Modell der „Kognitiven Dissonanz“ (Leon Festinger, „Gedanklicher

Transcrição

Modell der „Kognitiven Dissonanz“ (Leon Festinger, „Gedanklicher
Modell der „Kognitiven Dissonanz“ (Leon Festinger, „Gedanklicher Missklang“):
Es ist ein Alltagsphänomen: man liest die Zeitung, die der persönlichen Meinung entspricht,
man sucht sich dementsprechende GesprächspartnerInnen,… - man macht, was angenehm
ist und Harmonie bringt.
Der Widerspruch zur eigenen Meinung ist unangenehm, ein Angriff auf die eigene Position;
darauf gibt es mehrere Reaktionsmöglichkeiten:
 Das glaub ich nicht! (Information in Frage stellen)
 Wo hast du diese Information her? (Quelle in Frage stellen)
 Du erzählst immer Blödsinn! (SprecherIn in Frage stellen)
 Das ist ja einfach unglaublich!
 „Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“
Mit diesen Strategien sind die widersprechenden Informationen/Meinungen abgehakt.
Schwieriger/problematischer:
 Bei interessanter, attraktiver, authentischer, sympathischer Person
 Bei einer Gruppe, wo ich selber dabei sein möchte
 Bei massiver Erschütterung der eigenen Persönlichkeit/Meinung
Dann kommt es zu einer Relativierung der eigenen Position
Zwei wichtige Aspekte für das Argumentieren/Diskutieren:
 Über gute Argumente hinaus gibt es eine andere Überzeugungsmöglichkeit, nämlich
die eigene Persönlichkeit!
 Entlastungspotential: „Ich kann die Meinung der anderen nicht ändern!“
Menschen sind bestrebt, ihre Meinungen, Informationen, Erfahrungen, Werte etc. zu einem stimmigen Ganzen zu
ordnen - Konsonanz (Ausgleich, Harmonie, Übereinstimmung). Die selektive Aufnahme von Information folgt in
erster Linie der Verstärkung bestehender Einstellungen – was passt, wird eingebaut. Unpassende Informationen
werden gemieden, nicht selektiert, vergessen oder kongruent umgedeutet.
Der Psychologe Leon Festinger hat über zwanzig Jahre hinweg (von 1956 bis 1976) theoretisch und empirisch an
der Frage gearbeitet, wie Menschen mit Dissonanzen, also Unstimmigkeiten oder auch Frustrationen umgehen,
die aufgrund von mit der eigenen Meinung nicht übereinstimmenden Informationen entstehen. Eine zu einer
eigenen Erkenntnis unterschiedliche oder widersprüchliche Nachricht oder Argumentation bewirkt eine kognitive
Dissonanz.
Diese Dissonanz ist „psychologisch unangenehm“, sie erzeugt einen Druck. Daher wird eine Person bestrebt
sein, sie zu reduzieren. Das kann dadurch geschehen, dass sie versucht, „aktiv Situationen und Informationen
(zu) vermeiden, die möglicherweise die Dissonanz erhöhen könnten“. Oder die Person sucht konsequent nach
Informationen, die mit der bereits eingenommenen Haltung konsistent (stimmig) sind. Wie Festinger
herausgefunden hat, gibt es Strategien, um Dissonanz zu vermeiden:
Wenn nun von außen eine diametrale Meinung auf mich eindringt, baut sich in mir unangenehmer Druck auf;
dafür gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten:
•
Meine Wahrnehmung selektieren (z.B. „Rauchen kann töten“ – kann, muss aber nicht)
•
Gleichgesinnte finden, eigene Meinung weiterführen (je größer die übereinstimmende Gruppe, umso
angenehmer)
Je größer der Druck, umso mehr Ausgleich durch Vertreten der eigenen Meinung mit Vehemenz
Menschen empfinden Konsonanz als angenehm und suchen sie daher aktiv; sie versuchen etwa, dissonante
Informationen zu vermeiden (Seeking-and-Avoiding-Hypothese). Menschen neigen dazu, einmal getroffene
Entscheidungen zunächst beizubehalten/rechtfertigen. Deshalb werden alle neuen Informationen, die zu der
getroffenen Entscheidung im Widerspruch stehen, tendenziell abgewertet, während alle konsonanten
Informationen tendenziell aufgewertet werden. Erst wenn die Spannung zu groß ist, tritt Veränderung (Verhalten,
Meinung) ein.
Offene Aussprache:
− Inwieweit bietet Festingers Theorie der kognitiven Dissonanz Erklärungen für die Festheit und Starrheit von
aggressiven und rigiden Meinungen?
− Welche Chancen gibt es nach Festingers Theorie, Parolenmeinungen zu erschüttern bzw. in Frage zu stellen?
− Welches Verhalten ist zu empfehlen (auch in Hinblick auf eine argumentative Vorgangsweise)?