Rezept auf Seite 130

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Zum fabelhaften Hirschen
Der Wild-Meister
In seinem Restaurant Zum fabelhaften Hirschen in Groß Grönau bei Lübeck
kocht Marc Grotkopp auf hohem Niveau, aber nicht abgehoben.
Text: Anke GEFFERS · Fotos: Axel Sei fert
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In Groß Grönau kommen sich Wildschwein und
Antilope ganz nah – wenn auch nur auf der Speisekarte. Marc Grotkopp, Küchenchef und Inhaber
des Restaurants Zum fabelhaften Hirschen, und
seine Frau Bianca haben es nicht nur geschafft,
dass sich Namibia und die norddeutsche Tief­­ebene perfekt ergänzen, sondern auch noch einen
der besten Landgasthöfe in Schleswig-Holstein
aufgebaut. Und das kam so:
Als Marc Grotkopp das Restaurant, das schon sein
Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater bewirtschafteten, vor 15 Jahren übernahm, hieß es
noch ganz traditionell St. Hubertus. Ein ehemaliges Forsthaus und Ausflugslokal, erbaut vor über
hundert Jahren. Wildgerichte standen schon damals auf der Speisekarte, serviert mit schweren
Soßen und fettigen Beilagen. Marc Grotkopp,
der bei Sterneköchen wie Heinz Wehmann im
Hamburger Landhaus Scherrer oder in Wertheim
bei Dieter Müller gelernt hat, entwickelte neue
Ideen für das Familienrestaurant. Wild sollte es
weiterhin geben, aber leichter, moderner. Und
nicht nur im Winter. Dazu regionales Gemüse,
Einst und jetzt:
Im Jagdzimmer
mit dem alten
Kachelofen ist das
historische Gasthaus
St. Hubertus noch
lebendig (o.);
leger geht es im
neu gestalteten
Bistro zu, das in
warmen Farben
eingerichtet ist
und ein bisschen
afrikanisches Flair
in den Süden von
Lübeck bringt (re.).
Zum fabelhaften Hirschen
krosse Bratkartoffeln, außerdem Fisch, Fleisch,
Geflügel. Alles auf hohem Niveau, aber nicht abgehoben.
Dann trat Bianca in Marc Grotkopps Leben. Eigentlich wollte sie nur für kurze Zeit eine Ausbildung
in Deutschland machen, denn ihre Familie lebt
auf einer Farm in Namibia. Inzwischen heißt Bianca
ebenfalls Grotkopp, ist Mutter zweier 13 und 15
Jahre alter Kinder – und statt nach Namibia zurückzugehen, hat die zierliche Frau mit dem sympa­
thischen Lachen einfach einen Teil ihrer Heimat
nach Groß Grönau geholt.
„Wir haben uns überlegt, dass wir das Restaurant
St. Hubertus frischer, moderner und unverwechselbarer machen wollen“, sagt der 47-jährige
Spitzenkoch, dessen Landhausküche mehrfach
zum Beispiel vom „Feinschmecker“ und vom VartaFührer ausgezeichnet wurde. Als erstes musste
ein neuer Name her. Zum fabelhaften Hirschen
heißt das Traditionsgasthaus nun, mit einem Hirschen im Logo, der den Gästen zuzwinkert. „Wir
wollten das Adjektiv ‚fabelhaft‘ mit einem kleinen Augenzwinkern verwenden und so zeigen,
dass wir gehobene Küche mit lockerer Atmos­
phäre verbinden.“
Als nächstes nahm das Gastronomen-Paar die
Gasträume in Angriff. Rechts, im eingedeckten Àla-carte-Restaurant, geht es etwas feiner zu, im
angrenzenden, rot und grün gestrichenen Jagdzimmer ist ein Teil des historischen Restaurants
St. Hubertus mit Geweihen an den Wänden und
dem alten Kachelofen lebendig geblieben. Wer
gern leger speisen oder nur mal eine Kleinigkeit
essen möchte, geht nach links ins Bistro. Und hier
kommt dann auch Namibia ins Spiel. Der Raum
mit den gelben Wänden, dem braunen Holzfußboden und den orangefarbenen Tischdecken
scheint zu leuchten und ein bisschen afrikanische
Sonne ins häufig graue Schleswig-Holstein zu
bringen. An den Wänden hängen Bilder von Löwen und der namibischen Wüste. Und auf der
Karte stehen neben Grünkohl mit Kasseler oder
eingelegtem Hering auch Hake, ein namibischer
Fisch, Kaktusfeigensaft oder warmer Malvapudding mit Eis, eine kuchenartige Spezialität aus
Südafrika. Und manchmal, wenn Marc Grotkopp
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Zum fabelhaften Hirschen
das Fleisch bekommen kann, steht auch Antilopensteak auf der Karte.
Mittlerweile hat sich nicht nur in Lübeck, sondern
auch im weiteren Umkreis herumgesprochen, dass
man in Groß Grönau sehr gut zu bezahlbaren
Preisen essen kann. Hauptgerichte wie die geschmorte Wildschweinschulter mit Pilzen und
Spitzkohl kosten etwa 20 Euro, Gerichte auf der
Bistrokarte wie zum Beispiel sauer eingelegte Heringe mit Bratkartoffeln rund zehn Euro. Marc
Grotkopp legt keinen großen Wert auf viel Brimborium und Chichi, sondern bietet eine reelle Küche mit besten Zutaten aus der Region an. „Sicher
soll das Essen auch gut aussehen, aber noch wichtiger ist es, dass es gut schmeckt.“ Der Fisch kommt
aus Travemünde, das Wild von Bauer Mahnke
aus Sarau. „Der geht für mich auf die Jagd.“ Saisonales Gemüse wie Schwarzwurzeln und Steckrüben stammt von Höfen aus der Umgebung,
Spargel und Kartoffeln kommen vom Hof Falkenhusen im Nachbardorf. „Ich mache mir viel Mühe
und Arbeit mit dem, was auf den Teller kommt“,
sagt Grotkopp. Wenn ein Kind Fischstäbchen
möchte, nimmt er nicht die fertigen Formteile
aus der Kühltruhe, sondern paniert frischen Fisch,
den er in Streifen schneidet.
Wer im Fabelhafen Hirschen essen geht, kann sicher sein, dass der Chef persönlich in der Küche
steht. „Ich bin hier jeden Tag 14 Stunden im Einsatz. Nur am Dienstag ist Ruhetag.“ Seinen Gästen gibt der Chef gern Tipps, bereitet für Vegetarier und Veganer Gerichte nach Wunsch zu und
empfiehlt die passenden Getränke zum Menü –
zur Auswahl stehen neben deutschen und französischen vor allem südafrikanische Weine.
Was würde er selbst in seinem Restaurant bestellen? „Das Beste, was man essen kann, ist für meinen Geschmack ein guter Rehrücken.“ Wenn der
Wild-Meister den zubereitet, ist ganz klar, wie
der schmeckt: einfach fabelhaft.
GUT ZU WISSEN:
Von der Autobahn 20, Abfahrt Groß Sarau, auf die Hauptstraße
(ehemals B207) in Richtung Lübeck fahren. Nach 3,5 Kilometern
geht die Straße in die Straße St. Hubertus über. Das Restau­rant
liegt am nördlichen Ortsausgang von Groß Grönau.
AUF EINEN BLICK:
Zum fabelhaften Hirschen
Lübeck
St. Hubertus 1
23627 Groß Grönau
Tel. 045 09-87 78 66
www.zum-fabelhaften-hirschen.de
Öffnungszeiten: Täglich ab 12 Uhr und ab 18 Uhr geöffnet,
dienstags Ruhetag; bei gutem Wetter ist die Terrasse geöffnet
Hirschrückenfilet auf cremigen
Schwarzwurzeln mit Blaubeeren
und Kräuterseitlingen
ZUTATEN
1 Bund Schwarzwurzeln
2Schalotten
Butter
Weißwein
300 g Sahne
1 EL Zucker
1 TL Butter
125 g Blaubeeren
600 g Hirschrücken, schier
Salz, Pfeffer
2Schalotten
1 Zweig Rosmarin
evtl. etwas Wildgewürz
100 g Kräuterseitlinge
1 Schalotte, fein gewürfelt
Butter zum Braten
500 g Kartoffeln
30 g Speckwürfel
30 g Zwiebeln,
fein gewürfelt
1 Bd. gemischte Kräuter, fein geschnitten
1 Bd. Schnittlauch
2Eigelb
Salz, Pfeffer, Muskat
Stärke
Zubereitung
Die Schwarzwurzeln schälen und in dünne längliche Scheiben schneiden. Die Schalotten fein würfeln und in Butter anschwitzen. Die
Schwarzwurzeln zugeben und mitschwitzen. Mit etwas Weißwein ablöschen und mit der Sahne auffüllen. Die Schwarzwurzeln bei kleiner
Hitze köcheln lassen, bis sie bissfest sind und die Sahne leicht bindet.
Den Zucker im Topf hell karamellisieren lassen. Die Butter zugeben,
Karamell auflösen. Die Blaubeeren vorsichtig darin erwärmen.
Den Hirschrücken mit Salz und Pfeffer würzen. In einer Pfanne von
allen Seiten anbraten. Die Schalotten in Scheiben schneiden und
mit dem Rosmarin so auf ein Backblech legen, dass der Hirschrücken genau darauf passt. Im Ofen bei 160 Grad garen, bis der
Rücken innen rosa ist. Wer es nicht puristisch haben möchte, kann
den Rücken jetzt noch mit etwas Wildgewürz nachwürzen.
Die Kräuterseitlinge trocken abwischen, in Scheiben schneiden und
mit Butter und feinen Schalottenwürfeln braten.
Die Kartoffeln gar kochen und im Backofen ausdämpfen, bis sie
trocken sind. Durch eine Kartoffelpresse drücken.
Den Speck fein würfeln und auslassen. Die Zwiebelwürfel zugeben
und glasig anbraten. Die Kräuter hinzufügen. Die Speck-ZwiebelKräutermischung in die Kartoffelmasse geben. Eigelb, Salz, Pfeffer
und Muskat zugeben und alles vermengen. Für einen besseren Halt
evtl. etwas Kartoffelstärke zugeben.
Die Kartoffelmassen in 5 cm dicke Rollen formen und erkalten lassen. Aus der Kartoffelrolle 1 cm dicke Scheiben schneiden und in
der Pfanne braten.
Weintipp: Dazu passt zum Beispiel ein Luddite Shiraz aus Südafrika.