―. Meine Damen und Herren, Eigentlich ist „Glück auf― ein Zukunftsbegriff. Glück
auf heißt: Hab Mut, schau nach vorn. Glück auf, das könnte auch ein Begriff der Selbsthilfegruppen sein. Denn er hat
auch mit Optimismus zu tun, mit Solidarität, mit Zuversicht. In diesem Sinne: Glück auf!
Wir blicken nach vorn, die Zukunft war früher auch nicht besser. Und die Idee der Selbsthilfe bleibt ein Zukunftsprojekt.
Trotzdem: Danke für die Vergangenheit mit Ihnen!
Aus der Rede von Karl Deiritz, WIESE e.V.
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USBLICK
Psychische Krankheiten.
Die Auseinandersetzung mit Aspekten psychischer Erkrankungen wird auch 2011 ein Schwerpunkt unserer Arbeit bleiben.
Selbsthilfe im Betrieb.
In Zusammenarbeit mit Pro Ruhrgebiet und dem Team Gesundheit versuchen wir in unserem Arbeitskreis
„Betriebliches Eingliederungsmanagement“ eine Netzwerkstruktur aufzubauen, die sich mit Aspekten des Wiedereingliederungsmanagements und betrieblicher Gesundheitsförderung befasst.
Selbsthilfe im Krankenhaus.
Wir wollen weiterhin versuchen umzusetzen, was auch in anderen Städten NRWs praktiziert wird: Eine Vereinbarung
zwischen Krankenhäusern und Selbsthilfe über verbindliche Aspekte der Zusammenarbeit, insbesondere die Festlegung eines „Selbsthilfebeauftragten― in jedem Essener Krankenhaus.
Selbsthilfe und Migration.
In Kooperation von Marienhospital, Fatih-Moschee in Essen Katernberg, und dem Arbeitskreis Migration und Selbsthilfe planen wir einen Gesundheitstag im Kontext des Tages der Offenen Tür der Fatih-Moschee in Essen-Katernberg.
Kooperation mit der Selbsthilfekontaktstelle in Gelsenkirchen
Bei der Erprobung neuer Formate überschreiten wir die Essener Stadtgrenze. In Zusammenarbeit mit der Selbsthilfekontaktstelle in Gelsenkirchen starten wir 2011 eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Guten Morgen, ihr Schönen―,
die wir als kleines Format in Essen bereits erprobt haben. Zehn Veranstaltungen im Gesundheitszentrum / Revierpark
Nienhausen sollen Frauen über Vierzig Möglichkeiten eröffnen, ihre Momentane Befindlichkeit, Erfahrungen aus den
letzten Jahren, Wünsche und Pläne für den zweiten Lebensabschnitt, aber auch die damit verbundenen Ängste und
Sorgen zu reflektieren und dabei die Stärke und den Spiegel der Gruppe nutzen lernen.
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