Unverzichtbar - Volleyball

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Unverzichtbar - Volleyball
Praxistipps für Trainer, Übungsleiter und Spieler
T R A I N I N G
Analyse
In diesem Heft
Unverzichtbar
Kaum eine Mannschaft spielt heute noch ohne Libero. Söhnke Hinz
beschreibt, was einen guten Defensivspezialisten ausmacht
volleyball-training zum HERAUSNEHMEN!
Die 1998 eingeführte Position des Libero hat
sich zu einer festen Größe im WettkampfVolleyball entwickelt. Im Spitzenbereich gibt
es nahezu keine Mannschaft, die den Libero
nicht als vollwertigen Spieler einsetzt. Auch
im mittleren und unteren Leistungsbereich
wird der Libero in vielen Teams genutzt.
Gerade bei den Männern hat der Libero die
Entwicklung hin zu deutlich verbesserten
Leistungen in der Feldverteidigung unterstützt. Keine Mannschaft der Weltspitze kann
sich heute noch eine schwache Feldverteidigung leisten. Wichtig ist jedoch auch, dass
durch diese Position Spieler die Möglichkeit
bekommen haben, auf höherem Niveau
Volleyball zu spielen, denen dies vorher aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen
nicht möglich war. Der Makel, Volleyball nur
mit einer Mindestgröße erfolgreich spielen
zu können, ist beseitigt.
FOTO: FIVB
Heute ist der Libero
unverzichtbar
Der Grundgedanke des
Einsatzes eines Liberos im
Volleyball ist einfach. Ist der
Libero als Spieler im Hinterfeld in
den wesentlichen Elementen Annahme und Feldverteidigung stärker als
einer der aktuellen Hinterspieler, sollte
der Libero seinen Platz auf dem Feld
einnehmen. Im männlichen Spitzenbereich, wo fast alle Mannschaften
das klassische Diagonalsystem
mit Zuspieler, Diagonalspieler,
zwei Annahmespielern und zwei
Mittelblockern
praktizieren,
wird der Libero fast durch-
Februar 2004
2
gängig für beide Mittelblocker eingesetzt. Die
Spielerprofile sind auf internationalem und
Erstliganiveau so spezialisiert, dass andere
Einsatzmöglichkeiten nur noch in Ausnahmefällen vorkommen.
Auch in der 2. Liga und Regionalliga spielen
die meisten Mannschaften nach dem gleichen Prinzip. Es sind jedoch auch Mannschaften zu sehen, die teilweise oder ganz auf den
Libero verzichten oder ihn auch für andere
Spieler bringen. Diese Tendenz verstärkt sich
im mittleren und unteren Leistungsbereich.
Im weiblichen Spitzenbereich gelten die für
die Männer getroffenen Aussagen grundsätzlich auch, ein abweichender Einsatz ist aber
häufiger anzutreffen. Der Libero
hat sich mittlerweile auf jedem
Niveau etabliert. Dies gilt auch
für den Jugendbereich, wo
bereits in der C-Jugend
auf deutschen Meisterschaften der Einsatz des Libero zu
beobachten ist
(Seite 19).
In der Annahme agiert der
Libero fast
ausnahmslos
als
wichtigster
Annahmespieler, der in
allen Situationen
Stark in Annahme und
Abwehr: Hubert Henno
sorgt in der französischen
Equipe für Rückhalt
Schwerpunkt: Libero
Analyse: Was muss
ein Libero können?
17-19
Praxis:Tipps
für das Liberotraining
20-22
Athletik:
Das Konditionstraining für
den Libero beim SCC Berlin 23-25
Erwachsene
Aufschlagstrategien der DVVFrauen: So kam der Erfolg 26-29
Grundlagen
Trainingsgeräte: Übungstipps
mit Kreiseln, Teil 2
30-32
Legen Sie sich doch Ihr persönliches
Archiv an: Mit volleyball-training erhalten
Sie ein Heft im Heft. Dieses ist so in die
Mitte des volleyball-magazin eingebettet,
dass Sie es ohne Probleme heraustrennen
und separat sammeln können.
(Sprung- und Flatteraufschlag, 2-er-, 3-er-,
4-er-Riegel) an der Ballannahme beteiligt ist.
In der Feldverteidigung spielt der Libero
nach wie vor bei den meisten Teams auf der
Position V, auch wenn man in letzter Zeit
häufiger Mannschaften beobachten kann,
bei denen der Libero auf Positionen VI spielt
(z.B. Frankreich mit Hubert Henno). Nur selten ist zu sehen, dass der Libero auf der
Position I eingesetzt wird. Dies geschieht nur
punktuell, und ist in hohem Maße gegnerbezogen.
Oft vernachlässigt: Der Libero
fungiert auch als Ersatzzuspieler
Der Libero ist der zentrale Spieler beim Spielen von Dankebällen und bei der Sicherung
des eigenen Angriffs. Eine weitere wichtige
Aufgabe wird oft vernachlässigt: Bei
abgewehrten Bällen ins Hinterfeld, bei denen
der Zuspieler nicht an den Ball kommen vm 2/2004
17
FOTO: JEAN-MARIE TRONQUET
Deutschlands
Nationallibero in Aktion:
Till Lieber nennt sich
nicht nur „Liebero“,
er lebt diese Position
kann, weil er beispielsweise selbst verteidigt
hat, übernimmt der Libero die Aufgabe des
Zuspielers und sollte in der Lage sein, auch
hohe und weite Pässe genau zu spielen.
Hohe Ansprüche: In der Annahme
darf der Libero keine Schwäche haben
Für den Bereich Ballannahme muss ein Libero
eine hervorragende visuelle Wahrnehmungsfähigkeit in Verbindung mit einer sehr guten
Beinarbeit und entsprechendem Körpergefühl in Schulter und Hüfte haben, um das
Spielbrett optimal ausrichten zu können.
Ebenfalls wichtig ist eine gute Gleichgewichtsfähigkeit. Ein möglichst gleichmäßiges
und breites Spielbrett der Arme ist anzustreben, wobei es hier unterschiedliche individuelle Lösungsmöglichkeiten gibt (siehe
vm 12/2002 – Schwerpunkt Annahme). Die
Annahme im oberen Zuspiel gegen
Flatteraufschläge sollte ebenfalls
sicher beherrscht werden. Wichtig:
In der Annahme darf der Libero
keinen Schwachpunkt haben, er muss
gegen Sprung- und Flatteraufschläge sowie
bei der seitlichen Annahme auf beiden Seiten
gleich stark sein.
In der Feldverteidigung gehören schnelle
Reaktionen und ein überragender ,fighting
spirit’ zu den wichtigsten Voraussetzungen.
Eine hohe Spielintelligenz, also die Fähigkeit,
die optimale Position im Feld für die Verteidigung zu finden, ist ebenso wichtig. Man
versucht natürlich durch entsprechende taktische Systeme, eine gute Abstimmung zwischen Block und Feldverteidigung sowie mit
Hilfe der Gegnerbeobachtung die Abwehrpositionen festzulegen.
Jedoch muss der Verteidigungsspieler diese
Position den Entwicklungen während des
Ballwechsels anpassen. Häufig ist es nur ein
Schritt, der von der vorgesehenen Position
wegführt. Aber genau dieser Schritt entscheidet über eine gelungene oder missglückte
Abwehraktion. Ein Libero, der hier seine Stärken hat, kann auch – wie eben Henno – sehr
gut auf der Position VI spielen. Liegen die
Stärken mehr bei schnellen Reaktionen, ist
die Position V günstiger, da hier der Abstand
zum Angreifer in fast jeder Situation kürzer
ist. Ein sehr gutes oberes Zuspiel ist ebenfalls
eine wichtige Fähigkeit, da der Libero immer
häufiger Zuspielfunktionen übernimmt.
Im konditionellen Bereich sollte die
Schnelligkeit speziell trainiert werden
Die wichtigen konditionellen Fähigkeiten
reduzieren sich beim Libero fast ausschließlich auf den Bereich Schnelligkeit. Dieser
Bereich sollte speziell trainiert werden. Wichtig ist darüber hinaus eine gut ausgebildete
Rumpfmuskulatur, um den Körper jederzeit
optimal positionieren zu können.
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vm 2/2004
FOTO: JEAN-MARIE TRONQUET
Das muss ein Libero können...
Schnelligkeit
überdurchschnittlicher Annahmespieler,
gleichstark gegen Sprung- und Flatteraufschläge
überdurchschnittlicher Verteidiger
hohe Spielintelligenz
gutes oberes Zuspiel in Annahme und bei
hohen Pässen
Verantwortungsbereitschaft
psychische Stabilität
Genauso wichtig wie diese Fähigkeiten sind
bestimmte
Persönlichkeitseigenschaften
und Einstellungen. Ein guter Libero muss:
sich mit seiner Spielposition genauso
identifizieren wie jeder andere Spieler auf
dem Feld (Nicht: „Heute muss ich wieder
Libero spielen.”). Dies schließt nicht aus,
dass ein Libero auch auf anderen Positionen eingesetzt wird.
bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Dies gilt vor allem für die Aufgaben
Annahme, Verteidigung und Dankebälle.
Einer der besten Liberos der Welt:
der Brasilianer Santos Sérgio Dutra
Seine Mitspieler erwarten, dass er die
Bälle im Überschneidungsbereich nimmt.
im kämpferischen Bereich Vorbild sein. Er
darf in der Verteidigung keinen Ball verloren geben und sollte dies auch von seinen
Mitspielern einfordern.
Grundlagen
Analyse
Analyse
nicht zwingend extrovertiert sein. Es gibt
im Spitzenniveau sowohl introvertierte als
auch extrovertierte Liberos. Bei vielen
extrovertierten Spielertypen im Team kann
ein introvertierter Libero für das Mannschaftsgefüge vorteilhaft sein.
Ein guter Libero sollte:
in der Lage sein, Entscheidungen über
Veränderungen im Annahmeriegel eigenverantwortlich zu treffen. Gleiches gilt für
die Organisation von Dankeball-Situationen. Im Rahmen der in der Mannschaft
abgesprochenen Varianten kann der Libero
auf dem Feld am schnellsten reagieren.
gerade bei den einfachen Aufgaben
höchste Ansprüche an die eigene Handlungsqualität stellen und sich nicht schnell
zufrieden geben.
psychisch stabil sein, da er nicht ausgetauscht werden kann und er Misserfolge in
seinem Aufgabenbereich nicht über andere Erfolgserlebnisse kompensieren kann.
Acht Tipps von Nationalspieler Till Lieber
➊ Locker bleiben und schnell reagieren
Am wichtigsten ist es, vor dem Ballwechsel
locker zu bleiben und die Muskeln nicht
anzuspannen. Die Muskeln sollten erst kurz
vor der Aktion angespannt werden. Dadurch
sind sie noch nicht müde und man kann
schneller reagieren.
➋ Arme und Hüfte locker halten
Auch die Hüfte und die Arme sollten bis kurz
vor der Aktion möglichst locker bleiben. So
kann man die Arme am schnellsten bewegen.
➌ Den Ball vor dem Körper spielen
Versuche, die Bälle in jedem Fall vor dem
Körper zu nehmen. Es ist besser, den Ball mit
Annahme welche Bälle nimmt. Bälle, die in
die Mitte zwischen zwei Spieler gehen,
nimmt bei uns in der Regel der Spieler, der
diagonaler zum Aufschlagspieler steht.
➐ Absprache, dann geht es los
Triff vor jedem Ballwechsel Absprachen mit
Deinen Nebenspielern. Das gehört zur
Konzentrationsphase und ist wie ein Ritual,
das Dich darauf hinweist: Achtung, jetzt geht
es los.
➑ Im Training bewusst handeln
Im Training hast Du als Libero nicht so viele
Aktionen. Dementsprechend bewusster
musst Du handeln. Das ist besonders bei der
Abwehr wichtig.
einer Hand vor dem Körper zu spielen als mit
beiden Händen neben dem Körper. Der Ball
geht sonst wahrscheinlich zur Seite weg.
➍ Blickkontakt zum Aufschlagsspieler
Versuche in der Annahme, den Aufschlagspieler die ganze Zeit zu sehen. Steht ein
Spieler davor, rücke selbst ein Stückchen zur
Seite.
➎ Den Aufschlagspieler beobachten
Beobachte den Aufschlagspieler genau.
Achte auf die Bewegung von Schulter und
Arm. So kannst Du schon früh sehen, was für
einen Aufschlag Du erwarten musst.
➏ Absprachen mit Mitspielern treffen
Sprich mit Deinen Mitspielern ab, wer in der
Der Libero in der Jugend
Auch wenn der Libero im modernen Volleyball einen Spezialisten extremer Ausprägung
darstellt, ist es nicht notwendig, ihn frühzeitig auf dieser Position einzusetzen. Die in
der kommenden Saison im Jugendbereich in
Kraft tretenden Neuregelungen erlauben
den Einsatz des Libero erst ab der B-Jugend.
Dies ist sinnvoll, da ein früherer Einsatz für
eine optimale Ausbildung nicht förderlich ist
und die universelle Ausbildung der anderen
Spieler zusätzlich eingeschränkt wird.
Spielerfahrung als Angreifer, vorzugsweise
als Außenangreifer sind nötig, um die Liberorolle später gut ausfüllen zu können. So
lange Spieler aufgrund ihrer körperlichen
Voraussetzungen noch als Angreifer eingesetzt werden können, sollten sie nicht ausschließlich als Libero spielen. Die Entscheidung für die Liberoposition wird zu ganz
unterschiedlichen Zeitpunkten fallen – je
nachdem wie früh oder spät die körperliche
Entwicklung genaue Aussagen über die
Perspektive als Angreifer zulässt. Bei
talentierten Nachwuchsspielern ist oft der
Wechsel oder Verbleib in einer Auswahlmannschaft an die Entscheidung für oder
gegen die Liberoposition gebunden. Trainer
sollten hier als Berater auftreten, aber nicht
entscheiden.
Die Liberoposition kann und sollte im
Jugendbereich auch dazu genutzt werden,
Spieler auf dieser Position einzusetzen, die
in der Zukunft keine Liberos werden. So
können Defizite in den Bereichen Annahme,
Feldverteidigung und Feldzuspiel bewusst
gemacht werden.
FOTO: JEAN-MARIE TRONQUET
Grundlagen
Ausbildung in der F-, E-, D-Jugend
universelle Ausbildung in allen Grundtechniken
breite koordinative Grundausbildung (vor
allem Gleichtgewichts-, Differenzierungs-,
und Orientierungsfähigkeit
Übernahme aller Spielaufgaben
Förderung von Spielfähigkeit, Organisation im Hinterfeld
besondere Aufmerksamkeit auf Annahme
sowohl im unteren, als auch im oberen
Zuspiel legen
Ausbildung in der C-Jugend
in der Regel Spezialisierung zum Angreifer,
aber nicht zwingend notwendig, es gibt
auch den Weg vom Zuspieler zum Libero
weitere Spezialisierung in Außen- und
Mittelangreifer ist noch nicht sinnvoll, alle
Angreifer sollten im Hinterfeld und am
Netz auf mindestens zwei Positionen
spielen
universelle Ausbildung in allen Spielelementen inklusive Aufschlag und Block
Übertragung von Verantwortung in der Annahme (größeren Bereich abdecken, Riegel verschieben) und bei Dankebällen
In dieser Altersstufe ist häufig eine Prognose über die weitere körperliche Entwicklung möglich, so dass die Eignung
zum Libero oder Nichteignung als Angreifer für hohes Niveau abzusehen ist.
Ausbildung in der B-Jugend
Spezialisierung zum Außenangreifer und
überwiegender Einsatz auf dieser Position,
insofern die körperlichen Voraussetzungen
dies ermöglichen
erste Einsätze auf der Liberoposition, zum
Beispiel in der Vorbereitung und bei
Meisterschaften oder bereits im Erwachsenenbereich
verstärktes Training im Bereich AnnahmeFeldverteidigung
Festigung aller bedeutsamen Annahmeund Feldabwehrtechniken (vor allem seitliche Annahme, die zu keinem Zeitpunkt
der Ausbildung als Fehler gekennzeichnet
werden sollte)
Ausbildung in der A-Jugend
Spezialisierung und Entscheidung für die
Position des Libero
Einsatz als Außenangreifer ist nach wie vor
sinnvoll
bei überwiegendem Einsatz als Libero entsprechend spezialisiertes Training
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19
Grundlagen
Annahmestarker YoungStar:
Alexander Mayer vom VfB
Friedrichshafen
Liberotraining
Ganz speziell
Im Spiel muss der Libero
fast ausschließlich
Defensivaufgaben
wahrnehmen. Dabei ist es
wichtig, ihn erfolgreich
ins Training einzubinden
Das Training des Libero sollte auf die speziellen Aufgaben, die der Libero im Spiel zu
erfüllen hat, Rücksicht nehmen. Das Training
wird um so spezialisierter sein, je mehr der
Libero ausschließlich auf dieser Position eingesetzt wird. Dies ist im Spitzenbereich
immer der Fall. Im mittleren und unteren
Leistungsbereich spielen jedoch häufig
auch Angreifer abwechselnd auf der
Liberoposition. In diesen Mannschaften
wird der am Wochenende als Libero
agierende Spieler in der Regel die Woche
über als Außenangreifer trainieren. Dieses
Prinzip sollte auch für den Jugendbereich
FOTO: GÜNTER KRAM
Grundlagen
Trainingstipps
Trainingstipps
gelten. Spielt eine Mannschaft jedoch mit
einem festen Libero, sollte dieser entsprechend spezialisiert trainiert werden.
Individuelles Training: Zweimal zehn
Minuten können Wunder bewirken
Der Libero bietet wie kaum eine andere
Position Möglichkeiten, individuell zu trainieren. Annahme und Feldverteidigung – aber
auch das Zuspiel hoher Pässe – können sehr
gut separat von der Mannschaft geübt
werden. Im Spitzenbereich ist dies in der
Regel leicht zu organisieren, da oft ein zusätzlicher Trainer zur Verfügung steht, der
sich speziell mit dem Libero beschäftigen
kann. Außerdem steht meist genug Hallenraum zur Verfügung. Schwieriger ist dies im
Trainingsbetrieb in einem Hallendrittel und
ohne Co-Trainer. Aber auch hier lassen sich
Wege finden, indem beispielsweise Mitspieler abwechselnd die Aufgabe des Liberotrainers übernehmen, oder Zeiten kurz vor oder
nach dem Mannschaftstraining genutzt werden. Zweimal zehn Minuten pro Woche individuell mit dem Libero zu üben, lohnt sich auf
jeden Fall. Dabei sind möglichst viele Wiederholungen in der zur Verfügung stehenden
Zeit das wichtigste Trainingsprinzip. Die
Übungsformen 1 bis 3 stellen Beispiele dar,
die den Libero speziell trainieren. Beim Training der Feldverteidigung sollte so oft wie
möglich der Angriff von einer erhöhten Position über das Netz zum Libero geschlagen
werden. Dies ist spielnäher, als wenn der
Angreifer auf dem Boden steht. Weiterhin
besteht die Möglichkeit, das spezifische
Liberotraining mit dem individuellen Training
anderer Positionen zu verbinden. Hier bietet
sich das Training der Zuspieler an, wie in
Übungsform 4.
Mannschaftstraining: Annahme und
Feldverteidigung zu gleichen Teilen
Im Mannschaftstraining werden die Liberoaufgaben in die komplexen Übungsformen
eingebunden. Dabei wird der Libero innerhalb einer Übungsform in der Regel eine
Aufgabe speziell ausüben. Der Einsatz in den
Bereichen Annahme und Feldverteidigung
sollte im gesamten Trainingsprozess in etwa
den gleichen Umfang einnehmen. Auch
Zuspielaufgaben sollten immer wieder vom
Libero wahrgenommen werden. Vielfältige
Möglichkeiten, den Libero einzubeziehen,
bietet das Einschlagen. Dabei führt der
Libero entweder eine Voraussetzungshandlung zum Angriff durch (Annahme, Dankeball)
oder er wird in der Feldverteidigung eingesetzt. Dabei sollte der Angriff oft gegen Block
und Feldverteidigung erfolgen, da die Orientierung des Abwehrspielers am Block ein
wichtiges Element der Abwehrhandlung
darstellt. Die Übungsformen 5 bis 7 zeigen
Beispiele für das Einschlagen mit Einbeziehung des Libero.
Um in Komplexübungen höhere Intensitäten
zu erreichen, kann ein zweiter Ball direkt
nach Abschluss des ersten Ballwechsels ins
Spiel gebracht werden. Liberospezifisch wird
der zweite Ball als Dankeball zum Zuspieler
gespielt oder es erfolgt ein Angriffsschlag auf
den Libero, der dann aufgebaut und angegriffen werden muss. Wichtig in Komplexübungen ist es, darauf zu achten, dass der
Libero immer den eigenen Angriff sichert.
Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben des
Libero und darf nie vergessen werden. Im
Mannschaftstraining sollte der Libero als
Annahmespieler immer im Annahmeriegel
mit mindestens einem weiteren Spieler stehen, da Abstimmungsprobleme genauso oft
zu einer fehlerhaften Annahme führen wie
individuelle technische Probleme. In der
Der Autor
Söhnke Hinz (34) ist
beim VfB Friedrichshafen tätig. Dort ist
er Bundesstützpunkttrainer und zudem als
Trainer für das Projekt
,Volley YoungStars’ in
der 2. Liga Süd zuständig.
Feldverteidigung sollte der Libero immer auf
der Position eingesetzt werden, die er auch
im Spiel übernimmt, da sich die Abwehrpositionen stark unterscheiden.
Spielformen: Beim 6:6 kann der
Libero seine Aufgaben spielnah üben
Auch in Spielformen kann der Libero gut auf
seiner Position eingesetzt werden. Am einfachsten ist dies beim Spieltraining 6:6. Hier
spielt der Libero immer bei einer Mannschaft
oder er wechselt ständig die Netzseite und
wird dadurch schwerpunktmäßig in der
Annahme beziehungsweise in der Verteidigung eingesetzt. Nur im Training 6:6 können
einige wichtige Aufgaben des Libero spielnah
trainiert werden. Dies sind vor allem die
Aufgaben bei der Organisation der Spieler Übungsbeispiele zum Liberotraining
L
2
A
L
5
2
6
3
1
Varianten
Wechsel nach einer festgelegten Anzahl guter
Annahmen
ein zweiter Aufschlagspieler serviert von Position V
Aufschläge im Wechsel
von Position I und V
B
vm 2/2004
Varianten
drei Annahmespieler
Wechsel im Annahmeriegel: drei Spieler gegen
einen Sprungaufschlag,
zwei Spieler gegen einen
Flatteraufschlag.
1
4
A
B
C
20
Beschreibung
Zwei Annahmespieler (einer
von ihnen der Libero) stehen zur Annahme bereit.
Spieler B macht einen
Sprungaufschlag (1), danach Spieler C einen Flatteraufschlag (4), danach D mit
Sprungaufschlag und wieder C mit Flatteraufschlag. A
und L sollen die Aufschläge
annehmen und auf die Position II/III spielen (2, 5).
E
D
3 Feldabwehr von zwei Bällen
L
3
2 Annahme Sprung- und Flatteraufschlag
Beschreibung
Spieler A schlägt in schneller
Folge Aufschläge auf Spieler
L (Libero) (1). Spieler B
reicht die Bälle an. L nimmt
die Aufschläge an (2). Sie
werden aufgefangen und
zurück zum Aufschlag gerollt
(3).
Wechsel nach zehn bis 20
Annahmehandlungen.
2 4
3
1
T
A
Beschreibung
Trainer T greift einen Ball
diagonal auf den Libero (L)
auf Position V an (1). Dieser
soll den Ball abwehren (2).
Danach bewegt sich L
schnell an die Linie um den
nächsten – longline geschlagenen – Ball von Spieler A
(3) abzuwehren (4).
Varianten
zwei Abwehrspieler
nach zwei Abwehraktionen einen Ball hoch ins
Feld spielen, der von L als
Pass auf eine Außenposition gepritscht werden soll
einen oder zwei Blockspieler gegen die Angriffe
von T und A
Organisation
T und A stehen erhöht auf
einem Kasten.
4 Zuspieltraining mit Libero
L
2
Z
1 Annahmedrill Flatter
1
3
A
Beschreibung
Spieler A greift auf den Libero (L) an (1). L verteidigt
den Ball in Richtung Zuspielposition (Position II/III) zu
Z (2). Z spielt danach auf
Position IV zu A (3), der
wieder angreift.
Variante
Zuspiel von Z auch auf Position II, von der aus wiederum in Richtung L angegriffen wird.
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21
Grundlagen
Trainingstipps
im Hinterfeld in Situationen ohne Block (Dankeball). Hier fällt dem Libero in der Regel die
Aufgabe zu, gemeinsam mit einem oder beiden Hinterspielern den ersten Ballkontakt
sicherzustellen. Gerade weil dies eine einfache Situationen ist, muss sie mit hoher
Qualität gelöst werden. Dies sollte immer
Beispiel für den Einbau des Libero beim
Königsvolleyball (King of the Court) als Spiel
mit Hinterfeldangriffen. Hier erfolgt der Einsatz auf der Verteidigungsseite. Es ist aber
auch möglich, den Libero entsprechend auf
der Annahmeseite als zusätzlichen Spieler
einzubeziehen.
wieder eingefordert werden. Hierzu ist das
Spielen eines zweiten Balles direkt nach Abschluss des ersten Ballwechsels als Dankeball
ein wichtiges Trainingsprinzip.
Auch bei anderen Spielformen kann der
Libero mit seinen spezifischen Aufgaben mit
einbezogen werden. Spielform 8 gibt ein
Übungsbeispiele zum Liberotraining
5 Angriff nach Annahme des Liberos
A
2
3
4
1
F
2
6
3
T
4
A
8 Königsspiel mit Zuspieler und Libero
Beschreibung
Spieler A schlägt auf (1),
Spieler D nimmt zum Zuspieler E an (2). Danach
Pass auf die Position IV zu D
(3), der dosiert in Richtung
Spieler C angreift (4). C
wehrt zu B ab, B spielt auf
Position IV zu und C greift
an.
D
2
3
B
4
C
Beschreibung
Drei Teams (A/B, C/D, E/F)
spielen gegeneinander. Erlaubt sind nur Hinterfeldangriffe. Die Zuspieler
blockieren, der Libero ist
fest als Verteidiger auf der
Aufschlagseite.
Es kann nur auf der Annahmeseite gepunktet werden.
Die Mannschaft, die den
Ballwechsel gewinnt, bleibt
oder wechselt auf die Annahmeseite. Ein Aufschlagfehler gibt entweder einen
Punkt für die Annahmeseite
oder Punktabzug für die Aufschlagseite.
Das Team, das zuerst 15 (20,
25) Punkte erzielt hat, hat
gewonnen.
D
Z
Variante
mit Block der Zuspieler
C
1
L
L
B
A
E
22
vm 2/2004
Beschreibung
Spieler A schlägt auf (1).
Libero L nimmt in Richtung
Zuspieler Z auf Position
II/III an (2). Pass auf
Position IV zu Spieler B (3)
und Angriff gegen den Block
(4).
Sofort danach wirft T einen
Ball hoch ins Feld (5). Der
Libero spielt einen Pass auf
Position IV zu A (6), der
erneut gegen den Block
angreift.
1
E
7 Angriff nach Feldverteidigung
E
5
B
Z
Z
C
L
Z
L
6 Angriff von zwei Bällen/Liberozuspiel
Beschreibung
Spieler E schlägt auf (1), der
Libero (L) nimmt in Richtung Zuspielposition zu Z an
(2). Z spielt auf Position IV
zu Spieler A (3), der gegen
den Block von C und die
Feldverteidigung von E angreift (4). Dann Wechsel: C
zum Aufschlag, A zum Block
und E zum Angriff. Dann:
F schlägt auf, L nimmt an,
Pass zu B auf Position II und
Angriff gegen Block-Feldverteidigung von D und F.
Varianten
zwei
Annahmespieler
(Libero und ein Angreifer)
zusätzliche Spieler in der
Feldverteidigung
Wechsel nach einer bestimmten Anzahl von Angriffen
F
A

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