Virtualisierung erfolgreich einführen

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Virtualisierung erfolgreich einführen
VOLLVE RSION AU F DVD
VOLLVE RSION AU F DVD
OpenOffice
PrOOo-Box 2.3.1
Intranator (10-User-Lizenz)
Business Server 5
Deutschland € 7,99 | Schweiz sfr 16,00 | Österreich, Benelux € 8,90
www.pcwelt.de
NR. 3/2008
APRIL, MAI, JUNI 2008
LINUX
PRO
Kosten sparen
Mit
DVD
15 x Linux
Profi-Linux-Distributionen
❱ Ubuntustudio 7.10
❱ Fedora 8
❱ KANOTIX 2007
Linux fürs Business
❱ Open-Xchange Express
❱ Virtuozzo 4.0
Linux-Firewalls
❱ IPCop 1.4
❱ Engarde Firewall 3
❱ Endian 2.2
Linux für Admins
❱ FreeNAS 0.686
❱ GParted-Live-CD 0.3.4
❱ Damn Small Linux 4.2
❱ INSERT 1.3.9b
❱ SystemRescue-CD 0.4.3
im Netzwerk
TRENDTHEMA:
GREEN I
T
❱ So entlarven Sie die größten Stromfresser im LAN
❱ So sparen Sie Energie und Platz mit Blade-Servern
❱ So schonen Sie Ressourcen durch Virtualisierung
Sicherheit für Ihre Daten
❱ Profi-Tipps zur Datenwiederherstellung & Sicherheit
❱ Linux-Server und -Clients im LAN überwachen
DT-Control
LINUX PRO
geprüft:
Beiliegender Datenträger
ist nicht jugendbeeinträchtigend
E-Mails perfekt im Griff
❱ So setzen Sie einen Mailserver auf
❱ So perfektionieren Sie den Newsletter-Versand
TEST
TECHNIK
Neuer
Linux-PDA
Nokia N810
Open Source: Freie Software auf dem Vormarsch
Wireless USB: Neuer Standard für externe Hardware
Sicherheit: Linux-Bordwerkzeuge richtig nutzen
1000_titel_lipro3_08_cs2.indd 1
24.04.2007 17:37:48 Uhr
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INHALT
TITELTHEMEN IN ROT
LINUX PRO
NEWS & STORIES
12 | ENDLICH DA!
KDE 4
Lange hat es gedauert, bis das K Desktop
Environment 4 den finalen Segen seiner
Entwickler bekommen hat. Trotz einiger
Schwächen und Fehler präsentiert sich
KDE 4 von einer guten Seite
3/08
GREEN IT
10 | TRENDS FÜR 2008
Green IT, Virtualisierung und Open-SourceLösungen für Unternehmen werden die ITLandschaft in diesem Jahr bestimmen
24 | ENERGIEFRESSER ADE
Die Unternehmens-IT soll zukünftig deutlich
weniger Energie verbrauchen und besser ausgelastet sein. Was steckt hinter den Vorhaben?
12 | WAS BRINGT KDE 4?
Die Kritik der Community an der neuen Generation der beliebten Linux-Oberfläche ist
groß. Wir kennen die Neuerungen, Schwachstellen und Highlights von KDE 4
28 | DIE ZUKUNFT WIRD GRÜN
Mit intelligenten, grünen IT-Konzepten lassen
sich Server-Kapazitäten optimal ausnutzen
16 | VERTEILTES RISIKO
Statt auf nur einen Outsourcing-Partner setzen viele Unternehmen auf MultisourcingProjekte mit mehreren Dienstleistern
18 | INTERESSEN-VERTRETUNG
Die Open Source Business Foundation vertritt
als Netzwerk die Entwickler, Anbieter und
Nutzer von Open-Source-Software und bündelt die vorhandenen Kompetenzen
20 | PROFI-OPEN-SOURCE
Freie Software dringt langsam, aber sicher in
mehr und mehr Bereiche der UnternehmensIT vor. Wir wissen, wo Open Source schon
jetzt eine Konkurrenz zu kommerziellen Produkten ist und wo die Hemmschwelle bei der
Einführung liegt
30 | VIRTUALISIERUNG SPART
Ohne gezielte Planung und zukunftsweisende
Strategie sind die meisten Virtualisierungprojekte zum Scheitern verurteilt
38 | VORTEIL BLADE-SERVER
Kompakte Server helfen Unternehmen, Platz
und Energie im Rechenzentrum zu sparen
40 | DIE ZUKUNFT GIBT’S HEUTE
Host Europe hat in Köln ein Rechenzentrum
gebaut, das Vorgaben an Green IT erfüllt
42 | STROMFRESSER ENTLARVT
Viele Netzteile sind nicht energieeffizent und
vergeuden Strom sinnlos als Abwärme. Wir
zeigen, wie Unternehmen mit 80-Plus-Netzteilen richtig Geld sparen können
48 | GÜNSTIGER ZWEIT-PC
Mit der Open-Source-Software Virtualbox
lassen sich Windows-Anwendungen in einem
Fenster auf einem Linux-PC starten – umgekehrt klappt das natürlich auch
20 | WIDERSTÄNDE
BRECHEN
Open-Source-Lösungen müssen den Vergleich mit kommerziellen Produkten nicht
scheuen. Trotz Kostenvorteilen sprechen
ungeklärte Supportzuständigkeiten oftmals gegen den Einsatz freier Software
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INHALT
LINUX PRO
TEST & TECHNIK
52 | SICHERHEIT FÜR EXISTENZEN
Mit unterschiedlichen Lösungen lassen sich
unternehmenskritische Internet-Anwendungen intern oder extern sicher betreiben
56 | DAS ENDE DES KABELSALATS
Die neue Funktechnologie Wireless USB verbindet Hardware auf kurzen Entfernungen
und ermöglicht hohe Übertragungsraten
60 | SICHERE LINUX-SYSTEME
Linux gilt zwar als sicherer als Windows, für
den Aufbau der Grundsicherheit müssen Admins dennoch viele Aspekte beachten
68 | HOCHVERFÜGBARKEIT
Mit dem Open-Source-Tool DRBD lassen
sich wichtige Daten im Netzwerk spiegeln
72 | ALL-IN-ONE-SERVER IM TEST
Der Intranator Business Server 5 soll alle Anforderungen an einen Kommunikationsserver
in einem Produkt vereinen. Ist das so?
7
PRAXIS
80 | TIPPS UND TRICKS
Mit Werkzeugen und passenden Kommandos
retten Sie etwa korrupte Linux-Systeme
86 | ZABBIX IM EINSATZ
Administratoren überwachen Dienste und
Anwendungen auf Linux-Servern im LAN
94 | EINBRECHER AUFSPÜREN
Wir zeigen Ihnen, wie Sie Eindringlinge aufspüren und Ihr System absichern
98 | AXIGEN MAILSERVER 5
Die umfassende E-Mail-Schaltzentrale unter
Linux installieren und einrichten
104 | E-MAIL-MARKETING
Mit OpenEMM versenden Sie Newsletter
und steuern zielgerichtete Werbekampagnen
86 | KONTROLLE ÜBER
IT-SYSTEME IM LAN
Mit einem professionellen Überwachungs- und
Monitoring-Tool wie der Open-Source-Lösung
Zabbix behalten Administratoren den Überblick über ihre Server im Netzwerk
108 | VERSIONSVERWALTUNG
Subversion erleichtert das Teamwork und
sorgt im Unternehmen für Wirtschaftlichkeit
STANDARDS
112 | SICHER MIT OPENSSH
Administratoren sollten unbedingt auf sichere
Verbindungen über das Internet setzen
5 | EDITORIAL
115 | IMPRESSUM
116 | VORSCHAU
AUF HEFT-DVD 15 x Linux für alle Fälle
Vollversion
Intranator Business Server 5
Leistungsstarker Web-, E-Mail- und FaxServer für 10 User inklusive Firewall, Virenscanner sowie Internet- und Spamfiltern
78 | LINUX-PDA MIT GPS
UND WIRELESS LAN
Komplettpaket
OpenOffice PrOOo-Box 2.3.1
Das Nokia N810 vereinigt WLAN, GPS und
Touchscreen in einem PDA mit Maemo 4 als
Open-Source-Betriebssystem. Der Test zeigt,
was der PDA in der Praxis leistet
Neben OpenOffice in der aktuellsten Version 2.3.1 gibt’s Vorlagen, Add-ons, Cliparts,
Schriften, eine Dokumentation sowie eine
Rechtschreibprüfung für über 60 Sprachen
Profi-Linux-Distributionen
Fedora, Kanotix und Ubuntu
Die Komplettsysteme mit freier Software stellen zahlreiche, einfach zu nutzende Desktop-
C DVD
und Administrationswerkzeuge zur Verfügung.
Dazu gibt es noch drei in der Praxis bewährte
Firewall-Lösungen, Open-Xchange Express
als Groupware sowie den Profi Virtualisierer
BITTE UMBLÄTTERN!
TOOLS UND SYSTEME FÜR
LINUX-PROFIS IM DETAIL
Virtuozzo. Rettungssysteme gibt’s obendrauf.
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27.04.2007 15:24:28 Uhr
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GREEN IT
Virtualisierung
LINUX PRO
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Server-Virtualisierung
SPAREN MIT
VIRTUALISIERUNG
Virtualisierung ist das »Next Big Thing« der IT-Branche und verheißt
Kostensenkung, höhere Verfügbarkeit sowie zentrale Verwaltung. Es lauern
DIE KONSOLIDIERUNG DES PHYSISCHEN SERVER-WILDWUCHSES
auf wenige leistungsstarke Virtualisierungshosts verspricht neben der Einsparung von
Hardware und Platz auch vereinfachte Administration sowie neue Funktionen für
Hochverfügbarkeit und Desaster-Recovery.
Zudem führt die Virtualisierung zu einem
deutlich geringeren Energiebedarf (Stichwort: Green IT), was gerade heutzutage
eine – nicht nur in Sachen Kosten – wichtige Rolle spielt. Neben XEN (www.cl.cam.
ac.uk/Research/SRG/netos/xen/), Parallels (www.parallels.com) oder Microsofts
angekündigtem Hyper-V bietet Marktfüh-
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rer Vmware (www.vmware.com) mit der
Virtual Infrastructure 3 derzeitig die ausgereifteste Virtualisierungslösung. So verwaltet Vmwares Management-Software Virtual
Center ganze Farmen von Hosts mit Hunderten virtuellen Maschinen (VM) in einer
einheitlichen Konsole. Dies ermöglicht die
zentrale Bedienung aller Gastsysteme inklusive Lastauswertung, Überwachung und
Automatisierung. Die Funktionen Vmware
High Availability (HA) und Distributed Resource Scheduler (DRS) sorgen für automatisches Failover bei Hardware-Ausfällen
und für selbstständiges Load-Balancing
zwischen den Virtualisierungshosts. Vm-
Von Sven Ahnert
ware Consolidated Backup sichert Gastsysteme im laufenden Betrieb direkt vom SAN,
und Vmware Update Manager kümmert
sich um eine zentrale Patch-Verwaltung der
Systeme. Schließlich migriert Vmware
VMotion Gäste unterbrechungsfrei von
einem Host auf den anderen, etwa für Wartungsarbeiten oder zum Lastausgleich.
Bei all diesen Vorteilen ist es kein Wunder, dass der aktuelle Hype um Server-Konsolidierung schnell zum überhasteten Start
eigener Virtualisierungsprojekte führt. Hinzu kommt ein gewisser Druck des Managements, die oft zitierten positiven Auswirkungen, allen voran Kostenersparnisse,
Foto: © Maxim Filipchuk – Fotolia.com
aber Fallstricke, an denen Green-IT-Projekte scheitern können.
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GREEN IT
Virtualisierung
LINUX PRO
Lastenausgleich: Beim Load Balancing ermöglicht Distributed
Infoquelle: Lastdiagramme mit aktuellen und historischen Daten
Resource Scheduler (DRS) verschiedene Automatisierungslevel
gehören zur Grundausstattung von Virtual Center
schnell umzusetzen. Es ist jedoch ein komplexes Vorhaben, alle Systeme in kürzester
Zeit zu virtualisieren. Fehlende Erfahrung
führt schnell zu unvorhergesehen Problemen. Genaue Planung und Kenntnis der
wichtigsten Konzepte und Fehlerquellen
sind Grundvoraussetzung, um die erwarteten positiven Effekte zu realisieren.
Virtualisierung erfordert Umdenken
Virtuelle Infrastrukturen erfordern das Umdenken der IT-Verantwortlichen, die das
Thema häufig noch als reines Server-Problem wahrnehmen. Jedoch genügen Kenntnisse zur Bedienung der Server-Hosts alleine nicht mehr. Auch fundierte Erfahrung in
den Bereichen Netzwerk und Storage sind
zwingend notwendig, da der Administrator
einer virtuellen Infrastruktur mit Begriffen
wie VLANs, Trunking und Multipathing
konfrontiert wird.
Weiterhin ist Wissen zu den unterschiedlichen Gast-Betriebssystemen notwendig,
denn der Linux-Server, der bisher unbemerkt im Intranet der Marketing-Abteilung
arbeitete, läuft jetzt als virtuelle Maschine
im Verantwortungsbereich des Admins.
In größeren Umgebungen ist das notwendige Zusammenspiel der einzelnen FachAbteilungen wichtig. Schnell entstehen
Kompetenzstreitigkeiten, etwa wenn sich
Aufgaben der Netzwerk- oder SAN-Verantwortlichen auf die Server-Admins verlagern.
Beispielsweise kann im Netzwerk die
VLAN-Verwaltung für die Gast-Systeme
direkt auf dem Host erfolgen anstatt am
»physischen Switch«. Der Host empfängt
den gesammelten Verkehr aller VLANs von
einem Trunk-Port des Switches und verteilt
die Pakete anhand der VLAN-IDs intern an
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die Gäste. Das macht die Netzwerkkonfiguration sehr flexibel und spart physische
Ports, allerdings wechseln die Verwaltungskompetenzen vom Switch zum Host. Genauso lassen sich Firewall-Konzepte zwischen einzelnen Abteilungen komplett mit
virtuellen Maschinen in virtuellen Netzwerken abbilden, ohne auch nur ein einziges
Kabel im „physischen LAN“ umzustecken.
Akzeptanzfragen – der
menschliche Faktor
Neben allen technischen Aspekten spielt
der menschliche Faktor eine wichtige Rolle.
Die neue Infrastruktur muss akzeptiert
werden, da Virtualisierungsprojekte im Allgemeinen zu größeren Umwälzungen inner-
halb der gewohnten Infrastruktur führen.
Bisher isolierte Abteilungen und Verantwortungsbereiche werden gemeinsam auf
den gleichen Servern konsolidiert, die Verwaltung wird zentralisiert, und durch die
hinzugekommene Virtualisierungsschicht
etablieren sich neue Verantwortliche für die
Basistechnik. Nicht zu vernachlässigen ist
die Umschichtung von Kosten und Budgets.
Durch Virtualisierung sinken die Hardware-Ausgaben deutlich, dafür steigen die
Kosten für Software und Lizenzen an.
Auch verlangt jedes größere Virtualisierungsprojekt die Bildung einer übergeordneten Projektgruppe, in der Netzwerk-,
SAN-, Server- und Software-Abteilungen an
einem Tisch sitzen.
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›
DER IDEALE HOST
Ein Host sollte bestimmte Vorausset-
• Maximal 16 GB pro VM. Hinweis: Overcom-
zungen erfüllen. Für eine Übersicht kompatib-
mitment ist durch intelligente Speicherverwal-
ler Hardware besuchen Sie den Hardware
tung des ESX (Swap, Pagesharing, Balloo-
Compatibility Guide unter www.vmware.
ning) möglich, sollte sich aber im vernünftigen
com/support/pubs/vi_pages/vi_pubs_
35.html.
Rahmen bewegen.
• Mindestens vier LAN-Ports, beispielsweise
• Zwei oder mehr physische Dual- oder Quad-
zwei Dualport-Adapter, für optimale Redun-
Core-CPUs. Hinweis: Die Lizenzierung des
danz und Load Balancing. Besser sechs Ports
ESX-Servers erfolgt pro physischem Sockel,
also besser zwei Quad-Core- als vier DualCore-CPUs verwenden.
• Pro Kern zwei bis vier virtuelle Maschinen, je
für höhere Flexibilität.
• Zwei HBA (Fibrechannel oder iSCSI) für Redundanz. Lastausgleich nur über Pfade zu
unterschiedlichen LUNs.
nach Last auch mehr. Gleiches CPU-Modell
Bootmedien:
für alle Hosts. VMotion funktioniert nicht zwi-
• Lokaler Plattenplatz. Diskless mittels Boot via
schen AMD und Intel und auch nicht immer
zwischen unterschiedlichen CPU-Generationen des gleichen Herstellers.
• Zwischen 8 und 64 GB Arbeitsspeicher, 256
GB maximal pro Host.
SAN oder ESX3i Embedded.
• Speicher für virtuelle Maschinen: LUN im SAN
oder NAS-Anbindung (nur NFS). Lokale Platten nur für einzeln stehende Hosts oder für
Cluster-VMs.
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GREEN IT
Virtualisierung
Diese neuen Anforderungen machen es gerade in der Einführungsphase sinnvoll, auf
das Wissen externer Systemhäuser und erfahrener Berater zurückzugreifen. Für den
stabilen Betrieb ist zusätzlich die Schulung
der eigenen Mitarbeiter notwendig. Dazu
bieten einige Hersteller bereits zertifizierte
Ausbildungen an, beispielsweise den Vmware Certified Professional (VCP).
Genauso wichtig sind aber eigene Erfahrungen. Anstatt auf Biegen und Brechen alle
produktiven Systeme in kurzer Zeit in VMs
zu übertragen, ist der sanfte Einstieg mit
überschaubaren Pilotprojekten in der Praxis ratsamer.
Empfehlenswert für kleinere IT-Abteilungen sind erste Schritte mit einem kostenlosen Produkt, wie dem Vmware Server, der
auf fast jeder Hardware unter Windows
und Linux läuft. Damit können Mitarbeiter
Testumgebungen aufbauen, um sich mit der
Technologie vertraut zu machen. Zunächst
virtualisieren sie einige unkritische Dienste,
etwa gering belastete Print-Server oder Intranet-Server. Ein späterer Umzug der Gäste
auf den leistungsfähigeren ESX-Server ist
mit Lösungen wie Vmware Converter unkompliziert möglich. Die virtuelle Umgebung kann dadurch kontinuierlich ausgebaut werden. Wichtig ist es, Virtualisierung
als eine langfristige Strategie und nicht als
einmaligen Kraftakt zu begreifen.
Wahl des Speicherorts ist wichtig
Ein Beispiel für die neuen Anforderungen
virtueller Infrastrukturen ist die Planung
des Festplattenspeichers. Heutige Serverhosts mit Quad-Core-CPUs und bis zu 128
GB RAM bieten zwar genügend Reserven
für Dutzende virtuelle Maschinen (siehe
Kasten „Der ideale Host“), der eigentliche
Flaschenhals bleibt jedoch die Massenspeicheranbindung.
Das Problem verschärft sich vor allem in
virtualisierten Umgebungen, in denen viele
Gastsysteme simultan vom gleichen Server
– mit unterschiedlichen Lastprofilen – auf
den Speicher zugreifen.
SAN-Admins müssen sich von ihren gewohnten Denkweisen trennen, die meist
auf der eindeutigen Zuordnung dedizierter
LUNs zu einzelnen Servern beruhen. Viele
Firmen führen im Zuge der Virtualisierung
ein Speichernetzwerk überhaupt erst ein,
was weiteren Schulungsbedarf nach sich
zieht. Planungsfehler an dieser Stelle lassen
sich später nur schwer korrigieren. Zur
Speicheranbindung unterstützt der ESXServer sowohl Fibrechannel als auch iSCSI,
Ausfallsicherheit ist die Grundlage für ei-
• Ein Storage-Gerät mit mehreren Storage-
nen stabilen Betrieb. So viele Komponenten
Controllern bietet einen optimalen Ausfallschutz.
• Redundante Auslegung von Lüftern, Netz-
• Drei Hosts im Cluster sind ideal für High
werkkarten, HBAs und lokalen Festplatten
Avalibility (HA) und zum Lastausgleich mit
des Hosts. Zwei Dual-Port-Adapter sind besser als ein Quad-Port-Adapter.
• Pro virtuellem Switch sollten zwei physische
Adapter als Uplink an unterschiedlichen physischen Switches angeschlossen sein.
• Zwei HBAs dienen zur Speicheranbindung
über unterschiedliche physische Switches für
Path-Failover.
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Alles an Bord: Redundanzfunktionen wie Multipathing sind im VM-Kernel bereits integriert
GRUNDLAGE FÜR EINEN STABILEN BETRIEB
wie möglich sollten redundant ausgelegt sein.
LINUX PRO
Distributed Resource Scheduler (DRS).
• Die unterbrechungsfreie Stromversorgung
(USV) sollte ebenfalls redundant sein.
• Für hohe DR-Anforderungen kommen
Storage-Spiegelungen über getrennte Rechenzentren in Frage.
• Site Recovery Manager optimiert Workflows
für Desaster Recovery.
Letzteres mit Software- oder Hardware-Initiator. Eine zusätzliche Alternative ist die
Anbindung von NAS-Speicher mit NFS.
Üblicherweise arbeiten die Gäste mit virtuellen Festplatten, die als Containerdateien
auf LUNs im SAN abgelegt sind. ESX-Server formatiert die LUNs mit dem optimierten Dateisystem VMFS. Neben den Containerdateien der virtuellen Platten liegen
dort auch die Konfigurationsdateien der
virtuellen Maschinen. Mehrere Hosts verwenden die LUNs gemeinsam als „shared
Storage“. Erst das ermöglicht den Start der
Gäste auf beliebigen Hosts sowie LiveMigrationen laufender VMs.
Die Gastsysteme benutzen die virtuellen
Festplatten, ohne genau zu wissen, wo sich
die Daten physisch befinden. Auf diesem
Wege lässt sich etwa ein virtualisierter Exchange-Server mit getrennten virtuellen Datenträgern für System, Datenbank und
Transaktionslogs konfigurieren. Liegen
aber alle virtuellen Platten auf der gleichen
LUN des Storage-Systems, ist der Leistungszuwachs gleich null.
Leistungseinbrüchen vorbeugen
In der Vorbereitungsphase müssen einige
wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit LUN-Größen, RAID-Konfigurationen und Lastverteilung getroffen werden.
Empfehlenswert sind LUNs von 250 bis
500 GB, auf denen jeweils fünf bis zehn virtuelle Platten abgelegt werden. Bei geringerer Auslastung sind deutlich mehr virtuelle
Platten pro LUN möglich. Genügt den Gäs-
24.04.2007 11:24:22 Uhr
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LINUX PRO
Virtualisierung
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GREEN IT
Gemeinsam stark:
Teaming von physischen
Adaptern als Uplink ins
LAN unterstützt Redundanz und Load Balancing
ten die Performance nicht mehr, können
virtuelle Platten auf andere LUNs verlagert
werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang: Zu viele kleine LUNs erhöhen
den Verwaltungsaufwand im Speichernetz
und führen zu einem höheren Platzverschnitt. Zu große LUNs können hingegen
zu Leistungsengpässen führen.
Perfomance-Probleme entstehen in der Praxis vor allem durch zu viele VMs auf der
gleichen LUN. Negative Faktoren sind die
gegenseitige Beeinflussung von Plattenzugriffen der Gäste und die zunehmende Anzahl so genannter SCSI-Reservierungen
durch Metadaten-Änderungen unter den
angebundenen Hosts.
Netzwerk-Topologie: LAN und
SAN sind mit
Hosts verbunden.
Alle Geräte sind
jeweils zweifach
vorhanden
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Weiterhin verwenden alle VMs einer LUN
die gleiche Queue und den gleichen Zugriffspfad auf dem jeweiligen Host. Lastausgleich vom Host zum Speicher funktioniert also nur über verschiedene Pfade zu
unterschiedlichen LUNs. Mehrere eingebaute HBAs dienen bei einer einzigen LUN
also nur der Redundanz über die integrierten Multipathing-Funktionen des ESXServers. Erst bei mehreren LUNs können
die Zugriffe verteilt werden.
Leistungshungrige Gäste, etwa ausgedehnte Datenbanken, erfordern eine genaue
Planung des darunter liegenden RAIDLevels. RAID5 bietet optimale Platzausnutzung, RAID10 dagegen maximale Leistung
und bessere Ausfallsicherheit. Virtuelle
Platten mit sehr hohen Leistungsanforderungen sollten deswegen auf einem separaten RAID-Set von den Zugriffen der
übrigen Umgebung isoliert werden. Verschiedene RAID-Sets aus langsamen großen
Platten und kleinen schnellen Platten können VMs mit unterschiedlichen Zugriffsprofilen aufnehmen.
Speicherbedarf ermitteln
In kleineren Umgebungen genügen oftmals
zwei bis vier LUNs auf einem einzigen
RAID-Set. Je nach physischer Plattenanzahl
›
24.04.2007 11:24:42 Uhr
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GREEN IT
Virtualisierung
LINUX PRO
3/08
Trotzdem sind Lastmessung und Analyse
des Platzbedarfs unbedingte Voraussetzung
für die Planung.
Planungsfehler frühzeitig erkennen
Umschalter:
Fällt ein Server
im Netzwerk aus,
wird die Maschine automatisch
auf einen anderen Server verschoben
ist es nicht immer sinnvoll, wenige Festplatten in mehrere RAID-Sets aufzuteilen, da
wenige Spindeln auch geringe Leistung bedeuten. Die Aufteilung in mehrere LUNs ist
trotzdem zu empfehlen, etwa zur Trennung
von Produktiv- und Testumgebung oder
zum Lastausgleich über unterschiedliche
Pfade hinweg.
Für sehr große Datenträger oder bei sehr
hohen Leistungsanforderungen kann ein
Gast auch direkt auf eine physische LUN
zugreifen, ohne vorher den Umweg über
eine Container-Datei gehen zu müssen.
Dieses Raw Device Mapping (RDM) ermöglicht sogar Cluster-Konfigurationen
zwischen physischen Maschinen und VMs,
deren gemeinsamer Quorum- und Datenspeicher auf shared LUNs liegt.
Ein weiteres Kriterium bei der Speicherplanung sind Storage-Spiegelungen für Ausfallszenarien. Diese kostspieligen Lösungen
funktionieren meist auf LUN-Basis. Um die
Kosten des doppelt vorzuhaltenden Plattenspeichers nicht unnötig in die Höhe zu treiben, sollten nur die LUNs gespiegelt werden, auf denen die VMs mit höchstem
Service-Level liegen.
Auch beim Zoning oder LUN-Masking
muss der Admin umdenken. Diese Einstellungen betreffen nicht mehr einzelne Systeme, sondern ganze Hosts mit vielen darauf
arbeitenden Gästen. Vmware ESX-Server
ermöglicht mit N_Port ID Virtualization
(NPIV) die Zuweisung eines eigenen Worldwide Port Name (WWPN) zu einer virtuellen Maschine, was die Verwaltung des Fi-
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bre Channel Speichernetzes auch wieder
auf der Ebene einzelner Gäste ermöglicht.
Bei Planungsfehlern im Speicherbereich
kann die Funktion Storage VMotion von
Vmware Infrastructure 3.5 nachträglich
helfen. Bei Bedarf migriert Storage VMotion Gastsysteme unterbrechungsfrei im Hintergrund zwischen unterschiedlichen Speicherorten. So etwas ist beispielsweise dann
der Fall, wenn eine LUN keinen freien Platz
mehr bietet oder das RAID-Set an seine
Leistungsgrenze gerät. Das vereinfacht auch
die Migration auf neue Speichergeräte und
macht die Verwaltung wesentlich flexibler.
Ist die virtuelle Infrastruktur aufgebaut, offenbaren sich beim Überführen der physischen Server in virtuelle Maschinen (P2V)
bereits die ersten Planungsfehler. Mangelhafte Inventarisierung der Virtualisierungskandidaten führt zu Leistungsengpässen, zu
Problemen mit inkompatiblen Anwendungen oder zu Lizenzierungsproblemen.
Noch vor der Hardware-Beschaffung muss
also eine gründliche Kapazitätsplanung
klären, welche Ressourcen die existierenden
Systeme voraussetzen.
Der hoch ausgelastete Datenbank- oder
Exchange-Server ist kein guter Virtualisierungskandidat. Zum einen wird er im Extremfall einen ganzen Host für sich allein
beanspruchen, zum anderen erreicht er wegen des Virtualisierungs-Overheads nicht
die optimale Leistung. Kandidaten mit sehr
hohen Anforderungen sollten auch zukünftig auf »physischer Hardware« laufen.
Kriterien sind CPU-Last, Hauptspeicherbedarf, Netzwerkleistung und vor allem der
Festplattendurchsatz. Allerdings residieren
viele vorhandene Installationen oftmals auf
älterer Hardware und laufen dank leistungsfähiger Hosts trotz Virtualisierung
schneller als vorher.
Auch die Anforderungen gering ausgelasteter VMs summieren sich und können
Professionelle
Virtualisierung:
Mit den Lösungen von Vmware
wird eine mehrstufige ClientServer-Infrastruktur realisiert
24.04.2007 11:25:03 Uhr
3/08
LINUX PRO
Virtualisierung
Die VLAN-Verwaltung kann
am Host anstelle des physischen Switches
erfolgen
Leistungsengpässe auslösen. Noch schwieriger zu erkennen sind Lastspitzen einzelner
Anwendungen, etwa Monatsläufe. Beim
frühzeitigen Aufspüren solcher Probleme
helfen Tools zur Kapazitätsplanung, wie
Vmware Capacity Planner oder Platespin
PowerRecon (www.platespin.com). Sie erfassen automatisch die Last der vorhandenen Systeme über einen repräsentativen
Zeitraum. Vmware Capacity Planner bietet
den Vorteil, dass er anhand der erfassten
Daten über eine Auswertung im Vmware
Data Warehouse konkrete Empfehlungen
zum Aufbau der virtuellen Infrastruktur liefert. Capacity Planner steht Vmware-Partnern für deren Kunden zur Verfügung. Unter Vmware Infrastructure 3.5 ist der
Capacity Planner in abgespeckter Version
als Vmware Guided Consolidation bereits
ins Virtual Center integriert und erleichtert
in kleineren Umgebungen den geführten
Einstieg in die Virtualisierung.
Kapazitäten sollten nicht zu knapp bemessen sein. Beim Ausfall eines Hosts müssen alle Gastsysteme auf den verbleibenden
Servern laufen können. Auch zukünftige
VMs sind einzuplanen, denn viele Umge-
Ressource-Pools kontrollieren die Ressourcen
der Hosts und verteilen sie unter den VMs
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bungen wachsen schneller als gedacht. Werden zusätzliche Kapazitäten in Form neuer
Hosts hinzugefügt, dann sollten diese über
gleiche CPU-Modelle verfügen, um weiterhin Live-Migrationen innerhalb der Serverfarm zu ermöglichen.
Hauptargument für die Virtualisierung
ist die angestrebte Kostenersparnis. Deshalb muss eine intelligente Ressourcenverwaltung die vorhandenen Potenziale der
angeschafften Hardware optimal nutzen.
Ansonsten liegen an einer Stelle Ressourcen
brach, die anderweitig benötigt werden.
Vmware ESX-Server kann den Gästen Leistung per Reservierung zusichern, per Limit
begrenzen und per Shares proportional verteilen. Das funktioniert für einzelne VMs
oder für ganze Bereiche mittels so genannter Ressource-Pools. Die Funktion Distributed Resource Scheduler (DRS) fasst mehrere Hosts zu einem Cluster zusammen und
sorgt für eine optimale Ausnutzung ihrer
Ressourcen mittels Load Balancing. Gleichzeitig vereinfacht DRS die Einbindung neuer Server im laufenden Betrieb.
Inkompatible Hardware meiden
Neben der Leistung ist auch die Kompatibilität der Virtualisierungskandidaten zu betrachten, um bei der Planung keine Systeme
zu übersehen, die gar nicht in einer VM
funktionieren. So unterstützt kein Virtualisierer ISDN-Karten oder andere SpezialHardware. Der Virtualisierungslayer gaukelt den Gastsystemen immer einen
standardisierten Satz virtueller Hardware
vor und verhindert den direkten Zugriff auf
physische Komponenten. Einzige Ausnahme bilden serielle und parallele Ports. Vmware ESX-Server unterstützt auch keine
USB-Geräte. Mehr als einmal wurde erst
nach dem P2V-Vorgang bemerkt, dass eine
Gast-Applikation einen USB-Dongle benötigt. Die emulierten Grafikkarten stellen ebenfalls nicht alle Funktionen zur Verfügung.
Manche der genannten Beschränkungen
lassen sich umgehen. Für eine Fax-Software
in einer VM bietet sich ein LAN-CAPI an,
und USB-Geräte oder Dongles können mit-
35
GREEN IT
tels USB-over-IP-Lösungen an den Gast
durchgereicht werden. Bei speziellen Steckkarten im PCI-Slot ist allerdings Schluss,
solche Applikationen lassen sich nicht virtualisieren.
Um auf nachträglich festgestellte Probleme reagieren zu können, sollte die alte
Hardware noch einige Tage bereitstehen,
um Systemeinstellungen zu überprüfen oder
Fehler abzugleichen. Im Notfall kann das
virtualisierte System wieder auf die ursprüngliche Hardware übertragen werden.
Probleme mit Software
und Betriebssystemen
Hin und wieder scheitert die Virtualisierung
an einer Applikation, die nicht in einer VM
funktioniert. Echte Inkompatibilitäten sind
in der Praxis jedoch eher die Seltenheit.
Häufigste Probleme sind die bereits erwähnten Lizenz-Dongles. In Absprache mit
den Software-Herstellern helfen Lizenz-Server im LAN oder USB-over-IP-Lösungen.
Rein technisch läuft die meiste Software
problemlos in virtuellen Maschinen – der
eigentliche Knackpunkt ist der offizielle
Herstellersupport. Die schwammigen Supportaussagen vieler Hersteller sichern zwar
grundsätzlich die Funktion der Software in
virtuellen Maschinen zu, verlangen aber bei
Problemen das Nachstellen des Fehlers auf
physischer Hardware.
Beispielsweise unterstützt Microsoft nur
Anwender mit Premier-Level-Supportverträgen in vollem Umfang und fordert ansonsten das Nachstellen des Problems auf
Hardware. SAP hat seine Unternehmenslösungen für den Betrieb unter Vmware und
anderen Virtualisierern zertifiziert, wogegen
Oracle seine Unterstützung offiziell nur unter dem hauseigenen Virtualisierungsprodukt Oracle-VM auf XEN-Basis zu sichert.
In der Praxis werden diese Anforderungen zwar nicht immer so restriktiv gehandhabt. Oft gibt die Hotline auch Hilfe,
wenn die Anwendung in einer virtuellen
Maschine läuft. Letztendlich muss der Anwender aber selbst entscheiden, welchen
garantierten Supportlevel er benötigt und
welches Risiko er tragen kann. Erfahrungsaustausch mit anderen Anwendern und genaue Absprachen mit den Herstellern sind
im Vorfeld unbedingt notwendig.
Strebt die IT-Abteilung eine Virtualisierung möglichst vieler Systeme an, dann entschärft die Bereitstellung eines zusätzlichen
physischen Notfall-Servers das Problem un- ›
24.04.2007 11:25:19 Uhr
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GREEN IT
Virtualisierung
LINUX PRO
3/08
klarer Supportpolicys. Auf diesem Server
kann die Software zur Fehlersuche laufen.
Wenn die kritischen Systeme samt Daten
direkt auf dedizierten LUNs angelegt sind,
was mit RAW Device Mappings innerhalb
von VMs möglich ist, lassen sie sich schnell
auf physische Hardware umschalten. Da
der Notfallserver eher selten zum Einsatz
kommt, kann er im Normalbetrieb als Virtualisierungs-Host in der Farm dienen.
Lizenzierung der Gastsysteme
und der Applikationen
Neben dem Herstellersupport wirft auch
die Lizenzierung in virtuellen Umgebungen
neue Fragen auf. Den meisten Anwendern
ist klar, dass sie für jedes System in einer
VM eine Lizenz benötigen, genau wie in
»normalen« Netzwerken. Kaum jemand ist
sich aber bewusst, dass Lizenzierungsfallen
lauern, die sehr teuer werden können.
So lizenzieren einige Hersteller, unter anderem Oracle, ihre Produkte nach physischem CPU-Sockel oder nach der Anzahl
der CPU-Kerne. Dabei spielt es keine Rolle,
wie viele Prozessoren die VM wirklich verwendet. Hier können bei gut ausgestatteten
Hosts mit vier oder mehr Quad-Core-CPUs
schnell hohe zusätzliche Lizenzkosten entstehen. Ein Ausweg kann die Lizenzierung
auf Basis der Benutzeranzahl sein.
Einige Hersteller reagieren mittlerweile
auf den Virtualisierungstrend. Microsoft
hat sein Lizenzmodell angepasst und erlaubt es, mit einer Lizenz von Windows Server 2003 Enterprise Edition gleichzeitig
vier virtuelle Instanzen auf dem gleichen
Host zu betreiben. Die Datacenter-Version
erlaubt unbegrenzte Instanzen des Betriebs-
Zentrale Managementlösung: Einheitliche und zentrale Verwaltung ist ein Vorteil von Virtualisierung. Virtual Center verwaltet beispielsweise Hosts und virtuelle Maschinen
systems in virtuellen Umgebungen. Für abgeschaltete Systeme, etwa Archive oder
Vorlagen, sind keine Lizenzen mehr notwendig.
Grundsätzlich führt Virtualisierung zu
steigenden Lizenzkosten, da sich neue Systeme sehr einfach mittels Cloning von
Templates aufsetzen lassen und dadurch
grundsätzlich nach dem Prinzip „ein Dienst
– ein Server“ gearbeitet wird. Eine genaue
Inventarisierung sowie die enge Absprache
mit Herstellern und Lieferanten über Lizenzmodelle und Optimierungsmöglichkeiten verhindern teure Fehler.
Probleme im laufenden Betrieb
Sind alle anfänglichen Klippen von der Planung bis zur Virtualisierung der vorhande-
P2V Physische Rechner in virtuelle PCs
Bei der Virtualisierung existieren grund-
umständlich und zeitaufwendig ist diese Varian-
sätzlich zwei Ansätze:
te in der Praxis zu realisieren.
1. Neu-Installation in einer virtuellen Maschine:
Automatisches Überführen mit speziellen Tools,
Gewachsene Installation wird bereinigt, kein
die oft sogar die Migration des laufenden Sys-
Mitschleppen von Altlasten. Aber zeitaufwendig,
tems sowie Massenmigrationen erlauben.
teilweise nicht zu realisieren.
Beispiele für Tools:
2. Kopie der physischen Rechner: keine Neu-
• Leostream P>V Direct (www.leostream.
Installation notwendig, System wird 1:1 übertragen, Weg zurück ist relativ einfach. Aber Fehler
und Altlasten werden mit übernommen.
Methoden der 1:1-Kopie:
Manuelles Kopieren mittels Imaging-Tools: Problem ist das händische Anpassen der Treiber an
die neue Systemumgebung. Dementsprechend
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com, 600 US-Dollar)
• Platespin PowerConvert (www.platespin.
com, 200 US-Dollar pro Migration)
• Ultimate-P2V auf BartPE-Basis (www.rtfmed.co.uk/?page_id=174, kostenlos)
• Vmware Converter (www.vmware.com,
kostenlos)
nen Systeme umschifft, so lauern die nächsten Stolpersteine im laufenden Betrieb der
Umgebung. Oftmals hält der Konsolidierungseffekt nicht lange an, weil eine Flut
neuer virtueller Maschinen die ehemalige
Anzahl physischer Server bei weitem übersteigt. Sofort setzt der Entwickler eine temporäre Testumgebung auf, und jede Fachabteilung erstellt für ihre Applikationen
eigene Server per Mausklick anhand vorkonfigurierter Templates.
Die ausufernde Anzahl neuer VMs führt
zu hohen Lizenzkosten und steigendem
Ressourcenbedarf auf den Hosts und im
Speichersystem. Eine weitere Folge ist die
erschwerte Verwaltung von Versionen,
Patch-Ständen und Sicherheitsleveln. Ist der
Überblick über die Historie der VorlageVMs und Klon-Generationen einmal verloren, sind spätere Probleme, etwa durch unterschiedliche Versionsstände, kaum noch
nachvollziehbar.
Detaillierte Richtlinien, Berechtigungen
und Workflows unterbinden den Wildwuchs von vornherein. Beispielsweise sollte
feststehen, wer überhaupt neue VMs erstellen darf und wie eine neue VM zu beantragen ist. Genauso wichtig sind lückenlose
Dokumentation der Gäste mitsamt Abhängigkeiten und Generationen sowie Vermerke von Veränderungen an der jeweiligen
Infrastruktur.
Vmware Virtual Center bietet die notwendigen Basisfunktionen mit einer detaillierten rollenbasierten Rechtevergabe und
mit einer übersichtlichen Verwaltung von
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Leichte Administration: Vmware LAB Manager vereinfacht die Verwaltung komplexer Test- und
Pilotumgebungen in einem übersichtlichen Web-Interface
VMs, Templates und Ressourcen in einem
strukturierten Inventory. Zusatzprodukte
wie Vmware LAB Manager oder Vmware
Stage Manager vereinfachen die Verwaltung komplexer Umgebungen für Entwicklung, Pilotierung und Produktion.
So ermöglicht Vmware LAB Manager die
Konfiguration ganzer Testumgebungen aus
mehreren VMs als zusammengehörige Einheit. Damit entsteht eine fertig konfigurierte Umgebung aus Datenbankserver, Domänencontroller und Clients per Mausklick.
Starten, Einfrieren und Versionierung mittels Snapshots wirken synchron auf die gesamte Einheit. Die Bedienung erfolgt plattformunabhängig per Web-Interface.
Ungenügende Verwaltung
und Überwachung
Eine Überwachung der virtuellen Infrastruktur ist gerade wegen der hohen Anzahl
von VMs genauso wichtig wie bei physischen Rechnern. Viele Virtualisierungsprodukte bieten dazu konfigurierbare Alarme und Lastdiagramme. Allerdings fehlen
noch Funktionen, etwa die Überwachung
des Speicherplatzes in den Gästen oder das
Monitoring der Host-Hardware. Überfüllte
Partitionen in den VMs oder im SAN sind
häufige Fehlerursachen. Aber auch ausgefallene Lüfter im Host oder eine USV mit
defektem Akku müssen rechtzeitig erkannt
werden.
Die steigende Anzahl virtueller Maschinen erschwert die Kontrolle der Leistung,
des Patch-Zustandes oder des Ereignispro-
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GREEN IT
Virtualisierung
LINUX PRO
tokolls in den Gästen. Einige Anforderungen leistet bereits Vmware Virtual Center mit konfigurierbaren Alarmen, etwa zur
Reaktion bei Hochlast. Vmware Update
Manager gewährleistet einheitliche PatchStände von Host- und Gastsystemen, und
Vmware HA erkennt Abstürze des Gastsystems und kann die VM neu starten.
Trotzdem sind Zusatz-Tools notwendig.
Dazu gehört die Installation der HardwareAgenten des Herstellers auf dem Host, etwa
zur rechtzeitigen Erkennung von Plattenausfällen. Eine sinnvolle Ergänzung sind
Monitoring-Lösungen wie Nagios (www.
nagios.org), die gleichzeitig eine Integration von physischer und virtueller Welt in
eine zentrale Überwachung ermöglichen.
Neue Risiken und Angriffsflächen
Nicht zuletzt erfordert die Konzentration
vieler Systeme und Dienste auf wenigen
Hardware-Servern ein Umdenken in Sachen
Ausfallsicherheit und Angriffschutz. Die
redundante Auslegung von Switches, Speicherprozessoren und Hosts ist Grundvoraussetzung für einen störungsfreien Betrieb.
Vmware ESX-Server integriert die Unterstützung von SAN-Multipathing oder Netzwerk-Teamig bereits im Kernel. Zusätzliche
Produkte wie Vmware Site Recovery Manager nutzen die neuen Möglichkeiten virtueller Infrastrukturen und erhöhen damit
die Verfügbarkeit sogar. Ein weiteres Beispiel sind Cluster zwischen physischen Servern und VMs, die einen großen Teil der
Standby-Hardware sparen können.
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Virtualisierung bringt neue Angriffsziele für
Viren und Hacker ins Spiel, etwa Hypervisor oder virtuelle Netzwerke. Neben Rootkits, die direkt im Vitualisierungs-Layer
ansetzen und damit für Host und Gäste versteckt sind, kommen virtuelle Maschinen
ebenfalls als Schädlinge in Frage.
Physische Rechner mit Schadcode ins Firmennetzwerk zu transportieren ist recht
schwierig. Dagegen lässt sich ein Gast einfach auf den Host kopieren. Eine VM kann
innerhalb des virtuellen Netzwerkes vollen
Zugriff auf den Netzwerkverkehr und andere Gäste erlangen. Mittlerweise existieren
eine große Anzahl virtueller Maschinen
zum Herunterladen im Internet, sogenannte
Virtual Appliances. Der Umgang mit diesen
potenziellen Trojanern erfolgt oftmals recht
sorglos. Grundsätzlich sind VMs – genau
wie physische Server – zu schützen, und mit
Virenscanner, aktuellen Patches und klaren
Sicherheitsrichtlinien auszustatten.
Eine saubere Implementation der Infrastruktur schließt das Gesamtbild ab. Das
Verwaltungs- ist vom Gästenetz mittels isolierter VLANs oder separater Switches zu
trennen. Virtuelle Maschinen mit FirewallSoftware trennen Abteilungen sicher
voneinander. Durchdachtes Zoning im
Speichernetzwerk verringert die Gefahr
versehentlicher Beschädigung von Daten
auf LUNs anderer Systeme.
Fazit und Ausblick
Virtuelle Infrastrukturen verändern die Anforderungen an Planung, Administration
und Betrieb der IT-Umgebung. Dafür erhöhen sie die Flexibilität und Effizienz des Rechenzentrums und bieten völlig neue Möglichkeiten zur Ressourcenauslastung und
zur Gewährleistung der Verfügbarkeit. Und
auch die damit verbundene Energieeinsparung spielt in Zeiten von Green IT eine
nicht unerhebliche Rolle.
G
ÜBER DEN AUTOR
Sven Ahnert arbeitet als freier IT-Berater und Autor. Er betreibt die Web-Seite
www.vmaschinen.de und ist Verfasser
des Buches „Virtuelle Maschinen mit
VMware und Microsoft“.
Der Titel ist im Verlag Addison-Wesley in der
Reihe net.com erschienen.
ISBN: 978-3-8273-2535-8, 792 Seiten,
Preis 49,95 Euro
27.04.2007 13:18:34 Uhr