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Die großen Fragen / Herausforderungen 1. Was sind Finanzmärkte? 2. Wie lässt sich der Dominanzgewinn des Finanzmarktsektors gegenüber der realen Produktionswirtschaft erklären? 3. Welches sind die Instrumente dieses Finanzmärktealchemismus? 4. Wie wird die Gesellschaft für die Folgen kollabierender Finanzmärkte in Haftung genommen? 5. Wie sehen Bankensystem und Finanzmärkte der Zukunft aus? 6. Die Rolle der EU und des Eurolandes? Systemkrise durch die Herrschaft der Finanzmärkte: Relative Entkoppelung von der Produktionswirtschaft FINANZMARRKTGETRIEBENER KAPITALISMUS Die erste globale Krise der finanzmarktgetriebenen Weltwirtschaft: „Kasinokapitalismus“ Eine lange nicht wahrgenommene (Fehl-)Entwicklung: Weltfinanzsystem wächst schneller als die Weltwirtschaft! *McKinsey-Studie:1990 bis 2007 -Weltweites Anlagevermögen: ver-4,6-facht (von 43 auf 196 Bill. US$) -Weltbruttosozialprodukt: ver-2,5-facht (von 22 auf 55 Bill. US $) Systemwandel: Die Finanzmärkte entkoppeln sich relativ von der Wert schöpfenden Produktionswirtschaft (ohne finanzielle Sektoren): Statt Handel mit konstruierten Werten, Handel mit Produkten auf der Basis ökonomischer Wertschöpfung Systemkrise durch Herrschaft der Finanzmärkte 1. Ursachen: Finanzmarktgetriebener Kapitalismus: Vermögenskonzentration, Renditesuche, Flucht in Finanzmärkte, Verschiebung der Geschäftsmodelle: Überzogene Zielrenditen 2. Woher kommen die Kapitalmassen: Umverteilung (Einkommen und Vermögen), Überakkumulation 2. Relative Entkoppelung: Dominanz der Finanzmärkte über die Realwirtschaft (Vorgabe von Renditen) 3. Spekulationsgeschäfte: Ohne Bezug zur realen Produktion 4. Finanzmarkt- “Innovationen“: Paul Achleitner spricht von Finanzmarktalchemismus: CDO /CDS/Leerverkäufe/Zertifikate etc. Kernprozess der relativen Entkoppelung: Expansion hoch spekulativer Geschäfte: *Volumen der Finanztransaktionen 75-fach so groß wie Weltproduktion *Volumen Derivategeschäfte 1990-2011; 4-fach BIP / 300-fach. *Volumen Devisengeschäfte 1990-2011; 4-fach BIP / 6,5-fach (von 147 Mrd. € auf 955 000 Mrd. €). Illusion: Werthaltigkeit von Spekulationen: statt G – W – G`zu G – G` „Gute“ / „Schlechte“ Spekulationen Schaffung neuer Finanzmarktprodukte (Finanzmarktinnovationen: Kreation hochriskanter, virtueller Finanzmarktprodukte („Alchemisten“ auf den Finanzmärkten): Derivate, Mehrverfachverpackung von Forderungen: Derivate Mortgage Backed Securities – durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere; CDO- Collateralized Debt Obligation; CDS- Credit Default Swaps), Zertifikate (Wetten auf Indexentwicklung), Leerverkäufe, Zinsdifferenzwetten (Spread Ladder swaps). Handel an den Warenterminbörsen (1999 dereguliert) mit agrarischen Rohstoffen. Die Brandbeschleuniger 1, Expansion spekulativen Investmentbanking: Kundengeschä Kundengeschäft + Staat haften innerhalb der Universalbank 2, Auß Außerbö erbörsliche Geschä Geschäfte: Over the Counter (OTC): nur noch bis 50% über Bö Börsen 3. Hochfrequenzhandel: Invasion der RoboTrader 6. Mai 2010, 14 Uhr Flash Crash: Titelverluste in fü fünf Minuten: - 1,3 Mrd. $ Die Rolle der Ratingagenturen: Brandbeschleuniger The Three Bigs: Bigs Standard&Poor´s (Anteil am Umsatz 40%) / Moody´s (40 %) / Fitch (15%) Henry Vanrum Poor: 1868 „Manuel of the Railroads of United States“ 1. Funktionale, ordnungspolitische Begrü Begründung: Asymmetrische Informationen („market for lemons“) Quasi hoheitliche Aufgabe: Informationsproduktion Finanzmarktinnovationen, n, Staaten Bewertung von Aktien, Krediten, Anleihen, Finanzmarktinnovatione 2. Wem gehö gehören die RA ?: Abhängigkeit von Auftraggebern Eigentümerkaskaden: Großunternehmen (Mc Graw Hill, Banken, Investmendfonds und Hedgefonds) 3. Geschä Geschäftsmodell: ftsmodell Produktion von Urteilen am Fließband; Keine Transparenz über die Urteilsbildung 4. Regulierungsbedarf bei den Ratingagenturen * Regulierungsbedarf durch G 20 mehrfach angefordert * 1975 durch SEC zugelassen: Zulassung durch Aufsicht regelmäßig prüfen * Haftung für Fehlurteile * Umstellung der Bezahlung vom Kreditgeber und Finanzmarktproduzten auf die nachfragenden Kunden * RA-Urteile streichen aus Gesetzen und Verordnungen – etwa EZB, Banken - Wie kam es zu Entfesselung der Finanzmä Finanzmärkte: PolitikPolitik- und oder Marktversagen? Unter Druck der Finanzmarktlobby Entfesselung der Finanzmärkte: - 27. 10. 1986 Maggi Thatcher: Thatcher Big Bang - 1994 Bill Clinton und 1999 Abschaffung Glass-Steagall Act 1933 (Gramm-Leach-Bliley Act) und 2000 Deregulierung der Warenterminmärkte - Ab 2000 mehrere Deregulierungen in Deutschland: Deutschland Derivate, Hedgefonds, Steuervorteile Krisenerfahrungen Politik hat Entfesselung zu verantworten und nach den Krisenerfa hrungen wieder re-- bzw. zu regulieren. zu re Auf Regulierungen Fluchversuche: Regulierungsarbitrage Beispiel Schattenbanken Die direkten und indirekten Folgewirkungen der Finanzmarktkrise 1. Systemrisiko: Drittwirkungen; externe Effekte 2. Abschreibungsbedarf Banken / Versicherungen: Ertragsverluste 3. Interbankenmarkt als Nervensystem des Geldsystems in der Krise 4. Tiefe Vertrauenskrise bremst Investitionsbereitschaft 5. Folgen die Realwirtschaft: Dominanz und Finanzierungs- bzw. Kreditklemme 7. Too big to fail: Systemrelevanz und Staat rettet Banken 6. Finanzmarktkrisen in den sozialen Sicherungssystemen: Gesetzliche Altersvorsorge wieder stärken: Existenzsichernde Mindestrente 7. Übergreifend: Die Not mit den niedrigen Kapitalmarktzinsen Rolle der vorherrschenden wirtschaftswissenschaftlichen Theorien 1. Finanzmärkte als sich aus eigener Kraft stabilisierendes System dargestellt: Vollkommene Information und Effizienzhypothese 2. Banken völlig krisenunanfällig: Bankenkrisen nicht erklärbar. 3. Unterstellt wird der reduzierte, rational handelnde „homo oeconomicus“. 3. Im Sinne der Bildung simultaner Gleichgewichtskonstellationen auf allen Märkten keine Drittwirkungen (keine externen Effekte) 3. Beispiel: Fehlprognose des SVR für das Jahr 2009 4. Politik konnte sich in der Finanzmarktkrise keinen Rat bei der neoklassischen Wirtschaftswissenschaft holen Ordnungspolitische Begründung der Regulierung der Banken Adam Smith (1776) Man könnte nun einwenden, es sei eine handfeste Verletzung der persönlichen Freiheit, die das Gesetz ja im Grunde schützen anstatt einschränken sollte … Solche Vorschriften mögen, ohne Zweifel, in gewisser Hinsicht als eine Verletzung der persönlichen Freihat betrachtet werden, doch wenn einige wenige dieses Naturrecht so ausüben, dass sie die Sicherheit des ganzen Landes gefährden können, so schränkt jede Regierung, die liberalste wie die diktatorischste, dieses Recht gesetzlich ein, und zwar ganz zu Recht. Auch die Vorschrift zum Bau einer gemeinsamen Brandmauer, um das Übergreifen von Feuer zu verhindern, verletzt die persönliche Freiheit genau auf die gleiche Weise wie das hier vorgeschlagene Bankgesetz. Adam Smith: Wohlstand der Nationen, London, 1789, nach der deutschen Ausgabe München, 3. Auflage 1983, Seite 267. Endlich Lehren ziehen? Finanzmärkte und insbesondere die Banken ordnungspolitisch regulieren * Dienende Funktionen für die Realwirtschaft (Krugman:„Making Banking Boring“, „stinklangweilige Banken“) Deutschlands Vorteil: Das Drei-Säulenmodell * Banken entmachten: Spekulations-Investmentbanking, Eigenhandel (ohne Kundenauftrag), OTC-Geschäfte abbauen * Risikoabsicherung über Eigenkapital: Basel III bei den Banken * Geschäfte begrenzen durch Leverage Ratio (Eigenkapital zu Bilanzsumme) * Re-Regulierung der Finanzmarktinstrumente; CDO, CDS. Leerverkäufe etc. * Finanz-Tüv: Produkte genehmigen und kontrollieren * Rettung von systemrelevanten Banken und Versicherungen: staatliche Interventionen und Bedingungen * Brandbeschleuniger Ratingagenturen bedeutungslos machen * Systembedrohenden Schattenbanken abschalten: insbesondere Hedgefonds, Private Equity-Fonds, Geldmarktfonds und andere Zweckgesellschaften außerhalb der derzeitigen Regulierung. Banken in die Schranken: Abschirmung + Abbau des hoch spekulativen Investmentbanking 1. Das normale Kredit- und Einlagengeschäft (Commercial Banking) darf nicht durch Krisen im Investmentbanking belastet werden. 2. Systemrelevanz der Banken vor allem in Folge spekulativer Geschäfte muss verhindert werden (Ende „too big to fail“). 3. Im Zentrum: Eigenhandel (ohne Kundenauftrag) mit eigens kreierten Derivate-Produkten, Vorschläge: * Paul Volker: Eigenhandel einlagegeschützten Banken verbieten (Frank/Dodd Act) * John Vickers: Abschirmung / Ringfencing durch Holding * Erkki Liikanen: Holding mit den streng abgespaltenen Einheiten: Commerical Banking gegenüber spekulativem Investmentbanking Ein Vorschlag gegen spekulatives Investmentbanking zum Schutz der Einleger und Kreditnehmer 1. Alle spekulativen Handelsgeschäfte, ob im Kundenauftrag oder im Eigenhandel, werden den Kredit- und Einlagebanken entzogen (etwa auch hoch riskante Derivate, die Kunden angeboten werden). 2.Auch das Market Making (Marktpflege), mit dem die Banken auf eigene Rechnung spekulieren können, werden ausgegliedert. 3. Alle den Kredit- und Einlagenbanken verbotenen Geschäfte zum Schutz ihrer Kunden, können in ein Finanzhandelshaus ausgegliedert werden. 4. Soweit eine Holding entsteht bedarf es einer abgeschirmten Haftung und Kapitalausstattung. Flankierende Maßnahmen: 5. Durch spezifische Anleihen zusätzlicher Risikopuffer bei Banken. 6. Ge- und Verbote für alle eingesetzten Finanzinstrumente: Investmentbanking austrocknen. Allfinanzunion: Schwerpunkt Bankenunion- Kontrolle der Banken Finanzsektor regulieren Warum braucht die Euro-Währungsunion eine Bankenunion? - Einheitliche Währung: Sicht- und Spareinlagen in der Geldmenge; - Nach Mindeststandards regulierte Banken. Ebenen der Aufsicht: * systemische Entwicklung: makroprudenzielle Aufsicht; * Aufsicht der Allfinanzgeschäfte: mikroprudenzielle Aufsicht. Aufgaben: - Gemeinschaftliche Einlagensicherung; - Gemeinschaftliche Aufsicht mit Eingriffsrechten bis hin zu Schließungen von Banken (Bankentestamente); - Gemeinschaftliches System der Bankenrestrukturierung. Bei Insolvenz Bail-In: Die Haftungskaskade Institutionen: Kritik an der neuen Aufgabensäule für die EZB: Machtzuwachs und Interessenkonflikte. Alle mehr als 600 00 Banken oder nur die 30 Großbanken? Rolle der Sparkassen und Volksbanken Welche Lehren sind aus der Finanzmarktkrise gezogen worden? 1. Enttäuschte Versprechungen: Von den großen Versicherungen auf den Gipfeln (G 20 April 2008 und danach) ist nicht viel übrig geblieben. 2. Wirksamkeitsschwelle zu schwach: EU und Regierungsparteien in Deutschland haben einige Regulierungen durchgesetzt, jedoch ohne ausreichende Anreizwirkung und damit eine zu geringe Wirksamkeitsschwelle - Basel III: Risikodifferenzierte Kapitalinterlegung - Hochfrequenzhandel unzureichend begrenzt - Derivate- Geschäfte außerhalb der Börse (OTC) - Macht der Ratingagenturen unzureichend beschränkt - Restrukturierungsgesetze: Sanierungs- und Abwicklungspläne, Testamente (neues Gesetz im Entscheidungsprozess) (neues - Finanzierung bankeninternen Rettungsfonds - Verschärfte Haftung der Geschäftsführer von Banken und Versicherungen - Bonusregelungen: Gekoppelt an fixen Einkommensbestandteile 3. Macht des politisch-ökonomischen Finanzmarktkomplexes: Investmentbanking, Hedgefonds, Private Equity Fonds Die Vorgaben im schwarz-roten Koalitionsvertrag: A. Grundsätze / Bekenntnisse 1. „Unsere Finanzpolitik gibt der realwirtschaftlichen Dienstleistungsfunktion des Finanzsektors Vorrang vor spekulativen Geschäften“ 2. Grundsatz: „Kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Markt darf in Zukunft ohne angemessene Regulierung bleiben.“ 3 „Risiko und Haftung müssen wieder zusammengeführt werden.“ 4. „Die Steuerzahlerinnen und Zahler sollen nicht mehr für die Risiken des Finanzsektors einstehen müssen. 5. Lob für das Drei-Säulenmodell (Privat, Sparkassen / Volksbanken). B. Regulierungsansätze 1. Basel III (Eigenkapital, Liquidität) zügig umsetzen. 2. „… Verbindliche Schuldenobergrenzen („Leverage Ratio“), die den Risikogehalt der Geschäftsmodelle angemessen berücksichtigen . 3. Verschärfung des Gesetzes zur Risikoabschirmung gegenüber spekulativem Investmentbanking (Liikanen-Kommission). 4. „Schattenbanken müssen reguliert werden.“ 5. Erinnerungsposten: Hochfrequenzhandel, Eindämmung der Rohstoff- und Nahrungsmittelspekulationen, Kontrolle Ratingagenturen; gegen Finanzbetrug und Geldwäsche, Finanztransaktionsteuer, Dispositionskredite, Honorarberatung. Ist mit einer neuen Blase auf den Finanzmärkten zu rechnen Droht eine neue Finanzmarktkrise? 1. Absturz der Realökonomie noch nicht überwunden – auch wegen der staatlichen Austeritätspolitik in der Krise. 2. Bankensystem: immer noch Vertrauenskrise; Wettbewerbsintensität sinkt und komplexe Finanzinstitute dominieren. 3. Ramschpapiere werden gehandelt; erneut riskante Wetten mit Finanzmarktprodukten (Collateral Transformation). 4. Beispiel Deutsche Bank: Immer noch „too big/ too interconnected to fail“; mit über 2 Bio. € Bilanzsumme; 2 ½ so groß wie Lehman Brothers; in großen Teilen einem Hedgefonds vergleichbar. 5. Die Finanzoligarchie nimmt wieder massiv Einfluss auf die Politik mit dem Ziel, die Regulierungen zu stoppen. 6. Schattenbanken schaffen neues Systemrisiko: Regelungen durchsetzen und Verbandelung mit den lizenzierten Banken zerschneiden. Demokratiekonforme Märkte gegen „marktkonforme Demokratie“ 1. Bändigung der Finanzmärkte durch Regulierungen 2. Zerschlagung der Banken auch durch Teilverstaatlichung 3. Schaffung eines Finanzmärkte-Branchenrats: Koordinierung mit der Aufsicht 4. Ausbau der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung: Aufsichtsräte, betriebliche Interessenvertretung, Europäisierung der Mitbestimmung 5. Hegemonie der Politik über die Märkte: Kampf dem Lobbyismus