Chronik der Landeskirchlichen Gemeinschaft Bautzen

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Chronik der Landeskirchlichen Gemeinschaft Bautzen
Chronik der Landeskirchlichen Gemeinschaft Bautzen
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wehte in Deutschland Erweckungsluft. Die
Industrialisierung brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Menschen strömten in die Städte
und damit in die Fabriken. In der Kirche war der Liberalismus (Vernunftglaube) eingekehrt. Eine
Reihe von Männern (meist Pfarrer) und Frauen wurden erweckt. Sie kamen zum lebendigen
Glauben und sahen die Not der Menschen. Philipp Jacob Spener gab 1675 die frommen
Wünsche (Pia desideria) heraus. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760) erlebte die
Entstehung von Herrnhut. August Herrmann Franke predigte in Halle. So entstanden Kreise
(Konventikel), die nach der Bibel fragten. In Württemberg (Stuttgart) wirkte Rektor Dietrich,
geb. 1844, bekannt ist sein Monatsblatt “Philadelphia“ (Bruderliebe). 1895 sandte er Bernhard
Kühlwein als Bibelkolporteur nach Sachsen. Über die 1. Gnadauer Konferenz, 22.-24.5.1888,
ein Ort bei Magdeburg, (in Besitz von Herrnhut) kam es am 27.10.1897 zur Gründung des
Gnadauer Verbandes in Deutschland. Dem folgte am 27.12.1899 die Gründung des Brüderrates
für Landeskirchliche Gemeinschaftspflege im Königreich Sachsen, als Vorstand des
„Landesverbandes Landeskirchlicher Gemeinschaften Sachsen“. Im Register des Verbandes in
Chemnitz gab es 1903 100 Ortsgemeinschaften. Im Jahre 1910 waren es mehr als 300, darunter
Bautzen. Mehrere Bibelkolporteure kamen nach der Lausitz. So Herrmann Riedel aus Werdau
im Jahre 1895. Herrmann Kretschmar aus dem Erzgebirge kam 1901 nach Großschönau. Sein
Dienstbereich ging von Zittau bis Pirna. Auch der Großvater unserer Schw. Hannelore Weimert,
Ernst Schaarschmidt. Mit diesen Brüdern waren auch Sendboten der Herrnhuter Brüdergemeine
tätig und säten das Wort Gottes in vielfacher Weise. Es lag ihnen am Herzen, daß die Hörer der
biblischen Botschaft zu einem persönlichen Heilserlebnis kamen und es geschah auch.
So kam es, daß der Tischlermeister Johannes Zimmermann in Neukuppritz bei Bautzen junge
Männer um die Bibel sammelte. Aus einem in Bautzen bestehenden CVJM (Christlicher Verein
junger Männer), genannt: „Immanuel“, entstand die Landeskirchliche Gemeinschaft Bautzen.
Die Versammlungsräume befanden sich bis zum Umzug 1927 in das Feldschlößchen, in der
Rosenstraße 31. Der Gründungstag war am 16.11.1905, deren Eintragung in das
Vereinsregister erfolgte am 15.12.1905. Damit hatte Gott sein Werk begonnen. Br. Hartig hatte
die Leitung der Gemeinschaft in Bautzen übernommen und stand zugleich im
Verkündigungsdienst. Zur selben Zeit war auch ein EC-Jugendkreis (3.Dez. 1905) gegründet
worden. Im Grundstück Rosenstraße 31 versammelte sich Jung und Alt. Über Anzahl und Größe
der Gemeinschaft, der Jugend- und Kinderarbeit ist nichts mehr zu finden. Auch ist nichts
bekannt, wie oft und an welchen Tagen Versammlungen stattfanden.
Seit 1909 war Inspektor Brück im Verband tätig. Dieser führte am 6. April 1913 Br. Emil
Zimmermann in Bautzen als Prediger ein. Er war im Johanneum ausgebildet, danach in der
Blaukreuzarbeit in Nürnberg. Von dort kam er nach Bautzen. Am 21. Juni 1916 wurde er Soldat
und kam an die Westfront, geriet 1 Jahr später in englische Gefangenschaft und konnte im
Oktober 1919 nach Bautzen zurückkehren. Die Freude darüber war groß, denn die Gemeinschaft
in Bautzen war verwaist. Der Dienst wurde wieder aufgenommen. Zu seiner Unterstützung kam
1920 eine Schwester Frieda Schulze, die bis zum März 1928 in Bautzen tätig war. In den
schwierigen Jahren dienten einige Pfarrer, auch solche die im Ruhestand waren, ferner
Evangelist Mirtschin, der in Hochkirch wohnte, Missionar Fabricius aus Kleinwelka und
Gemeinschaftspfleger Peters aus Großschönau.
Am 31. Okt. 1915 feierte der EC-Jugendbund sein 10jähriges Bestehen. Mit 6 jungen Mädchen
und 2 Ehrenmitgliedern hatte Frau von Müller begonnen. Nun waren es 16 tätige, 12
freundschaftliche und 5 Ehrenmitglieder. Dienstagabend ½ 9 – ½ 10 Uhr war Versammlung,
Mittwochabend Singestunde (Frl. Ulrice) und einmal im Monat war Weihestunde. Es gab ein
Sonnenscheinkomitee, welches Blätter am Bahnhof (Soldaten), im Frauenhospital und im
Krankenhaus verteilte. Einige Mitglieder waren Diakonissen geworden. Durch die guten
Kassenverhältnisse konnten mehrere Missionare unterstützt werden.
Im eigenen Haus
Eng verbunden mit der Geschichte der Landeskirchlichen Gemeinschaft Bautzen war das
„Feldschlößchen“, auch wurde es „Spreeterrasse“ genannt. Bereits 1852 wurde diesem Haus das
Recht erteilt warme und kalte Getränke aller Art, mit Ausnahme von Wein, auszuschenken
sowie kalte Speisen als Zubrot zu verabreichen. Mehrfach wechselte es den Besitzer. Der letzte
Gastwirt, Gustav, Adolf Michalk, verkaufte es. Die Eintragung im Grundbuch lautet: „14. Okt.
1926. Der Gemeinschaftsverein im Freistaat Sachsen, eingetragener Verein in Chemnitz zufolge
Auflassung“. Das war der Kauf des Grundstückes. Das Feldschlößchen gehörte einst zu 12
großen Gaststätten in Bautzen. Jedoch während und nach dem 1. Weltkrieg (1914-1918) kam es
in Verruf. Es öffnete sich dem Lebensgenuß des Menschen. Der Alkohol feierte Siege. Es gab
keinen Tanzabend ohne daß die Polizei eingreifen mußte. In den Jahren 1909 bis 1910 wurde
die Kronprinzenbrücke, später Friedensbrücke erbaut. Damit entfaltete sich die Neustadt. Nach
Angaben von Br. Walter Jentsch kostete das Anwesen „Feldschlößchen“ 40.000,- Rentenmark.
Dazu kamen die Umbaukosten von 125.000,- Rentenmark. Später mußte noch die Stützmauer
erneuert werden, die auch enorme Summen verschlang. Weitere Ein- und Ausbauten folgten.
Unter dem 1. Vorsitzenden, Regierungsrat Ryseck, wurde das Feldschlößchen gekauft und
übernommen. Die Einweihung fand am 19. Juni 1927 statt. Missionar Böhme, Aue, legte Ps.
118, 23-25 seiner Predigt zu Grunde: „Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor
unseren Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht, laßt uns freuen und fröhlich in IHM sein.
Oh Herr hilf. O Herr laß wohl gelingen“. Das war ein gutes und hinweisendes Wort, auch im
Blick auf die Zukunft. Der Herr tut es und wird es tun. Br. Zimmermann als Prediger zieht in das
Haus und übernimmt zugleich die Hausverwaltung. Br. Max Döcke zieht ebenfalls ein, auch Frl.
Schulze von der Karmelmission, welche in Bautzen und Umgebung Dienst tut.
Bei der Gründung der Landeskirchlichen Gemeinschaft war dieses auf Vereinsbasis geschehen.
Das erforderte eine jährliche Mitgliederversammlung, sowie monatliche Vorstandssitzungen.
Am 28.2.1928 kam es zu folgendem Vorstand:
• Br. Ryseck
1. Vorsitzender
• Br. Beer
stellvertr. Vorsitzender
• Br. Gampe
Schatzmeister
• Br. Zimmermann
stellvertr. Schatzmeister
• Br. Kaiser
Schriftführer
• Br. Döcke
stellvertr. Schriftführer
Damit war längst das Leben der Landeskirchlichen Gemeinschaft Bautzen zum Laufen
gekommen. Die Sonntagsversammlungen wechselten zwischen nachmittags und abends.
Gehalten wurden die Stunden von den verschiedenen Brüdern. Ebenso die Bibelstunden, die
donnerstags stattfanden. Neben der Wortverkündigung wurde zu Lichtbildvorträgen,
Missionsnachmittagen, Liederabenden und anderen musikalischen Darbietungen eingeladen.
Man feierte Familienfeste, Waldfeste und Gartenfeste mit dem Ziel die frohe Botschaft den
Menschen nahe zu bringen. Abendmahlsfeiern wurden entweder im Haus oder in der MariaMartha-Kirche gefeiert. Zu den Vorstandssitzungen wurde am Anfang und am Ende gebetet, zu
den Mitgliederversammlungen und an besonderen Tagen fand eine Gebetsgemeinschaft statt.
Der Vorstand hatte sich mit vielerlei Dingen zu beschäftigen (Miete, Instrumente, Stühle, Tische,
Mitgliederaufnahme u.v.a.) aber zumeist ging es um das Geld, die Schuldenlast des Hauses. Am
21.06.1928 betrug die Summe der ungedeckten Baukosten 122.874,16 RM. Die monatliche
Zinslast betrug 1.193,- RM. Das waren Lasten. Dazu hatte zu diesem Zeitpunkt die
Weltwirtschaftskrise eingesetzt und damit die Arbeitslosigkeit. Die Versammlungen waren gut
besucht, aber ließen in der Opferfreudigkeit zu wünschen übrig. Längst wurde Kaffee und
Kuchen für Gäste aus der Stadt angeboten, wurden für Telefongespräche 15 Pfg. und für die
Garderobe 5 Pfg. erhoben, um damit Kosten decken zu können. Auch die Hauptkasse in
Chemnitz meldete Fehlbeträge und bat die Gemeinschaften um Unterstützung. Br. Goldhahn war
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Vorsitzender des Finanzausschusses des Verbandes geworden. Er bemühte sich um die
Sanierung des Verbandes. So kam es, daß der Inspektor Br. Brück zu einer Vorstandssitzung in
Bautzen den Brüdern schrieb: „...daß wir ernstlich erwägen das Haus in Bautzen zu verkaufen“.
Das aber löste in Bautzen und der Lausitz Proteste aus. Galt das Feldschlößchen in Bautzen als
ein Mittelpunkt der Lausitz, wenn auch an anderen Orten Gemeinschaftshäuser entstanden
waren. (Löbau, Ebersbach, Görlitz u.a.) Die Bautzner Gemeinschaft bekam das Angebot das
Haus als ihr Eigentum vom Verband zu kaufen. Sie lehnte ab. Wer sollte das bezahlen? So gab
es Druck von mehreren Seiten. – Infolge der schwierigen finanziellen Verhältnisse hatte der
Landesbrüderrat in Chemnitz dem Br. Brück gekündigt. Br. Mütze war als Helfer zum 1.7.1928
in die Geschäftsstelle gerufen worden. Das hatte zur Folge, daß der Verband sich spaltete. Br.
Brück und Br. Ludings, 1. Vorsitzender, zogen nach Plauen und gründeten den „Sächsischen
Gemeinschaftsverband“. Br. Mütze und Br. Holzhey blieben in Chemnitz und bildeten den
„Landesverband Landeskirchlicher Gemeinschaften im Freistaat Sachsen“. Alle
Vermittlungsversuche seitens Br. Michaelis (Gnadauer Vorsitzender) scheiterten. Auch die
Aufnahme in den Gnadauer Verband wurde verweigert. So wendeten sich Br. Brück und Br.
Luding der Reichskirche (Deutsche Christen) zu. Zu diesem Verband gehörte auch die Bautzner
Gemeinschaft. Hitler mit seiner anfänglichen Anbiederung, aber späteren gewalttätigen
Machenschaften (Juden u.ä.) brachte Verwirrung und einige aus den Gemeinschaften ließen sich
einwickeln. Der Gemeinschaft in Bautzen aber lag die Botschaft der Bibel am Herzen.
1928 war Frl. Frieda Schulze nach Teichwolframsdorf gegangen. Es kam für 2 Jahre Schw.
Elisabeth Fehrer nach Bautzen.
Im Jahre 1930 feierte die Landeskirchliche Gemeinschaft Bautzen ihr 25jähriges Bestehen. Noch
immer war Br. Zimmermann als Prediger und Seelsorger tätig. An dem Festtag schaute man
dankbar auf die vergangenen Jahre zurück. 1. Samuel 7,12 war der Grund zur Freude: „Eben –
Ezer“ - „bis hierher hat uns der Herr geholfen!“ Br. Zimmermann stellte fest, daß die
Gemeinschaft eine gemeinnützige, wohltätige und mildtätige Arbeit an Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen durchgeführt hat. Er stellte fest, daß am 1. Advent 90 ordentliche und 25
freundschaftliche Mitglieder waren. 20 Mitglieder sind in den vergangenen 25 Jahren
heimgegangen. Das 25jährige Jubiläum feierten die Gemeinschaft und der Kinderbund
gemeinsam. Br. Brück war Hauptredner. Im Februar 1932 erstattet Prediger Zimmermann den
letzten Jahresbericht und wurde versetzt nach Lengefeld im Voigtland.
1930 legte Br. Ryseck den Vorsitz nieder. Br. Beer wird sein Nachfolger, aber bereits 1931 ist
Br. Handwerck Vorsitzender. Im März 1933 bis 7.12.1933 übernimmt Br. Kaiser den Vorsitz.
Sein Nachfolger wird Br. Ay, der aber aus beruflichen Gründen nach Dresden ging. Am
31.3.1933 stehen erstmals die Namen Hempel und Jentsch aber auch Schw. Emma Horn als
Angestellte des Verbandes im Protokoll der Vorstandssitzung. Br. Walter Hempel, geboren am
1.9.1908, kommt 1933 als Prediger nach Bautzen. Er übernimmt den Vorsitz der Gemeinschaft,
wird im Okt. 1936 nach Löbau versetzt und wohnt in Ebersdorf b. Löbau, wird 1941 Soldat und
ist 1945 vermist. 1936 kommt Br. Brückner als Gemeinschaftspfleger (Prediger) von Löbau nach
Bautzen. Er wird im Mai 1939 Soldat und bleibt in Stalingrad. Als Ersatz für Br. Brückner halfen
kurzfristig Br. Kretschmar, Lichtenstein und später Br. Hempel aus Ebersdorf b. Löbau aus. Im
April 1937 wird Br. Kaiser wieder Vorsitzender bis er am 15.10.1941 verstarb. Br. Jentsch , als
2. Vorsitzender, überbrückt die Zeit bis Juli 1942 als Br. Berthold zum Vorsitzenden gewählt
wurde. Schw. Emma Horn geht am 1.7.1939 in den Ruhestand.
Im Sommer 1931 ist die Stützmauer eingefallen. Sie wird erneuert. Ein Spendenaufruf geht ins
Land! Seit geraumer Zeit wurde Kaffee und Gebäck im Feldschlößchen für Gäste angeboten, um
die Gemeinschaftskasse finanziell aufzubessern. Dieses sollte besonders zur Jahrtausendfeier
(Pfingstwoche 1933) geschehen. Die Arbeit wurde von freiwilligen Helfern der Gemeinschaft
geleistet.
Der Plan für den Monat Juli 1933:
2.7. ¼ 9 Uhr Evangelisation
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9.7. ½ 4 Uhr Gartenfest
16.7. nachmittags Waldfest auf der Niethener Schanze
23.7. ½ 4 Uhr Gartenfest
30.7. ¼ 9 Uhr Evangelisation
Nach dem Wegzug von Familie Ay nach Dresden zieht Familie Döcke in dessen Wohnung Am
Feldschlößchen 6 und übernimmt die Verwaltung des Hauses. Familie Dutschmann zieht
ebenfalls in das Haus und übernimmt den Hausmannsdienst.
Am 31.3.1943 erfolgte die Räumung des Feldschlößchens. Die NSV (National-SozialistischeVolksfürsorge) verfügte, daß das Haus als Kleinkinderheim genutzt würde. Knapp 15 Jahre
waren es, daß die Gemeinschaft Bautzen in ihrem Haus leben und wirken durfte. „Vom Herrn
geschehen...“, so hieß es bei der Einweihung und so war es. Ein kleines Stückchen
Kirchengeschichte. Da Menschen tätig waren, ging es oft auch menschlich zu. Als eingetragener
Verein gab es Satzungen, die eingehalten werden mußten. Neben den jährlichen
Hauptversammlungen gab es monatliche Mitgliederversammlungen und monatliche
Vorstandssitzungen. Der gewählte Ortsvorstand trug verantwortlich die gesamte Arbeit. Zu
besetzen waren die Versammlungen der Evangelisationsstunden (sonntags) sowie die
Bibelstunden. Neben manchen persönlichen Gedanken war das Wort Gottes in allem
maßgebend. Anfechtungsreich wurde es besonders in der Zeit des Nationalsozialismus. Man
dankte Gott für die eine Partei statt der 30 gewesenen Parteien. Einige Brüder hielten es für
notwendig in die Partei zu gehen oder zu erklären, daß wir nicht zur Bekenntniskirche, sondern
zur Reichskirche gehören. Dem Gegenüber stand das Ansinnen durch viele Möglichkeiten das
Evangelium unter die Menschen zu bringen. So wurden viele Evangelisationen gehalten. 1927
war Br. Brück, 1929 Br. Mütze in Bautzen, 1930 und 1932 ein Pastor Flemming aus Neustrelitz.
Im März und November 1933 rief ein Prediger Werner aus Plauen die Menschen unter Gottes
Wort. Im April 1934 war wieder Br. Brück und im September gleichen Jahres Br. Mirtschin in
Bautzen. Im Oktober 1938 Pf. Schütz. Das waren Höhepunkte und Gnadenzeiten. In alledem
ging es um den Christus der Bibel, der der alleinige und wahre Heiland und Erretter ist und
bleibt. Wie viele Menschen mögen in diesen Zeiten es erfaßt haben? Viele Konferenzen fanden
statt, um der Gemeinde Jesu Wegweisung zu geben. Dann gab es einen „singenden Bäcker“ oder
einen „backenden Sänger“, Br. Fritz Uloth. Er war mehrfach zu Liederabenden im
Feldschlößchen. Leider waren Nebengedanken bei solchen und ähnlichen Veranstaltungen
vorhanden, nämlich mehr Geld in die Hand zu bekommen. Das war eine leidige Sache. Beim
Kauf und Umbau des Feldschlößchens wurden große Schulden gemacht. Das Abtragen ging nur
langsam voran. Der Prediger und die Schwester wurden von der Gemeinschaft bezahlt. Die
ganze Unterhaltung kostete Geld, dazu Licht und Heizung. Der Vorstand arbeitete ehrenamtlich,
dazu viele Helfer (Reinigung, Verwaltung, Wortdienst).Es wurden Mieten eingenommen, aber es
mußten auch Mieten an den Verband gezahlt werden, da der Verband alle Schulden
übernommen hatte.
So kam es 1929, wie bereits schon erwähnt, von Seiten des Verbandes zu ernstlichen
Erwägungen das Haus in Bautzen zu verkaufen. Man protestierte, da es doch für die ganze
Lausitz sei. Später kamen Angebote das selbst von der Gemeinschaft zu kaufen. Der höchste
Stand an Mitgliedern der Bautzner Gemeinschaft betrug Anfang der dreißiger Jahre 100
Personen. Das ist viel und doch nicht viel. Zwar gab es Sonderspenden für das Haus, jedoch wird
über geringe Spendenfreudigkeit geklagt. So daß der Vorstand sich genötigt sah Sonderopfer
(Frühjahrs- und Herbstdankopfer, sowie Opferbüchsen) einzuführen. Die Weltwirtschaftskrise
(1929-1931) tat das übrige dazu. Der Verband war selbst in Schulden geraten.
Das Verhältnis zur Landeskirche wird nicht beklagt. Viele der Bautzener Pfarrer kamen zum
Dienst ins Feldschlößchen und sprachen auf Konferenzen. Brüder der Gemeinschaft wurden in
die Kirchenvorstände gewählt. Kirchen und andere kirchliche Räume wurden der Gemeinschaft
gern zur Verfügung gestellt.
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Unter diesen finanziellen Lasten kam 1935 in einer Mitgliederversammlung der Gedanke auf,
das Haus zu verkaufen und ein bescheideneres Lokal zu suchen. Es wurde nichts daraus, obwohl
der Verband gewillt war das Haus zu verkaufen. Hatte Gott noch etwas anderes vor? Die NSZeit mit der beginnenden Aufrüstung drückte auf den Menschen. Viele Brüder, auch Prediger,
mußten Soldaten werden. Predigerstellen konnten nur durch Mühe besetzt werden. So erging es
auch Bautzen. Am 1.1.1939 gab es ein Verbot zum Sammeln von Kollekten. Versiegte damit
nicht eine wichtige Quelle? Aber die Gemeinschaft blieb beisammen, hörte Gottes Wort weiter,
betete und hoffte auf den Herrn. – So kam es wie es kommen sollte. Im September 1941 kam
von Seiten des Verbandes (Br. Goldhahn) das Angebot an die Gemeinschaft oder eines deren
Glieder das Haus für 75.000,- RM zu kaufen, damit die Gemeinschaft erhalten bliebe.
Andererseits hatte der Reichsluftschutzbund Interesse daran. Der Oberbürgermeister von
Bautzen lehnte das mit der Begründung ab, nach dem „Sieg“ ist es unser. Dem allen macht
Kreisamtsleiter Müller ein Ende, indem am 4.3.1942 das Haus beschlagnahmt wird. Ein
Kleinkinderheim soll eingerichtet werden. Mit Wirkung 1.4.1942 wird verlangt, daß sämtliche
Räume mit Küche und Fahrradschuppen herzugeben sind. So wurden Tatsachen geschaffen. Am
13.8.1943 wird ein Kaufvertrag zwischen dem Verband und einem Herrn Löbel aus Lauter in
Chemnitz unterschrieben. Es geschieht ganz unabhängig von den bestehenden Mietverhältnissen.
Doch von Seiten der Aufsichtsbehörde in Bautzen gab es keine Zustimmungserklärung. So war
und blieb das Feldschlößchen Eigentum des Verbandes. Br. Döcke hatte seine Mühe damit, alles
ins rechte Gleis zu bringen und tat es. Und Gott tat das Seine dazu. Die Gemeinschaft ging nicht
ein, sondern lebte weiter. Bei mehreren Möglichkeiten (Saal der Methodisten, Saal von St.
Michael) entschied der Brüderrat gemeinsam als Allianzkreis ins Kirchgemeindehaus, Töpferstr.
23 zu gehen. Über manches hin und her, menschlichem Denken und wollen machte Gott
Geschichte und geht seinen Weg. „ ... es ist ein Wunder vor unseren Augen ...“. So sah man es
bei der Einweihung. Wie noch ganz anders hat es sich erfüllt. Es sollte aber noch weiter gehen.
Der Neuanfang
„Nachdem der Krieg zu Ende ist (8.5.1945) und wir uns unter ganz anderen Verhältnissen
grüßen, als wir es wohl gedacht haben, werden sich unsere Gedanken vielfach vor dem Herrn
begegnen. Mit dem unrühmlichen Abschluss eines politischen Dramas beginnt auch für uns und
unsere Arbeit ein neuer Abschnitt.“ So schreibt am 24.05.1945 Br. Mütze an die
Gemeinschaften. Es war ein Neuanfang auf so mancherlei Gebieten. Wie sah es nun in Bautzen
aus. Sechs Tage Straßenkämpfe hatten getobt. Häuser und Türme waren zerschossen, Brücken
gesprengt und die Bevölkerung weithin evakuiert. Nach Kriegsende kam die Zivilbevölkerung
zurück und fand Ruinen und getötete Menschen. Auch das Feldschlößchen hatte unter der
Sprengung der Kronprinzenbrücke (der heutigen Friedensbrücke) gelitten. Türen und Fenster
waren entzwei und das Dach war beschädigt. Die Gemeinschaftsarbeit in Bautzen ging weiter
und fand im Pfarrsaal von St. Michael statt. Der Raum von St. Michael war dem Krieg zum
Opfer gefallen. Die Versammlungen wurden dann im Saal der Methodistengemeinde
Goschwitzstraße abgehalten. Schon bald, im September 1945, kommt die Frage auf, ob die
Wieder- in- Besitznahme des Gemeinschaftshauses Am Feldschlößchen 6 denkbar ist. Ohne das
Freiwerden des Hauses abzuwarten, findet am Sonntag, dem 11. November 1945 eine Konferenz
statt. Es geht weiter! Die künftige Bedienung des Bautzener Bezirkes, sowie anderer Bezirke
wurde besprochen. Br. Mütze schrieb in einem Brief vom 12.01.1946: „Da soll es auch zu einer
aufrichtigen Überprüfung unserer Verkündigung kommen und zu einer ganz neuen Besinnung
auf das Wort – auf das Wort allein“. Die Bibelstunden waren in der Goschwitzstraße 8, die
Sonntagsstunden auf Allianzbasis im Kirchgemeindehaus Töpferstraße 23. 30 Gemeinschaften
werden bei einer Aufstellung am 1.4.1946 im Bezirk genannt. Davon bestehen heute (2005)
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noch 13 Kreise im Bezirk Bautzen und 2 Kreise im Bezirk Löbau. Ein Briefwechsel zwischen
Br. Mütze und Br. Berthold zeigt das Ringen in schwieriger Situation auf. Das
Landeskirchenamt Dresden erklärte, daß Gemeinschaftshäuser und Versammlungsstellen der
Landeskirchlichen Gemeinschaften zum Zwecke der gottesdienstlichen Veranstaltungen, die für
Jedermann zugänglich sind, kirchliche Räume sind und unter dem Schutz der Evangl.-Luth.
Landeskirche stehen. Soweit so gut. Das Feldschlößchen war nach wie vor im Besitz des
Landesverbandes. Allerdings streckte der Oberbürgermeister von Bautzen wieder seine Hand
danach aus, um es zu einem Kinderheim zu machen. In einem Brief vom 30.4.1946 an den
Verband wurden verschiedene Meinungen geäußert. Schwierigkeiten sah man wegen der
gesprengten Brücke. Wieder war der Aufbau der Brücke verschoben worden. Also später das
Gemeinschaftshaus beziehen? Was sollte inzwischen werden? Doch Anfang Juni beginnt Br.
Jentsch die Räumlichkeiten herzurichten. Am 11.9.1946 wird Br. Thomas als Prediger für den
Bezirk Bautzen und Wilthen eingewiesen. Zur 2. Ostsächsischen Gemeinschaftskonferenz am
20. Oktober 1946 finden 2 Versammlungen im Feldschlößchen statt. Br. Richter war bis
8.5.1945 Vorsitzender des Verbandes. Er wurde von den Russen erschossen. Sein Nachfolger
war Br. Glöckner, Aue, der am 10.10.1946 zum Vorsitzenden des Landesverbandes gewählt
wurde. Im Frühjahr 1947 hielt Br. Glöckner die 1. Gemeinschaftsstunde im Feldschlößchen. Es
war ein kleiner Neuanfang mit Fam. Jentsch und 4 Diakonissen aus dem Pflegeheim. In der
Allianzgemeinschaft, Töpferstraße, hatte die Freikirche heftige Angriffe gegen die Landeskirche
gerichtet. Superintendent Busch versagte diesem Kreis das Kirchgemeindehaus. Damit endeten
die Allianzversammlungen. Jeder Kreis begann für sich. Leider kam nur ein kleiner Teil
früherer Gemeinschaftsmitglieder in das Feldschlößchen zurück. Br. Bernhard Sachse
übernimmt von Br. Berthold die Leitung der Gemeinschaft.
Im Januar 1948 verkündet das Ev.-Luth. Pfarramt Bautzen, dass die Landeskirchliche
Gemeinschaft ihr Heim „Feldschlößchen“ wieder in Betrieb nimmt. Ab 2.2.1948 ist jeden
Dienstag 19.30 Uhr Bibelstunde. Sie ist auch für den Kirchenbezirk Neustadt gedacht. Br.
Thomas war inzwischen ins Haus gezogen und betreute die Gemeinschaften und
Bibelstundenkreise im Bezirk Bautzen- Wilthen. Der Superintendent Busch befürwortete den
Beginn von Versammlungen in vielen kleinen Orten um Bautzen herum. Viele Flüchtlinge aus
dem Osten kamen und fanden Trost und Kraft in Gottes Wort.
Am 20.5.1949 kommt Br. Robert Philipp aus Görlitz nach Bautzen und übernimmt die
Predigerstelle. Bald nach ihm kommen auch erste Gäste ins Haus. Man schlief auf Stroh im
großen Saal. Das tat nichts. Der Hunger nach Gottes Wort war nach den langen Kriegsjahren
groß. Trotz aller Bescheidenheit und manchem Mangel, war man fröhlich Beisammen und
erlebte Gemeinschaft unter Gottes Wort. Hierbei muss erwähnt werden, dass Schw. Frieda
Glumm, Guttau, sich voll einsetzte und als Köchin dafür gesorgt hat, dass die Gäste satt wurden.
Ein Ereignis das die Bautzener Gemeinschaft mit berührte, war das Bibelheim in Kleinwelka.
Beginn 1.8.1949 mit einer 1. Bibelwoche für die Jugend. Der Tagespreis betrug 2,- M. Die
Einweihung erfolgte am Sonntag dem 31. Juli 1949. In der ehemaligen Knabenanstalt, dem
jetzigen Dora-Schmitt-Haus (jetzt erweitert) war in mehreren Räumen das Bibelheim
untergebracht. Leiter war Prediger Alwin Teich, dem seine Frau tatkräftig zur Seite stand.
Mehrere Jugendwochen wurden durchgeführt. Im Frühjahr 1950 fand in 3-monatiger Dauer ein
Hilfsprediger-Kursus des Landesverbandes statt. Anfang 1954 wurde der Pachtvertrag vorzeitig
gelöst. Die Brüdergemeine wollte das Haus für sich nutzen. So entschloß sich die Bautzner
Gemeinschaft ihr Haus als Heim zu verwenden, auszubauen und einzurichten (Protokoll
26.3.1954). Bis dahin hatte die Gemeinschaft ihr Haus für sich. Neben den
Evangelisationsversammlungen am Sonntag, wurden am Donnerstag Bibelstunden von
mitdienenden Brüdern gehalten. Evangelisationen wurden durchgeführt. Brüder wie Pf.
Markowski, Br. Kühne, Br. Pahlke, Br. Uloth, Br. Kujath u.a.. dienten. Die Frohe Botschaft von
Jesus Christus wurde immer wieder auf den Leuchter gestellt. Außerdem ging es um viele
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Fragen: Treue im Besuch, Opferbereitschaft, Mitdienst im Haus und in den Bibelstunden,
Kassierung der Mitgliederbeiträge, Anschaffung von Liederbüchern und den Kohlenkauf.
Schwester Hedwig Frenzel und Johanne Claus sind nacheinander in Bautzen zum Dienst.
Abendmahlsfeiern, Frauen- und Männerstunden finden statt. Konferenzen und Sängerfeste, auch
Allianzgebetswochen. Im Sommer 1952 kommt Werner Naumann als Praktikant nach Bautzen.
1955 verzieht Br. Philipp nach Stuttgart. Br. Naumann übernimmt die Predigerstelle. Nach
einem Beschluss vom 13.1.1956 werden die Bibelstundenkreise Ostsiedlung,
Herrenteichsiedlung und Seidau der Gemeinschaft Bautzen angegliedert. – Am 1.3.1956 kommt
Schwester Thea Buttig (verh. Reichel) nach Bautzen. Die Schwesternstation (2 Zimmer) musste
wieder eingerichtet werden. Möbel werden leihweise zur Verfügung gestellt. Durch Br. Dams
findet am 8.4.1956 die Einweisung von Schw. Thea statt. Durch sie wurde die
Gemeinschaftsarbeit in Bautzen und im Bezirk belebt. Sie hielt Kinder, Jugend und
Frauenstunden.
Im Sommer 1957 kommen weitere Gäste ins Haus: 7. -16.7. Jugendbibelwoche mit 10 Personen
aus Karl-Marx-Stadt. Leitung Lothar Albrecht; 6. – 17.8. Saitenspieler aus Gornau, 20
Teilnehmer; 18. – 27.8. Singewoche mit Kantor Paul aus Leipzig. Segen durch diese Dienste
wird der Gemeinschaft zuteil. Die Verpflegung geschieht im Haus, Übernachtung zum Teil im
Haus oder auch auswärts. Ein erster Ausbau geschieht. In die Garderobe wird eine Treppe nach
oben gebaut, damit entstehen 3 Übernachtungsräume. Später werden durch Teilung daraus 4
Gästezimmer. Die Geschwister der Gemeinschaft helfen durch die Bereitstellung von Decken,
Geschirr u.a. Das Haus findet Zuspruch. So kam der Zeitpunkt eines offiziellen Anfangs. Dies
geschah am 8. Juli 1958. Die Geschwister der Lausitz wurden aufgerufen „Bausteine“ zu
senden, auch der Verband half finanziell, so daß der Ausbau weiter gehen konnte. Jetzt kam der
Rat der Stadt Bautzen und meinte, dass lt. Gesetzblatt Nr. 21 von 1957 die Betreibung des
Bibelheimes verboten sei. In den fünfziger Jahren sah man von Seiten des Staates ärgerlich auf
Kinder- und Jugendwochen, die vielfach in den Gemeinschaften durchgeführt wurden. Später in
den siebziger Jahren hat es sich wiederholt. Sup. Busch und auch der Verband schalteten sich
ein, Gespräche mit der Stadt wurden geführt. Der Ortsvorstand beschließt die Singewoche von
Kantor Dr. Paul durchzuführen. In einem weiteren Beschluss (Protokoll vom 1.4.60) wird
festgelegt von Mai bis September Gäste im Haus aufzunehmen. Der Tagessatz betrug bei
Vollverpflegung 5,50 Mark. Parallel geschieht die Gemeinschaftsarbeit in den Sonntag- und
Bibelstunden, Kinder- und Jugendstunden, Konferenzen und Evangelisationen. Die
Gemeinschaft feiert Jahresfeste und Gartenfeste, macht Ausflüge und opfert zur Finanzierung
des Verbandes. Trotz der Größe des Hauses bleibt es nicht aus, dass es im Haus eng wird für die
Zweigarbeiten.
Im Frühjahr 1954 kamen Br. Paul Krutz, wohnhaft in Sohland, und am 1.9.1959 Br. Christian
Gnauck, wohnhaft in Bischofswerda, als Prediger in den Bezirk und dienten mit großer Treue
und Hingabe um den Menschen Jesus Christus nahe zu bringen. Der Bezirk erstreckte sich von
Bischofwerda bis Hochkirch und von Wehrsdorf bis Neschwitz. Bei Wind und Wetter hatten sie
viele Kilometer zu bewältigen, anfangs mit dem Motorrad, später mit einem Auto.
Die Erhaltung des Hauses kostete immer wieder Überlegungen, Geld und Kraft. So wird 1961
die Erneuerung der Terrasse notwendig. Im Herbst 1962 wurde zur Mithilfe aufgerufen, um die
Schachtarbeiten in Eigenleistung ausführen zu können. Die Firma Matschie & Männig hat dann
1963 für 26.000 Mark die Bauarbeiten ausgeführt. Inzwischen war auch der Einbau der
Trennwand im großen Saal erfolgt. Dahinter stand der Gedanke und Wunsch eine
Zwischendecke einzuziehen, um darüber zusätzliche Gästezimmer einbauen zu können. Das
musste zurückgestellt werden und konnte erst im Januar/Februar 1967 als Winterarbeit von der
gleichen Firma ausgeführt werden. Am 10. März 1961 ging der langjährige Gemeinschafts- und
Bezirksleiter Bernhard Sachse heim. Br. Horst Schulze wurde als Gemeinschaftsleiter gewählt
und Br. Walter Jentsch als Bezirksleiter. Br. Hartmut Schneider übernimmt im Oktober 1961 die
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Leitung der Jugendarbeit. Im Mai 1963 hatte die Gemeinschaft 19 männliche und 64 weibliche
Mitglieder. Der überwiegende Teil war bereits über 50 Jahre alt.
So kam das Jahr 1964. Es brachte den Terrassenneubau. Viele fleißige Hände regten sich. Brüder
der Gemeinschaft, die Bauselbsthilfe u.a. halfen beim Ausschachten der Terrasse. Die Firma
Matschie & Männig leistete den Neubau. Es entstanden 2 neue, große Kellerräume. Damit nicht
genug. Der Gästebetrieb lief in den Sommermonaten recht gut. Die Küche war zu klein. So
drängte die Hygieneinspektion auf Erweiterung. So schuf die Bauselbsthilfe im Jahr 1965 den
Küchenanbau. Das kostete wiederum Geld und Einsatz, aber es war für die Küchenarbeiten eine
Erleichterung, zum Wohl der Gäste sowie der Mitarbeiter. Schon als ab 1948 die Gäste kamen,
hat Schw. Frieda Glumm in der Küche geschafft. Später hat Schw. Naumann, Schw. Brunhilde
Engert (verh. Wüst) ,sie ging am 1.4.1965 in das Haus Gertrud in Jonsdorf als Köchin, Schw.
Lehmann u.a. den Gästen das Essen bereitet, die Zimmer gereinigt und sich um vieles andere
gekümmert. Den Gästen wurden 4 Mahlzeiten angeboten (früh, mittags, nachmittags und
abends).
Dann kam die Veränderung. Prediger Naumann mit seiner Familie zog am 1.12.1965 nach
Klaffenbach, übernahm dort den Dienst von Prediger Klaus Horn, der nunmehr mit seiner
Familie (3 Kinder) nach Bautzen kam. Sein Dienst galt zuerst der Gemeinschaft im
Feldschlößchen einschließlich der Zweigarbeiten und den 3 Bibelstundenkreisen in der Stadt
(Herrenteichsiedlung, Ostsiedlung und Seidau). Die Arbeit im Feldschlößchen umfaßte folgende
Gruppen: Sonntag 9.30 Uhr Kinderstunde, 15.00 Uhr oder 19.30 Uhr die Gemeinschaftsstunde,
Montag 19.00 Uhr Jugendstunde, Mittwoch 19.30 Uhr Bibelstunde, Sonnabend 15.00 Uhr
Kinderbibelkreis. Später kamen am Donnerstag Posaunen- und Chorstunde dazu. Br. Reppe hatte
diesen Dienst übernommen. Dazu fanden von Mai bis September Gäste Aufnahme. Die AGAS
(Arbeitsgemeinschaft zur Abwehr der Suchtgefahren – früher Blaukreuzarbeit) kam. In den
Sommermonaten kamen Familien (auch Sänger, Saitenspieler und Posaunenbläser), dazu fanden
Jugendbibelwochen statt und Gästewochen mit verschiedenen Leitern. Die Regelung der
verschiedenen Belegungszeiten, Anmeldungen der Gäste, Verwaltung der Finanzen (Heim) und
Besoldung von Heimangestellten lag alles in den Händen von ihm. Das wurde eine ganz neue
Aufgabe und Herausforderung gegenüber dem Dienst in Klaffenbach.
Weiter aber nun zum Geschehen im Haus. Von Januar bis März 1967 wurde durch die Firma
Matschie & Männig die längst geplante Zwischendecke über dem durch die Schiebewand
abgetrennten Teil des Saales eingebaut. Es entstanden 4 Gästezimmer mit 8 Betten. Das
Rollwandzimmer (heute Speiseraum) und der Bibelstundenraum wurden einige Jahre als
Schlafräume genutzt. Das war nun nicht mehr nötig. Sie wurden der Speiseraum und ein
Aufenthaltsraum für die Gäste. So wurde es auch für die Mitarbeiter der Küche leichter, denn sie
mußten mit Geschirr und Speisen nicht mehr durch den großen Saal gehen. Ein Gästezimmer in
der Stadt wurde hinfällig, jedoch 2 Quartiere in der unmittelbaren Nachbarschaft konnten noch
einige Jahre genutzt werden (Schmidt 2, Heydemannstr. 3 Betten). Durch den Dienst der Brüder
der anwesenden Gästewochen wurde auch der Gemeinschaft viel Segen und Freude geschenkt.
Der Umfang der Belegungen nahm zu. Immer früher im Jahr wurde begonnen und ging bis weit
in den Herbst hinein. Für eine Atempause und Renovierungsarbeiten wurde der Dezember
(außer Jahresende) und der Januar das Haus frei gehalten.
Die Hausmutter, Schw. Horn, hatte von Anfang an die Küchenleitung. Es kamen Mädels in das
Haus, die ein Diakonisches Jahr machten, es waren auch gelernte Köchinnen (Gudrun Horn und
Martina Hultsch) die in der Küche schafften. Für das Haus, an die Seite von Br. Horn, waren
mehrere Brüder zur Hilfe gegeben. Br. Hollan starb im Febr. 1967 im Alter von 61 Jahren. 1968
bis 69 war Christian Kraft, von 1969 bis Herbst 71 war Stephan Zschocke als Gehilfen im Haus.
Im Frühjahr 1973 zogen Geschwister Kraft in die freigewordene Wohnung Döcke ein. Sie
blieben bis 1976, dann kam ein junges Ehepaar, Johannes und Dorothea Dörffel und übernahmen
den Dienst des Hausmeisters. Mit Hilfe der Bauselbsthilfe und weithin eigenen Kräften wurde
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die Laube (2 Zimmer, 5 Betten) und das Gartenhaus (2 Zimmer, 6 Betten) gebaut. So lag ab
1971 die Kapazität bei 35 Betten. Und das reichte nicht, so groß war gerade in den Monaten Juni
bis Mitte September der Andrang nach einem Urlaubsplatz. Viele kamen, sie waren in den
vergangenen Jahren mit dem FDGB (Freien Deutschen Gewerkschaftsbund) verreist und sagten,
dass es in solchem Haus doch schöner sei.
Mit Wirkung vom 1.1.1976 wurde Prediger Horn von seiner Predigeraufgabe entbunden. Die
Gemeinschaftsarbeit in Bautzen wurde in den Bezirksplan integriert. Dort standen die Brüder
Paul Krutz (seit 1.4.1954 – er starb im Febr. 1983), Christian Gnauck (seit 1.9.59, er ging am
1.9.1991 vorzeitig in Rente) und Helmut Schindler (seit 1.9.1965, er ging im Januar 1998
vorzeitig in Rente) im Bezirksdienst. Prediger Horn stand damit ganz der Heimarbeit zur
Verfügung, bis zu seiner Ablösung am 31.5.1985. Eine kleine Anekdote aus dieser Zeit möchte
festgehalten werden. Der Hausvater kommt zum Referent für Kirchenfragen, Herrn Marschner
und erzählt ihm von den vielen Anmeldungen der Gäste. „Im Sommer könnte ich unser Haus
(Feldschlößchen) 3x so groß gebrauchen“. Erstaunt kommt die Frage zurück, ob denn noch so
viele für die Kirche begeistert wären? Ein anderes Erleben soll festgehalten werden. Bereits in
fünfziger Jahren war der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) die aufblühende
Kinder- und Jugendbibelwochenarbeit ein Dorn im Auge. Ende der sechziger Jahre kam ein
neuer Anlauf. Den Leitern (durchweg waren es Angestellte des Verbandes) wurden
Gesetzesübertretungen vorgeworfen. So kamen auch Funktionäre des Kreisrates ins
Feldschlößchen und nörgelten an fehlender Meldung, zu langer Zeit und zu großer Beteiligung.
(In halbjährlichen Abstand wurden die Kinder- und Jugendwochen terminlich über den
Superintendenten an den Kreisrat gemeldet) Eines Tages erschienen Beamte der Abteilung E
(Erlaubniswesen) und machten dem Hausvater den Vorschlag den Meldeschein (ein jeder Gast
musste sich innerhalb 24 Stunden mit Schein melden. Dazu gab es Vordrucke) nur vom Leiter
ausfüllen zu lassen und dazu die Anzahl der Teilnehmer solcher Kinder- oder Jugendwoche. Das
wäre eine Erleichterung gewesen. Aber dann kam der Pferdefuß. Die Polizei wollte durch
Stempel und Unterschrift diese Woche beurkunden und genehmigen. Da blitzte es beim
Hausvater und er fragte, was dann sei, wenn der Stempel und die Unterschrift verweigert wird?
Da besteht ein Misstrauen, war die Antwort und der Hausvater bestätigte dieses Misstrauen.
Damit hätte man alle Kinder- und Jugendwochen abwürgen können. Den Vorwurf des
Misstrauens gegen den Staat hat der Hausvater noch lange hören müssen. Aber das gehört zum
Dienst. – Der Herr schenkte viel Gnade in den Jahren zum Wirken und Schaffen. Das
Feldschlößchen war wie eine Insel inmitten von Zeit und Welt. Menschen, Jung und Alt, hörten
die große einmalige Erlösungsbotschaft von Jesus Christus. Menschen kamen zum Glauben,
Pärchen fanden sich, Freundschaften entstanden. - Ein größeres Bauvorhaben konnte noch
erledigt werden. Die vorhandene Dampfheizung erfüllte nicht mehr den Zweck. So wurde der
Gedanke geboren eine Warmwasserheizung in das gesamte Haus zu bauen. In den Sitzungen des
Heimausschusses wurde beraten und geplant. Der Verband gab grünes Licht und war bereit die
Kosten in Höhe von 41.000 M zu übernehmen, da diese für den Heimfinanzplan zu groß waren.
Der Kreisrat versagte die Baukapazität und wollte DM-West sehen. Woher? Angebotene Zloty
(polnisches Geld) lehnte er ab. Die Bauselbsthilfe(Verbandseigene Baubrigade) zog 1977 einen
neuen Heizungsschornstein vom Keller hoch durch das ganze Haus mit einer Grundfläche von
1,00 qm. Dann ebnete der Herr uns den Weg zu einem privaten Baumeister, der konnte noch eine
Menge fehlender Heizkörper besorgen. Die Heizkessel waren noch gut erhalten. War noch wie
ein Geschenk, daß dieser Baumeister 3 Heizungsmonteure vermittelte, die für den Objektlohn
die Anlage bauen wollten. Sie taten es an den Sonnabenden und auch in der Woche abends.
Mitte Januar 1978 wurden die ersten Heizkörper angehängt. Oben im Haus ging es los. Die
Wohnungen waren Ende Februar fertig, als die Gäste abreisten wurden im Keller die Heizkessel
umgebaut und die alten Leitungen demontiert. Zur Anreise einer Jugendsingewoche am 3. April
1978 ging die Heizung in Betrieb. Welche Freude im Haus, dass es warm wurde. Dazwischen
lagen Wochen der Arbeit, des Sorgens und der so mancher erlebter Durchhilfe. Dazwischen
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meinte mal der Hausvater, dass wenn Gott nicht so viele Beziehungen hätte, die ER uns
zugänglich machte, wären wir aufgeschmissen. Die Gemeinschaft freute sich mit und trug vieles
mit. Gott sei Dank für das geschaffene Werk.
Nun ging es in die 80er Jahre. Schon länger merkten die Hauseltern, dass die Spannkräfte
nachließen. Der Wunsch wurde ausgesprochen in die Lücke des Bezirksdienstes zu wechseln
(Br. Krutz war im Februar 1983 heimgegangen). Br. Appel, Vorsitzender des Verbandes sagte,
dass sie schneller einen neuen Hausvater, als einen Prediger finden. So geschah es. Durch Gottes
Fürsorge konnte die Familie Horn ein Haus kaufen und diente weiterhin im Bezirk. Im April
1985 zogen sie auf den Oberweg 4. Am 31.5.1985 ging ihre Aufgabe als Hauseltern im
Feldschlößchen zu Ende. Genau 19 ½ Jahre hatten sie darin gewohnt. Geschwister Buschold aus
Königsbrück kamen und übernahmen die Aufgabe als Hauseltern. Sie taten einen treuen Dienst.
Im Herbst 1989 kam die Wende. Die Grenze (der eiserne Vorhang) fiel und damit änderte sich
schlagartig vieles für unsere Heime. Die Reisemöglichkeiten wurden weltweiter und unser Heim
leerer. So gingen im Frühjahr 1991 Geschwister Buschold nach Bad Gandersheim. Ca. 1 ½
Jahre war Br. Roberto Jahn als Praktikant in Bautzen. Die Gemeinschaft nahm den Heimbetrieb
in eigene Regie. Um vieles musste sie sich jetzt wieder selbst kümmern. Bereite Geschwister
übernahmen Aufgaben die anfielen. Zivis und ABM-Kräfte kamen ins Haus und wurden
angeleitet und betreut. Im Frühjahr 1993 wurde Prediger Andreas Geißler mit seiner Familie aus
Chemnitz nach Bautzen versetzt und übernahm den Bezirk. Mit ihm war Prediger Schindler im
Dienst.
Zum 31.12.1993 beendete Prediger Horn offiziell den Dienst im Verband und dient ehrenamtlich
mit im Bezirk. Bereits 1 Jahr später, am 31.12.1994 starb seine Frau. Aus gesundheitlichen
Gründen ging am 1.9.1998 Prediger Schindler in den Ruhestand. Am 1. Juli 1999 begann der
Dienst im Bezirk für Prediger Weigel. Er kam aus Coburg und stammt aus Nürnberg und
beendete den Dienst am 30.06.2005. Am 01.Juni 2005 wurde Prediger Andreas Geißler nach
Brünlos in den Bezirk Thum versetzt. Dafür kamen am 01.08.2005 Br. Thomas Fischer aus
Plauen und am 15.08.2005 Schw. Claudia Gruber aus Leipzig.
So geht Gottes Wort und mit ihm die Gemeinde Jesu Christi durch die Zeiten, unabhängig von
Verhältnissen und sucht Menschenherzen zu rufen und sein Wort zu erfüllen, dem einen Herrn
aller Herren zur Ehre und den Glaubenden zur Freude. Zeiten kommen und gehen, aber das Wort
bleibt und unser Herr kommt.
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