Die rechtliche Struktur bargeldloser Verrechnungssysteme

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Die rechtliche Struktur bargeldloser Verrechnungssysteme
Niklas Pieper
Die rechtliche Struktur
bargeldloser Verrechnungssysteme
unter besonderer Berücksichtigung von
Barter-Clubs und LET-Systemen
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Niklas Pieper:
Die rechtliche Struktur bargeldloser Verrechnungssysteme unter besonderer Berücksichtigung
von Barter-Clubs und LET-Systemen / Niklas Pieper. Berlin : Weißensee Verl., 2002
(Berliner Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 9)
Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2002
ISBN 3-934479-70-7
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ISSN 1610-5737
ISBN 3-934479-70-7
Inhaltsverzeichnis
-IX-
Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsübersicht ..................................................................................................................................... VI
Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................................. IX
Literaturverzeichnis........................................................................................................................... XVII
Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................................XXXIX
Einführung und Problemstellung..............................................................................................................1
Erster Teil: Grundlagen und Darstellung .................................................................................................3
A. Begriffe, Funktionsweisen, Intentionen und Bedenken..................................................................3
I.
LET-Systeme ........................................................................................................................…3
1. Der Begriff „LET-System“ ..................................................................................................3
2. Funktionsweise des LET-Systems .......................................................................................4
3. Intentionen und Vorteile ......................................................................................................7
a) Die Ansicht von Birkhölzer ............................................................................................8
b) Die Ansicht von Dauncey...............................................................................................8
c) Die Ansicht von Estermann ............................................................................................9
d) Die Ansicht von Füller, Godschalk und Schneider.......................................................12
e) Die Ansicht von Kennedy .............................................................................................13
f) Die Ansicht von Linton.................................................................................................13
g) Die Ansicht von Offe und Heinze .................................................................................14
h) Die Umfrage des Netzwerk Selbsthilfe e.V. ..................................................................14
4. Nachteile der Mitgliedschaft und Bedenken ......................................................................15
II.
Barter-Clubs ............................................................................................................................17
1. Der Begriff „Barter-Club“ .................................................................................................15
2. Funktionsweise...................................................................................................................16
3. Intentionen und Vorteile ....................................................................................................20
4. Nachteile der Mitgliedschaft und Bedenken ......................................................................25
B. Abgrenzung ..................................................................................................................................27
I.
Bilaterale Tauschgeschäfte......................................................................................................27
II.
Ein-Gut-Tauschsysteme ..........................................................................................................30
C. Zusammenfassendes Ergebnis......................................................................................................31
-X-
Inhaltsverzeichnis
Zweiter Teil: Historische Betrachtung ...................................................................................................33
A. Tauschsysteme im 19. Jahrhundert...............................................................................................33
B. Tauschsysteme im deutschsprachigen Raum bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ................35
I.
Die Wära-Tauschgesellschaft....................................................................................................36
1. Funktionsweise und Verbreitung .......................................................................................36
2. Rechtliche Behandlung ......................................................................................................37
II.
Die Ausgleichskassen und Arbeitsgemeinschaften ...................................................................39
1. Funktionsweise und Verbreitung .......................................................................................39
2. Kritik an den Arbeitsbörsen und Ausgleichskassen...........................................................44
3. Rechtliche Behandlung .....................................................................................................45
III.
Das Experiment im Wörgl.........................................................................................................51
IV.
Tauschsysteme in der Schweiz und in Liechtenstein ................................................................53
C. Tauschsysteme in Deutschland nach 1945 ...................................................................................55
I.
Tauschringe im besetzten Deutschland .....................................................................................55
II.
Die WIR-Initiative in Deutschland............................................................................................55
1. Die Berliner Wirtschaftsring GmbH ..................................................................................56
2. Die Bayerische Wirtschaftsring GmbH..............................................................................59
III.
Sonstige Tauschsysteme ab 1980 und deren gegenwärtige Verbreitung ..................................59
1. Barter-Clubs .......................................................................................................................60
2. LET-Systeme .....................................................................................................................60
a) Verbreitung von LET-Systemen...................................................................................60
b) Stellungnahme der Bundesregierung............................................................................61
D. Tauschsysteme im Ausland nach 1945.........................................................................................62
I.
LET-Systeme….........................................................................................................................62
II.
Barter-Clubs… ..........................................................................................................................62
E. Zusammenfassendes Ergebnis......................................................................................................63
Dritter Teil: Juristische Struktur.............................................................................................................65
A. Die tatsächlichen Leistungsbeziehungen......................................................................................65
I.
II.
Die tatsächliche Leistungsbeziehung zwischen den einzelnen Mitgliedern..............................66
Die tatsächlichen Leistungsbeziehungen zwischen der Zentrale und
den einzelnen Mitgliedern .........................................................................................................66
B. Strukturierungsansätze in der Literatur und in der Rechtsprechung.............................................69
Inhaltsverzeichnis
I.
-XI-
Der Ansatz von Lautner ............................................................................................................69
1. Der Verrechungsverkehr als Ringtausch............................................................................70
2. Der Verrechnungsverkehr als bargeldloser Zahlungsverkehr ............................................72
3. Die konkrete Lösung Lautners...........................................................................................73
a) Die Verrechnungsguthaben ..........................................................................................75
b) Der Girovertrag.............................................................................................................77
c) Der Buchungsauftrag ....................................................................................................78
II.
Der Ansatz von Ott....................................................................................................................81
III.
Der Ansatz von Gisin ................................................................................................................83
IV. Der Ansatz von Schneider.........................................................................................................84
V. Der Ansatz von Köstler .............................................................................................................85
VI. Der Ansatz von Kruthaup .........................................................................................................87
VII. Ansätze in der Rechtsprechung .................................................................................................88
VIII. Der Ansatz von Meierhofer.......................................................................................................88
IX.
Der Ansatz von Brandstein, Corino und Petri ..........................................................................89
X.
Der Ansatz von Heermann ........................................................................................................90
XI.
Der Ansatz von Schünemann und Sonnenberg .........................................................................90
XII. Zusammenfassung und Vergleich der Strukturierungsansätze..................................................93
1. Der Verrechnungsverkehr ..................................................................................................93
a) Der Verrechnungsverkehr als bargeldloses, girales Verrechnungssystem ...................94
aa) Die grundlegende Einordnung als bargeldloses,
girales Verrechnungssystem ..................................................................................94
bb) Die Verrechnungsguthaben ....................................................................................97
cc) Der konkrete Zahlungsverkehr ..............................................................................99
aaa) Die Rechtsnatur des sog. Barter-Scheck .......................................................99
bbb) Die Einordnung des einzelnen Buchungsvorganges ...................................100
b) Der Verrechnungsverkehr auf tauschrechtlicher Basis..........................................102
2. Die vermittelnde Tätigkeit der Zentrale ...........................................................................105
C. Stellungnahme ............................................................................................................................106
I.
Barter-Clubs und LET-Systeme auf tauschrechtlicher Basis ..................................................106
1. Die Einordnung als dem Naturaltausch nahestehender Verkehr......................................106
2. Das Vorliegen von Tauschverträgen................................................................................107
3. Das Vorliegen von mehrseitigen, gegenseitigen Verträgen .............................................110
a) Der Ringtausch ...........................................................................................................110
b) Vorliegen eines Synallagmas......................................................................................111
aa) Das genetische Synallagma .................................................................................114
bb) Das funktionelle Synallagma ...............................................................................114
-XII-
Inhaltsverzeichnis
4. Das Vorliegen von Verträgen sui generis mit
tauschrechtlichem Erscheinungsbild................................................................................115
a) Wesensmerkmale des Gegenleistungsrechtes.............................................................116
aa) Das Gegenleistungsrecht als Anspruch................................................................117
bb) Das Gegenleistungsrecht als abstraktes Vermögensrecht....................................118
b) Entstehung des Gegenleistungsrechtes .......................................................................120
aa) Synallagma zwischen Realleistung und dem
Erhalt des Gegenleistungsrechtes ........................................................................120
bb) Natur des Rechtserwerbs .....................................................................................122
cc) Die originäre Entstehung des Gegenleistungsrechtes ..........................................123
dd) Die Entstehung durch die Gewährung eines Überziehungsrahmens ...................124
c) Keine Durchsetzbarkeitsgarantie der Zentrale............................................................125
d) Zwischenergebnis .......................................................................................................126
II.
Barter-Clubs und LET-Systeme als girales, bargeldloses Verrechnungssystem.....................126
1. Die grundsätzliche Einordnung........................................................................................127
a) Exkurs: Grundzüge des herkömmlichen Giralverkehrs..............................................127
b) Stellungnahme zur grundsätzlichen Einordnung als girales, bargeldloses
Verrechnungssystem...................................................................................................132
2. Die Verrechnungsguthaben..............................................................................................135
a) Grundsätzliche juristische Einordnung der Verrechnungseinheiten...........................135
b) Die Verrechnungsguthaben als Geld ..........................................................................138
aa) Buchgeld als Geld im Rechtssinne ......................................................................139
bb) Die fehlende Geldeigenschaft des Buchgeldes ....................................................140
cc) Die fehlende rechtliche Geldeigenschaft der Verrechnungseinheiten .................141
3. Der Zahlungsverkehr........................................................................................................143
a) Die vertraglichen Rahmenbedingungen .....................................................................143
b) Der Zahlungsverkehr im einzelnen.............................................................................148
aa) Der konkrete Zahlungsvorgang ...........................................................................148
bb) Der einzelne Zahlungsauftrag..............................................................................151
cc) Die Deckungszusage............................................................................................154
dd) Der Vergleich mit dem Factoring ........................................................................157
ee) Der Wertpapiercharakter des Buchungsauftrages................................................158
4. Die Leistungsbeziehungen zwischen den Teilnehmern ...................................................159
III.
Die vermittelnde Tätigkeit ......................................................................................................162
D. Die rechtliche Struktur von Barter-Clubs und LET-Systemen...................................................164
I.
Zwei Modelle für gleichartig erscheinende tatsächliche Leistungsbeziehungen ....................164
II.
Barter-Clubs und LET-Systeme als bargeldlose, girale Verrechnungssysteme ......................166
Inhaltsverzeichnis
III.
-XIII-
Barter-Clubs und LET-Systeme mit tauschrechtlichem Erscheinungsbild .............................168
E. Die rechtliche Struktur in der Praxis ..........................................................................................172
I.
LET-Systeme….......................................................................................................................172
II.
Barter-Clubs… ........................................................................................................................174
1. EBB-Euro Barter Business Deutschland GmbH..............................................................174
2. BCI Barter Clearing & Information GmbH & Co. KG....................................................175
3. Die WIR-Wirtschaftsring Genossenschaft .......................................................................176
Vierter Teil: Juristische Einzelprobleme ..............................................................................................179
A. Währungsrecht……....................................................................................................................179
B. Bankenrecht……… ....................................................................................................................182
I.
Bargeldlose, girale Verrechnungssysteme .............................................................................183
1. Genehmigungsbedürftigkeit nach §§ 32 Abs. 1, 1 Abs. 1 KWG .....................................183
a) Der Stand in der Literatur ...........................................................................................183
b) Tätigkeit der Barter-Clubs im Sinne von
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) .................................................................184
c) Tätigkeit der Barter-Clubs im Sinne von
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG (Kreditgeschäft) .....................................................................186
d) Tätigkeit der Barter-Clubs im Sinne von
§ 1 Abs. 1 Nr. 9 KWG (Girogeschäft)........................................................................187
e) Tätigkeit der Barter-Clubs im Sinne von
§ 1 Abs. 1 Nr. 12 KWG (Netzgeldgeschäft)...............................................................188
2. Verbot nach § 3 Nr. 3 KWG ............................................................................................189
II.
Verrechnungssysteme mit tauschrechtlichem Erscheinungsbild.............................................189
III.
Zwischenergebnis....................................................................................................................190
C. Berufs-, Standes- und Gewerberecht ..........................................................................................190
I.
Rechtsberatung ........................................................................................................................191
II.
Steuerberatung.........................................................................................................................193
III.
Gewerberecht ..........................................................................................................................194
IV. Handwerksrecht.......................................................................................................................197
V. Schwarzarbeitergesetz .............................................................................................................198
D. Wettbewerbsrecht .....................................................................................................................201
I.
Verstoß gegen § 1 UWG .........................................................................................................202
1. Kundenfang .....................................................................................................................205
-XIV-
Inhaltsverzeichnis
2. Behinderung .....................................................................................................................205
3. Ausbeutung .....................................................................................................................206
4. Rechtsbruch .....................................................................................................................206
5. Marktstörungen ................................................................................................................208
6. Zusammenfassung............................................................................................................208
II.
Verstoß gegen § 3 UWG .........................................................................................................209
E. Leistungsstörungen.....................................................................................................................209
F. Zwangsvollstreckungsrecht ........................................................................................................210
I.
Pfändung von Geldforderungen ..............................................................................................211
II.
Vollstreckung in andere Vermögensrechte ............................................................................212
G. Insolvenzrecht.............................................................................................................................213
I.
Insolvenz des Mitgliedes .........................................................................................................213
II.
Insolvenz der Zentrale .............................................................................................................215
H. Steuerrecht..................................................................................................................................215
I.
LET-Systeme ........................................................................................................................216
1. Steuerpflicht der Mitglieder .............................................................................................216
a) Einkommenssteuer......................................................................................................216
b) Gewerbesteuer ............................................................................................................219
c) Umsatzsteuer ..............................................................................................................219
2. Steuerpflicht der Zentrale.................................................................................................220
a) Steuervergünstigungen durch Gemeinnützigkeit........................................................220
b) Körperschaftssteuer ....................................................................................................223
c) Umsatzsteuer ..............................................................................................................224
II.
J.
Barter-Clubs ............................................................................................................................224
Sozialrecht ..................................................................................................................................225
I.
Sozialhilfe................................................................................................................................225
1. Einordnung der erhaltenen Leistungen und der Gegenleistungsrechte ............................226
a) Ansicht der Bundesregierung .....................................................................................226
b) Ansicht der Hessischen Sozialamtsleiter ....................................................................227
c) Ansicht von Budtke ....................................................................................................227
d) Stellungnahme und eigene Lösung.............................................................................228
aa) Grundsätzliche Einordnung ................................................................................228
aaa) Zuflußtheorie...............................................................................................231
Inhaltsverzeichnis
-XV-
bbb) Bedarfsorientierte Betrachtung....................................................................231
ccc) Stellungnahme .............................................................................................232
bb) Ausnahme nach § 78 Abs. 2 BSHG.....................................................................233
cc) Bewertung der Sachbezüge..................................................................................234
2. Konsequenzen aufgrund des Nachrangprinzipes .............................................................234
II.
Arbeitsförderungsrecht............................................................................................................235
1. Auswirkungen auf den Arbeitslosenstatus .......................................................................236
2. Anrechnung auf das Arbeitslosengeld .............................................................................238
3. Anrechnung auf die Arbeitslosenhilfe .............................................................................240
III.
Ausbildungsförderungsrecht ...................................................................................................245
K. Zusammenfassendes Ergebnis....................................................................................................246
Gesamtergebnis ....................................................................................................................................249
Anlagen ................................................................................................................................................251
1. Allgemeine Vertragsbedingungen für das BCI - Informations- und
Verrechnungssystem ...............................................................................................................253
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen der EBB-Euro Barter Business
Deutschland GmbH .................................................................................................................259
3. Geschäftsbedingungen für offizielle WIR-Teilnehmer ...........................................................268
4. Bremer Tauschring Teilnahmebedingungen ...........................................................................273
5. Talente Tauschring Hannover Teilnahmebedingungen...........................................................275
6. Grundsätze des TALENT-Experimentes der INWO Schweiz ................................................276
7. Vereinbarungen zur Teilnahme am Tauschring Paderborn.....................................................280
8. Grundsätze Talentskulptur Köln .............................................................................................282
9. Teilnahmebedingungen Zeitgewinn e.V. Herford...................................................................283
10. Urteil des Reichswirtschaftsgerichtes XXV 1/31 vom 21. April 1932 ...................................284
11. Urteil des BVerwG I C 112.55 vom 6. Januar 1964 ...............................................................293
Einführung und Problemstellung
-1-
Einführung und Problemstellung
Gegenwärtig gewinnen in Deutschland Organisationen, die ihren Mitgliedern eine unkonventionelle Form des Leistungsaustausches ermöglichen, wachsende Bedeutung.
Viele Mitbürger und Unternehmen schließen sich in Organisationen zusammen, um ihre
Leistungen untereinander bargeldlos zu erbringen. Diese Handelsform, ohne Verwendung
der offiziellen Währung, weist auf den ersten Blick Ähnlichkeiten mit der Urform des Handels,
nämlich dem Tauschwirtschaft, auf. Allerdings ist der Leistungsaustausch in den Verrechnungssystemen, welche Gegenstand dieser Arbeit sind, nicht frei und willkürlich, sondern
zentral organisiert.
So entstehen in vielen Städten und Gemeinden sog. „local exchange trading systems“ (nachfolgend: LET-Systeme) oder Tauschringe, in denen sich Bürger zum bargeldlosen Dienstleistungs- und Warenaustausch zusammenfinden. Daneben nutzen viele Unternehmen die
1
Möglichkeit zum geldlosen Handel, die ihnen sogenannte Barter -Clubs bieten.
Gerade die LET-Systeme sind in letzter Zeit immer wieder Gegenstand von Berichten in
Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften gewesen. In Gesprächen mit Organisatoren solcher Verrechnungssysteme ist zu erfahren, daß regelmäßig nach jeder Berichterstattung unzählige Bürger Informationen bei bestehenden LET-Systemen anfordern und Mitglied werden oder in einer Stadt oder Gemeinde ein neues System gründen wollen. Allerdings zeigen die Initiatoren immerfort eine Überforderung von Ämtern und Behörden mit
dieser unkonventionellen Handelsform auf. Die Anwendung von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften ist unsicher. Teilnehmer, Organisatoren und Behörden sprechen von Rechtsunsicherheit.
In der Rechtswissenschaft haben die bargeldlosen Verrechnungssysteme bislang kaum
2
Beachtung gefunden. Ein Aufsatz zu den LET-Systemen ist bemerkenswerterweise mit:
1
„Barter“: englisch für „Tauschhandel treiben“; die englische Form leitet sich von dem altfranzösischen Begriff
„barater“ ab, was soviel wie „beschwindeln“ oder „beschummeln“ bedeutet. (vgl. Weissenbeck/Mehler, Barter,
S. 141, Fn. 4).
2
Brandstein/Corino/Petri, Tauschringe – ein juristisches Niemandsland?, NJW 1997, S. 826.
-2-
Einführung und Problemstellung
„Tauschringe - ein juristisches Niemandsland?“ tituliert. Barter-Clubs waren bisweilen überwiegend
nur
in
der
Betriebswirtschaftslehre
und
der
Soziologie
Gegenstand
wissenschaftlicher Arbeiten.
Dem wissenschaftlichen Stellenwert der Systeme steht entgegen, daß nicht nur ihre Teilnehmer und Organisatoren, sondern mittlerweile auch offizielle Stellen juristischen Klärungsbedarf sehen:
So wurde beispielsweise eine parlamentarische Anfrage über die rechtliche Situation von
3
LET-Systemen im Deutschen Bundestag gestellt. Die Brandenburgische Landesregierung
4
veranstaltete im September 1997 ein Symposium über Tauschringe. Zudem sind BarterClubs und LET-Systeme Gegenstand von Gerichtsverfahren geworden.
Den Unterschied zwischen dem Stand der rechtswissenschaftlichen Forschung und dem
praktischen Klärungsbedarf soll diese Arbeit ausgleichen.
Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die Systeme mit ihren Zielsetzungen und
Funktionsweisen vorgestellt, bevor anschließend die Bedenken, die ihnen entgegengebracht
und die Vorteile und Chancen, welche in ihnen gesehen werden, behandelt werden. In dem
zweiten Teil werden die historischen Vorläufer und ihre rechtliche Behandlung dargestellt.
Anschließend wird die allgemeine rechtliche Struktur der Systeme analysiert und nachfolgend werden einzelne praktisch relevante Problemfelder erörtert (dritter und vierter Teil).
Aufgrund der geringen Beachtung in der deutschen Rechtswissenschaft ist es für eine umfassende Erörterung unerläßlich, auch auf ausländische, insbesondere schweizerische Literatur sowie auf juristische Ansätze in fachfremden Veröffentlichungen zurückzugreifen.
3
Bundestagsdrucksache 13/6807.
4
Der Verfasser durfte bei dieser Veranstaltung als Hauptreferent auftreten.

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