Chrone-Zitig - Gemeinde Schönenwerd
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Chrone-Zitig - Gemeinde Schönenwerd
Chrone-Zitig Schönenwerd Nummer 34 November 2010 Erscheint zweimal jährlich VomSTREIFLICHTER Entwurf DURCH DIE KINDERWOCHE MIT PAUL GUGELMANN zum Werk Editorial Was heisst das: «daheim sein»? Was verstehen wir unter «Heimat»? unterscheiden zwischen der Regel und dem Ausserordentlichen. Sehr wahrscheinlich bedeutet das <Heimat>. Dass ich sie liebe, überrascht mich nicht.» Bei den Vorbereitungen des römisch-katholischen Familiengottesdienstes vom 1. August stiess ich auf zwei Texte, die versuchen, auf diese Fragen zu antworten. Unsere Chrone-Zitig möchte den Leserinnen und Lesern das Bekannte und Vertraute, mit dem Hohler und Bichsel den Begriff «Heimat» definieren, noch bewusster machen. Wir möchten zeigen, was heute zu Schönenwerd gehört und wie es in vergangener Zeit aussah. Der erste Text stammt von Franz Hohler. «Daheim bin ich, wenn ich in die richtige Höhe greife, um auf den Lichtschalter zu drücken. Daheim bin ich, wenn meine Füsse die Anzahl der Treppenstufen von selbst kennen. Daheim bin ich, wenn ich mich über den Hund der Nachbarn ärgere, der bellt, wenn ich meinen eigenen Garten betrete. Würde er nicht bellen, würde mir etwas fehlen. Würden meine Füsse die Treppenstufen nicht kennen, würde ich stürzen. Würde meine Hand den Schalter nicht finden, wäre es dunkel.» Zwar haben wir keine Viertausender in Schönenwerd und keine stiebenden Wasserfälle. Aber um sich hier zu Hause zu fühlen, braucht es das nicht. Sich in den Quartieren des Dorfes zurechtzufinden, auf den Strassen und in den Läden Menschen zu treffen, die man kennt; drauszukommen in den politischen und kulturellen Einrichtungen, auch das heisst, zu Hause zu sein. Da wird auch ein Dorf wie Schönenwerd zur «Heimat». Den zweiten Text – hier in gekürzter Form – hat Peter Bichsel verfasst. «Ich lebe in diesem Land. Es lässt sich in diesem Land leben. Ich bin hier geboren. Ich bin hier aufgewachsen. Ich verstehe die Sprache dieser Gegend. Ich weiss, was ein Männerchor ist, was eine Dorfmusik ist, ein Familienabend einer Partei. Ich leide unter Heimweh; aber es ist nur Heimweh nach dem Bekannten. Die Schweiz ist mir bekannt. Das macht sie mir angenehm. Hier kenne ich die Organisation. Hier kann ich etwas durchschauen. Ich weiss, wie viel die Dinge hier ungefähr kosten, und ich brauche das Geld, mit dem ich bezahle, nicht umzurechnen. Ich fühle mich hier sicher, weil ich einordnen kann, was hier geschieht. Hier kann ich Unsere neue Mitarbeiterin Valerie Girsberger schilderte uns an der letzten Sitzung, warum sie vor etwa zwei Jahren nach Schönenwerd gezogen sei und sich hier wohl fühle. Unser Dorf sei jahrzehntelang geprägt worden durch die Industriekultur (die neben Fabrikgebäuden auch stilvolle Wohnhäuser zurückliess) und dadurch offen geworden; das merke man auch im Umgang mit Neuzuzügern. Erholungsgebiete wie die Aarelandschaft mit dem Bally-Park, die Felsenzinne und der Entfelderwald seien nahe beisammen und der öffentliche Verkehr verbinde sehr gut mit den nahen Städten. Man könne sich hier wirklich recht bald daheim fühlen! 1 Ein solches Lob geht bei uns Alteingesessenen natürlich wie Honig hinunter! In dieser Nummer finden Sie wiederum Berichte über das aktuelle Geschehen in Schönenwerd, über die Industriekultur und auch darüber, wer sich heute in den alten Fabrikgebäuden eingerichtet hat. Einen dieser Artikel hat bereits Valerie Girsberger verfasst. Wir heissen sie auch an dieser Stelle herzlich willkommen! Reinhard Mundwiler Valerie Girsberger mit «Tempête». Herzlichen Dank für die präzise Auskunft dem Friedhof Olten stammt vom gleichen Künstler. Vermutlich stammen die Figuren in Schönenwerd aus den Jahren um 1920, einer Zeit also, als Alice Streit mit Jahrgang 1904 noch gar nicht aktiv war. Das Bally-Prior-Grab ist Teil der aussergewöhnlichen Ansammlung von Gräbern der Schönenwerder Industriellen und ihrer gesamten Entourage mit Verwandten, Direktoren und politischen Freunden. Es befindet sich in der hintersten Reihe des Schönenwerder Friedhofs und ist als Ganzes Teil der aussergewöhnlichen Hinterlassenschaften unserer Industriegeschichte. Leider sind viele Gräber in schlechtem Zustand. Eine Inventarisierung und sanfte Reinigung oder Restaurierung wäre notwendig, damit dieses Denkmal nicht verfällt und eines schönen Tages achtlos zerstört wird.» In der Nummer 33 der Chrone-Zitig stellten wir die Frage, ob wohl die Frauenfiguren auf dem Grab von Eduard Bally-Prior auf dem Friedhof Schönenwerd auch von Alice Streit geschaffen worden seien, da es sich auch um Arbeiten aus Zement handelt. Es trafen zu dieser Frage zwei Antworten ein, die identisch sind. Nachstehend die Antwort der Ballystiftung. «In der letzten Ausgabe wird auf Seite 37 gefragt, ob die Bildhauerarbeiten auf dem Familiengrab Eduard Bally-Prior von Alice Streit geschaffen wurden. Nein, das wurden sie nicht. Sie sind den Figuren der unvergesslichen Alice Streit ähnlich. Das kommt wohl eher daher, dass diese in der gleichen Epoche und unter ähnlichen Einflüssen gearbeitet hat. Die Figuren auf dem Bally-Prior-Grab stammen – wie Peter Heim herausgefunden hat – vom Solothurner Bildhauer Leo Berger (1885–1983), der offenbar mit Iwan Bally befreundet war. Das Soldatendenkmal auf Die Redaktion dankt für diese Präzisierung der Bally-Stiftung und Peter Heim herzlich. ao. 2 INHALT Editorial Seite 01 100 Jahre Männerriege Schönenwerd Spaziergang in Schönenwerd Seite 04 Seite 08 Kalligrafie als Kunst (Porträt der Künstlerin Doris Dätwyler) Seite 12 Der Schönenwerder Bürger Eugen Huber wir 100 Jahre alt Seite 16 «Littered by: ...» (UGK Schönenwerd) Seite 22 Vom Entwurf zum Werk (Kinderwoche mit Paul Gugelmann) Seite 27 Jubiläumszahl im Jubiläumsjahr (Paul-Gugelmann-Museum) Seite 36 Was der Fluss bringt, hat er irgendwo genommen Seite 38 200 Jahre Industriegeschichte Schönenwerd Seite 41 In der OJuN läuft etwas Seite 48 700 km ins Elsass und in die Pfalz mit Traktor und Wohnwagen Seite 53 4. Solothurner Waldwanderung: Wo einst der Fluss regierte Seite 60 Geburtstage und Ehejubiläen Seite 64 Veranstaltungskalender 2011/ 2012 Seite 66 Chronewirt Seite 68 3 100 Jahre Männerriege Schönenwerd Die Männerriege Schönenwerd wurde im Jahre 1910 gegründet. Der Auslöser zu diesem Gründungsakt war ein erstmals durchgeführtes kantonales Turnfest in Schönenwerd am 17. und 18. Juli 1910. Leider ist dieser Gründungsakt nirgends protokollarisch niedergeschrieben. Für die Zeit von 1910 bis 1912 sind keine schriftlichen Berichte vorhanden. Vermuten kann man, dass keine Protokolle geführt wurden, da dieser lose Zusammenhang der ersten Männerriegler nur auf Probe existierte. Schriftliche Informationen wurden eventuell nur auf fliegenden Blättern notiert, und diese sind heute leider nicht mehr auffindbar. Festplatz war das sogenannte NussbaumerAreal (Tiergartenstrasse –Burgstrasse). Im Anschluss an diesen turnerischen Höhenpunkt fanden sich einige ältere Turner zusammen. Sie beschlossen, eine Männerriege zu gründen. Deren Ziel bestand darin, sich auch ausserhalb des Aktiv-Turnvereines (Turnverein Schönenwerd, gegründet 1878) den «turnerischen Schneid» zu erhalten. Sie wollten sich dem leichteren Männerturnen widmen, um so länger fit zu bleiben! Zu dieser Zeit wurde noch die Turnhalle im Kellergeschoss des 1888er-Schulhauses benützt. Die erste schriftliche Aufzeichnung über die Männerriege Schönenwerd lautete: Aufnahme am 29. Oktober 1960 auf der Freitreppe des 1888er Schulhauses, kurz vor der Abfahrt nach Entlebuch, anlässlich der 50-Jahr-Jubiläumsfeier. 4 Gruppenbild des Männerturnvereins Schönenwerd anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums. Oktober 1913, Turnstand abends 8 ¼ Uhr in der Turnhalle. (Sälischulhaus und Turnhalle wurden 1909 eingeweiht.) Präsident: Paul Haas Oberturner und Aktuar: Ludwig Dietiker Anwesend: 15 Mitglieder nacht durchgehend in Betrieb. Es zeigte sich schon in der Gründungszeit der Männerriege, dass Ziele, die erreicht werden wollten, auch erreicht wurden. In der an Anlässen reichen Vergangenheit der Männerriege stösst man unweigerlich auf Berichte über Ausflüge, Turnerfahrten, Bergwanderungen und auch mehrtägige Reisen. Über solche Erlebnisse findet man in vielen Protokollen Aussagen wie: Mit der Generalversammlung vom 2. März 1921 wird solche erstmals als die elfte (11. GV) im Protokoll dokumentiert. Seither wurden die Generalversammlungen Jahr für Jahr bis zur 100. GV vom 15. Januar 2010 weiter durchnummeriert. «Diese Tour wird wohl noch jedem in guter Erinnerung sein!» So auch über die Diavolezza im Jahre 1946! Da steht zu lesen «über unsere alte Garde, die Pioniere, welche es verstanden haben, das traditionelle Gefüge der Männerriege Schönenwerd, ehrenvoll zu erhalten». Mit einem Vers: Im Jahre 1938 fand ein zweites Kantonalturnfest in Schönenwerd statt! Die Männerriege übernahm damals mit der Unterstützung des Männerchors die Festwirtschaft in der Festhütte, wo allerdings nur kalte Speisen serviert wurden. Für das warme Essen wurden die teilnehmenden Turner auf die hiesigen Wirtschaften inklusive Kosthaus verteilt. «Der Alten Rat Der Jungen Tat Der Männer Hut War Allzeit gut.» Es nahmen zirka 2200 Turner an diesem Fest in Schönenwerd teil. Das Buffet in der Festhütte war von Freitagabend bis Sonntag5 Aktuelles Bild des Männerturnvereins anlässlich der 100-Jahr-Jubiläumsreise. Bei solchen Einsätzen sieht und hört man allerlei, sie machen Spass und sind doch jedes Mal wieder ein spezielles Erlebnis. Das Ziel unserer Männerriege war und ist, das Erhalten und Wahren der körperlichen Beweglichkeit und Fitness, ohne allzu grosse Qualen durch zu hartes Training in Kauf nehmen zu müssen! Das Führen einer Festwirtschaft zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Männerriege. Auch im Jahre 2010 ist dies eine unserer Kernkompetenzen! Schon seit vielen Jahren betreiben wir an der 1.-August-Feier der Gemeinde Schönenwerd die Festwirtschaft. Das an diesem Anlass zubereitete Risotto für die Bevölkerung ist nicht mehr wegzudenken. Präsidenten der Männerriege Schönenwerd 1910 bis 1916 1916 bis 1920 1920 bis 1931 1931 bis 1935 1935 bis 1941 1941 bis 1947 1947 bis 1953 1953 bis 1965 1965 bis 1970 1970 bis 1983 1983 bis 1993 1993 bis 1995 1995 bis 2002 2002 bis 2006 Ab 2006 Paul Haas Johann (Hans) Rothen Walter Villiger (Ehrenpräsident) Arthur Huber Ernst Christen Walter Villiger Albert Nünlist Emil Rüesch Max Häfeli Ueli Reist Josef Frey Kurt von Däniken Werner Flückiger Reto Häuselmann Dani Krähenbühl 6 Jahre 4 Jahre 11 Jahre 4 Jahre 6 Jahre 6 Jahre 6 Jahre 12 Jahre 5 Jahre 13 Jahre 10 Jahre 2 Jahre 7 Jahre 4 Jahre 6 Impressionen des Jubiläumsabends gen. Wir lieben es alle viel mehr, uns spielerisch zu bewegen (Basketball, Fussball, Volleyball oder Unihockey) und sich so untereinander zu messen. Was geschieht wöchentlich mittwochs abends um 20.00 Uhr in der Turnhalle Feld, wenn sich die fitten Männer zum Training in der Turnhalle treffen? Da wollen doch alle etwas für ihr eigenes Wohlergehen tun, jeder soviel wie er mag, ohne allzu grosse Anstrengun- Text und Fotos: Daniel Krähenbühl 7 Spaziergang in Schönenwerd Gemütliche Wanderung ohne grosse Höhenunterschiede. Wanderzeit etwa 1½ bis 2 Stunden. keiten von Computer-Lehmann. Gegenüber steht das Gebäude des «alten Storchen», der im Jahre 1758 infolge eines Blitzschlags niederbrannte. Neben der Storchenscheune wurde auch die Kronenscheune ein Opfer des Brandes. Es geht über den gepflasterten Vorplatz dieser Gebäude zum Eingang des «Storchengässli». Links nach dem Hotel Storchen passieren wir den Casino-Saal, zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1905) durch die Schuhfabrik Bally erbaut, und geradeaus geht der Blick auf das 1864 als neugotisches Schlösschen gestaltete «Gartenhäuschen» des Gründers der Schuhfabrik Bally, Carl Franz Bally (Bild unten). Am Ende des Storchengässchens überqueren wir beim Bahnhof die Bahnhofstrasse und pas- Unter dieser Rubrik möchten wir die Leserinnen und Leser einladen, unser Dorf kennen zu lernen. Nachdem wir dreimal Gebiete im oberen Dorfteil als Wanderziel vorgeschlagen haben, geht es diesmal an einen Rundgang entlang der Aare. Wir hoffen, dass recht viele Leserinnen und Leser sich auch im Winter aus dem Haus wagen und unseren Vorschlag erproben. Die Aare bietet einen pittoresken Erholungsraum Wieder starten wir beim Gemeindehaus, das man am Wirtshausschild «Krone» erkennt. Von hier aus gehen wir durch die Unterführung hinüber zum Hotel Storchen. Links sehen wir den neuen «Storchen» mit den Geschäftsräumlich- 8 das Aareufer hinunter. Es geht nun gemäss Wegweiser Richtung Schachenwald (Bild unten), und zwar auf einem sauberen Spazierweg. Unter diesem Weg versteckt sich der Zubringerkanal der Abwässer zur regionalen Kläranlage aus den dem Abwasserverband sieren die Unterführung. Vor der ehemaligen Herrenschuhfabrik – heute ein Outlet-Einkaufszentrum – kommen wir zur Gösgerstrasse. Beim Restaurant Braui (Bild oben) überqueren wir diese, halten uns danach links und steigen auf der Treppe nach dem Getränkemarkt an 9 angeschlossenen Gemeinden. Am Ende dieses Wegstückes kommen wir an der ehemaligen Abfallsammelstelle vorbei, halten uns links und folgen ein Stück der Aarestrasse. Bei der nächsten Abzweigung geht es wieder nach links und wir erreichen durch eine Lindenallee das Schwimmbad Schönenwerd. Dieses attraktive Bad passieren wir bis zum ersten Weg, der durch eine Lücke in der Hochwasserschutzmauer links in den Schachenwald führt. Romantischer Weg entlang der Aare posant präsentiert sich vor allem das Schilffeld kurz vor dem Wehr des Kraftwerks Aarau. Es ist eine erstaunliche Leistung, dass das Schilf während einer Wachstumsperiode vom Boden aus bis zu drei Meter Höhe erreicht. Rechts beim Wehr befindet sich der Rastplatz «Entennest» (Bild unten). Eine Feuerstelle und genügend gedeckte und im Freien befindliche Sitzplätze laden zum Rasten ein. Bei gutem Wetter eine Möglichkeit, am Ufer des Umgehungsgewässers (Fischtreppe) innezuhalten und den Eindruck des lebendigen Wassers auf sich wirken zu lassen. Ausgeruht setzen wir unseren Spaziergang fort, überqueren den Steg beim Wehr Diesem Waldweg folgen wir bis an das Aareufer. Von dieser Uferstelle aus hat man einen freien Blick auf die sogenannte Biberinsel. Der Name ist nicht aus der Luft gegriffen, denn immer wieder zeugen angenagte Bäume vom Wirken der in unserer Gegend heimischen Biber. Die Insel steht unter Naturschutz. Jetzt kann man sich kaum mehr verirren, denn der Weg führt direkt dem Wasser entlang (Bild oben). Es lohnt sich, auf dieser Strecke die Vielfalt an Sträuchern und Bäumen zu beachten. Im Winter ist der Blick auf das Wasser völlig frei. Im- 10 grüne Landschaft. Beim Restaurant Brücke in Niedergösgen steigen wir über die Treppe hinauf zur Brücke zwischen Schönenwerd und Niedergösgen und kehren dann auf dem vom Hinweg bekannten Weg zurück zum Gemeindehaus Schönenwerd. und die Kanalbrücke (Bild oben). Zwischen Aare und den Kanälen steht beim Turbinenhaus, dessen Turbine die Restwassermenge zur Text und Bilder: Arno Oppliger Stromerzeugung nutzt, bei schönem Wetter ein Imbisswagen (Bild oben). Wer also nicht selber picknicken will, kann sich hier mit einfachen Speisen und Getränken erfrischen. Rückweg am linken Aareufer Nach der Kanalbrücke geht es beim AarelandWegweiser (Bild rechts) links Richtung Niedergösgen. Der Weg folgt auch auf dieser Aareseite immer genau dem Wasser. Auch diese Uferseite ist schön, keine Gebäude stören die 11 Kalligrafie als Kunst aus den Elementen Handschrift, Text und Bild packende und berührende Kunstwerke und gibt ihre Talente auch gerne weiter. Kalligrafie! Das hatten wir doch seinerzeit im ersten Kurs der Bezirksschule, eine Stunde pro Woche, bei Gesangslehrer Emil Häusler! Zweck der Übung war wohl, uns beim Übergang von der braven Schul- zur individuellen Handschrift ein wenig an die Kandare zu nehmen. Das ist schon lange her, und heute lässt sich an meiner Schrift wohl nicht mehr viel ändern. Aber es nahm mich wunder, was im alten Nabholzgebäude in einem Atelier angeboten wird, das mit «SCRIPT AND ART – Kalligrafie / Karten / Bilder / Kurse» angeschrieben ist. Im vergangenen Herbst nahm Doris Dätwyler am Landvogteimarkt in Grüningen teil. Auf der Website dieses Anlasses stellt sie sich so vor: «ScriptArt – Doris Dätwyler, Rombach Eintauchen in die Stille … das Geräusch der Feder beim Schreiben auf verschiedenen Papiersorten, und die Texte, mit denen ich mich auseinandersetze, haben etwas Klösterliches, Meditatives. Schriftschreiben ist Ausdruck der Persönlichkeit. Pflegen wir doch dieses kostbare Kulturgut, bevor es von der digitalisierten Welt gänzlich verdrängt wird! Seit meinem ersten Kalligrafiekurs 1994 lassen mich die Buchstaben nicht mehr los. Zahlreiche Kurse im In- und Ausland haben mein Handwerk verfeinert, mein Auge geschult. Seit 2006 bilde ich mich autodidaktisch weiter. Nach Tausenden von Übungsstunden nach historischen Vorlagen habe ich meine eigenen Schriften entwickelt und arbeite sehr frei und modern. Aber nicht nur Papier und Feder, sondern alles, was Farbe aufnehmen und wieder abgeben kann, verwende ich für meine künstlerischen Arbeiten. Den Schwerpunkt meines Schaffens bilden meine Schrift-Bild-Karten für jede Gelegenheit (Originale). Ich erledige aber auch andere Schreibaufträge aller Art auf verschiedensten Materialien wie Papier, Holz, Stoff, Stein und vielem mehr.» Die Überraschung war gross. «Schönschreiben» steht dort wirklich nicht im Mittelpunkt! Doris Dätwyler, die das Atelier führt, ist eine begabte und originelle Künstlerin. Sie schafft Was Doris Dätwyler nicht anbietet: KalligrafieUnterricht und das Schreiben von Urkunden und Stammbäumen. Doris Dätwyler am Arbeiten. 12 Im Korridor vor dem Atelier (im Obergeschoss der alten Nabholzfabrik, Eingang Seite Nabholz-Häuser) hängen sehr ansprechende Beispiele für ihre gestalterischen Fähigkeiten: Texte in verschiedenen Schriften auf vielfältigen Materialien, wobei Inhalt und Gestaltung stets eine Einheit bilden. Mir scheint, was hier gestaltet wird, hat eine Beziehung zur chinesischen und japanischen Kunst. Auch dort ist kein Bild überladen; wie in den japanischen Haikus sind es liebevoll erfasste Details, die in der Verdichtung eine ganze Welt enthalten und wiedergeben. Woher Doris Dätwyler ihre Zitate und Sprüche hat, die sie gestaltet? Gesammelt und angeeignet im Laufe vieler Jahre, wie ihre Erfahrungen mit der Kalligrafie! Der dargestellte Text lautet: «I don’t want to get to the end of my life and find that I lived just the length of it. I want to have lived the width of it as well.» (Ich möchte am Ende meines Lebens nicht feststellen, dass ich es nur der Länge nach durchlebt habe. Ich möchte es auch in seiner Breite gelebt haben.) 13 14 Kursatmosphäre … … mit Einzelberatung. Die Atmosphäre im Atelier (mit viel Licht und schöner Aussicht in Richtung Aarau und Jura) ist voller Ruhe und Gelöstheit. Stress und strenge Regeln finden hier offenbar keinen Platz. Das lässt sich auch sehen und spüren, wenn in Gruppen gearbeitet wird. Beim Verlassen des Ateliers fiel mir auf einem Tisch ein fein beschriftetes und gestaltetes Blatt auf. Sein Text hatte sicher keinen Einfluss auf den anerkennenden Tonfall in meinem Artikel, auch wenn schon eine kleine (und fiese) Drohung drin steckt: Neben ihrer eigenen gestalterischen Arbeit bietet die Künstlerin nämlich auch Kurse an, in denen sie «das künstlerische Interpretieren von Schrift, Farbe und Form vermitteln will. Ziel: ein spielerischer Umgang mit Feder, Tinte, Papier und vielen anderen Materialien. Es steht weniger die Perfektion im Mittelpunkt als vielmehr die Freude am Schaffen eigener Werke mit der eigenen Handschrift oder einer erlernten kalligrafischen Schrift.» «Wir Frauen sind Engel. Und wenn man uns die Flügel bricht, fliegen wir eben weiter … … auf einem Besen! Wir sind schliesslich flexibel.» Was zeigt, dass Kunst keineswegs humorlos sein muss! Text und Fotos: Reinhard Mundwiler Auf Wunsch kreiert Doris Dätwyler auch originelle Kuverts, Gutscheine, Tisch- und Menükarten. Besonders eindrücklich fand ich die vielen Karten für alle Anlässe; jede mit viel Liebe geschrieben und gezeichnet, jede ein kleines Kunstwerk. Doris Dätwyler wohnt in Rombach. Sie arbeitet normalerweise am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 11 bis 17 Uhr im Atelier in Schönenwerd. 15 Der Schönenwerder Bürger Eugen Huber wird am 21. April 2011 100 Jahre alt Es stellt sich die Frage, warum Eugen Huber aus Mörschwil SG, geboren 21. April 1911, in der Chrone-Zitig vorgestellt wird, obwohl er mit 17 Jahren Schönenwerd verlassen hat und nicht mehr dahin zurückkehrte. Zwei Gründe sind es, die uns dazu bewogen: Erstens seine stete Verbundenheit mit seiner Bürgergemeinde während seines langen Lebens, und zweitens sein Lebenslauf, der ein bewegtes und arbeitsames Leben beschreibt. Beat Streuli und Arno Oppliger besuchten ihn am 14. Oktober 2010 und begegneten einem nach wie vor geistig wachen fast 100-jährigen Mann. Was Eugen Huber aus seinem Leben erzählte, ist nachstehend festgehalten. Kindheit im Asyl an der Schmiedengasse Schönenwerd Eugen Huber kam am 21. April 1911 als erstes Kind von Wilhelm Eugen Huber und Marie geb. Studer zur Welt. Die Eltern wohnten an der Schmiedengasse im «Asyl», einem ehemaligen Stiftshaus. Der Vater arbeitete zuerst in der Tricotfabrik Nabholz. Nach der Zeit in der Fabrik war er dann während vierzig Jahren Abwart des Sälischulhauses. Im Lebenslauf schreibt Eugen Huber: «An einen Teil der hohen Mauerumfriedung mag ich mich noch erinnern. Hier verbrachte ich mit meinen drei Geschwistern eine unbeschwerte Jugendzeit.» Die Kinder hatten alles, was man sich zur damaligen Zeit wünschen konnte. Der Berufswunsch, Landwirt zu werden, manifestierte sich sehr wahrscheinlich während eines Ferienaufenthaltes im luzernischen Eschenbach im Herbst 1918, welchen Bezirkslehrerin Anny Peter, ebenfalls Mieterin im Asyl, vermittelt hatte. Eugen besuchte Kindergarten, Primar- und Bezirksschule in Schö- Eugen Huber, geb. 21. April 1911. nenwerd. In der Freizeit war natürlich auch seine Hilfe bei Arbeiten im Schulhaus gefragt. Mehr aber interessierte ihn die Mithilfe auf dem Bauernhof von Hans Stauffenegger auf dem Gisihübel. Die Schulferien verbrachte Eugen bei Gotte und Götti, welche in Brugg, Umiken und Rüttenen wohnten und zum Abschluss nach Aarau zogen. Nach der Schule: Start bei Bally Aus den Bubenträumen, Landwirt zu werden, wurde aber vorerst nichts. Es war zu jener Zeit üblich, dass man bei Bally in Stellung ging. Während zweier Jahre, von 1926 bis 1928, arbeitete Eugen in der chemisch-technischen Abteilung dieses Weltunternehmens. «Freude hatte ich keine an der Arbeit und war 16 immer pünktlich, wenn Feierabend war», hält er fest. Er dürfte mit dieser Feststellung vielen Arbeitern der damaligen Zeit aus der Seele sprechen. Doch noch Bauer Nach zwei Jahren Bally kam der Bericht von Eschenbach LU, dass im Frühjahr die Stelle als Untermelker frei werde. Es wurde daher nötig, vor Arbeitsbeginn in der Fabrik auf den Gisihübel zu gehen, um das Melken zu erlernen. Und 1928 begann der Werdegang als Landwirt. Im darauffolgenden Winter besuchte Eugen die landwirtschaftliche Schule «Steingruben» in Solothurn. Ein Mitglied des Aufsichtsrates, Neubuur Otto Schenker von Schönenwerd, machte dies möglich, indem kein Schulgeld entrichtet werden musste. Urgrossvater und Urenkel, der ebenfalls am 21. April Geburtstag hat. Über das Wochenende fuhr der Landwirtschaftsschüler nicht nach Hause, sondern half über das Wochenende im Stall der Psychiatrischen Klinik Rosegg aus. Wanderjahre Es folgte ein Praktikum auf dem Schlossgut Vaumarcus im Kanton Neuenburg. Der zweite Winterkurs der landwirtschaftlichen Schule wurde mit Diplom abgeschlossen. 1932 erhielten Solothurns Bauern die Landwirtschaftliche Schule Wallierhof mit Gutsbetrieb. Auf diesen Hof wurde Eugen als Arbeitskraft übernommen. Von da ging es nach Tägerwilen als Karrer (Fuhrknecht). Der Lebenslauf hält fest: «In der Offerte hiess es wörtlich: Unser Karrer muss intensiv fahren, d.h. er muss besonders auf Leistung halten ohne zu ‹schinden›.» Aber die Wirklichkeit war das Gegenteil dieser Forderung. Der Wechsel war vorprogrammiert. In Emmen trat Eugen darum eine Meistermelkerstelle an. Wochenlohn 22 Eugen Huber mit seiner Schwester Marilie Weingartner-Huber (95 Jahre), Aarau. 17 langen Leben nicht aus. Am 15. August 1963 starb der Sohn Eugen an den Folgen einer Hirnhautentzündung in der Rekrutenschule, Franz starb am 21. April 1966, dem Geburtstag von Eugen Huber, an Leukämie, und im November 1974 schlief Ehefrau Anna ein. Jetzt war Eugen Huber allein, aber dank der positiven Einstellung zum Leben konnten die Rückschläge hingenommen werden. Kraft gab ihm auch sein Glaube, der sich an der Aussage von Papst Johannes XXIII. orientierte: «Wir sind nicht auf der Erde, um ein Museum zu hüten, sondern um einen Garten zu pflegen, der von blühendem Leben strotzt und für eine schöne Zukunft bestimmt ist.» Franken, wegen guter Leistung gab es aber 23 Franken. Es folgten Stellen in Diegten BL, Sempach, Littau, Eschenbach und Rohr AG. Heirat und feste Niederlassung Nachdem eine Heirat mit der Bauerntochter in Rohr aus religiösen Gründen nicht zustande kommen konnte, suchte Eugen eine Frau per Inserat im «Sonntag», einer katholischen Wochenzeitschrift. Diese Anzeige führte zur Bekanntschaft mit Anna Härtsch aus Mörschwil SG, welche am 11. April 1942 Eugen heiratete. Auf dem Bauernhof im Oberbüel, Mörschwil, wurde Eugen Huber sesshaft. Den Eheleuten wurden sechs Kinder geschenkt: Eugen (1943), Annemarie (1944), Rösly (1945), Hans (1946), Franz (1950) und Isabelle (1954). Ein gerüttelt Mass an Arbeit war nötig, um diese Familie durchzubringen. Aber dank der Unterstützung durch die Ehefrau und den guten nachbarschaftlichen Beziehungen konnte die grosse Arbeit bewältigt werden. Schicksalsschläge blieben in diesem Ämter, die Eugen Huber versah Eugen Huber war ein Schaffer. Dies zeigt die Liste der vielen Nebenämter, die er in seinem Leben mit grosser Gewissenhaftigkeit versah. Er war Zuchtbuchführer, Zeichnungsbeamter und Aktuar der Braunviehzuchtgenossenschaft Mörschwil (28 und 31 Jahre), Aktuar der land- Vier Generationen stellen sich dem Fotografen (von links): Matthias Huber (Sohn von Peter Huber), Cyrill Huber (Sohn von Matthias Huber und Urenkel von Eugen Huber), Eugen Huber und Peter Huber (Göttibub von Eugen Huber). 18 wirtschaftlichen Genossenschaft Mörschwil (17 Jahre), Aktuar der Gesundheitsbehörde Mörschwil (12 Jahre), Präsident der ChristlichSozialen Krankenkasse (25 Jahre), Aktuar und Präsident des Vereins Volksgesundheit (5 und 16 Jahre), Eidgenössischer Beamter als Inhaber der Brennereiaufsichtsstelle (17 Jahre), Trocknungsmeister der Grastrocknungs AG Tübach (14 Jahre), Verantwortlicher für die Alpung von Jungvieh im Engadin, enger Mitarbeiter des Bundes bei der eidgenössischen Volks- und Viehzählung, Aushilfskutscher (Gauleiter) bei der Textilfirma Raduner & Co. AG, Horn TG (14 Jahre), Aushilfsstelle bei den St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerken AG in St. Gallen (1970 bis 1990). Humorvoller Schreiber Seine Schreibarbeiten hat Eugen Huber nicht stur und geschäftsmässig erledigt. Reiseberichte und Berichte anderer Veranstaltungen verfasste er oft in Versform. Viele seiner Ar- Das Schönenwerder Wappen am Schuppentor zeugt von der Verbundenheit Eugen Hubers zu seiner Bürgergemeinde. Das stattliche Wohnhaus von Eugen Huber, Oberbüel, Mörschwil. 19 Handschrift von Eugen Huber. 20 beiten stellte er unter ein Motto, das am Anfang des Textes zitiert wird. Sein Werk als Aktuar, Gedanken zu aktuellen Themen, Berichte von Veranstaltungen und Leserbriefe dürften ein Buch von beträchtlichem Umfang ergeben. Er war nicht nur Bauer, sondern auch kulturell interessiert, und sein Wissen ist immens. Fast hundert Jahre hat Eugen Huber nun hinter sich gebracht, und immer noch schreibt er täglich Briefe an Bekannte und führt ein Tagebuch, das alles enthält, was sein Leben lebenswert macht. So hielt er zum Beispiel am 5. April 2008 fest: «Anna Huber in Schönenwerd SO wird hundertneun Jahre alt. Ich kann es drehen wie ich will, wir beide haben Geburtstag im April.» Notabene: Ein grosser Teil seiner «Werke» sind in einer gestochen scharfen Handschrift verfasst, wie man sie heute kaum mehr kennt. Sentenzen, die Eugen Huber Briefen und Berichten vor- oder nachstellte «Die Jugend nährt sich von Träumen, das Alter von Erinnerungen.» Einleitung eines Briefes «Wer das Leben liebt, sollte keine Zeit verschwenden, denn daraus ist das Leben gemacht.» Benjamin Franklin (Briefeinleitung) «Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich.» Einleitung zum Lebenslauf von Eugen Huber «Im Alter lässt nicht die Denkfähigkeit nach, sondern die Bereitschaft sie anzuwenden.» Einleitung zum 26. Jahresbericht der Braunviehzuchtgenossenschaft Die Chrone-Zitig dankt für den interessanten Tag, der aufzeigte, dass Eugen Huber mit seiner Bürgergemeinde immer noch Kontakt hat und der das Tagesgeschehen noch kritisch verfolgt. «Gemüt ist kein Heu und Wissenschaft keine Kuh. Wo die Wissenschaft das Gemüt frisst, bleibt die Krippe des Verstandes leer!» Zum 25-Jahr-Jubiläum als Zuchtbuchführer der Braunviehzuchtgenossenschaft Text und Fotos: Arno Oppliger «Das Durchhalten und der Erfolg im Leben sind nur möglich dank der Liebe, der Treue und des steten Beistandes des Nächsten.» Deckblatt des Lebenslaufs «Bei all dem liebenden Gedenken fragt sich ein Mensch, der Grüsse schreibt, was von der Liebe und dem Schenken im Januar wohl noch übrig bleibt.» Schlusspunkt zum Tagebuch von 2008 «Man sollte, um gesund zu bleiben, die Arbeitswut nicht übertreiben.» Einleitung zur Liste der Nebenämter von Eugen Huber 21 «Littered by: …» Es ist Montagabend. Zafar Shah, Käthi Walde und ich warten gespannt auf dem Werkhofareal auf Kundschaft, respektive auf Abfall. Jedem, der sich uns nähert, schenken wir ein Lächeln, aber alle eilen an uns vorbei. Endlich, kurz vor Öffnungsende werden wir fürs Ausharren belohnt: Eine fünfköpfige JuniorenMannschaft des TV Schönenwerd, begleitet von ihrem Trainer, überreicht uns drei schwere Säcke. Alle gefüllt mit Abfall, welcher im Schönenwerder Schachenwald eingesammelt wurde. Doch nun der Reihe nach: Käthi Walde und Zafar Shah beim Abfallsortieren. Pusch te jedoch erst im September umgesetzt werden, kombiniert mit dem alljährlichen Entsorgungstag im Herbst. Die Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (Pusch) ist eine Nonprofit-Organisation. Sie setzt sich seit 10 Jahren für eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen und für die Vielfalt natürlicher Lebensräume ein. Pusch unterstützt Gemeinden und Kantone bei der Wahrnehmung ihrer Umweltaufgaben. Im Monat Mai finden normalerweise die Aktionstage «Wahre Werte» der Pusch statt. Die Umwelt- und Gesundheitskommission Schönenwerd (UGK), unter der Leitung von Sandra Gallauer, war von diesem Konzept begeistert. Die Idee soll- Aufgaben im Vorfeld Im Frühling 2010 erfolgte die Projekteingabe an den Gemeinderat durch die UGK. Nach den Frühlingsferien dieses Jahres wurden im Dorf das Gewerbe, Schulen und Vereine angeschrieben und zur Mithilfe motiviert. Ziel war, möglichst viele «Litteringpatenschaften» zu gewinnen. In der Woche vom 4. bis 11. September 2010 galt es, Schönenwerd von liegen gelassenem «Güsel» zu befreien. Interessierte konnten auf einem Dorfplan einzeichnen, welche Zone sie in einer einmaligen Aktion säubern wollten. Nach der Reinigung durften die entsprechenden Gebiete mit einem Schild gekennzeichnet werden, welches mit dem Firmen- oder Vereinslogo auf den Litteringspaten hinwies. Ferner vergrösserte Pascal Monnerat, Primarschullehrer in Schönenwerd, den Dorfplan mit den entsprechenden Logos. Damit wurde auch am diesjährigen Jugendfest auf die Littering-Aktion aufmerksam gemacht. Die Junioren des TV Schönenwerd bei der Abfallabgabe. 22 Aktionstag Vor dem Coop Schönenwerd wurde das Abfallkunstwerk präsentiert, welchem Gianluca Venditti unter Mithilfe von geschickten Kinderhänden ein Gesicht gab. 40 Interessierte sammelten Abfall im Dorf. Nachfolgend einige Beispiele: Der TV Schönenwerd besuchte den Werkhof mehrmals mit seinen Volleyball-Junioren. Auch der FC Schönenwerd und viele Schulklassen sammelten eifrig. Die katholische Kirchgemeinde reinigte die Halde von der Kirche bis hin zur Haldentreppe. Firmen, Vereine, Schulen und Privatpersonen verhalfen der Aktion zu einem Erfolg. Der Körper des «Güseldrachen» bestand schliesslich aus 74 Abfallsäcken mit einem Gesamtgewicht von 580 kg! Dieser konnte während des offerierten Apéros der Bürgergemeinde begutachtet werden. Gleichzeitig bestand auch die Gelegenheit, an einem Schätzwettbewerb der UGK teilzunehmen. Es galt, das Gewicht des gesammelten Entsorgungsgutes möglichst genau zu bestimmen. Littered by: Der eingesammelte Abfall konnte während der Litteringwoche an drei Abenden im Werkhof oder am Aktionstag bis 10.30 Uhr direkt beim Coop Schönenwerd abgeliefert werden. Die gesammelten «Schätze» wurden von der UGK sortiert und in verschiedenfarbige Säcke verstaut. Als Höhepunkt galt der Aktionstag von Samstag, 11. September 2010. Das Abfall-Kunstwerk. 23 Gesammelt beim Nabholz-Tennisplatz. OJuN sprochen hat. Es erstaunt einmal mehr, wie viel Abfall in Waldpartien gefunden wurde. (Abfall, welcher sicher nicht von Jugendlichen stammt.) Hinter dem Nabholz-Tennisplatz fand übrigens die grösste Ausbeute statt: Autopneus- und Felgen, diverse Velorahmen sowie andere Metallteile lagen dort illegal entsorgt in der Wiese versteckt. Die OJuN (offene Jugendarbeit unteres Niederamt) liess 111 Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren aus Schönenwerd, Gretzenbach, Niedergösgen und Däniken einen Fragebogen zum Thema Littering ausfüllen. 71% stören sich am Abfall, der auf den Plätzen, wo sie sich aufhalten, herumliegt, geben aber gleichzeitig zu, auch schon den Abfall einfach fallengelassen zu haben. 86% wünschen sich mehr Abfallkübel und würden diese auch benützen. 72% der Jugendlichen finden es zudem gut, dass neuerdings im Kanton Solothurn Geldbussen für Abfallsünder verteilt werden. Erstaunlich – Bedenklich 75% Prozent des Abfalls bestand aus PET-Flaschen und Alubüchsen. Hier stellt sich wieder einmal die Frage, ob eine Pfandabgabe nicht doch eine sinnvolle Lösung wäre, obwohl der Regierungsrat sich kürzlich dagegen ausge- Zufriedene Gesichter am offerierten Apéro. 24 74 Abfallsäcke – 580 kg Gesamtgewicht! Ferner soll ein Litteringkonzept auf Gemeindeebene fertiggestellt und eingeführt werden. Auch in Zukunft wird das Litteringproblem aufmerksam verfolgt und bei Bedarf eventuell ein weiterer Aktionstag zur Abfallbeseitigung stattfinden. Die Kosten für die Abfallreinigung im Monat Mai beliefen sich auf Fr. 11 064.--. Fünf Werkhofmitarbeiter, die Suchthilfe Olten sowie die Oltech GmbH wendeten insgesamt 286.5 Stunden dafür auf. Zukunftsperspektiven Neu wird es voraussichtlich auch eine Alusammelstelle in Schönenwerd geben. Die UGK wird zudem im nächsten Frühling erstmals einen Bring- und Holtag durchführen. Recycling in einer anderen Form: Dort können Ihre unbrauchbaren Gegenstände für andere Personen zum Schatz werden! Badmeister Phithak Schmassmann bei der Entgegennahme des Logo-Schildes. Übrigens, sollte es Ihnen in diesen Herbstund Wintertagen einmal langweilig werden, unternehmen Sie doch einen kurzweiligen Spaziergang durchs Dorf und halten Sie Aus- Plakat von Pascal Monnerat mit den markierten «Litteringpatenschaften». 25 Umwelt- und Gesundheitskommission Schönenwerd (UGK) Porträt von Zafar Shah Die UGK setzt sich momentan aus folgenden Mitgliedern zusammen: Sandra Gallauer (Leitung), Francine Grossmann, Karin Reisenbauer-Podaril, Zafar Shah und Philipp Stähli. Seit Anfang 2010 wird im Kanton Solothurn das Wegwerfen, Ablagern oder Zurücklassen von Abfällen im öffentlichen Raum ausserhalb von Abfallanlagen oder Sammelstellen gebüsst. Das Wegwerfen von Kleinabfällen wie Dosen, Flaschen, Verpackungen, Zigarettenstummel, Kaugummi und Essensreste wird mit Fr. 40.– bestraft, mehrere Kleinabfälle unter einer Menge von 5 Litern (inkl. Hundekot oder Inhalt eines Aschenbechers) führen zu Fr. 80.– und Kehrichtsäcke oder Kleinabfälle ab einer Menge von 5 bis 110 Liter kosten illegal entsorgt Fr. 250.–. Den Hochschulabschluss und die Berufslehre absolvierte er in Chittagong/Karatschi und in Illinois/Kalifornien. Er besuchte diverse Kurse im Gastronomiebereich. 1974 kam er nach Deutschland, wo er einige Restaurants führte, bevor er sich 1986 den Traum vom eigenen Gastbetrieb erfüllen konnte. Nebenbei arbeitete er stets als Dolmetscher und Englischlehrer. Seit 1986 wohnt er im Kanton Solothurn und arbeitet bis heute als selbständiger Übersetzer für verschiedene exotische Sprachen, vorwiegend für den Bund und die Kantone. Seit 1987 ist er mit Charlotte Wuillemin aus Schönenwerd verheiratet. Gerne möchte ich Ihnen Zafar Shah näher vorstellen. Er ist bei Fragen und Problemen im Zusammenhang mit illegal entsorgtem Abfall in unserer Gemeinde zuständig: Zafar Shah-Wuillemin wurde 1952 in Rangoon (Myanmar) geboren. Sein Vater war Politiker und Regierungsmitglied. Wegen Verfolgung durch die Militärdiktatur musste seine Familie 1962 aus Burma fliehen. Er lebte in verschiedenen asiatischen Ländern wie Thailand, Bangladesch, Indien und Pakistan. 1973 erfolgte die Einwanderung in die USA. Hoffentlich haben jedoch die «Litteringtage» bei vielen anderen Bewohnern unseres Dorfes ein neues Bewusstsein für Natur und Umwelt ausgelöst oder entfacht! schau nach den «Littered by:..»-Schildern. Jenes der Firma Trafopower werden Sie jedoch vergeblich suchen. Es wurde kurz nach der Aktionswoche entwendet. Als Ersatz wurden einige leere Redbull-Dosen hinterlegt! Text und Fotos: Anita Lingg-Urech 26 Vom Entwurf zum Werk Streiflichter durch die Kinderwoche mit Paul Gugelmann. Für die letzte Sommerferienwoche, 9. bis 13. August 2010, konnten sich Kinder der 3. und 4. Primarschulklassen anmelden, um zusammen mit dem Künstler Paul Gugelmann ein «Tiramigiù» zu gestalten. Auf Deutsch heisst das: «Zieh mich runter». Sein Museum wurde dieses Jahr 15-jährig. Zu diesem Jubiläum entstand die Idee, für eine ganze Woche mit Kindern zu arbeiten. Aber eine Idee allein genügt noch nicht, es braucht Menschen, die ihre Kraft dafür einsetzen, sie zu verwirklichen. Das wollten sieben Helfer und Helferinnen tun, die von Paul Gugelmann als «geeignet» angesprochen worden waren. Konkret musste aber zuerst ein «Fähigkeitsausweis» erworben werden. Dazu folgte eine Einladung ins Atelier zur eintägigen Einführungsarbeit (mit Mittagessen): «Der Werdegang eines Tirami-giù». So trafen denn die sieben Helfer Ende Juni in Paul Gugelmanns Atelier ein. Schon bei seinem begrüssenden ansteckenden «Halleluja» spürten wir unseren kreativen Tatendrang! Ein Sperrholzbrettchen von etwa 15 auf 20 cm und 12 mm dick, ein leeres Blatt und die notwendigen Werkzeuge lagen bereit. Da wir ja unser Motiv vorher schon etwas überlegt hatten, fielen unsere Entwürfe doch nicht so spontan aus wie später bei den Kindern. «Kann ich das? Ist das gut? Richtig? Falsch? Sieht man, was das ist? Ist das nicht ein komischer Vogel? Hat der Schmetterling den grossen Flügel vorne? Ich möchte das – oder ich mache es doch anders …» Solche Fragen stehen nur Erwachsenen im Weg! War die Skizze vom Blatt dann einmal aufs Holz übertragen, konnte es mit «Laubsägele» losgehen und bald kamen wir auch ins Schwitzen. Für längere Schnitte wurde uns die Bandsäge erlaubt. 27 Besondere Aufmerksamkeit bekam der technische Teil, das Antriebsrad, welches an allen Tirami-giù gleich aussieht: Zwei Holzrädli mit Bohrlöchli, dazwischen ein kleineres Rädli, auch mit einem Loch. Das Ganze wird mit der Schleifmaschine exakt und fein geschliffen und dann kann, je nach Längenbedarf, ein Stängeli durchgeschoben werden. Um das kleine eingeklebte Rädchen wird dann am Schluss der Nylonfaden gelegt, an dem das fertige Motiv hinaufgezogen und heruntergelassen werden kann. 28 Doch bis dieses Rezept seine Anwendung fand, hantierten wir konzentriert mit «Laubsägele»; wir schliffen, bohrten, leimten, «nägelten» und malten. Auch wurde der Humor gepflegt, während Paul mit Argusaugen auf unser Werken achtete und Lob und Kritik verteilte. Oft hiess es auch: «Das got scho!» Plötzlich verschwand er in der Küche. Auch dort kam sein Ideenreichtum zum Zug, und alles ohne Kochbuch. So servierte er uns am hübsch gedeckten Gartentisch seine eigene Kreation eines Gratins mit Gemüse und vorgängig einem hübsch angerichteten gemischten Salat. Dankbar und voll des Lobes genossen wir als Gäste die sonnenintensive Mittagspause. Einer Nachprüfung musste sich niemand stellen, konnten doch nach wenigen abendlichen Überstunden alle mit ihrer «Diplomarbeit» unter dem Arm nach Hause gehen und unfertige Kleinigkeiten anderntags noch fertigstellen oder ausbessern. Wir freuten uns, mit den erworbenen Vorkenntnissen am 9. August die Arbeit mit den 23 angemeldeten Kindern der 3. und 4. Primarschulstufe aufzunehmen. Die Arbeitszeit war von morgens 9 Uhr bis nachmittags 2 Uhr angesetzt. Für die Mittagspause nahmen alle ihr Picknick mit. Die Kosten der Getränke und des gesamten Arbeitsmaterials übernahm der «Verein Museum Paul Gugelmann». Die Gemeinde stellte die Shedhalle an der Schulstrasse zur Verfügung. Dieses Entgegenkommen und die Mithilfe von Oliver Gorza beim Einrichten seien an dieser Stelle nochmals herzlich verdankt! Vorerst erklärte Paul Gugelmann den interessierten und gespannt lauschenden Kindern Ablauf und Ziel der Arbeitswoche. Dann begann das Entwerfen. Das Erstaunliche war, dass sich die Kinder vor keinem Motiv fürchteten, sondern es unverfroren und auf ganz direkte Art anpackten. Wohl hingen einige Beispiele vom Künstler über den Köpfen, aber als Idee, nicht zur Nachahmung. 29 Die durch die schulischen Normen noch nicht so verunsicherten Kinder hatten bald mit ihrem Vertrauen in ihre Gestaltungskraft ihren ganz persönlichen Entwurf auf das weisse Blatt gezeichnet. Um die Spontanität und Kreativität der Kinder zu erhalten, mussten wir Erwachsenen und Helfer unsere Ansprüche zurücknehmen. Lediglich mit Hinweisen oder Tipps begleiteten wir die Arbeit der Kinder, oder der Künstler selbst setzte den letzten Schliff. 30 Schon bald kamen Sägegeräusche auf. Die nötigen Helfer an Bohr- und Schleifmaschinen standen voll im Einsatz. Bei heiklen Passagen war besonders die Hilfe an der Bandsäge willkommen. Bereits konnten die ersten kleinen Künstler ihre einzelnen Teile am Maltisch phantasievoll bemalen. 31 Vertreter der Lokalmedien von Radio und Zeitungen kamen zu Gast. Tags darauf war während einer Mittagspause aufmerksames Anhören einer Reportage angesagt. Bebilderte Berichte über das Werken mit dem Künstler waren in der Tagespresse zu sehen. Obligatorisch für die Kinder war der Besuch des Museums. Während der Woche wurden ihnen, in drei Gruppen aufgeteilt, die «Poetischen Maschinen» des Künstlers vorgestellt. Absicht des Besuchs war, eine originelle Maschine nachzuzeichnen oder eine neue für die Zukunft im Kopf zu erfinden! Die Zinngewichte goss Paul Gugelmann mit jedem Kind selber. Es durfte helfen, die heisse, flüssige Zinnmasse in die hölzerne Form einzufüllen. 32 So wurden die ersten Werke allmählich fertig. Natürlich gab‘s auch Wartezeiten. In diesen «Lücken» entstand die Idee zu einem Zoo. Aus Wellkarton wurde ein tischgrosses Terrain geklebt und in verschiedene Gehege eingeteilt. Die eifrigen «Laubsägeler» hatten bald einmal die Reservate mit den verschiedensten Tierarten belebt. Hinzu kamen ein Kiosk, WCs, Bänkli, Blumen, Bäume und Pflanzen. 33 Auf Samstag, 14. August 2010, erfolgte die Einladung zur Vernissage an die ganze Bevölkerung. 23 gelungene, fantasievolle, farbenprächtige, ganz persönliche Tirami-giù hingen an einer Schnur auf Augenhöhe! Die Kinder mit ihren eigenen Werken standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Den rassigen Auftakt dazu gab der Calypso-Chor aus Gretzenbach. Vreni Widmer-Hersperger hatte während der ganzen Woche von jedem Kind Gedanken gesammelt zur Frage, was ihm am besten gefallen habe. Der Künstler übergab jedem Kind sein Buch «Maschinen im Kopf» und Vreni Widmer erzählte die entsprechenden Gedanken dazu. 34 Zum Beispiel: Für Maximilian, «der sich freute, mit dem Künstler Paul Gugelmann arbeiten zu können, dabei an einer Maschine Holz aussägen durfte und zum ersten Mal sah, wie man Zinn giesst». Für Jan, «der sich freut, dass er ein so schönes Kunstwerk nach seiner eigenen Idee gestalten durfte, obwohl er zu Beginn nicht recht wusste, wie es gelingen sollte …». Für Nico, «dem es gefiel, dass man nebenbei auch noch Zootiere machen durfte. Es gab die ganze Zeit über etwas Schönes zum Werken». Für Seraina, «die beim Anstehen wünschte, dass es zwei Herren Gugelmann gäbe, einen für die Knaben und einen für die Mädchen, und die es mega grosszügig fand, dass sich alle Helferinnen und Helfer Zeit nahmen. Sie hätten an diesen Tagen ja auch in der Badi hocken können …». Abschliessend überreichte Toni Zaugg, der Präsident des Fördervereins «Museum Paul Gugelmann», den sieben Helferinnen und Helfern das verheissene «Diplom». Eine arbeitsintensive, eindrückliche, erfüllte Woche wurde dank der Zusammenarbeit mit einem Künstler zu einem generationenübergreifenden, bleibenden Erlebnis. Text: Irene Wicki Fotos: Hans Beer, Peter Wyser, Christian Tännler 35 Jubiläumszahl im Jubiläumsjahr 100 000 Besucher im Paul-Gugelmann-Museum. Im Jubiläumsjahr 15 Jahre Paul-Gugelmann-Museum konnte die hunderttausendste Besucherin gefeiert werden. Sie erhielt vom Künstler persönlich eine poetische Maschine. durch das Heruntergleiten an einem Faden sich bewegen, drehen, sogar Tätigkeiten nachahmen. Bald zeichnete sich ab, dass vermutlich im Herbst der hunderttausendste Eintritt im Museum fällig würde. Der Vorstand des Vereins zur Förderung des Paul-Gugelmann-Museums durfte sich dieses Jahr mit aussergewöhnlichen Ereignissen befassen. Anstelle einer üblichen Jubiläumsfeier zum 15-jährigen Bestehen des Museums konnten in den Sommerferien 23 Kinder unter Anleitung des Künstlers und seines Helferteams ihr eigenes «Tirami-giù» (zieh mich runter) herstellen. So nennt Paul Gugelmann die bezaubernden Figuren, welche Gespannte Erwartung auf den Jubiläumsbesuch Der grösste Teil des Vorstandes und des Stiftungsrates des Paul-Gugelmann-Museums versammelte sich am Samstagnachmittag im Museum. Die Spannung wuchs. Würde die Jubiläumszahl für den hunderttausendsten Besuch nach Eröffnung des Museums um 14.00 Uhr auf eine Einzelperson fallen oder Freude über den Jubiläumseintritt (v.l.n.r.): Ruth Ryser, Eintritt 100 000; Paul Gugelmann; Kurt Baumgartner, Eintritt 99 999; Anita Baumgartner Eintritt 100 001. 36 erst mit der auf 15.00 Uhr angemeldeten Gruppe erreicht werden? Dann wurde es klar: Der Jubiläumseintritt liegt in der erwarteten Gruppe. Paul Gugelmann persönlich empfing die Besucher und verteilte an drei Personen eine Karte. Verwunderung machte sich in der Gruppe breit, auch angesichts der vielen bereits erwartungsvoll im Museum stehenden Personen. Dann klärte Paul Gugelmann die Situation mit dem Hinweis auf den heutigen hunderttausendsten Besuch im Museum. derttausendsten Eintritt ging an Ruth Ryser aus Suhr. Es ist die poetische Maschine «Fehlkonstruktion». Diesen ironischen Namen gab Paul Gugelmann seinen Kunstwerken mit der Darstellung menschlicher Köpfe. Innen dreht ein kompliziertes Räderwerk, aussen pickt ein Vogel … Wiederum eine Radierung «Stammbaum» erhielt als Besucherin 100 001 Anita Baumgartner aus Dulliken. Natürlich gab's dann noch ein Gruppenbild der Jubiläumsbesucher zusammen mit dem Künstler zur Erinnerung. Geschenke für die Jubiläumsbesucher Apéro als Jubiläumsfeier Die Besuchergruppe genoss dann die eigentliche Führung durchs Museum mit der Erläuterung der einzelnen Kunstwerke. Alice Kling als Geschäftsführerin des Museums hatte den Jubiläumsanlass organisiert. Sie lud schliesslich zum Apéro ein, mit welchem das für Museum und Besucher denkwürdige Ereignis gebührend gefeiert werden konnte. Die beim Eintreten überreichten Karten enthielten die Besuchernummer. Zur grössten Freude der Besitzer einer «Jubiläumsnummer» und unter Applaus übergab Paul Gugelmann Geschenke. Kurt Baumgartner aus Thun erhielt als Besucher 99 999 das Bild «Der Stammbaum», eine Originalradierung in nummerierter Auflage von 54 Exemplaren. Das eigentliche Jubiläumsgeschenk zum hun- Text und Foto: Hans Beer Impressum Herausgeberin Einwohnergemeinde Schönenwerd Auflage 3100 Exemplare, gratis an alle Haushaltungen von Schönenwerd Redaktion Druck Widmer Druck AG, Schönenwerd (Inhalt-Papier chlorfrei gebleicht) Valerie Girsberger Anita Lingg-Urech Reinhard Mundwiler, Präsident Arno Oppliger Beat Streuli Irene Wicki-Wehrli Brigitte Wittmer-Widmer Adresse für Zuschriften Chrone-Zitig, Postfach 52, 5012 Schönenwerd [email protected] Die nächste Chrone-Zitig erscheint voraussichtlich im Juni 2011 37 Was der Fluss bringt, hat er irgendwo genommen Die Aare lebt, das hat sie in den letzten Jahren bewiesen. Immer wieder schwoll sie zu ungeahnter Fülle an, überflutete nahe Uferund bei extremem Hochwasser auch Wohngebiete. Dabei nimmt sie sich während ihres Verlaufs, was nicht niet- und nagelfest ist und trägt es in den Fluten mit fort. So kann man bei der Biberinsel in Schönenwerd immer noch Reste der zerstörten Pfahlbauten ausmachen, die sich hier verfingen und nicht mehr weitertransportiert wurden. So ist es auch den Gegenständen ergangen, welche etwa 600 Meter unterhalb des Stauwehrs Einladung zum Sitzen und Sinnieren. des Kraftwerks Aarau auf einer Kiesbank des alten Aarelaufs angeschwemmt wurden. Die Gegenstände verfingen sich in den Sträuchern und blieben nach dem Rückgang des Hochwassers liegen. Unser Bilderbogen zeigt, wie fantasievolle Menschen dieses Schwemmgut schon fast künstlerisch arrangierten. Auszumachen sind da Bauschilder, Alteisenteile, ein Klappstuhl, Kleidungsstücke und zahlreiche Fahrradteile. Natürlich könnten einige dieser exklusiven Stücke auch der Wegwerfmentalität unserer Gesellschaft zugeschrieben werden. Die Aufnahmen stammen vom 18. April 2010. Es ist durchaus möglich, dass die Situation heute nicht mehr besteht. Was den künstlerischen Wert be- Die Skulptur mit einem dürren Ast ist sehr gut gelungen. 38 Komposition mit Wäsche, Fassboden und dem Rad eines Velos. Geschickt wird eine Pyramide angedeutet, in deren Inneres man sehen kann. 39 Strandgut als Baumschmuck: Dekorierte Natur. trifft, können diese Werke sicher mit einigen zeitgenössischen Kunstwerken Schritt halten: als Mahnmal für gedankenloses Wegwerfen von noch verwertbarem Altmaterial. Erreichbar ist die Kiesbank, wenn man nach dem Stauwehrsteg rechts abbiegt und dem Wanderweg bis zum Waldeingang folgt. Rechts unter der Uferböschung befindet sich nach etwa hundert Metern der fotografierte Platz. Er ist bei Niedrigwasser trockenen Fusses zu erreichen. Text und Bilder: Arno Oppliger Gesammelte Gegenstände wurden durch einen Ast mit der Natur fast zu einem Kunstwerk verbunden. 40 200 Jahre Industriegeschichte Schönenwerd Eröffnung der Ausstellung «Sammlung Industriekultur» des Bundesamtes für Kultur, der die «frohe Botschaft» des Bundes überbrachte, kulturelle Initiativen von nationaler Bedeutung finanziell zu unterstützen. Jürg Brühlmann, Designer und Berater der BALLYANA-Stiftung bei Aufbau und Gestaltung der Ausstellung, erzählte anschliessend auf ironisch-witzige Weise, wie auch mit beschränkten finanziellen Mitteln eine erfolgreiche Ausstellung gestaltet werden kann. Mit der formal überzeugend gestalteten Sammlung Industriekultur wird der Öffentlichkeit ein Teil der seit der Schliessung des BallyUnternehmens im Niederamt (Jahr 2000) gesammelten Gegenstände, Dokumente und Bilder präsentiert. Die Ausstellung ist das Ergebnis eines jahrelangen grossen Einsatzes von freiwilligen Helfer/innen der Stiftung und des Vereins BALLYANA sowie einer grösseren Zahl von Sponsoren, die namhafte finanzielle Beiträge leisteten. Sie sind auf einer Tafel am Eingang namentlich aufgeführt. Die BALLYANA-Stiftung, die im Jahre 2008 bereits sachkundige Führungen durch die BallyParkanlage, die Industrie-Ensembles und das Industriedorf Schönenwerd sowie im 2009 verschiedene Anlässe zur Buchvernissage «Pionier und Pfaffenschreck – Die Memoiren des Carl Franz Bally» organisiert hatte, ist am 22. September 2010 in der ehemaligen Produktionshalle der Bally Band an der Schachenstrasse 24 in Schönenwerd mit der Eröffnung ihrer eindrucksvollen Sammlung Industriekultur an die Öffentlichkeit getreten. Philipp Abegg, Gründer und Präsident der Stiftung, konnte über hundert Gäste begrüssen. Die Ansprache hielt Jean-Frédéric Jauslin, Direktor Die Maschinen und der Film Mitten in der grossen Shedhalle stehen in einer ersten Gruppe historische Webmaschinen aus der Bally-Bandproduktion, die von der schweizerischen Maschinenindustrie entwickelt und hergestellt wurden (Saurer, Arbon/TG 1945; Honegger, Rüti/ZH; Müller, Frick/AG 1970), darunter eine Jacquardmaschine mit Lochkartensteuerung, welche Ornamente, Personen und Landschaften mit in das Gewebe einzuweben vermochte (Henri Blank, Uster 1890; J.-M. Jacquard, 1752 bis 1834, Weber und Erfinder). In einer zweiten grösseren Gruppe sind drei Dutzend Maschinen aus der Schuhproduktion aufgestellt, die v.a. aus den USA und Deutschland stammten, Das Fabrikhorn war im Niederamt täglich sechs Mal zu hören. 41 Technische Zeichnung von Eduard Bally (1863/64). Flächenmess-Maschine für Leder und Felle (Turner, USA 1920). 42 Schuhs in den Bally-Fabriken vorführt. Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen leisteten Akkordlohnarbeit: Die Filmaufnahmen zeigen, wie präzis die immer gleichen Handund Armbewegungen ablaufen und wie angestrengt konzentriert an den Maschinen gearbeitet wurde. Die Ausstellungsboxen An einer Seitenwand der Shedhalle stehen vier Ausstellungsboxen zu den Themen: LuxusSchuhgeschäfte von Bally, mit ausgewählten Damen-, Herren- und Kinderschuhen aus früheren Zeiten; Kontor von Peter Bally mit Stehpult und Kassenschrank aus der frühen Zeit der Bandweberei, als die Webstühle noch auf den Bauernhöfen standen (1810–1820); Bandund Elastikweberei mit Musterbüchern für Elastik- und Seidenbänder, mit Schnürsenkeln, Strumpfhaltern, elastischen Gürteln, Isolationsbändern für elektrische Kabel und einem seidenen Damenschuh mit Elastikbandeinsatz im Knöchelbereich (19. Jh.). In einer weiteren Vitrine sind Einzelteile des Schuhs sowie traditionelle Arbeitswerkzeuge zu sehen: zugeschnittene Lederstücke, Absätze, Sohlen, Holzleisten, die legendäre Zwickzange und eine alte Singer Schuh-Nähmaschine. «Innereien» eines Bally-Schuhs. darunter eine Leder-Flächenmess-Maschine (Turner, USA 1920), Walkmaschinen (USA 1860) und Nähmaschinen (Deutschland 1900, 1950; USA 1930). Von Eduard Bally ist denn auch die Aussage überliefert: «Will sich heutzutage ein Fabrikant konkurrenzfähig einrichten, so muss er in Amerika seine Maschinen holen» (1876). Die Produktionsmaschinen sind von der BALLYANA-Stiftung mithilfe von Handwerkern und ehemaligen Mitarbeitern der Bally-Unternehmen in Hunderten von Arbeitsstunden sorgfältig gereinigt und teilweise für die Publikumsvorführung wieder funktionstüchtig gemacht worden. Die angebrachten Texttafeln erklären den jeweiligen Arbeitsvorgang im gesamten Produktionsablauf. Auf zwei grossen Flachbildschirmen läuft ein Schwarz-Weiss-Stummfilm aus den frühen sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, welcher viele der insgesamt bis zu 200 Arbeitsvorgängen der industriellen Herstellung eines Die Vitrinen Die vierzehn Vitrinen zur Bally-Industriegeschichte enthalten unterschiedlichste, nach Themen geordnete Gegenstände, Schriftstücke und Bilder: schwere ledergebundene Rechnungsbücher mit handschriftlichen Eintragungen des Kontors (1846); alte Münzwaagen (um 1820) aus der Zeit, als noch jeder Schweizer Kanton seine eigenen Münzen prägte; eine sog. Mutter-/Tochteruhr (Mitte 20. Jh.); die «Fabrik-Ordnung» (1949); Lohnsäckli und Akkordbüchlein; einen «Partiezettel» mit den Fabrikationsdaten eines Schuhs; ein Kochrezept (1901); die Kochbücher von Rosina Gschwind (1892) und Adele Bieber 43 Gemälde, Zeichnungen, Illustrationen, Fotografien und Plakate Die an einer Seitenwand angebrachten alten Fotografien zeigen z.B. ein luxuriöses, im «Fin-de-siècle»-Stil eingerichtetes Esszimmer der Villa Jurablick (1874 erbaut), ein vom Pferd gezogener sog. Chacheliwagen für den Transport der Mittagsverpflegung der Arbeiter oder die Frauen der Kochschule Schönenwerd (1905). Auch sind mehrere Jubiläumsurkunden für 25, 40 und 50 Jahre Arbeit bei Bally zu sehen. Zum genaueren Hinschauen laden die Panorama-Ansichten des Industriedorfs (19. und 20. Jh.) ein, worunter eine Bleistiftzeichnung von Armin Müller (1920). Die Pläne der nicht realisierten Überbauung Schachenland von Karl Moser (1918) zeugen vom Pioniergeist jener Zeit, als auch die Reklamegrafik entstand (1910–20). Die Ausstellung enthält dazu metallene Reklameschilder (1895, 1930), Kleinplakate (um 1940), Schaufensterplakate (um 1950) sowie 19 grossformatige farbige Plakate aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die an der dem Eingang Seidenschuh mit Elastikband. (1934); Ess-Chacheli aus Weissblech; Fotos und Briefe der Patrons von ihren Reisen nach Afrika, Nord- und Südamerika; Jubiläumsgeschenke, wie Silberplatten, Esslöffel, Trinkbecher, Medaillen und eingerahmte Urkunden; ein Blatt aus dem «Lokal-Anzeiger» (1914), welcher auf die 2300 Bände der im Kosthaus untergebrachten Jugend- und Volksbibliothek hinweist; Pläne der Hüsligasse (heute: Quartierstrasse) in Schönenwerd; Werkbücher mit Entwürfen der hauseigenen Grafiker (20. Jh.); ein Sammelsurium von Alltagsgegenständen mit den Bally-Schriftzügen als Werbeträger, z.B. kolorierte Postkarten (um 1900), ein BlechStereoskop (1905), ein transparenter PlastikBriefbeschwerer (1910), metallene Haken zum Knöpfen der Stiefel (um 1900), eine kunstvoll verzierte Schuhschachtel (um 1900) sowie aus jüngerer Zeit verschiedene Aschenbecher, Zündholzbriefchen, Bierdeckel, Taschenmesser, Jasskarten, Kleiderbürsten, Tassen, ein T-Shirt, eine Schirmmütze u.a.m. Aquarell von Jimmy Ramp, Créateur bei Bally (1942). 44 triellen-Generationen und Utensilien aus dem Privatleben früherer Familienmitglieder zu sehen: z.B. ein handgrosses, bemaltes sog. Taufschüsselchen aus Porzellan (18. Jh.); ein mit Glasperlen bestickter Tabakbeutel; ein kunstvoll geschmiedetes Goldkränzchen samt Brosche zur goldenen Hochzeit; kunstvoll gehäkelte Geldbörsen; eine zierlich bemalte Ofenkachel mit der Inschrift «Osspeter Bahly» und «Frau Marian Herzog» (1811) und anderes Sehenswertes mehr. Mit weiteren Fotografien, Einladungs- und Menükarten sowie Abzeichen zum Anstecken wird an frühere «Bally’sche Familienfeste» erinnert (1871–1969). Die Stammbäume Ein an der Wand gegenüber dem «Familienraum» angebrachter, mächtiger handgemalter Eichen-Stammbaum aus dem Jahre 1910 enthält die Sprösslinge und ihre Ehegatten mit den Familienwappen. Ältester Stammvater ist ein «Egli Paule», Ratsmitglied in Bludenz (Vorarl- Grossformatiges Bally-Plakat. gegenüberliegenden Wand hoch über der Ausstellung hängen. Die Graphiken geben dem Besucher einen Eindruck von den über die Jahrzehnte hinweg sich wandelnden ästhetischen Vorstellungen der Gesellschaft. Die Bedeutung des modernen Marketings wurde schon früh erkannt; so lautete ein Bonmot von C.F. Bally: «Gut verpackt, ist halb verkauft» (um 1880). Der «Familienraum» Im von vier roten Stellwänden abgegrenzten Raum in der Mitte der Shedhalle hängen u.a. Porträts aus der Bally-Dynastie, Bilder von bekannten Gebäuden, wie etwa der Villa Felsgarten (vermutlich 18. Jh.) oder der alten Werkschule (1832–37), ein Gemälde des von Franz Ulrich Balle um 1790 in Schönenwerd erbauten (und erhaltenen) Stammhauses (Maler: Paul Schürch), eine Darstellung der BandwebereiFabrikanlage von F.U. Bally Söhne in Säckingen (Deutschland). In den Vitrinen sind Fotografien aus den Familienalben der vier Indus- Ahnengalerie. 45 berg), von Beruf Metzger (1466–1494). Seine männlichen Nachkommen hiessen nacheinander «Ulrich Päle», «Töny Bâlle», «Ulrich Paulin», «Hanns Bolle», «Mathias Balli», «Ulrich Baale», «Hans Jakob Baalle», «Joseph Balli» und «Franz Ulrich Balle» (1748–1810). Letzterer zeugte mit Magdalena Kuhn vier Söhne und eine Tochter, die bis auf einen Sohn, «Peter Balle» (1783–1847, recte:1849), ledig und kinderlos blieben. Peter Balle/Bally gründete 1823 die Bally-Band, ein Unternehmen der Seidenbandweberei; nach Gründung des süddeutschen Zollvereins eröffnete er 1836 in Säckingen (Deutschland) eine Filiale. Einer der vierzehn Kinder, die seiner Ehe mit Anna Maria Herzog entsprossen, der Sohn Carl Franz (1821–1899), für den das Kürzel «C.F.» geläufig geworden ist, gründete 1851 die BallySchuhfabriken AG in Schönenwerd. Auf dem Bühl vor der Stiftskirche wurde ihm im Angedenken an seine unternehmerischen Leistungen eine Bronzebüste errichtet. Am 18. September 2010 trafen sich in Schönenwerd über zweihundert Nachkommen von Peter Bally zum traditionellen «Bally-Familientag». Für diesen Anlass hatte die BALLYANA-Stiftung zeitaufwendige Nachforschungen in Auftrag gegeben, um den seit Jahrzehnten nicht mehr nachgeführten Stammbaum zu vervollständigen. Das Ergebnis, die Stämme der Stammväter Carl Franz (C.F.), Gustav, Fritz, Alexander, Albertine, Theodor, Jean und Peter sind ebenfalls zu besichtigen. Wieviele Nachkommen würde wohl ein Stammbaum jener Arbeiter und Angestellten zählen, die mit ihrem Arbeitsethos massgeblich zum märchenhaften Aufstieg der Bally-Unternehmen beitrugen? Diese «Ballyaner» blieben dem Unternehmen bis in die jüngste Zeit oft ihr ganzes Leben lang treu. Ihnen und ihren Familien brachte der weltweite Erfolg der Bally über Generationen hinweg Arbeit, Einkommen und Wohlstand. Der letzte der Patrons, Max Bally, ist 1976 im Alter von 96 Jahren gestorben. Ausländische Gesellschaften des Bally-Konzerns (Stand 1951) The London Shoe Co. Ltd., London (England), gegr. 1899 BALLY’s Soc. De Resp. Ltda., Buenos Aires (Argentinien), gegr. 1905 BALLY’s Aarau Shoe Co. Ltd., London (England), gegr. 1908 Etablissements BALLY Camsat S.A., Villeurbanne (Frankreich), gegr. 1914 Société Commerciale des Chaussures BALLY-Camsat S.A., Paris (Frankreich), gegr. 1917 Curtiembres La Federal S.A., Buenos Aires (Argentinien), gegr. 1919 Société Commerciale des Chaussures BALLY-Camsat S.A., Bruxelles (Belgien), gegr. 1921 The CUTHERBERT-BALLY Shoe Factory Ltd., Woodstock, Capetown (Südafrika), gegr. 1921 BALLY’s Shoe Factories (Norwich) Ltd., Norwich (England), gegr. 1923 BALLY Inc., New York (USA), gegr. 1923 Société Immobilière Régina S.A., Paris (Frankreich), gegr. 1924 S.A. Cortume Carioca, Rio de Janeiro (Brasilien), gegr. 1925 BALLY Wiener Schuhfabrik Aktiengesellschaft, Wien (Österreich), gegr. 1930 Ballysko A/S, Oslo (Norwegen), gegr. 1930 BALLY Schuhverkaufs G.m.b.H., Wien (Österreich), gegr. 1933 Manufacture de Chaussures de Moulins S.A., Moulins s/Allier (Frankreich), gegr. 1947 46 chen, das Schulhaus 1888, das Sälischulhaus, die Bally-Parkanlage, die Villa Felsgarten mit ihrem neugotischen Schlösschen (Gartenhaus). In den vergangenen zehn Jahren sind nun nach und nach viele kleine Unternehmen in die alten Industriegebäude eingezogen und andere Menschen wohnen in den grosszügig gebauten Villen und Herrenhäusern. Text und Fotos: Valerie Girsberger Öffnungszeiten Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Sonntag Jubiläumsgeschenke: «40 Jahre treue Mitarbeit … 1906–1946». 7. November 21. November 5. Dezember 19. Dezember 2. Januar 16. Januar 6. Februar 20. Februar 6. März 20. März 2010 2010 2010 2010 2011 2011 2011 2011 2011 2011 jeweils von 12 bis 17 Uhr Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit … Führungen In den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts waren immer noch mehrere tausend Angestellte für Bally tätig; der in den Siebzigerjahren einsetzende, anscheinend unaufhaltsame Niedergang führte im Jahr 2000 zur endgültigen Schliessung der Bally-Schuhproduktion. Die letzten Arbeiter und Angestellten, noch einige hundert Personen, verloren ihre Stelle. Die Ausstellung enthält zu diesem traurigen Ende einige Zeitungsausschnitte (1977, 1999, 2008) aus der umfangreichen Dokumenten-Sammlung des BALLYANA-Archivs. Die kulturelle Prägung Schönenwerds durch die jahrhundertealte Industrie ist indessen auch heute noch unübersehbar: Industriegebäude, Fabrikantenvillen und stattliche Ein- und Mehrfamilienhäuser aus verschiedenen architektonischen Epo- «Die Bally-Saga, Aspekte einer Familiengeschichte» Sonntag 7. November 2010 Sonntag 16. Januar 2011 Sonntag 6. Februar 2011 Sonntag 20. März 2011 «Wie alles begann, 200 Jahre Schönenwerder Textilindustrie» Sonntag 20. Februar 2011 «Industrielle Schuhmacherei» Sonntag 6. März 2011 jeweils zwischen 14 und 16 Uhr Informationen: www.ballyana.ch 47 In der OJuN läuft etwas Andreas Müller wehrt sich am Töggelikasten tapfer gegen drei gut trainierte Jugendliche, Simone Balzli bespricht mit einem Mädchen die Dekoration für die bevorstehende Halloweenparty. Andere Jugendliche spielen Playstation oder Pingpong. Das Team Müller/Balzli ist zuständig für die OJuN, die «Offene Jugendarbeit im unteren Niederamt», die von den Gemeinden Schönenwerd, Däniken, Gretzenbach und EppenbergWöschnau getragen wird. Ich habe die beiden im Treffpunkt im Gretzenbacher «Täli» getroffen und mich über ihre Institution und ihre Tätigkeit orientieren lassen. Das Leitungsteam: Andreas Müller … … und Simone Balzli (hinten). Die OJuN will den Vereinen keine Konkurrenz machen; sie ist für junge Leute ein weiteres Angebot. Im Rahmen dieser Institution können sie sich treffen, gemeinsam etwas unternehmen und Veranstaltungen durchführen. Sie sollen Ideen einbringen können und Verantwortung übernehmen. Das Leiterteam steht mit Rat und Tat zur Seite und freut sich über jeden 48 Vorschlag, der aus den Reihen der Jugendlichen kommt. Der Treffpunkt im «Täli» ist insgesamt an drei Tagen geöffnet: am Mittwoch von 14 bis 21 Uhr, am Donnerstag von 16 bis 21 Uhr und neuerdings auch am Freitag von 17 bis 22 Uhr. Diese Erweiterung der Öffnungszeiten geschah auf ausdrücklichen Wunsch der Jugendlichen. Man trifft sich auch auswärts, zum Beispiel auf der Skater-Anlage in Däniken (wo auch eine Saisoneröffnungsparty gefeiert wurde), geht gemeinsam Eislaufen, verabredet sich zum Weihnachtsessen. Frisuren, Schminken und mehr … Und damit die Mädchen auch mal unter sich sind und ihre eigenen Probleme diskutieren können, begleitet Simone Balzli eine Mädchengruppe, die sich einmal im Monat trifft. Über grössere Aktionen hat die Tagespresse schon berichtet. Eine Gruppe hat unter professioneller Anleitung die Bahnunterführung Weiermatt neu gesprayt, schönheitsbewusste Mädchen lernten in einem Coiffeursalon, wie man sich frisiert und schminkt. Auch Partys in der Shedhalle (Schulstrasse 1) in Schönenwerd, wo sich übrigens auch das Büro der OJuN befindet, und die Teilnahme am Beizlifest Gretzenbach gehören dazu. Wer trifft sich denn in der OJuN? Das Angebot richtet sich vorwiegend an Jugendliche aus den Trägergemeinden im Alter von 12 bis 18 Jahren, also in den oberen Schulklassen und in den ersten Jahren nach dem Eintritt ins Berufsleben. 49 50 51 Graffiti-Workshop. Mir fiel auf, dass die jungen Leute, die ich im «Täli» traf, mich so freundlich begrüssten, wie wenn wir uns schon seit Jahren kennen würden. Wer hier mitmacht, will sich in eine Gemeinschaft einfügen und sie mittragen; das bestätigen auch die beteiligten Erwachsenen. Und das sind nicht nur die Jugendarbeiter/innen, sondern auch Eltern und Vertreter/innen der Trägergemeinden. Aus Schönenwerd sind das Johannes Brons als Präsident der regionalen Jugendkommission und Mathias Bosslet, Präsident des Ausschusses «Jugend». Aufgabe der Jugendarbeiter/innen ist aber nicht nur die Präsenz und Begleitung der Jugendlichen im Treffpunkt. Besonders in den wärmeren Monaten gehört auch die aufsuchende Jugendarbeit dazu, das heisst, man geht jenen Orten nach, wo sich junge Leute gerne aufhalten und oft Probleme entstehen können. Weitere Aktivitäten: Hilfe bei Schwierigkeiten unter oder mit Jugendlichen, Hilfe bei der Erstellung eines Bewerbungsdossiers, beim Kontakt mit Behörden usw. Das neueste Angebot: An Samstagabenden von Ende Oktober bis am 18. Dezember ist in Schönenwerd die Turnhalle Dorf geöffnet. Bei freiem Eintritt treffen sich junge Leute zwischen 13 und 18 Jahren zu Spiel und Sport (Hallenschuhe mitnehmen!). Unterstützt werden sie dabei vom Leitungsteam und engagierten Erwachsenen aus Schönenwerd. Text und Fotos: Reinhard Mundwiler 52 700 km ins Elsass und in die Pfalz mit Traktor und Wohnwagen Für die Reise benötigte ich einen Wohnwagen, welchen ich bei Seetal-Caravan in Hallwil mietete. Der Traktor musste mit einer passenden Anhängevorrichtung und der elektrischen Ausrüstung für den Wohnwagen – Rücklichter und Bremslicht – versehen werden. Vorschrift ist auch, dass zwei grosse Seitenspiegel auf den Kotflügeln angebracht sein müssen. Da der Traktor mit Baujahr 1950 kein Dach besitzt, war ein guter Regenschutz unbedingt nötig wie auch Werkzeug mit Wagenheber, um allfällige Pannen beheben zu können. Es war schon immer mein Wunsch, einmal mit einem Wohnwagen wie die Schausteller oder die Fahrenden durchs Land zu ziehen. Wie eine Reise dieser Art zustande gekommen ist, möchte ich in diesem Bericht erzählen. Vorgeschichte Jeden Tag trinken wir Handwerker im Restaurant Winkel Kaffee und diskutieren über Gott und die Welt. Eines Tages gesellte sich auch Martin Haller, Dachdeckermeister von Schönenwerd, zu uns und erzählte von seinen Reisen mit Traktor und Wohnwagen ins Elsass und in die Pfalz. So zu reisen sei immer gemütlich und man bekomme viel zu sehen. «Du hast doch auch einen schön restaurierten Hürlimann-Traktor», meinte er zu mir. Ich war von seinen Schilderungen begeistert und erklärte mich bereit, ihn auf seiner nächsten Reise zu begleiten. Freitag, 30. Juli An diesem Tag holte ich mein «fahrendes Haus» ab, richtete alles ein, und bei strahlendem Wetter ging’s los. Der Reisegesellschaft gehörten Martin mit seinen beiden Söhnen, Martins Partnerin und ich an. Wir waren 53 wir in Hattstatt Station. Über das Wochenende fand dort ein Traktorentreffen mit vielen Oldtimern statt. Unsere Fahrzeuge parkierten wir auf einem abgemähten Kornfeld, richteten uns häuslich ein und blieben bis am Montagmorgen in dieser Ortschaft. Montag, 2. August für alle Fälle gut gerüstet mit Schlafwagen, Küchenwagen und einem kleinen Anhänger. Als Zugfahrzeuge dienten ein Hürlimann D100 (Jahrgang 1950), ein Hürlimann D 90 (Jahrgang 1960) und ein Bührer-Traktor. In dieser Formation starteten wir um 18.30 Uhr und erreichten über Olten, den oberen Hauenstein und Reigoldswil Laufen um 22 Uhr, wo wir die erste Nacht auf dem Bahnhofsgelände verbrachten. Das Wetterglück verliess uns an diesem Tag, Regen war angesagt. Trotzdem reisten wir weiter über Colmar nach Riquewihr. Hier hielten wir uns etwas länger auf, tranken in einem typischen Elsässer Restaurant Kaffee und bewunderten die alten Häuser. Wir benützten die Gelegenheit, mit einer kleinen Bahn die Weinberge und die prachtvolle Landschaft zu erkunden. Der nächste Halt nach diesem Ausflug war Kintzheim. Natürlich besuchten wir das Cigoland mit dem Parc des Cigognes, einem Vergnügungspark mit lebenden Störchen. Und schliesslich erreichten wir nach sechs Stunden Fahrt Andlau, unser geplantes Etappenziel. Samstag, 31. Juli Dienstag, 3. August Nach einem ausgiebigen Frühstück setzten wir die Fahrt fort nach Röschenz, über den Blauen-Pass nach Metzerlen. Bei Burg überquerten wir die grüne Grenze nach dem Elsass. Zügig ging die Fahrt nach Altkirch, Rouffach, und nach rund sieben Stunden machten Unsere Fahrt ging an diesem Tag an einen Ort, welcher im Zweiten Weltkrieg traurige Geschichte schrieb: Das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Die Gedenkstätte mit einem Mahnmal und den vielen Kreuzen, welche an die unter unmenschlichen Bedin- Ortseingang von Riquewihr im Elsass. Konzentrationslager Natzweiler Le Struthof. Hattstatt im Elsass. 54 Städtchen Riquewihr im Elsass. Campieren in der Natur. 55 Schiffshebewerk in Plan Inclinée. gungen Verstorbenen der Nazizeit und an die Gräueltaten der damaligen Zeit erinnern, hinterliessen bei uns ein mulmiges Gefühl. Nach diesem besinnlichen Besuch fuhren wir weiter über Rothau, Col du Donon, Abreschviller zum Etappenziel in Plan Inclinée. In einem idyllischen Wäldchen an einem kleinen Fluss schlugen wir unsere Zelte auf und verbrachten eine ruhige Nacht. am Strom anzuschliessen. Mit einem ausgiebigen Nachtessen in freier Natur mit Wein und Dessert beschlossen wir den Tag. Donnerstag, 5. August Auf der Weiterfahrt besuchten wir die Ruine Fleckenstein, ein altes Gemäuer aus der Ritterzeit. Im Wildpark von Silz wurde ein Kaffeehalt eingeschoben, worauf es zügig nach Mittwoch, 4. August Mit einem Touristenboot passierten wir das grosse Schiffshebewerk und staunten über diese technische Leistung. Über Lützelbourg, Oberhof, La Petite Pierre, Sparsbach, Ingwiller, ging’s nach Oberbronn. Auf dem grossen Zeltplatz, wo viele andere Gäste unser Kommen mit grosser Aufmerksamkeit verfolgten, parkierten wir unsere Fahrzeuge und richteten uns ein. Es war eine echte Wohltat, wieder einmal eine warme Dusche zu geniessen, die Wäsche zu waschen und den Wohnwagen Auf dem Campingplatz in Oberbronn. 56 Heuchelheim weiterging. Inmitten eines grossen Weinberges durften wir unsere Fahrzeuge abstellen und uns häuslich einrichten. Heuchelheim ist ein kleines Dorf in der Pfalz inmitten von Weinbergen mit wunderschönen Häusern. Freitag, 6. August Die Anhänger blieben an diesem Tag in Heuchelheim. Unsere Fahrt führte uns nach Hauenstein, wo das Deutsche Schuhmuseum in einer alten Fabrik untergebracht ist. Die interessante Ausstellung ist auch mit einer Leihgabe aus dem Bally-Schuhmuseum Schönenwerd bereichert. Ich trug mich im Gästebuch ein und erwähnte, dass wir mit drei Traktoren von Schönenwerd in die Pfalz reisten. Leihgabe von Bally fürs Schuhmuseum. nossen den eher ruhigen Tag. Am Sonntagmorgen fuhren wir mit einem Personenwagen nach Speyer. Der grosse alte Kaiserdom mit den Grabmälern der Habsburger sowie die historische Stadt ist eine Reise wert. Am Nachmittag fuhren wir mit unseren drei Traktoren im Umzug durch Heuchelheim. Die Zuschauer winkten uns zu und freuten sich, auch Schweizer begrüssen zu können. Samstag/Sonntag, 7./8. August Über dieses Wochenende fand in Heuchelheim ein grosses Traktorentreffen mit Weinfest statt. Wir verfolgten den Aufmarsch der verschiedenen Fahrzeuge mit Interesse und ge- Schuhmuseum Hauenstein in der Pfalz. 57 Marmoutier – romanische Abteikirche mit Silbermann-Orgel. Montag, 9. August gelangten am Mittag nach Marmoutier. Die herrliche romanische Kirche mit der von Johann Andreas Silbermann 1709 erbauten Orgel interessierte mich besonders. – Ein Besuch im nahe gelegenen Museum mit Kleinorgeln und verschiedenen anderen Instrumenten vermittelte viel Wissenswertes über den Sektor Instrumentenbau. Hier wird auch der berühmte Arzt und Musiker Albert Schweitzer gewürdigt, berühmt durch sein Engagement für die armen Menschen und die Gründung eines Urwaldspitals in Lambarene (Afrika). Diese «Weiterbildung» schloss den Tag ab. Wir verliessen die Pfalz, eine der schönsten Gegenden Deutschlands, und fuhren bis zum Weintor, wo die deutsche Weinstrasse ihren Anfang nimmt. Nach einem stärkenden Kaffee ging es dann weiter nach Schonenbourg. Hier besuchten wir einen Teil der MaginotLinie, jenes Befestigungswerks aus den Dreissigerjahren des 20. Jahrhunderts. Dieses Bauwerk hat imposante Ausmasse und geht zum Teil bis dreissig Meter in den Boden. Es sollte die Deutschen an der Grenze bei einem kriegerischen Angriff aufhalten. – Zum zweiten Mal machten wir auf dem Zeltplatz von Oberbronn Halt und genossen die Infrastruktur, die uns dort geboten wurde. Mittwoch, 11. August Das Wetter war regnerisch an diesem Morgen. Trotzdem fuhren wir weiter über den Col du Kreuzweg bis nach Ste-Marie-aux-Mines. Hier blieb der D90 auf einer Kreuzung stehen und musste von mir auf den nächsten Park- Dienstag, 10. August Nach einem wie immer reichlichen Frühstück fuhren wir durch viele kleinere Ortschaften, wo man uns immer freundlich begrüsste, und 58 platz geschleppt werden. Nach einiger Zeit war der Grund der Störung gefunden; die Fahrt konnte weitergehen. Wir fuhren bis Le Markstein, verpflegten uns dort mit einem guten Nachtessen. Nach dem Einnachten fuhren wir weiter nach Aspach-le-Bas, wo wir unsere letzte Nacht vor der Heimkehr verbrachten. Donnerstag, 12. August Der letzte Reisetag begann mit strömendem Regen. Das bis anhin obligate Frühstück fiel ins Wasser. Wir fuhren los und stoppten in Hirtzbach für einen Kaffeehalt. Das Wetter hatte sich beruhigt, so dass wir den Weg Richtung Schweiz wieder bei günstigen Verhältnissen unter die Räder nehmen konnten. Fünf Kilometer vor der Schweizer Grenze hatte ich mit meinem D100 eine Panne. Am hinteren grossen Rad wurde das Ventil abgeschert. Zum Glück wurde ich von einem freundlichen Bauern abgeschleppt und konnte den Traktor in seiner Scheune stehen lassen. Damit mein Wohnwagen nach Hause gebracht werden konnte, mussten wir den kleinen Anhänger auch im Elsass zurücklassen. Mit zwei Traktoren ging die Fahrt weiter. Ich konnte auf dem Kotflügel von einem der Urkunde für die Teilnahme am Traktortreffen in Heuchelheim. beiden mitfahren und entspannt die Landschaft geniessen. In Herbetswil gab es ein letztes Mal ein gutes Nachtessen. Anschliessend wurde Schönenwerd angesteuert, wo wir um 23.30 Uhr eintrafen. «Es war eine schöne Reise» Die gemütliche Fahrt bot Gelegenheit, die Gegend wahrzunehmen. Die Regentage hielten sich in Grenzen. Sie waren bei entsprechend guter Kleidung auch kein Problem. Wir waren alle glücklich, wieder gesund nach Hause gekommen zu sein. Ich bedanke mich bei Martin Haller, der den ganzen Reiseverlauf minuziös plante und damit einen reibungslosen Ablauf ermöglichte. Typenschein des Traktors Hürlimann D100. Text und Fotos: Beat Streuli 59 4. Solothurner Waldwanderung: Wo einst der Fluss regierte Fünf Waldwanderungen sind im Kanton Solothurn durch das Amt für Wald, Jagd und Fischerei geplant worden. Vier von ihnen konnten bereits der Öffentlichkeit übergeben werden. Der erste dieser Wandervorschläge mit Informationstafeln unter dem Motto «Bärlauchpesto und Märchenwald» konnte am 23. September 2006 eingeweiht werden. Die Strecke führt von Holderbank über den Roggenschnarz nach Egerkingen und ist in etwa vier Stunden zu bewältigen. Am 17. Mai 2008 folgte die Waldwanderung Nummer 2. Kleinere Bäume werden durch den Biber gefällt. Hier beim Hersperger-Bänkli unterhalb des Schwimmbades. Sie führt von Mümliswil über den Passwang auf Wasserfallen und trägt den Titel «Luftige Kreten, tiefe Schluchten»; die Wanderzeit beträgt etwa sechs Stunden. Die dritte Tour wurde am 8. Mai 2009 eröffnet. Es ist die «Buechibärger Rundwanderung». Vier bis fünf Stunden sind für diese Strecke einzuplanen, die vom Schloss Buchegg über Gächliwil zurück an den Ausgangspunkt führt. Die fünfte Waldwanderung ist im solothurnischen Leimental geplant, aber noch nicht ausgeführt. Am 30. April 2010 wurde die 4. Waldwanderung eröffnet Die Strecke führt von Olten nach Aarau und umfasst 40 Posten mit Informationen über unsere Gegend, zum Beispiel Waldwirtschaft, Geologie, Botanik und Nutzung der Gewässer. Die gesamte Wanderzeit von Olten nach Aarau beträgt vier bis fünf Stunden. Wer von Aarau bis zum Posten 40 und dann an den Bahnhof Schönenwerd wandern will, muss noch einmal anderthalb Stunden dazurechnen. Wir haben in unserer Gegend Biber, dies erfahren wir beim Posten 31 der Waldwanderung. 60 An der Eröffnung sprach auch unsere ehemalige Gemeindepräsidentin und heutige Regierungsrätin Esther Gassler. Sie führte unter anderem aus: «‹Hochwasser: Fluch und Segen›: Das ist der Titel zum Themenposten dieser Waldwanderung beim Pegelmesser in Schönenwerd. Nach dem Jahrhunderthochwasser von 2007 fragt man sich vielleicht, wo denn da der Segen bleibt? Früher wussten das die Bewohner des Solothurner Niederamtes noch: Der Fluss nahm und gab.» ... «Doch der Fluss schaffte auch Verbindendes, er brachte ‹Segen›, indem dieser Wasserstrom früher ein wichtiger und rascher Verkehrs- und Transportweg war. Was wir weniger wissen: das Hochwasser brachte auch den nährstoffreichen Boden. Auf diesem konnten sich Auenwälder, wie wir sie heute noch sehen, prächtig entwickeln. Und dieser Boden ist seit der Der Biber macht auch vor grossen Bäumen nicht Halt (Aufnahme vom Dezember 2009). Hier kann abgelesen werden, dass am 8./9. August 2007 der Rekord-Pegelstand von 1888 beträchtlich überschritten wurde. 61 gebnisse, insbesondere die attraktive Vielfalt und Schönheit all der verschiedenen Waldtypen und Landschaften in unserem Kanton, einer interessierten Bevölkerung nähergebracht werden könnte. Vielfach werden in solchen Fällen ansprechende Publikationen veröffentlicht. Dieser Weg führt aber meist direkt ins Bücherregal; und das wollten wir eigentlich nicht. Wir wollen den Wald nicht in Bücherstuben, sondern die Menschen in den Wald bringen. Und damit war die Idee geboren. In jedem Bezirk soll eine attraktive, dokumentierte und beschilderte Waldwanderung die Schönheit der Solothurner Wälder, aber auch der Landschaft, den Besuchern näherbringen.» 14 Posten befinden sich im unteren Niederamt – vom Ballypark bis an die Grenze der Stadt Aarau «Hochwasser: Fluch und Segen» ist das Thema beim Pegelstandsmesser östlich des Bally-Parks. Jürg Froelicher hat Recht: In einer Zeit, da unsere Dörfer immer mehr verstädtern, die Leute nicht zu Stubenhockern zu machen, son- ersten Juragewässerkorrektion von 1878 auch ein fruchtbarer Landwirtschaftsboden.» ... «Mit dem Fortschreiten des Staatswesens und der Technik kamen die Grossprojekte der Gewässerkorrektion, der Fabrik- und Kraftwerkkanäle, der Gütermeliorationen. Zweifellos ein Segen und Gewinn für alle ... Diese Waldwanderung zwischen Olten und Aarau mag der Aare ein kleines Stück weit wieder dazu verhelfen, eine Ader, ein Element zu sein in dieser Gegend, etwas, das zwischen Leuten und Gemeinden verbindet.» Kantonsoberförster Jürg Froelicher erklärte, dass man schon Ende der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts damit begonnen habe, die Wälder auf Grund ihrer natürlichen Gegebenheiten pflanzenbiologisch und zum Teil auch bodenkundlich zu kartieren. Nach dieser Phase, die mehr als zehn Jahre dauerte, «stellten wir uns dann die Frage, wie die Er- Beim Posten 30 wird über die Bodenbeschaffenheit des Bodens im Auenwald orientiert. 62 dern ihnen am praktischen Beispiel unsere Natur, besonders die Zusammenhänge unter den verschiedenen Elementen, aufzuzeigen. 14 Posten sind es vom Eingang in den Ballypark in Gretzenbach bis zum Kraftwerk der Stadt Aarau und zurück zum Stauwehr. Diese Stationen müssen nicht der Reihe nach begangen werden, ein Zwischeneinstieg ist immer möglich. Vor allem an den Standorten der allgemeinen Informationstafeln bei der Mündung des Gretzenbacher Bachs, unterhalb des Schwimmbades Schönenwerd, beim Stauwehr, wo die beiden Kanäle für das Kraftwerk Aarau abgezweigt werden, und beim Kraftwerk Aarau. Auf der Route erfahren wir einiges über die botanischen Verhältnisse und den Aufbau des Bodens im Auenwald, die Wirkung des Wassers in einer Kurve des Flusses. Oder man erfährt, dass in der Gemeinde Wöschnau ein Waldreservat ausgeschieden worden ist, das nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt wird. Auch die Tatsache, dass die Aarauer Pferderennbahn rund zur Hälfte auf Solothurner Boden liegt, wird zum Beispiel beim Posten 37 erwähnt. Dem rechten Aareufer folgend, erreichen wir beim Kraftwerk Aarau den Wendepunkt. Nun geht es am linken Aareufer flussaufwärts, zurück zum Stauwehr bis zum Posten 40, wo über den Winterschachtelhalm orientiert wird. Hier soll nicht alles im Detail beschrieben werden, denn selbst entdecken ist spannender. Die Tafel beim Posten 40 orientiert über den Winterschachtelhalm. reich. Sicher fördern sie auch das Verständnis für den Schutz unserer Natur in der nächsten Umgebung unserer Wohngemeinden. Schönenwerderinnen und Schönenwerder sollten die Gelegenheit nutzen, die Waldwanderung unter die Füsse zu nehmen. Wenn die Teilstrecke bis Aarau gefallen hat, kann sicher auch einmal der Teil Aare aufwärts in Angriff genommen werden. Allen an der Gestaltung Beteiligten ein herzlicher Dank und ein Lob für die gute Idee. Ein Geschenk an die Bevölkerung, welches genutzt werden sollte Faltblätter mit der Routenbeschreibung können gratis bezogen werden bei: Gemeindeverwaltung Schönenwerd Amt für Wald, Jagd und Fischerei, 4509 Solothurn (www.wald.so.ch) Die Gestalter dieser Waldwanderung, welche von vielen Sponsoren unterstützt worden ist, hatten ein Gespür dafür, wie man in kurzer Form dem Wanderer Spezialwissen weitergeben kann. Alle vier bereits begehbaren und ausgeschilderten Wanderungen sind interessant, kurzweilig, weil man immer wieder neugierig ist auf den nächsten Posten, und lehr- Text und Bilder: Arno Oppliger 63 Geburtstage Januar bis Juni 2011 JANUAR 24. Bopp Rolf 30. Nünlist Franz 31. Rimai-Biro Agnes Kreuzackerstrasse 24 Stiftshaldenstrasse 15 Kreuzackerstrasse 18 80 Jahre 80 Jahre 80 Jahre Bündtenstrasse 8 Oltnerstrasse 63 90 Jahre 95 Jahre Stauwehrstrasse 45 Bäckerstrasse 12 Weidengasse 42 Tiergartenstrasse 6 Kreuzackerstrasse 24 Entfelderstrasse 1 Kreuzackerstrasse 24 Holzstrasse 1 90 Jahre 80 Jahre 80 Jahre 90 Jahre 99 Jahre 96 Jahre 98 Jahre 90 Jahre Aarefeldstrasse 18 Kreuzackerstrasse 18 Zelgliweg 6 Belchenstrasse 1A Burgstrasse 16 Stiftshaldenstrasse 25 80 Jahre 85 Jahre 85 Jahre 85 Jahre 90 Jahre 90 Jahre Kreuzackerstrasse 18 Stiftshaldenstrasse 38 Sälistrasse 16 Himmelrychweg 2 Höhefeldstrasse 2 Feldstrasse 6 Kreuzackerstrasse 18 85 Jahre 80 Jahre 80 Jahre 90 Jahre 80 Jahre 80 Jahre 95 Jahre FEBRUAR 19. Werder-Richle Maria Rosa 26. Gratwohl-Wyser Gertrud MÄRZ 04. 09. 18. 18. 18. 19. 26. 28. Gubler-Holenweger Anna Maria Nançoz-Müller Janine Trachsel Walter Moll-Studer Gertrud Hoch-Hofer Hedwig Kleitner Anna Haltinner-Zimmermann Amalie Bolliger-Wernli Erika APRIL 05. 06. 09. 11. 20. 22. Keyisoglu Kimya Frey-Thomann Marguerite Stauber Peter Hirsbrunner Günther Heim Elisabeth Hofmann Edwin MAI 01. 06. 07. 16. 28. 29. 29. Rimai Janos Hermann-Spörli Margrit Bieber Friedrich Haldimann-Stadler Elisabeth Schenker-Tschumi Marie Schweizer Wilhelm Blatter Johannes 64 JUNI 05. 13. 18. 27. Plüss-Meister Elisabeth Roth-Schmid Hulda Meier-Siegrist Irene Gerber-Luginbühl Elsa Kreuzackerstrasse 18 Kreuzackerstrasse 24 Kreuzackerstrasse 18 Tiergartenstrasse 24 90 Jahre 95 Jahre 85 Jahre 85 Jahre Ehejubiläen Januar bis Juni 2011 GOLDENE HOCHZEIT 21.03. Fiechter-Bryner Fritz und Gertrud Haldenbachstrasse 14 24.03. Deutschmann-Spillmann Werner und Irma Jurastrasse 2 30.03. Meyer-Schilling Anton und Annemarie Weidengasse 24 14.04. Baumgartner-Willa Walter und Therese Grenzweg 1 14.04. Trianni-Haus Aldo und Susanna Neumattweg 2 20.04. Sandmeier-Wirz Willy und Irma Tiergartenstrasse 1 19.05. Eggnauer-Märki Max und Margrith Lochmattstrasse 5 03.06. Loosen-Basler Wilhelm und Ruth Villenstrasse 1 09.06. Neuenschwander-Dürrenberger René und Verena Riedbrunnenstrasse 33 DIAMANTENE HOCHZEIT 13.01. Koch-Bertschi Hans und Frieda Weiermattstrasse 11 65 Veranstaltungskalender 2011/ 2012 2011 Januar 22.01.2011 Club-Casino: Opera Viva, Casino 23.01.2011 Abendmusik Stiftskirche Schönenwerd: Abendmusik, Stiftskirche 29.01.2011 Musikgesellschaft Schönenwerd: Jahreskonzert, Casino Februar 19.02.2011 Theatergruppe «Goldni Ähri» Schönenwerd: Theateraufführung, Casino 20.02.2011 Abendmusik Stiftskirche Schönenwerd: Abendmusik, Stiftskirche 25.02.2011 Theatergruppe «Goldni Ähri» Schönenwerd: Theateraufführung, Casino 26.02.2011 Theatergruppe «Goldni Ähri» Schönenwerd: Theateraufführung, Casino März 02.03.2011 Seniorennachmittag: Haus im Park, Schönenwerd 20.03.2011 Abendmusik Stiftskirche Schönenwerd: Abendmusik, Stiftskirche 26.03.2011 Sing2gether: Jahreskonzert, Casino April 16.04.2011 Synchronschwimmverein: Showschwimmen, Hallenbad Schönenwerd 30.04.2011 Zündholzsammler-Club: GV/Tauschtreffen, Museum Schönenwerd Mai 27.–29.05.2011 Musikgesellschaft Schönenwerd: Regionaler Musiktag, Schulanlage Säli 66 Juni 02.06.2011 Schülerturnier: Sportplatz 13.06.2011 Juniorenturnier: Sportplatz Juli 03.–08.07.2011 Kulturwoche: auf dem Bühl August 26.–28.08.2011 Pontonierfahrverein: Aarefest mit Schlauchbootrennen, Vereinsdepot 26.–27.08.2011 Bühlkino: auf dem Bühl September 03.09.2011 Pontonierfahrverein: Aarefest mit Schlauchbootrennen, Vereinsdepot 17.09.2011 Zündholzsammler-Club: Tauschtreffen, Museum Schönenwerd November 02.11.2011 Seniorennachmittag: Haus im Park, Schönenwerd 04.11.2011 Stützpunktfeuerwehr Schönenwerd: Hauptübung Dezember 10./11.12.2011 Ballettaufführung: ref. Kirchgemeindehaus Schönenwerd 2012 März 07.03.2012 Seniorennachmittag: Haus im Park, Schönenwerd November 03.11.2012 Stützpunktfeuerwehr Schönenwerd: Hauptübung, Casino Saal 67 Chronewirt Auch schon da gewesen ... ist eine Feststellung, die wir alle immer wieder machen. Zum Beispiel gegen das Jahresende, wenn überall Bilanz gezogen oder Rückschau gehalten wird. Diese Tätigkeit ist oft mit der Einsicht verbunden, dass eben alles auch schon mal da gewesen ist. So werden «zum Glück» schlechte Zeiten durch gute Zeiten abgelöst, missglückte Phasen durch erfolgreiche ersetzt. Auch in der Natur respektive im Jahresgang kennen wir solche Vorgänge. Frühling und Sommer werden durch den Herbst und Winter abgelöst oder Sonnentage und Regentage wechseln sich ab. Muss das einfach so sein? Die durch die Natur bestimmten Zyklen sollten wir so hinnehmen, wie sie auftreten. Das Bestreben, alle natürlichen Abläufe im Griff zu haben, scheint mir unrealistisch. Hingegen sollten wir uns mit den Zyklen intensiv auseinandersetzen, wo wir als Betroffene die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen. Ich bin überzeugt, hier liegt eine grosse Verantwortung bei uns allen. Die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen bedeutet, sich bereits in einer positiven Phase damit zu befassen, welche Strategie für eine unglückliche Phase gewählt werden soll und welche Massnahmen notwendig sind, um den negativen Effekt möglichst schadlos zu bewältigen. Obschon, so glaube ich, diese grosse Verantwortung für uns alle als eine Selbstverständlichkeit erscheint, entziehen sich immer wieder einzelne Personen oder ganze Branchen dieser Verantwortung und setzen dafür auf das unkontrollierbare Prinzip «Hoffnung». Eben – auch schon da gewesen! Auch schon da gewesen, kann aber auch bedeuten, wieder einmal genau an dem Punkt angelangt zu sein, wo erneut die Möglichkeit besteht oder es die Verantwortung verlangt, eine Weichenstellung vorzunehmen. Liebe Leserin, lieber Leser, so wie Sie es sicher aus eigener Erfahrung kennen, sind oft auch politische Geschäfte von diesem Umstand geprägt. Dann nämlich, wenn durch eine neue Ausgangslage oder ein verändertes Umfeld sich eine Neubeurteilung aufdrängt. Genau dann haben wir als Einwohner und speziell als Stimmbürger oder Behördenmitglieder einer Gemeinde die Pflicht und Verantwortung, uns dieser Sache anzunehmen und die richtige Weichenstellung vorzunehmen. Auch hier ist das Prinzip «Hoffnung» der falsche Weg! Stellen wir diese Form von «Auch schon da gewesen» fest, stehen wir alle in der Verantwortung, die damit verbundene Weichenstellung als Chance wahrzunehmen. Mit dem Erscheinen der zweiten Ausgabe der Chrone-Zitig in diesem Jahr steht auch die besinnliche und festliche Jahreszeit vor der Tür. Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen für diese Zeit frohe und unbeschwerte Stunden im Kreise Ihrer Familien und Angehörigen. Peter Hodel, Gemeindepräsident 68