Orlando Bloom

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Orlando Bloom
RD Wort für Wort
Orlando Bloom
Das Kind
im Star
Ob Pirat, Kreuzritter oder Elf – wenn
Orlando Bloom eine Rolle spielt, fühlt er
sich wieder wie ein kleiner Junge.
In Elizabethtown zeigt er jetzt auch
seine komische Seite | V O N L I N E A B R A H A M I A N
Orlando bloom begrüßt mich mit
einem Lächeln. Seine dunklen Locken
hat er zurückgekämmt, die durchdringenden Augen scheinen in mein tiefstes Inneres zu blicken. Der Bartansatz
lässt seine weichen Züge zwar nicht
härter erscheinen, verleiht ihm aber
eine gewisse Männlichkeit. Schließlich spielt er mittlerweile auch reifere
Charaktere als Legolas in Der Herr
der Ringe oder Will Turner in Fluch
der Karibik. Zum Beispiel Balian in
Königreich der Himmel. „Dabei bin ich
gern ein Junge“, gesteht Bloom. „Ich
FOTO: © CORBIS
bin ja auch erst 28.“ Erst 28, aber schon
einer der gefragtesten Schauspieler in
Hollywood.
Sein Leben ist allerdings nicht ganz
ohne Rückschläge verlaufen. Bloom
wurde im englischen Canterbury geboren und wuchs bei seiner Mutter
Sonia auf. Sein Vater Harry, ein südafrikanischer Aktivist, der gegen die
Apartheid kämpfte, starb, als Orlando
vier Jahre alt war. Als Teenager erfuhr
Orlando, dass Colin Stone, ein Freund
der Familie und sein Vormund, sein
leiblicher Vater ist. Fragen zu diesem
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Thema beantwortet der Filmstar mit
Zurückhaltung. „Wenn ich anfange,
darüber zu sprechen, sitzen wir den
ganzen Tag hier. Und ich müsste Ihnen
ein Therapeuten-Honorar zahlen!“
Mit 21 versuchte Bloom, von einem
Fenster im dritten Stock auf eine Dachterrasse zu klettern, stürzte ab und
brach sich das Rückgrat. Die Ärzte
sagten, er werde möglicherweise nie
wieder gehen können. „Wenn man so
eine Verletzung überlebt, schätzt man
danach vieles ganz anders“, sagt er.
Vielleicht lässt ihn der Ruhm deshalb so unbeeindruckt. Wir sprachen
mit Orlando Bloom über Helden,
Familie und Religion.
RD: Angesichts so vieler Abenteuerfilme scheint das Schwert zu Ihrem
verlängerten Arm geworden zu sein.
Bloom: Ja, ich habe schon einige Filme
gedreht, in denen Schwerter vorkommen. Aber in der romantischen Komödie Elizabethtown, die derzeit im Kino
läuft, zeige ich meine unbeschwertere
Seite. Vielleicht erwartet man das
nicht von mir – aber ich kann auch
amüsant und etwas verschroben sein.
RD: Haben Sie als Kind auch Abenteuergeschichten gelesen oder nachgespielt?
Bloom: Ich besitze eine blühende Fantasie. Ich habe im Garten Cowboy, Indianer und Pirat gespielt. Heldenhafte
Persönlichkeiten haben es mir schon
immer angetan, und als mir klar
wurde, dass sie nicht real sind, wollte
ich Schauspieler werden. Inzwischen
war ich Soldat, Pirat, Geächteter,
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Boxer und Elf – ich fühle mich wieder
wie ein Kind!
RD: Was macht Ihrer Meinung nach
einen Helden aus?
Bloom: Aufrichtigkeit, Rechtschaffenheit, Klugheit, Mut und Mitgefühl.
RD: Suchen Sie auch in Ihrem eigenen
Leben nach Helden?
Bloom: Man braucht nicht weit zu
gehen, um heldenhafte Menschen
zu finden. Als ich mit gebrochenem
Rückgrat im Krankenhaus lag, waren
die Ärzte und Schwestern meine Helden. Eine Krankenschwester kam zum
Beispiel alle zwei Stunden an mein
Bett und bewegte meine Beine, weil
ich es selbst nicht konnte. Sie arbeitet wahrscheinlich immer noch im selben Krankenhaus und tut jetzt das
Gleiche für jemand anderen. Das ist
wahres Heldentum.
Harry, der Mann meiner Mutter,
kämpfte gegen die Apartheid und war
mit Nelson Mandela im Gefängnis.
Er ist ein großer Held. Genauso wie
mein Vater, weil er mich geliebt und
unterstützt hat, weil er in guten und
schlechten Zeiten da war. Er ist ein
hervorragendes Beispiel für einen
bescheidenen, anständigen und aufrichtigen Menschen.
RD: Inwiefern hat die Enthüllung, wer
Ihr leiblicher Vater ist, Sie geprägt?
Bloom: Man kann aus jeder Situation
– egal, ob gut oder schlecht – etwas
lernen. Die Wahrheit über meinen
Vater zu erfahren hätte schrecklich
sein können. Aber ich habe es als eine
FOTO: © DEFD
Orlando Bloom und Filmpartnerin Kirsten Dunst in der Komödie „Elizabethtown“
Chance gesehen zu wachsen. Ich bin
kein Philosoph; ich bin jung und
möchte immer jung bleiben; ein jugendliches Gemüt kann einem durch
die meisten Widrigkeiten des Lebens
helfen.
RD: Was haben Sie aus Ihrem Unfall
gelernt?
Bloom: Er hat mich wachgerüttelt. Ich
war depressiv, hatte Schmerzen und
habe mich gefragt: „Warum musste
mir das passieren?“ Wenn man jedoch
gesagt bekommt, dass man nur knapp
dem Tode entronnen ist und vielleicht
nie wieder gehen kann, überdenkt
man das Leben neu. Ich war ziemlich
leichtsinnig, aber mir ist klar geworden, dass ich nicht unverwundbar bin.
RD: Hat Ihre Suche nach Spiritualität
Sie zum Buddhismus geführt?
Bloom: Auf jeden Fall. Mit 18 habe ich
einen Künstler kennen gelernt, der
Buddhist war und mir etwas über seinen Glauben erzählt hat. Seither spielt
die Lehre des Buddhismus eine große
Rolle in meinem täglichen Leben und
gibt mir ein Gefühl des Friedens. Ich
möchte unerschütterlich in mir selbst
ruhen, sodass weder Gutes noch
Schlechtes mich aus der Bahn werfen
kann und ich nicht das Gefühl dafür
verliere, wer ich wirklich bin.
Eine Lehrerin musterte meine Zwillingsenkelinnen und rief: „Meine
Güte, Jenna und Joy, wie soll ich euch denn nur auseinander halten?“
„Das ist nicht schwer“, antwortete Joy. „Mama sagt, dass mein Haar
sich viel leichter kämmen lässt als Jennas.“
JAY E H I GH E T, Kanada
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