Insolvenzglaeubiger - Schuldnerfachberatungszentrum (SFZ)

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Insolvenzglaeubiger - Schuldnerfachberatungszentrum (SFZ)
Gläubiger im Privatinsolvenzverfahren
Das vorliegende Informationsblatt erhalten Sie von einer rheinland-pfälzischen Schuldnerberatungsstelle. Diese hat Sie angeschrieben, weil Sie von einem Klienten dieser Beratungsstelle noch
Geld zu bekommen haben. Rechtlich benannt sind Sie der Gläubiger, der Klient der Schuldner und
Sie haben eine Forderung gegen ihn. Dieses Informationsblatt soll Ihnen eine Orientierung geben,
ersetzt aber im Einzelfall nicht die rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt!
Insolvenzverfahren Was ist das überhaupt?
Wenn jemand nicht mehr in Lage ist, seine
Schulden zu bezahlen oder dieser Zustand
aller Voraussicht nach bald eintreten wird,
kann er ein Insolvenzverfahren beantragen.
Was ist Zweck des
Insolvenzverfahrens?
Wichtigster Zweck des Verfahrens ist es, die
Schulden möglichst vollständig zu bezahlen.
Allerdings erhalten die Gläubiger während des
Insolvenzverfahrens in der Regel nur einen
(geringen) Teil ihrer Forderungen oder gar
nichts. Am Ende des sechs Jahre dauernden
Verfahrens wird der Schuldner von den restlichen Schulden befreit (sog. Restschuldbefreiung). Ihm wird ein „Neustart“ ermöglicht. Damit
kein Gläubiger bevorzugt wird, sind von Beginn bis zum Ende des Verfahrens keine
Zwangsvollstreckungen möglich.
Wer kann das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen?
Jede natürliche Person wie etwa Arbeitnehmer, Rentner, Pensionäre oder Arbeitslose.
Auch ehemalige Selbständige können bei
überschaubaren Vermögensverhältnissen das
Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen,
wenn Arbeitsverhältnisse mit Dritten beendet
sind. Unternehmen und Selbständigen beantragen das „gewöhnliche“ Insolvenzverfahren
(sog. Regelinsolvenzverfahren).
Was ist die Restschuldbefreiung?
Bei natürlichen Personen ist nach Ablauf einer
sechsjährigen Frist eine Befreiung von (fast)
allen Schulden möglich, sofern sie nicht während des Insolvenzverfahrens bezahlt werden
konnten.
Die Restschuldbefreiung gilt nur
für Schulden, die bereits zu Beginn der Insolvenz bestanden
haben. Eine Befreiung von Schulden, die
danach aufgenommen wurden, ist nicht
möglich.
Ausgenommen von der Restschuldbefreiung
sind auch Forderungen aus „vorsätzlicher
unerlaubter Handlung“. Hierunter fallen beispielsweise Schadensersatzansprüche aufgrund einer Straftat, etwa wegen Diebstahls
oder Betruges.
Diese Forderungen werden von
der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn sie von Ihnen als
Gläubiger entsprechend beim Treuhänder
angemeldet wurden. In diesem Fall sollten
Sie rechtliche Beratung in Anspruch nehmen!
Restschuldbefreiung erhält der Schuldner nur,
wenn er während des gesamten Verfahrens
und bis zum Ablauf der 6-Jahresfrist (sog.
Wohlverhaltensperiode) seinen gesetzlichen
Obliegenheiten nachkommt, um das Verfahren
zu unterstützen und seine Schulden zu begleichen. Obliegenheiten sind eine besondere
Form von Verpflichtungen.
Es ist Ihre Aufgabe, die Einhaltung der Obliegenheiten zu kontrollieren und eventuell einen
Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen. Ihr Rechtsanwalt prüft für Sie,
ob die Voraussetzungen gegeben sind.
Wie läuft das Privatinsolvenzverfahren ab?
Was ist Voraussetzung
für das Insolvenzverfahren?
Um die Privatinsolvenz zu beantragen, muss
der Schuldner eine „geeignete Stelle oder
Person“ aufsuchen, die ihm dabei hilft.
Tritt die geeignete Stelle mit Ihnen
in Kontakt, so lassen Sie sich die
Anerkennung der nachweisen.
Nicht anerkannte Stellen sind unseriös! Bei
einer solchen Stelle sinken Ihre Chancen auf
die Begleichung Ihrer Forderung erheblich.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und
Versorgung informiert darüber, welche
Schuldnerberatungsstelle in Rheinland-Pfalz
„geeignete Stelle“ ist (Tel: 06131/967-0). Im
Internet erhalten Sie Auskünfte vom Schuldnerfachberatungszentrum der Universität
Mainz (www.sfz.uni-mainz.de/ 1896.php).
Was ist der außergerichtliche Einigungsversuch?
Mit der Hilfe einer Schuldnerberatungsstelle
muss der Schuldner einen Plan aufstellen, wie
seine Schulden außergerichtlich beglichen
werden können (sog. außergerichtlicher Einigungsversuch). Vorstellbar sind zum Beispiel
Ratenzahlungen oder auch ein (Teil-)Erlass.
Diesen Plan stellt der Schuldner dann seinen
Gläubigern vor, also allen (!) Personen und
Unternehmen, bei denen er Schulden hat.
Dabei muss der Schuldner seine Vermögensverhältnisse offen legen, damit die Gläubiger
einschätzen können, ob sie den Plan für
machbar halten. Nur wenn alle (!) Gläubiger
zustimmen wird dieser Plan für den Schuldner
und alle Gläubiger rechtlich verbindlich. So
kann ein gerichtliches Insolvenzverfahren
vermieden werden. Lehnt ein Gläubiger den
Plan ab, kann der Schuldner innerhalb von 6
Monaten beim Insolvenzgericht die Eröffnung
des Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen.
Der außergerichtliche Plan ist
auch abgelehnt, wenn ein Gläubiger Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung beantragt, zum Beispiel eine
Kontopfändung. Überlegen Sie sich gut, ob
Sie in dieser Phase solche Maßnahmen
durchführen wollen und sprechen Sie mit
Ihrem Rechtsanwalt.
Wann beginnt das eigentliche Insolvenzverfahren?
Am Gericht seines Wohnortes erhält der
Schuldner alle notwendigen Formulare, um
das Insolvenzverfahren zu beantragen. Beim
Ausfüllen der Unterlagen kann er sich von der
Schuldnerberatungsstelle unterstützen lassen.
Der Schuldner muss alle Unterlagen möglichst
genau ausfüllen, sonst kann die spätere Restschuldbefreiung abgelehnt werden.
Ist der Schuldner unsicher, wo
und wie viele Schulden er genau
hat, kann er sich diese Auskünfte
von allen Gläubigern auf deren Kosten geben lassen. Zu dieser Auskunft sind Sie als
Gläubiger verpflichtet.
Mit seinem Antrag muss der Schuldner dem
Gericht einen Plan zur Bezahlung seiner
Schulden vorlegen (sog. gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan). Der Plan kann gleich
oder so ähnlich sein wie der erste Plan. Wenn
das Gericht den Plan für ausführbar hält,
müssen die Gläubiger entscheiden, ob sie den
Plan annehmen.
Wenn einzelne Gläubiger den Plan
ablehnen, kann das Gericht diese
Gläubiger überstimmen. Das ist
möglich, wenn die Mehrheit der Gläubiger, die
gleichzeitig auch mehr als 50% der Forderungen haben, den Plan annimmt.
Wenn der Plan angenommen wird, ist dieser
Plan für alle verbindlich und das Verfahren
wird nicht eröffnet. Dann ist keine Restschuldbefreiung möglich und nötig. Wenn das Gericht den Plan für unrealistisch hält oder die
Gläubiger ihn ablehnen, beginnt das eigentliche Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren. Ab dann ist eine Zwangsvollstreckung
gegen den Schuldner nicht mehr möglich.
Insolvenzmasse getragen werden. Reicht sie
dafür nicht aus, kann der Schuldner sich einen
Aufschub gewähren lassen (sog. Kostenstundung). Diese Stundung erfolgt etappenweise,
zunächst für das Insolvenzverfahren, dann für
die Wohlverhaltensperiode. Kommt bis zum
Ablauf dieser Wohlverhaltensperiode nicht
genug Geld zusammen, mit dem die Kosten
des gesamten Verfahren bezahlt werden
können, so muss sich der Schuldner noch 4
weitere Jahre um die Bezahlung bemühen,
danach wird ihm die Schuld erlassen.
Was geschieht während des Insolvenzverfahrens und wann ist eine Restschuldbefreiung möglich?
Während des Insolvenzverfahrens werden das
Vermögen und die Verdienste des Schuldners
genutzt, um die Schulden zu bezahlen (sog.
Insolvenzmasse). Ihm bleibt nur ein Teil davon
zum Lebensunterhalt. Zur Verwaltung der
Insolvenzmasse setzt das Gericht einen Treuhänder ein. Wenn sich der Schuldner während
des Verfahrens bemüht, seine Schulden zu
bezahlen, sein Vermögen nicht verschwendet
und bei seinem Insolvenzantrag keine falschen
Angaben gemacht hat, wird er nach 6 Jahren
von den restlichen Schulden befreit. Dazu
muss er sich um eine zumutbare Arbeit bemühen, den pfändbaren Teil seines Einkommens
an den Treuhänder weitergeben und Gericht
und Treuhänder über Wohnort- oder Arbeitsstellenwechsel informieren.
Einigen sich der Schuldner und
seine Gläubiger vor dem Insolvenzverfahren, muss der Schuldner keine Verfahrenskosten bezahlen und hat
mehr Geld zum Bezahlen seiner Schulden.
Die Restschuldbefreiung gilt auch
für Schulden, die nicht vom
Schuldner benannt oder vom
Gläubiger angemeldet (dazu siehe nächste
Seite) wurden.
[gerichtliches Schuldenbereinigungsplanverfahren, hängt vom
Willen des Gerichts ab]
Die Restschuldbefreiung kann nachträglich
noch widerrufen werden, wenn später herauskommt, dass der Schuldner seine Pflichten
absichtlich verletzt hat und dadurch weniger
Schulden bezahlt wurden. Das passiert zum
Beispiel schon, wenn der Schuldner absichtlich nicht über einen neuen Arbeitsplatz informiert hat.
Wer trägt die Kosten
des Insolvenzverfahrens?
Grundsätzlich muss der Schuldner das Insolvenzverfahren bezahlen. Dazu gehören zum
Beispiel Gerichtskosten und die Bezahlung
des Treuhänders. Die Kosten sollen aus der
Schaubild zum Ablauf des Verfahrens:
(erfolgloser) außergerichtlicher Einigungsversuch
Antrag auf Eröffnung
Insolvenzverfahrens
Antrag auf Restschuldbefreiung
Beginn des Insolvenzverfahrens, Stundung
der Kosten des Insolvenzverfahrens
Beginn der Wohlverhaltensperiode (6 Jahre)
Beendigung des Insolvenzverfahrens
Beginn der Geltung der
Obliegenheiten, Stundung der Kosten der
Wohlverhaltensperiode
Ablauf der Wohlverhaltensperiode, Erteilung
der Restschuldbefreiung
Nachhaftungsphase bei Kostenstundung (4 Jahre)
Worauf müssen
Sie als Gläubiger
besonders achten?
Was ist die Forderungsanmeldung und
wie läuft sie ab?
Nach Beginn des eigentlichen Insolvenzverfahrens muss jeder Gläubiger seine Forderungen beim Treuhänder anmelden. Der
Treuhänder wird Sie entsprechend anschreiben und gibt Ihnen dafür ein Formular. Sie
müssen ihre Forderung möglichst genau in
Geld benennen (bei Sachforderungen müssen Sie schätzen). Zudem müssen Sie angeben, wie die Forderung entstanden ist,
damit der Treuhänder sie auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen kann (z.B. Mietvertrag,
Kaufvertrag, Darlehensvertrag usw.). Auch
hier sollte die Darstellung möglichst genau
sein, um die Prüfung und damit das ganze
Verfahren für alle Beteiligten zu erleichtern.
Wer seine Forderung nicht anmeldet, erhält kein (!) Geld vom
Treuhänder. Außerdem gilt die
Restschuldbefreiung auch für nicht angemeldete Schulden, wenn sie nicht vom Insolvenzschuldner böswillig verschwiegen wurden. Melden Sie Ihre Forderung daher in
jedem Fall an, auf Zahlungen des Treuhänders können Sie jederzeit verzichten.
Was gilt für Vermieter als Gläubiger?
Eine Kündigung des Mietvertrages aus Anlass der Insolvenz ist gesetzlich verboten.
Dies gilt auch für den Fall, dass der Mieter
vor Beginn des Insolvenzverfahrens in Zahlungsverzug gerät. Mit offenen Mietforderungen nehmen Sie daher am Insolvenzverfahren teil. Nach Eröffnung des Verfahrens
entscheidet der Treuhänder, ob er das Mietverhältnis bestehen lassen will oder nicht.
Wenn er kündigt, können Sie Ihren evtl.
entstandenen Schaden im Verfahren geltend
machen. Kündigt der Treuhänder nicht, muss
der Mieter ganz normal Miete bezahlen. Das
übernimmt in diesem Fall aber der Treuhänder für ihn. Wird die Miete dann nicht bezahlt,
können Sie den Vertrag kündigen.
Bei einem Mietverhältnis über die
Wohnung des Schuldners kann
der Treuhänder dieses durch eine
sog. Freigabeerklärung aus dem Insolvenzverfahren ausnehmen. Dann sind Forderungen aus dem Mietvertrag (z.B. Miete) allein
vom Schuldner (und nicht vom Treuhänder)
zu zahlen. Hierfür steht ihm aus der Insolvenzmasse das Geld zur Verfügung, welches
er für seinen Lebensunterhalt behalten darf.
Was sollten Freunde und Verwandte als
Gläubiger beachten?
Sie sollten unbedingt Ihre Forderungen
anmelden, auch wenn Sie nicht auf deren
Erfüllung bestehen: Werden die Forderungen
dem Gericht oder Treuhänder erst später
bekannt, hat das für alle Beteiligten nachteilige Folgen: Sie selbst verlieren durch die
Restschuldbefreiung ihren Anspruch ungefragt und vollständig. Der Schuldner kann
verdächtigt werden, dass er Forderungen
böswillig verschwiegen hat. Das kann dazu
führen, dass die Restschuldbefreiung am
Ende des Insolvenzverfahrens ganz abgelehnt wird!
Die Broschüre wurde Ihnen überreicht von:
Stempel der Beratungsstelle
Diese Broschüre wurde erstellt vom
Schuldnerfachberatungszentrum (SFZ)
der Johannes Gutenberg-Universität
(JGU), 55099 Mainz, Web: sfz.unimainz.de, Mail: [email protected]
Für die Richtigkeit der Angaben in dieser Broschüre übernehmen wir keine Gewähr.
Version 18.04.2012